Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett

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Auß Ewer Excellenz vor dero abraiß unß im hochen verthrawen communicirten und von
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der Romischen Kayserlichen mayestätt, unserem allerseits allergenedigsten herren, derosel-
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ben überschickten conditionen, wie mit der cronn Franckreich der frieden einzuegehen
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wehre, haben wir under anderm auch ersehen, waßgestalten in vergleichung der Pfältzi-
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schen sachen ihr churfürstliche durchlaucht in Bayern, unser gnädister herr, davern wegen
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der Obern Pfaltz daß vohlige nit zu erhalten, dieselbe sich mit zweyen, ia woll einem theyll
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der Obern Pfaltz contentirn lassen solten

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Trauttmansdorff war am 14. April 1646 nach Osnabrück gereist ( APW III C 2, 599); am 12.
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April hatte er seinerseits die kurbay. Ges. über das Elsaßangebot informiert ( APW II A 3
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nr. 268). Die Behauptung, im ksl. Elsaßangebot sei ein Teilverzicht auf die Oberpfalz oder auf
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die Kriegsentschädigung aus dem böhmischen Krieg enthalten (vgl. APW II A 3 nr. 184 Bei-
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lage [1], hier S. 337, die fünfte Bedingung der gradus observandi), war wahrscheinlich ein
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Mißverständnis ( Immler, 249).
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Nun werden Ewer Excellenz sich zue genüegen zu erinnern wissen, waßmassen auß gemes-
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senem bevelch ihrer churfürstlichen durchlaucht, unsers gnädigsten herren, deroselben wir,
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sowohl bey selbiger alß anderer mehr vorgangnen conferenzien, mit mehrern bedeitt, daß
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höchstgedacht ihr churfürstliche durchlaucht in güttlicher hien- und beylegung der Pfältzi-
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schen sachen wegen der ihrer Römischen Kayserlichen majestät allerloblichsten gedächtnus
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und dero gantz hochlöblichsten hauß zu Österreich zu höchstersprießlichem nuzen und
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erhaltung dero erbköngigreich und landen vorglichen, abgerechnete und liquidierte 13 mil-
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lionen mit den herren pfaltzgraven nichts zu thun oder zu handlen haben, sondern an ihre
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Kayserliche majestät wegen paarer gegenerstattung besagter 13 millionen oder wiederein-
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raumung dero vor diessem würcklich besessen, genossenen und cum iure constituti vorbe-
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haltnen underpfandts des landlein ob der Ennß allerdings halten wollen und auch bestendig
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dabey beharrren werden. Wie dann ihr churfürstliche durchlaucht ein solches, so offt es die
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notturfft erfordert, auß[d]ruckhenlich zu erindern und zu bedingen unnß zu mehrmahlen
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gannz ernstlich anbevolchen, dahero wir nachmahlen im zweifel stehen müessen, auch kei-
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neswegs gedenckhen khünden, ob unnd das von ihrer Kayserlichen majestät unserm gene-
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digsten chürfürsten und herren eine solche gleichmasige communication und deroselben

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höchstnachtheiliger vorschlag beschehen sein werde. Wür wiessen unß zwar auch gannz
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wol zu besünnen, daß Ewer Excellenz unß ie und alzeit die bestendige und versicherte ver-
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trostung gegeben, daß gleich wie von ihrer Kayserlichen majestät dieselbe allergnädist in-
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struirt, alß sie auch an ihrem orth und zuthuen auf daß vleisigste allerorthen sich bemühen
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wollen, daß ihr churfürstliche durchlaucht, unnser gnädister herr, in vergleichung der Pfalt-
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zischen sachen dero volliges contento sowohl in der churwürde allß dero gantz richtigen
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schuldt erlangen mögen, inmassen gegen dero churfürstliche durchlaucht wir ein solches
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erbiethen zu mehrmahlen gehorsamist angereumbt.

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Erinnern unß auch dabey gnugsamglich, daß Ewer Excellenz intention gleichwohln dahin
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gericht gewesen, daß ihre churfürstliche durchlaucht die Ober[ pfalz] in handen pleiben, und
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dagegn ihr Kaiserliche majestät von der schuldt der 13 millionen oder widereinraumung des
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verpfendten landts ob der Enß ledig gemacht werden möchten. Nun werden der Römischen
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Kaiserlichen majestät ihr churfürstliche durchlaucht hertzlich gern gönnen, daß dieselbe
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von den herrn pfaltzgraven die gebührende gegenerstattung der mehrgesetzten millionen
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oder in deren abgang die Obere Pfaltz erhalten, dabey sich aber unser gnädister churfurst
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und herr gantz nichts interessirt machen könte, sondern wie obvermeldt allein ahn ihrer
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Kayserlichen majestät halten wollen. Solten aber ie die cronen Franckhreich und Schweden,
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welche die accommodation dieser Pfaltzischen sachen auch verlangen und suchen, wie im
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gleichen die gesambte churfursten und stände fur ein thuen- und außtragliches mittel erach-
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ten, daß die herrn pfaltzgraven der Oberen Pfaltz sich volliglich und auf ewig verzeihen
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theten, auff einen solchen fall würden etwan ihre churfürstliche durchlaucht, unser gnedig-
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ster herr, wie wir unserstheilß darfur halten, so viel die 13 verglichene millionen betrifft, der
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Romischen Kaiserlichen majestät und dem gemeinen wesen zum besten auch zu desto
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schleuniger befurderung des so hoch verlangten ruhestandts den lieben frieden nicht auf-
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halten.

