Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 VII 11

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1646 VII 11
Mittwoch [...]

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32 Buschmann ] am Rande: canzler Buschmann
Buschmann bei Volmar.
Erstlich beym
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3. punct des proiects erwehnet, ob nicht bey den balleyen und commen-
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dureyen in acht zu nehmen, daß soviel derselben in uncatholischen handen
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verbleiben, nacher Maltha und dem herrn Teutschmeister die gewohnliche
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steur (welche bey ihnen responsiones genandt) und andere onera zue endt-
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richten schuldig sein sollen? Respondit dominus Volmarus: Ermelte
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responsiones würden seines vermainens ahn keinem orth gewaigert, es were

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aber dem werck durch die generalregul genugsamb geholffen, daß nemblich
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alles in dem stand, darinnen es anno 1624 gewesen, verbleiben solle.

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2. Warumb nicht der stifft Verden sowol alß Oßnabruck, Minden und
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Halberstatt inter episcopatus exceptos zu setzen, zumaln ietzo nicht de
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satisfactione Suecica, sondern compositione cum protestantibus quaestio
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seye und es noch hoffentlich wol darzu kommen konne, daß selbiger stifft
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den Schweden nicht zutheyl werde. Respondit: Er hab schon auff die
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vorhin durch ihn canzlern Buschman gethane erinnerung davon beym
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herrn graffen von Trautmanstorff meldung gehabt, der ihm nicht misfallen
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laßen, daß ein versuch hierin geschehe und ermelter stifft expresse mit
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werde außgenommen. 3. Weyl nach verfließung der 100 jahrren iezo
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auch via iuris außgeschlossen und nur via amicabilis compositionis vorbe-
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halten , so seye es in effectu ein perpetuum, und sehe man also nicht, was
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die adiectio der hundert jahren nuzen oder früchten konne? Respondit:
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Es diene solche zeit wenigstens dahin, daß vor deren verfließung die catho-
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lische durch die Augspurgische confessionsverwandte bey etwa ersehendem
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anderwertigen vortheyl zum vergleich nicht gezwungen werden konnen,
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wie dan nichts gewissers, alß daß, im fall keine zeit hinzugesezt, bey allen
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reichsversamblungen in die catholische umb maturirung des vergleichs
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ferner würde getrungen werden, hingegen würde auch nach umblauff der
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100 jahren bey den catholischen stehen, den Augspurgischen confessions-
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verwandten zuzusprechen, daß sie sich zu billichen vergleichungsmittelen
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bequehmen, im wiedrigen würde die zeit und leuffe, was zu thun, ahn hand
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geben. 4. Werde bey dem 4. articul zwarn vermeldet, daß die electio-
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nes auff den uncatholischen stifftern nach den statutis geschehen sollen, so
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wisse man aber, daß zu Magdeburg und andern orthen newerliche statuta
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ad exclusionem catholicorum gemacht, ob derowegen nit diese wortter ‘alte
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statuta’ zu gebrauchen? Respondit: Er sorg, daß es bey den Augspurgi-
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schen confessionsverwandten newes disputat abgeben werd, yedoch stünde
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es zu versuchen, und wolte er die particulam ‘alte’ hinzusezen. 5. Sey
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fast beschwerlich, daß Ihre Maiestät sich verbinden, die preces primarias
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auff denienigen stifftern, wo bißhero keine catholische canonici gewesen,
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niemanden alß uncatholischen zu ertheylen, auch wo von beyderley reli-
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gion auffgenommen worden, die vertröstung zu geben, kunfftig auch un-
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catholische darzu gelangen zue laßen. Respondit: Man werde den pro-
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testirenden in diesem passu nohtwendig etwas nachgeben mußen, dan sie
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sonst nit acquiesciren werden, und sey einmal nicht zu hoffen, daß sie auf
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denienigen stifftern catholische zuelaßen, wo dieselbe bißhero allezeit auß-
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geschlossen worden, auff den ubrigen aber werden Ihre Maiestät schon in
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acht zue nehmen wissen, daß die preces niemanden alß catholischen auff-
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getragen werden. 6. Finde sich bey dem 15. articul, daß die reichsstätte
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den hohem stenden in religionssachen gleich solten gehalten werden, solches
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habe man aber yederzeit hoch bedencklich erachtet, ob derowegen nicht
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beßer es dahin zu restringiren, daß sie dieses verglichs andern hohem sten-

