Acta Pacis Westphalicae III A 3,5 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 5. Teil: Mai - Juni 1648 / Maria-Elisabeth Brunert
3. Frankreich
Frankreich, sein Gesandter Servien und die noch offenen Fragen des kaiser-lich-französischen Friedensvertrags spielen im Editionszeitraum nur eine untergeordnete Rolle. Servien kam am 10. Juni 1648 nach Osnabrück, um dort an die monatelang vernachlässigten französischen Verhandlungen zu erinnern und diese möglichst auch zu Ende zu führen
. Schon bevor er eintraf, beschlossen die Osnabrücker Reichsstände am 9. Juni, Servien
[p. LVIII]
[scan. 58]
zu bitten, bei ihren Verhandlungen mit den Schweden zu vermitteln
. Anscheinend kam dies den Schweden sehr ungelegen, denn Oxenstierna ließ noch am selben Tag Meel zu sich rufen, um sich genauer nach den Beschlüssen der Reichsstände zu erkundigen und ihm zu versichern, daß er instruktionsgemäß nicht weniger als 5 Millionen Reichstaler fordern könne, eine Vermittlung Serviens in dieser Frage also ganz nutzlos sein würde. Gleichzeitig sagte er zu, bei Bewilligung der Summe die mehrfach von den Reichsständen geforderten Erklärungen zum „quomodo“ sowie zum Vollzug des Friedens abgeben und auch weitere Forderungen erfüllen zu wollen. Schließlich eröffnete er in der schon erwähnten, etwas unkla-ren Formulierung die Aussicht auf einen fast unmittelbar bevorstehenden Friedensschluß
.
Demnach beunruhigte die Schweden die Möglichkeit einer französischen Vermittlung erheblich. Sie kam auch, was die Höhe der Militärsatisfak-tion betraf, nicht zustande, da die Reichsstände nach erneuter Beratung die geforderten 5 Millionen Reichstaler – unter einer Reihe von Bedin-gungen – bewilligten
. Wohl aber baten die Reichsstände Servien am 13. Juni, sich bei den Schweden dafür einzusetzen, daß sie endlich die vielfach angeforderten Erklärungen zu den Modalitäten der Militärsa-tisfaktion und zum Vollzug des Friedens erhielten. Servien antwortete, das sei bereits geschehen
. Also war auch den Franzosen daran gelegen, daß die leidigen Verhandlungen über die schwedische Militärsatisfaktion endlich abgeschlossen wurden. Sie wollten nunmehr die noch offenen Fra-gen des kaiserlich-französischen Friedens behandelt wissen, wobei zunächst zu klären war, ob das in Münster oder Osnabrück geschehen sollte. Die Osnabrücker Reichsstände präferierten Osnabrück, weil sie die Verhand-lungen mit Schweden beenden wollten und auch den Zeitverlust scheuten, der mit dem Wechsel nach Münster verbunden war. Sie schlugen deshalb vor, in Osnabrück im täglichen Wechsel die schwedischen und französischen Verhandlungspunkte vorzunehmen
.
Die Frage des Verhandlungsorts war auch eine Prestigefrage, da Münster im Hamburger Präliminarvertrag als Ort der französischen Verhandlun-gen festgelegt worden war. Wenn monatelang der Schwerpunkt der Ver-handlungen in Osnabrück gelegen hatte und nun sogar noch über die französischen Forderungen dort verhandelt werden sollte, würde das für
[p. LIX]
[scan. 59]
den französischen König
disreputirlich sein
. Servien bat die Reichsstände zwar, daß wenigstens ein Teil der Gesandten nach Münster wechseln sollte, damit dort die französischen Verhandlungen wieder aufgenommen wer-den könnten; doch bot er an, noch einige Tage in Osnabrück zu bleiben, falls die Reichsstände
von selbsten die französischen Verhandlungspunkte vornähmen und das Beratungsergebnis ihm mitteilten. Ausschlaggebend war dabei sicherlich die Erwartung, ohne Rücksicht auf die sich verzögern-den schwedischen Verhandlungen schnell zu einem Abschluß in den drei Fragen zu kommen, die Frankreich vorrangig interessierten: die kaiserli-che Assistenz für Spanien, die Frankreich verboten sehen wollte; der von Frankreich geforderte Ausschluß des Burgundischen Reichskreises und des Herzogs von Lothringen aus dem Frieden
.
Es erwies sich aber, daß die Kaiserlichen dem französischen Vorhaben Widerstand entgegensetzten. Ihre Behauptung, daß Volmar allein nicht mit den Franzosen in Osnabrück verhandeln könne, sondern dies gemäß der kaiserlichen Vollmacht gemeinsam mit Nassau zu geschehen habe, dieser aber krankheitshalber nicht reisefähig sei und deshalb die Verhand-lungen mit Frankreich bei ihm in Münster geführt werden müßten
S. Nr. 173 bei Anm. 17, Nr. 175 bei Anm. 4.
, war allerdings ein leicht zu durchschauender Vorwand. Glaubhafter ist die Aus-kunft Serviens, daß die Kaiserlichen mit Rücksicht auf Spanien in Münster verhandeln wollten
. Daneben wird von Belang gewesen sein, daß die Reichsstände in Münster dem Einfluß Schwedens entzogen waren, der sich für die Kaiserlichen noch nie positiv ausgewirkt hatte. Jedenfalls war Ser-vien mit dem Versuch, über die französischen Fragen schnell in Osnabrück beraten und verhandeln zu lassen, nicht erfolgreich, während seine Anwe-senheit in Osnabrück einen gewissen positiven Effekt für die Reichsstände gehabt zu haben scheint: Die Schweden übergaben am 15. Juni endlich den vielfach erbetenen Schriftsatz über die Militärsatisfaktion und den Vollzug des Friedens
, wofür sich auch Servien eingesetzt hatte.