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Gleichwie aber ihre churfürstliche durchlaucht in zuruckhgebung der Oberen Pfaltz und
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deren vorbedeuten haltung an ihre Kayserliche majestät innen ie und alzeit, auch bey den
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gepflogenen Wienerischen tractaten

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Nach dem Regensburger RT 1640/41 fanden auf Betreiben Bayerns im Winter und Frühjahr
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1641/42 in Wien Verhandlungen über die Pfalzfrage statt. Bayern war bereit, die rechtsrhei-
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nische Unterpfalz zurückzugeben; schließlich erklärte Kf. Maximilian I. von Bayern sogar, auf
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die Oberpfalz (mit Ausnahme der Grafschaft Cham) gegen Erstattung der 13 Millionen Gul-
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den Kriegskosten und Duldung der kath. Religionsausübung zu verzichten. Das Angebot war
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jedoch insofern unrealistisch, als niemand diese Summe aufbringen konnte. Maximilian stellte
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sogar die endgültige Übertragung der Kurwürde auf die Wilhelminische Linie zur Disposition,
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ein Zeichen dafür, wie sehr er zu diesem Zeitpunkt an einer Regelung interessiert war ( Jüdel ;
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Albrecht, Kriegsziele, 264f.).
, die grafschafft Chamb

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Die zu Niederbayern gehörende Grafschaft Cham war seit 1352 an die Pfalz verpfändet; 1625
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wurde sie vom Kaiser an Kf. Maximilian I. von Bayern übergeben ( Riezler V, 318; Al-
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brecht
, Konfessionelles Zeitalter, 433 Anm. 23).
, alß welche zu der Obern
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Pfaltz nicht gehörig, sondern ein altes stuckh von dem nidern herzogthumb Bayrn ist, reser-
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virt und noch allerdings auch bestendig reserviren, also würden bey eingehaltung der Obe-
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ren Pfaltz dieselbe auch keineswegs zuegeben, daß selbige landtschafft bey ihnen zerstuckht
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und newe handlungen darüber gemacht werden solten, wie sy sich dan auch mit vielgedach-
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ter Obern Pfaltz iure hypothecae und biß ihnen von den herren pfalzgraven die 13 millio-
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nen kunfftig erstatt würden, auß der bekandten eusseristen ruin der Oberpfalzischen landen
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gar nit befridigen lassen könten, sondern es würden ihre churfürstliche durchlauchtt, unser
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gnädigster herr, bey dergleichen deroselben gar zu beschwerlichen und nachtheiligen vor-
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schlegen nur mehrer bewegt und gleichsamb benötiget, von einigem andern mittel zu dero
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contentirung etwas anzuhoren unnd anzunehmen, welches alles Ewer Excellenz wir gantz
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dinstlich und gehorsamblich und zwar zu allergehorsamisten ihrer Kaiserlichen majestät
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selbsten gantz wohlmeinendt und hiemit schrifftlichen erinnern wollen.

[p. 19] [scan. 99]


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Darzu wir auch uber dasienige, so wir zu mehrmahlen mundtlichen verrichtet haben, desto
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mehrer angetrieben worden, weilen wir erst gesteren abendts die bestendige nachricht er-
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langt, daß der Schwedische gesandter Salvius in dessen iüngsten alhiesein wie dan gleichfals
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einer von den Hollendischen gesandten gestrigs tags dergleichen vorerwente discurs, alß
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wan ihr churfürstliche durchlaucht, unser gnedigster herr, wegen dero so richtigen und li-
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quidirten schulden auch von ihrer Kaiserlichen majestät zu völliger befridigung widerholter
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versicherung erst noch mit sich handlen lassen würden, geführt haben solle[n], so wir aber
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anderst nit außdeuten können, alß daß solche leuth vielleicht ein oder anderen gern ex-
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pisciren wolten, ob sy ihtwas, so zu ihrer intention und vorthl dienen thete, vernehmen
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könten.

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Wir wollen schließlichen unß auff dasienige sicherlich verlassen, waß Ewer Exzellenz zu
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mehrmahlen bestendig vertröstet, daß ihr churfürstlicher durchlauchtt, unsers gnädigsten
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herrn, hoche interesse von deroselben in solche fleissige obacht genommen und mit den
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frembden cronen nichts endtliches geschlossen werde, biß ihr churfürstliche durchlauchtt
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gleichergestalt dero verlangen nach volliglich contentirt, welches in nahmen ihrer churfürst-
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lichen durchlaucht Ewer Exzellenz wir hiemit nochmahln auf das beste recommendiren.

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