Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
Euer Kayserlicher Mayestät deputirte geheimbe räthe, graff Kevenhiller und Schlickh,
haben durch dero reichsvicecanzlern, grave Kurzen, den 6. dieses in beysein dero
reichshoffraths, deß von Gebhardts, dem churfürstlich Bayrischen abgeordneten, cam-
merpresidenten Mändl, dasyehnige mündtlich zu gemüth geführt, waß Euer Kayserliche
Mayestät ihme schrifftlich zum bescheidt zu geben allergnedigst resolvirt haben, darauff
er nechst gebührender dankhksagung vor dieselbe gnedige communication gebeten, ihme
dieselbe schrifftlich zuezustellen. Und weiln er sich wohl besorget, es wurde ihme
dergleichen vorgehalten werden, so hette er diese tag über zu seiner replica und besseren
gedechtnus nach inhalts seiner instruction, so er auff solchen fall empfangen, etliche
puncten auffgemerkt, welche er auch abgelesen. Legatur . Darneben hat er vor und nach
solcher ablesung vermeldet, ihre churfürstliche durchlaucht in Bayern besorgten sich
zwar selbsten, es wurden ihrer durchlaucht separirte friedtstractaten die conditiones pacis
nicht zum besten gemacht werden. Jedoch hoffen sie, daß solche viel leichter und
ertraglicher sein wurden, alß wann sie den krieg zuegleich mit Euer Kayserlicher
Mayestät wieder so viel feindt continuiren solten. Zum wenigsten könten sie mit ihrer
gemahlin und blühenden jugendt die flucht in ain ander landt, weil sie nicht mehr alß ein
einziges zu verlieren hetten und dahero dasselbe conserviren musten, verhüetten, auch
bey künfftiger zeit und occasion sich in ein bessern standt wieder einsezen. Ihre
durchlaucht hetten für Kayserliche mayestät und das hauß Österreich alles, waß sie in
der weit gehabt undt vermocht, auch ihre eigene persohn bey der Prager schlacht
auffgesezet, nichts darfür alß ein pfandtlandt, so sie dero wiedergeben
Das Ehgt. Österreich ob der Enns (vgl. [nr. 76 Anm. 5] ).
men und alles dasyehnige geleistet, waß ein trewer freundt thuen könte. Woltens auch
noch gern thuen, wann das vermogen verhanden wehre. Es wehre aber ihro in diesem
lezten zueg die lezte öhlung gegeben worden, daß sie nicht wüsten, wo sie endtlich mit
ihren eigenen völckhern hinaus solten und die winterquartier nehmen köndten. Hat
darauff weitleufftig erzehlt, waß für insolentiae militares et irremedibiles furgangen
wehren, also daß nicht möglich, daß ihre churfürstliche durchlaucht lenger dauren
köndten. Bekhlagt sich auch darneben absonderlich, daß zu Münster vom herrn graven
von Trautmanßdorff undt seinen leuthen so viel gehört wurde, samb dem herrn
churfürsten in Bayern recht beschehe, daß der krieg in sein landt kommen wehre . Und
obgleich ihre churfürstliche durchlaucht demselben keinen glauben geben und von ihrer
Kayserlichen mayestät viel ein anders und bessers iudicium verhofften, so müsten sie
gleichwohl solche reden hören und uberdis im werkh erfahren, daß mit der anbefohlnen
proviant der 500 muth
würkhlich gefolget wurde. Ermahnet derohalben trewlich und fur seine persohn, mit
entschuldigung habenden befehlichs gehorsambst bittendt, Euer Kayserliche Mayestät
wolten solches alles wohl beherzigen und zeitlichen betrachten, waß endlich Euer
Kayserlicher Mayestät sachen fur eine gestalt haben wurden, wann gleichwohl ihre
churfürstliche durchlaucht von deroselben sich separiren musten.
