Acta Pacis Westphalicae II B 4 : Die französischen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Clivia Kelch-Rade und Anuschka Tischer unter Benutzung der Vroarbeiten von Kriemhild Goronzy und unter Mithilfe von Michael Rohrschneider

4. Frankreich und seine Verbündeten

Frankreichs Bündnispartner, die Generalstaaten und Schweden, ohne die es seinen erfolgreichen Krieg gegen das Haus Habsburg nicht hätte führen können, bereite-ten 1646 beinahe mehr Schwierigkeiten als die eigentlichen Gegner. Während die Franzosen im September ihre Verhandlungen mit dem Kaiser zu einem erfolgrei-chen vorläufigen Abschluß gebracht hatten und danach intensiv mit den Spaniern

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verhandelten, erwies sich zur gleichen Zeit das Bündnis mit den Generalstaaten als brüchig, und die Allianz mit Schweden wurde zu einer schweren Belastung. Die spanisch-niederländischen Verhandlungen waren zügig vorangeschritten, und die Generalstaaten wollten den erfolgreichen Abschluß immer weniger von der französischen Politik abhängig machen. Die Franzosen sahen bereits im Juni vor-aus, daß Spanier und Niederländer diesmal einen Waffenstillstand schließen wollten, der faktisch Frieden bedeute

Nr. 7.
; am 16. November 1646 beschlossen die Generalstaaten in Den Haag, die Waffenstillstandsverhandlungen fortan als Frie-densverhandlungen zu führen

Auszug aus dem Beschlußregister der Generalstaaten, [Den Haag] 1646 November 16, Ko-pien: AE , CP Holl. 37 fol. 369–371; AE , CP Holl. 39 fol. 196–198’. Die Datierung auf den 26. November bei Dickmann S. 303 geht von der irrigen Annahme einer Datierung nach altem Stil aus. Zu den Bemühungen der Provinz Holland, den Beschluß vom 16. No-vember herbeizuführen s. nr. 175.
.
Die niederländischen Bevollmächtigten in Münster waren ebenso wie ihre Repu-blik in verschiedene Lager gespalten. Eine pro-spanische Faktion sammelte sich in Münster um Pauw, den Longueville vergeblich durch espérance et crainte zu gewinnen suchte

Nr. 30.
. Die Franzosen konnten sich hingegen auf die Loyalität Reedes van Nederhorst verlassen. Eine große Unterstützung war ihnen der niederländi-sche Gesandtschaftssekretär van der Burgh, der zahlreiche Informationen aus sei-ner Gesandtschaft an sie weitergab

Van der Burghs Informationen gingen über die Reedes van Nederhorst hinaus; vgl. nr. 19. Zur pro-französischen Haltung Reedes und van der Burghs siehe auch Poelhekke S. 301.
. Frankreich versuchte auch, über La Thuil-lerie und Brasset einerseits und d’Estrades

D’Estrades trat Mitte Juni erneut eine Reise zum Pz.en von Oranien an; Mazarin an La Thuillerie, Amiens 1646 Juni 9; Kopie: AE , CP Holl. 35 fol. 370–370’; Mazarin an La Thuillerie, Amiens 1646 Juni 9, Kopie: AE , CP Holl. 35 fol. 371–371’. Am 10. Juli traf auch La Thuillerie zu einem Aufenthalt in Breda ein; La Thuillerie und d’Estrades an Maza-rin, Breda 1646 Juli 12, Ausf.: AE , CP Holl. 37 fol. 32–36’; vgl. Poelhekke, Frederik Hendrik S. 549, 551.
andererseits direkt auf die General-staaten in Den Haag und auf den – aufgrund fortschreitender Krankheit zuneh-mend handlungsunfähigen

Im Juli 1646 erlitt der Generalstatthalter einen ersten Schlaganfall und verfiel danach ge-sundheitlich immer mehr; Poelhekke, Frederik Hendrik S. 549ff.; d’Estrades berichtete dar-über an Chavigny (Breda 1646 Juli 10, Ausf.: AE , CP Holl. 37 fol. 25–25’) und Mazarin (Zelzate 1646 Juli 18, Ausf.: AE , CP Holl. 37 fol. 44–45).
– Prinzen von Oranien und seine Gemahlin einzu-wirken

