Acta Pacis Westphalicae III A 3,3 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 3. Teil: 1646 / Maria-Elisabeth Brunert
2. Das Fürstenratsbedenken vom 27. April 1646
Analog zum Beratungsverlauf bestand das
Bedenken des Fürstenrats aus zwei Teilen: der Correlation zu Klasse I und der Correlation zu Klasse II bis IV der Repliken
Siehe Nr. 121 bei Anm. 2.
. Beide enthielten die Stellungnahmen zu den Punk-ten, in denen die Friedensvorschläge des Kaisers einerseits und Schwedens und Frankreichs andererseits voneinander abwichen oder die eine Seite Formulierungen der anderen geändert oder gestrichen haben wollte
Dabei ging es konkret um die schwed. und frz. Proposition II von 1645 VI 11, die dazu Stellung nehmenden ksl. Responsionen von 1645 IX 25 und die Repliken Frk.s und Schwedens von 1646 I 7 (s.
[Nr. 95 Anm. 3] , 7, 8 und 9).
. Der erste Punkt der Correlation zu Klasse I betraf die schwedische Behaup-tung, nicht gegen das Reich Krieg geführt zu haben, konkret die schwe-dische Forderung nach Auslassung der Worte
in Imperium in der kaiserli-chen Responsion
Siehe dazu Nr. 97 bei Anm. 8.
. Fürstenrat und Städterat schlugen vor, die Worte zur Vermeidung einer Diskussion über die Kriegsgründe auszulassen (zu
dis-simulieren)
Correlation des
FR
zu Klasse I der Repliken (
Meiern II, 510
, zweiter Absatz, beginnend
Solchemnach); Correlation des SR, Ad prooemium (
ebenda, 947, erster Absatz, begin-nend
So viel).
Dissimulieren bezeichnet das Ausklammern von unlösbar erscheinenden Fragen und damit eine in der Frühen Neuzeit typische Form des politischen Kompromis-ses, s. dazu
Kaiser, 292 (mit Angaben zur älteren Literatur).
. Der Kurfürstenrat empfahl, zur Vermeidung neuer Diskus-sionen
in Germaniam statt
in Imperium zu setzen
Relation des KFR, Klasse III (
Meiern
II, 926f
, letzter/erster Absatz, beginnend Bey der 2)
).
. Der zweite Punkt der Correlation des Fürstenrats betraf die schwedische Forderung, daß Spanien nicht auf der Seite des Kaisers als Kriegsgegner Schwedens genannt werden solle
Siehe Nr. 97 bei Anm. 34. Correlation des
FR
zu Klasse I der Repliken (
Meiern
II, 510
, letzter Absatz, beginnend Fuer das Andere
).
. Hier befand der Fürstenrat, daß die Klärung dieser Frage Schwe-den und Spanien überlassen werden könne. Der Kurfürstenrat empfahl, der Kaiser solle von Schweden und Frankreich eine Erläuterung fordern, da sich beide in diesem Punkt uneins seien; im übrigen könne Spanien vom Frieden nicht ausgeschlossen werden
Relation des KFR, Klasse III (
Meiern
II, 927
, zweiter Absatz, beginnend Belangend die Cron
).
. Der Städterat hat sich zu der schwedischen Forderung nicht geäußert. Das Schönebecker Projekt von 1635, das Schweden offiziell nicht anerkannte, solle der Kaiser, so empfahl der Fürstenrat, nicht erwähnen, da es keine Verbindlichkeit habe. Ähnlich, aber weniger definitiv, formulierte der Städterat, während der Kurfürsten-rat darauf verwies, daß Schweden das Projekt selbst in seiner Proposition II
[p. LXXXVIII]
[scan. 88]
erwähnt habe
Correlation des
FR
zu Klasse I (
Meiern II, 511
, erster Absatz, beginnend
Drittens be-gehren); Correlation des SR (
ebenda, 948, erster Absatz, beginnend
Was ferners). Rela-tion des KFR, Klasse I (
ebenda, 916, zweitletzter Absatz, beginnend
Und haben). Im
FRO
hatte der Österreichische Direktor ebenso argumentiert (Nr. 97 bei Anm. 41). Zu den Schönebecker Verhandlungen s.
[Nr. 97 Anm. 42] ; zu den Gründen, warum die mei-sten Evangelischen eine Bezugnahme darauf ablehnten, s.
APW III A 3/2, 7 Z. 11–23. Der SR hat sich in seiner Meinung über das Projekt an den
FRO
angepaßt (
APW III A 6, 74 Z. 2–6).
. Der Fürstenrat empfahl dem Kaiser, der französischen Forderung nach Geleitbriefen für die portugiesischen Gesandten nicht stattzugeben; falls aber Frankreich deshalb die Friedensverhandlungen verzögere, solle nach einem Weg gesucht werden, wie Frankreich ohne Ein-mischung dieses Streits in die Reichsangelegenheiten zufriedengestellt wer-den könne. Der Kurfürstenrat lehnte die französische Forderung ab und überließ die Entscheidung dem Kaiser und Spanien, während sich die Reichsstädte mit dem Rat begnügten, daß die Hauptverhandlungen wegen dieser Forderung nicht verzögert werden dürften
Correlation des
FR
zu Klasse I (
Meiern
II, 511
, zweiter Absatz, beginnend Gleicher-gestallt
); Relation des
KFR
(
ebenda,
914, zweiter Absatz, beginnend Und erfreuet
). Zu den Beratungen im
FRO
s. Nr. 100.
. In der Frage der Amnestie riet der Fürstenrat dem Kaiser mehrheitlich, es bei der im Okto-ber 1645 in Kraft gesetzten Regensburger Amnestie von 1641 mit den Stich-jahren 1630 bzw. 1627 zu belassen
Correlatio des
FR
zu Klasse I (
Meiern II, 511
, dritter Absatz, beginnend
Hierauf ist). Zur Inkraftsetzung der Regensburger Amnestie s. oben S. LXVIII.
