Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster

[p. 1] [scan. 51]


1
Protocollum
2
zue Münster bey daselbst angestelten generalfriedenstractaten
3
anno 1644 gehalten.


4
1644 XI 27
Sonntag Chigi

25
Fabio Chigi (1599–1667), Bf. von Nardò, Nuntius in Köln 1639–1651, Bf. von Imola
26
und Kardinal 1652, seit 1655 Papst Alexander VII. Außerordentlicher Nuntius für den
27
Friedenskongreß seit Dezember 1643; als solcher in Münster seit März 1644. Vgl.
28
K. Repgen, Instruktion S. 79ff.
bei W. Bericht über die bisherigen Präli-
5
minarverhandlungen
. Noch neulich ist es über den Ausdruck delle due
6
corone fast zum Bruch gekommen

29
Vgl. APW III C 2,1 S. 211ff (1644 XI 8–21).
, weil ihn Servien wegen seiner Miß-
7
helligkeiten
mit d’Avaux

30
Claude des Mesmes (1595–1650), comte d’Avaux; Abel Servien (1593–1659), comte
31
de la Roche des Aubiers; als französische Gesandte in Münster seit 1644 III 17 bzw. IV 5.
nicht zulassen wollte. Schließlich haben Chigi
8
und Contarini

32
Alvise Contarini (1597–1653), Gesandter der Republik Venedig und Friedensvermittler;
33
in Münster seit 1643 XI 16.
erreicht, daß die Franzosen ihn annehmen und 1644 XII 4
9
ihre Proposition ausliefern wollen. Spanier

34
Diego de Saavedra y Fajardo (1584–1648), in Münster seit 1643 X 6; Dr. Antoine
35
Brun (1599–1654), in Münster seit 1643 X 26.
und Ksl.

36
Johann Ludwig Gf. von Nassau-Hadamar (1590–1653), ksl. Geheimer Rat, Reichshof-
37
rat, in Münster seit 1643 VII 30; Dr. Isaak Volmar (1582–1662), ksl. Geheimer Rat
38
1649, Reichshofrat, vorderösterreichischer Kammerpräsident, in Münster seit 1643 IX 8.
mit dem Modus ein-
10
verstanden
, nur will Nassau vorher mit Volmar und W reden. Der neue
11
Papst

39
Innozenz X. (Giambattista Pamfili 1574–1655), gewählt 1644 IX 15. Vgl. L. V.
40
Pastor XIV 1 S. 22ff.
hat keine neue Instruktion geschickt, doch mahnt Panciroli

42
Giovanni Giacomo Panciroli (gest. 1651), Kardinal 1643, Staatssekretär 1644. Vgl.
43
L. V. Pastor XIV 1 S. 30ff.
ständig,
12
auf den Beginn der eigentlichen Verhandlungen zu drängen. Mit Zustim-
13
mung
Ws hält Chigi für besser, nicht totam massam von allen bevorschwe-
14
benden irrungen auf einmal vor sich zu nehmen. W: Daß mit den Teut-
15
schen sachen der anfang billig zue machen were, weilen darinnen der krieg
16
zum lengsten gewehret, so viel geistliche vertrieben, stiffter, closter und
17
kirchen verwüstet und in der uncatholischen handen gerahten, die jugend in
18
der kezerey erzogen und die catholische religion undertruckt werde, der-
19
gleichen weder in Portugall, Cathalonien, Italien, noch auch den Nieder-
20
landen zwischen Spanien und Frankreich geschehe. Welches dem nun-
21
cio apostolico gar wol eingangen; und hierbey bedeuttet, daß er mit den
22
Franzosen starck in contrasto geweßen, daß man alle sachen separatim
23
puncten vor puncten ahn die hand nehmen, und was darin geschlossen,
24
alsobald allerseiz underschreiben und bekrefftigen möge, weilen er nuncius

[p. 2] [scan. 52]


1
in den sorgen begriffen, daß sonsten, wan man den generalfriedenschluß
2
hernechst aufsezen solt, newe difficulteten und andere mainung sich herfor-
3
thuen und also das ganze werck de novo disputirt werden dörfft, so zwar
4
von den Kayserlich und Spanischen angenommen, die Franzosische aber
5
hetten sich noch biß dato darüber nit erklehren wollen. [...] Alß von
6
I. H. G. eines armistitii

34
Zu den von Bayern und Köln seit Herbst 1644 betriebenen Bemühungen um einen allge-
35
meinen Waffenstillstand vgl. J. Foerster S. 272ff.
anregung gethan, hat der herr nuncius sich ver-
7
nehmen laßen, daß er absque eo gern das haubtwerck angreiffen wolt; es
8
werde sich alles und wohin allerseitz intentiones gerichtet, kunfftigen son-
9
tag zeigen, und darnach die resolution zu nehmen sein. [...].

10
Reck

36
Dietrich Adolf von der Reck(e) zu Kurl (1601–1661), Dompropst von Paderborn, Dom-
37
herr in Münster, kurkölnischer Geheimer Rat, seit 1650 Bischof von Paderborn; als kur-
38
kölnischer Sekundargesandter in Münster seit April 1644. Vgl. J. Foerster S. 9.
bei Saavedra. Die Spanier zur Übergabe der Proposition bereit, doch
11
zu befürchten, daß die Franzosen mit dem ihrigen gegen die bestimbte zeit
12
schwerlich fertig sein wurden, und wurde sich nun dießem negst ausweisen,
13
ob den Franzosen die handlung ernst seye oder nit. Herr dhombpropst
14
von der Reck meldete hierauf, daß in dem tractätl, critica monitio intitu-
15
lirt

39
Nicht zu ermitteln.
, zu finden, daß die Franzosen der mainung, mit Spanien allein leicht
16
zum frieden zu gelangen, hiengegen sonsten sich vernehmen ließen, daß sie
17
mit dem reich ohne Spanien bald pacisciren und verglichen sein wolten.

18
Darauf er, daß sein konig

40
Philipp IV. (1605–1665), Kg. von Spanien 1621.
nimmer gedencken würde, mit Franckreich
19
imperio Romano secluso sich einzulaßen, sondern daßelbe vielmehrers in
20
seinen vorigen stand befürdern und setzen zu helffen, verhoffe, es werde
21
das reich und deßen eingesessene chur- und fürsten eines gleichmeßigen
22
gesinnet sein, und unitis animis et viribus solche intention helffen promo-
23
viren. Dabey herr dhombprobst gedacht, das beste mittel wurde sein,
24
der andern seithen gute friedensgedancken zu machen, wan die gegen-
25
theylige progressus ahm Rhein kondten gehindert werden. Warauff er
26
Savedra, daß man dieses fur keine solche progressus zu achten, es hetten die
27
Franzosen mehrern vortheyl nicht erlangt, dan nur allein, daß sie sich Phi-
28
lipsburg bemächtiget

41
Die 1615 erbaute speyerische Festung Philippsburg war durch Turenne 1644 IX 12
42
erobert worden (vgl. F. W. Barthold II S. 495).
, hiengegen lieffen ihnen die sachen in Cathalonien

43
Zum spanisch-französischen Krieg in Katalonien vgl. J. H. Elliott.

29
dergestalt zuwieder, daß sie gezwungen, das volck meistens dorthin zu fuh-
30
ren, wadurch diesen orthen lufft wurde gemacht werden, alßdan coniunctio
31
armorum Hispanicorum mit des reichs sehr viel gutes richten kondte.

32
Warüber der herr dhombprobst des vorm jahr zu Paßaw vorgangenen
33
vergleichs

44
Passauer Konferenz zur Absprache des Feldzuges 1644 zwischen Ksl., Bayern und
45
Spaniern im März 1644 (vgl. F. W. Barthold II S. 482).
, und was dabey verabschiedet, erwehnet, und wie demselben so

[p. 3] [scan. 53]


1
schlecht nachkommen, auch die sachen diese campagnia in Niederland nicht
2
zum besten abgeloffen. Welches lezter doch von ihme Savedra gering
3
geachtet, mit vermelden, daß die Franzosen allda diesen sommer nichts dan
4
eine statt gewonnen, dagegen aber uber zehenthausend man verlohren
5
hetten, und seye solches daher kommen, daß sein konig die meiste forze
6
gegen Cathalonia gewendet, auch der Don Jan de Austria

36
Juan José de Austria (1629–1679), Sohn Philipps IV. von Spanien und der Maria
37
Calderona, Statthalter der Niederlande 1656–1659.
nicht herauß-
7
kommen, mit deme dan die sonst in beraitschafft gewesene rimesse gleich-
8
falß außngeplieben, die nun in kurzem mit ihme de Austria folgen würde.
9
Hierauff hat er eines armistitii dahin erwehnung gethan, daß, wie er ver-
10
nehme, Churbayern

38
Maximilian I. von Bayern (1573–1651), Hg. 1595/98, Kurfürst 1623.
darauf deuten solle, kondte es aber gar kein medium
11
ad pacem promovendam erachten, sondern werde viel mehr zu großerer
12
ruin im reich und andern incommodis und ungelegenheiten prompta occasio
13
sein. Man habe offters verspuhrt, daß man in Bayern, gleich in prosperis
14
gar zue groß, also, wan die sachen etwas wiedrig sich bezeigten, gar zu bald
15
abiect und kleinmütthig wurde, und sey die gefahr der Kayserlichen haubt-
16
armada ahn der Saal

39
Die ksl. Hauptarmee unter Matthias Gf. von Callas (1584–1647; zu ihm ADB VIII
S. 320–331 ) war auf dem Rückmarsch von Schleswig-Holstein von den Schweden fast
41
völlig aufgerieben worden.
weit großer bey Churbayern anpracht, alß sie in sich
17
were. Auff welches der herr dhombprobst, daß er eigentlich nicht
18
wisse, was es bey Churbayern des angeregten armistitii halber fur eine
19
meinung hab, soviel aber wol, daß die herren churfursten des reichs das
20
ihrige ferner gern beytragen und mit zuwircken wolten, daß das Romische
21
reich in vorigem stand conservirt und ein allgemeiner fried erlangt werden
22
möcht; des Gallasischen exercitus ubler zustandt were von Ihrer Kaiser-
23
lichen Majestät

42
Ferdinand III. (1608–1657), Kg. von Ungarn 1626, Kg. von Böhmen 1627, Römischer
43
Kg. 1636, Kaiser 1637.
durch dero reichsvicecanßlers

44
Ferdinand Sigmund Gf. Kurz von Senftenau (1592–1659), ksl. Geheimer Rat, Reichs-
45
vizekanzler seit 1637.
aigne abordnung endekht
24
worden. Der Savedra gedachte dießem nach, daß sie von den Franzoßi-
25
schen consiliis diese nachricht hetten, daß weilen sie versphurten, daß ihnen
26
so leicht nit sein würde, Spanien zu subiungiren, indeme die volcker nacher
27
Cathalonien soviel meylen wegs zu pringen, sehr kospar, sie ihre meiste
28
forze gegen das reich, des Rheinstrombs und Elsaß sich vollends zu impa-
29
troniren, kunfftigen fruling emploiren und gebrauchen wurden, welches zu
30
verhindern sein konig gleichfalß das eußerist vorkehren wurde; annecti-
31
rende, es sey zu verwundern, daß den Hessen so lang platz und der vorthel
32
in diesen landen in handen gelaßen werde. Welches lezter der herr
33
dhombprobst darmit bescheiden, daß zwarn viel gute occasiones zu hinder-
34
treibung der Hessischen progressen bevor gewesen, yedeßmal aber durch
35
ab- und anderwertz hinfuhrung der volcker außm craiß behindert wor-

[p. 4] [scan. 54]


1
den

36
Zur Rolle der westfälischen Kreisarmee 1644 vgl. J. Foerster S. 267f.
. Warauff er Savedra, daß dahero so viel mehr nottiger und zeitt
2
sein wolle, dießen craiß zu armiren.

