Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
Besuch von Salvius bei Krane. Nach einigen Worten über seine Krankheiten kam dieser zu
seinem Anliegen und fragte, weiln man die nachrichtung von Münster habe, daß die sach
aldha zwischen den Kayserlichen und Frantzösischen gesandten vergliechen , waß dan
nuhmehr diesorts anzufangen, waß für ein modus fürzunhemmen, umb alhie auch zum
schluß zu kommen, ob man die Frantzosen für mediatorn bey diesem convent haben
werde. Respondi, daß nit ohn, daß unß auch von Münster auß der bericht zukommen,
daß die Kayserliche gesandten aldha mit denen Frantzösischen zum schluß kommen.
Würde freylich nuhmehr an deme sein, daß man alhie auch darzuthue und alles zur
richtigkeit pringe. Es bedörffe darbey aber khein ander modus gehalten zu werden, alß
seithero gehalten worden. Die Schwedische gesandten wüsten wol, weßen man sich
dießeits erclehrt
Vgl. das IPOk vom [8. Mai 1646] (Druck: Meiern, APW III S. 66–73 ).
Stünde bey den Schwedischen, solchs anzunhemmen und bey denen interessirten alles
richtig zu machen. Die Frantzösische gesandten würden sich pro mediatoribus nit
außgeben. Man müße aber nuhmehr bey so weith gebrachten sachen allerseits darzuthuen
und dhahin arbeiten, dhamit dem werck völlig möege abgeholffen und seine endtschafft
gegeben werden. Man versehe sich gegen die cron Schweeden, daß dieselbe an iren ortt
nichts werde wöllen erwinden laßen. Würde sonsten bey der gantzen weldt der verweiß
und haß verzögerten friedens auf dieselbe allein fallen.
Ille: Es würde die cron Schweeden an iro nichts erwinden laßen. Die protestirende
stendte müsten aber auch vorhero ire satisfaction in puncto gravaminum haben, weiln
derenthalben der krieg geführt worden. Fragte, waß dan für erclehrung der catholischen
stendten auf der protestirenden iüngste schrifft zu gewartten. Ego: Die catholische hetten
sich weith gnug erclehrt
Wahrscheinlich sind die am 12. Juli 1646 im Namen der kath. Reichsstände herausgegebenen
Vermittlungsvorschläge der ksl. Ges. betr. die Gravamina (Druck: Meiern, APW III S.
193–199 ) gemeint.
hemmen. Ille: Die wölten dhamit nit zufrieden sein. Waß fur mitl und rath, ein und
andere parthey zu disponiren? Ego: Die Chursachßische hetten bey denen protestirenden
allerhandt gute erinnerung gethaen , und stünde zu verhoffen, die würden in sich selbst
gehen und der catholischen erclehrung acceptirn. Ille: Würden es nit thuen. Und seie
denen protestirenden der Chursachsischen erinnerung und insinuationes nit annhemb-
lich. Wan die Chursachßische wölten einen oratorem agiren, so gebühre ihnen, dieienige
stück, so in oratore qui persuadere vult, von dem Cicerone erfordert werden, zu
beobachten: „non tantum ut proponant rem vel materiam, sed etiam ut auditores
delectent et applausum habeant“
höre aber, daß die catholische ständte sich waß milter erclehren werden und itzo in
abfaßung einer newen erclehrung begriffen sein. Ego: Hette nichts dhavon vernhommen,
wüste aber wol, daß die catholische stendte wieder haben wöllen zusamentretten und den
sachen nachdencken. Man werde gleichwol derzeitt nit alle minutias erörttern können,
würde sönsten das ansehen gewinnen, ob gedencke man alles mit dem degen durchzutrin-
gen. Solchergestalt würde der friedt nit lange bestandt haben. Es seien die sachen so weith
kommen, daß sich die protestiernde lenger aufzuhalten nit ursach hetten. Die catholische
hetten viel nachgegeben. Man müße allerseits darzu beytragen disponendo ad saniora, nit
aber öhel ins fewer gießen.
