Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann

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Verweis auf die nr.n 304, 313, 319 und 328 und die dort geschilderten
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Religionsverhandlungen. Also sollen wir hiemit allerunderthenigist ferrer

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berichten, daß zwar die protestierende unser gegenproiect darauf alspald vor
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die handt genommen, ire glossas darüber zuesamengetragen und denen
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Schwedischen hinwiderumb zuegestelt. Seitemaln wir aber vermerckht, das
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sie beederseits fast mehrerntheils noch uf iren vorigen postulatis, sonderlich
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als viel die stiffter Oßnabrugg und Minden, auch die libertatem credendi in
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denn Kayserlichen erb- und anderen denn reichsständen zuegehörigen landen
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anlangt, verharren theten, haben wir zue desto mehrer entladung ungleicher
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nachred, so künfftiger zeit Eur Mayestät uf den halß wachsen möcht, für eine
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unumbgengliche nothurfft befunden, dem herrn grafen von Nassaw, inhalts
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der beylag A, zuezuschreiben, das er dise bewandtnus alsbald beeden herren
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mediatoren vortragen und sie ersuechen solte, dessentwegen bey denen
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Franzößischen plenipotentiariis bewegliche erinnerung zu thuen, auch zu
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ermahnen, weil sie in abhandlung irer satisfaction mit deüttlichen wortten
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und gleichsamb stipulata manu versprochen und zuegesagt, die Schweden
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und protestierenden dahin zu behandlen, daß sie sich mit unserem vom 12.
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Julii beschechnen und seither mehrmaln erweitertem erbietten begnüegen
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lassen müesten, auch noch iungst der conte d’Avaux vor seinem alhießigen
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abraisen mir, grafen von Trautmanßdorf, mit allen umbstendten anzeigen
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lassen, von seinem könig newerdingen und, wie er die formalia gebraucht, in
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superlativo gradu bevelcht zu sein, uns in puncto causae Palatinae et
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gravaminum mit aller macht beyzustehen, wie er dann zue seiner widerkunfft
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(so verwichnen sambstags von ime hinderlassenermaassen beschechen sollen)
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alles richtig machen und die gegentheil von so unbillichen praetensionibus
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abzuweichen vermögen wolte, das sie demnach ihre parola in acht nemmen
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und sich rund erclären wolten, waß sie in solchem gefärlichen standt dess
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gemainen catholischen weesens mit rath und that uns vor einen beystandt zu
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laisten bedacht. Nun haben zwar die mediatores dem herrn grafen von
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Nassau solche verrichtung über sich zu nemmen versprochen, aber dabey
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alsogleich angezeigt, das sie wol besorgten, die Franzosen sich wenig daran
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kehren würden; wie dann ire folgendts zurugg gebrachte antwortt, nach
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inhalt der relationum sub literis B, C, solches alles clärlich außweisen thut
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und mit befrembden daraus zu vernemmen kombt, das sie sich aniezt erst
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entschuldigen, solche bewandtnus vorderist an königlichen hof gelangt
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werden müeste, da doch d’Avaux, wie oben gemelt, sich gegen uns und
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anderen dergleichen königlichen bevelch albereit in handen zu haben be-
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rüembt. Und obwol ihre mainung dahin gehet, das ich, graf von Trautmanß-
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dorf, mich nit lenger alhie aufhalten, sondern widerumb nach Münster
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begeben solte, in erwähnung, das alßdan die Schweden und protestierende
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selbst nachlauffen und sich anderst als biß daher bequemmen würden, auch
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sich nit allein die mediatores, sondern auch der Spanische plenipotentiarius,
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conte Peneranda, selbst, laut der beylag D, mit solcher mainung in so weit
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vergleichen thuend, das sie verhofften, wann ie kein frid bey disen leütten zu
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erhalten, ufs wenigist mit denen Eur Mayestät anhangenden catholischen
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chur-, fürsten und ständen dess Reiches ein mehrere einmüettige zuesamense-

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zung verglichen werden könte, so müessen wir iedoch, sovil die Franzosen
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anlangt, ire intention dahin einzig und allein gerichtet zu sein clärlich
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vermerckhen, das hierdurch und nachdem der herr churfürst von Bayrn sich
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nunmehr genzlich von Eur Kayserlicher Mayestät abgesöndert und ein
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gefährliches armistitium oder vilmehr eine unverantworttliche neutralitet
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eingangen, nichts anders gesuecht werde, dann durch dises mittel mein,
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grafens von Trautmanßdorf, erfolgenden abraisens alle handlung mit denn
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Schweden und protestierenden in ein völligen bruch zu setzen und also Eur
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Kayserlicher Mayestät und dern hochloblichem hauß ein genzlichen undter-
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gang uf den halß zu richten. Waß aber die an seiten der herren mediatoren
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und der Spanischen erwöhnte zuesamensezung betrifft, da sechen wir ia nit,
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warauf man sich bey sothaner Churbayrischer secession zu verlassen haben
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könte und möchte, in betrachtung, mit derselben auch Churcölln sambt allen
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dero angehörigen stiffteren dises Westphalischen craiß hinwegkgehen, Chur-
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trier aber albereit hievor und noch täglich sich wie mehr und mehr an
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Franckreich henckhen und gleichsamb für Eur Mayestät offnen feindt
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erzeigen thut, der herr churfürst von Mainz aber dess seinigen mehrerntheils
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entsezt und fast aller undterhaltsmittel beraubt, Würtzburg und Bamberg
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dem feindt ebenmässig guetentheils im rachen und in seiner contribution
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steckhen.