3
1644 XI 28
Montag Nassau / Volmar bei W.

37
Vgl. APW III C 2,1 S. 221ff.
Nach den beiderseiti-
4
gen
Begrüßungsansprachen fragt Nassau, ob W der Übergabe der Proposi-
5
tion
am 4. Dezember zustimme. Deme I. H. G. geandtworttet, daß sie
6
ihro solches nicht allein wolgefallen ließen, sondern weren auch von Ihrer
7
Churfürstlichen Durchlaucht zu Collen dahin befelcht, omni meliori modo
8
den frieden ehest muglich befurdern zu helffen. Gestalt sie dan erpiethig,
9
wan hieruber red gepflogen werden sollt, ahn die von ihnen darzu be-
10
stimbte orth und zeit sich einzufinden. Dabei die Kayserlichen damaln
11
wie auch vorigen tags gegen den herrn dhombprobsten sich verlautten
12
laßen, daß sie die proposition dahin richten und begehren würden, alles
13
wiederumb in den stand zu sezen, darinnen es anno 1630 bey aufrichtung
14
des Mantuanischen friedens

38
Nach dem Tode des Hg. Vinzenz II. Gonzaga (1594–1627) führten Streitigkeiten um
39
die Nachfolge in Mantua-Montferrat zum Krieg zwischen Frankreich und dem Kaiser,
40
der durch den Regensburger Vertrag 1630 X 13 (Druck J. Dumont V 2 S. 615ff) bei-
41
gelegt werden sollte. Da Frankreich die Ratifikation verweigerte und die in Cherasco
42
1631 IV 6 und VI 19 geschlossenen Verträge (Druck J. Dumont VI 1 S. 9–12, 14–18)
43
sich auf die Regelung der italienischen Verhältnisse beschränkten, galt der Mantuaner
44
Erbfolgekrieg als Beginn der Auseinandersetzung zwischen Frankreich und dem Kaiser.
sich befunden, würde yedoch noch gelegenheit
15
geben, hieruber underdeßen weitters zu conferiren. Zwarn seyen von Ihrer
16
Majestät sie instruirt und befelcht, die Franzosen erstlich anzuhoren und
17
zu vernehmen, weiln es aber von den mediatoribus vorgeschlagen, wolten
18
sich denselben nicht endtziehen, damit nicht abermaln von der andern
19
seithen anlaß genommen würde, Ihrer Kayserlichen Majestät die moram
20
ungutlich zu imputiren, maßen sie Ir Kayserliche Majestät deßen auch
21
alberait avisiret hetten. Auß welchem scheint, auch der nuncius und
22
Venetus in mehr anderm sonderbar vermerckt, daß sie die Kayserlichen
23
ietzo etwas mehrers cordate gehen, und nicht erst wie zuvor alles nacher
24
hoff gelangen laßen. I. H. G. haben darnach de armistitio zu fragen
25
angefangen, ob sie in ein solches, wie es von den Franzosischen auf viele
26
jahr hinauß auf die bahn bracht worden sein solle, wurden consentiren
27
konnen. Worauf der Volmarn, daß er ein gewisses scriptum in handen,
28
welches hiesige Franzosische plenipotentiarii nacher Pariß geschickt, wor-
29
innen pro et contra daruber disputirt, und endlich dahin concludirt, daß
30
mit den Spaniern ein langes armistitium wol wurde zu schließen, dieselbe
31
auch darzu leicht zu permovieren sein würden. Alß aber I. H. G. wegen
32
des reichs in specie gefragt und wie hochschädlich dergleichen sein werde,
33
remonstrirt, mit vermelden, daß bey Spanien eben diese rationes militireten,
34
und dahero soviel weniger glauben konten, daß selbige cron darzu verste-
35
hen werde. Hat er Vollmar geandworttet, wiße deßwegen der Spani-

[p. 5] [scan. 55]


1
schen intention nit. I. H. G. sezten ferner hiernzu, daß Ihre Churfürst-
2
liche Durchlaucht zu Collen in sonderheit viele considerationes bey einem
3
solchen armistitio hetten, und sonsten doch daß Ihrer Majestät

34
Ferdinand II. (1578–1637), Erbe der innerösterreichisch-steiermärkischen Länder 1590,
35
Kg. von Böhmen 1617, Kg. von Ungarn 1618, Kaiser 1619.
anno 1636
4
uberreichtes collegialguttachten

36
Vgl. H. Haan S. 153, K. Bierther S. 304ff, zu den Kölner Bedenken J. Foerster S. 273f.
hierinnen ihres ermessens in obacht gehal-
5
ten werden müste. Fragten demnegst weitter, ob under der restitution a
6
tempore des Mantuanischen vergleichs alle oder allein die Teutsche sachen
7
begriffen, weilen Ihrer Majestät allergnädigste mainung sey, maßen sie ihnen
8
gesanden, wie I. H. G. berichtet, noch mit vorlengst zugeschrieben, vor allen
9
andern die Teutsche sachen vorzunehmen. Uber welches beyde sie der
10
graff von Naßaw und Volmari einander angesehen, und nicht bestendig,
11
ob ihnen dergleichen befelch zukommen oder nit, geandworttet. Damit
12
es aber das ansehen nicht gewünne, ob wolten sich die herren churfürsten
13
von den Spanischen sowol in Braband alß außer reichs separiren, haben
14
I. H. G. subiungirt, daß alsdan gleich darauf mit den Franzosen die auß-
15
landische Spanische strittigkeiten, auch mit den Hollandern die Brabandi-
16
sche tractirt und vorgenommen werden konten [...].

17
Servien erkundigt sich bei Bischoping

37
Johann Bischoping, Osnabrücker Offizial und Rat, neben dem Domdechanten Johann
38
von Melschede Vertreter Ws für das Stift Osnabrück.
, ob W den ersten Besuch der Fran-
18
zosen erwidern werde, bevor er die Spanier aufsuche. Bischoping antwortet
19
nach einigem Zögern, er glaube, daß W die Gegenbesuche in der Reihen-
20
folge der Besuche machen werde. Servien besteht darauf, daß auf jeden
21
Fall der Gegenbesuch den Franzosen zuerst zu machen sei.

22
D’Avaux/Servien bei W. D’Avaux proponiert französisch, W antwortet
23
italienisch. Versicherung der Friedensliebe aller Kurfürsten, die gleiche
24
Gesinnung habe der Kaiser. Warauf der conte d’Avaux, daß sie ahn
25
des Kaysers guten intention gar nit zweiffleten, dan ihnen wol bewust, wie
26
from die fürsten vom hauß Osterreich weren. Allein taugen die ministri,
27
und sonderlich das vor etlich jahren new angeordnetes consilium Hispani-
28
cum

39
Von einem ‚Spanischen Rat‘ unter Ferdinand III. ist sonst nichts bekannt; im übrigen
40
entspricht der Vorwurf der auch im Reich üblichen Kritik am angeblichen Einfluß der
41
Spanier in Wien.
nichts, und seyen die einzige ursach ahn diesem krieg, das die Spanier
29
sich in die reichsachen eintringen, zugelassen werden, und ihnen alle assi-
30
stentz beschehe. Auff dieses haben I. H. G. replicirt, wan man von den
31
ministris reden wolte, wüste ein yeder, wie es in Franckreich under einem
32
so frommen konig

42
Ludwig XIII. (1601–1643), Kg. von Frankreich 1610, zuerst unter der Regentschaft
43
seiner Mutter Maria de’ Medici (1573–1642).
bey des cardinals Richelieu

44
Armand Jean du Plessis (1585–1642), duc de Richelieu, Kardinal 1622, leitender
45
französischer Minister seit 1624. Vgl. die Biographie von C. J. Burckhardt.
zeiten hergangen. Wor-
33
auf der d’Avaux geandworttet, in Engelland hette man deßgleichen erfah-

[p. 6] [scan. 56]


1
ren, da selbiger könig

35
Karl I. Stuart (1600–1649), Kg. von England 1625.
ihres konigs guter freund gewesen, und doch auß ver-
2
laithen des Bockingang

36
George Villiers (1592–1628), Hg. von Buckingham, Minister Karls I. von England,
37
Führer der englischen Expedition zum Entsatz von La Rochelle (1627).
gegen Franckreich ein krieg angefangen worden.
3
Wie der conte duca

38
Gaspar de Guzmán y Pimentel (1587–1645), Conde Duque de Olivares, duque de San
39
Lúcar la Mayor, Minister Philipps IV. von Spanien 1621–1643.
gehaußet, finde sich ietzt, und seye es auch beym ver-
4
storben pabst Urbano, deßen vettere newlich krieg in Italien ohn sein
5
vorwißen veruhrsachet

40
Maffeo Barberini 1568–1644, Papst Urban VIII. 1623; zum Castrokrieg 1641–1644
41
vgl. L. V. Pastor XIII 2 S. 863ff.
, anderst nicht hergangen. Vermeldeten dießem
6
negst I. H. G., es scheine, daß die größte herrn, wan sie schon from, dan-
7
noch ubel bediehnt sein, und were die maledictio soviel de großer, daß wan
8
einer abgienge, ein anderer succedirte und die hern auf die regierung nicht
9
selbst sehen thetten. Deme die Franzosische gleich darauf endgegen-
10
gestelt, daß auf den fürsten von Eckenberg

42
Johann Ulrich von Eggenberg (1568–1634), Reichsfürst 1623, Hg. von Krumau 1625,
43
Reichshofrat, Obersthofmeister und Direktor des Geheimen Rates seit 1619.
der graff Trauttmanstorff

44
Maximilian Gf. von Trauttmansdorff (1584–1650), Reichshofrat, Obersthofmeister und
45
Geheimer Rat, Minister Kaiser Ferdinands III.