. Im Anschluß an die Argumente für diese Regelung, die im wesentlichen dem zweiten Correlationsentwurf vom 10. März entsprechen, verzeichnet die Correlation die abweichende Meinung der Evangelischen, die 1618 als Stichjahr empfahlen; diese Darle-gungen stimmen im Kern mit dem Magdeburger Votum zu Amnestie und Restitution vom 8. Februar und genauer mit dem am 10. März 1646 im Fürstenrat Osnabrück verlesenen
Votum commune der evangelischen Reichsstände über Amnestie und Restitution überein
Correlatio des
FR
zu Klasse I (
Meiern II, 513
, letzter Absatz, beginnend
Hingegen sind); Magdeburger Votum vom 8. Februar: s. S. 59–63; zweiter Correlationsentwurf Richtersbergers vom 10. März: s. S. 231–237; zum
Votum commune s. Nr. 111 bei Anm. 45.
. Die Mehrheits-meinung des Fürstenrats zur Amnestie entsprach jener des Kurfürstenrats, während sich Kurbrandenburg, wie die evangelischen Fürstenratsmitglie-der, für eine Amnestie mit dem Stichjahr 1618 aussprach. Ebenso empfahl der evangelische Teil des Städterats eine solche Amnestie. Der katholische hingegen legte die Gründe dar, die gegen diesen Terminus a quo sprächen, und setzte sich für 1630 als Stichjahr ein
Relation des KFR, Klasse I,1 (
Meiern II, 915
–918). Abweichende „Meinungen“ Kur-brandenburgs sind in beigelegten Voten verzeichnet. Zur Beilage dieser Voten (statt der geforderten Einfügung) s. oben Anm. 246; zum kurbg. Votum zur Amnestie s.
[Nr. 119 Anm. 29] . „Meinung“ der ev. Mitglieder des SR: s. Correlation des SR, Klasse I,1 (
Mei-ern II, 948–952), „Meinung“ der kath. Mitglieder des SR:
ebenda, 952f.
. In der Amnestiefrage gaben
[p. LXXXIX]
[scan. 89]
also alle drei Kurien nach konfessionellen Gesichtspunkten ein geteiltes Ur-teil ab. Diese Frage entzweite die Reichsstände stärker als jede andere.
Zu den Privilegien und Rechten der Reichsstände hatte Schweden Aufklä-rung über eine Klausel gefordert, welche die in der kaiserlichen Respon-sion aufgezählten reichsständischen Rechte dahin beschränkte, daß alles
iuxta morem ab antiquo in Imperio receptum zu verstehen sei. Schweden hatte die rhetorische Frage gestellt, ob sich dies bis auf die Zeit des Kaisers Tiberius erstrecke. Der Fürstenrat ignorierte den ironischen Unterton und riet dem Kaiser zu der Antwort, daß sich die Klausel auf den neuzeitlichen Zustand des Reiches und dessen Fundamentalgesetze beziehe, empfahl aber ihre Auslassung, falls sie Verzögerungen verursache
Zu der Vorbehaltsklausel s. Nr. 99 bei Anm. 6 und dazu
Dickmann,
Frieden, 326; Cor-relation des
FR
zu Klasse I (
Meiern
II, 517f
, letzter/erster Absatz, beginnend Was fer-ner
).
. Der Kurfür-stenrat ging auf die eigentliche Intention der Schweden ein und nahm zu der Frage Stellung, ob und wie die kaiserlichen Reservatrechte und/oder die Rechte der Kurfürsten genannt werden sollten. Er befand, daß am be-sten beides zu umgehen sei; gegebenenfalls solle erläutert werden, daß dem Kaiser alle Hoheitsrechte zustünden, an denen die Reichsstände nicht kraft Wahlkapitulation, Goldener Bulle und den Reichsgrundgesetzen partizipierten. Daraus spricht die auch vom Kaiser geteilte Auffassung, daß ursprünglich alle Hoheitsrechte dem Kaiser zukamen, der die Reichs-stände an bestimmten partizipieren ließ
Relation des KFR, Klasse I,2 (
Meiern
II, 919
, zweiter Absatz, beginnend Bey dem 2) Puncte
). Näher dazu
Dickmann,
Frieden, 326.
. Der Städterat zählte die in der kaiserlichen Responsion genannten Rechte der Reichsstände auf, verwan-delte aber die Vorbehaltsklausel in die Aussage, daß die Partizipation der Reichsstände an diesen Rechten ohnehin den Reichsgrundgesetzen und dem Herkommen entspreche. Außerdem hat der Städterat Änderungen an der kaiserlichen Aufzählung der Rechte vorgenommen, indem einige spezifiziert bzw. ergänzt wurden. Die Reichsstädte baten um eine Enume-ration der Rechte im Friedensvertrag
Correlation des SR, Klasse I,2 (
Meiern II, 954
, Ende des ersten Absatzes, beginnend
Auf die beym). – Die ksl. Responsion an Schweden spricht von Krieg oder Rüstung zum Krieg (zu Art. 5,
Meiern I, 620
), die Correlation des SR von Musterplätzen, Einquartierungen, Besatzungen und Erbauung neuer Befestigungen in den Territorien der Reichsstände.
.
Der Fürstenrat hat nachträglich noch einmal zu den Reichsrechten Stel-lung genommen und in Korrektur seines ursprünglichen Beratungsergeb-nisses mehrheitlich beschlossen, daß die kaiserliche Vorbehaltsklausel ganz ausgelassen und nur die Aufzählung der reichsständischen Rechte stehen-bleiben solle. Auch der Fürstenrat hat nun bei deren Wiedergabe in seiner Correlation Änderungen vorgenommen, indem er zusätzlich Werbung und Einquartierung, Befestigung oder Besetzung in den Territorien der Reichsstände als Aufgaben nannte, über die der Reichstag entscheiden sol-le; am Ende der Aufzählung nannte er summarisch
andere Negotia glei-
[p. XC]
[scan. 90]
cher
Natur und Eigenschafft Eine Minderheit empfahl hingegen, die Vor-behaltsklausel unverändert stehenzulassen
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern II, 899
f, letzter/erster Absatz, begin-nend
Ferners haben). Der
FRO
beriet nach vorangegangener Behandlung dieses Punkts im
FRM
in der letzten Sitzung vor der Re- und Correlation über die Vorbehaltsklausel (s. Nr. 118 bei Anm. 5).
.
