Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett

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Gestern, den 4. dis, ist der Spanische gesandte Brün bey uns gewesen ünd uns erzehlt,
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daß conte de Pignoranda und sie gestern collegialiter von den herrn Kayserlichen ver-
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standen hetten, was die Französische gesandten unß für intercipirte schreiben communi-
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cirt und wir derentwegen bey denen Kayserlichen geandtet hetten. Nun wusten sie zu-
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forderist von keinen intercipirten Hispanischen schreiben, wann auch schon dergleichen
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beschehen sein solte, müsten sie aus unserer relation wohl vernehmen, daß die Franzo-
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sen zuesäz gemacht müssen haben. Wir solten uns versichern, daß sie königliche befeh-
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lich hetten, welche der könig noch den 7., 10. und 14. Junii bekhrefftigt habe, daß ihr
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königliche mayestät in allem Kayserlicher mayestät, Euer Churfürstlicher Durchlaucht
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und dem Heyligen Reich durch alle mittel assistiren wollen, man solle ihnen nur eröff-
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nen, waß von Hispanien desiderirt werde.

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Es seye auch nit ohne, daß sie zuegleich befehlich hetten, wan Kayserliche mayestät oder
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andere die cron Hispanien verfolgen und auß dem frieden schliessen wollen, daß sie
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Kayserliche mayestät selbsten und alle andere wiedrige auff das euserist verfolgen solten,
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inmassen man dann auch auff solchen fall zwischen Spannien und Frankhreich einen
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heyrath treffen müste, wie es auch am Kayserlichen hoff auffgenommen wurde. Er ver-
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hoffte aber nit, daß es hierzue kommen solle, sondern vielmehr, daß man allerseits noch
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werde können den lieben frieden erheben.

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Nos haben ihme geantwortet, eben dasyehnige, waß die hern Französische unß commu-
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nicirt und wir den herrn Kayserlichen von den intercipirten Hispanischen schreiben
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proponirt. Wie nun die sachen beschaffen, liessen wir dahingestelt sein, wolten aber
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nicht verhoffen, daß ihre königliche mayestät in Hispanien werden in Engellandt durch
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ihrer ambasciatorn don Alphonso de Cardenas gegen Euer Churfürstliche Durchlaucht
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in der Pfälzischen sachen etwas wiedriges negotiiren lassen; daß ex parte Imperii man
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stets der mäinung gewesen, man solle auch dahin sehen, damit pax universalissima in der
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ganzen christenheit könne eingericht werden, seye genugsamb bekandt, es hetten aber
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die ständt deß Reichs insgemein sich dahin vermerkhen lassen, wann die cron Hispan-

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nien mit Frankhreich nit solte können oder sollen wollen den frieden machen und hier-
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bey etwan andere principia status bey sich befinden, welche den ständen deß Reichs
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unbekandt seindt, werde die cron Hispanien dem Teutschland nit mißdeuten können,
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daß solches den so hochnothwendigen frieden vor sich erhalte, ohne welchen evidenter
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vor augen stehet ein volkhommener Untergang des Kaißerthumbs, des Reichs und aller
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ständen, dahero dann die allgemeine consilia Imperii in keinerley weeg können übel
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auffgenommen werden, dan niemandt die mängel zum krieg besser wissen khan alß
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eben dieyehnige, so armaden führen und ohne unterlaß die clagen, ruin, und abgang der
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quartier von denen ständen und soldaten vernehmen müssen. Insonderheit aber käme
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uns beschwerlich und frembdt vor, daß wir in den intercipirten schreiben von dem conte
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Penneranda einiger unwarheit bezüchtigt werden wolten.

