Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
Alß auff deß hern bischoffen zu Oßnabrück fürstliche gnaden begehren ich,
Crane, am 5. dießes zu Saßenberg erschienen, alwho ihre fürstliche gnaden
ungefehr vier halbe stunde nach mir anglangt, haben dieselbe die ursach,
warumb sie meiner begehrt, dhahin angezogen: Mir würde bewust sein,
waßgestalt ihrer fürstlichen gnaden soldatesca zur Förstenaw underschidt-
liche der cron Schweden in dem stifft Oßnabrück angestelte beambten und
noch unlengst den Schwedischen drosten Werpup auff offener landtstraßen
angetroffen und gefenglich hinweggeführt
Vgl. APW [II C 1 nr. 164] , [nr. 210] und APW [II A 1 nr. 275] . Werpup war schwedischer
Drost in Iburg (Kr. Osnabrück).
führung seie, daß selbe beambten ihre schüldigkeit mitt beybringung und
einliefferung deß magazinkorns an dieße seidten nicht nachkommen, dero-
wegen gegen dieselbe, alß bey welchen eß allein stehe, dergleichen liefferung
zu thuen, solche executionsmittel an handt genohmen werden müßen; ob
nun zwar ihrer fürstlichen gnaden soldatesca darin gethaen und vorge-
nohmen, warzu sie befuegt unnd warin bemelter Schwedischen beambten
halßstarrigkeit, indeme sich dieselbe auff vorhergehende warnung und
anbedrawete execution mit ihrer schüldigkeit nitt eingestelt, vorzunehmen
und verfahren genöttigt worden, so müßen doch ihre fürstliche gnaden
vernehmen, gestalt sölche einforderung deß magazinkorns unnd darauff
erfolgte hinwegführung der Schwedischen beambten von denen Schwedi-
schen gesandten zu Oßnabrück pro attentato wieder dem praeliminarver-
gleich unnd in specie darin begriffenen paragraphum „In cognominem vero
dioecesin neutra belligerantium pars plus iuris factive sibi sumat, quam
tempore huius contractus habeat etc.“ außgedeutet werden wölle, derent-
wegen die Schwedische auch iegen ihrer fürstlichen gnaden beambten mit
repressalien verfahren unnd derentween auß bemeltem ambt Förstenaw
gefenglich nacher Verden abholen unnd zeitthero in arrest anhalten laßen.
Weiln nun die sachen dergestalt zu thätligkeiten unnd weiterungen auß-
lieffen, darbey aber auch ihrer fürstlichen gnaden an ihro reputation gleich-
samb von dero soldatesca ichtwaß, so dem praeliminarvergleich zuwieder
unnd dem jegentheill zum queruliren anlaß geben, leiden müsten, sie ihres-
theils aber ungerne die nachrede haben wölten, daß daß geringste, so dem
praeliminarvergleich zuwieder, von den ihrigen verübt oder vorgenomben
werden sölte, also begehrten ihre fürstliche gnaden von mir, unßere gemühts-
meinung zu vernehmen, wie unns daß werck vorkomme unnd obs wirs
dem praeliminarvergleich zuwieder zu sein erachten wöllen. Habe geanth-
worttet, daß unns zwar von dem verlauff vorkommen, die Schwedische
abgesandten eß auch gegen unns geandet unnd alß ein attentatum wieder
dem praeliminarschluß angezogen hetten, wir aber dhagegen daß wieder-
spiell, ümb den unglimpf von dißen seidten abzuwenden, behaubten müßen,
und stehe man beederseidts noch in terminis contradictoriis; die erörtterung
darüber aber stehe nitt bey einem theill alleine, sondern falle auff daß corpus
legatorum insgesambt, jedoch mögten wir unnßerstheils lieber sehen und
wünschen, daß dergleichen executiones wieder die beambten bey iegen-
wertigen dießer stadt unnd stiffts zustandt mögten zurück- unnd eingestelt
verbleiben unnd ehender waß nachgegeben, alß dem iegentheill, der ohne-
daß alles, waß zu seinem vortheill dienet, gnaw herfürsuche, zu einiger clag
anlaß gegeben werde. Eß nützten dergleichen executiones in privato wenig
und zügen offtmahl viel verdruß unnd ungelegenheit nach sich, hingegen
könten in publico viell schaden unnd dem jegentheill materi geben, dieße
seidten aller örtter zu diffamiren unnd zu verunglimpffen, gleichsamb man
contra datam fidem handle, maßen dergleichen discurs schon bey den
Schwedischen vorgingen, wolten lieber die sache mitt guter manier bey-
gelegt wünschen, alß daß daß werck viell solte disputirt werden. Ihre fürst-
liche gnaden erclehrten sich darauff, daß eß ihr selbst leidt seie unnd ungerne
die hinwegführung bemelter Schwedischen beambten vernomben hetten,
weiln sie diejenigen inconvenientien, so jetzo darauff erfolgten, fürgesehen.