Beim Bündnisrecht der Reichsstände solle, so empfahl der Fürstenrat, die von den Schweden angegriffene Klausel
contra Imperatorem et Imperium stehenbleiben. Sie ließ Bündnisse der Reichsstände mit auswärtigen Mäch-ten nur dann zu, wenn sie sich nicht gegen Kaiser und Reich richteten. Auch die Mehrheit der Kurfürsten und die Reichsstädte sprachen sich für die Beibehaltung der Klausel aus. Kurbrandenburg allerdings wollte Vor-sorge für den Fall getroffen wissen, daß der Kaiser und das Haus Öster-reich gegen das Reich Krieg führten. Eine solche Unterscheidung zwischen Kaiser und Reich hatte Schweden mit der Forderung angeregt, daß Bünd-nisse gegen den Kaiser zuzulassen seien, falls dieser gegen die Reichs-grundgesetze verstoße
Zu der Klausel s. Nr. 99 bei Anm. 7; s. dort S. 79 Z. 23–30 die Argumentation gegen den schwed. Vorschlag nach Unterscheidung zwischen Ks. und Reich und dazu
Dickmann, Frieden, 328. Correlation des
FR
zu Klasse I (
Meiern II, 517
f, hier 517, letzter/erster Absatz, beginnend
Was ferner); Relation des KFR, Klasse I,2 (
Meiern II, 919
, letzter Absatz, beginnend
Betreffend den); Correlation des SR, Klasse I,2 (
Meiern II, 955
, letz-ter Absatz, beginnend
Kuenftige); zum kurbg. Votum zum reichsständischen Bündnis-recht s.
[Nr. 119 Anm. 33] .
. Der Fürstenrat trat ferner für Gültigkeit und Bestand der Erbverbrüderung zwischen den kurfürstlichen und fürstlichen Häusern Sachsen, Brandenburg und Hessen ein, während der Städterat nur allgemein von der Erhaltung der Erbvereinigungen
(pacta gentilitia) sprach und der Kurfürstenrat darüber nichts sagte
Correlation des
FR
zu Klasse I (wie vorige Anm.); Correlation des SR, Klasse I,2 (wie vorige Anm.).
. Zu der Frage der französischen Replik, ob das Reich ohne Einschluß Spaniens mit Frank-reich Frieden schließen wolle, befand der Fürstenrat einstimmig, daß die Beantwortung zu verschieben sei, bis andere, das Römische Reich betref-fende Probleme gelöst seien; wenn Frankreich aber die Friedensverhand-lungen deshalb verzögere, sei der Friede im
Vaterland Deutscher Nation deswegen nicht aufzuhalten; sinngemäß ebenso votierte der Städterat
Correlation des
FR
zu Klasse I (
Meiern II, 518
, zweiter Absatz, beginnend
Und dem-nach). Zur Beratung über diese Frage im
FRO
s. Nr. 101. – Correlation des SR, Klasse III (
Meiern II, 961
, zweiter Absatz, beginnend
Daß sonst). Zur Meinung des
KFR
s. oben bei Anm. 275.
.
Zu der französischen Forderung, Herzog Karl von Lothringen nicht zu den Friedensverhandlungen zuzulassen, riet der Fürstenrat, daß sich die kaiserlichen Gesandten weiterhin um die Erteilung der Geleitbriefe be-mühen sollten, doch ohne dadurch die Friedensverhandlungen zu ver-zögern. Er nahm damit eine mittlere Position ein, denn der Kurfürstenrat befand, daß die Geleitbriefe erteilt werden müßten, während sich der
[p. XCI]
[scan. 91]
Städterat mit der Feststellung begnügte, daß die Friedensverhandlungen deshalb nicht verschleppt oder gehindert werden sollten
Correlation des
FR
zu Klasse I (
Meiern
II, 518f
, letzter/erster Absatz, beginnend Was ferner
); Relation des
KFR
(
Meiern
II, 914f
, letzter/erster Absatz, beginnend Betreffend aber
); Correlation des SR, Ad Prooemium (
Meiern
II, 947
, letzter Absatz, beginnend Und erfreuet
). Zur Beratung über diese Frage im
FRO
s. Nr. 101.
. Frankreich hatte in der Proposition II vom 11. Juni 1645 gefordert, daß zu Lebzeiten eines Kaisers kein Römischer König gewählt werden dürfe; die Replik vom 7. Januar 1646 hatte dies noch zu der Forderung zugespitzt, daß kein Mit-glied aus der Familie des Kaisers zum Römischen König gewählt werden dürfe. Darin sah der Fürstenrat einen Verstoß gegen die Goldene Bulle und die Wahlfreiheit der Kurfürsten und meinte zuversichtlich, daß Frankreich von dieser Forderung zurücktreten werde. Eine namentlich aufgeführte Mehrheit der protestantischen Fürstenratsmitglieder riet hin-gegen, der Kaiser möge Frankreich als Kompromiß vorschlagen, daß künf-tig immer ein Reichstag die Frage prüfen werde, ob eine Römische Königs-wahl vorzunehmen sei
Correlation des
FR
zu Klasse I (
Meiern II, 519
, zweiter Absatz, beginnend
Endlichen hat; namentlich genannt sind Pfalz-Lautem, Pfalz-Simmern, Pfalz-Zweibrücken, Mag-deburg, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Eisenach, Braunschweig [gemeint sind die drei braunschweigischen Fürstentümer Celle, Grubenha-gen und Calenberg], Mecklenburg [gemeint sind Mecklenburg-Schwerin und Mecklen-burg-Güstrow], Hessen [gemeint sind Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt], Baden-Durlach, Sachsen-Lauenburg, Anhalt). – Hintergrund war die Absicht, dem
FR
eine Be-teiligung an der Röm. Kg.swahl zu verschaffen. Zu den Beratungen im
FRO
s. Nr. 103 und 108.
. Der Kurfürstenrat befand wie die Mehrheit des Fürstenrats, daß die französischen Forderungen dem Reichsrecht wider-sprächen und daher abzulehnen seien. Der Städterat kam Frankreich et-was entgegen, indem er empfahl, nur vacante Imperio einen Römischen König zu wählen, es sei denn, das allgemeine Wohl oder die Not des Rei-ches machten eine Ausnahme nötig
Relation des KFR, Klasse I,2 (
Meiern II, 920
, zweiter Absatz, beginnend
Was 4)). Cor-relation des SR, Klasse I (
Meiern II, 954
f, letzter/erster Absatz, beginnend
Und gleich-wie). Das Kurmainzer Direktorium stellte die (ev.) Fürstenratmitglieder und den SR bei der Re- und Correlation wegen der Vorschläge zur Röm. Kg.swahl zur Rede (s. Nr. 120 bei Anm. 33). Der Kurmainzer Deputierte kritisierte den
FR
bei Übergabe der Reichs-bedenken an die Ksl. (s. Nr. 121 bei Anm. 11).
