Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
Mit negstvorgehender post haben Ewer Kayserlicher Mayestätt wir vom
6. dieses allerunderthenigst berichtet, daß die Caßlische satisfactionsach
vergliechen wehre, auch ein abschrifft des abgeredten auffsatz beygelegt
Bezug auf den Textvorschlag für das Vorabkommen über Amnestie, Territorial- und Ar-
meesatisfaktion sowie Truppenabzug Hessen-Kassels von [1648 IV 5] ( [Beilage B zu Nr. 65] ; vgl. später Art. XV,1–11 IPO = §§ 48–56 IPM).
mit andeutung, weßen sich die Schwedischen damahlen zu fortsetzung
der handtlungen gegen unß hetten vernehmen laßen.
Sintemahlen dan auß ihrer veranthwortt erscheindte, daß die Marpur-
gische succession bey dieser negsten conferentz vorkommen solte, deßen
auch der Sachßen Altenburgische abgesandter, der von Thumbshirn,
nachricht gehabt, so hat sich derselbe, Dr. Mele und der von Vorburg zu
denen Churbayrischen ahm vorgestrigen dinstags vormittag verfügt und
uber diese materiam miteinander rathgeschlagt, unß aber ihres gefasten
schlußes keine wißenschafft anfügen laßen
Zu dieser Konferenz vgl. Meiern V, 649–652 .
nachgefolgten umbständen so viel verspühren müßen, daß der Schweden
resolution in diesen puncten ihnen albereith zuvor communicirt und ihre
inclination darüber vernohmen worden. Dan alß nachmittag die Schwe-
dischen sich bey unß eingestelt und wir vermeindten, es solte bey deme,
waß der Caßlischen satisfaction halber abgehandtlet, ungeändert verblei-
ben, haben sie erstlich den paragraphum separatum „Et quamvis etc.“
Bezug auf den Textvorschlag für das Vorabkommen über die hessischen Kontributions-
pflichtigen und die Besatzungsverpflegung von 1648 IV [5] ( [Beilage [C] zu Nr. 65] ; vgl.
später Art. XV,12 IPO ≙ § 57 IPM).
gäntzlich wiedersprochen und denselben zu underschreiben sich verwei-
gert. Folgendts, nachdem sie endtlich sich convincirt befunden und also
die underschrifft eingewilligt, haben sie die exception der Kayserlichen
erbunderthanen von der Caßlischen particularamnesti
Vgl. [Nr. 70 Anm. 9] .
laßung der religionsbefriedung auff die reformirte confession
Bezug wie Anm. 5. – Die schwed. Ges. forderten die Einrückung der Klausel Etiam
omnium caeterorum beneficiorum huius pacificationis, pari cum reliquis statibus iure
(vgl. Beilage D; Meiern V, 654 linke Sp. erster Abs.).
tens die clausulam salvatoriam für das hauß Sachßen bey der abbtey
Hierschfelden geandet
Bezug auf § „Secundo, domus“ des Textvorschlags für das Vorabkommen über Amnestie,
Territorial- und Armeesatisfaktion sowie Truppenabzug Hessen-Kassels von [1648 IV 5]
( [Beilage B zu Nr. 65] ) betr. Überlassung der gefürsteten ehemaligen Reichsabtei Hersfeld
(mitsamt der Propstei Göllingen) als Reichslehen (vgl. später Art. XV,2 IPO = § 49 IPM).
– Die schwed. Ges. forderten die Auslassung der Klausel salvo [tamen] iure domus Saxo-
nicae (vgl. Beilage D; Meiern V, 653 rechte Sp. letzter Abs.).
die Marpurgische successionstreittigkeitt zu erledigen
Die schwed. Ges. übergaben diesen Schriftsatz lediglich im Namen der hessen-kasselischen
Ges. (vgl. Meiern V, 653 rechte Sp. zweiter Abs.).
schrifft littera A herfürgebragt, welche dan also eingerichtet, alß ob diese
sach von gemeinen ständen denen cronen zu decidirn wehre auffgetragen
worden, so sonder zweiffel nit geschehen wehre, wan nit mit obvermelten
gesandten einige absonderliche communication wehre vorhergangen.