11
gefolgt were. I. H. G. rededen wider darein, zu Pariß folgte man ietz
12
des Richelieu modo et intentioni ganz nach. Er aber faret fort: Was die
13
churfürsten anlangete, wißen sie im ganzen collegio keinen, der des friedens
14
mehr vonnöthen und promoviren sollt und konte, alß Churbayern, warahn
15
dan ietzt so viel weniger zu zweifflen, weiln sie vernehmen, daß Ihre Chur-
16
fürstliche Durchlaucht einen anhero abzuordnen bedacht seye. Haben
17
dabey der person deßelben curiose nachgefragt, obs auch eine solche wer,
18
deren sowol Churbayern alß auch sie zu trawen hetten. Welches I. H.
19
G. dahin bescheiden, Churbayern habe ihro unlengst zugeschrieben, daß
20
von dero räthen in kurzem anhero abschicken wolten, und zweiffleten nun
21
nicht, es werden dieselbe hierzu in re tanti momenti ein solch subiectum
22
außgesehen haben, deme sie ihre gedancken und intentiones vertrawen kon-
23
ten. Addidit comes de Avaux, Churbayern seye nunmehr ein so hohen
24
alters, hetten billich zu bedencken, wan der fried noch lenger hienauß ver-
25
schoben werden solte, in was unruhe sie dero hauß, und unsichern interesse
26
laßen würden. Hetten bey Kayserlicher Majestät und dem reich solche
27
autoritet, auch die existimation außer demselben, daß sie sehr viel bey den
28
sachen thun kondten. Warnach er der Spanier dergestalt gedachte, daß sie
29
uberall die gute intentiones verhindern thetten, und den frieden nicht
30
begerten, und darauff stillschweigend I. H. G. starck angesehen. Die
31
ihme geandtworttet, sie seyen wegen der reichsachen committirt, und dar-
32
umb alhier, wolten die Spanier nicht endschuldigen noch culpiren. Wor-
33
auff der d’Avaux sowol alß Servient, daß es deßwegen nit gesagt, wolten
34
aber wünschen, daß sowol Ihre Kayserliche Majestät alß das reich ihrer

[p. 7] [scan. 57]


1
sich ab- und endschlagen thetten, zumaln ihnen gnug bekand, wie zue Wien
2
und anderwertz die consilia von denselben dependirten, waruber Teutsch-
3
land also leiden müste. Wan Ihre Majestät und das reich sich mit Spanien
4
nit mellirten, und dergestalt verlaithen ließen, hette Franckreich nichts zu
5
praetendiren, und were alßdan bastand genug, sein konigreich in guetten
6
standt, auch Spanien in terminis zu halten. Man habe gesehen, was die
7
Spanier bey dem Mantuanischen krieg, auf des von Savoya und guberna-
8
toris zu Milano sollicitiren

37
Durch Karl Emanuel I. (1562–1630), Hg. von Savoyen 1580, und Gonzalo Fernández
38
de Córdoba (1585–1635), principe di Maratea, Gouverneur von Mailand 1625–1627,
39
war 1627 die erste Absprache zur Aufteilung Mantuas und Ausschließung des von Frank-
40
reich begünstigten Carlo Gonzaga (1580–1637), Herzogs von Rethel, getroffen worden,
41
woraus der Mantuaner Erbfolgekrieg entstand.
angefangen, daß der Kayser gegen der chur-
9
fürsten wissen und willen so viel volcks und regimenter hieneingeschickt.
10
Sie Franzosische wusten den vergleich zwischen Spanien und Savoya gar
11
woll, der under ihnen sonder zweiffl ohn des Kaysers vorwissen gemacht,
12
wie sie das herzogthumb Mantua nach dessen eroberung under sich theylen
13
wolten, gestalt solchen vergleich in handen hetten und vorzeigen kond-
14
ten. Alß hierauf I. H. G. replicirt, daß sie bey dem Mantuanischen frieden zu
15
Regenspurg, deme in nahmen Franckreich monsieur Leon und P. Joseph
16
mit beygewohnt

42
Charles Brulart (1571–1649), prieur de Léon, und P. Joseph (François Le Clerc du
43
Tremblay, 1577–1638), französische Bevollmächtigte in Regensburg 1630.
, auch geweßen; were zu bethawren, daß a parte Franck-
17
reich von demselben sobald abgewichen, maßen sich gemelter Leon selbst
18
uber des P. Josephs unbestendigkeit darmaln beklagt. Auf welches I. H.
19
G. der d’Avaux in die red gefallen, und vermeldet, der Pater Joseph seye
20
der gröste diener vom hauß Bayern geweßen, der dem konig und cardinal
21
Richelieu allezeit gerathen, daß man von seithen Franckreich Churbayern
22
wol in hohe obacht halten solte, zumaln er derjenige, wadurch das reich
23
bey seiner libertet und iure pleiben kondte. I. H. G. andwortteten hier-
24
auf, daß wol zu wünschen were, daß Ludwig XIII. die gute affection,
25
welche er bey anno 1623 auf Bayern transferirten chur und sonsten gegen
26
der catholischen liga bezeigt, continuirt, und dabey conservirt were wor-
27
den. Es hetten aber die letzte zeitten ein anders und zwarn dieses außge-
28
wießen, daß man mit gantzen armeen allein auf Churbayern gangen, und
29
selbigem hauß zum hefftigsten zugesetzt, auch die liga zu disolvieren zuvor
30
verursacht hette. Worauff der Servient, was dieserthalb gewesen, seye
31
vorm jahr, auch bey einnahmb Breysach

44
Erobert durch Hg. Bernhard von Sachsen-Weimar (1604–1639) 1638 XII 17 nach Ab-
45
wehr der ksl.-bayerischen Entsatzarmee in der Schlacht bei Wittenweier 1638 VIII 9.
geschehen. Deme I. H. G.
32
hinzugesetzt, diese und andere coniuncturn, so noch vor sein möchten.

33
Setzte demnach Servient ferner hinzu, Curbairische und ligistische,
34
welche hetten sich mit Spanischen und Kayserlichen melliret, und in Frank-
35
reich gefallen. Darauf I. H. G. geantwort, sie wusten sich deßen nit zu
36
erinneren, daß Curbaieren oder die liga Galliam offendiert hetten, aber wie

[p. 8] [scan. 58]


1
sie in das reich khommen, und sich gegen menniglich divisirn und coniunc-
2
tim mit ihren allierten feindlich bezaigt, hette man zur defension abgetrun-
3
generweise schreiten und die hend nit in den sakh schieben muiessen.

4
Der d’Avaux sagte dießem nach, schwerlich werde der fried im reich, es
5
pleibe dan daselbe, nemblich deßen eingesessene chur- und fürsten, im alten
6
freien stand und daß die Spanier deren sachen nit also dirigirten und sich
7
einmischeten, zu hoffen sein. I. H. G. hierauf, es wehre wol zu wun-
8
schen, daß die sachen in dem stand gelaßen, warin sie gewesen, alß der
9
konig in Franckreich die chur aufs hauß Bayern zu promoviren sich erpot-
10
ten und die catholische liga, dardurch die conservation der reichsconstitu-
11
tionen und der Teutschen libertet merer zu hoffen gewesen, mit befürdert,
12
nicht aber nachgehendts mit den uncatholischen eine solche liga gemacht,
13
mit kriegsgewalt das reich angefallen, und chur- und fürsten von ihren lan-
14
den vertrieben; da dan große occasion geben worden, solche desto mehrers
15
zu dissolviren, und weren die vertriebene aliis armis restituiert, welche dan
16
umb deßwillen ihnen auch merer obligat seyen. Deme der conte
17
d’Avaux beyfall geben müßen, mit vermelden, daß man deme billich obli-
18
girt, der solche gutthat ahn einem erwiesen. I. H. G. subiungirten, ihr
19
der Franzosen principium, wie sie sagen, sey conservatio libertatis im reich,
20
und daß daßelbe ahn andere außwendige sich nicht solle hangen, sed
21
medium non esse adaequatum ad finem, welches die cron Franckreich
22
dabey hette und gebrauchte. Wavon der d’Avaux einen absprung
23
nahme und sagte, daß das beste und hochste kleinod des reichs seye die
24
electio eines Kaysers. Nun hette das hauß Osterreich und Spanien von so
25
vielen jahren hero die churfürsten dergestalt im zwang gehalten, daß sie
26
außer demselben keinen andern nehmen konnen, wadurch das reich ganz
27
erblich gemacht, welches Franckreich nicht konte leiden, aber eben darumb
28
nicht, daß sie ihren konig

40
Ludwig XIV. (1638–1715), Kg. von Frankreich 1643, bis 1651 unter der Vormund-
41
schaftsregierung seiner Mutter Anna von Österreich (1601–1666), Schwester Kg.
42
Philipps IV. von Spanien.
zum Kayserthumb zu pringen gedächten, sondern
29
seyen vielmehr solche considerationes und inconvenientien, auch ihr scha-
30
den dabey, welche dadurch ihrem konigreich zuwachßen würden, daß sie
31
wol versichern konten, daß dazu yemalen einige affectation nit geweßen,
32
auch noch nit seye, und were zu bestethigung deßen dießes allein genug,
33
daß der Kayser im reich würde pleiben müßen, welches aber ihrem konig
34
ob metum rebellionis in Franckreich zumalln nit dienlich. Da aber Chur-
35
bayern oder hernegst ein anderer vom hauß Bayern, oder auch der her-
36
zoge von Newburg

43
Wolfgang Wilhelm (1578–1653), Pfalzgf. von Neuburg 1614, Hg. von Jülich und Berg.
(weiln von so hohen fürstlichen häußern keine an-
37
dere catholische sonst weren), wie vor diesem mit Ludovico

44
Ludwig IV. (1282–1347), Hg. von Bayern, deutscher König 1313, Kaiser 1328.
und ande-
38
ren, auch geringern stenden geschehen, darzu genommen, wurde das ius
39
imperii stattlich erhalten, auch sie die Franzosen satisfaction haben kön-

[p. 9] [scan. 59]


1
nen. I. H. G. ließen hierbey mit einlauffen, daß vor dießem zwar auch
2
gar graffen zu Kaysern elegirt worden weren, die coniuncturn aber und
3
sonderlich die ietzige ruina auß den bißherigen kriegen, da alle stende auf
4
den grad verdorben, erliedens nicht, daß der splendor imperii konte erhal-
5
ten werden. Welches wahr zu sein, der d’Avaux beandtworttete, und
6
seye offenbar, wie die sachen im reich bewandt, daß auch die Kayserliche
7
hoffhaltung ohne Spanien nit bestehen kondte. Wan aber ein anderer zum
8
Kayserthumb kommen, konte derselb auch anderwertz her, da er wolt, assi-
9
stenz haben. Worauf I. H. G. concludirten, daß das reich einen Kayser
10
hette, so noch jung; wan hernegst eine vacatur sich begeben solt, würden die
11
herren churfürsten dabey sonder zweiffel des reichs bestes und libertet wie
12
bißhero in guter obacht halten.