. Eine Hebung des Handels werde sich, so befand der Fürstenrat, durch den Friedensschluß von selbst einstel-len. Er sprach sich für die Abschaffung der während des Krieges einge-führten Zölle und Zollerhöhungen aus und verwies unter dem Vorbehalt, daß die Friedensverhandlungen dadurch nicht verzögert würden, auf das Gutachten der Reichs- und Hansestädte. Der Kurfürstenrat empfahl ähn-lich, aber detaillierter, daß alle ohne Zustimmung des Kaisers und der Kurfürsten neu erhobenen oder erhöhten Zölle abgeschafft werden sollten und im übrigen das Gutachten der Hanse- und Reichsstädte abzuwarten sei. Der Städterat begnügte sich mit einem Verweis auf ein Memorial der
[p. XCII]
[scan. 92]
Reichs- und Hansestädte, das bereits den kaiserlichen und königlichen Ge-sandten übergeben worden sei
Correlation des
FR
zu Klasse I (
Meiern II, 520
, zweiter Absatz, beginnend
Das 4. Mem-brum); Relation des KFR, Klasse I,4 (
ebenda, 920, letzter Absatz, beginnend
Betreffend schließlich); Correlation des SR, Klasse I,4 (
ebenda, 958). Zu den Beratungen des
FRO
über den Handel s. Nr. 105. Das Memorial der Reichs- und Hansestädte über den Han-del wurde bei der Re- und Correlation am 27. April 1646 erwähnt, aber nicht abgelesen (s. Nr. 120 bei Anm. 16).
.
Die Correlation des Fürstenrats zu Klasse II bis IV der Repliken beginnt mit einer Stellungnahme zu den französischen Satisfaktionsforderungen. Der Fürstenrat empfahl, der Kaiser solle das Angebot einer Abtretung der drei lothringischen „Bistümer“ und Reichsstädte Metz, Toul und Verdun sowie der Festungen Pinerolo und Moyenvic unter Vorbehalt der Rechte und Privilegien aller davon betroffenen Reichsstände und Institutionen wiederholen und Fürsten und Stände über die Verhandlungen informieren und ihr Gutachten und ihre Ratifikation einholen. Ein Teil des Fürstenrats befand, der Kaiser solle, falls Frankreich mit diesem Angebot nicht zufrie-den sei, die Verhandlungen mit Befragung der Betroffenen fortsetzen; ein Teil aber meinte, der Kaiser solle nicht über das Angebot hinausgehen. Österreich
und andere machten zur Bedingung, daß die von den französi-schen Satisfaktionsforderungen betroffenen, noch minderjährigen Erzher-zöge Ferdinand Karl und Sigismund Franz aus der Innsbrucker Linie des Hauses Habsburg sowie die Hochstifte unter den Satisfaktionsforderungen Frankreichs nicht leiden dürften
. Zu den schwedischen Satisfaktionsfor-derungen befand die Mehrheit des Fürstenrats, daß zunächst versucht wer-den solle, Schweden mit Geld abzufinden. Falls das nicht gelinge, sollten die kaiserlichen Gesandten die Verhandlungen mit Befragung und Zuziehung der Betroffenen zu einem möglichst wenig nachteiligen Ergebnis führen und Fürsten und Stände über den Verhandlungsstand zur weiteren Bera-tung und Billigung informieren. Da Schweden hauptsächlich eine Lösung der inneren Probleme im Reich fordere, sollten sie die Fortsetzung dieser (das heißt der Gravamina-)Verhandlungen forcieren. Pommern-Stettin und Pommern-Wolgast sowie Brandenburg-Kulmbach und Brandenburg-Ansbach führten in einem beiliegenden Votum die Gründe auf, warum der Kurfürst von Brandenburg der schwedischen Forderung nach Pommern seine Zustimmung verweigere. Salzburg, Deutschmeister und namentlich nicht genannte weitere Reichsstände baten die kaiserlichen Gesandten, Schweden von seinen Forderungen abzubringen
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern II, 895
f). Zu den Beratungen des
FRO
über die schwed. Satisfaktion s. Nr. 112 und das Votum Pommern-Stettins und -Wolgasts in Nr. 113, zu den schwed. Satisfaktionsforderungen s.
[Nr. 112 Anm. 7] , zum pommer-schen und fürstlich bg. Votum s.
[Nr. 118 Anm. 35] .
. Dagegen legte der
[p. XCIII]
[scan. 93]
Kurfürstenrat den Schwerpunkt seiner Stellungnahme auf die Argumente, mit denen die Kaiserlichen den schwedischen und französischen Satisfakti-onsforderungen begegnen sollten. Falls diese nichts fruchteten, solle nach Information der Reichsstände eilends, noch vor dem Sommerfeldzug, über die Forderungen Schwedens und Frankreichs verhandelt werden. Kurbran-denburg sprach sich dafür aus, daß die kaiserlichen Gesandten so schnell wie möglich mit Frankreich weiter verhandeln sollten, da sich die Franzo-sen nicht mit Metz, Toul und Verdun zufriedengeben würden. Zur schwe-dischen Satisfaktionsforderung nach Pommern führte Kurbrandenburg die Gründe auf, warum Kurfürst Friedrich Wilhelm seine Zustimmung ver-weigere. Der Städterat entwickelte die detailliertesten Vorstellungen über die für sicher gehaltenen territorialen Abtretungen und befand, die kaiser-lichen Gesandten sollten die schon begonnenen Verhandlungen mit Frank-reich und Schweden wieder aufnehmen und unter Zuziehung der Betroffe-nen zu einem Ergebnis führen, das die wenigsten Nachteile habe. Dabei sollten sie die Reichsstände laufend über die Verhandlungen informieren und ihr Gutachten einholen. Mögliche Abtretungen sollten vom Reich zu Lehen genommen werden und allen früheren Besitzern ihre Güter in den abgetretenen Landen restituiert werden
Relation des KFR, Klasse II (
Meiern II, 921
–924); zum kurbg. Sondervotum zur Satis-faktion der Kronen s.
[Nr. 119 Anm. 35] . Correlation des SR, Klasse II (
ebenda, 958ff).
