Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
Auf die ksl. Weisung vom 2. November 1646
Protokoll. Es ist auch der Churbrandeburgischer gesandter graff von Witgen-
stein bey unß gewest, sich sehr wieder den Oxenstern beschwehrt, daß
derselb die anerbottene particulartractaten wegen Pommern unterm für-
wandt, ob sölte der Churbrandeburgischer gewaldt nit gnugsamb sein,
außschlage und doch nur zwo schlechte ursachen fürzuschützen wüste: 1.
daß die expeditio in Teütscher sprach gefertigt, 2. die clausula hineingerückt,
daß ire churfürstliche durchlauchtt pro bono pacis und auß affection gegen
die cron Schweeden zu solchen particulartractaten wehren bewogen worden.
Und obzwar sich die Churbrandeburgischen erclehrt, die umbfertigung in
Lateinischer sprach mit außlaßung angedeüteter clausula zu handen zu
bringen, so wölte sich doch der Oxenstern zu nichts bewegen laßen.
Derwegen er, graff von Witgenstein, gemeint seie, eine reiß zum churfürsten
zu thuen, umb denselben von allem zu berichten. Seinem gnädigsten churfür-
sten und hern würde zu nahe getretten; man wölle demselben halb Pommern
nhemmen und doch khein aequivalens verschaffen. Halberstatt allein seie
dhagegen zu weinig. Der duca de Longaville habe benebens vom ertzstifft
Magdeburg und einer million thaler gesagt; ließe sich noch hören. Weiln aber
sölcher vorschlag von denen Kaiserischen nit herkomme, seie khein funda-
ment darauf zu machen.
Nos: Könten es ihme, graven, wol sagen, daß die consilia beym gegentheil auf
diese alternatiff hinauslieffen, der cron Schweeden entweder halb Pommern
cum consensu electoris oder auf verweigerten consens alles, waß sie innenha-
ben, zu behalten zuzulaßen. Dhagegen würde irer churfürstlichen durch-
lauchtt auf erfolgenden consens Halberstatt, nach inhalt des instrumenti
pacis
Vgl. das IPOk vom [8. Mai 1646] (Druck: Meiern, APW III S. 66–73 ).
graff von Witgenstein allerhandt erinnerung gethaen, daß man den Schweedi-
schen nit zuviel deferirn wölte, es würde sein gnädigster herr der churfürst
auch noch beystandt finden; der seie itzo in den Hagen in Hollandt
benachbarten könige und potentaten würden es nit zugeben, daß der cron
Schweeden ein so mächtiges landt auß reichsboden sölte uberlaßen werden.
Der könig in Polen habe durch seinen residenten bey ihnen, Churbrandebur-
gischen, protestirn und ein memorial, dhavon er unß beykommende
abschrifft mitgetheilt, ubergeben laßen. Das werck laße sich ie lenger, ie
schwehrer ansehen, die ruptur dieser tractaten seie fürhanden. Er, graff, wölle
sehen, wie sich von dieser commission möege ledig machen und den degen
wieder anhencken. Besorge auch, sein gnädigster herr und Pfaltz Neüburg
dörfften aneinander wachßen
Pgf. Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (1578–1653); 1613 zum kath. Glauben konver-
tiert; 1614 Pgf. ( ADB XLIV S. 87–116 ). – Im Streit um die Erbschaft der Hgt.er Jülich,
Kleve und Berg leitete Pgf. Wolfgang Wilhelm seinen Anspruch aus der 1574 geschlossenen Ehe
seines Vaters, Pgf. Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg (1547–1614; 1569 Hg.), mit seiner
Mutter Anna (1552–1632), der Schwester des letzten Hg.s von Jülich-Kleve-Berg, Johann
Wilhelm (1562–1609; 1592 Hg.), ab ( Hassel S. 113–137). (Zu den kurbg. Ansprüchen vgl.
[nr. 18 Anm. 5] .) Die Auseinandersetzung wurde 1613 durch den Glaubenswechsel von Pgf.
Wolfgang Wilhelm und Kf. Johann Sigismund von Brandenburg (1572–1619; 1608 Kf.)
verschärft. Weder der Dortmunder Vergleich vom 31. Mai/10. Juni 1609 (Regest: Moerner
nr. 13 S. 43–45) noch der Xantener Vergleich vom 2./12. November 1614 (Regest: Ebenda
nr. 30 S. 67–71; Druck: DuMont V.2 S. 259–261), noch der Düsseldorfer Provisional-
Teilungsvergleich vom 14./24. Mai 1624 (Regest: Moerner nr. 44 S. 86–92) oder der
Vergleich vom 9./19. März 1629 (Regest: Ebenda nr. 49 S. 97–99) hatten eine Einigung
herbeiführen können ( Schmidt).
reüterey im landt von Berge logirn laßen, würde Pfaltz Neüburg nit gefallen.
Die compositionshandtlung zu Münster wölle auch nit vonstatten gehen, und
sehe er ein großes fewer, alß wol zuvor niemaln im Römischen Reich gewest,
aufgehen. Ersucht unß, irer churfürstlichen durchlauchtt sachen in bester
obacht zu halten.
Es haben aber gestern sämbtliche Churbrandeburgischen gesandten, indeme
wir zum Oxenstern fahren wollen, durch ihren secretarium mir, dem graven
von Lamberg, andeüten laßen, sie vernhemen, daß wir zum Oxenstern fahren
und etwoh den punctum satisfactionis abhandtlen wolten; laßen unß ersu-
chen und bitten, bey selbiger sach also zu verfahren, dhamit mans hernegst
gegen chur-, fürsten und stendte des Reichs möege zu verantworten haben.
Ich, der graff von Lamberg, habe geantwortet, daß sich die Churbrandeburgi-
sche darauf zu verlaßen, daß wir nichts, warauf wir nit instruirt sein, seithero
gethan oder vorgenomben, auch forthan nit thuen oder vornhemen werden.