Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt

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Es hatt der durchleuchtigste churfürst zu Sachßen in verstatteter geheimen audienz mit
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mehrerm angehört und eingenommen, was bey seiner churfürstlichen durchlaucht der
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Römischen Kayßerlichen Majestät abgeordneter rath und geheimer reichssecretarius,
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herr Wilhelm Schröder von Eschweiler etc., absonderlich über dasienige unvorgreifliche
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und nur vorschlagsweiße auffgesezte memorial, waraus der herr reichsvicecanzler etc.,
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graff Kurz etc., inn seiner iüngsten Kayßerlichen gesantschafft zue Dreßden mit seiner
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churfürstlichen durchlauchtt conferiret

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Vgl. Anm. 11.
, beides mündlich und schrifftlich furbracht und
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auff die darinnen enthaltene puncten allerhöchstgedachter ihrer Kaißerlichen majestät al-
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lergnädigste resolution und gemüthsmeinung eröffnet hat

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Vgl. Anm. 10.
. Wie nun seine churfürstliche
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durchlaucht ganz gerne und erfreulich vermercken, das der ganze scopus solches anbrin-
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gens zue desto ehender erhebung des hochverlangten werthen friedenns und beruhigung
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des Heiligen Römischen Reichs, zueförderst aber ihrer Kayserlichen majestät und seiner
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churfürstlichen durchlauchtt erblande anzielet, also beziehen sie sich, soviel den in be-
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sagtem memorial berurten vorgrieff betrifft, auff ihre dem geheimen reichssecretario in
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dem haubttwercke anizo ertheilthen resolution

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Beilage [1] zu Beilage [2].
und vernehmen aus dero gesantenns
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zue Oßnabrugk neulichst eingesendeten unterthenigsten relation zue ihrem sonderbaren
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trost, das die reassumirten generalfriedenstractaten einen sehr guten progress haben und
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demnach die hofnung zue schöpffen, es werde der grundgütige Gott seine gnad und see-
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gen verleihen, darmit mann ehistes zum erwüntschten ende und schlus kommen und es
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eines und andern ortes ferner kostbaren und gefärlichen kriegspraeparatorien nicht be-
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dürffen müge.

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Den mit der Schweedischen generalität annoch wehrenden stillstandt der waaffen

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Mit dem schwed.-kursächsischen sechsmonatigen Waffenstillstand von Kötzschenbroda
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von 1645 VIII 27[/IX 6] (Text: Londorp V, 1031f.) und dem allgemeinen Waffenstill-
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stand von Eilenburg von 1646 III 31[/IV 10] (Text: Helbig, 283–288) war Kf. Johann
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Georg I. von Sachsen aus dem Krieg ausgeschieden, hatte sich aber gleichzeitig verpflich-
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tet, die schwed. Truppen finanziell zu unterstützen.
anrei-
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chende erinnern sich seine churfürstliche durchlaucht gutermassen, was zwischen ihr und

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hochwolermelten herrn reichsvicecanzlern, graff Kurzen etc., unter vertreulicher confe-
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rentz in selbigem passu furgelauffen. Es haben auch seine churfürstliche durchlaucht
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dem feltmarschalch Wrangel