. Zu den Forderungen Hessen-Kassels empfahl der Fürstenrat, daß die verlangte Amnestie und Restitution zu den allgemeinen Verhandlungen über die Amnestie und die Frage des Einschlusses der Reformierten in den Religionsfrieden zu den Gravamina-verhandlungen gehöre. Ferner sollten die von Kurmainz 1638 bis 1639 in kaiserlichem Auftrag mit Hessen-Kassel geführten Verhandlungen wieder-aufgenommen werden. Die verlangte Bestätigung der Erbverbrüderung zwischen den kur- und fürstlichen Häusern Sachsen, Brandenburg und Hessen, der Primogenitur und anderer Familienstatuten solle gewährt wer-den. Der Marburger Erbfolgestreit sei durch die Vermittlung Herzog Chri-stian Ludwigs von Braunschweig-Lüneburg-Calenberg beizulegen und bei einem Mißerfolg seiner Bemühungen auf dem Westfälischen Friedenskon-greß, doch ohne Beeinträchtigung der allgemeinen Verhandlungen, zu schlichten; dazu verwies der Fürstenrat auf ein beigelegtes hessen-darm-städtisches Votum, zu dem sich Hessen-Kassel eine Stellungnahme vor-behielt. Aus Mangel an Information konnte der Fürstenrat zu den Diffe-renzen zwischen Hessen-Kassel und Waldeck nicht Stellung nehmen. Zu den Satisfaktionsforderungen Hessen-Kassels führte er Argumente an, wel-che die Landgräfin zu einem Verzicht auf ihre Forderungen veranlassen sollten; dazu verwies er auf drei beigelegte Voten der Hochstifte Hildes-heim und Münster und der Fürstabtei Fulda
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern II, 896
f). Zu den Beratungen des
FRO
über die Forderungen Hessen-Kassels s. Nr. 114; zu den sechsgliedrigen hessen-kasselschen
Gra-vamina und Postulata s. S. 321f, zu den Sondervoten der Hst.e
[Nr. 118 Anm. 35] .
. Die Mehrheit des Kurfür-
[p. XCIV]
[scan. 94]
stenrats stimmte damit im Prinzip überein, doch gaben die Kurfürsten – trotz eingestandenen Informationsmangels – ihrer Hoffnung Ausdruck, daß die Grafen von Waldeck auf ihre Forderungen gegenüber Hessen-Kas-sel verzichten würden. Deutlicher als die Fürsten tadelte der Kurfürstenrat die hessen-kasselschen Satisfaktionsforderungen und verlangte von der Landgräfin, die besetzten Lande und Orte zu restituieren. Kurbranden-burg legte ein Gutachten mit positiver Tendenz für Hessen-Kassel vor und empfahl, daß es über die Frage des Einschlusses der Reformierten in den Religionsfrieden keine Diskussion und keinen Verweis auf die Gravamina-verhandlungen geben dürfe; daß Hessen-Kassel im Marburger Erbschafts-streit seinen eigenen Angaben zufolge Unrecht geschehen und daß zu über-legen sei, ob seinen Satisfaktionsforderungen um des Friedens halber nach-gegeben werden solle. Der Städterat äußerte nur die Hoffnung, daß Hes-sen-Kassel freiwillig von seinen Forderungen zurücktreten werde
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern
II, 896
); Relation des KFR, Klasse II,1 (
ebenda,
924f); zu den drei kurbg. Voten s.
[Nr. 119 Anm. 36] ; Correlation des SR, Klasse II (
ebenda,
960, zweiter Absatz, beginnend Was der verwittibten
).
. Zu der von Schweden für beide Kronen geforderten Militärsatisfaktion befand der Fürstenrat, daß die kaiserlichen Gesandten Schweden und Frankreich argumentativ zur Preisgabe ihrer Forderungen veranlassen möchten, wäh-rend sich der Kurfürstenrat auf die allgemeine Bemerkung beschränkte, daß sich nach seiner Erwartung die übrigen Fragen im Zuge der Verhand-lungen über die Territorialsatisfaktion mit erledigen würden. Derselben Meinung war, mit eingehenderer Begründung, der Städterat
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern
II, 897
, vierter Absatz, beginnend In-gleichen werden
). Zu den Beratungen des
FRO
über die Militärsatisfaktion s. Nr. 114. Schweden hatte am 11. Juni 1645 Militärsatisfaktion für beide Kronen gefordert (s.
[Nr. 114 Anm. 5] ). Relation des KFR, Klasse II,1 (
Meiern
II, 923f
, letzter/erster Absatz, be-ginnend Welches alles zwar
); Correlation des SR, Klasse II (
ebenda,
960, dritter Absatz, beginnend Sodann ferners
).
.
Zu den in Klasse III zusammengefaßten Auffassungen über die Wieder-herstellung und Sicherung des Friedens befand der Fürstenrat mehrheit-lich, daß die gegenseitige Erklärung, die den Kaiser zum Verzicht auf eine Assistenz Spaniens in einem künftigen spanisch-französischen Kon-flikt und Frankreich zu einem künftigen Verzicht auf eine Assistenz Schwedens in einem künftigen Konflikt zwischen Schweden und dem Reich verpflichtete, stehenbleiben solle und dem Kaiser nicht verwehrt werden könne, Spanien als Erzherzog von Österreich Beistand zu leisten. Die evangelische Minderheit hingegen war der Ansicht, daß Frankreich sich nicht zu einem Verzicht auf eine Beistandserklärung für Schweden zu verpflichten brauche und daß die Vorbehaltsklausel, die dem Kaiser doch eine Hilfeleistung für Spanien ermögliche, ausgelassen und statt des-sen eine Klausel eingefügt werden solle, die bei einer Hilfeleistung des Hauses Österreich für Spanien Schaden für das Römische Reich ausschlie-ße. Außerdem solle bei Friedensschluß der von Magdeburg eingereichte
[p. XCV]
[scan. 95]
Schriftsatz zur Friedensgarantie berücksichtigt werden. Der Städterat und die Mehrheit des Kurfürstenrats empfahlen sinngemäß entsprechend wie die Mehrheit des Fürstenrats, während Kurbrandenburg der Mei-nung war, daß Frankreich sich nicht zu einem Assistenzverzicht für Schweden zu verpflichten brauche, doch daß diese Frage bis zum Ende der Verhandlungen ausgesetzt werden könne
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern
II, 897
, zweitletzter Absatz, beginnend Nachdem man
); Relation des KFR, Klasse III,1 (
ebenda,
927, dritter Absatz, beginnend Daß der Cron
); Correlation des SR, Klasse III (
ebenda,
961, erster Absatz, beginnend Bey der dritten
); zum kurbg. Votum zur Friedensgarantie s.
