Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett

14
Rezepisse auf nr. 131 Beilage A. Wiewol nun Euer Mayestät und dero hochlobliches hauß ich
15
herzlich gern gohnen und wünschen mechte, daß deroselben Preisach und noch ein mehrers
16
verbleiben und durch ein gewarsame handlung erhalten werden khundte, auch an meinem
17
orth und zuethuen, so darzue dienstlich gewiß nicht erwünden lassen wolte, dieweiln es
18
aber gleichwohln mit den extremiteten deß Römischen Reichs, wie Euer Majestät zuvor
19
yberflissig bekhandt ist, in solche terminos gerathen, daß gleichsamb ein yede stundt daß
20
ganze werckh schwerer und geverlicher machen thuet und albereit gemacht hat, auch meni-
21
gelich in hoffnung und verwart gestanden, waß sich Euer Majestät wegen deß ainzigen Prei-
22
sachs, an deme deß Römischen Reichs hail oder undergang gleichsamb allein stehet, resol-
23
viern werden, so habe ich fir guett und nothwendig gehalten, Euer Majestät gefasste he-
24
roische und mir zu meinem trost communicirte resolution gleich alßbaldt, alß mir dieselb
25
zuekhommen ist, meinen gesandten nacher Münster mit dem befelch zu yberschickhen, daß
26
sy die beengstigte und durch den langen verzug irrig und perplex gemachte stendt mit diser
27
von Euer Majestät verlangten resolution erquickhen und dardurch allerhandt besorgende,
28
weit aussechende consequentien fürkhommen, auch mit denienigen, waß ich inen mein und
29
meines hauß aignen versicherung halber auß denen Euer Majestät öffters remonstrirten, an-
30
tringenten ursachen und motivis albereit anbevolchen gehabt, zuruckhhalten sollen

50
Vgl. dazu Ruppert, 173, Immler, 259f.
.

31
Damit auch mein herr brueder, deß curfürsten zue Cölns liebden, welchem die Schweden in
32
Westphaln ain vesstes orth nach dem andern weckhnemmen, und wie Euer Majestät ich vor
33
disem schon mit mehrerm bericht und inhalt dessen, waß die Französische plenipotentiarii
34
selbst laudt der beylag numero 1 darvon discuriern

51
[Haslang und Krebs] an Kf. Maximilian I. von Bayern (Auszug), Münster 1646 Mai 24.
52
Kopie: RK FrA Fasz. 26 Konv. C fol. 264–265.
, noch mehrers confirmirt würdt, ihr
35
absechen gar auf die statt Cöln richten, in diser irer hechsten betrangnuß und anligen einen
36
trost bekhommen, hab ich auch deroselben, wie nit weniger Curmainz liebden, alß welche
37
mit ihren landen gleichfahls in gefahr stehen und Euer Majestät resolution auf meine schrei-
38
ben mit verlangen erwarttet haben, parte darvon geben, der ungezweifleten mainung, weiln
39
es eine von Euer Majestät albereit resolvirte sach seye, daß inen doch ohnedaß anderwertige
40
communication darvon zuekhommen mechte, nachdem auch daß von den Französischen
41
plenipotentiariis mit gewisser masß bewilligte und auf Preisach außtruckhlich conditionir-
42
tes armistitium damahls schon, alß ich meinen räthen zue Münster Euer Majestät resolution
43
zuegeschickht, sich geendet und die bestimbte zeit der 4 wochen und noch ein merers albe-
44
reit zum endt geloffen gewest, und ich also nit in geringen sorgen stehen und gleichsamb
45
teglich erwartten miessen, ob nit die Franzosen am Obern Rhein, welches sie mit leichter
46
mühe thun khünden, etwaß tentiern und disseits Rhein ein diversion machen und dardurch
47
meine zu Euer Majestät immediatvölckhern gestossne regimenter widerumb von denselben
48
ab- und zuruckhzeziechen mich necessitiren mechten, zumahlen auß allerhandt zue Mün-
49
ster von ihnen gefihrten discursen und andern iren bezaigungen genuegsamb abzenemmen

[p. 309] [scan. 389]


1
gewest, daß sy, die Franzosen, den verzug mit der resolution umb Preisach hart empfunden
2
und albereit angefangen, mehr auf die continuation deß kriegs alß stifftung eines fridens
3
anzetragen.