13
Oberst Leutersheim

42
Johann Frhr. von Leutersheim, ksl. und kurkölnischer Offizier.
fragt auf Wunsch des in seinem Hause wohnenden
14
spanischen Gesandten Brun an, ob W zum Tod der Königin

43
Elisabeth von Frankreich (1602–1644), Gemahlin Philipps IV. von Spanien, gest. 1644 X 6.
kondolieren
15
und dazu den ersten Besuch machen werde. W ist zu einem Kondolenz-
16
besuch nach vorheriger Notifikation des Todesfalles und nach Vortritt der
17
ksl., päpstlichen und französischen Gesandten bereit, die erste Visite zu
18
geben ist er nicht instruiert.

19
Reck bei Nassau/Volmar. Nassau erläutert die spanischen Argumente
20
wegen des Kondolenzbesuches: Um zu zeigen, daß es sich um einen Aus-
21
nahmefall handle, möge W ihn außerhalb der Reihe, am besten vor den
22
Gegenbesuchen beim Nuntius, den Ksl. und den Franzosen abstatten.

23
Reck: Besser unter Hinweis auf den Trauerfall der Besuchswechsel
24
mit den Spaniern ganz zu verschieben, als außerhalb der Ordnung vorzu-
25
gehen
. Man werde nit begehren, daß I. H. G. mit dem herrn nuncio und
26
auch ihnen den Franzosischen dißhalber in disputat sich einlaßen oder
27
merer uneinikait und difficultet erwekhen solte, wie dan auch noch erst
28
heut in discursu bey I. H. G. leuten vermeldet, sie wolten den herren chur-
29
fürsten alle gebuhrende ehr bezeigen, und hingegen der hoffnung leben,
30
daß man ihnen gleichfalß, was ihnen gebührt und sie hergebracht, würde
31
geben wollen. Hierauf sagte der graff von Naßaw, daß diß eben das-
32
jenig, waruber die Spanische sich beklagten, daß man mehr auf offension
33
Franckreich alß Spanien sehen thette, da doch der konig in Spanien die
34
praeferentz im reich vor Frankreich gehabt. Zue Rom were es ein anders
35
und sey auch dieses, was aniezt der condolirung wegen praetendirt, ein ca-
36
sus plane extraordinarius, und wurden sie sich endlich damit befriedigen,
37
wan auch solches schon gegen den abendt nur mit zwey pferden in der gut-
38
schen geschehe. Warauf der dhombprobst, daß die notificatio nohtwen-
39
dig formaliter geschehen und vorhergehen müste. Zudeme auch die Fran-
40
zosische solches noch nicht verrichtet, und doch die anverwandtnus zwi-
41
schen denen beyden cronen so groß were. Der graff von Naßaw andwort-

[p. 10] [scan. 60]


1
tete, daß die Kayserliche beraitz bey ihnen gewesen, auch die Franzosische
2
vermuthlich bald wurden folgen, vermeindt aber sonsten, daß die ordnung
3
eben dergestalt hierin nit zu halten; wan dieser vorschlag gegen den abend
4
nicht solte practicabel befunden werden, wüsten nit, ob die Spanische auch
5
die visita ohne befelch den curfürstlichen wurden geben konnen, und seye
6
die notificatio per excusationem factam wegen nitendgegenschickens eo ipso
7
gnug geschehen. Welches alles herr tumbrobst ad referendum aufgenommen.

8
1644 XI 29
Dienstag Contarini bei W. Nach gegenseitigen Beteuerun-
9
gen
des Friedenswillens äußert Contarini, daß zwischen Spanien und
10
Franckreich frieden zu machen, nit sonderbar viel difficulteten haben
11
werde. Befinde die ganze sach in 4 oder hochstens 5 puncten bestehen,
12
welche alle, seines ermessens, wol zu superiren sein werden, das Teutsche
13
wesen aber komme ihm ahm allerbeschwerlichsten vor, zumaln soviel
14
haubter im reich weren, soviel chur- und fürsten, die alle ihr hohes interesse
15
movirten und hetten. Hierauf haben I. H. G. geandtwortet, daß man,
16
soviel Spanien und Franckreich anlangete, offt gesehen, obgleich zwischen
17
selben frieden gestifftet, doch das innatum odium und aemulation baider
18
nationen nicht aufgehebt werden konnen, darauß dan allzeit wiederumb
19
newe krieg endstanden, die auch durch so vielfeltige reciproca matrimonia
20
auch bey diesen zeiten nit zu verhütten gewesen, stunde dahero nit wenig
21
zu zweifflen, ob der friede zwischen obgemelten beyden cronen leichter
22
alß dem reich und Franckreich werde zu erheben sein. Sey sonsten nit ohn,
23
daß die Teutsche sachen zu componiren etwas schwer sein wolte. Wan aber
24
das reich von den außwendigen bey seiner libertet, splendor und unange-
25
fochten gelaßen, consequenter die reichsconstitutiones und fundamental-
26
sazungen in vigore geplieben, wurde regula facilis sein, zum inwendigen
27
frieden zu gelangen. Und obgleich in imperio ab uno seculo et ultra divisio
28
religionis endstanden, und man dahero im reich selbst in principiis discre-
29
pant gewesen, hette man sich doch, ehe die außwertige frembde nationes in
30
die reichssachen sich gemischt, all noch miteinander betragen konnen.

31
Welches er pottschaffter zwar nicht wiedersprochen, kurz aber darnach
32
vermeldet, daß doch geistliche und andere im reich, die sich uber den
33
Prager friedenschluß

41
Der Prager Frieden 1635 V 30 zwischen dem Kaiser und Kursachsen (Druck: J. Dumont
42
VI 1 S. 88–101) hatte als Normaljahr in den kirchlichen Fragen 1627 festgesetzt und die
43
Wiederaufnahme entgegenstehender Rechtsansprüche für 40 Jahre vertagt.
so hoch beschwerden, und ungern sehen, wan derselb
34
in seinem esse verpleiben solte; fiele bald hiervon ab, und sagt, daß sichs
35
gegen negst sontag herfurthun und zeigen wurde, were lust zum frieden
36
und was fur mittel darzu yeder pringen werde. Were nun iezt rechte zeit
37
hieran fleißig zu arbeithen, dan er nicht absehen konte, daß der fried, stan-
38
tibus armis in campagnia zu erhalten, weiln ein und ander auf ein gluck-
39
lichen vorstreich, oder victori yederweil wartten werde. Aniezo, weilen der
40
winter die exercitus ausm feld treibe, und man ein monat 6 oder 7 gleich-

[p. 11] [scan. 61]


1
sam treves haben konte, muste die handlung starck getrieben, zum fall aber
2
underdeßen der fried nit perfectirt, nohtwendig solch armistitium den
3
sommer hindurch verstreckt werden. Worauff I. H. G. geandtworttet,
4
der winter seye zwar zur handlung die bequembste zeit, allein müste man
5
vernehmen, ob und mit was conditionen et quo modo dem gemeinen wesen
6
nutzlich ein anstand der waffen zu bewilligen. Warauf er pottschaffter
7
allein, die occasion würde alles geben und lehrnen, geandwort. Und meldete
8
hernach, alß weittere red von den tractaten vorfiele, daß biß dato darahn
9
und in negotiis imperii große hindernus verspührt, indeme die Kayserliche
10
abgesandten wo nit alles, doch meistens ad referendum genommen, und
11
darauß erst nachfolgend Ihre Majestätt mit den herrn churfürsten, die weit
12
voneinander gesessen, communicirt, welches dan alberait so viel monat zeit
13
hinweggenommen; wolle aber nunmehr hoffen, weilen I. H. G. alß chur-
14
fürstlicher deputirter alhier, auch der Churbrandenburgische kommen solt

40
Kurköln und Kurbrandenburg waren als Deputierte des Kurkollegs für die Verhand-
41
lungen mit Frankreich auf dem Regensburger Kurfürstentag 1636 bestimmt und auf
42
dem Reichstag 1640/41 bestätigt worden; daneben konnten die Kurfürsten auch einzeln
43
deputieren. Vgl. H. Haan S. 144ff, Reichstagsabschied 1641 X 10 ( Reichsabschiede
44
III S. 548–574); zur Vertretungsfrage insgesamt W. Becker S. 133ff.
,
15
man furterhin so viel zeit mehr nit werde verliehren müßen. Entschuldi-
16
gung
, daß er erst nach den Franzosen zu W gekommen ist; er hat bei diesen
17
schon geklagt, daß sie ihm als Vermittler nicht den Vortritt gelassen haben.
18
Reck bei Nassau: W kann wegen des Kondolenzbesuches nicht nachgeben,
19
sondern muß gemäß seiner Instruktion bei den beiden rivalisierenden
20
Mächten Frankreich und Spanien die Besuche in der Reihenfolge ablegen,
21
wie sie ihm gemacht werden. Zudem ist von Kurköln noch kein Kondolenz-
22
schreiben
, wie es bei solchen Gelegenheiten überreicht wird, eingetroffen; fer-
23
ner
muß W den Kondolenzbesuch der Vertreter Frankreichs abwarten, das
24
mit Spanien näher verwandt ist. Deshalb brächten die Spanier besser in
25
dieser Materie nichts vor. Kurköln und W seien zu vertraulicher Zusam-
26
menarbeit
bereit, wurden sich aber in diese differenz zwischen den beyden
27
cronen nicht stecken, gestalt auch solches cum ratione vel ex debito vel con-
28
suetudine nicht konne praetendirt werden. Zwarn were ihnen dieser vor-
29
theyl, welchen sie gegen die Franzosen sucheten, wol zue gönnen, muste
30
aber solches ohn verweiß und nachtheyl des tertii geschehen. Hierauf
31
replicirte der graff von Naßaw, ad instantiam der herren Spanischen
32
hetten sie nit underlaßen konnen, dieses vorzupringen, und were er noch
33
der bestendigen mainung, daß ein solches sich begertermaßen wol wurde
34
thun und verandtwortten laßen konnen, und daß die Franzosische keine
35
ursach haben würden, wan der herr nuncius und sie Kayserliche mit der
36
revisita so lang praeteriirt, sich deßwegen zu beschwern oder offendirt zu
37
halten. Und wie man hierin auf die Franzosen ein solche reflexion machen
38
thette, also muste man auch gedencken, daß wenigers nit von Spanien, wan
39
hierinnen nicht willfahret, wurde empfunden werden. Und nachdemaln sel-

[p. 12] [scan. 62]


1
bige cron bey dem reich biß dato so viel gethan, beyde Churfürstliche
2
Durchlauchten auch zu Collen und Bayern sie vor Franckreich allezeit
3
tractirt und gehalten, so hette deßhalber iezo auf die Franzosen nit zue
4
sehen. Sie sowohl alß der nuncius apostolicus hetten diese condolenz gestert
5
alberait verrichtet, die Franzosische auch ehest solches thun würden.