[Nr. 119 Anm. 37] , zum Schriftsatz des
CE
zur Friedensgarantie
[Nr. 115 Anm. 4] und oben bei Anm. 85.
. Ferner rieten alle drei Reichskurien, zwei Wendungen, die Schweden für mißverständlich hielt, auszulassen
Gemeint sind die Worte praetextu ex hoc bello
und occasione huius belli,
s. Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern
II, 897
, letzter Absatz, beginnend Dieweil die
); Relation des KFR, Klasse III,1 (
ebenda,
927, dritter Absatz, beginnend Daß der Cron
); Correlation des SR, Klasse III (
ebenda,
962, erster Absatz, beginnend Und ob wohl
). Zur Beratung darüber im
FRO
s. Nr. 115, zweite Umfrage.
. Zur Sicherheit des Friedens und speziell zu der von Frankreich und Schweden vorgeschlagenen Liga gegen Friedensstörer gab der Fürstenrat keine einheitliche Stellungnahme ab. Der Fürstenrat Münster hatte eine solche Liga abgelehnt, da die Reichssatzungen bei Friedensbruch eines Reichsstandes hinreichende Verfahren vorsähen. Bei Konflikten zwischen Kaiser und Reich einerseits und auswärtigen Mäch-ten andererseits sei der Reichstag die zuständige Institution, eine Sonder-liga zur Friedenssicherung sei also überflüssig. Der Fürstenrat Osnabrück hatte vorausgesetzt, daß Frankreich und Schweden auf dem Abschluß einer Liga beharren würden. Er riet den kaiserlichen Gesandten, sich mit beiden Mächten über Zeit und Verfahrensweise einer gütlichen Eini-gung zu verständigen, die vor einem militärischen Eingreifen vorzusehen seien
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern II, 898
, zweiter Absatz, beginnend
Daß aber). Zu den Beratungen des
FRO
über eine Liga zur Friedensgarantie s. Nr. 115, zu den frz. Ligaplänen
Tischer, 292.
. Die Mehrheit des Kurfürstenrats hielt eine Liga zur Friedens-garantie bei (der anscheinend als gegeben angesehenen) Einbeziehung der Reichsstände in den Frieden nicht für ratsam, da die Reichssatzungen Verfahren bei Konflikten zwischen den Reichsständen enthielten und die Erfahrung gezeigt habe, daß die Einmischung fremder Mächte proble-matisch sei. Sie empfahl deshalb ausdrücklich, der Kaiser solle Frankreich und Schweden ersuchen, sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Reiches zu mischen. Der Zeitraum, der vor einem militärischen Eingrei-fen zur gütlichen oder rechtlichen Einigung zur Verfügung stehen solle, könne, anders als Schweden meinte, nicht generell festgelegt werden. Kurbrandenburg war der Auffassung, daß der Kaiser die Liga schwei-gend gebilligt habe, indem er die entsprechenden Vorschläge in seinen Responsionen nicht kommentiere. Deshalb könnten die Reichsstände
[p. XCVI]
[scan. 96]
nicht von den Ligaplänen abraten
Relation des KFR, Klasse III,2 (
Meiern
II, 927f
). Zum kurbg. Votum zur Friedens-garantie s.
[Nr. 119 Anm. 37] .
Aretin/
Hammerstein,
470, halten die Formulierung in der kfl. Relation über die Einbeziehung der Reichsstände für polemisch (und da die Reichs-Stände, einfolgentlich das Reich selbsten, mit darunter verstanden werden sollte).
Doch legt der Gesamtzusammenhang eine solche Beurteilung nicht nahe.
. Der Städterat nahm zu den Liga-plänen nicht ausdrücklich Stellung, betonte aber, daß vor einem militäri-schen Eingreifen eine gütliche und rechtliche Einigung zu suchen sei und Konflikte zwischen dem Reich und auswärtigen Mächten auf einem Reichstag erörtert und beigelegt werden müßten. Über den Zeitraum zur gütlichen Einigung urteilte er wie der Kurfürstenrat
Correlation des SR, Klasse III (
Meiern
II, 962
, zweiter Absatz, beginnend 5) Den Ter-minum
).
.
Der Fürstenrat erinnerte in diesem Zusammenhang von sich aus an den Erbfolgestreit um Jülich und Kleve: Es sei dafür zu sorgen, daß die Sicher-heit des Reiches nicht durch Einmischung von außen gestört werde; viel-mehr seien kriegerische Auseinandersetzungen zu meiden
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern II, 898
, dritter Absatz, beginnend
Hier-bey ist). Der
FRO
hat über diesen Punkt nicht beraten. Der Erbfolgestreit hatte 1609 mit dem Tod Hg. Johann Wilhelms von Jülich-Kleve-Berg (1562–1609) begonnen und wurde 1614 XI 12 durch den Vertrag von Xanten (Text:
DuMont V.2, 259ff) und die vorläu-fige Landesteilung zwischen Pfalz-Neuburg (dem Jülich-Berg) und Kurbrandenburg (dem Kleve-Mark-Ravensberg zugesprochen wurde) provisorisch und erst 1666 endgültig beigelegt (
Janssen, 35;
Ollmann
-
Kösling).
.