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Hierauf haben wir gar nit für rathsamb befinden mögen, von der angefang-
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nen handlung in puncto gravaminum noch derzeit außzusezen, sondern bey
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so verendertem standt nach inhalt Eur Kayserlicher Mayestät inmitlst vom
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achten diss eingelangter allergnädigsten bevelchen

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Wahrscheinlich Druck: Nr. 296.
vor das bessere gehalten,
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alle mitel und weeg zu ergreiffen, uf das dise materia aus dem weeg geraumbt
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werden möcht, sonderlich weilen inmitlst der Salvius negstverwichnen
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freytag

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Freitag, den 22. März 1647.
zu mir, Volmarn, aigens kommen und sich erbiettig gemacht, nit
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allein die glossas protestantium in puncto gravaminum, sondern auch das
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ganze instrumentum pacis, wie es Schwedischerseits entworffen wer, herauß-
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zugeben und darüber in ein schliesßliche handtlung einzutretten, welches er
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auch gestrigen tags gegen mir, grafen von Trautmanßdorf, als ich ime eben
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der ursachen halb selbsten besuecht

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Vgl. nr. 339.
, widerumb erholt und zuegesagt, auch
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dabey entdeckht hat, das sie darmit der ursachen bis uf morndrigen nachmit-
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tag zurugghalten theten, dieweil inen vom königlichen hof wegen deren mit
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Brandenburg über abtheilung dess herzogthumbs Pommern getroffnen hand-
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lung etwas ungleiche schreiben einkommen weren

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Vgl. die beiden kritischen kg.lich schwed. Weisungen vom 13./23. Februar 1647 und das
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Schreiben Axel Oxenstiernas (1583–1654) an seinen Sohn vom selben Datum (Drucke: APW
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II C 3 nr.n 139, 140, 141a). Die wohlwollende kg.liche Resolution zum schwed.-ksl.
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Vorvertrag (1647 Februar 8/18; vgl. nr. 262 Beilage 1) vom 27. Februar/9. März (Druck:
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APW II C 3 nr. 154) traf erst am 16./26. März 1647 in Osnabrück ein ( APW II C 3 S. 352
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Z. 8–10).
. Dann der alte Oxenstirn

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(so seinem sohn alhie dessenthalb ein sehr verweißlichen brief zuege-
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schickht), der Torstensohn und Alexander Eschke

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Alexander Erskein (1598–1656); 1652 nobilitiert, 1655 Fh.; 1628 Agent in Stralsund, 1632
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Resident in Erfurt, 1637–1642 in der pommerschen und ab 1651 in der bremen-verdischen
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Verwaltung tätig, 1653 dort Präsident; 1634–1637 und 1642–1648 Kriegs- und Assistenzrat
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bei der schwed. Hauptarmee, 1648 Kriegspräsident; 1649–1650 Unterhändler auf dem
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Nürnberger Exekutionstag ( SMK II S. 455–456).
weren damit übel zufriden
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und vermainten, sie solten uf ganz Pommern bestandig sein. Die königin aber
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het ime, Salvio, absönderlich von aigner handt zuegeschriben, das sie mit
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diser vergleichung wol content, auch irem vettern, dem herrn churfürsten,
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seinen antheil wol gönnen thet, mit angehengtem bevelch, er, Salvius, solte in
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all weeg daran sein, das der friden möchte beschlossen werden, dann sie
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solches dem iezigen zuestandt ires königreichs nöttig befinde, mit beysezung
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diser wortten aus dem Tacito „ut enim pluribus satisfacias, cuncta regenti
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plenum invidiae opus“

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Cornelius Tacitus (um 61 – um 120); römischer Geschichtsschreiber und Politiker ( Lexikon der Alten Welt Sp.
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2970–2974). – Das Zitat konnte, ebenso wie das kg.liche Schreiben an Salvius, nicht
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nachgewiesen werden.
. Und dieweil diss schreiben allein uf die zwischen
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inen und denn Brandenburgischen vorgeloffene particularhandlung erfolgt,
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hernach aber erst die mit uns in puncto satisfactionis haubtsächlichen
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geschlossene vergleichung bey dem königlichen hof eingelangt, so erwartte-
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ten sie uf morndrigen tag der ratification und wolten alßdan die völlige
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beschliesßung dess friedens eifferigst fortsezen.

