Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
Konferenz der kaiserlichen und der kurfürstlichen Gesandten Münster 1645 April 6
Münster 1645 April 6
DWartenberg II fol. 75–85 = Druckvorlage. Vgl. ferner DKurbayern K I p. 179–185
( damit identisch DKurbayern spA I p. 271–286 ); DVolmar fol. 377’–383’ ( Druck
Cortrejus p. 148–151 ).
Vielversprechende Erklärung der Landgräfin von Hessen-Kassel über die Restitutionsmöglichkeit
kurkölnischer Plätze, über ihr distanziertes Verhältnis zu Frankreich, zu Turenne und Torstenson,
über gute Friedensaussichten im Falle einer Einigung über die Religionsgravamina.
Antwort der kaiserlichen an die französischen Gesandten: Verhandlungsmodus, Erscheinen der
Stände, Kurtriers Restitution und Präsenz am Kongreß, Ächtung eines Kurfürsten und Funk-
tionsfähigkeit des Kurkollegs, französische Verbündete, kaiserliche Vollmacht zu Verhandlungen
mit Hessen-Kassel, Frankreichs Verhältnis zum Religionsfeind, Friedensgarantie. Einwilligung
des Kaisers und der Kurfürsten zur Restitution Kurtriers und zum salvus conductus für Stral-
sund gegen substantialpropositiones der Kronen. Kurbayerische Vorschläge für kaiserliche
Offerte an Frankreich: Generalamnestie auf der Grundlage des Besitzstandes von 1627 in eccle-
siasticis und 1630 in politicis und Restitution Kurtriers als Gegenleistung für Truppenabzug
aus dem Reich, Abtretung des Burgundischen Kreises und Restitution des Herzogs von Lothringen.
Anreise und Titulatur Longuevilles. Visite kurfürstlicher Gesandter bei Oxenstierna? Verhält-
nis Wartenbergs zu Saavedra.
Im Quartier des Grafen Wartenberg. Vertreten: kaiserliche Gesandte (Nassau, Volmar),
Kurköln (Wartenberg), Kurbayern.
Da Wartenberg wegen continuirenden zahnwehe und ungestümmen wet-
ters nicht ausfahren kann, suchen die ksl. und kurbayerischen Gesandten ihn um
9 Uhr morgens auf, obwohl er angeboten hatte, vertretungsweise Landsberg und von
der Recke zur Konferenz in Nassaus Quartier zu schicken. Darauf vom graffen
von Naßaw Ihrer Hochfürstlichen Gnaden gedancken uber iüngst besche-
hene proposition, der mediatorn bey den Franzosischen verrichtung halber,
erfragt, gestalt sie das votum nach gethaner communication von demjeni-
gen , was die landgraffin zu Hessen gegen die Munsterische deputirte sich
heraußgelaßen
Gemeint sind die Dülmen-Kasseler Verhandlungen zwischen Hessen-Kassel und den Hochstiften
Münster und Paderborn (Kurköln). Sie fanden von 18. bis 20. Januar 1645 in Dülmen (von
Hessen-Kassel nicht ratifizierter Vertrag von Dülmen 1645 I 20) statt und endeten mit dem
Kasseler Vertrag vom 10. Mai 1645, der Kriegsleistung, Jurisdiktion und Verwaltung der
Stifter während der hessischen Besatzung regelte. Von seiten der münsterschen Regierung nahmen
daran Christoph Bernhard von Galen, Nikolaus Westerholt von Steinfurt, Lizentiat Nikolaus
Drachter, von seiten Hessen-Kassels Otto von der Malsburg und Gottfried von Wallenstein teil
( Förster passim).
29–31 nach – heraußgelaßen] Aus DKurbayern K I ( eigenhändige Eintragung von J.