Euer Kayserlicher Mayestät deputirte gehorsambste geheimbe räthe haben ihme nach
und nach entgegen dieses opponirt, es seye iezt dieses nicht die frag, ob man den krieg
continuiren könne oder nicht, sondern, wie der andere punct seiner, des Mandels,
abgelesenen antwort gelautet, einig und allein vom frieden, wie man solchen ehist und
schleunigst möchte erheben. Es geben aber die relationes von Münster und Oßnabrugg
und die werkh an ihme selbsten, daß, obgleich Euer Kayserliche Mayestät das ihrige
hierzue auffs euseriste gethan undt an ihr nichts ermangeln lassen, daß doch bis diese
stundt keine sichere hoffnung darauff zu machen seye, darumb die fraag auff dem
bestünde, waß ihre churfürstliche durchlaucht in Bayern alßdann zu thuen gesonnen
seyen. Respondit Mändel: So werde sein gnedigister herr sehen, wie er vor sich undt die
seinige allein darauß kommen möge, ein yeder fur sich und Gott vor uns alle. Hat darbey
eingeführt das exempel deryehnigen, so schiffbruch im meer von wegen dessen ungestüm
erleiden müssen, da keiner schuldig wehre, des andern hail und rettung der seinigen
vorzuziehen. Und alß ihm hierauff wieder geantwortet worden, wann aber die feindte
weder ihr churfürstlicher durchlaucht noch Euer Kayserlicher Mayestät den frieden per
tractatus gönnen wolten, was alßdann zu thuen, hat er gesagt, da solle man seinen herrn
darfür sorgen lassen, er wurde schon wissen, wie er daraus kommen solle. Iterum
replicatum: Das wehre aber gleichwohl wieder das gewissen undt wieder die trew und
glauben, mit welchen beyde häußer eynander verbunden, gereichte auch zum hochsten
praeiudiz und nachtheil unßerer heyligen catholischen religion, wieder welche doch ihre
churfürstliche durchlaucht sich bedingen theten, daß sie nichts thuen wolten. Das blosse
parere, daß ihr churfürstliche durchlaucht umb ihrer und ihrer landen ruhe willen von
ihrer Kayserlichen mayestät sich separiren wollen, verderbe uns alle friedtstractaten und
mache die feindt desto stolzer und hochmuthiger in ihren postulatis. Wann es allein umb
die beforderung des friedens zu thuen wehre und die Franzosen denselben trewlich
mainten, so seye er schon gemacht. Wo sie es aber nicht trewlich mäinten, so wurden sie
auch dem herrn churfürsten in Bayern solchen nit halten. Ihre churfürstliche durchlaucht
könten sich auch mit dem angezogenen exempel anderer chur- und fürsten nit entschul-
digen, weil es mit denselben weit ein andere beschaffenheit habe, dann keiner das peso
deß kriegs mit ihrer Kayserlichen mayestät zugleich eingetreten. Keiner habe fur seiner
völkher so viel cräiß und länder im Reich zu seiner contribution bekhommen. Chursach-
sen habe nicht ehender sich separirt, alß wie er kaum zwey oder drey regimenter mehr in
seinem gewalt gehabt. Auff Churbrandenburg habe man niemalß so starkhe reflexion
gemacht, und beyde churfursten empfinden iezo selbst und wurden es ye lenger, ye mehr
empfinden, waß es ihnen genuzt, daß sie sich in particularaccord eingelassen. Mit dem
herrn marggraven in Baden
tion zu machen. Kein anderer habe noch eine solche ansehenliche armada zu commandi-
ren und zu erhalten alß ihre churfürstliche durchlaucht. Mit keines standts separation
gehe Euer Kayserlicher Mayestät und dem Reich, sonderlich auch der catholischen
religion, so viel ab alß mit ihrer churfürstlichen durchlaucht in Bayern; wie solches dann
mit mehrern umbstenden ihme, cammerpresidenten, zur gnüge remonstrirt worden. Euer
Kayserliche Mayestät hetten mit keinem churfürsten ein so enge und genaue verbündtnus
alß mit ihrer churfürstlichen durchlaucht, und wann Euer Kayserliche Mayestät vor sich
und ihr hauß dergleichen separattractaten zur handt nehmen wollen, wurden sie vieleicht
ehender alß ihre churfürstliche durchlaucht zu einem rechten schlues gelangen können.
Aber das hetten sie bißhero gleichwohl nie thuen wollen. Versehen sich dahero, ihr
churfürstliche durchlaucht wurden solches auch in obacht nehmen, dann sie wehren bey
den cronen und zumahln bey den protestirenden im Reich keines bessern favors, aber
wohl eines mehrern haß und neidts versichert. Man seye doch auff seiten Euer
Kayserlicher Mayestät bereit und willig, alles, waß nur möglichen, bey derselben
auffzusezen, zu dem endt auch die conferenz mit Spannia
Vgl. [nr. 65 Anm. 1] .
