Acta Pacis Westphalicae II B 2 : Die französischen Korrespondenzen, Band 2: 1645 / Franz Bosbach unter Benutzung der Vorarbeiten von Kriemhild Goronzy und unter Mithilfe von Rita Bohlen

d. Die Verhandlungen mit Spanien

In die Verhandlungen mit den Spaniern mußten von Frankreich neben den eigenen Anliegen auch die seiner Verbündeten, Katalonien, Portugal und Generalstaaten, eingebracht werden. Von diesen unterhielten die Generalstaaten entgegen den französischen Wünschen noch keine Gesandtschaft in Münster. Abgesehen von der guten militärischen Zusammenarbeit des Prinzen von Oranien mit den französischen Truppen in Flandern am Ende der Kampagne 1645 erwiesen sich die Vereinten Provinzen in diesem Jahr ohnehin als recht schwierige Bündnispartner. Der Prinz von Oranien und die Regierung in Den Haag waren zwar sehr standhaft gegen die zahlreichen spanischen Angebote zu Separatverhandlungen, doch ansonsten ließen vor allem die Generalstaaten bei französischen Anliegen wenig Neigung zur Kooperation erkennen. Die protokol-larischen Zugeständnisse Frankreichs im Frühjahr wurden von ihnen hingenom-men, ohne sie zu honorieren. Die französischen Bemühungen um die Regelung

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der Quartierprobleme Hessen-Kassels führten nur zu vorläufigen Kompromis-sen, nicht zu endgültigen Regelungen. Als sich der Vertreter Frankreichs beim Prinzen von Oranien, d’Estrades, gegen die vor allem von der Provinz Holland favorisierte Beteiligung der Generalstaaten am dänischen Krieg auf Seiten Schwedens wandte, führten seine Äußerungen nicht nur in Den Haag, sondern auch bei den Schweden zu Verstimmungen, die auszuräumen der französischen Regierung alle Mühe kostete

nr. 57, 60, 73.
. Schließlich deuteten einige bei der Beratung der Generalstaaten über die Instruktion der niederländischen Gesandten im Okto-ber 1645 laut gewordene Forderungen darauf hin, daß Frankreich auch bei den Friedensverhandlungen mit seinem Bündnispartner einige Schwierigkeiten haben werde

nr. 244.
.
Schwierigkeiten erwuchsen den französischen Gesandten auch von Seiten ihres zweiten Verbündeten, Portugal. Unablässig drängten dessen Gesandte in Mün-ster bei den Franzosen auf Bemühungen um die Anerkennung ihres Ambassa-deur-Titels und um die Aushändigung kaiserlicher Pässe. Beide Forderungen kamen den französischen Gesandten jedoch sehr ungelegen. Sie blieben sehr zurückhaltend, da sie um dieser Frage willen nicht die gesamten Verhandlungen gefährden wollten

nr. 68.
. Sie wurden in ihrer Haltung noch bestärkt, als die Leiche des in Osnabrück verstorbenen portugiesischen Residenten Botelho beim Abtransport trotz der Begleitung durch Mitglieder der Gesandtschaft Oxenstier-nas von kaiserlichen Soldaten beschlagnahmt wurde, was zu schwedischen Beschwerden und zum Aufschub der Verhandlungen führte. Sie konnten die den portugiesischen Wünschen bisher stets wohlwollend gegenüberstehenden schwe-dischen Gesandten davon überzeugen, daß es besser sei, alle portugiesischen Forderungen erst im Lauf der französisch-spanischen Verhandlungen aufzugrei-fen

nr. 77, 91.
. Lediglich innerhalb der französischen Gesandtschaft gestand man den Portugiesen den Plénipotentiaire-Titel zu

nr. 101.
. Dabei blieb es, obwohl die portu-giesischen Gesandten immer wieder von neuem ihre Forderungen vorbrach-ten

Vgl. nr. 178.
.
Sehr viel leichter war die Vertretung der Angelegenheiten Kataloniens. Fonta-nella, der Vertreter der aufständischen Provinz, reiste im Januar 1645 in seine Heimat zurück, um dort für Frankreich tätig zu werden

nr. 16, 28.
. Die Belange der Katalanen, nach französischem Verständnis Untertanen der Krone

nr. 41.
, vertraten von da an allein die französischen Gesandten.
Wie die Vollmachtenfrage zeigte, kamen die Verhandlungen mit Spanien nur sehr zögernd in Gang. Selbst nach der Beibringung der spanischen Vollmachten

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in der vereinbarten Form und nach dem Einzug Peñarandas am 5. Juli 1645 verliefen sie nur sehr stockend und erzielten bis zum November 1645 kaum Fortschritte. Gleichwohl hatte man sich auf französischer Seite noch nicht eindeutig entschieden, ob man auf Grund dieser Verzögerungen die gesamten spanischen Angelegenheiten hintansetzen und versuchen solle, im Reich allein zu einer Einigung zu kommen, wie es die Reichsstände wollten. Trotz des durch die kaiserliche Niederlage bei Jankau noch zunehmenden Drängens der ständischen Gesandten betonte man in Paris noch im April das vorrangige Interesse an einem allgemeinen Friedensschluß; man war jedoch bereit, bei Ausschluß österreichischer Hilfe für Spanien auch allein mit Kaiser und Reich ein Abkommen zu treffen

nr. 72.
. Das Verbot kaiserlicher Hilfe erschien zwar kaum erreichbar

nr. 114.
, doch glaubte man, schon aus der spanischen Furcht vor einem solchen Separatabkommen Vorteile ziehen zu können. Die Gesandten erhielten daher die Anweisung, die Angst der Spanier vor dem Ausschluß aus dem allgemeinen Abkommen zu schüren