Adolf Krebs ), spA I ist zu entnehmen, was Wartenberg hierzu hatt ableßen laßen: Die
Landgräfin hat Gesandten des Stifts Münster und des Westfälischen Kreises persönlich erklärt,
daß 1. sie ihre Alliierten nicht verlassen könne und durch die Zapffenburgische tractaten,
wonach Kurköln für die Rückgabe aller von Hessen-Kassel besetzten Orte 50 000 Reichstaler
hätte zahlen sollen, längst der Streit zwischen beiden Ländern ausgeräumt sein könnte, wenn der
Kurfürst von Bayern dieser Übereinkunft
In den Sababurger Verhandlungen zwischen Kurköln sowie Kurmainz einerseits und Hessen-
Kassel andererseits (abgeschlossen durch den Sababurger Vertrag vom 20. Dezember 1635) ging
es um die Rückgabe der westfälischen Stifter an ihre Eigentümer und um die Anerkennung Wil-
helms V. von Hessen-Kassel. Vgl. darüber Altmann S. 116ff., Haan S. 34 Anm. 33,
S. 54f., Förster .
Oßnabrükh erinnert, es beschehe dem Kurfürsten von Bayern hierinnen zue viel undt
praesumirte es die landtgrävin dahero, weilen eben dazuemahl durch den veldtmar-
schalckh Götzen ettliche ortt im Westphälischen craiß occupirt worden
Generalfeldmarschall Johann Gf. von Götz ( 1599–1645 ) ( über ihn ADB 9 S. 510f. ) wurde im
Juli 1636, nachdem er an der Mosel überwintert hatte, offensiv; er zog nach Westfalen und er-
oberte Fritzlar, Warburg, Paderborn, Soest, Dortmund, Lünen, Werl, Hamm. Vgl. Förster
S. 158–162, H. H. Weber , Hessenkrieg S. 24, Altmann S. 144f., Theatr. Europ.
III S. 677, 685 ).
sie wegen des ietzigen status in Teutschlandt kheinen grünen krantz zur freude uff-
zusetzen , 3. wachße Frankhreich der mueth wegen occupirung Philipßburg
Die Rheinfestung Philippsburg, 1623 von Bf. Philipp Christoph von Speyer fertiggestellt und
ursprünglich gegen Kurpfalz gerichtet ( Hauck S. 166f.), fiel am 13. Januar 1634 in die Hände
der Schweden ( H. Weber , Frankreich S. 216ff., 281ff., 313ff.) und wurde durch Vertrag
vom 26. August 1634 Frankreich von Schweden und dem Heilbronner Bund überlassen; Frank-
reich sollte aber die Rechte des Reichs und seiner Stände an Philippsburg bis zum Abschluß des
Friedens nicht beeinträchtigen ( Kretzschmar , Heilbronner Bund II S. 536–548, Fagniez
II S. 144f., 166f., Altmann S. 49f., Knipschaar S. 7, 19). Nach zeitweiliger Eroberung
durch die ksl. Truppen wurde Philippsburg am 9. September 1644 wieder von Enghien zurück-
gewonnen ( Knipschaar S. 45).
des Rheinstrohmbß guettentheilß, denn Turenne
Henri de la Tour d’Auvergne, vicomte de Turenne (1611–1675) 1625 in niederländischen
Kriegsdiensten, 1630 Oberst in der französischen Armee, 1638 Generalleutnant im Heer des
Hg. Bernhard von Weimar, 1644 Oberbefehlshaber der französischen Truppen in Deutschland,
operierte 1645 am Mittel- und Oberrhein (über ihn Nouv. Biogr. gén. 45 Sp. 702–715,
Biogr. univ. 42 S. 256–268, Weygand , mit Angaben der umfangreichen älteren Literatur).
Interzessionsschreiben für das Reichskammergericht gewürdigt. 4. Nach Herstellung des Frie-
dens im Reich könne man die Franzosen leicht aus dem Reich vertreiben, dan einmahl Frankh-
reich ambire den dominatum in Teutschlandt. 5. Den Wunsch Frankreichs, ihren Prinzen
am Pariser Hof zu erziehen, verstehe sie dahin, damit die Frantzosen ihrer desto beßer
meister sein khöndten. 6. Den Frieden hinderten allein die Religionsgravamina und die
Pfalzfrage, die nicht an den ksl. Hof
Anspielung auf die Wiener Verhandlungen über die pfälzische Frage, die von November 1641
bis Juli 1642 unter Vermittlung des Kg. Christian IV. von Dänemark und der Kurfürsten von
Mainz, Köln, Sachsen und Brandenburg zwischen den Vertretern Englands, des Pfalzgrafen
Karl Ludwig, Spaniens, des Kaisers und Kurbayerns stattfanden ( Jüdel S. 17–50, Schwei-
nesbein S. 113, zur Vorgeschichte Bierther S. 200, 218–226).