4
Alß hab ich auß allen disen iezterzelten ursachen ein unumbgengliche notturfft ze sein er-
5
messen, Curmainz und Cölns liebden zu ihrem mehrern trost die von Euer Majestät er-
6
volgte resolution alßbalden zu communiciren und zugleich auch meinen Münsterischen rä-
7
then bey aignem zuezuschickhen und darneben zu bevelchen, daß sie solche vorderist Euer
8
Majestät principalgesandten, dem grafen von Trauttmanstorff, alß welcher sich vorhero we-
9
gen Preisach allein mit dem defectu mandati iedesmahls entschuldiget gehabt, verthreulich
10
eröffnen, mit der wohlmeinenden erinerung, numehr auf solche willfehrige Kaiserliche reso-
11
lution die handlung wegen Preisach mit den Französischen gesandten vortzusezen und also
12
noch grössers unhail im Römischen Reich dardurch zu verhietten, sodann auch daß sie,
13
meine räth, den Französischen plenipotentiariis, umb sie etwaß zu stillen und den zug der
14
reichswaffen in den Westphalischen craiß nit zu hindern, und daß ich auch mein yberiges
15
volckh, so ich noch heroben hab, gleichfahls hinabschickhen möge, beweglich zuesprechen
16
und nit allein den iezterwenten march, sonder auch von deme, waß sich Euer Majestät Prei-
17
sach halber numehr resolvirt hetten, parte geben, inen auch darneben zu gemiht führen
18
sollen, wievil dem catholischen wesen im Römischen Reich und in specie meinem herrn
19
bruedern, dem curfürsten von Cöln, dene ich verwandtnuß und anderer respect halber in
20
diser seiner noth kheineswegs hilfloß lassen khunde, daran gelegen seye, daß diser der
21
reichsvölckher zug in den Westphalischen craiß, von den Französischen gehindert werde,
22
weil sie numehr ihr völlige satisfaction mit Preisach aintweders schon erlangt haben oder
23
doch deßnegsten noch erlangen wurden.

24
Und hab ich bey solcher gegen den Französischen nötig gehaltner comunication umb sovil
25
weniger bedenckhens gefunden, weiln Euer Majestät in irem, den 23. Maii abgangenem
26
schreiben

49
Vgl. nr. 127 Beilage C.
selbsten angestanden sein, ob nit der graf von Trauttmanstorff sich zuvor schon
27
wegen Preisach willfehrig erklert habe, ich auch von meinen Münsterischen räthen albereit
28
vor 8 tagen bericht worden

50
Wurde nicht ermittelt, vgl. aber Immler, 259.
, daß zwar den Französischen gesandten von Euer Majestät
29
deputirten der vorschlag wegen demolierung Preisach und daß man ihnen das Elsäss sambt
30
dem Sundtgau aigenthomblich yberlassen welle, schon geschechen, aber von den Franzosen
31
nit angenommen, sonder rotunde abgeschlagen worden. Daß demnach bei solcher bewandt-
32
nuß nicht mehr res integra, noch daß, waß inmitelß beschechen, widerumb ze zuckhen oder
33
auch nur schwerer ze machen glegenheit sein wirdt, und zwar umb sovil weniger, weiln ich
34
eben heit von Münster, ohneracht sie mein negsters bevelchschreiben wegen Euer Majestät
35
resolution yber Preisach noch nit empfangen, den vernern bericht bekhommen, daß Euer
36
Majestät plenipotentiarii nit nur Penfelden sambt aigenthomblicher yberlassung deß Elsäsß
37
und Sundtgaus, wie Euer Majestät iezig an mich abgangnes schreiben in sich helt, pro ul-
38
timo gradu dargeboten, sonder noch darzue Philipsburg, Zabern, Reinfelden und Lauffen-
39
burg, neben demolierung der vesstung Preisach, den Französischen durch die mediatores
40
offeriern und vorschlagen lassen, und daß alles diß dannoch bey den Franzosen nicht ver-
41
fangen oder auch nur so weit angenommen werden wellen, daß sie dasselbig, wan nit Prei-
42
sach zugleich per alternativam angebotten werde, nacher Paris zu hinderbringen und weite-
43
rer instruction von dort auß zu erwarten bewilliget hetten, sonder sy haben sich gegen dem
44
bischoff von Oßnabrugg, wie Euer Majestät iro auß der beylag

