Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
Martis, 4. Septembris 1646, ante prandium hatt der Churbrandeburgischer gesandter no-
mine freyherr von Löben mich, Crane, heimbgesucht. Deßen vortrag wahr dhahin gerichtet,
daß er von der churfürstlichen durchlauchtt zu Brandeburg, seinem gnädigsten herrn, auß-
trücklich befelcht, alle Kayserliche wie auch chur- und fürstliche ministros anzureden, dha-
mit sich irer churfürstlichen durchlauchtt interesse wegen Pommern wölten laßen recom-
mendirt sein. Hette mich also auch besuchen und selbige sach, wie mehrmals beschehen,
nochmaln recommendirn wöllen, ire churfürstliche durchlauchtt hetten sich einmahl resol-
virt, gantz Pommern nit zurückzulaßen, es möege daraus entstehen waß dha wölle. Er hette
es dem Schweedischen gesandten, wie er befehlicht gewest, Teütsch gnug unter gesicht ge-
sagt, daß sie, Churbrandeburgische, gemessener instruirt, sich mit denen Schwedischen in
keine tractaten einzulaßen, es seie dan, daß sich dieselbe vorhero deütlich erclähren thäten,
daß sie gantz Pommern nit affectirn. Die Schweedische aber wehren zu einer solcher decla-
ration nit zu pringen, sondern sagten es ungeschewet, daß sie contrarie instruirt, von gantz
Pommern nit zu weichen, es komme dhavon, waß dha wolle. Also stehe der punctus satis-
factionis für die cron Schweeden auf lautern extremis. Er finde auch dieses leuthe nit mehr
tractabiles, die wölten keine erinnerung bey ihnen gelten laßen. Sölten dieselbe waß mehr
capaces gemacht und zu milterer erclehrung vermöegt werden können, so hetten sie, Chur-
brandeburgische, commission, mit ihnen auf eine gewiße particul von Pommern, alß etwoh
auf uberlaßung eins seehaven und dergleichen, zu tractirn, obzwar irer churfürstlichen
durchlauchtt auch schwehr gnug fallen würde, solche nachbarn zu haben.
Ego bedanckte mich der heimbsuchung und vertrewlichen communication halben, erken-
nete mich schüldich, irer churfürstlichen durchlauchtt interesse zu beobachten helffen, woh
ichs vermöegte, und würde niemandt von Kaiserlicher majestätt ministris sein, der nit gern
irer churfürstlichen durchlauchtt hiebey solle geholffen sehen. Weiln sich aber die Schwee-
dische also opiniatrirten und gar nichts nachgeben wölten, so sehe man nit, wie der sach zu
helffen. Die Schweeden sagten es unverholet, daß sie gern sehen wölten, wer ihnen Pom-
mern wieder auß handen nhemmen wölte, verließen sich auf ire macht, hetten den favor bey
theils ständten, und habe man deren merita bey dem Heylbruner convent
Unter schwed. Führung hatten sich im April 1633 Vertreter ev. Reichsstände aus dem kurrhei-
nischen, fränkischen, schwäbischen und oberrheinischen Kreis zum Heilbronner Bund zusam-
mengeschlossen, der 1634 nach der Schlacht bei Nördlingen zerfiel. Politisch und militärisch
lag die Leitung des Bundes bei Schweden, alle Kriegskosten wurden jedoch von den Schweden
auf die beteiligten Reichsstände abgewälzt ( TRE IX, 178).
schatzbar gemacht, stünden in confoederation mit Franckreich. Kaiserliche majestätt stehen
hingegen gleichsamb ploß und von menniglich verlaßen, die könten den schwehren kriegs-
last auß Iren landen allein nit führen. Wie man selbige landt bey abgang aller nötigen mittel
wieder werde recuperiren können?
Ille: Der favor der stendte werde mit der zeit wol abnhemmen, die fiengen schon an, zu
schmecken, warauf es angesehen. Es hette sein gnädigster churfürst und herr allein noch die
macht, wan nur fünfmahl hunderttaußendt thaler an baaren mitlen möegte in handen ha-
ben, innerhalb drei monaten eine armada von 20 000 man aufzubringen. Waß solte nit ge-
schehen können, wan andere ständte auch das irige darzu thäten. Ego: Ich glaube, daß es nit
an mitlen ermangle, sondern nur an guter resolution, warumb bringe man nit bey Kayßer-
licher majestätt von dergleichen sachen an?