Augsburgische Konfession in den Erblanden seien der Hauptgrund für den Einmarsch Torsten-
sons in Böhmen und Österreich. Sie jedenfalls sei nicht abgeneigt, sogahr das catholische
exercitium in ihrem landt zuezuelaßen. Schließlich sei Torstenson nach ihren Worten ein
hartter man und were sie mit selbigem nicht allerdingß zuefriden.
friedenstractaten und dem extraordinari deputationtag von Franckfurt
aus zukommen, in nahmen Churcollen dahin abgelegt:
Erinnert sich des neulich erstatteten Berichts der ksl. Gesandten und welcher-
gestalt der von Pariß und Oberlendischen erwarttender post
sachen wichtikeit halber die endliche erklehrung differirt und ausgestelt
blieben.
Sagten fur die vertrewliche communication deßelben, auch daß sie diese
conferenz anstellen und belieben wollen, gebuhrenden danck; und seyen
ihrestheylß unvergeßen, ein solches Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu
Collen mit negstem zu referiren und zu ruhmen.
Wiederholt ausführlich die Antwort, die nach dem Bericht vom 1. März die Fran-
zosen den Mediatoren gegeben haben.
Bezüglich 1. des Verhandlungsmodus seye mans darin einig und iedesmals der
mainung bishero geweßen, daß alle remorae abzuschneiden und die schrifft-
wechslungen zu verhuetten, gestalt sie dan bey iungst begriffener replic in
specie auch brevitatem zu dem ende erinnert, damit nit dadurch den Fran-
zosen materia disputandi et negotium protrahendi gegeben würde. Laßen
sich dahero gar wol gefallen, daß allein die substantialia schrifftlich mogen
tractirt, die replicae aber hinc inde muntlich beschehen et per mediatores
ieden tail zugebracht werden, wan nur solche substantialia, wie a parte
Caesaris schon lengst geschehen, auch von der andern seitthen dermaln
ubergeben würden.
Beym zweyten wegen erscheinung der stend seye von den herrn mediatorn
gar wol geandtworttet, auch von ihnen herrn Kayserlichen darauf weittere
gute information auß dem anno 1641 und andern gemachten reichsschlußen
gegeben. Es cessire aber nunmehr diese frag durch newlich zu Franckfurt
pro translatione des deputationstags anhero gefastes conclusum, welches
zweifelsohn Ir Kayserliche Majestät ratificieren und sich gefallen werden
laßen. Gienge aber die Franzosen, wie die stend alhier dem herkommen und
iuxta constitutiones imperii erscheinen und quo modo tractiren, gar nit ahn;
es were dan, daß sie dem reich seine libertet, gegen vielfaltige promessen,
disputiren und benehmen wolten.
Vom dritten mit Churtryer scheinen sie nun selbst abzuweichen, indem sie
gemelt, daß wan sie versichert, daß bey fortgang der tractaten de liberatione
vel translatione Churtryer gehandlet werden solt, sie diesen punct aniezo
so hoch nit zu urgiren hetten.
Dis aber seye ein weitaussehend und praeiudicirlich ding, daß der Fran-
zosen mainung nach wegen abwesen Churtryer das collegium nit ergentzt
und der conventus illegitimus sein solle, welches nohtwendig wieder-
sprochen und den mediatoribus daruber nachmaln gute und weitere infor-
mation pro replica ahn hand geben werden muß; zumalen sonsten nit
allein in specie die Kayserliche wahl von den Franzosen würde disputirt,
sondern auch alle andere ohn mitbeysein Churtryer biß dato 10 jar gehaltene
conventus
Kurtrier war am Regensburger Kurfürstentag von 1636/37, am Nürnberger Kurfürstentag von
1640, am Regensburger Reichstag von 1640/41, an den Wiener Traktaten über die pfälzische
Frage von 1641/42, an der Mainzer Zusammenkunft der Kurfürsten von 1642 und am Frank-
furter Deputationstag von 1643 bis 1645 nicht mit Sitz und Stimme vertreten gewesen.
diren wollen.