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Ille: Es solte das Reich und dessen ständte der cron Frankhreich nicht zuviel vertrawen,
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dann selbige anderst nichts suchten alß die oppression deß Reichs. Man solle nicht daran
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zweifeln, daß die cron Frankhreich zwar vor dißmahl mit ihrem so grossem vorthl friedt
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machen möchte, aber eben dieses werde Österreich und Bayern vollendts zu boden nie-
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derlegen. Man solle sich nicht einbilden, daß dergleichen frieden lang dauren werde,
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sondern die Franzosen albereit bedacht, daß die nach erlangung solcher mechtiger landt-
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schafften undt wann sie zumahl in Niederlandt noch weiters uberhand nehmen, ganz
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Teutschlandt mit dem krieg anfüllen und obruiren wollen, waß alßdann das Römische
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Reich vor gestalt und formb an sich nehmen, was auch vor ein enderung mit fürsten und
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ständen furgehen möchte, könne ein yeder vernüfftiger mensch leichtlich comprehendi-
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ren, dann mit einem wortt anderst nichts alß die servitut des ganzen Teutschlandts ge-
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sucht wirdt. Was aber wegen beschuldigung der unwarheit gedacht worden, das wehren
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pur lautere calumniae und wurde sich nimmermehr finden, da auch einige schreiben
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intercipirt worden, daß davon das geringste gedacht worden. Sie, Spanische gesandten,
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wüsten, mit was fur einem respect sie an ihren könig schreiben solten. Dieses wehre nur
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erdichtung von den Franzosen, allerley unwillen zu erwekhen.

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Nos: Eß werden die sachen hoffentlich nicht also übel außschlagen, solte aber Got in
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seinem rath etwas anders verhengen wollen, muste man wohl sich in allem submittiren,
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unterdessen aber bey der sachen dasyehnige vornehmen, was die vernunfft und rechter
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verstandt mit sich bringet, dann ya das besser seye, mit etwas verlust den rest zu salviren,
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alß alles in compromiss und auff die spiz zu sezen.

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Ille: Wann aber die coronae keinen ernst zum frieden, wie es dann grosse apparenz, ob
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dann Österreich und alle ständt der cron Frankhreich sich untergeben sollen und wol-
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len, dann auff dieses dörfften die sachen am allerersten außlauffen, dann bey uns nit
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stehet, den frieden zu machen, sondern bey den gegentheilen, diese aber betriegen unß
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von einem jahr zum andern, biß alles zunichten werde, alßdann werde man allererst den
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fehler erkhennen, aber dieses alles nichs mehr helffen.

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Nos: Die sachen werden auff solchen extremiteten nicht hienaußlauffen, es sey noch
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etwas bessers zu hoffen, über welches wir noch dieses hinzuegesezt, wir hofften nicht,
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daß durch den Spannischen ambasciator in Engellandt in causa Palatiniana etwas wied-
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riges solle negotiirt werden.

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Ille: Wir solten uns versichern, daß dergleichen befehlich selbiger gesandter nicht habe.
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Wann aber Kayserliche mayestät, Euer Churfürstliche Durchlaucht und das Reich die
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cron Spannien alß einen getrewen standt deß Reichs wegen des Burgundischen creisses
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von dem frieden außschliessen solten, wurde diese cron angetrungen, den Käiser und alle
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wiedrige auffs euserste zu verfolgen, und werde eß ihnen an gueten freunden, wann sie
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nur wollen, es ebensowenig mangeln alß der cron Frankhreich, aber Gott werde derglei-
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chen extrema abwenden, sonsten aber begehren die Spanischen gesandten nur zu wissen,
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in wehme ihr mayestät in Spannien Euer Churfürstlicher Durchlaucht einige hilff und
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assistenz thuen köndte, darzue sie dann ihr eußerstes beysezen werden.

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Nos: Haben uns dieses anerbiettens gebührendt bedankht und Euer Churfürstlicher
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Durchlaucht gehorsambst zu berichten erbotten, übrigs aber wehre das rechte mittel,

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alles noch in grössere confusion zu sezen. Wir unserstheils wünschen nichts mehrers, alß
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daß zwischen cronen Hispanien und Frankhreich frieden werde, allein sehen wir die
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meiste difficultet wegen Portugall und Cathalonien, warmit Teutschlandt ganz nichts zu
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thuen. Die Franzosen wollen die Niederlanden von andern Hispanischen königreichen
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und landtschafften nicht separiren, also müssen sie, die cronen, am besten wissen, ob
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und wie sie endtlich auß den sachen khommen können. Unserstheils wünschen wir von
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herzen, daß dergleichen ferner christen- und furnehmblich catholisches bluetbadt könne
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verhüettet werden, allein seye vonnöthen, die handt dapfer an das werkh schlagen.

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