6
Warauf ihme graffen der sachen disparitet abermal remonstrirt und da-
7
bey geplieben, daß man bey demjenigen, welches in instructione, sich noht-
8
wendig wurde halten mußen, und wurden die herren Spanische sich wol zu
9
bedencken haben, ob ihnen dienlich, diesertwegen gegen die herren chur-
10
fürsten umb dieses dergestalt und bei diesen coniuncturn sich zu resentiren,
11
und deren gesandten die visita, biß sie erst bescheid von Spanischen hoff be-
12
kommen, zu verwaigern; dan I. H. G. sich auch von Curcoln und dieselbe
13
zweifelsohne bei den andern herrn curfursten gleichergestallt sich befragen
14
und derweil mit allen complimenten inhallten muesten [...].

15
Auf Wunsch Nassaus wiederholt Reck diese Argumente später vor
16
Nassau/Volmar mit dem Zusatz, daß man sich a parte I. H. G. auf das,
17
was von ihnen, den Kayserlichen, monirt, ob wolte mehr auf der Franzosen
18
alß Spanier disgusto reflexion gemacht werden, nicht, sondern auf das
19
herkommen fundiret. Im übrigen hat auf Klagen, daß am Wiener Hof
20
Venedig und Florenz den Kurfürsten vorgezogen würden, Trauttmansdorff
21
erklärt, man müsse Gäste mehr als Einheimische ehren; welches principium
22
sich alhier alß gegen die, welche wieder Ihre Kayserliche Majestät die
23
waffen fuhrten, selbige zu gewinnen, beßer appliciren und gebrauchen laße,
24
weiln ohne das die Spanische wegen der Niderlendischen provincien und
25
sonsten vom reich sein wollen. Außerdem hat W den Franzosen schon
26
versprochen, sie ehestens zu besuchen. Auff welches die Kayserlichen
27
nachmals replicirt, diß sey eine ganz extraordinari werck, und konte
28
in hoc conventu ietzt bey diesem casu etwas eingefuhrt werden, darnach
29
man sich kunfftig hette zu reguliren. Darauf I. H. G. beandworten las-
30
sen, wan man ein nuewes caeremonial allhie machen wolle, muesten alle
31
interessenten darzu geruffen werden und darein consentieren. Wobey der
32
Vollmari, daß Spanien des vorgehens in possessione im reich were, von
33
Kayserlicher Majestät sie auch befelcht, demselben hierinnen zu assisti-
34
ren. Als die Ksl. sehen, daß entgegen ihren Argumenten auf der
35
Instruktion bestanden wird, schlagen sie vor, daß W die Spanier nicht per
36
modum visitae, sondern condolentiae zuerst besucht, die Spanier dann zur
37
Danksagung zu W, darauf nochmals zum ersten Besuch kommen und dann
38
W den Gegenbesuch macht. Reck will dazu keine Erklärung geben, sondern
39
an W berichten.

40
1644 XI 30
Mittwoch [...]. W bei Chigi. Dieser äußert, er sei be-
41
felcht, auf einen frieden bey allen theylen zu tringen; und da müglich
42
selbigen innerhalb ein oder zwey monathen zu erhalten, solt ers nicht auf-
43
schieben, gestalt er sich darzue aller muglichkeit befleißen wolle, außer

[p. 13] [scan. 63]


1
was pro ratificatione habenda hernacher fur zeit würde erfordert werden.
2
Erwartte dahero mit großem verlangen, was gegen negst sontag herauß-
3
kommen, und fur apertur zum frieden sein werde.

4
Audienz für Deputierte des Domkapitels Münster

38
Die Domherren Otto Heinrich von Korffgen. Schmising (gest. 1664), Domherr in Mün-
39
ster und Osnabrück, und Arnold von Vittinghoff-Schell (gest. 1666) sowie der Kapitel-
40
syndikus Dr. Albrecht Borchorst.
, die um Berücksichti-
5
gung der Anliegen des Stiftes bei den Verhandlungen, besonders um völlige
6
Kontributionsbefreiung

37
6 bitten] Eo usque Churcollen und Bayern den 2. Decembris communicirt.
bitten.

7
1644 XII 1
Donnerstag W bei Nassau / Volmar

41
Vgl. APW III C 2,1 S. [224f] .
. Er stellt sich vor als
8
Vertreter des Kurfürsten von Köln, nachdem dieser mit Brandenburg

42
Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg (1620–1688), Kurfürst 1640.
zum
9
Deputierten des Kurkollegs bestimmt und es daneben den Kurfürsten frei-
10
gestellt sei, auch einzeln zu den Friedensverhandlungen zu deputieren.

11
Die Ksl. teilen ihre Proposition mit, die am 4. Dezember übergeben
12
werden soll

43
Vgl. unten S. 16 Anm. 3.
. W berichtet über sein Gespräch mit den Franzosen und
13
fragt nach der Beschaffenheit der venezianischen Interposition, da hierüber
14
vom Kaiser an die Kurfürsten nichts mitgeteilt worden sei. Volmar: Die
15
Republik ist zum interpositorn directe nicht angenommen, sondern, wie sie
16
zu Pariß zu vergleich- und außwechßlung der salvorum conductorum ge-
17
braucht worden, hetten sie dadurch occasion gesucht, bey der interposition
18
folgendts sich zu manuteniren, und also Ihre Kayserliche Majestät beden-
19
ckens gehabt, sie absolute zu refusieren, wurde aber dannoch nun von Ihrer
20
Majestät sowol alß den andern cronen expresse dafur erkendt und gehalten.
21
Der pottschaffter sey sonsten ein gar wackers subiectum, so biß daher bey
22
den sachen viel guts gethan, und in abhandlung der praeliminarien den
23
Französischen zimblich starck zuegesprochen hette. Diesem nach [...]
24
gedachten I. H. G. der Spanischen suchen ratione condolentiae. Sie konten
25
bey ihr einmal nicht befinden, warumb sie den Spanischen hiermit die erste
26
visitam geben solten, zumaln eines andern expresse instruirt weren, auch
27
I. H. G. sowol der Pabstliche, alß Kayserliche, Franzosische und andere
28
zuvor besucht hetten, und sie denselben nohtwendig erst hinwieder die revi-
29
sita geben müsten. Were auch insoweit res nit mehr integra, weilen
30
I. H. G. zu verhuttung disgusto den herrn nuncium alberaiz revisitirt, auch
31
ihnen den herrn Kayserlichen aniezo dergleichen geschehe. Ob aber ihnen,
32
wan allen gesandten die revisita gegeben, die rew zuvor klagten möchten,
33
sey ein casus, welcher, alß nit vorgesehen, in ihrer instruction nit begriffen,
34
dahero sich auch darzu nit erklehren konden, sonderlich ehe und bevor for-
35
malis intimatio des todlichen abfalß der königin von ihnen, herrn Spani-
36
schen, gleich anderen gesandten geschehen, vorgangen. Um aber, soweit es

[p. 14] [scan. 64]


1
ohne Präjudiz für andere möglich ist, den Spaniern entgegenzukommen,
2
will W auf den von Reck übermittelten Vorschlag eingehen, mit den
3
Spaniern nach formeller Anzeige des Todesfalles Kondolenzbesuch und
4
Gegenvisite wechseln und danach die erste Formalvisite erwarten, was
5
die Ksl. für billig halten.

6
Bei Absprache des Termins für die Revisite bei den Franzosen zeigt sich,
7
daß d’Avaux und Servien streiten, ob der Besuch für beide bei d’Avaux
8
stattfinden soll. Als W erfährt, daß Chigi, die Ksl. und die Spanier zu-
9
nächst d’Avaux und bei seiner Ankunft Servien besonders besucht haben,
10
beschließt er, auch so zu verfahren.

11
W bei d’Avaux. Nach den Begrüßungsformalitäten und Beteuerungen der
12
Friedensbereitschaft W: Er hoffe, daß der gute effectus die gantze welt
13
erfrewen, und sich künfftigen sontag cogitationes cordium herfurthun
14
wurden. D’Avaux: Daß ihre vorhabende proposition etlichen selzsamb
15
und weit aussehend vorkommen dörffte, es werde aber deßwegen das
16
werck sich nit zerschlagen, sondern im fortgang sich, wie trewlich sie es
17
maineten, außweißen, wan sie nur beßer assecurirt, daß der Kayser nit pro
18
libitu oder Hispanorum impulsu einen krieg mit den benachparten konigen,
19
ohne vorwissen und bewilligung der sammetlichen stenden, anfangen oder
20
voviren dörffte. Warauf I. H. G., daß solches, wan nur der fried ge-
21
troffen, in den constitutionibus imperii schon genugsamb versehen, was aber
22
sein d’Avaux andeutten nach de facto beschehen, darahn seyen diejenige die
23
ursach, welche mit ihren alliirten die chur-, fursten und stende ihrer land,
24
leuth, privilegien, libertet und anderß durch die waffen zu entsezen, und
25
das Romische reich gleichsamb in turbel zu pringen begerten, dagegen Ihre
26
Kayserliche Majestät pro conservatione imperii ex maiestate Caesarea das
27
ihrig auch dabey gedencken und thun müsten.