Und wie man alte und newe exempla genug beyzupringen, daß chur- und
fürsten proscribirt oder captivirt geweßen, dannoch daweniger nit, was
underdesen im reich geschloßen, fur gulttig gehalten worden, gleich dan
auch dasjenige seine krafft billich gehabt, was der zeit, alß der pfaltzgraff
Fridericus quartus dem collegio außgeschlossen worden (warzu der chur-
furst von Tryer sein votum selbst mit geben
Zum Mühlbausener Kurfürstentag von 1627, auf dem über die Verleihung der pfälzischen Kur an
Hg. Maximilian von Bayern vorläufig entschieden worden war, hatte Kurtrier den kurtrierischen
Kanzler Johann Wilhelm Husmann, Damian und Johann Kaspar von der Leyen, Dr. Kuno
von Grafenstein und den Lizentiaten und kurtrierischen Kanzler (seit 1629) Johann Anethan
entsandt und mit den übrigen katholischen Kurfürsten gegenüber Kurpfalz eine harte Linie
vertreten) Henk S. 50f., Breuer S. 51).
in collegio vorgangen und verhandlet. Und obwolen dabey dieser under-
schied gemacht werden möcht, daß darnach Churpfalz proscribirt geweßen,
Churtryer aber annoch nit, so sey doch bekand, daß schon zuvor, ehe die
proscriptio ergangen, wie gemelt, er ad collegium nit mer admittirt und
doch dasienige, was collegialiter geschloßen, für bündig im ganzen reich
gehalten worden.
Bey dießem puncto sie zu erinnern hetten und zum nachdenken stellen
wolten, auff den fall die Franzosen die translation electoris Trevirensis
weitters urgirn und, biß ihnen gewillfahrt, ad rem nit schreitten wolten
oder hernechst in tractatibus, wie sie angedeutet, annoch moviren wurden,
was deßwegen alßdan zu thun, und ob man nit vermeinen wolt, daß
darueber Ihrer Kayserlichen Maiestät, auch Churcollen und -bayern referirt
und umb provisionalinstruction undt befelch ansuchung geschehen soll,
damit man hier vorn gesezten falß mit der andwort gefast sein und die zeit
also gewonnen werden konne, wie die hern mediatorn in omnem eventum
selbsten thuenlich erachtet.
Betreffend das 4., nemblich specificationem confoederatorum, seye auß
ihrer der Franzosen andwort genugsamb abzunehmen, daß sie noch meh-
rere reichsstende aufzuwiggelen und weittere unruhe anzurichten inten-
diren . Man soll aber disseits den punctum confoederatorum weitters nit
urgiren, weilen man durch die specificirung auff die privata und gravamina,
warumb ein oder der ander zu solcher verbundnus sich eingelaßen, kom-
men und also hiermit die gravamina statuum anhero zu ziehen und das
haubtwerckh pacis zu removiren selbsten anlaß geben wurde.
5. Die Frage der Verhandlungsvollmacht mit Hessen-Kassel ist zu nichts anderß
alß auf eine diffidenz, ob nemblich die Kayserliche etwas mit den Hessi-
schen absonderlich gegen sie die Franzosen zu handlen vornehmen moch-
ten , angesehen.
Bey diesem passu vermainten Ihre Hochfürstliche Gnaden, daß man occa-
sion zu captiren, durch die hern mediatores den Franzosen eine andere
frag vorzustellen, nemblich ob sie befelcht oder gewillt seyen, den uncatho-
lischen in punctis religionis bey den tractaten zu assistiren, in specie auch
der landgravin zu Hessen, und ob sie die Calvinische religion im reich
zu solidieren und fomentiren gedächten,
werden kondt, was der konig von Schweden selbst gegen den pfaltzgraffen
(welcher von ihme restitutionem der landen und religion begert) gedacht,
daß er lieber wolt alle der picquen spitzen, so under seiner armee, im her-
zen habe, alß das geringste zu plantirung der Calvinischen religion zu
gedencken oder vorzunehmen, auch restitutionem der landen anderer-
gestallt nit thuen wollen, alß das die Pfaltz ein Schwedisch lehen inkonfftig
sein und von der cron gebirendt empfangen werden solte, in specie auch
die disposition religionis in selbigen landen allein immediate von der cron
dependiren
Gustav Adolf von Schweden verlangte 1632 von Kf. Friedrich V. von der Pfalz (1596–1632)
Autonomie für die Augsburger Konfession in der Pfalz und erwog dem Kurfürsten nachteilige
Allianzpläne; dies führte zum Konflikt und zur Trennung Friedrichs V. von Gustav Adolf,
der 13 Tage nach dem Tod des schwedischen Königs am 29. November 1632 starb. Vgl. Gindely ,
Friedrich V S. 41, Gfrörer III S. 949f. (dort auch ähnliche Version der Todesursache),
Häusser II S. 506f., NDB 5 S. 535 , M. Roberts II S. 615f.
darauf verstorben. Ingleichen hette der konig den landgraffen, welcher
den Calvinisten ein kirchen in Franckfort einzuraummen begert, ex eadem
causa abgeschlagen, mit vermelden, das er den krieg wegen solcher religion
nit fieren tate.