Ille: Sie ließen die stendte dhamit gewehren. Gienge die gravamina communia ahn,
darüber müsten sich die stendte under sich selbst vergleichen. Es würden aber auch noch
die gravamina particularia singulorum gravatorum müßen erörtert werden, und zwar
zwischen unß, darzu aber noch geraume zeit vonnöthen sein und sich die sachen alhie zu
Oßnabrück nit so leichtlich alß zu Münster vergleichen laßen. Zog darauf ir, der
Schweeden, aufgesetztes instrumentum pacis auß dem sack und laß mir dern gravirten
stendten einen gantzen cathalogum für. Die wahren secundum praerogativam ordinis
außgetheilt. Fieng ahn vom churfürstlichen collegio, darbey war Pfaltz gedacht, darüber
eine gewiße disposition gemacht, so er mir nit fürgelesen. Kham demnegst auf die fürsten,
alß Baden Durlach, Anhalt, Pfaltz Lautereck, sodan auf die graffen, darunder wahr
Naßaw Sarbrück, Isenburg, Wittgenstein, ein prinz von Croy, Cunewitz und viel andere,
hernacher auf die stätte, alß Augspurg, Achen, Kaufbayren, Lindaw, dern waren auch ein
großer anzaal, endtlich sogar ad privatos; und war uber einen ieden eine absönderliche
dispositio gemacht
Ein schwed. Projekt des IPO kann für diesen Zeitpunkt nicht eindeutig bestimmt werden. Seit
Mitte 1646 waren die schwed. Ges. mit der Zusammenstellung ihrer Forderungen beschäftigt;
einen schriftlichen Entwurf sandte Salvius am 29. Juni/9. Juli 1646 der Kg.in zu (vgl. APW II
C 2 S. 360 Z. 2–3). In der folgenden Zeit wurde dieser Entwurf erheblich ausgeweitet (vgl. die
Relation von Salvius vom 7./17. September 1646; Druck: Ebenda nr. 186, hier S. 446 Z.
8–16), ohne daß eine schriftliche Fassung bekannt wäre. Im IPOs vom [4./14. April 1647]
(Druck: Meiern, APW V S. 457–468 ) sind das Haus Pfalz, Mgf. Friedrich V. Magnus von
Baden-Durlach (1594–1659; 1622 Mgf.) ( ADB VII S. 457–460 ), die Linie Pfalz-Lautereck,
die Häuser Nassau-Saarbrücken, Isenburg, Sayn-Wittgenstein, der Hg. Ernst Bogislaw von
Croy und Aerschot (1620–1684) ( NDB III S. 426–427 ), die Barone von Cunowitz und die
freien Reichsstädte ebenfalls aufgeführt. Die F.en von Anhalt finden sich nur in dem ersten
internen Projekt.
bus ire contradictores hetten. Ob man dan dieselbe nit sölte anhören? Würde ie die
notturfft erforderen, wan anders khein actus iniustitiae sölte begangen werden, den
andern theil auch zu hören. Woh es aber endtlich hinauslauffen wölte, wan man alle
solche controversias alhie erörttern sölte? Ille: Die leuthe lieffen ihnen nach und
begehrten von ihnen beystandt. Könten denselben solchs nit abschlagen. Ego: Es müße
aber dhabey unterschiedt gemacht werden zwischen sachen, so hiehero gehörten, und
denienigen, so nit dhaher gehorten. Wir würden auch vielfaltig angelauffen, verwiesen
aber derienigen sach, so hiehero nit gehörig, an ire ordentliche instantz. Es seie ie noch im
Römischen Reich recht zu finden, diese tractatus auch darauf nit angesehen, umb auß
recht krumbs und auß krumb recht zu machen. Man müße der iustitzi iren lauf laßen. Die
Lotharingische sach gehöre zu diesen tractaten, seie aber seithero nit zu erlangen gewest,
daß vor selbigen hertzogen wehre ein salvus conductus von Franckreich verwilligt
worden
Hg. Karl (III.) IV. von Lothringen (1604–1675); 1625–1634 und 1659/1661–1675 Hg.
( NDB XI S. 231–234). Frankreich verwehrte dem Hg. die Zulassung zum WFK, da der
Vertrag von Saint-Germain vom 29. März 1641 (Druck: DuMont VI.1 S. 211–212) ergebe,
daß er weder Reichsstand noch Verbündeter der Habsburger sei. Der Hg. hatte diesen Vertrag
am 28. April 1641 (Druck: Ebenda S. 213–214) gekündigt ( Dickmann S. 417).