Nr.n 1, 13, 19, 23, 41. Die frz. Regierung versuchte, die Pz.in von Oranien, die ihr als spanienfreundlich galt, durch Geldgeschenke zu gewinnen; Mazarin an La Thuillerie, Paris 1646 Juli 12, Kopie: AE , CP Holl. 35 fol. 430’-432’; Mazarin an La Thuillerie, Fontaine-bleau 1646 August 3, Kopie: AE , CP Holl. 35 fol. 457’-459.
. Dabei stellte man aber fest, daß nicht Breda und Den Haag allein die Entscheidungszentren der Niederlande waren, sondern nur einzelne Faktoren in-nerhalb des politischen Systems dieses Staatsgebildes. Die niederländischen Ge-sandten umgingen nämlich die Generalstaaten und den Generalstatthalter, indem

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sie sich direkt an ihre Heimatprovinzen wandten. Ob die niederländischen Ge-sandten ihren Provinzen, durch die sie bevollmächtigt waren, oder den General-staaten in Den Haag unmittelbar verpflichtet wären, war zwischen ihnen selbst umstritten

Nr. 51; Reede van Nederhorst rügte laut Servien in nr. 19 ausdrücklich ces gens-cy qui veu-lent pervertir l’ordre de l’Estat en informant chaque province |:de ce qui se passe icy, auparavant que d’en avoir rendu compte:| à l’assemblée généralle qui est à La Haye. Vgl. auch nr. 140. Zur Diskussion in den Generalstaaten und zur Rolle Reedes van Nederhorst s. Poelhekke S. 300–307.
.
Angesichts sich verdichtender Gerüchte, daß die Generalstaaten ihre außenpoliti-schen Interessen von denen Frankreichs trennen wollten, versuchten die französi-schen Gesandten vergeblich, von den niederländischen Gesandten ein klares, mög-lichst schriftliches Bekenntnis zu den Bündnisverpflichtungen zu erlangen. Darauf reagierten die Niederländer mit Ausflüchten und wollten ihre Verpflichtungen weder leugnen noch definitiv bestätigen. Indem sie den Franzosen bonnes parol-les et peu d’effetz

Longueville, d’Avaux und Servien an La Thuillerie, Münster 1646 Juni 10, Kopie: AE , CP Holl. 35 fol. 364’-370; Longueville, d’Avaux und Servien an La Thuillerie, Münster 1646 Juli 13, Kopie: AE , CP Holl. 35 fol. 429–430’.
zukommen ließen, schürten sie deren Mißtrauen

Nr.n 17, 28, 29; Servien an La Thuillerie, Münster 1646 Juni 8, Kopie: AE , CP Holl. 35 fol. 361–362’.
. Anderer-seits berichtete Brasset vertraulich aus Den Haag, daß die Generalstaaten zu ih-ren Verträgen stünden, wenn auch die Kommunikation zwischen den Bündnis-partnern am Kongreß nicht störungsfrei sei

Brasset an Mazarin, Den Haag 1646 Juni 11, Ausf.: AE , CP Holl. 36 fol. 347–352.
.
Der Feldzug des Jahres 1646 in den Spanischen Niederlanden galt den Franzosen als Gradmesser der niederländischen Zuverlässigkeit

Nr.n 9 und 10.
, insbesondere nachdem aus Brüssel Gerüchte kamen, daß die Generalstaaten den Spaniern für 1646 Stillhal-ten zugesagt hätten

Nr. 15.
. Knuyt äußerte schließlich gegenüber d’Avaux, daß die Generalstaaten, wenn Frankreich auf Erfüllung der Vertragspflichten in vollem Umfang bestünde, dies durch militärische Passivität boykottieren könnten

Nr. 50.
. Der tatsächliche Verlauf des Feldzugs von 1646 bestätigte die französischen Befürch-tungen.
Den schwersten politischen Schlag erhielt das französisch-niederländische Bündnis mit der Unterzeichnung von siebzig niederländisch-spanischen Artikeln durch Gent, Pauw und Knuyt Anfang Juli 1646, während der Abwesenheit ihrer Kolle-gen. Es war wiederum van der Burgh, der die Franzosen kurz vor der Unter-zeichnung von der Redigierung der Artikel informierte und ihnen später eine Ko-pie überbrachte