erwartet werde. Dixit Mandelius, seyn herr frage nichts nach andern rumoribus und
wurde schon ein mittel finden, wie er endtlich auß dem handel kommen möchte. Er
wolle mit den Spanischen tractaten weiter nichts zu schaffen haben. Der könig in
Frankhreich hette seiner churfürstlichen durchlaucht zur chur geholffen, wurde auch
ihne darbey manuteniren helffen, wanngleich andere darvon aussezen theten. Und alß
ihme dargegen durch herrn graven Kevenhillern sowohl Euer Käyserlicher Mayestät
reichsvicecanzlern remonstrirt worden, was Kayserliche mayestät sowohl der könig von
Hispanien und das hauß Osterrreich für ihre churfürstliche durchlaucht zu manuteni-
rung der erlangten churfürstlichen durchlaucht gethan, welchergestalt auch ihre chur-
fürstliche durchlaucht an ihn, graven Kevenhillern, bey seiner Kayserlichen ambasciada
in Spannien
waßmassen auch der könig von Hispanien hierauff in angesicht deß königlichen prinzen
auß Engellandt
gueten conditionen, sich dennoch resolvirt, ihre churfürstliche durchlaucht in Bayern bey
der chur und landen erhalten zu helffen, auch waß deßwegen herausgeschrieben worden,
item wie trewlich die in Gott allerseligist ruhende Kayserliche mayestät sich seiner
churfürstlichen durchlaucht bey handlung deß Prager friedens angenommen und wie sie
solchen schlueß nicht ehender eingehen und volziehen wollen, biß ihre churfürstliche
durchlaucht und die Wilhelmische lini der chur halber genugsamb gesichert wehre, und
daß man noch auff dieser seiten fur denselben den krieg führen thete, hat er es dahin
erkhlert, daß er alles nur von der cooperation deß königs in Frankreich, alß conte de
Ognate der translation der chur auff ihr churfürstliche durchlaucht in anno 1623 zu
Regenspurg sich wiedersezt
Iñigo Vélez de Guevara y Tassis 5. conde de Oñate (1572–1644); 1640 grande de España;
span. Botschafter in Turin, 1616–1624 am Ks.hof, 1626–1629 bei der Kurie, 1633–1637(?)
ao. Ges. am Ks.hof ( Kessel S. 25 Anm. 45). Auf dem Regensburger F.tag von 1623 hatte er
versucht, den Ks. von der Kurübertragung abzuhalten, scheiterte aber an den Bemühungen
Bayerns, der Kurie und Frankreichs ( Albrecht S. 84–89).
lichen bescheidt. Wan ihme kein anderer gegeben wurde, alß er iezt mündtlich
vernommen, so wolle er gleich wiederumb fortraißen. Wo aber noch ein anderer und
besserer bescheidt auff diese conferenz erfolgen solte, wolte er noch warten. Hat darbey
mit gelegenheit deß discurs subinde zu verstehen geben, wie sorgfeltig seinem herrn die
verpflegung der winterquartier (darvon er doch so wenig alß den conditionibus pacis zu
reden im befehlich hatte) wie auch die beförderung der versprochenen proviant auß
Oberösterreich angelegen wehre und daß endtlich summa rei auff diesem dilemmate
bestehen thete, endtweder ihr durchlaucht der erzherzog wurde mit der Kayserlichen
reichsarmada zurukhweichen oder stehen bleiben müsßen. Wichen ihr durchlaucht, so
folgte ihro der feindt immediate in die Kayserliche und konigliche erbländer, blieben sie
aber, so muste alles aus mangel profiant und unterhaltung zugrundtgehen und sey kein
mügligkheit, hernach den Kayserlichen waffen wiederumb auffzuhelffen. Darumb sey
viel besser, den frieden quibuscunque modis et conditionibus und solte es gleich mit
nachsehung eines, zwey oder drey erbfürstenthumber an den Schlesischen landen
geschehen, zu befördern undt schleunig zu beschliesßen alß der gefahr deß kriegs und
ehe man beyden häussern den garauß mache, sich noch lenger zu unterwerffen. Er redete
dieses alles zu einer warnung und nicht, daß ihre churfürstliche durchlaucht albereit
separatim zu tractiren hetten angefangen. Es möchte aber solches in kurzen, wo nicht
besserung erfolgt, geschehen. Und hatt anderweit den mangel der versprochenen
proviant und wie unrichtig eß mit denen angeschafften fuhren hergienge, geandtet, auch
sich auff ein schreiben beruffen, so ihm deßwegen allererst von Linz zuekommen wehre
und er erbiettig herzugeben, welches er auch folgendts eingeschickt .