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den gleich genießen solten. Diese erinnerung hat ihm der herr Volmar
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mit gefallen laßen. 7. Seye nicht wenig beschwerlich, daß die res iudi-
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catae aufgehoben und andern dardurch ihr ius quaesitum benommen
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werde. Respondit: Die protestirende werden darin nicht weichen, daß sie
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dafur halten, daß solche sententiae auß einem irrigen praesupposito, welches
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sich auf die streittige paragraphos des religionfriedens gründe, gesprochen.
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Derowegen man ihnen, wolle man anderst frieden haben, hierinnen werde
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weichen und sich contentiren müßen, daß alles ad terminum anni 1624
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reducirt werde. 8. Was eben nöttig, daß Ihre Maiestät in dero erb-
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landen der emigration halber sich praecise auff 7 oder 8 jahr verbinden, ob
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nicht beßer in generale sich dahin zue erklehren, daß sie darin solche dis-
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cretion gebrauchen wollen, auff daß sich niemand zue beschweren, zumaln
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hiedurch sonst andern stenden, indeme es in consequentiam würde gezogen
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werden, ein praeiudicium zuwachsen kondte? Respondit: Der herr
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graff von Trautmanstorff habe sich gegen den Schweden und protestiren-
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den schon mehrmalß auff diese weiß erklehrt, und laße es sich nun nit
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wieder zuerucknehmen. 9. Man wisse exempla, daß ein und andern orts
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im reich sich gemeinschafften zwischen catholischen und uncatholischen
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obrigkeiten befinden, derentwegen gewisse verträg, wie es in religionsachen
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gehalten werden solle, auffgerichtet, darwieder vorhin durch die uncatho-
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lische allerhand eingriff geschehen, so aber erst nach dem jahr 1624 wieder-
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umb abgeschafft. Auff daß nun hierauß kein newes disputat erwachse,
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noch den catholischen obrigkeiten praeiudicirt werde, würde eine notturfft
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sein, daß solche verträg, gleich wie beym 17. articul mit den pactis investi-
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turarum geschieht, von dem jahr 1624 mit excepyrt werden. Mit dieser
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erinnerung hat sich der herr Volmar verglichen. 10. Weyln in etlichen
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uncatholischen stifftern, alß Magdeburg und Breemen, noch catholische
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closter befindlich, daruber den catholischen ordinariis die inspection vorbe-
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halten pleibt, und aber keine catholische ordinarii daselbst vorhanden, so
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stelle man zue bedencken, ob nicht viciniori episcopo solch ius expresse zu
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reserviren? Respondit: Solches werde nit dienlich sein, dan man da-
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durch in newe quaestiones gerathen dörffte, und were genug, wan den
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catholischen in genere ermeltes ius reservirt, alßdan Summus Pontifex per
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commissionem einem oder andern bischoff die notturfft demandiren kon-
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ne . Neben diesem hatt der herr Volmar auch referirt, daß der herr
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nuncius kurz zuvor zu ihme geschickt und die Wirttembergische clöster,
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damit solche den catholischen vorbehalten pleiben möchten, recommendirt,
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zumaln dcch keine appraentz zum frieden vorhanden und derowegen desto
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weniger rhatsamb, sich solcher closter gleichsamb umb nichts zue begeben.
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Deme er Vollmar geandtworttet, die closter seyen schon vorhin durch die
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amnistiam wieder hingegeben, und wisse er nunmehr kein medium, dieselbe
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zu salviren; zwarn wan das hauß Osterreich in denen vorhin ahn Wirtten-
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berg durch pfandschafft gerathenen und nun wieder inhabenden ambtern
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verpleibe, konten diese vier clöster: Blawbeuren, Phulingen, Adelberg und

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Lorch

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Blaubeuren, Pfullingen, Adelberg und Lorch. Zur Stellung der württembergischen
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Klöster vgl. oben [ S. 109 Anm. 8 ] .
gerettet werden, zue den ubrigen sehe er keine hoffnung. Was aber
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den frieden belangete, müße man dahin gestelt sein laßen, es seye aber das-
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jenige , was iezo eingewilliget werden solle, nur eventual, unnd dafern der
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frieden nicht erfolgt, werde man disseits auch nicht darahn gebunden sein.

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Vertreter Ostfrieslands

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Vgl. oben [ S. 107 Anm. 2 ] .
bei W. Die Evakuationsbemühungen bei den Staa-
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ten
waren wegen schwedischer und französischer Intervention für Hessen
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erfolglos, doch wollen nach Abschluß der Kampagne die Staaten sich
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weiter einsetzen. Soll bei W um Beförderung bitten, daß sein Herr wegen
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dieses Ansuchens nicht bei Kaiser oder Kreis in Mißkredit kommt. Und hab
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ihn sein herr in vertrawen wissen laßen, daß er dahin allezeit sehen wolle,
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sich in seiner defension, dan er noch 800 man habe, under der zeit zu erhal-
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ten , auch da muglich, noch mehrers zu stercken, wiewol die statt Embden
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und die landstend mehrer in hoc casu den Schweden und Hessen beyfiehlen
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und in ihn starck umb abdanck- und erlaßung solcher volcker getrungen
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wurde, worzu aber er graff kein ursach, noch sich abermaln werde betrigen
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laßen.

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