vergleitet haben
Das Kg.reich Portugal; 1580–1640 in Personalunion mit dem Kg.reich Kastilien verbunden,
1640–1668 Aufstand und Erhebung Hg. Johanns von Braganza (1604–1656) zum Kg.,
1641/1642 Versuch einer diplomatischen Sicherung durch Verträge mit Frankreich (1641 Juni
1; Druck: DuMont VI.1 S. 214), mit den Ndl. (1641 Juni 12; Druck: Ebenda S. 215–218)
und mit England (1642 Januar 29; Druck: Ebenda S. 238–240) ( HEG III S. 658–662). Die
frz. Ges. vertraten nach außen hin die Forderung, Portugal zum WFK zuzulassen ( APW II B
1 S. LXI-LXII; APW II B 2 S. XLIII).
Ille percurrirte ferner das instrumentum pacis und kam ad punctum satisfactionis pro
corona Sueciae et militiae. Bey dem puncto satisfactionis pro corona wirdt auf gantz
Pommern, Wießmar, Pöel und Waalfisch
bestanden und daß diese letztere zu weltlichen fürstenthumben zu machen, alles aber der
cron Schweden in feudum perpetuum aufzutragen seie. Die bezahlung der militiae soll
von den stendten ubernhommen werden. Ich erinnerte, daß Kayserliche mayestätt bey
deme bestünden, daß eine iede parthey ire soldatesca selbst zahlen sölte. Die Frantzosen
hielten solches irestheils für billich, die Schweeden würden es auch thuen müeßen. Mit
der cession der praetendirten fürstenthumb und landen würde auf solchen schlag nit
fortzukommen sein, pleibe bey der Kayserlichen erclehrung ad certam generationem.
Weeniger würde die immutatio status zum weltlichen weesen zu erheben sein, seie in
Kayserlicher mayestätt macht nit, und die stendte würden es nit einwilligen
Zum Ganzen vgl. das IPOk vom [8. Mai 1646] (Druck: Meiern, APW III S. 66–73).
Wegen der Militärsatisfaktion hatten die ksl. Ges. zusätzlich in ihrer Erklärung betr. die frz.
Satisfaktion vom [31. August 1646] ( ultima generalis declaratio; Druck: Meiern, APW III
S. 712–718 ) gefordert, daß Schweden und Franzosen ihre Truppen selbst bezahlen sollten.
Dem hatten die frz. Ges. am 13. September widersprochen (vgl. APW II A 4 nr. 344).
Als schwed. Satisfaktion war im IPOk die Belehnung der regierenden Kg.in oder ihres ersten
Nachfolgers sowie der legitimen männlichen Nachfolger von beiden mit dem Hgt. Pommern
und die Überlassung des Est.s Bremen und des Hst.s Verden als geistliche Ft.er vorgesehen.
protestirenden consens wölten sie wol zuwegebringen. Der hertzog in Bayern hette sich
auch schon erclehrt, daß er ihnen nit wölte zuwieder sein. Kayserliche majestätt sein
dominus directus feudorum Imperialium, die könten darüber disponirn pro suprema
authoritate. Ego: Könten aber statum et naturam feudi nit immutirn, sonderlich in
dergleichen fahnenlehen
verordtnung, so dieselbe uber die Pfältzische, ex notorio crimine laesae maiestatis
verfallene lehen gemacht
opponirten sich beede thumbcapitul und die catholische stendte insgesambt. Ille: Es müße
dhahin kommen und dem aufsatz ires instrumenti pacis nachgangen werden, sonsten
kömme man nit zum frieden.
Ego: Wan wirdt dan endtlich daß instrumentum pacis außgeantwortet werden, dhamit
man sich darin ersehen möge, worauf deßen contenta bestehen. Ille: Sopaldt die
Frantzösische gesandten (dern ankhombst sie auf übermorgen erwarteten) wieder würden
hinwegsein. Müsten sich mit denselben zuvorderist darüber unterreden. Fragte weiters,
ob nit auch ire excellentz herr graff von Trautmansdorff wieder anhero kommen würden.
Ego antwortete mit Ja, hielte aber dhafür, daß sie wegen unpäßlichkeit, weiln dieselbe ein
fieber angestoißen, alnoch abgehalten würden, welchs er selbst dhafür gehalten und von
irer excellentz zustandt guten bericht und wißenschafft gehabt.
Eodem hab ich |:die fürstliche Hessen Darmbstättische:| besucht und bey denselben
diese particularia vernhomben, wie nhemblich für weenig stunden der fürstlich Heßen
Caßlischer Scheffer
Reinhard Scheffer (1590–1656); 1617 Rat, 1627 Kriegsrat und Generalkommissar, 1645 ao.
