Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
Deroselben wolte ich in irem grossen herzenlaidt, darin sie sich wegen irer fraw gemahlin
seligisten ableibens derzeit befinden, mit disem meinem schreiben gern verschonen, da mich
nit die hochste gefahr, ia, wan es Euer Majestät mit dero resolution nit verhietten, die unfel-
bare negst ervolgende ruptur der fridenstractaten zu einem andern bewegten und ich danen-
hero die hoffnung hette, sie werden es fir khein importunitet, sonder selbst auß hernach
angezognem bedenckhen fir die eisseriste unumbganckhliche nottdurfft halten und genedi-
gist aufnemmen.
Euer Kayserlicher Majestät habe ich in zwayen underschidlichen schreiben under datis deß
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tentiarii auf der praetendirten vestung Preisach sambt dem stättlein Neuburg und der ses-
sion und stim im fürstenrhat beharren und sich außtrukhlich öffters erclert, daß sie gemess-
nen bevelch haben, ohne bewilligung diser beeden puncten mit Euer Majestät und dem
Römischen Reich kheinen friden zu schliessen. Ich hab zugleich auch in solchen zwayen
schreiben vihl meines unmasßgeblichen ermessens wichtige ursachen und bedenckhen an-
gezogen, warumb kheinesweegs rathsamb und thunlich seye, allein umb diser beeder prae-
tensionen willen den höchst nothwendigen friden aufstossen und dardurch nit allein Euer
Majestät erbkönigreich und landt, sonder auch daß ganze Römische Reich und alle dessen
gehorsame chur-, fürsten und ständt in noch grössere, albereit vor augen stehende gefahr
deß eisseristen verderbens und eines frembden dominats gerathen zu lassen.
Wiewol ich nun auf dise meine so threue und wolgemeinte gehorsambiste erinnerungen
bißher einer genedigisten, willfehrigen resolution mit verlangen erwarttet und verhofft,
Euer Majestät werden inmitelß schon dero abgesandten nach Münster und Oßnabrugg ei-
nen weitern und zwar solchen bevelch und instruction zuegeschickht haben, daß sye endt-
lich, wan die Französische plenipotentiarii von obangeregten praetensionen nicht weichen,
sonder eher den friden ganz aufstossen und den krieg fortsezen wolten, sowol die västung
Preisach sambt Neuburg alß session und stim im Reich bewilligen sollen. Dieweil ich
iedoch gleich bey der heut angelangten ordinari von meinen abgesandten auß Münster be-
richt empfangen, daß die cron Franckhreich vermög dero abgesandten öffters widerholten
erclerung, von obangeregten praetensionen nit weichen noch einige wegen demolition der
västung Preisach und anders halber gethane vorschlägen annemmen, sonder eher den krieg
auf 100 jar continuiern wollen, entgegen aber Euer Majestät commissarii sowohl gegen den
mediatorn alß meinen gesandten über daß destwegen öffters beschechnes bewegliches zue-
sprechen und erinnern sich darzue nit verstehen wollen, sonder mit dem entschuldigt, daß
sie deßhalben von Euer Majestät kheinen, sonder vihlmehr einen widerigen befelch hetten,
nemblich die västung Preisach den Franzosen kheinesweegs zu cediern und leztlich, wan es
nit anderst sein khündte, allein derselben demolition und darbey auch bewilligen sollen,
derorthen ienseits deß Reins ein fortification zu pauen, welches die Franzosen ebensowenig
angenommen, sonder bey irer obgedachten instruction und resolution bestendig verbliben.
Hinweis auf Beilagen B.1 und B.2.
Solchem allem nach und zumahl ich gesechen, daß der schluß deß fridens und also auch deß
ganzen Römischen Reichs hail und conservation ainzig und allein an mehrangezognen
zwayen puncten hafften, hab ich nit underlassen khünden und sollen, Euer Kayserlicher
Majestät meinen deroselben und dem Reich geschwornen schweren pflichten nach solches
alles gehorsambist zu communiciern und darneben die in meinen negstvorgangnen zwayen
schreiben eingeführte wolmainende erinnerungen und gehorsambste bitt nochmahls zu wi-
derhollen in der unzweiflichen guetten hoffnung, sye werden alles daßienige, waß ich vor
disem threuherzig und sorgfeltig erinnert und numehr vermög meiner gesandten obberier-
then berichten in der tatt selbst ye lenger, ye mehr heraußkhombt, der hocherleichten ver-
standt nach reüfflich erwegen, den auß villen Euer Majestät selbst bekhandten ursachen
höchst nothwendigen friden, cum summo et manifesto Imperii et totius christianitatis peri-
culo, durch lengere verwaigerung der västung Preisach, auch session und stim nit stäkhen
noch vill weniger, weiln es schon negstens an dem ist, dessen völlige aufstosßung verursa-
chen, sonder iren abgesandten alßbalden ohne ainigen weitern verzug solche gemessne in-
struction und bevelch zueferttigen, wardurch die obgedachte beede obstacula pacis auß dem
weg geraumbt, der cron Franckhreich satisfaction zu völliger richtigkheit gebracht, der fri-
denschluß desto ehender befürdert und die auß der vorstehenden ruptur der tractaten sonst
ervolgende extremiteten noch abgewendet werden mögen.