Ad 6. ratione assecurationis seye mans mit den Franzosischen ein, daß da-
von beym beschluß der handlung zue reden, wie man ex hoc puncto
allzeit allegirt ex ratione et exemplis.
Dießem nach erinnerten sich, weßgestalt auch newlich vorkommen, daß,
weilen sie Franzosen mit ihrer proposition nit heraußwolten, man von
dieser seitthen einige puncta abzufassen, waruber sie sich alßdan erklehren
müsten, welches ihro auch nit zuwieder. Allein wolte hernechst zu ver-
nehmen gutt sein, was die herrn Kayserliche deßwegen in instructione
haben, damit zu gewinnung zeit ihre mainung dabey gleichfalß bedencken
und eröffnen kondten.
Ferner referiert Wartenberg, was ihn der Nuntius wegen verweilender abraiß
des duca de Longeville hat wissen lassen.
Deßgleichen der d’Avaux ratione visitae, dem Oxenstern zu geben, an-
deutten laßen
2 und – ist] Ausgeführt in DKurbayern K I, spA I: Wie von der Recke den kur-
brandenburgischen Gesandten schon am Vortag berichtete, haben die französischen Gesandten
Oxenstierna mit sechs Kutschen ihre Aufwartung gemacht und hat Avaux Wartenberg gegen-
über geäußert, Oxenstierna werde ad exemplum der Kheyserlichen und andrer khönig-
lichen gesanden den churfürstlichen daß gebürende tractament geben müessen, ob-
gleich Oxenstierna seinem vorgeben nach vor einem jungen Herzog von Sachsen-Lauenburg
in seinem eigenen Quartier den Vortritt verlangt
Heinrich Julius von Sachsen-Lauenburg ( 1586–1665 ), regierend seit 1656 ( Isenburg I 41 ).
Der Vorfall ist erwähnt bei Meiern I S. 382, Walther S. 352.
keit gegeben habe.
rationes pro et contra. Pro weren, daß dadurch den Churmainz- und -bran-
denburgischen der weg gebahnet und sie des tractaments halber keine
weittere difficultet alldort zu Oßnabuck haben wurden, welches darumb
auch soviel da besser, weiln alldort kein mediator oder niemandts, durch
wehn solche sich etwa begebende tractamentsverwaigerung vermittelt
werden kondt, 2º bey dieser occasion eines oder ander zu der tractaten
befurderung vernohmen oder durch dienliche erinnerung der fortgang
urgirt werden und 3. Ihrer Hochfürstlichen Gnaden in particulari wegen
ihres stiffts Oßnabruck nuzlich sein kondten.
Rationes contra, warumb man bedenckens haben mochte, die visita zu
geben, daß man eigentlich noch nit wisse, ob und wie man des tractaments
gesichert, 2º daß ihnen der Venetus alberait und stracks auf die Franzosen
visitirt, deme er Oxenstern sonder zweifel die revisita erstens vor den chur-
fürstlichen geben würde, welches den herrn churfürstlichen ahn ihrer
praecedenz nachteylig fallen mechte. Wolten der herrn Kayserlichen und
Churbayerischen mainung daruber gern vernehmen und mit denselben sich
vergleichen.
die mediatores ihnen zugestelte schrifft communicirt
wisen, zu was endt, so begerten auch deßwegen nachrichtt.