Die Correlation des Fürstenrats behandelt als letzten Punkt der Klasse III einen von Schweden geforderten Zusatz zu einer Formulierung der kaiserlichen Responsion. Dort wurden die friedenschließenden und zur Hilfeleistung im Konfliktfall verpflichteten Parteien mit den Worten be-zeichnet:
tam una quam altera pars atque utriusque partis foederati et adhaerentes. Schweden verlangte den Zusatz
atque universi status Impe-rii, weil es den Reichsständen im Konfliktfall die Rolle einer eigenständi-gen Kraft zuwies, die als Intervenienten zwischen dem Kaiser und den Kronen das Gleichgewicht herstellen sollte. Dies wurde in der schwe-dischen Replik erläutert und im Fürstenrat Osnabrück von Sachsen-Al-tenburg erklärt
, doch ging der Österreichische Fürstenratsdirektor dar-über hinweg und behandelte vielmehr die Frage, ob in der Formulierung
tam una quam altera pars die Reichsstände implizit einbegriffen seien, oder ob die Reichsstände neben dem Kaiser, der
una pars, eine Vertrags-partei, bildete, gesondert aufgeführt werden müßten. Der Fürstenrat Münster nahm zu dem Problem nicht Stellung, da er die Ligapläne ab-lehnte und damit auch der entsprechende Artikel entfiel. Der Fürstenrat Osnabrück riet zu einer summarischen Nennung der Reichsstände, wie sie auf Reichstagen üblich war. Der Kurfürstenrat sah jeglichen Zusatz als unnötig an, da Kaiser und Reichsstände ein Corpus bildeten, dessen Haupt, der Kaiser, für alle Glieder handele. Der Städterat dagegen hielt
[p. XCVII]
[scan. 97]
den Zusatz für nötig, da die Reichsstände am
ius belli et pacis teilhätten und demnach auch neben dem Kaiser zu nennen seien
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern
II, 898
, vierter Absatz, beginnend Daß folgends
); Relation des KFR, Klasse III,2 (
ebenda,
928, dritter Absatz, beginnend Schließlich erachten
); Correlation des SR, Klasse III (
ebenda,
963, vierter Absatz, be-ginnend Letzlich
).
. Darin kommt die Anschauung zum Ausdruck, daß das Reich nicht allein durch den Kaiser, sondern durch die Gesamtheit der Reichsstände im Verein mit dem Kaiser repräsentiert werde
Siehe dazu
Dickmann,
Reichsverfassung, 23f. Zum verbreiteten Bild des Reiches als ei-nes Körpers aus Haupt und Gliedern s.
Aretin/
Hammerstein,
470.
.
Der erste Punkt der Correlation zu Klasse IV betraf die Freilassung der Kriegsgefangenen. Der Fürstenrat empfahl, daß zwischen Soldaten und Zivilisten unterschieden und den Zivilisten das zugesagte, aber nicht be-zahlte Lösegeld erlassen werden solle. Zu Herzog Eduard von Braganza, der sich in Mailand in spanischer Haft befand, gab der Fürstenrat kein einheitliches Gutachten ab. Die Mehrheit riet dem Kaiser, sich bei Spanien für seine Freilassung zu verwenden, ohne daß deshalb die Hauptberatun-gen aufgehalten würden. Eine Minderheit riet, über diese Angelegenheit gar nicht zu verhandeln, da sie das Römische Reich nicht berühre
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern II, 898
f, letzter/erster Absatz, begin-nend
In deliberation). Der erste Punkt (zur Unterscheidung zwischen Soldaten und Zi-vilisten) wurde im
FRO
nicht behandelt; er fehlt auch in den ksl., frz. oder schwed. For-derungen für den Friedensschluß. Zur Beratung über die Forderung nach Freilassung Hg. Eduards von Braganza im
FRO
s. Nr. 116.
. Die Gutachten von Kurfürsten- und Städterat stimmen in der Substanz mit dem Mehrheitsvotum des Fürstenrats überein; der Städterat hielt die In-terposition des Kaisers für Herzog Eduard für nötig, da er sonst negative Auswirkungen auf den (Portugal-)Handel befürchtete
Relation des KFR, Klasse IV,1 (
Meiern
II, 928f
, letzter/erster Absatz, beginnend Bey der IV.
); Correlation des SR, Klasse IV (
ebenda,
963f, letzter/erster Absatz, beginnend Die Vierdte
).
.
Zur Restitution der besetzten Orte befand der Fürstenrat, die kaiserlichen Gesandten sollten sich dafür verwenden, daß entgegen der schwedischen Forderung nur die mitgebrachten Mobilien (Geschütze und Munition) bei Truppenabzug mitgenommen werden dürften und auch die Archive voll-ständig zurückzuerstatten seien. Die Feindseligkeiten sollten nach Unter-zeichnung des Friedens aufhören und die Restitutionen beginnen
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern II, 898
f, letzter/erster Absatz, begin-nend
In deliberation). Zur Beratung über die Restitution der besetzten Plätze im
FRO
s. Nr. 116.
. Das detailliertere kurfürstliche Gutachten erwähnt speziell die von Hessen-Kassel besetzten Orte im Erzstift Köln und anderen Hochstiften sowie im Herzogtum Jülich, die vollständig zu restituieren seien, und nennt ge-naue Fristen für die Restitutionen. Kurfürstenrat und Städterat lehnten ebenfalls die schwedische Forderung nach Mitnahme der vorgefundenen
[p. XCVIII]
[scan. 98]
Mobilien ab; der Kurfürstenrat befand allerdings, daß dieser Punkt nicht so wichtig sei, um deswegen den Frieden aufzuhalten. Der Städterat mahnte besonders zur Restitution der französisch besetzten Reichsstädte. Die Restitutionen sollten möglichst nach Unterzeichnung des Friedensver-trags geschehen; wenigstens sollten die Feindseligkeiten dann eingestellt werden
Relation des KFR, Klasse IV,1 (
Meiern
II, 929
, zweiter Absatz, beginnend Quoad Re-stitutionem
); Correlation des SR, Klasse IV (
ebenda,
964, zweiter Absatz, beginnend Betreffend 2)
).
.
Die Demobilmachung war nach Meinung des Fürstenrats so vorzuneh-men, daß den Reichsständen kein Schaden daraus entstehe und Schweden und Frankreich kein Anlaß zur
jalousie gegeben werde. Der Kaiser dürfe zur Grenzverteidigung der Erblande und Ungarns beliebig viele Truppen unterhalten; ebenso dürften die Reichsstände Besatzungs- und Grenztrup-pen auf eigene Kosten beibehalten. Dasselbe riet der Kurfürstenrat und setzte hinzu, Schweden solle nicht deutsche Truppen aus dem Reich mit-führen dürfen. Das Gutachten des Städterats war entsprechend, aber de-taillierter: Es solle Söldnern unbenommen sein, fremde Kriegsdienste an-zunehmen oder fremden Herrschern Truppen nach Maßgabe des Reichs-abschieds von 1570 zuzuführen
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern II, 899
, dritter Absatz, beginnend
Den punctum). Zur Beratung des
FRO
über die Truppenabdankung s. Nr. 116; über die not-wendige Gleichbehandlung Schwedens und Frk.s bei der Demobilmachung wurde dort nicht gesprochen. Relation des KFR, Klasse IV,3 (
Meiern II, 929
f, letzter/erster Absatz, beginnend
Daß nun bey); Correlation des SR, Klasse IV (
ebenda, 964f, letzter/erster Absatz, beginnend
Exauctorationem militiae). Zum RA von 1570 s.