Eß seie aber eine geschehene sach unnd müste nunmehr dhahin gedacht
werden, wie mitt reputation wiederümb darauß zu kommen, darüber under-
schidtliche temperamenta und unter andern auch vorgeschlagen worden,
obs nit ein mittull, daß wir, dero Kayserliche gesandten, von hier auß ahn
ihre fürstliche gnaden schreiben unnd dieselbe ümb loeßgebung der arre-
stirten Schwedischen beambten ersuchen mögten, ihre fürstliche gnaden
wolten auff einlangung solches unnßers schreiben zu der relaxation alsopaldt
einwilligen. Dhagegen aber betrachtet worden, daß selbiges unßers schreiben
praeiudicirlich sein unnd in effectu decisionem mitt sich ziehen würde, in
erwegung, man sich dhamitt dießseidts schüldig geben unnd gestehen würde,
daß wieder dem praeliminarvergleich gehandelt seie, derhalben endtlich der
sachen ersprießlicher zu sein erachtet worden, daß ihre fürstliche gnaden
vor ihre persohn allein, ohne unnßer zuziehen, hierin raht schafften unnd
daß temperament auß einer deß arrestirten drosten Werpup an sie einge-
langten supplication, darin sich derselbe für cartelfähig angeben unnd ümb
relaxation iegen gebührende caution angehalten, nehmen unnd in die
relaxation iegen sölche deß Werpuppen anerbottene caution verwilligen
sölten, warzu sich ihre fürstliche gnaden resolvirt, und wirdt also dießen
beschwernüßen verhöffentlich mitt glimpff abgeholffen werden.
Bey sölbiger gelegenheit haben deß hern bischoffen fürstliche gnaden mir
noch ferners discursweiß zu verstehen geben, daß sich zwischen beeden
cronen Franckreich unnd Schweden vermuhtlich in kurtzem waß Uneinig-
keit ereugen dörffte, weiln eß scheine, daß Franckreich schon mitt Chur-
brandenburg wegen deß heyrahts mitt deß duca de Orliens freylein tochter
Vgl. [S. 243 Anm. 2] .
und deß dhabey underlauffenden vornembster absehens halben, warumb
dieße heyraht von Churbrandenburg gesucht würde, nemblich ümb dar-
durch Pommeren auß der Schweden hende zu bringen, einig und verglichen
seie; dan die cron Franckreich, ümb zu bezeugen, wie begirig sie seie, ihre
affection gegen Churbrandenburg in dießem unnd mehr anderen fällen zu
contestiren, eß schon bey denen Staden von Hollandt dhahin gebragt, daß
ihre churfürstliche durchlaucht die statt Düeßburg im fürstenthumb Cleve
würcklich seie abgetretten worden, unnd seie jetzo an deme, daß auch von
der fürstlich Heßischen wittiben zu Caßell dergleichen abtrettung unnd ein-
raumung der stadt Calcar und anderer in selbigen fürstenthumb einhabenden
örtteren erfolgen würde, maßen die cron Franckreich derentwegen sehr
eifferig bey der landtgraffinnen tractiren ließe.
Eß seie auch iüngster thagen deß herrn cardinals Mazarini secretarius
den monsieur d’Avoux nacher Münster mitt credentialen von selbigen
cardinal geschickter ankommen; sopaldt derselbe bey dem d’Avoux seine
werbung abgelegt, habe mans scheinbarlich vermercken können, daß der
d’Avoux waß turbirt worden; unter tisch seie er iegen seine natur unnd
gewohnheit sehr unlüstig unnd melancolisch gewesen, fast nichts geredet
und nur mitt speculiren unnd gedancken die zeitt zugebragt, nach dem
tisch auch wenig geredet unnd sich wieder in sein zimmer retirirt, auß
welcher eußerlichen bezeigung eins unlusts eß alle, so iegenwertig gewest,
hetten abnehmen können, daß bemelter secretarius deme d’Avoux keine
gute zeittung müste überbragt haben, und wölle man fast dürchgehendt in
die gedancken gerahten, eß dörffte dem monsieur d’Avoux wegen iüngst ins
reich spargirten auffrürischen schreiben
Vgl. [S. 418 Anm. 1] .
sein, weiln die sachen mitt Franckreich sehr im abgang gerahten unnd eß
nitt mehr zeitt seie, einen so mechtigen feindt, wie sie für sich hetten unnd
welcher von thagen zu thagen ie mehr und mehr an macht zunehme,
ferners zu irritiren.
Eß berichten auch ihre fürstliche gnaden, daß der monsieur d’Avoux die
rem publicam Venetam ahnstatt Dennemarck gerne zur interposition bey
dießen tractaten befordert, die herren churfürsten aber sölches ungerne
sehen wölten.
So hette man auch von Rom die nachrichtung, daß sich der Paulutius
der nuntiatur ad partes Rhenanas sehr eifferig bewerbe, weiln zu vermuhten,
daß ietziger herr nuncius im kurtzen zum cardinalat gelangen mögte. Dem-
nach eß aber bekandt, daß der Paulutius der Frantzosischen faction auch
Churtrier bedienet gewest, dhahero lauteren undienst von demselben, dha-
ferne er zu gedachter nunciatur kommen sölte, zu gewartten, alß hette man
woll ursach, daß werck waß zu underbawen und gehörigenorts zu ver-
stehen zu geben, daß deß Paulutii persohn dießerendts nicht annemblich
sein würde.