Dieweilen aber bey sogestalten dingen weder die subscriptiones der Caß-
lischen satisfaction ihre richtigkeit erlangen mögen noch auch der Mar-
purgischen succession halber einige vergleichung zu erhalten gewesen, so
haben die Schwedischen selbst endtlich den sachen biß auff folgenden tag
einen auffschub zu geben gesucht. Immittls haben wir gleichwoll auch die
Heßen Darmbstädtischen abgesandten vor unß erfordert und ihnen be-
wegligst zugesprochen, wan sie ie einige weitere instruction hetten, sich
damit nit auffzuhalten, sintemahlen sie gnugsamb verspührn mögten, daß
die protestirenden sowoll alß die catholische dieses streitts müdt seien
und den frieden derentwegen nit wölten auffhalten laßen. Die haben unß
aber in beystandt des Chursachßischen abgesandtens kein andere nach-
richt ertheilt, alß daß sie endtlich befehlicht wehrn, auff demienigen vor-
schlag, so sie unß vorgestrigen tags bey wehrender conferentz mit denen
Schwedischen uberreicht hetten, warvon hiebey littera B abschrifft, zu
verharrn.
Nachdem wir nuhn gestrigen tags bey denen Schwedischen erschienen
und vorderist die Marpurgische succession wiederumb ins disputat gezo-
gen wie auch gnugsamb außgeführt, daß die Darmbstädtischen anerbieten
auff aller billichkeit begründet, zumahlen unß von einiger gemeinsamben
requisition oder commission der ständen, in diesem geschefft decisive zu
verfahrn, nichts bewust wehre, sein die Schwedischen endtlich von unß
zu denen Caßlischen und protestirenden abgetretten und haben auch
durch den Sachßen Aldenburgischen mit denen catholischen (iedoch
allerdings unßer unwißendt) handtlen laßen, da unß die Darmbstattische
entzwischen mit großer beschwehrnuß absonderlich eröffnet, daß ein
receß verfaßet werden wölle des innhalts, vor dießmahl diesen succes-
sionstreitt 14 tag lang in suspenso zu laßen mit dem beding, wan inner-
halb solcher zeitt zue Caßl
Vgl. [Nr. 51 Anm. 6] .
alßdan bey diesem convent ohne einigen lengern verzug ein decision er-
theilt werden solte, dabey aber im nahmen Franckreich und Schweden
per expressum außbedingt würde, daß sie die in ihrm unß ubergebenen
proiect gesetzte decision vor eine vergliechene sach hielten und sich dar-
von nit abwendig machen laßen wölten
Der projektierte Interimsrezeß (Beilage C) sah vor, daß im Fall, daß in Kassel zwischen
den Streitparteien keine Einigung erzielt werden könne, die Ges. der Kronen und Hessen-
Kassels ihren zuletzt übergebenen Textvorschlag (Beilage A) als verbindlich anerkennten
(vgl. Meiern V, 662 : res illico hic decidatur, Regnorum & Cassellanis Legatis firmiter
declarantibus, eo casu se ab his non discessuros, quae jam ante placuerunt, & in Projecto
Hasso-Cassellano hesterna die Caesareanis Legatis exhibito, continentur ).
wir darin nit willigen, sondern unßere contradiction dargegen per expres-
sum bedingen sölten.
