Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert

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Im Quartier Trauttmansdorffs. Anwesend: Trauttmansdorff, Lamberg, Krane, Busch-
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mann
und Krebs. Da bei den Beratungen der Reichsstände in den nächsten Tagen unter
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dem Komplex der Amnestie auch die Pfalzfrage vorgenommen werden wird, will
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Trauttmansdorff sich mit Kurköln und Kurbayern deswegen absprechen. Kurbayern
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plädiert zwar für die achte Kur, und dies ist auch dem Kaiser nicht zuwider, doch
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müsse man zuvor wissen, ob die Sache bei den Reichsständen schon so weit gefördert,
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daß mit deren Zustimmung dazu zu rechnen sei. Kurbayern: Da die Protestanten und
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die Kronen für die Restitution des Pfälzers eintreten, ist sie nicht zu umgehen. Daher
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sei Bayern in der Form für die achte Kur, daß Bayern praerogativa ordinis gelaßen,
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dem pfaltzgraven aber octavus locus eingeraumbt werden sölte. Sie, Churbayrische,
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wehren auch auf dies mitl etlichermaßen doch noch nit völlig instruirt, hetten aber bey
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denen chur- oder fürstlichen abgesandten noch nichts dhavon angebracht, immitls
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iedoch die churfürstliche durchlauchtt nit unterlaßen, immediate selbst mit denen
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herren churfürsten, auch theils fürsten, daraus vertreülich zu communicirn. Churmaintz
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würde mit irer churfürstlichen durchlauchtt in allem eins sein, ahn Churcölln hete man
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nit zu zweiflen, Churtrier habe sich zu München en passant gegen irer churfürstlichen
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durchlauchtt mündtlich alles guten erbotten, Chursachßen möegte etwoh affectu
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religionis abgehalten werden. Churbrandeburg wiße man interessirt, stündte aber zu
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verhoffen, daß die maiora bey dem churfürstlichen collegio auf diese seithen wol
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würden zu bringen sein. Die Kurbayerischen werden die Haltung der kurfürstlichen
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und fürstlichen Gesandten eruieren.

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Ihre excellentz: Es müße das werck vor allen dingen bey chur- und fürsten, sönderlich
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denen catholischen, richtig gemacht werden, sonsten würde schwerlich mit der nego-
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tiation fortzukommen sein, und wan man dan der mehrern stimben versichert, der vor-
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schlag alßdan von denen herren mediatoribus oder dem churfürstlichen collegio, alß
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welches vornhemblich hiebey interessirt, herkommen und ahn die Kayserliche
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gesandten gebracht werden.

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Buschmann: Die Katholischen würden an der Regensburger Amnestie festhalten, die
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Protestanten am Amnestiejahr 1618, besonders wegen der Pfalz und wegen Baden-
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Durlachs. Die achte Kur werde von allen Betroffenen wohl angenommen werden, da
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die Pfalzgrafen wieder zur Kurwürde kämen und Bayern von dem, was es besitze,
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nichts verliere. Kurtrier mache zwar seine Erklärung von der vorherigen Einräumung
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der Festung Ehrenbreitstein abhängig, da aber dabei die Religion berührt werde, könne
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man hoffen, daß es sich nicht separieren werde. Die Einwilligung der Kurfürsten
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werde man erhalten, es müsse aber bezweifelt werden, ob sie den Vorschlag zur Lösung
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der Pfalzfrage machen würden.

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Unde mota quaestio de modo, wie dan dieser vorschlag ahn die Kayserliche gesandten
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zu bringen, ob solches vermitls der herren churfürstlichen gesandten oder die herren
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mediatorn zu thuen. Da der Vorschlag der achten Kur nicht ohne Änderung der
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Reichsgrundgesetze durchzuführen sei, würden die Kurfürsten nicht ohne die anderen
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Reichsstände handeln wollen. Die Mediatoren würden wohl die Kronen dabei nicht
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übergehen wollen, da der Vorschlag von ihnen in die Proposition gebracht wurde.
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Unde conclusum, daß es beßer seie, dies werck durch die herren mediatores bey denen
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interessirten negotiiren zu laßen und daß dieser vorschlag alß ein mitl, so von ihnen,
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mediatoribus, herkommen ahn die churfürstliche, unvermitls derselben aber, ferners ahn
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die Kayserlichen gesandten gebracht werden, wohdurch dan die herren mediatores bey
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gutem willen erhalten und zugleich aller unglimpff von dem churfürstlichen collegio
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abgewehrt würde.

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Quaesitum deinde, quando et quo tempore solches werck per mediatores anzubringen.
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Conclusum, sopaldt die materia bey der consultation werde fürkommen und berath-
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schlagt werden.