51
Ernst an Kf. Maximilian I. von Bayern, Osnabrück 1646 Mai 24. Kopie: RK FrA Fasz. 26
52
Konv. C fol. 262–262’.
mit mehrerm particularitet
45
ohnmasßgeblich referiern lassen khünden, albereit soweit heraußgelassen, daß sy Preisach
46
khurzumb und khein anders haben, sonder auß allerhandt gefassten impressionibus ledig-
47
lich darauf bestehen und, weil man inens mit gewalt nit abnemmen khan, dasselbig behaub-
48
ten werden, deßgleichen auch wie hoch sy den verzug und daß man den Schweden und

[p. 310] [scan. 390]


1
protestierenden alles leichter nachgibt und allein gegen inen so eingezogen gehen will, emp-
2
fünden, und wie vast sy deßwegen disgustirt und exulcerirt sein.

3
Warauß dan leichtlich vorzesechen ist, waß deß verzugs halber, wan Euer Majestät mit Prei-
4
sach noch lenger an sich halten und die satisfaction mit Franckhreich nit ohne einigen ver-
5
zug völlig vergleichen werden, noch weiter zu besorgen, und ob es nit gar dahin khommen
6
dörffe, daß die Schwedischen, inhalt meiner voriger an Euer Mayestät abgangner erinne-
7
rungschreiben, sich deß undern Rheinstrombs sambt dem Westphalischen, auch Ober- und
8
Nidersaxischen kraisß, die sie ohnedaß schon in irem gewalt haben, bemechtigen, die Fran-
9
zosen aber den obern Rheinstrom behaubten und noch darzue den Schwäbischen, Fran-
10
ckhischen und Bayrischen craiß in kürz under iren gewaldt bezwingen werden. Entgegen
11
aber ist zu hoffen, und thuen sich die Französische plenipotentiarii vermög der beylagen
12
selbst anerbietten, wan ihnen mit Breisach satisfaction geschicht, alßdan den catholischen
13
zu assistiern und die Schwedische und protestierende von ihren postulaten und vorhaben
14
auf andere, miltere mittel zu bewegen, danenhero einmahl die hechste notturfft ist (will man
15
anderst nit alles yber einen hauffen werffen und die religion sambt dem Römischen Reich in
16
die eisseriste gefahr noch weiter einrinen lassen), daß Euer Majestät in irer berait gefassten
17
loblichen resolution wegen Preisach, wie sy ohnedaß ruemblich vor sich haben, bestendig
18
verharren, und dardurch dem agonizierenten Römischen Reich widerumb aufhelffen.

19
Ich will auch nit zweiflen, Euer Majestät werden bey so bewandten sachen dero obristen
20
hoffmaister nochmahlen gemessen auftragen, daß, wan es nit schon albereit geschechen
21
were, er wegen Preisach die endtliche und willfehrige erclerung von sich geben und also mit
22
den Franzosen in Gottes namen den friden schliessen solle, damit daß auß dem verzug un-
23
felbarlich entstehende weitere ybel verhiettet, die Franzosen von ihrem sonsten gegen dem
24
Reich und meiner reichsarmada vorhabenden anzug abgehalten und also der succurs in den
25
Westphalischen craiß, wan mann heroben den ruckhen sicher hat, desto mehr befürdert und
26
gesterckht und dardurch der Schweden hochgefehrliche, weitaussechende dissegni und pro-
27
gress verhindert und zugleich alle yberige tractaten mit inen, den Schweden und protestie-
28
renden, umb sovil mehr facilitirt werden.

29
[ Eigh. PS] Allergnedigster Khayser, wan durch mittl Preisach man der Franzosen am Rhein
30
versichert wirdt, khan alßbald Euer Majestät armada mit meinen uberigen volkhern umb
31
etlich taußent mann versterkht, dardurch auch den protestierenden ire unbilliche postulata
32
fallenzulaßen ursach geben, der religion großerer schaden verhiettet und mit Gottes hilf der
33
frid lestlich mit dem degen gemacht werden.

Dokumente