Beilage 4 zu nr. 110. Zur unsicheren Datierung der Artikel, eventuell auf den 1. Juli, s. ebd. Anm. 3. Zur Informierung der Franzosen über die Redaktion der Artikel s. nr. 50.
. La Thuillerie und Brasset protestierten bei den Generalstaaten

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gegen die Unterzeichnung

Note Brassets an die Generalstaaten, Den Haag 1646 Juli 27, s. [nr. 105 Anm. 7] . Proposition La Thuilleries an die Generalstaaten, Den Haag 1646 August 7, auf Wunsch der Generalstaa-ten schriftlich präsentiert 1646 August 8, s. [nr. 124 Anm. 2] .
. Deren formelle Antwort

Am 21. August 1646, s. [nr. 140 Anm. 2] .
, daß es sich bei den un-terzeichneten Artikeln um keinen Vertrag handele, sondern um einen recueil, welcher in einen zukünftigen Vertrag eingefügt werde

Eine am 17. August erfolgte Deliberation der Generalstaaten (Kopie: AE , CP Holl. 37 fol. 143) war zunächst weiter gegangen und hatte die derzeitige Form der Artikel für imparfaict et sans effect erklärt. Dahinter blieben die endgültige Responsion und Deklaration zurück. Wie die Artikel angesichts der Unterzeichnung durch drei Gesandte zu bewerten sind, ist völkerrechtlich schwer zu beurteilen. Die unterschiedlichen Interpretationen von span., ndl. und frz. Seite stellt Poelhekke S. 298–302 dar. Die Bezeichnung als „vorläufiger Vertrag“ bei Dickmann , S. 302, geht vielleicht zu weit.
, konnte die Franzosen kaum beruhigen. Auch das niederländische Bekenntnis zu den Bündnisverpflich-tungen gemäß dem Vertrag von 1644 blieb hinter den französischen Wünschen zurück

Eine Zusammenstellung der frz. Interpretation der ndl. Verpflichtungen unternahm Servien in nr. 152.
, doch zeigte man in Paris und Münster verhaltenen Optimismus, zumal die Artikel nicht von allen niederländischen Gesandten unterzeichnet worden waren

Nr.n 144, 151. Clant und Ripperda, die die Artikel nicht unterzeichnet hatten, versicherten im September gemeinsam mit Pauw den Franzosen, den Spaniern erklärt zu haben, es werde ohne Frk. keinen Verhandlungsfortschritt geben; s. nr. 139.
.
Insgesamt wurde der französischen Regierung jedoch klar, daß das niederlän-disch-spanische Verhältnis eine Qualität erreicht hatte, die eine Neubewertung des französisch-niederländischen Bündnisses erforderlich machte. Servien stellte frühzeitig die Optionen für eine offizielle Trennung der niederländischen und französischen Interessen zusammen, die allerdings in dieser Form – die Spani-schen Niederlande sollten neutralisiert werden und die Generalstaaten in weitem Umfang gegen Spanien verpflichtet bleiben – für Spanien und die Generalstaaten kaum annehmbar waren

Nr. 34.
. Im August kam es, da der französische Botschafter La Thuillerie aus Krankheitsgründen aus Den Haag beurlaubt war, erstmals zu Überlegungen, d’Avaux oder Servien sollten nach Den Haag reisen, um mit den Generalstaaten in einem neuen Vertrag die französischen Interessen zu fixieren

Nr.n 106, 135.
, wobei die Frage der Garantie eines französisch-spanischen Friedens durch die Ge-neralstaaten immer weiter in den Vordergrund rückte

Nr. 252, 253.
. Servien unternahm diese Mission 1647.
Frankreichs Problem mit Schweden war im Grunde genau umgekehrt wie seine Sorgen mit den Generalstaaten: Die schwedischen Kriegsziele wurden für Frank-reich zunehmend schwerer vertretbar, aber anders als die Niederlande konnte es seinem unbequemen Partner nicht mit Trennung drohen, weil das Bündnis mit Schweden die Basis der französischen Kriegspolitik im Reich war.

