Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann

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Hat auß commission des Spanischen abgesandten, comte de Penneranda, der ertzbischof-
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liche Bisantischer gesandter Friquet bey ir excellentz herrn graven von Trautmansdorff,

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prasentibus herrn graven von Lamberg, Volmar und Crane, information und bericht uber
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die zwischen beyden cronen Spanien und Franckreich schwebende tractaten erstattet und
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in specie dieses angezeigt, daß es selbiger tractaten halber noch auf vier puncten, so noch
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nit vergliechen, bestehen thue: 1. wegen Casal, 2. Piombino und Porto Longone, 3.
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wegen des 30järigen treves in Catalaunien, darbey inen die Frantzosen under wehrenden
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solchen stillstandt vestung im landt zu bawen wöllen vorbehalten und daß commercium
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zwischen den Catalauniern und andern Spanischen landen allerdings niedergelegt und
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abgeschnitten haben, 4. praetendirte die cron Franckreich die seegestatten sive oram
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maritimam des fürstenthumbs Catalaunien biß ahn das Pireneische gebürg, in welchen
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seegestatten beede stette Rosas und Cadiques gelegen, so zu der grafschafft Roussillion
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nit gehörig. Und obzwar alzeit von anfang der tractaten her außtrücklich seie außgedingt
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worden, daß die Portugesische sach von diesen tractaten solle außgeschloßen sein und
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derselben darbey gar nit gedacht werden, die Frantzösische abgesandte zu Münster auch
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selbst derentwegen zu underschiedtlichen mahlen ire parol nit allein denen Spanischen,
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sondern auch denen Hollendischen gesandten und hern mediatoribus gegeben, so heten
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dieselbe doch solcher irer zusag und gegebenen wortt zuwieder in der letzten außgeant-
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worteten schrifft

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Vgl. die frz. Replik auf das span. Projekt des frz.-span. Friedensvertrags vom 24. Februar
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1647, s. l. s. d. (vgl. nr. 334 Beilage [1]).
den passum von Portugal mit hineingebracht und wolten ihnen ius
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assistendi in solcher sachen und daß dardurch der friede nit gebrochen werden solte, per
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expressum vorbehalten. Hetten in den ersten 40 articuln von Portugal nichts gemeldet
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und die Spanische also selbige schrifft bona fide angenhomen, in articulo 41 aber eine
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formaldisposition darüber gemacht. Es seie darauf der Spanisch gesandter Bruyn zu dem
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Holländischen gesandten Ognia

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Vermutlich Donia; über den Zeitpunkt seiner Rückkehr konnte nichts ermittelt werden.
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Vielleicht ist er hier mit Pauw verwechselt worden (vgl. [nr. 289 Anm. 3] ).
(der sich neben einem secretario itzo allein zu Münster
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befinde und diese schrifft denen Spanischen uberbracht hete) gefahren und dies werck,
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warumb er solche schrift, nachdeme ime gnugsamb bewust gewest, daß es einmahl der
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Portugesischen sach bey diesen tractaten nit zu gedencken zwischen beiden cronen
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außgedingt seie, von denen Frantzosen angenhomben und denen Spanischen uberbracht
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hette, reprochirt. Der hete sich aber mit der außrede entschüldigt, daß er allein zur stelle
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und für sein person sich in so wichtiges werck nit einmischen können, sondern auf der
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Frantzosen begehren die schrifft nur ploß uberbracht hette, warin er sich auch nit wol
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hette weigern dörffen, dhamit es ihme nit ergehen möege, wie es seinem collegen,

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30–31 dem Knydt und […], ergehe] In der Vorlage fehlt dieses Wort.
dem
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Knydt

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Knuyt war ein Parteigänger des Hauses Oranien und galt als bestechlich. Wegen des
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Abschlusses des span.-ndl. Vorfriedens am 8. Januar 1647 (vgl. [nr. 200 Anm. 2] ) machten ihm
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die Franzosen, besonders Servien, öffentlich Vorwürfe ( Bougeant III S. 125–127; Poel-
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hekke
S. 434–438).
und […], ergehe. Es seie zwar darauf von den Frantzosen ferners ahn handt
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gegeben worden, daß anstatt Portugal nur in terminis generalibus möege gesetzt werden,
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daß der cron Franckreich citra violationem pacis unbenhommen sein solte, iren
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foederirten zu assistiren. Es seie aber solche generalis dispositio mehr gefehrlich, alß wan
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Portugal in specie gedacht würde. Dan die cron Franckreich würde dardurch eine freye
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handt haben, Portugal und andern iren foederirten zu assistiren, Spanien aber durch den
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friedenschluß Lothringen zu laßen verbunden sein. Ferners heten die Frantzosen in
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vorschlag bracht, daß ahnstatt des friedenschluß auf ein jahr ein general-, durchgehendes
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armistitium auff ein jahr zu schließen, umb den Türcken dhamit gelosey zu machen. Es
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seie aber auch selbiger vorschlag bedencklich, weiln die cron Franckreich dhadurch
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gelegenheit erlangen würde, den gantzen kriegslast in Spanien zu weltzen und sich in
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solche positur zu setzen, daß darnach mit dem frieden gar nit würde fortzukommen sein.