28
W bei Servien. Formalien wie bei d’Avaux, in publicis nichts sonderlichs.

29
1644 XII 2
Freitag W bei Contarini. Da W bemerkt hat, daß Conta-
30
rini
bei der ersten Zusammenkunft unwillig war, daß auf die zweimal her-
31
vorgehobene
venezianische Vermittlung nicht eingegangen wurde, inzwi-
32
schen
dazu aber die Information der Ksl. vorliegt, würdigt W zu Contarinis
33
Befriedigung zunächst die Mediation. Darauf fragt Contarini nach der
34
Deputation des Kurkollegs, wiste von der Churbrandenburgischen abord-
35
nung anhero nichts, sondern allein, daß eine nacher Oßnabruck geschehen
36
solte. Ist ihm aber von I. H. G. daruber die erleutterung geben, und er
37
darauf gedacht, ob dan keine von andern reichsstenden anhero schicken
38
würden, deme I. H. G. bedeuttet, was derentwegen im letzten reichsabschied
39
de anno 1641

42
Vgl. oben S. 11 Anm. 2.
endthalten. Worauf der Venetus, er wuste, daß die Fran-
40
zosen und Schweden auff mitabordnung der sammetlichen reichsstende zu
41
diesen friedenstractaten bestunden, vermainten auch ohne dieselbe ahn dem,

[p. 15] [scan. 65]


1
was geschlossen, nicht genugsamb assecurirt zu sein, und müste ihnen den
2
Franzosen die ombragi, daß der Kayser nicht pro libitu einen krieg
3
kunfftig wieder solte anfangen dorffen, benommen werden. Sagte ferner
4
fein rund herauß, daß solches sein res publica erfahren, indeme, alß kayser
5
Ferdinandt der zweytte wieder sie wegen Gratisca einen krieg erwecket

42
Gemeint wohl der zwischen Ferdinand II. als Erzherzog und Venedig 1615 ausge-
43
brochene und durch Vertrag von Madrid 1617 IX 26 (Druck: J. Dumont V 2 S. 304f)
44
beigelegte sog. Uskokkenkrieg.

6
und die res publica derentwegen ahn alle chur-, fursten und stend des
7
reichs geschrieben, von dennselben ganz discrepante andworten einge-
8
langt, alß von theylß, daß sie hierumb nichts wüsten, andere nicht appro-
9
biren wollten, die dritte expresse fur unbillich gehalten; dahero man würde
10
de norma sehen mußen, daß ein Romischer Kayser pro affectu proprio, oder
11
von andern exstimulirt, gegen die benachparte cronen oder auch im reich
12
selbst nicht bellum zu moviren vermögte. Auf welches I. H. G. ihme
13
replicirt, wan die constitutiones imperii in ihrem vigore, und die stende in
14
ihre libertet wiederumb gesezt, würde dergleichen sachen viel cessiren.

15
Hierauf sagte der Venetus, er kond I. H. G. versichern, und sie möchten
16
ahn ihn deßhalber gedencken, daß die Franzosische plenipotentiarii prae-
17
sentiam statuum sehr starck und hefftig würden urgiren. Ad quod
18
I. H. G., wan die Franzosen ahn dem, was mit Ihrer Kayserlichen Majestät
19
und den herren churfursten geschlossen, sich nit genugsamb assecurirt hal-
20
ten, wie man dan disseits sich, stante regis minorennitate, instabilitate re-
21
giminis reginae matris und inconstantia der iezigen regirung bey selbiger
22
cron und allein mit dem wortt beyder dieser gesandter contentiren laßen
23
und versichern kont, und daß man solchenfalß auch andere stend, parle-
24
ment und malcontenten des konigreichs Franckreich anhero begehren
25
muste. Worauff der Venetus, daß die Franzosische plenipotentiarii
26
sagen, daß eine große differentz und underschied zwischen Teutschland
27
und Franckreich seye, indem diese ganz subiect und subditi, jene aber liberi
28
weren, und maiorem speciem rei publicae hetten. So vermerckte er auch,
29
daß sie gleichfalß de camera Spirensi moniren wurden, weilen alle stend
30
uber so große unrichtigkeit daselbst sich hochstens beklagten, wie auch des
31
Prager Schluß halber nit alle catholische content weren. I. H. G.
32
vermeldeten auf diß lezter, daß dießes weder die Franzosen noch einigen
33
außlendischen angehe, so wenig die Teutschen denen, welche wieder das
34
parlament und guberno in Franckreich sich beschweren, die hand biethen;
35
und werde diß und dergleichen ex parte imperii nicht angehört, schwerlich
36
auch die geringste tractatus daruber vorgehen laßen, weilen dergleichen
37
gravamina theylß durch die reichsconstitutiones ihre richtigkeit hetten,
38
theylß durch außgestelte tractatus zwischen Ihrer Kayserlichen Majestät
39
und den stenden, und niemalen anderst debattirt und verglichen werden
40
müsten. [...].

41
Notifikation des Todes der Königin von Spanien.

[p. 16] [scan. 66]


1
Rosenhane

35
Schering Rosenhane (1609–1663), schwedischer Resident in Münster 1643–1647.
bei W. Beteuerung der schwedischen Friedensliebe. Antwort
2
per generalia.

3
1644 XII 3
Samstag Volmar bei W

36
Vgl. APW III C 2,1 S. [225f] .
: Die Spanier haben zum Projekt
4
der ksl. Proposition

37
Anlage 1: Proposition der ksl. Gesandten Münster 1644 XII 4 (Druck: J. G. Meiern I
S. 317f ).
erinnert: 1. Die Restitution des Herzogs von Loth-
5
ringen

39
Karl IV. von Lothringen (1604–1675), Hg. 1624/25, 1634 von den Franzosen vertrie-
40
ben, restituiert durch den Vertrag von Paris 1641 III 29 (Druck: J. Dumont VI 1
41
S. 211ff) und nach dessen Widerruf im Sommer 1641 erneut vertrieben, als Feldherr
42
im Dienst der Liga und Spaniens.
besonders zu fordern, um ihn bei gutem Willen und von Sonder-
6
verhandlungen
mit Frankreich abzuhalten. 2. Den wörttern ’restitutio in
7
intregrum cum omni causa‘ noch diese hinzuzusezen ’interesse et damno
8
erstattet werden sollen‘. Welches aber I. H. G. nit also rhatsamb befinden
9
können, er Volmari auch dabey gedacht, daß sie den Spaniern darinnen
10
gleichergestalt contradicirt, zumaln in diesen terminis ’cum omni causa‘ die
11
andern in effectu includirt weren, seye auch zwarn in ihrer ersten Kaißer-
12
lichen instruction der schäden und kösten expreßliche meldung gethan, in
13
der andern aber diese formalia ’cum omni causa‘ allein exprimirt, und
14
vermutthen dahero, daß man villeicht ahm Kayserlichen hoff selbst
15
bedenckens gehabt haben möge, alles solchergestalt außführlich zue sezen.
16
3. Vermeinten die Spanische in fine hinzuzuthun ’cum reservatione iuris
17
imperii in illa, quae Galli ab imperio possident, in specie mit Tull, Metz
18
und Verdun‘, welches doch von ihnen auch per generalia gleichergestaldt
19
geschehen würde; weiln aber in der letzten Kaiserlichen instruction die
20
specialia auch ausgelassen worden, hat man vermaint, solche hier desto
21
weniger zu movieren. Bericht Ws über die Gespräche mit den Fran-
22
zosen
und Contarini. Dazu Volmar: Daß sonderlich Churbayern hier-
23
bey wol auffzusehen, daß nit, wan Seine Churfürstliche Durchlaucht,
24
auch andere schicken wurden, das Pfalzische weesen zu mercklichem prae-
25
iudiz der zuvor ahm Kayserlichen hoff gepflogener tractaten

43
Zu den auf dem Reichstag 1640/41 beschlossenen. November 1641 bis Juli 1642 in
44
Wien unter Zuziehung des Kurkollegs geführten Verhandlungen über die Pfälzer Frage
45
vgl. A. Jüdel , K. Schweinesbein S. 109ff.
zu nachtheil
26
dero churhauses hieher gezogen werden möchte. Und weiln nun Ihre Maie-
27
stet alle churfürsten zur abordnung und collegial erscheinung erinnert, so
28
sehe er nit, wie den fursten des reichs die anherschickung auch in forma
29
collegii et cum iure suffragii, ingestalt sie bey näheren reichs- und depu-
30
tationtag zu Regenspurg und Franckfurt so gar eiffrig und starck praeten-
31
dirt, konne verwehrt werden.

32
Kondolenzbesuch Ws bei den Spaniern, wobei Savedra vermeldet, daß man
33
sich ex parte des Römischen reichs und cron Spanien constanter werde
34
gegen die Gallos halten mußen, zuemaln sie allein constantia in militia et

[p. 17] [scan. 67]


1
consiliis zu superiren weren. Demnegst haben I. H. G. sich wieder und so
2
viel bälder von dannen begeben, damit es keinen schein einer formal visita
3
haben möchte.

4
1644 XII 4
Sonntag Nachdem die Propositionen ausgewechselt sind,
5
läßt Chigi den Inhalt der französischen vertraulich W mitteilen, welche
6
also beschaffen gewesen, daß alle daruber verwundert. – Wenig später
7
läßt Nassau eine Kopie mitteilen und regt eine Besprechung darüber an

35
Anlage 2–3: Proposition der spanischen Gesandten 1644 XII 4 (Druck: J. G. Meiern I
S. 318f .); Proposition der französischen Gesandten (Druck: J. G. Meiern I S. 320f. ).
.

8
1644 XII 5
Montag Préfontaines

37
N. de Préfontaines, Sekretär d’Avaux’.
bei W: Als Vertreter des Kur-
9
kollegs
möge W die in der französischen Proposition enthaltene Forderung
10
auf Restitution des Kurfürsten von Trier

38
Philipp Christoph von Sötern (1567–1652), Bf. von Speyer 1610, Kf. von Trier 1624;
39
1635 von den Spaniern bei Einnahme Triers gefangengenommen, dann in ksl. Haft.