Hierauf votirte der herr Churbayerische und conformirte sich mit ihrer
Hochfürstlichen Gnaden in allen puncten durch und durch und ließe sich
38, 24 –39, 6 ließe – thun] Hier genauer DKurbayern K I, spA I ( eigenhändig J. Adolf Krebs ): Es
soll beim Kaiser und bei den Kurfürsten von Köln und Bayern angefragt werden, ob nicht, wenn
die Franzosen auf der Restitution Kurtriers und die Schweden auf freiem Geleit für Stralsund
bestehen, unter der Bedingung nachzugeben ist, daß die Kronen ihrerseits dann die substantial-
propositiones außhändigen werden […]; welches dan alle applacitirt. Über den In-
halt der Anfrage etwas anders DVolmar : Soll der Kaiser einwilligen, wenn Frankreich die
Proposition nur in dem Fall herausgeben will, daß der Kurfürst von Trier an einen dritten Ort
gebracht wird? Zu dem Punkt ferner DKurbayern K I, spA I: Bei Churtrier seye auch
dießes zue observiren, das seine deputati zwar alhero khommen mögen, umb sein
interesse zue beobachten, iedoch kheinesweegs ad collegium electorale zue admit-
tiren seyen, dan sonsten dardurch gleichsamb alle vordere reichsactus, so in deren
absent vor dießem vorgangen, in zweiffel undt disputat khöndten gezogen werden.
Da der Kurfürst von Trier seinerzeit den Pfalzgrafen aus dem Kurkolleg mit ausgeschlossen
hat, muß er ahnietzo auch daßelbige recht sich appliciren laßen, nach der gemeinen
regul, quod quisque iuris in alium statuerit, ut eodem utatur.
beym 3ten gleichfalß gefallen, daß zue gewinnung zeit wegen translation
Churtryer ad locum tertium (wozu sie die statt Regenspurg vorgeschlagen)
hinderpringens beschehe und bescheidts erholet werd. Und erinnerte da-
benebens , weil die tractatus hier und zu Oßnabruck pari passu gehen solten
und alldorten sichs ahn ertheylung der salvorum conductuum fur die
statt Stralsund
Stralsund unterstand als pommersche Immediatstadt unmittelbar dem Landesherrn und war in
den pommerschen Landständen vertreten. Die Stadt stand im Bündnis mit Schweden, das 1648
erneuert wurde ( Sverges traktater VI 1 S. 142ff.). Sie strebte traditionell nach selb-
ständiger Außenpolitik und Autonomie, erreichte aber auch in den Verhandlungen mit Gustav
Adolf 1628 nicht den Status einer freien Reichsstadt, und auch jetzt trat Schweden nur für ihre
Hinzuziehung als Mediatstadt ein ( Paul S. 137, 141ff., Langer S. 204ff., Verhandlun-
gen 4 S. 21, 27). Am 27. Dezember 1645 langten für Stralsund die Ratsfreunde Dr. Christian
Schwarz und Joachim von Braunen in Osnabrück an und wurden dort bei den evangelischen Ständen
akkreditiert ( Verhandlungen 4 S. 77, Meiern II S. 828 , Walther S. 103f.). – Vgl. zur
Rechtsstellung der Mediatstände, auch gegenüber Reichstagen, Feller S. 41–50, 67–70, 85,
Moser , TS 46 S. 294f.
Beym 5 ten wegen der frag, so den Franzosen zu thun, verglichen sich
ebenmesig mit Ihrer Hochfürstlichen Gnaden. Imgleichen placidirte, daß
einige puncta ahn seithen der herrn Kayserlichen zu verfassen und die
Franzosen dadurch zu erklehrung zue necessitiren, under welchen sie ver-
meinten , daß folgende mit sein kondten, 1. zue begehren die abfuhrung
des kriegß volcker von des reichs boden, 2º den Burgundischen craiß
Der Burgundische Kreis war 1512 bei der Vermehrung der um 1500 eingerichteten sechs Kreise
des Reichs auf zehn entstanden. Er umfaßte ursprünglich die Freigrafschaft Burgund, die Herzog-
tümer Brabant, Limburg, Luxemburg, Geldern, die Grafschaften Flandern, Artois, Hennegau,
Holland, Zeeland, Namur, Zutphen, die Markgrafschaft Antwerpen, die Herrschaften Fries-
land , Mecheln, Utrecht, Overijssel und Groningen. Seit 1548 war der Kreis nur noch durch eine
gegenseitige Schutzklausel und – nicht als Matrikularbeiträge aufzufassende – Zahlungen mit
dem Reich verbunden. Durch die Utrechter Union (der nachmals Vereinigten Niederlande)
wurden 1579–1581 die sieben Provinzen Holland, Zeeland, Utrecht, Geldern, Overijssel, Fries-
land und Groningen selbständig. Zum Burgundischen Kreis gehörten ferner verschiedene kleinere
Grafschaften und Herrschaften, das Erzbistum Besançon, das Bistum Cambrai, die Reichsstädte
Besançon und Cambrai ( UuA Burgund. Kreis II S. 2–4, I S. 57f., 66f., 69, 78f., 109f.,
129, 186, Weltatlas S. 110, 122, 124, Moser , NTS 10 S. 68–71, Lünig , Reichsarchiv I