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Drittens, so wölte der cron Spanien die principes Italiae pro sponsoribus des universal
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friedenschlußs darzu[ zu]stellen zugemuthet werden, warzu sich aber Spanien nit obligirn
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könte, cum sit repromissio facti tertii. Die Spanische gesandte heten mit den herren
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mediatoribus auß diesem werck communicirt und gern sehen möegen, daß dieselbe die
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handt mit hetten angeschlagen. Die wölten aber den Hollendern nit vorgreiffen, obzwar
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sönsten sich zu einwendung irer officien, wan das werck von den Hollendern erst würde
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recht underlegt sein, erbietig gemacht. Die vornhembste ursach aber, warumb die herren
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mediatores sich bey dieser sach entschüldigen theten, seie diese, daß dieselbe auf den
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frieden nit mehr zulegten, maßen dan der Venedischer gesandter (der sönsten hiebevor
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große hofnung vom frieden gehabt, auch versichert seie, daß die königliche majestätt in
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Spanien der republica auf erfolgenden friedenschluß noch einmahl so viel triremes
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wieder den Türcken alß Franckreich, auch in casum, dha Franckreich gar kein hülff
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thuen wölte, so viel, alß die Päbstliche heyligkeit für nötig erkennen würden, hergeben
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werde) es ungeschewet öffentlich sage, daß kein friede zu verhoffen, und die Spanische
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dhafür warnen thete, daß sie sich in acht nhemmen und in beßere verfaßung stellen
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solten. Nun heten die Spanische, umb ire friedensbegierde soviel desto mehr zu
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contestiren, obgemelte vier puncta denen Hollendern, umb darin ein temperament zu
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finden und der sach einen außchlag zu geben, doch under diesen conditionen anheimb
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gegeben, 1. daß die Frantzosen sich mit diesen dingen sölten vergnügen laßen und weiter
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nichts newes praetendiren, 2. die Hollender den zwischen Spanien und inen getroffenen
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frieden, wofern die Frantzosen obgemelte vier puncta in den terminis, wie sie von inen,
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Hollendern, determinirt werden möegten, nit annhemmen würden, zu publicirn verbun-
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den sein. Und habe bemelter Ognia den Hollendischen secretarium mit selben sachen
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nacher dem Haag geschickt, deßen zurückkhombst man täglich erwarte. Weiln dan die
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Frantzosen angedeütetermaßen von irer parol abgefallen und dardurch daß gantze
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fundament, warauf ir mayestätt in Spanien ir absehen gerichtet gehabt, zerfallen, sie,
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Spanische gesandten, wegen Portugal waß einzugehen nit instruirt, sondern gar contrari
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befehlicht, wan inen deswegen waß zugemuthet werden solte, re infecta dhavonzugehen,
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und auß allen oberzehlten umbstendten gnugsamb zu vermercken, daß die Frantzosen
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zum frieden kein lust heten, alß habe wolgemelter Spanischer gesandter für nötig
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erachtet, des herrn obristhofmeisters excellentz nit allein von diesem verlauf parte zu
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geben, sondern auch dero und ubrigen Kaißerlichen gesandten parere und gdancken zu
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vernhemben, waß nuhmehr zu thuen und wie die sach anzugreiffen seie, prout dominus
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ablegatus petiit desuper sibi aperiri nostram mentem et sententiam.