Nuhn haben sich baldt darauff die Schwedischen wiederumb zue unß ver-
fügt, waßgestalt diese Marpurgische sach in ethwaß zeitt verschoben wer-
den müste, angedeutet, unß das concept des interimsreceß laut der ab-
schrifft littera C vorgehalten, mit vorgeben, es wehre allerdings mit den
catholischen sowoll als mit den protestirenden also vergliechen worden,
in unß gesetzt, daß wir denselben underschreiben wölten. Dieweilen aber
dieser modus concludendi nit allein Ewer Kayserlicher Majestätt
schimpfflich, sondern auch unß nit gebührn wöllen, solchergestalt die
praeconceptam sententiam coronarum mit unßer underschrifft zu authen-
tisirn, also haben wir unß rundt erclehrt, daß wir es nit thuen könten
noch wölten, unß auch sonderlich beschwehrt, daß man einen sölchen
modum gebrauchen thett und under dem namen des gantzen convents
sachen außfertigen wölte, darvon zuvor mit unß nichts wehre communi-
cirt worden, unangesehen, daß Ewer Kayserliche Majestätt die erste und
vornehmere parthey deßelben seie. Wir ließen unß gleichwoll danebens
vernehmen, wan unßerstheils ein gegenreservat
Protokollnotiz der ksl. Ges. zum Vorabkommen über die Beilegung des Marburger Erb-
folgestreits (dt.) (Text: Meiern V, 662 ).
proiect keinesweegs willigten, sondern Ewer Kayserliche Majestätt
dießsortts allerdings ein freye und offene handt behalten thetten, einge-
rückt würde, daß wir alßdan so groß bedenckens nit hetten. Weill aber
die Schwedischen und Caßlische solches nit zugeben wölten, so sein wir
bey unßer negativa schlechterdingen verblieben.
Die Braunßchweig Lüneburgischen abgesandten wahren dießfalls gäntz-
lich unßer meinung, hielten es selbst vor ein unbillich zumuthen, gestal-
ten sie ihrestheils in solche praeiudicirliche clausul nit eingewilligt, son-
dern der meinung gewesen, daß dieselb gäntzlich hette außglaßen werden
söllen. Warneten unß auch, daß wir den Caßlischen satisfactionspunctn
nit underschreibn söltn, dan die Schwedischen wehrn gantz nit gemeindt,
den Pfaltzischen vergleich
Vgl. [Nr. 8 Anm. 8] .
Caßlischen vergleich hinweeg hetten, würden sie im ubrigen unß das
nachsehen laßen.
Wir haben dem Churbayrischen und Mayntzischen des einen und andern
auch trewlich verwarnet, weilen wir aber gesehen, daß selbige sich mit
denen Schwedischen und den Sachßen Aldenburgischen hinders liecht
führn laßen, wir es auch nit verhindern können, so haben wir unß licen-
ziert. Und geruhen Ewer Kayserliche Majestätt auß der continuatione
protocolli littera D allergnädigst die mehrere umbstände, so sich bey einer
und anderer conferentz verlauffn habn, anzuhörn.
Nach unßerm abschiedt haben sich auch die catholischen darvongemacht
und gleichwoll den interimsreceß ohnunderschrieben gelaßen, aber auff
ferner nachfolgen des von Thumbshirn hat der Churmayntzische cantz-
ler nochmahlen die catholische zusamenkommen laßen und auff dersel-
ben nachgeben den receß neben dem von Thumbshirn underschrieben,
wie in copia zu sehen. Wöllen es gleichwoll dahin gedeutet haben, daß
solche subscriptio nur in vim testimonii geschehen.
Heudt, diesen nachmittag, werde ich, Volmar, mit fürweisung eines vom
Dr. Kreebßen ahn den Dr. Mele geschriebenen zettuls verstendigt, daß
er begehrt, man sölte beym Churmayntzischen directorio dahin bedagt
sein, wie man von unß die instruction, so wir in determinando quanto
pro solutione stipendiorum militis Suedici itemque modo solvendi haben
sollen, heraußbringen mögte, und daß sie beyde sambt dem von Vorburg
privatim zusamenkommen und sich miteinander in diesem wie auch super
executione et assecuratione pacis underreden thetten. Also understehen
sich diese drey abgesandten, alle materias under sich zu überlegen, her-
nach mit denen Sachßen Altenburgischen zu communicirn, durch welche
es ahn die Schwedische gebragt und also alle unßere handtlungen un-
fruchtbahr oder doch zum wenigistn schwehr gemacht werden.