S. 161, Zedler 4 S. 1981f.).
vollig abzutretten und 3. den herzogen von Lottringen
Dagegen man sich a parte Caesaris in satisfactionem zu erklehren, daß den
stenden generalis amnistia ertheylt und dadurch die sachen in den stand,
worinnen sie sich in ecclesiasticis anno 1627 und in politicis anno 1630
befunden, wieder gestelt, auch der churfurst von Tryer in allem restituirt
werden solle; doch meldetens allein zu weitterm
4 nachdencken] Laut DKurbayern K I, spA I weist Kurbayern zum Punkt der asse-
curation noch darauf hin, daß die fridenstractaten von Cambrai 1529 und von Bomy 1537
durch den könig in Frankhreich, den dauphin, die ständt undt gubernatoren des
königreichs bekräfftigt, auch selbige allen parlamenten ad rei memoriam undt ad
acta insinuirt undt intimirt worden .
Die visita dem Oxenstern zu geben, wan man des tractaments gesichert,
hielten nicht undienlich, weilen man dadurch gelegenheit haben wurde,
von fortsezung der tractaten zu reden. Ob dem duca de Longeville bey
seinem anherokommen „Altezza“ zu geben, daruber wolten sich bescheidts
erholen und conformirten sich im ubrigen allerdings mit dem Churcolni-
schen voto.
Diesem nach hat man einen abtritt genommen, und die herrn Kayserliche
nach vorgangener underredung und beschehener dancksagung fur er-
öffnete guttachten, mit erpiethen, solches Ihrer Kayserlichen Maiestät aller-
underthenigst zu rescribiren und zu ruhmen, die vorgenante puncta und
was ein- und anderseiz weitter vorgeschlagen und zue bedencken gestelt,
breviter recapitulirt und fast in allen conformirt und erstlich beym 3 ten
puncto wegen translation Churtryer sich zur relation ahn Ihre Kayserliche
Maiestät erpotten, auch beym 5 ten die guttbefundene gegenquaestion den
Franzosen zu thun applacidirt und den mediatoribus ahn hand zu geben
ubernommen.
Wegen assecuration des verhoffenden friedenschlußes hab es bey dem sein
bewenden, daß davon weitter circa finem tractatuum gered werden solt;
daß aber die Franzosen frembd beduncke, daß man a parte Caesaris et
imperii ratificationem statuum Franciae gleichergestalt, wie sie vom reich,
begehren wolle, seye ohn ration und fundament, zumaln sich der exempla
finden, daß ratificatio conclusorum a statibus et parlamentis Gallicae be-
gert worden, maßen under andern zu Cambrai 1529 notori geschehen.
Damit man aber den mediatoribus, daß man solches disseiz zu begehren
befugt, information und nachricht geben konne, hetten sie einige rationes
zusammengetragen, so gleichwol nitt den Franzosischen, sondern allein
den herrn interpositorn pro informatione würde zuzustellen sein, inmaßen
selbige zu durchsehung communicirt und diesem num. 49 beygelegt
befindet.
Daß dan einige puncta zusammenzutragen, so den Franzosischen zue ihrer
erklehrung eingehendigt werden solten, solches sey ihnen nit zu endgegen,
wurde auch auß dem concept der replic, wie es das erste mal aufgesezt,
leicht zu thun sein. Sie stunden aber dabey soviel ahn, ob ihnen, ohn Ihrer
Kayserlichen Maiestät vorwissen und befelch so weit zu gehen, gebuhren
wolle, bevorab weilen Ihre Kayserliche Maiestätt in dero befelchschreiben
vom 22. Martii
bezohen, vermuthlich, daß sie ihrer nacher Munchen geschickter gesandten
Mitte März 1645 reisten der ksl. Geheime Rat und Reichsvizekanzler Ferdinand Siegmund
Gf. Kurz von Senftenau sowie der ksl. Geheime Rat Georg Adam Gf. von Martinitz nach
München, um mit Kf. Maximilian über Sonderverhandlungen mit Frankreich und über die all-
gemeinen Friedensverhandlungen zu sprechen. In diesen Beratungen vertrat Maximilian die
Meinung, daß Spanien in den Frieden nicht einzuschließen und daß Frankreich territorial zu
entschädigen sei. Vgl. Schweinesbein S. 189, Egloffstein S. 14f.
