Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
Der Postmeister zu Köln hat uns berichtet, daß die Verzögerung der Post durch
Abgang einer Brücke bei Siegburg verursacht ist. Hinweis auf nr. 79. Die franzö-
sischen Gesandten haben geheime Briefe aus Paris erhalten des Inhalts, daß durch
ihr Verhalten – ohne Anwesenheit der Reichsstände und Freilassung des Kurfürsten
von Trier in keine Verhandlungen einzutreten – der hof benöthigt worden, dise
sachen dem parlament zue berathschlagen ze übergeben, welches dann mit
der Französischen gesandten gethaner protestation übel zufriden auch dar-
auf geschlossen, das man mit aignem currier inen die fortsezung der haubt-
fridenstractaten ungehindert solcher einwendungen alles ernsts auferlegen
solt.
Auf dise empfangene aviso haben sie verwichenen sontags, den 15. diss, als-
paldt repliciert und gebetten, man solte nur noch etwas zeit zusechen, dann
sie heten es in beeden punctis so weit gebracht, das sie selbige entlich durch-
zutrückhen und nach irem wuntsch zu erhalten getraueten. Es seye auch
mit angedeüter Parißischen ordinari dem Venetianischen pottschaffter ein
besondere requisition im namen der königin zuekommen, das er sich zwi-
schen beeden Franzößischen plenipotentiariis interponieren und sie in iren
strittigkeiten vergleichen wolte, welches der herr nuncius apostolicus, als
er mich, Volmarn, sontags unversechner dingen besuecht, und ich ine
darundter angesprochen, also ze sein nachgegeben; dann es hette ine bedeü-
ter pottschäffter dahin zu bereden vermeint, das er sich der sachen auch
annemmen solte, so er aber nit thuen wollen, dann er were nit hieher undter
dess ainen oder anderntheils gesandten, sondern undter denn kriegenden
parteyen zu mitlen abgeordnet.
Und obwol der vertröstete currier von Pariß den letsten Decembris abge-
reist, so ist er doch erst vergangnen montags, den 16. diss, alhie angelangt,
und undterweegs zu Mastricht uf der Franzosen verordnung zu dem ende
ufgehalten worden, damit entzwischen uf ire nachgefolgte relationes von
hof weiter bevelch resolviert und mit iungster post, das ist vergangnen
zinstags, inen zuegeförttigt werden möcht, ehe dann sie auf dess curriers
mitbringende resolutiones einige handlung anzutretten benötigt weren.
Was innhalts nun solche resolutiones seyen, haben wir andern tags disen
bericht erlangt, das nachdem das parlament keinesweegs rathsamb finden
wolle, uf denen eingewenten puncten die freylasßung dess herrn churfürsten
von Trier und erscheinung der reichsständten betreffendt zu verharren
noch derentwegen die fridenshandlungen zu verlengeren, so sollen sie der
reichsständten ankonfft lenger nit zuewartten, sondern, die erscheinen oder
nit, zu den haubthandlungen fürschreitten auch mitt den reichsständten, im
fall deren ie vil oder wenig erscheinen, nur per generalia handlen und sich
in iren particularibus nit zuvil einmischen. Deßgleichen und im fahl, die
Kayserlichen gesandten sich wegen dess churfürsten von Trier freylasßung
am wenigisten verwaigeren wurden, disen puncten ebenmäsßig zu den
haubtfridenshandlungen außgestelt verbleiben lassen und an disem ortt
weiters nit treiben. Sie, Franzößische gesandten, sollen auch allen fleiß
anwenden, das die Schweedischen ebenmäsßig zu dem haubtwerckh zu
greiffen behandlet werden mögen. Ankündigung einer Reise d’Avaux’s nach
Osnabrück. Die Franzosen suchen Mittel und Wege, den Kurfürsten von Trier undter
wehrenden tractaten auf freyen fuess oder wenigist aus Ewer Kayserlichen
Mayestät handen an ein neütralortt, wie sie es tauffen, ze bringen. Deßwegen
seint wir in guetem vertrauen verwarndt worden , das sie sogar an die alhie-
ßige herren mediatores gelangt heten, dessentwegen nach Rom an ir Papst-
liche heyligkeit ze schreiben, und zum fundament zu gebrauchen, weil der
churfürst ohne das in deroselben am Kayserlichen hof residierenden nuncii
handen wer, und wir uns dahin bezogen haben sollen. Alhießiger herr nun-
cius, als ich, Volmar, ine deßwegen mit gegebener gelegenheit angeredt,
will davon nichts wissen, sondern sagt, die Franzosen möchten es gleich-
wol selbst thuen, er seinestheils hette sich dessen nit anzenemmen. Zu besor-
gen aber ist, der Venetianische pottschaffter derffte hierundter zu negocie-
ren sich wol haben bereden lassen, dann er nimbt sich sonsten im discurie-
ren diser sach etwas mehrers als der nuncius ahn. Wir erinneren uns auch,
das er gleich zu seiner hieherkonfft andeüttung gethan, wir solten Ewer
Kayserlichen Mayestät gehorsamist einrathen, das sie auf lödiglasßung dises
churfürstens allergenedigest wolten bedacht sein, dann er hete vernommen,
das die Franzosen solches vor allen dingen suechen würden
Vgl. APW [II A 1 S. 138.]