nr. 155, 170.
, um auf diese Weise, wie die Gesandten selbst vorgeschlagen hatten

nr. 143.
, die Bereitschaft zu Konzessionen zu steigern. Die französische Haltung zur Frage eines Separatschlusses beruhte in dieser Zeit also auf taktischen Überlegungen. Oberstes Ziel blieb, wie die Zusatzinstruktion im November zeigte, ein gleichzeitiges Abkommen mit Spanien und dem Reich

nr. 267.
. Zwei Themen bestimmen die Korrespondenz der französischen Gesandten bis zum November 1645 in Hinblick auf die Verhandlungen mit Spanien: die französischen Satisfaktionsansprüche und die Art des anzustrebenden Abkom-mens. Beide Aspekte waren auch Schwerpunkte in der für die Spanier bestimm-ten Fassung der Nebenproposition la, die den spanischen Gesandten nach Eingang ihrer Vollmacht am 1. April 1645 von den Mediatoren ausgehändigt wurde

nr. 69.
. Sie enthielt zusätzlich zu den Ausführungen zum Reich und zu Italien, die auch in die für die Kaiserlichen angefertigte Fassung aufgenommen waren, zwei Forderungen für den angestrebten spanischen Friedensschluß. Für die Verbündeten wurde verlangt, daß ihre Anliegen gleichzeitig mit denen Frank-reichs zu regeln seien, und für sich selbst erhoben die Franzosen territoriale Ansprüche. Alle gegen Spanien gemachten Eroberungen sollten entweder im französischen Besitz verbleiben, oder als Gegenleistung für die Rückgabe eines Teils von ihnen sollte Spanien verpflichtet sein, früher den Franzosen wegge-nommene Gebiete zurückzuerstatten. Die spanische Antwort vom 18. April wies beide Vorschläge zurück

nr. 87.
. Weiter kam man in der Satisfaktionsfrage bis zum November nicht. Auch die Bemühungen der Mediatoren führten zu keinerlei Fortschritten. Die ganze Zeit über beharrten die Franzosen auf ihren Maximal-forderungen

nr. 142, 166, 177, 210, 211, 254.
. Sie gingen nämlich von der Annahme aus, daß Spanien sowohl zur Verbesserung seiner bedrohlichen militärischen Lage wie auch zur Vermei-dung eines Separatabkommens des Reiches mit Frankreich an einem baldigen Abkommen interessiert sein müsse. Dies wollte man zu Zugeständnissen der Spanier bei der französischen Satisfaktion ausnutzen

nr. 168, 170, 182.
. Darüberhinaus war man auf französischer Seite auch nicht unbedingt an großen Verhandlungsfortschrit-ten interessiert, da die Gesandten der Generalstaaten noch nicht erschienen waren, ohne die ein Abkommen nicht geschlossen werden konnte. Die gesamten spanischen Fragen wurden daher bewußt zurückgestellt. Zunächst sollten die Angelegenheiten des Reiches behandelt werden

nr. 155, Beilage von nr. 172, 227.
.
Über das zweite Problem dieser Verhandlungen, die Art des Abkommens betreffend, wurden von beiden Verhandlungspartnern wie auch von den Mediatoren vielfältige Überlegungen angestellt, deren Ergebnisse auf französi-scher Seite zusammenfassend in der Zusatzinstruktion vom 23. November dargestellt wurden, ohne daß schon die Entscheidung für eine der Möglichkeiten getroffen wurde

nr. 267.
. Die Schwierigkeit bestand in der Einbeziehung der französi-schen Verbündeten. Der vermeintliche Widerstand der Generalstaaten gegen einen Friedensschluß ließ die französische Regierung schon im Juli daran denken, mit dem Reich Frieden zu schließen, mit Spanien aber nur einen langfristigen Waffenstillstand einzugehen. Auf diese Weise erschien zudem die Lösung der mit Spanien bestehenden Probleme einfacher

nr. 155.
. Auf spanischer Seite deutete man an, in der Frage der Art des Abkommens nicht festgelegt zu sein. Peñaranda sprach von der Möglichkeit eines kurzen oder langen Waffenstill-standes oder einer Waffenruhe

nr. 176.
. Contarini trat deshalb mit einem Vorschlag hervor, wie er auf französischer Seite schon erwogen worden war, nämlich Friedensschluß mit dem Reich, Waffenstillstand unter Einschluß Portugals und Kataloniens mit Spanien

nr. 177, 185.
. Zu einer Festlegung kam es hierin aber bei den Franzosen nicht.
Ebensowenig hatte der venezianische Vermittler Erfolg mit seinen Vorschlägen, die angestrebte Friedensregelung durch Abkommen über dynastische Verbindun-gen zu erleichtern. Ihm schwebte die Verbindung Ludwigs XIV. mit der spanischen Infantin vor, die als Mitgift Burgund und die Niederlande an Frankreich bringen sollte

nr. 142.
. Im August dachte er an Flandern als Mitgift, während Frankreich dafür Katalonien und einige andere Eroberungen an Spanien zurückgeben sollte

nr. 185.
. Auch Servien entwarf verschiedene Heiratsprojek-te

nr. 182, 205.
. Sie kamen jedoch nicht über das Stadium unverbindlicher Überlegungen hinaus, zumal Mazarin ihnen ablehnend gegenüberstand, da durch Bekanntwer-den solcher Pläne das Vertrauen der Verbündeten aufs Spiel gesetzt werden könne; im Fall der Sicherstellung des Verbleibs eines als Mitgift abzutretenden Territoriums in dauerndem französischen Besitz war aber auch er Gesprächen über spanische Angebote nicht abgeneigt

nr. 194.
.

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