Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett

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Laut nr. 271 haben wir eine Konferenz mit den schwedischen Gesandten verein-
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bart
, die heute zwischen zehn und zwölf Uhr stattgefunden hat. Für die nächsten
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Tage haben wir eine weitere Konferenz vereinbart. Hinweis auf Beilage. Weiln
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sich dan auch die Schweedische bey vorgemelter unß iüngst gegebener visita
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unverholter darauf bezogen, daß die protestirende stendte bey dem puncto
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amnistiae von dem termino de anno 1618 nit weichen wöllen, haben wir unß
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angelegen sein laßen, über dies fürgeben, obs dhamit also bewandt sein
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möegte, zu erkhündigen, umb unß desto beßer bey der angestelter conferentz
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darnach zu richten, und soviel in erfahrung gebracht, daß mehrentheils der
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fürsten auf bemelten terminum de anno 1618 tringen, etliche deren aber mit
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dem termino de anno 1624 gar wol, die stette aber fast alle dhamit zufrieden
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sein.

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Hat unß auch heüd der Churbrandeburgische abgesandter graff von Witgen-
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stein berichtet, daß es ahn deme gewest, daß sich stättische von denen fürst-
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lichen hetten separiren wöllen, es hetten sich aber die fürstliche hernacher
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waß anders erclehrt und die stettische wieder an sich gezogen. Wünschte
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seinstheils, daß die separation wehre erfolgt. Erzehlete unß darbenebens, daß
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er von seinem gnädigsten churfürsten und hern befehl erlangt, denen Schwee-
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dischen zu verstehen zu geben, daß ire churfürstliche durchlauchtt in uberla-
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ßung gantz Pommern nit verstehen wölten. Sölte es aber umb einen theil, alß
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etwoh ein haven oder dergleichen, zu thuen sein, wölten ire churfürstliche
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durchlauchtt mit ihnen vermitls der cron Franckreich und Holländer tractirn
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laßen. Weiln ihme, graff, aber selbe commission zu wichtig vorkhommen,
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hette er seine collegas von Münster hiehero berueffen und mit denselben dar-
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aus communicirt, wie das werck anzugreiffen, darauf dan für gut angesehen
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worden, sich zuvorderist der stendte intercession zu bedienen, die sie dan
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auch dahin vermöegt hetten, daß dieselbe eine ansehentliche deputation von
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14 ahn der zaal zu denen Schweedischen gestrigs tags abgefertigt und dieselbe
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ersuchen laßen, sich mit irer praetension wegen Pommern in der billigkeit
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finden zu laßen, vornhemblich aber irer churfürstlichen durchlauchtt die völ-
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lige uberlaßung selbigs fürstenthumbs nit zuzumuthen. Die Schweeden heten
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dies anbringen ploß ad referendum angenhommen und sich hernegst gegen
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die Churbrandeburgische selbst darüber zu erclehren erbotten.

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Es seie aber der Oxenstern noch gestern zu ihme, graffen von Witgenstein,
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khommen und sich zuvorderist darab formalisirt, daß man eine so große de-
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putation ahn sie, Schweedische, gethaen, so er, graff von Witgenstein, aber
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ihme, Oxenstern, und der cron Schweeden zu ehren geschehen zu sein auß-
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gedeutet und denselben dhamit in hoc particulari acquietirt. Wegen der inter-
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position der Frantzosen und Hollender hette er sich erclehrt, daß nit darauf
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instruirt, also gar nit darzu verstehen khönte, wölten sich aber selbige cron
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und Holländer von sich selbst einer solchen interposition unterfangen, müße
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ers geschehen laßen.

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Endtlich hette der Oxenstern zu wißen begehrt, waß dan Churbrandeburg
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bey Pommern thuen wölte. Er, graff von Witgenstein, hete sich mit deme

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entschüldigt, daß er von seinem gnädigsten churfürsten und hern expreßlich
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instruirt, kheine vorschläge wegen Pommern zu thuen, sondern nur von den
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Schweeden zu erwarten und alles ad referendum anzunhemmen. Der Oxen-
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stern hete weiters ahn ihn gesetzt und zu verstehen geben, daß sie, Schweedi-
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sche, dem churfürsten hingegen doble satisfaction und aequipollens gegen
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das, waß derselb von Pommern ihme uberlaßen würde, verschaffen wölten,
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mit ersuchen, die churfürstliche durchlauchtt dhahin zu disponirn, daß sich
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hirin favorabl auf seithen der cron erclehren wölte. Er, graff, hete geantwor-
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tet, daß die churfürstliche durchlauchtt khein aequipollens begehrten, son-
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dern wölten das ihrig wiederhaben, darauf seie der Oxenstern mit dem Chur-
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brandeburgischen gesandten Dr. Frombholtz waß hart mit worten aneinan-
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der khommen, wehren aber beede beschenckt gewest

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Beschenkt sein bedeutet betrunken sein ( Grimm I, 1562 Abschnitt A).
. Er, graff, hete unß des
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verlaufs berichten wöllen. Wir haben unß der communication halben gebühr-
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lich bedanckt und unß hingegen zu gleichmeßiger vertreülicher correspon-
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dentz anerbotten.

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