GR , 1653 GR und Regierungspräsident in Marburg; 1640–1641 Ges. auf dem Regensburger
RT , 1644–1649 auf dem WFK ( Strieder XII S. 286–289; ADB XXX S. 682–683 ;
Bettenhäuser S. 133).
vom frieden hetten, ob ihnen bewust, daß zu Münster der friede zwischen den
Kayserischen und Frantzosen geschloßen, wie ihnen selbiger schluß fürkomme, ob sie
vermeinten, daß es friede werden könte. Illi hetten geantwortet, daß ihnen von diesem
werck fürkommen und sich darab erfrewet hetten. Vermeinten, daß nuhmehr am frieden
nit mehr zu zweiflen, weiln ein so guter anfang gemacht worden. Darauf der Scheffer: Es
seie zue Münster alles mit dieser condition, wan auch die Schweedische alhie, sodan sie,
Heßen Caßlische, ire satisfaction haben würden, limitirt
sachen alhie mit denen Schweeden noch in weiten veldt stündten, die Heßen Caßlische
auch noch nit wüsten, waran sie sein, zu geschweigen daß sie ire satisfaction hetten.
Darzu komme noch ein secretum, so die Frantzosen denen Schweedischen, dieselbe aber
ihme, Heßen Caßlischen, communicirt hetten, warauß abzunhemmen, daß auf kheinen
frieden zuzulegen, und seie dieses, daß der könig in Spanien einen edlman mit einem
handtbriefl ahn die königin in Franckreich
der königin, von dem getroffenem heyrath zwischen dem printz in Hispanien und der
Kayserlichen princeßin
Balthasar Karl (1629–1646) und Maria Anna (1635–1696), Tochter Ferdinands III. ( Isen-
burg II Tafel 49; Stammtafeln I Tafel 16). Ihr Heiratsvertrag war am 9. Juli 1646
abgeschlossen worden, doch starb der span. Thronfolger vor der Vermählung ( Mecenseffy,
Wien-Madrid S. 79–80). Das genannte span. Schreiben wurde nicht ermittelt.
diese formalia miteingeführt hette, daß auß solcher heyrathsverfüegung die scheinbarliche
handt Gotts zu erkennen, wie es seiner Göttlichen almacht gefällig, daß ertzhauß
Österreich von newen zu stabilirn, zu verknüpfen und für Untergang zu erretten und zu
erhalten, maßen dan auch selbigs ertzhauß dergestalt under sich verbunden und
verknüpfft seie, daß sichs selbigs weder durch die waaffen, weder durch die tractaten
noch einige andere ursach werde voneinander scheiden laßen, warauß dan (wie der
Schäffer inferirt hette) zu ersehen, daß zwischen Kaißerlicher und königlicher maiestätt in
Spanien wieder müße eine newe bündtnuß sein und also von diesen tractaten khein friede
zu gewarten. |:Darmstadienses:| respondisse, daß es ein hauß und dhahero nit so hoch zu
verdencken seie, daß sich miteinander verbinde, weiln demselben zu diesen zeiten so
starck ahn allen örtern werde zugesetzt. Seie aber nit zu verhoffen, daß solchs ahn der
friedenshandlung verhindernuß geben sölte. Seien doch Schweeden und Frantzosen
verbunden , so nit von einem hauß, warumb solches dan dem ertzhauß solte entwehrt
sein. Man sehe gleichwol, daß beede theil, die Spanische sowol alß die Kayserische,
eifrich die beforderung des friedens suchten. Darauf der Schäffer nur dieses gesagt: Man
solte seiner red gedencken. Es würde khein friedt werden, wan nit Spanien von diesen
tractaten separirt würde. Die tractaten zwischen Spanien und Hollandt hetten sich auch
zerschlagen.
Ego bedanckte mich gegen die herren abgesandten der vertraweten communication
halben und daß den Heßen Caßlischen also wol begegnet hetten. Seie eine ungereimbte
sach, itzo von exclusion der cron Spanien zu reden, dha man schon uber jahr und tag mit
selbigem könig zu Münster in tractatu stündte, ia selbe tractaten schon so weith avancirt
hette, daß etwoh ehender alß man hir würden zum schluß kommen. Deß Heßen
Caßlischen discurs esse passiones animi a pace multum alieni. Deme unangesehen würde
Gott ferners seine gnadt zum lieben frieden verliehen.