40
Vgl. zu ihm J. Baur, K. Abmeier.
unterstützen. W weicht
11
aus, er werde den genauen Inhalt der französischen Proposition erst heute
12
von Nassau erfahren, und fügt auf weiteres Drängen Préfontaines hinzu, es
13
seyen diesertwegen underschiedliche consultationes vom gesambten chur-
14
fürstlichen collegio vorgangen und conclusa gemacht, darinnen sie sich
15
nohtwendig vorhero ersehen müsten. Es were sonst Churtrier von dem
16
Pabstlichen nuncio zu Wien nomine sedis apostolicae angenommen

41
Nuntius in Wien war 1644–1652 Camillo Melzi (um 1587–1659, Kardinal 1657).
42
Bereits 1637 war Sötern offiziell dem damaligen Nuntius Malatesta Baglione überstellt
43
worden; vgl. J. Baur II S. 32.
, dahero
17
dißhalber erst nacher Rom geschrieben, und große zeit mit hingebracht
18
werden müste, welche schädliche moram bey den tractaten I. H. G. nit
19
hoffen wolten, daß die herren Franzosische mit behauptung dieses punctens
20
wurden gewinnen suchen; sie wollten sonsten, waß gestallt vorgangener
21
sachen immer zu thuen, das ihrig gern

34
21 contribuiren] am Rande: Churcöllen allein 1644 XII 6
contribuiren.

22
W bei Nassau/Volmar

44
Vgl. APW III C 2,1 S. 228.
. Diese betonen, sie und die Spanier hielten das
23
französische Schriftstück fur keine proposition ad pacem, sondern mehrers
24
eine protestation, warmit nur weitterung und zeit gesucht wirdt, nicht zu
25
den tractaten zu schreiten. Am 23. November haben die Mediatoren
26
gemeint, daß man nach Überwinden der Präliminarstreitigkeiten nun zu
27
den Verhandlungen kommen könne, während sie selbst noch skeptisch
28
waren, da statt eines entsprechenden klaren Ausdrucks die Franzosen in
29
den Vollmachten gesetzt haben wollten: ’Wan man von frieden tractiren
30
würde‘. Am 27. November haben die Mediatoren mitgeteilt, die Franzosen
31
seien zur Übergabe der Propositionen am 4. Dezember bereit; vorgestern
32
haben sie und die Spanier den Mediatoren ihre Bereitschaft nochmals be-
33
stätigt
. Gestern haben ihnen die Spanier Informationen mitgeteilt, daß

[p. 18] [scan. 68]


1
die Franzosen nicht de re ipsa proponiren, sondern newe difficultates
2
herfurpringen würden, und deshalb vorgeschlagen, die eigenen Propo-
3
sitionen
den Mediatoren unter dem Vorbehalt zuzustellen, daß sie nicht
4
weitergegeben werden dürften, wenn die Franzosen sich nicht zur Sache
5
selbst äußerten. Die Ksl. haben abgelehnt, um sich nicht dem Vorwurf
6
der Verhandlungsverzögerung auszusetzen, die Spanier haben den Vor-
7
behalt
mündlich vorgebracht und auf ihm beharrt, als nach Einliefe-
8
rung
der Propositionen die Mediatoren abends zu ihnen und den Spaniern
9
kamen. Die Ksl. haben geäußert, man hätte geglaubt, daß die Mediatoren
10
den Franzosen ihre Schrift zurückgegeben und den unglimpff dabey, wie
11
schlecht die gegebene parola gehalten, remonstrirt haben wurden. Das
12
haben die Mediatoren mit der Begründung abgelehnt, sie könnten sich
13
nicht zur Partei machen. W: Bericht über das Gespräch mit Préfon-
14
taines
; obwohl der Franzosischer sprach so fundamentaliter nit erfahren,
15
entnehme er der Proposition, daß dieselbe vornemblich auf diesen drey
16
puncten bestehe: 1. Begerten sie, daß alle stende des reichs ad loca
17
tractatuum erscheinen und der handlung mit beywohnen, 2. Churtryer
18
vor allem auff freyen fuß gestelt, und endweder in persona, oder durch
19
seine deputirte mit bey der handlung sein möchte, 3. daß sie alßdan
20
solche conditiones pacis proponiren wolten, welche so schwer nicht sein
21
solten. Ad 1. wüsten I. H. G., waß wegen deputation des furstenstandts
22
zu den friedenshandlungen sowohl bey negst vorigem reichstag zu Re-
23
genspurg alß noch wehrendem deputationsconvent zu Franckfurt vorgan-
24
gen, sich wol zuerinnern, der herr Volmari aber, alß der diesen conventibus
25
selbst von anfang biß zum ende mit beygewohnet, besser. Der reichs-
26
abschied de anno 1641 seye in diesem passu klahr und gebe deßwegen rich-
27
tige maß und ordnung, nur daß folgendts selbiger punctus zu besagtem
28
Franckfurt in zweifl gezogen, und von theyls fürstlichen auf anstifftung
29
des Braunschweig Luneburgischen abgesandtens

41
Wohl Dr. Heinrich Langenbeck (1603–1669), braunschweig-cellischer Rat; vgl. ADB
42
XVII S. 662ff.
sustinirt werden wollen,
30
daß der furstenstand wenigers nit die tractatus in forma collegii beschicken
31
möchten und solten; seyen aber dabey viele bewegende ursachen, warumb
32
solches zumal nit rhatsamb, vorkommen, dahero auff ein guttachten
33
geschlossen, und Ihrer Majestät eingeschickt, daß der reichsdeputations-
34
convent zu solchem end dort zue Franckfurt continuirt werden möchte,
35
auch dieselbe solches allergnädigst placidirt, und daruber der Kayserlichen
36
resolution den deputirten stenden zukommen laßen

43
Vgl. hierzu W. Becker S. 139.
, daß sie also nit sehen,
37
wie von solchem concluso anietzt ein absprung genommen werden kondte.
38
Wans aber gleich solte geschehen, und Ihre Majestät in diß der Franzosen
39
begeren willigen, würden doch sie die Franzosen, wie sie sich understanden,
40
die stende des reichs nit zu beruffen haben, sondern Ihre Kayserliche Maje-

[p. 19] [scan. 69]


1
stät, warzu aber, vermög der reichsconstitutionen große zeit von 5 und 6
2
monathen gehoren würden. Beym zweyten punct wegen Churtryer fiel
3
I. H. G. ein mehrers nit bey, alß was sie, oben erzehlt, dem Franzosischen
4
secretario zur andtwort geben, sonderlich auch, weiln sie keine vollige
5
nachricht hetten, warumb und wie Churtryer angehalten und tractirt
6
werde. Auf welches der Volmari in die red gefallen und geandworttet,
7
daß sie selbsten auch keine rechte information hetten, und subiungirte der
8
graff von Naßaw, daß schon vorm jahr dem reichsvicecanzlern graffen
9
Kurz, und noch erst vor 2 monathen dem secretario Walderode

42
Johann Walderode von Eckhusen (1593–1674), ksl. Geheimer Sekretär, Reichshofrat.
umb die
10
nachricht, worauf die sachen beruhen, zugeschrieben, und alleweil ver-
11
trostung darauff bekommen, biß dato aber nichts erfolgt seye. So viel
12
wusten sie wol, sagt Volmari, daß der churfurst vom Pabstlichen nuncio
13
sowol nach Regenspurg alß andere conventus abgeordnete schicken und
14
seine sachen, wie auch geschehen, ahn- und vorpringen habe laßen konnen.
15
Sonsten den ersten puncten belangend hette man freylich wol auffzuemer-
16
cken, und seye es ein kitzliches wesen, die quaestionem zu moviren, ob Ihre
17
Kayserliche Majestät ohne zuethun der stende einen frieden schließen
18
kondte oder nit; dan solte auf die affirmativam gangen werden, wurde
19
solches die chur- und fursten des reichs hochlich offendiren, auff die nega-
20
tivam zu schließen, were wasser auf der Franzosen mühl, dahero er nicht
21
rhatsamb befunde, dieser frag ieziger zeit sich zu involviren, sondern allein
22
das werck dahin zue stellen, daß Ihrer Kayserlichen Majestät die sammet-
23
liche stende auf negst vorgewestem reichstag, diese tractaten zu respiciren,
24
auf gewisse weiß ubergeben und anvertrawet, auch Ihre Majestät bedacht
25
weren, alsobald nach geschlossenem frieden einen reichstag außzuschreiben,
26
die innerliche gravamina und der stende sachen in ordnung und richtigkeit
27
zu pringen, und alßdan diesen frieden durch einen allgemeinen reichsschluß
28
bekrefftigen zue laßen, maßen sie die Kayserlichen plenipotentiarii dem
29
Schwedischen bevollmächtigten Salvio

43
Johan Adler Salvius (1590–1652), schwedischer Hofkanzler 1634, Reichsrat 1648.
noch erst newlich per tertiam per-
30
sonam andeutten laßen, worauff derselbe geandtworttet, wans die mainung
31
hette, müsten sie wol alle zuefrieden sein, weilen dadurch genugsamb sie
32
versichert weren. Seye sonst freylich, wie I. H. G. hochvernunfftig und wol
33
angedeuttet, ein sehr großes praeiuditz, daß die stende des reichs auff der
34
Franzosen zuschreiben und beruffen erscheinen solten; sondern muste auf
35
allen fall von Ihrer Majestät die convocatio beschehen, darauf aber, ver-
36
mög der reichsconstitutionen, auch weitten endsessenheit mehrern theylß
37
stende große zeit gehen würde. Vermeinten diesem nach, daß beyde vorbe-
38
melte puncten den mediatoribus ahn hand zu geben, und sie zu erinnern,
39
bey den Franzosischen plenipotentiariis zue bedeutten, wie hoch sie sich
40
interessirt gemacht, indem sie ihr der Franzosischen gegebene parola und
41
vertröstung den Kayserlichen und Spanischen underschiedlich angezeigt,

[p. 20] [scan. 70]


1
und nun iezo nichts darauff ad rem erfolgt seye, und solchem nach starcker
2
auff edirung ihrer proposition, und diesergleichen ambages abzuschneiden,
3
zu tringen. Welches I. H. G., auch der graff von Naßaw sich belieben laßen,
4
und sagte demnach Vollmari, daß sie darauß noch vorher mit den Spani-
5
schen communiciren musten. Sonsten weren sie, Spanische, gar ubel zu-
6
frieden, daß die mediatores keine andwort auf ihre proposition bey den
7
Franzosen urgirt, dahero sie vorhabens weren, deßhalber die mediatores
8
starck anzuelangen. Wobey I. H. G. erwehnet, daß man die vorha-
9
bende anzeige und erinnerung durch die herren mediatores nicht lang zu
10
verschieben, damit auß dem verzug die Franzosen nicht etwa gewunnen
11
spiel zue haben, und daß man weitters darauff nichts zu thun gedachte,
12
vermainen möchten. Welches den herren Kayserlichen wol eingangen.
13
Nassau teilt mit, daß in Osnabrück die Propositionen auch am 4. Dezember
14
übergeben worden sind, doch ist der Inhalt noch nicht bekannt.