Und ist mit solcher resolution umb sovil mehr zu eilen vonnethen und die wenigiste zeit
darmit nit zu versaumen, weiln auß merangezognen beylagen sovihl erscheind, daß
Franckhreich sich lenger nit aufhalten lassen, sonder wan die willfehrige resolution von
Euer Majestät nit alßbalden und unverzüglich erfolgt, denn mareschall de Tourrenne mit
seiner armada yber Rhein gehen lassen und den duc de Anguien mit seinem sonst in Luzen-
burg deputirten sonderbarn corpo gleichfahls an den Rhein schickhen und mit dem Tou-
renne coniungiern wollen und wol ein mehrers alß Preisach, Neuburg und die session
im Reich zu erhalten verhoffen. Wie auf solchen fahl den Französischen und Schwedischen
armaden zugleich an seiten deß Reichs genuegsamber widerstand geschechen und ire
weithaussechende dissegni verhindert werden mögen, siche ich meinestheilß kheine mitel,
sonder halt es menschlicherweiß fir ein unmiglichs ding, wie Euer Majestät ich vihlmahls
durch schickhung und schreiben remonstrirt und zu gemüht geführt hab.
Daß nun diß, waß bißher gemelt worden, der cron Franckhreich genzliche und endtliche
resolution sey, daß sie nemblich Preisach nimermehr restituiern, sonder behaubten, die fri-
denstractaten eher ganz aufstossen und den krieg wider Euer Majestät und daß Reich mit
aller macht fortsezen und den marschall de Tourrenne mit seiner zu solchem end gesterckh-
ten armaden alßbalden yber Rhein gehen lassen und den ganzen statum belli et Imperii in
einen andern standt richten wollen, zeigt die Beilage B.3 zur Genüge. Aus der Beilage B.2
können Eure Majestät erkennen, daß der Venetianische ambassadeur zu Münster auß Engel-
landt nachricht hat, daß das parlament alda der königin in Schweden geschriben und sie
ersuecht hat, den pfalzgrafen zu irer völligen restitution dero chur und landen zu verhelffen,
mit den gegenversprechen, sobaldt der friden mit irem könig geschlossen, daß sie alsdann zu
solchem ende und den Schweden zu hülff 25 000 man ins Reich heraußschickhen wollen.
Weil man nun den feindlichen armaden, so albereit auf deß Reichs poden sich befünden, nit
bastant und dannenhero sowol die beede cronen Franckhreich und Schweden alß die prote-
stierende und sonderlich die Hessen Casselische ursach genommen, solche starckhe postu-
lata zu thuen und yberauß schwehre thailß der catholischen religion hochnachtailige condi-
tiones pacis zu proponieren, so ist leicht zu erachten, wie sie und vorderist die uncatholische
nach erlangung einer so anschlichen hilff auß Engellandt ire postulata noch vihl höcher
spahnen und sich desto eüfferiger understehen werden, nit allein die catholische religion
ganz zu undertruckhen und zu exterminiern, sonder auch den ganzen statum deß Römi-
schen Reichs zu immutiern und in ein anders, neues model zu verkheren, welches der Cal-
vinische geist und seine anhenger im Reich schon lengst vor sich gehabt und das parlament
in Engellandt albereit dergleichen anfang gemacht und, wan es solche macht ins Reich
schickht, gehilffen genueg darzue finden wirdt.
Welches alles Euer Kayserliche Majestät mit irer ainzigen obangezognen resolution durch
bewilligung Preisach, Neuburg und der session und stim fir Franckhreich vorkhommen und
sich derselben cron durch ihre plenipotentiarios zu Münster laut der beylag numero 2 wider
solche der religion und dem Reich hochpraeiudicirliche dissegni und attentata versprochnen
assistenz versichern khünden.
Wover[n] sye aber, unangesechen aller oberzelten, thailß vor augen stehenden, thailß noch
besorgenden eüsseristen gefahren, dannoch wider alle bessere hoffnung und zueversicht auf
irer vorigen resolution beharren und Franckhreich die vöstung Preisach sambt der session
und stim im Reich nit bewilligen werden, so bin ich nochmahls genzlich resolvirt, die mir
und meinen landen angethroende gefahrn nit zu erwarthen, sonder mit wirckhlicher fort-
sezung deren Euer Majestät schon öffters angedeutten particulartractaten ohne einigen ver-
zug numehr alßbalden zu verfahren. Das ich es aber bißher nit gethan, ist allein daher er-
volgt, daß ich von einer zeit zur andern verhofft, meine so threue und wolgemeindte ge-
horsambiste erinnerungen werden bey Euer Majestät genedigiste und willfehrige statt fün-
den und ich also sambt meinen lieben angehörigen und von Gott verthrautten landt und
leüthen vermitelß eines allgemeinen fridens zu der desiderirten rhue und sicherheit gelan-
gen khönnden.
Nunmehr aber, wan ich nit alßbalden bey disem aigens abgeferttigten curir die so hoch
verlangende gnädigste resolution bekhommen werde, khan ich wegen oberzeltem, auß dem
verzug mir und meinen landen zuewaxenden eüsseristen und unwiderbringlichen gefahr
lenger nit mehr zuewarthen und hoffe mein schuldige pflicht und threu in deme genueg-
samb erwisen zu haben, daß ich auch mit höchster gefahr meiner und der meinigen so lang
darmit hindterhalten und so vilfeltige bewegliche erinnerungen gethan hab. Und wollen
Euer Kayserliche Majestät sich gnädigst versichert halten, daß ich nichtsdestoweniger ge-
gen deroselben und dem Römischen Reich in schuldigister threu und devotion bestendig
verharren, mein gelaistes iurament bey der vorhabenden particularhandlung in acht nem-
men und allein die assecuration meiner lieben angehörigen und landt und leüthen suechen
werde.