Ewer Mayestät reputation mehrers leiden wurde, als wann sie zuvor und
aigner freyer bewegnus die erledigung bewilligen theten.
Sodann haben sie, Franzößische plenipotentiarii, auch bereits in diser materi
an den monsieur Tuillerie nach Coppenhagen geschriben, umb dem könig
in Dennemarck zu repraesentieren, das sich die fortsezung der haubttrac-
taten vornemblich an disem puncten stecken thete. Derentwegen seine kö-
nigliche würde sich bey Ewer Kayserlichen Mayestät interponieren und die
freylasßung offtbesagten churfürstens beförderen helffen wolten. Geben
auch vor, der könig hete sich der willfahr und sogar einen aignen zu Ewer
Mayestät abzuförttigen erbotten. Und vernemmen wir noch weiters, das
der herr churfürst ein geheime correspondenz mit denn alhießigen Franzö-
ßischen gesandten führe
erclärt, das er mit dem Päpstlichen nuncio an Ewer Mayestät Kayserlichen
hof nichts zu thuen, noch seine deputatos, ehe dann er lödig gelassen, zu
disem congressu einschicken welle. Wir haben Savelli über die französischen
Intentionen unterrichtet.
Vorgestern, mitwoch abents spat, seint die herren mediatores zu uns kom-
men, mit anzeig, es heten beede Franzößische gesandten sich bey inen mit
grossem unwillen beschwärt, ob sie wol nunmehr im werckh gewesen, denn
haubttractaten eheist einen anfang ze machen, so müesten sie doch verspü-
ren, das an Ewer Kayserlichen Mayestät seiten nit nur die handlung zu ver-
lengeren, sondern wol gar zu zerschlagen neüe ursach in weeg gelegt wür-
den, dann sie heten negstverwichnen sambstags, den 14. huis, denen bißher
alhier gewesten, und mit irem comitat als irem domesticum angelangten
Catalonier D. Fontanellam
meine fridenswerckh betreffenden sachen zurugg nach Pariß abgeförtiget,
so were aber derselbe sambt seiner bey sich gehabten Staatischen convoy
von der Kayserlichen guarnigion zu Reenen undterweegs angetroffen, sein
convoy in die flucht geschlagen, der leütenandt verwundt, und er, Fonta-
nella, selbst sambt sen seinigen gefangen nach Reenen gefüert worden, mit
vorgeben, das solche zeitung auch in mein, grafens von Nassau, quartier
mit umbständten referiert und darüber gefrolocket worden wer. So were
iungst zu Oßnabrugg mit entfüehrung dess daselbst verstorbenen Portu-
geßischen gesandten todten cörper fast ein gleichmäsßger actus vorgangen,
das sie bey sogestalten dingen sich zu einigen fridenstractaten nit verstehen
köndten. Unsere Erkundigungen haben aber ergeben, das es ein lauter erdichtes
vorgeben gewesen und die Franzosen haben inzwischen selbst bekennen müssen,
daß Fontanella auf holländischem Gebiet angekommen ist. Sonst aber seint wir
verstendigt, das diser Catalonier der ursachen nach Pariß erfordert worden,
das er mit dem neüen Franzößischen general, dem von Harcourt
Henri de Lorraine, comte d’Harcourt ( 1601–1666), vgl. APW [II A 1 S. 61 Anm. 1,] APK
10679–10680, Michaud XVIII ( 1857) S. 436–438 und NBG XXIII–XXIV ( 1858)
Sp. 339–341.
Barcellona verraisen soll, weiln man hofft, er, als der entstandnen Catelo-
nischen rebellion und abfalls urheber und anstiffter, werde die gemüetter
selbiger rebellen widerumb erfrischen und die vorhabende accommodation
mit irem alten herrn, dem könig in Hispanien, verhinderen könden.
PS D’Avaux reist diese Woche noch nicht nach Osnabrück.