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Die schwedischen Satisfaktionsforderungen trafen die französische Politik aller-dings im Kern ihres Selbstverständnisses. Die Forderung nach ganz Pommern un-ter Zustimmung Kurbrandenburgs war eine Crux für den Frieden im Reich, dem Frankreich sich nach Abschluß der französisch-kaiserlichen Satisfaktionsartikel schon nahe sah. Hinzu kam, daß Schwedens Vorgehen – die Beraubung eines neutralen Fürsten – dem allgemeinen Rechtsempfinden widerstrebte, während Frankreich sich zugute halten konnte, das Elsaß einem Kriegsgegner, zudem gegen Zahlung einer Entschädigung, abgewonnen zu haben

So die Argumentation d’Avaux’ in nr. 113. Die Gesandten hatten dies bereits zuvor den Schweden zu bedenken gegeben; nr. 71.
. Vor allem aber der Griff der schwedischen Krone für sich oder ihre Adhärenten nach katholischen oder im Ansatz rekatholisierten Gebieten – Minden, Osnabrück, die Rede war sogar von Münster

Zum Hintergrund dieser Gerüchte s. Anm. 2 zu nr. 19.
– beunruhigte die französische Regierung und ihre Bevollmächtigten. Die schon länger gehegte Befürchtung

D’Avaux und Servien hatten bereits über die schwedische Proposition II Entsetzen und die Befürchtung geäußert, Schweden wolle Frankreich in einen Religionskrieg gegen den Katholi-zismus verwickeln; APW II B 2 nr. 101 S. 328; vgl. auch ebd. nr. 185 S. 587.
verstärkte sich, daß Schweden seine Sa-tisfaktionsforderungen zum Motor der Ausbreitung des Protestantismus mache

Dieser Punkt führt tief in die bis heute umstrittene Frage nach der Motivation schwedischer Politik im Dreißigjährigen Krieg. D’Avaux fürchtete bereits, für Schweden könne die Ver-breitung des Protestantismus einen konkreten politischen Hintergrund, die Stärkung der eige-nen Einflußnahme auf protestantische Mächte, haben; vgl. nr. 151.
und Frankreich in einen Religionskrieg ziehe, in dem es dann gegen die katholi-sche Religion stünde. Hinzu kam die Erwägung, ein übermächtiges Schweden werde auch Frankreich sein Diktat oktroyieren. Die französisch-schwedischen Be-ziehungen zwischen Juni und November 1646 waren geprägt von dem Eindruck, daß sich Schweden zu einem unbequemen, wenn nicht gefährlichen, aber unent-behrlichen Verbündeten entwickle

Nr.n 15, 19, 23, 31, 38, 45, 110, 213, 219.
.
Das französische Verhalten vor der Vereinigung der Truppen Turennes und Wrangels im August 1646 war symptomatisch für das Lavieren Frankreichs ge-genüber seinem gefürchteten und unentbehrlichen Alliierten. Man wollte Schwe-den zum Einlenken bringen, ohne ihm offen entgegenzutreten, insbesondere ohne den Eindruck zu erwecken, nach Regelung der eigenen Satisfaktion stehe Frank-reich nicht mehr zu seinen Bündnispflichten. Man wollte Schweden im Reich nicht noch stärker werden lassen, es aber nicht so geschwächt sehen, daß Frank-reichs Politik gefährdet wäre

Eine Ausnahme bildet d’Avaux, der die Absicht des frz.-schwed. Bündnisses offenbar weitge-hend erfüllt sah und nun, da sich die Bedrohung eher von schwed. Seite abzeichnete, die Schwächung Schwedens wünschte; s. nr. 31.
. Nach Möglichkeit sollte dabei nichts von den Divergenzen nach außen dringen

Nr.n 23, 38. Brienne wies in Paris Versuche Dohnas, Frk. gegen den schwed. Anspruch auf Pommern zu gewinnen, konsequent zurück; s. nr. 22.
.

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Grundsätzlich waren die Franzosen unsicher, wie die schwedische Politik zu be-werten sei. Saint-Romain brachte im Juni 1646 von seiner Mission nach Stock-holm den Eindruck mit, das Königreich bedürfe wirtschaftlich und politisch dringend des Friedens

Dazu Saint-Romains Berichte, nr.n 32, 52.
. Schwedens immer wieder betonte Friedensbereitschaft verdichtete sich allerdings nicht zu einem tatsächlichen Wandel der schwe-dischen Verhandlungsführung in Osnabrück, so daß die Franzosen schließlich überlegten, ob man dem Verbündeten gegenüber nicht entschlossener auftreten müsse