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Churbayrischer fragt, wie es dan mit der Obern Pfaltz sölte gehalten werden. Sein
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gnädigister churfürst und herr hielte sich diesorts ahn Kayserliche mayestätt und
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wurden ihren regreß auf das ländl nhemmen.

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Ihre excellentz: Pfaltz würde anderergestalt ad octavum electoratum nit assumirt
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werden, er nhemme dan zugleich auch die zahlung der angewanten kriegskösten auf
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sich und würdte ihme sölches per modum conditionis sine qua non außgedingt werden,
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bleibe also Churbayern biß dhahin, daß solche refusion beschenen, in possession der
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Oberpfaltz. Ihr mayestätt würden es nit dhahin khommen laßen, daß ihro sölche
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uncösten zu übernhemmen sölte aufgetrungen werden. Die pfaltzgraven haben diesen
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krieg und alles unheil verursacht, seie auch billig, daß sie den schaden tragen.

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Circa punctum satisfactionis ist gefragt worden, ob die abgesandte kheine nachricht
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hetten, warauf endtlich die cron Franckreich bey diesem passu bestehen würdte.

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Haben nichts gewißes anzuzeigen gewust, der Churbayrische aber fast starck darauf
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bestanden, daß man denen cronen müße satisfaction geben; Franckreich daßienig
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laßen, waß sie einhaben und praetendirn und sich darüber ie ehender, ie lieber ercleh-
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ren. Seie beßer zurückzulaßen, alß alles in gefahr zu setzen. Würde man selbigs werck
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biß zu bevorstehender compagnia außstellen, so würde sich die cron Franckreich
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alßdan mit demienigen, wohmit man irer itzo ledig werden könte, nit begnügen laßen,
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sondern weiters umb sich greiffen und das gantze Römische Reich dhabey in gefahr
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stehen, daß Reich habe kheine mitl mehr, krieg zu führen. Sie, Churbayrische, heten
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solches den chur-, fürsten und stendten gnugsamb remonstrirt, man müße frieden
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haben, es leide, wehr dha wölle.

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Excellentissimus dominus comes: Es seie nit gut, daß man dergleichen discurs laße
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außkommen, würden darnach ahn die außwertiche cronen gebracht und soviel desto
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mehr dieselbe in ihren unbilligen vorhaben gesterckt und die sach eben durch derglei-
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chen discurs schwehrer gemacht. Kayserliche Mayestätt würden so unschüldigen
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ertzfürstlichen pupillen daß ihrige nit vergeben, wüsten auch nit, warumb dieselbe
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allein und für andere leiden sollen. Es würden sich wol noch mitle finden, diesen
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feinden zu begegnen, wan mans recht angrieffe. Man sölte nur die compositionshandt-
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lung befordern und die stendte under sich waß mehr vereinbahren, so würden dieselbe
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mächtig gnug sein, sich von dieser feindtsgefahr zu entbrechen, bedörfften deswegen
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keine sonderbare kriegsverfaßung. Mit papyr und dinten oder mandatis avocatoriis
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würden sie diese feindte ruinirn können. Man gehe aber gar zu langsamb mit dieser
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sach umb, sein gantze achte wochen in aufsetzung der refutation und antwort auf der
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protestirenden gravamina zugebracht worden, dha solches in weenig tagen beschehen
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können. Jetzt vertue man in Münster die Zeit mit der Diskussion über den Ort, obwohl
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sich die Protestanten, die Schweden und der Kaiser schon einig seien, die Gravamina in
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Osnabrück abzuhandeln; daher sollen die Katholiken unverzüglich einen Ausschuß
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nach hierher abordnen. Krebs und Buschmann betonen, daß der Widerstand der
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Reichsstände in Münster dagegen sehr groß sei. Man neige zu abwechselnden Verhand-
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lungen
an beiden Orten, wobei die Protestanten zuerst nach Münster zu kommen
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hätten.

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Quaesitum secundo. Waß zu thuen seie, wan die Schweedische von irer praetension
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wegen Pommeren nit abstehen, sondern selbigs landt behalten wölten. Die herren
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abgesandten haben sich darüber nit herauslaßen wöllen und ist nur in discursu vermel-
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det worden, daß man die nachrichtung hab, daß die Schweedische entlich auf Vorder-
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pommern und beede ertz- und stiffter Bremen und Verden fallen würden.

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Die beiden Gesandten baten Trauttmansdorff, nach Münster zu kommen, vor allem,
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um den Franzosen ihren Argwohn zu nehmen. Trauttmansdorff erwiderte, er wolle
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zuerst das werck mit der vorstehenden compositionshandlung zum standt pringen
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helffen und sich alßdan ungesaumbt naher Münster erhebn. Ersuchten nochmals die
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abgesandten, zielstrebig zu verhandeln; was sie versprachen.

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