zuruckkunfft und relation vorhero erwartten wollen, maßen sie bemeltes
Kayserliches schreiben abgelesen. Hielten sonsten, mit begreiffung solcher
capitum kein sonderbars periculum in mora zu sein, weiln der Oxenstern
iezo alhier und dem verlautth nach in die Franzosen wegen ablegung
ihrer proposition starck tringen solle.
Über das Geleit für Stralsund haben die ksl. Gesandten in Osnabrück noch keine
Weisung, obwohl sie mehrmals darum baten; und seye propter consequentiam
und praeiudicium aliorum keine geringe sach, so das ganze reich durchgehe
und das friedenswerck noch schwerer machen werde. Doch stunde es zu
Ihrer Maiestät allergnedigsten erklehrung.
Des duca de Longeville verweylende anherkunfft vernehmen sie umb
desto unlieber, weiln der duca Medina
Ramiro Nuñez Felipez de Guzmàn, duque Medina de las Torres, duque de Sabionetta y Mondra-
gone , marquèz de Toral ( † 1668 ), 1637–1644 Vizekönig von Neapel, ursprünglich als spanischer
Hauptgesandter auf dem Kongreß vorgesehen, 1645 Gesandter in Wien ( über ihn Dicc. hist.
Esp. II S. 297f., Enciclop. univ. ilustr. 34 S. 127, Fraga Iribarne S. 435, Rott
S. 954, Zedler 20 Sp. 122, 11 Sp. 1497, Meiern I S. 351, Theatr. Europ. V S. 729 ).
solle, erst nacher dem Kayserlichen hoff zu raißen befelcht und sichs mit
der beykombst noch desto lenger verziehen wird; underdeßen des praeten-
direnden praedicati willen (Altezza) Ihrer Maiestät relation thun und reso-
lution erwarten wolten.
Die Visite bei Oxenstierna ist schwerlich anzuraten. Alß viel sie belanget,
kondtens pro reputatione Caesaris nicht halten, insonderheit weilen die
Franzosische und der Venetianische alberait vorgangen.
1–5 Vor – müste] Laut DVolmar verweist Volmar noch darauf, daß die ankunfft des
Thuillerie
Gaspard Coignet Sieur de la Thuillerie, comte de Courson (1596–1653), 1632–1637 Gesandter
in Venedig, 1637–1638 in Mantua, 1640–1644 im Haag, 1644–1645 in Deutschland, 1646
in Dänemark und Schweden, 1646–1648 wieder Gesandter im Haag, befand sich bereits am
30. April 1644 in Münster (über ihn Rott S. 945f., 125 Anm., Nouv. Biogr. gén. 11
Sp. 74, Biogr. univ. 41 S. 481).
seye die intimation ein requisitum necessarium, so nit durch die Franzo-
sische , alß welche de corpore Suecorum nit weren, sondern durch yemandts
von des Oxenstern suitta oder vom Schwedischen residenten
müste.
Vermeinten, daß mans daßmal allerseiz, biß er ein anderßmal wiederkom-
men , besser zu underlaßen, sonderlich weilen wegen des Venetianischen
res insoweit nit mehr
Gnaden wegen ihres particular dem Oxenstern die ehr thetten, er würde
dadurch zu noch mehrer insolentz anlaß nehmen; doch stelleten sie alles
zu Ir Hochfürstlichen Gnaden und der Churbairischen resolution. Wartenberg
hat die französische Proposition von Saavedra anderst nit alß zu bezeigung ihrer
der Spanischen confidenz erhalten und daß, gleich die Franzoßen, Schweden
und andere adhaerenten under sich, also auch man disseitz yederzeit ver-
trewlich correspondiren undt communiciren möchte.