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Ir excellentz herr obristhofmeister haben sich der beschehenen communication halben
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freündtlich bedanckt und geantwortet, daß sie sich irer obligation, so sie gegen die
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königliche mayestätt in Spanien hetten, gehorsamst erinnerten. Sie wölten auch hirin nit
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anders reden, alß wan sie selbst selbiges königs würcklicher diener wehren. Könten
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einmahl nit befinden, daß bey gegenwertigen der sachen zustandt ein anders zu thuen alß
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denen Frantzosen in diesen ubrigen weenigen puncten, auch Portugal betreffend, zu
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weichen und nachzugeben. Einmahl seie unsere sach in ein solchem standt, daß man alles
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werde in gefahr setzen, wan man nit der furiae des gegentheils werde weichen und
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nachgeben. Churbayern separire sich itzo von Kaißerlicher majestätt, wohdurch dem
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gegentheil nit allein ein mächtiger feindt würde vom halß gezogen, sondern gehe
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Kaißerliche majestätt eine große assistentz weinigst von 12 000 ab, und würde man zu
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thuen haben, sich defensive zu halten, zu geschweigen daß auf beßerung könte zugelegt
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werden. Man habe auch vorm jahr verhofft gehabt, die sachen sölten sich umbgeschlagen
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und gebeßert haben, sein aber ärger worden und in Italia Piumbino und Porto Longone,
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in Flandern Courtrey

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Kortrijk (Courtrai) an der Leie (Lis) in der Gft. Flandern (Span. Ndl); 1646 Juli 29
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Kapitulation vor der frz. Armee unter Gaston d’Orléans (1608–1660) und Louis II François
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de Bourbon duc d’Enghien (1621–1686) ( Chéruel II S. 226–228).
(so ein fürstenthumb eintrage), Dünkirchen und mehr andere

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örtter verlohrengangen; würden auch dern noch mehr dhahingehen, wan man sich lenger
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mit den tractaten würde aufhalten. Alhie stehe man mit denen Schweedischen in solchen
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terminis, daß man bedacht seie, ubermorgen zu einrichtung des instrumenti pacis zu
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tretten. Seie nit ohne, daß Kaißerliche majestätt und die catholische stendte viel, so der
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religion nachtheilig und ihne zu schaden gereiche, nachgeben müeßen. Woh aber keine
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mitle zur resistentz, müße man weichen, umb daß ubrige zu conservirn. Es seie ein harter
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und unbilliger friedt, man müße sich aber inskünfftig desto beßer vorsehen und in acht
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nhemmen. Die außnhamb mit Portugal thue weinig zur sachen, die Frantzosen würden
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so nit underlaßen, dem tyranno in Portugal zu assistirn, woh sie könten. Spanien aber
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hette solcher assistentz nit zu achten, seie mächtiger ahn schiffen alß Franckreich, habe
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den vortheil mit Neapel, Maiorica, Minorica

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Mallorca und Menorca, die beiden größten Inseln der Balearen; seit 1344 bei der Krone
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Aragon ( Zedler XIX Sp. 631–632; ebenda XXI Sp. 387).
; könte von dort auß eine solche schifarma-
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da außschicken, daß sich die Frantzosen nit dörfften blicken laßen, die könten aber auch
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andergestalt keine assistentz thuen alß per mare. Wan mit Hollandt der friede publicirt
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seie, so wachße dem könig in Spanien eine solche macht und gelegenheit zu, sich mächtig
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zu machen, daß er sich der Frantzösischen macht nit viel zu achten habe. Daß
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schmeckten die Frantzosen gar wol, und darumb bemühen sie sich so eifrich in Hollandt,
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den frieden zu verhindern.

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Ille: Es seie nit darauf zuzulegen, daß man durch nachgebung alles dieses mit Franckreich
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zum frieden gelangen würde. Ir excellentz: Daß seie nur eine bloße vermutung, und
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würde unß durch dergleichen vermutungen der last des kriegs nit vom halß gezogen.
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Man müße itzo dhahin gedencken, wie man einmahl auß dem krieg komme. Sie wölten
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gerne selbst hinüber nacher Münster kommen, umb dies werck zu befordern zu helffen,
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wan sie nit der respect gegen denn Spanischen gesandten, deme diese ehr allein gebühre,
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dhavon abhielte. Ille: Wan nur gewiße limites dem gegentheil möegten praefigirt werden,
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darüber sie ferner nichts praetendiren solten, möegte etwoh desto ehender zum schluß zu
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kommen sein. Ir excellentz entdeckten in secreto, waß sie für versicherung haben, daß es
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der cron Schweeden den frieden zu schließen ernst seie, monendo, solches alles in
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geheimb zu halten. De caetero dixit hoc esse suum votum, es könte der abgeordneter
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auch der ubrigen Kaiserlichen gesandten meinung und gedancken darüber vernhemmen,
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qui omnes sese conformarunt voto suae excellentiae. Und ist die conferentz dhamit
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geendigt worden.

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