Ille: Wohfern solches geschehen und die Schweden es erfahren sölten, würde es umb ire
churfürstliche durchlaucht gethan sein und die Schweeden derselben baldt das garaus ma-
chen. Wie sein die Henseestätte mit den Schweeden angelauffen? Die hetten denen Hollän-
dischen abgesandten zu Münster statum commercii in Imperio und wieviel den Holländern
selbst daran gelegen, daß selbiger handl nit völlich in der Schweeden handen gerathe, waß
außführlich repraesentirn, auch selbigen abgesandten auf dern begehren selbige repraesenta-
tiones schriftlich memorialsweiß, iedoch sub fide silentii, zustellen laßen. Es wehre aber der
Hollendischen gesandten relation nit sopaldt im Hage gewest, daß nit der Oxenstern ab-
schrifft von solchen memorial erlangt und solches anbringen der Henseestette gesandten
alhie verweißlich fürgehalten. Alß sich aber selbe Hanseestettische darüber gegen gedachte
Holländische gesandten beschwehrt, dieselbe aber deswegen der generalitet selbst zuge-
schrieben und waß entfindtlich angezogen, daß man dergestalt dergleichen sachen, so ihnen
in höhister geheimb und sub secreto silentii anvertrawet worden, andern, und zwar der
gegenpartheyn, communicirn thete, habe auch ebenselbige schrifft der Oxenstern alsopaldt
zu handten pragt, darauf abermals der Henseestetten gesandten gar hart zugesprochen,
solchs verfahren verweißlich vorgehalten und wol betrowen dörffen, daß es die cron
Schweeden wieder selbige stätte resentirn und anden würde. Alsoweith seie es in Teütsch-
landt kommen. Ego: Volentibus non fit iniuria , wir könten unß aber selbst helffen, wan
man wölte. Ille: Seie wahr, aber das mißtrawen under den ständten alzu gross, und sehe er
deßen noch khein ende.
Erzehlete ferners, daß der Oxenstern vorigen tags bey ihme gewest und sich sehr melancho-
lisch bezeigt und nit unlauter zu verstehen geben hette, daß er dieser commission entlaßen
und nuhmehr (wie das formale wahr) frey seie, auch ehister tagen verlange, nacher Schwee-
den zuruckzuraisen, maßen es auch die nottdurfft erfordere, daß einer von ihnen hinein-
raise, umb die senatores regni waß bessers de negotiis Imperii zu informiren, dan die schick-
ten solche instructiones heraus, warauf zu negotiiren unmöeglich seie. Wölten in nichts wei-
chen oder nachgeben und dannoch gleichwol von den gesandten guter verrichtung gewertig
sein. Er, der von Löwen, habe die nachrichtung, daß die Oxensternische faction in Schwee-
den gar undertrückt und der alte pfaltzgraff
Pgf. Johann Kasimir (1589–1652), emigrierte als Anhänger der pfälzischen Partei in Deutsch-
land und Schwager des schwed. Kg.s Gustaf II. Adolf 1622 nach Stockholm, wo er bis nach
dem Tode des Kg.s wichtige politische Funktionen wahrnahm. Seit 1633 lebte er zurückgezo-
gen auf Schloß Stegeborg, 1651 Erhebung zum Hg. von Stegeborg ( SMK IV, 67f.).
dischen commendanten alhie, bey der königin am mehisten gelte. Der Gustavus seie zum
graven gemacht und anstatt des iungen Oxenstern
schen gesandten brudern, den man vermeindt gehabt, daß sich umb die königin annhem-
men derffte, bey hoff zue dienst gezogen, hingegen aber bemelten iungen Oxenstern das
gubernament zu Revalen in Lieflandt
gen, und derselb also in ef[f]ectu von hoff geschafft worden. Selbige große veränderung
scheine, daß sie dem Oxenstern zu gemueth gehe und schmertze und waß melancholey
veruhrsache. Hactenus ille.
Eodem post prandium hab ich die Churmaintzische heimbgesucht, die mich berichtet, daß
die Churbrandeburgische, maßen ihnen der von Löben gesagt, endtlich instruiert sein, falß
mit denen Schweedischen abgesandten obangedeütermaßen nit fortzukommen sein möegte,
alßdan bey chur-, fürsten und stanndten dhahin zu negotiiren, dhamit die sach mit Pom-
mern möege in denn standt, wie sich itzo befinde, gelaßen und irer churfürstlichen durch-
lauchtt ferners kein praeiudicium ratione consensus zuegezogen werden. Die wolte die sach
in Gott bevelchen und der zeit, wan ihr zu dem irigen wieder geholffen werden könte, in
gedult erwarten.
Ferners berichtete der freyherr von Brembser von gutem ort zu haben, daß die cron Schwee-
den mit dem gedancken umbgehe, occasione dess octavi electoratus auch den nonum einzu-
führen, darzu die admiralschafft dess Römischen Reichs pro feudo electorali vorzuschlagen
und selbigs an sich zu bringen. Hatt mir zwar nit dhabey den authorem, von weme er sol-
ches habe, nhambhafft machtt, iedoch dieses asserirt, daß das werck fundament habe und
die kundtschafft von gueten leüthen, so mit den Schweedischen confident sein, herkomme,
selbige aber darfür gebetten hetten, irer nit zu melden, biß die Schweeden dhamit selbst
herausbrechen werden.