[Nr. 115 Anm. 36] .
.
Zur Benennung der in den Frieden Inkludierten, zur Unterzeichnung, Pu-blikation und Ratifikation befand der Fürstenrat, daß die Verbündeten sowie deren Anhänger und demnach auch die Reichsstände benannt und die Reichsritterschaft ebenfalls erwähnt werden solle. Die Gesandten soll-ten nach dem Herkommen bei Subskription der Reichsabschiede unter-schreiben, und eine „genügende“ Zahl an Vertragsinstrumenten sei aus-zufertigen. Die Publikation sei in beiden Kongreßstädten in einem feierli-chen Akt vorzunehmen
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern
II, 899
, vierter Absatz, beginnend Was schlueßlich
). Zur Beratung des
FRO
über diese Punkte s. Nr. 116.
. Im Gegensatz zum Fürstenrat befand der Kurfürstenrat, daß alle Reichssachen zwischen dem Kaiser und den Reichsständen gesondert abgehandelt und beschlossen werden sollten. Falls Schweden und Frankreich darauf bestünden, daß die Reichssachen in den Friedensvertrag eingefügt würden, sollte eine Klausel über die Ein-haltung der Vereinbarungen zwischen Kaiser und Reichsständen einge-rückt und vermerkt werden, daß alles mit Gutachten, Zustimmung und Genehmigung durch die Reichsstände ausgehandelt worden sei. Der Kur-fürstenrat sprach sich ausdrücklich gegen eine Unterzeichnung durch die Reichsstände aus. Zwar habe der Kaiser den Reichsständen die kaiserli-
[p. XCIX]
[scan. 99]
chen, schwedischen und französischen Friedensvorschläge zugestellt, damit sie kraft des ihnen in Reichssachen (und demnach nur in Reichssachen
Weder die ksl. Invitation der Reichsstände zum
WFK
von 1645 VIII 29 (s.
[Nr. 97 Anm. 25] ) noch die ksl. Proposition an die Reichsstände von 1645 IX 25 (s.
[Nr. 95 Anm. 83] ) kennen eine materielle Beschränkung des Jus suffragii auf die Reichssachen.
) zustehenden Jus suffragii darüber berieten, doch stehe dem Kaiser als dem Oberhaupt
das supremum Jus und Ober=Direction Pacis & Belli zu, wes-halb er nach dem Herkommen (beim Abschluß von Friedensverträgen) allein berechtigt sei, den Vertrag zu unterzeichnen. Falls Schweden und Frankreich auf der Unterzeichnung der Reichsstände beharrten, sollten Kaiser und Reich die Subskription der „Reichsstände“ Schwedens und Frankreichs fordern
Relation des KFR, Klasse IV,5 (
Meiern II, 930
f, dritter und letzter/erster Absatz, begin-nend
Bey dem 5ten und
Sollten aber). Die Frage, ob zwei oder drei Vertragsinstrumente aufgesetzt und die Reichssachen gesondert in einem Vertrag behandelt werden sollten, wurde auch bei der Re- und Correlation angesprochen (Nr. 120 bei Anm. 67).
. Der Städterat empfahl dasselbe wie der Fürstenrat über den Einschluß der Reichsstände und die Subskription der Gesandten. Die Reichsritterschaft, die Hanse- und Mediatstädte sollten im Friedens-vertrag explizit genannt werden
Correlation des SR, Klasse IV (
Meiern
II, 965
, zweiter Absatz, beginnend Betreffend dann
).
.
Die Correlation des Fürstenrats schließt mit einem Vermerk über die bei-gefügten, zehn Punkte umfassenden evangelischen
Gravamina politica. Sie sollten entweder auf dem Friedenskongreß oder dem nächsten Reichstag behandelt werden; beigelegt waren außerdem Gravamina der Wetterauer Grafen
Correlation des
FR
zu Klasse II bis IV (
Meiern
II, 900
, zweiter Absatz, beginnend Demnach auch
). Zur Übergabe der ev. Gravamina politica
durch Magdeburg s. Nr. 116 bei Anm. 16; zu den Wetterauer Gravamina s.
ebenda
Anm. 39.
. Die evangelischen
Gravamina politica enthalten zwar einige nicht konfessionsgebundene Beschwerden traditioneller Art, die sehr wahrscheinlich auch die Zustimmung des Fürstenrats Münster gefunden hätten, wenn sie dort beraten worden wären
Siehe dazu oben bei Anm. 154. Konstanz bezeichnete die ev. Gravamina politica
als causa communis
(S. 395 Z. 36).
; doch betreffen andere Be-schwerden, wie die Klagen über kaiserliche Vorrechte und die kurfürst-liche Präeminenz
Besonders ausführlich Punkt 9 (ksl. Standeserhöhungen); s. ferner Punkt 3 (Beschwerden über kfl.
Eingriffe in die Rechte der anderen Kurien) und Punkt 4 (Beschwerde über die neue kfl. Forderung nach dem Exzellenztitel). Die übrigen Beschwerden betreffen die seltene Einberufung von
RT
; die Reichsmatrikel; das Votum curiatum der Reichsstädte, das nicht beeinträchtigt werden sollte; willkürliche Verfügung über Land und Leute von Reichsständen und über Reichsdörfer; reichsunmittelbare Stände, die sich von der Juris-diktion und den Reichslasten befreien ließen und andere Stände mediatisierten; Privile-gierung von Landsassen, Bürgern und Untertanen ohne Anhörung der Landesherren; Postgeld, das am ksl. Hof gefordert wurde (
Meiern II, 504
–508).
, Auffassungen, denen sich die Mehrheit des Fürsten-rats Münster wahrscheinlich nicht angeschlossen hätte. Diese Beschwerden machen auch verständlich, daß der kurbrandenburgisch-pommersche Ge-sandte Wesenbeck nicht zu der Sitzung des Corpus Evangelicorum gela-
[p. C]
[scan. 100]
den worden war, in der die
Gravamina auf der Tagesordnung gestanden hatten
. Der Städterat hat sieben Gravamina politica seiner Correlation eingefügt, die teils mit den evangelischen
Gravamina politica übereinstim-men, teils spezifisch städtische Belange berühren
. Der Kurfürstenrat hat keine Gravamina politica vorgelegt.