Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert

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Der Reichskanzler betonte, daß Ihre Kaiserliche Majestät über die Gravamina nur in
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Abstimmung mit den Katholiken verhandeln werde. Was an Trauttmansdorff geschickt
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worden sei, sei das Äußerste. Doch muß sich Bayern darüber klar sein, daß ein
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baldiger Friedensschluß auch an Zugeständnissen an die Protestanten hänge. Bei der
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Ausdehnung des Geistlichen Vorbehalts auf die Mediatstifter muß man sehr vorsichtig
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agieren, damit die Protestanten nicht auf seiner völligen Aufhebung bestehen, aus
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Furcht vor zu weiter Ausdehnung auf seiten der Katholiken. Ein Terminus a quo
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schützt auch die Katholiken. Die zeitlich befristete Überlassung der Stifter werden

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die Protestanten nicht hinnehmen. Was gegen eine unbefristete Überlassung vorge-
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bracht
wird, samb dies einer infinitae und perpetuae renunciationi gleich und salva
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conscientia sine Summi Pontificis consensu nicht könt eingegangen werden, sey zum
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theil bereit erleutert, zum theil habe es seinen absatz in casu extremae necessitatis und
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laße sich uff des Reichs boden und bey der deutschen nation zwischen einem Römi-
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schen Keyßer undt den stenden des Reichs, zumahl wieder die protestirende, nicht prac-
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ticiren, dan sonsten hetten die unterschiedliche friedstende, so noch vor dem Paßau-
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ischen vertrag gemacht, und entlich der religionfried selbsten keinen bestandt.

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Darauff der abgeordnete gesagt, er müste bekennen, daß wan man frieden haben wolte
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und baldt, so würde man sich durch viel gradus nicht auffhalten dürffen, sondern
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baldt zuer sachen schreiten und dasienige, sowohl in puncto gravaminum thuen
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müßen, was die protestirende entlich haben wolten, alß man es in puncto satisfactionis
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zue Münster und anderstwo nothwendig für die kronen zue thuen befende. Dan er
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sehe paritatem rationis, undt er wolte es bey seinem gnedigsten herrn vleißig erinnern,
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hielte auch nicht darfür, daß seine churfürstliche durchlaucht, wan sie sehen würden,
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daß es hieran haften solte, ihrer Keyßerlichen mayestät auß handen gehen würden,
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sonderlich weil sie nunmehr dero intention und meinung in puncto satisfactionis
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wüsten.

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Mändl meinte, daß Kf. Maximilian an der Frage des Titels, der Investitur und von
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sessio und votum den Frieden nicht scheitern lassen werde. Die kaiserlichen Gesandten
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machten Mändl noch besonders darauf aufmerksam, daß die vornehmsten katholischen
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Reichsstände für alle Gravamina-Konzessionen die Verantwortung mit übernehmen
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müßten. Bei den Gravamina sind des Friedens wegen ebenso große Zugeständnisse wie
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bei der Satisfaktion nötig. Wenn sie bei den Gravamina nicht geschehen, ist es
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unsinnig, sie bei der Satisfaktion der Kronen zu machen.

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