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Karl Gustav Wrangel (1613–1676); 1646–1648 als Feldmarschall Oberbefehlshaber der
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schwed. Armee im Reich, ferner RR und Generalgouverneur von Pommern ( DBA II
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1430, 386; SBA B-375, 290–369; SMK VIII, 428f.; Steckzén; Losman).
etc. stracks dazumal die verglichenen monatlichen armisti-
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tiengelder abgekündiget und darauff von einer zeit zur andern einer antwort erwartet,
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auff das sie in dem übrigen ihre sachen darnach anstellen und durch alle mittel und wege,
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wie sie vermöchten, ihre ohnedis enervirte lande und unterthanen solcher beschweerli-
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chen last des beytrags entbürden könten. Zue welchem ende dann des herren graff Kur-
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zens vorschlag gewesen, das seine churfürstliche durchlaucht vermittelst ihrer Keyßerli-
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chen majestät hülffe unnd darreichung einer ergiebigen summen geldes dero regiementere
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noch vor angehendem feltzuge zu verstärcken, sich gegen die reichsfeinde desto mehr
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considerabel zue machen und alßdann mitt absagung des stillstandes eine resolution zu
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ergreiffen hetten. Aniezo ersehen seine churfürstliche durchlaucht, das allerhöchsterwente
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Keyßerliche majestät das quantum solcher recruitengelder nur auff funffzigtausent reichs-
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gülden benennen, und zwar eher nicht, als bis die völlige auffhebung des armisti[ti]i ge-
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wiß sey, erlegen zue lassen allergnädigst gewillet. Wenn nun seine churfürstliche durch-
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laucht dargegen erwägen, das 1. von der Schwedischen generalität auff die abkündigung
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der monatsgeldere noch keine erklärung, wessen man sich hierinnen und sonst eigentlich
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zu versehen, erfolget, 2. die allergnädigste offerirte post geldes zur neuen werbung oder
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verstärckunge sowol anderen zuegehörigen kriegsrequisiten nicht weit zuereichende, die-
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selbige auch 3. erst gefallen sollen, wenn mann der völcker (welche zuvorher darvon zue
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werben seindt) entweder offensive oder defensive gegen den feindt schon würcklich be-
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nötiget, 4. die campagne, so ihre Keyßerliche mayestät etwa gegen Ostern hin vermuthe-
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ten, durch den Schwedischen auffbruch bereits ihren anfang geewonnen

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Frz. Truppen waren 1648 II 6, 7 bei Lohr (Kft. Mainz) über den Main gegangen und
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näherten sich schwed. Einheiten, die schon seit Januar in einer Offensivbewegung in Rich-
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tung Süden gegen die ksl. Armee operiert hatten (vgl. Höfer, 148–158).
, 5. ihre Keyßer-
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liche majestät sambt der Churbeyerischen armaden sich dannenhero gleichfals zue movi-
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ren und von diesem churfürstenthumb und landen zu entfernen veranlasset worden, dar-
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durch nicht allein 6. die Schwedische starcke besazungen inn der nähe wiederumb
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auszuestreiffen lufft erlanget, sondern auch 7. die armada, wenn sie das geringste wegen
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auffhabung des stillstandes vermercken solte, bey iziger motion und marche wol ihr erstes
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absehen auff dieße lande richten, dieselbige vor anlangung eines gnugsamen succursus
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totaliter ruiniren oder sedem belli gar hereinspielen dürffte und als〈o〉 8. gegen die zeit
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zue halten, da die conferenz mitt herren graff Kurzen etc. furgangen, ingleichen als des
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geheimen reichssecretarii Schröders abordnung geschehen, sich der status in vielen dingen
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geändert, furnemlich aber 9., wie obgedacht, von Oßnabrug zum ehisten friedensschluß
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gute hoffnung erscheinet, so können seine churfürstliche durchlaucht die grosse gefahr
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und unheil ihrer und ihrer lande nicht gnugsamb ausdencken, welche sie ihr und ihnen
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bey izigem zuestande und früezeitigem feltzuge aus etwa allzu geschwinder übereilung
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zueziehen und auff den halß welzen würden. Leben auch der unterthenigsten gewissen
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zuversichten, ihre Keyßerliche maiestät werden die angefürten wichtigen obstacula dero
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hocherleuchtetem Keyßerlichen verstande nach allergnädigst consideriren und sie selbst
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dermassen erheblich befinden, das seine churfürstliche durchlaucht hohe ursach haben,
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vor allen dingen des feltmarschalchs Wrangels nicht ohne besonders nachdencken bishero
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so lang zuerückgebliebene antwort (darümb noch vor wenig tagen anderweite erinnerung
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geschehen) erwarten und nebenst ihrer Keyßerlichen majestät allergnädigst anerbotenen,
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iedoch in einer austräglichern summa solchenfalls verhoffenden gelthülffe, [ sich] auff alle

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mügliche wege in eine bessere verfassung und postur stellen und alßdan den intendirten
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friedenszweck (dafern der gewüntschte schlus inzwischen nicht erfolgen solte) mit meh-
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rern kräfften und nachtruck ihresortes befördern helffen.

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