Nr.n 110, 113, 167.
.
Sie nahmen zudem wahr

Dazu ebenfalls die Berichte Saint-Romains, nr.n 32 und 52.
, daß sich am schwedischen Hof ein Machtkampf ab-zeichnete zwischen der regierenden, stärker kriegsbetonten Gruppe Oxenstierna und den mit Königin Christinas Protektion aufsteigenden Familien, darunter die Familie La Gar die, der Salvius zuneigte und die für eine eher friedensorientierte Politik stand. Ob die französische Politik diese innerschwedischen Auseinanderset-zungen nutzen könne und solle, war umstritten. Es herrschte Einigkeit, daß Frankreich bei einem Aufstieg der Faktion um La Gardie und Salvius nur gewin-nen könne und daß Johan Oxenstiernas unzuverlässiger Charakter ihn politisch unkalkulierbar mache. Servien warnte dennoch davor, sich von Salvius in den Machtkampf hineinziehen zu lassen. Dessen Ausgang sei unabsehbar, und Servien urteilte, Kanzler Axel Oxenstierna bleibe in jedem Fall ein Faktor, mit dem man rechnen müsse. Er plädierte deshalb dringend dafür, sich alle Optionen offenzu-halten und Frankreichs Einfluß in Schweden nicht durch vorzeitige und einseitige Parteinahme zu gefährden

Nr. 183.
. Dagegen reagierten Longueville und d’Avaux posi-tiv auf Salvius’ Anregung, sich bei Königin Christina selbst für den Frieden zu engagieren und ihr so ein Argument gegen die Opposition im eigenen Land zu verschaffen

Nr.n 168, 169, 171, 182; Beilage 3 zu nr. 188.
.
D’Avaux konzipierte bis zum 1. Oktober 1646 im Namen der drei Bevollmäch-tigten einen Brief an die Königin von Schweden

Beilage 1 zu nr. 182.
, der im Kern auf die Unmög-lichkeit hinwies, die schwedischen Satisfaktionsforderungen im derzeit vorgestell-ten Umfang zu erlangen, und riet, sich mit Vorpommern, Rügen, Bremen, Ver-den und einem Kondominium für Wismar zu begnügen. Servien lehnte es ab, diesen Brief zu unterschreiben

Vgl. die unterschiedlichen Darstellungen in nr. 191 und 192.
. Er ging auch nicht auf d’Avaux’ Angebot ein, den Brief gemeinsam zu überarbeiten, sondern formulierte seine Kritik in fünf-undzwanzig Punkten, die er an Lionne sandte. Es ging dabei offensichtlich primär weniger um den Inhalt als um die Form des Schreibens: Servien lehnte einen direkten Brief der Gesandten an die Königin ab, da ein solches Vorgehen unüblich sei und angesichts des Inhalts als Affront empfunden werden könne. Einen offiziell

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an die Königin ausgefertigten Brief könne man weder zurückziehen noch modifi-zieren. Servien wollte es deshalb bei einem Schreiben an Chanut belassen, damit dieser, wenn es opportun scheine, mit den entsprechenden französischen Wünschen bei der Königin vorstellig würde. Mit dem von d’Avaux’ vorgeschlagenen Vorge-hen, so Serviens gewichtigstes Argument, setze man das Bündnis unkalkulierbaren Risiken aus.
Die französische Regierung ging zunächst davon aus, daß der Brief an Königin Christina bereits abgesandt worden sei, und reagierte durchaus positiv

Nr. n 193, 200.
. Maza-rin änderte seine Meinung jedoch aufgrund der Kritik Serviens

Lionne an Servien, [Paris] 1646 Oktober 19, Ausf: AE , CP All. 78 fol. 196–197.
. Als sich dieser trotz der Zustimmung Longuevilles und d’Avaux’ weiterhin weigerte, den Brief zu unterzeichnen, scheiterte das Unternehmen schließlich.
Die französische Politik gegenüber Schweden blieb folglich moderat, trotz aller Unzufriedenheit mit dem Verbündeten. Es war vor allem Servien, der sich mit dem Urteil durchsetzte, daß die Allianz mit Schweden und mit den Generalstaaten für die französische Politik so wesentlich sei, daß ihre Sicherung handlungslei-tende Prioriät habe

Nr. 34.
.

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