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Gestalten er darauf von denn vornembsten noch im streitt ligenden puncten
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zu reden angefangen, auch mit meiner uf ein und andern ertheilter antwortt
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zimblichermaassen vergnüegt zu sein sich ansechen lassen. Wegen der stifft
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Oßnabrugg hatt er sich rund erclärt, das sie selbige einmal nit restituieren,
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sonder ehender mit Franckreich darüber brechen wolten, derentwegen auch
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wir bey obvermerckhter bewandtnus darauf zu verharren desto weniger
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ursach haben können. Im übrigen ist das allerschweriste, waß sie noch wegen
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der freystellung in Eur Mayestät erblanden suechen, da wir dann gehorsamist
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darfürhalten, ohne verletzung dero gewissens wol bewilligt werden könte,
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das denen in Niderösterreich noch übrigen standtspersonen kein emigration
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uferlegt werden, sondern bey dem irigen, doch sine publico religionis suae
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exercitio zu verbleiben verstattet sein solte, sonderlich wann sie darmit von
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widereinfüehrung dess Lutherischen religionsexercitii in denn Schlesischen
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erbfürstenthumben

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Zu dieser Zeit waren die Ft.er Breslau, Glogau, Münsterberg, Oppeln und Ratibor sowie
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Schweidnitz-Jauer unmittelbar der Krone Böhmen unterstellt (vgl. die Karte in: Geschichte
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Schlesiens II S. 97). Allerdings war das Ft. Oppeln und Ratibor seit 1645 Kg. Ladislaus IV.
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Sigismund von Polen (1595–1648) anstelle der Mitgift seiner verstorbenen Frau, der Ehg.in
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Caecilie Renate (1611–1644; Schwester Ferdinands III.), verpfändet worden ( ebenda S.
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86–87).
abstehen theten. Woferrn aber auch diss nit zu erhalten,
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so heten wir in gehorsamister underthenigkeit, doch ohne einige maaßgebung
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ia für besser gehalten, das Eur Kayserliche Mayestät neben conservation dess

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albereit der enden bestettigten catholischen religionsexercitii in eim ieden
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dergleichen erbfürstenthumb wenigist ein Luterische kärch zuelassen möch-
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ten, als das sie derenthalb noch ferrer im krieg stehen und der augenscheinli-
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chen gefahr undterworffen bleiben solten, das mit dem kezerischen unkraut
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der guete saamen dess catholischen glaubens allerdings außgerottet werden
6
möcht. Und dieweil wir aber so weit zu gehen nit bemächtigt, so werden wir
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uns eifferigist angelegen sein lassen, die Schweden und protestirenden
8
hiervon abzuhalten. Pitten aber benebens gehorsamist, Eur Kayserliche
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Mayestät geruehend uns hierüber in omnem eventum gnädigste resolution ufs
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allerförderlichist zuekommen ze lassen.

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Wir sollen auch ferrer gehorsamist anzufüegen nit umbgehen, das wegen
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translation dess Kayserlichen cammergerichts, wie mir, Volmarn, die Saxen
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Altenburgischen ex professo angezeigt, protestierendentheils dahin gezihlet
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würdt, das Eur Kayserliche Mayestät dasselbig in dero statt Egra

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Eger (Cheb) an der Eger; ursprünglich Reichsstadt (1277 erster urkundlicher Beleg), seit 1322
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im Pfandbesitz der Krone Böhmens ( HGBL II S. 34–79).
versezen
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lassen wolten, mit der außtruckhenlichen erclärung, das sie hierdurch Eur
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Mayestät und dero königreich Böheimb an iren über dise statt habenden
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iuribus am geringsten nichts zu entziehen gemaint weren. Und ob wir uns
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zwar unschwer einzubilden, das darwider allerhandt bedenckhen einfallen
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möchten, wir befinden aber, das gleichwol solches zue Eur Kayserlicher
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Mayestät grosser reputation, sodann nit allein der statt Eger und dem
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umbligenden craiß, sondern auch dem ganzen königreich Böheimb zue
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mercklichem aufnemmen und wol zu mehrer versicherung der succession am
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Kayserthumb dienstlich sein solte. Wir werden es ohne offension der ständt
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nit wol gänzlich abschlagen können, sondern ad referendum nemmen
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müessen, und haben demnach Eur Kayserliche Mayestät inmitlst der sachen
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allergnädigst nachzudenckhen.

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Gestrigen tags hat der conte Peneranda uns durch den Friquet umbestendtli-
28
chen bericht ertheilen lassen, warauf dieselbe tractaten mit denn Franzosen
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bestüenden. Welcher auch darüber, inhalts beyligenden protocolls littera E,
30
von mir, grafen von Trautmanßdorf, beantwortet worden.

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