15
[...]. Volmar bei W . Die Mediatoren haben berichtet, die Franzosen seien
16
nach Darlegung der ksl. und spanischen Einwände dabei geblieben, daß
17
ihre schrifft eine rechte proposition ad pacem seye, und beyde darin begrif-
18
fene puncten wegen convocation der reichsstende und befreyhung Chur-
19
tryers einzig dahin ziehleten, einen bestendigen frieden, und wie man dabey
20
assecurirt sein konte, zue schließen. Die Notwendigkeit der Zuziehung der
21
Stände hätten der Kaiser und Sachsen

43
Johann Georg I. (1585–1656), Kurfürst von Sachsen 1611.
im Prager Frieden selbst zugegeben,
22
wegen Trier sei die Ehre Frankreichs betroffen, da der Kurfürst allein
23
wegen seiner Korrespondenz mit Frankreich gefangengesetzt worden sei.
24
Den Rest der ksl. Proposition hielten die Franzosen für nit irrationabel,
25
während Spanien nur Frankreich von seinen Verbündeten zu trennen suche.
26
Die Ksl. haben daraufhin gegenüber den Mediatoren wiederholt, sie hielten
27
die französische Schrift für keine echte Friedensproposition. Die Asse-
28
kurationsfrage
gehöre an den Schluß der Verhandlungen, die Abmachun-
29
gen
könnten anschließend auf einem Reichstag von den Ständen ratifiziert
30
werden, zumal man auch die wegen der Minderjährigkeit des Königs gegen
31
die französische Vollmacht geäußerten Zweifel so lange zurückgestellt
32
habe. Beispiele für die nachträgliche Ratifizierung von durch den Kaiser
33
für das Reich geschlossenen Verträgen. Wegen Trier haben die Ksl. darauf
34
verwiesen, daß die Freilassung an das Ende der Verhandlungen gehöre, der
35
Kaiser seine Reputation nicht weniger als der König von Frankreich
36
berührt sehe, er nicht ohne den Papst vorgehen könne, außer der Korre-
37
spondenz
mit Frankreich auch andere Punkte hineinspielten, über die allein
38
Kaiser und Papst zu urteilen hätten, das Kurkolleg die Suspension Triers
39
beschlossen habe und die von den Franzosen herangezogenen Pässe zu den
40
Friedensverhandlungen die Delegierten Triers, nicht die Person des Kur-
41
fürsten
beträfen. Zum Begehren der Franzosen auf einen Paß nach Wien

[p. 21] [scan. 71]


1
zwecks Übermittlung der Trierer Pässe durch eigenen Kurier wollen die
2
Ksl. zuerst W hören. Weilen nun solche uberschickung durch eigenen
3
currier auß vielen ursachen allerseiz sehr bedencklich vorkommen, haben
4
sie sich dahien verglichen, daß die herren Kayserlichen diese paßport
5
von den Franzosischen begehren, sich zur selbstuberschickung offeriren,
6
und der gewißheit assecuriren, oder aber daß derentwegen Ihre Kayserliche
7
Majestätt auf ihr der gesanden underthänigsten bericht sich darueber resol-
8
viren mochten, nachmaln eine andere in eadem forma außgefertigt selbsten
9
einhändigen zue laßen, krafft deren er sich alßdan zur schickung oder nit
10
schickung zu resolviren hette: daß man sich also auch dieses puncts halber
11
nicht auffzuehalten, noch die tractaten zu verschieben, sondern ad rem
12
ipsam zue schreitten, maßen sie herrn Kayserliche von den mediatoribus
13
begert, solches den Franzosischen plenipotentiariis hienwieder morgen an-
14
zudeuten, und auff eine formalem propositionem pacis starck zu tringen.

15
1644 XII 6
Dienstag Mitteilung Nassaus: Die ksl. Vollmacht ist in
16
der verglichenen Form eingetroffen

36
Vgl. unten S. [102 Anm. 1] .
. Da die französische Antwort auf die
17
Mahnung der Ksl. ausbleibt, will man bei den Mediatoren nochmals
18
drängen.

19
1644 XII 8
Donnerstag Nassau und W bei den Jesuiten: Die Spanier
20
haben bei den Ksl. einen Protest wegen Verzögerung der französischen
21
Antwort angeregt, die Ksl. haben zunächst mit W reden wollen. W hält
22
für besser, den glimpfflichsten weg einzugehen, und erst darumb bei den
23
mediatoribus anmahnung zu thun, und nachricht waß die Galli sich er-
24
khlert oder iez darinnen haten zu begeren, nachgehends aber, wan damit,
25
ungeacht deßen, noch ferner von Gallis tergiversirt werden solte, dieses
26
mittel, so alßdan mit mehrerm bestand und authoritet beschehen würde,
27
gleich ahn hand zu nehmen. Welches ihme der graff von Naßaw gar
28
wol eingehen laßen.

29
1644 XII 9
Freitag W bei Volmar: Die Mediatoren warten noch auf
30
die französische Antwort und wollen sie in zwei bis drei Tagen anmahnen;
31
sie hoffen, die Franzosen werden sich etwas mehrers herzulencken. Weiter
32
teilt Volmar die von den schwedischen Gesandten

37
Johan Axelsson Oxenstierna (1612–1657), Gf. von Södermöre, schwedischer Reichsrat
38
1640, und Johan Adler Salvius.
statt einer Proposition
33
übergebene Schrift

39
Anlage 4: Proposition der schwedischen Gesandten 1644 XI 26/XII 6 (Druck: J. G.
40
Meiern I S. 313 f.).
mit und hält darüber eine Beratung für nötig, weilen
34
darauß zu mercken were, daß die Franzosische mit ihnen den Schwedischen
35
in puncto convocationis statuum auß einem mund redeten [...].

[p. 22] [scan. 72]


1
1644 XII

36
1 10] im Original: 11
10
Samstag W bei Nassau/Volmar

37
Vgl. APW III C 2,1 S. 236.
. Berichte der ksl. Gesand-
2
ten
in Osnabrück

38
Johann Maximilian Gf. von Lamberg (1608–1682), Reichshofrat 1637, ksl. Geheimer
39
Rat; Lic. Johann Krane (um 1600–1672), Reichshofrat 1633.
nach Wien und Münster, in denen von beiden Orten Nach-
3
richt
über die Schönebeckschen Traktate

40
Zum Schönebecker Projekt eines ksl.-schwedischen Friedens 1635 IX 28, verhandelt
41
zwischen Reichskanzler Axel Oxenstierna und Kursachsen, vgl. E. Dürbeck S. 71ff,
42
Th. Odhner S. 27f.
sowie um Meinungsäußerung zur
4
Beantwortung der schwedischen Proposition gebeten und deshalb sowie in
5
Sachen des dänischen Vertreters Klein

43
Johann Leonhard Klein, dänischer Resident in Osnabrück.
, dessen diplomatischen Status die
6
Schweden nicht anerkennen wollen, eine gemeinsame Konferenz beider ksl.
7
Vertretungen vorgeschlagen wird. Über 1. die Antwort an die Ksl. in
8
Osnabrück, 2. die Antwort auf die schwedische Schrift, 3. Sicherheit des
9
dänischen Vertreters, 4. Beschleunigung der französischen Antwort, W und
10
die Ksl.: Beym ersten und zweytten punct sey weder I. H. G., noch ihnen
11
den Kayserlichen von einigem Schenenbegkischen tractat nichts wissendt,
12
daß man aber zu begehren, so bald deßen information vom Kayserlichen
13
hoff auß, oder von Chursachsen eingelangt, solche gleichfalß anhero in
14
copia zur nachricht einzuschicken. Die begerte conferenz in loco intermedio
15
belangendt, weren sie zwarn von Ihrer Majestät befelcht, in gravioribus
16
solch mittel ahn die handt zu nehmen, maßen auch diesen sommer beraiz
17
zum andern mal geschehen, sintemalen aber hierzu bey dieser winterlichen
18
zeit wenigstens zweyn wo nit drey tag gehen wurden, und man aniezo der
19
Franzosischen plenipotentiarien andwort auf von den mediatoribus deß-
20
wegen gethane erinnerung taglich erwarttendt, warauf deren beschaffen-
21
heit nach newe communication würde vorgehen müßen, diese absentia aber
22
darahn hinderlich sein, und den sachen verlengerung causiren würde, da
23
man sonsten die intention hinc inde schrifftlich ebenwol vernehmen kondte.
24
Betreffend was von den Schwedischen de convocatione statuum ex impulsu
25
Caesaris movirt, were nur verlengerung gesucht, nicht zum frieden zu kom-
26
men. Seye pro 2. bey den praeliminaribus von diesem passu keine meldung
27
geschehen, sondern allein von ihren confoederirten, maßen dan die paßa-
28
porti anderst nicht lautteten. 3. Geben die von Ihrer Majestät bewilligte
29
passaportus den stenden nur facultet in locis tractatuum zu erscheinen, wan
30
sie wolten; nit aber daß sie dadurch absolute zu kommen genöttigt sein
31
solten, mit welchem auch die Frantzosen und Schweden bey abhandlung
32
der praeliminarien friedlich gewest, wie es dan andernfalß contra liberta-
33
tem statuum imperii sein würde. 4. Hetten sie leicht zu gedencken, daß wan
34
sie hierauff bestehen, und die stende des reichs gleichsamb zu einem reichs-
35
tag, der ad verum conventum beschrieben werden solte, solches iuxta

[p. 23] [scan. 73]


1
modum in imperio usitatum und die reichsconstitutiones beschehen müste,
2
und zwarn erstlich uber solchen vorschlag Ihrer Kayserlichen Majestät von
3
dero alhier und Oßnabruck habenden gesandten referirt, 2. von Ihrer
4
Majestät der herren churfürsten bewilligung absonderlich begert werden
5
müßen; und obwolln 3. gesagt werden möcht, daß zu Franckfurt die herren
6
deputirte beysamen, so wurden doch dieselbe daruber sich nit gnugsamb
7
instruirt befinden, sondern es ein yeder erst ahn seinen principalen gelangen
8
mußen. Es möchten auch 4. die herren churfursten endweder under sich,
9
oder per suos zue besagtem Franckfurt ein oder andere difficultät befinden,
10
sonderlich daß außm reichßschluß de anno 1641 nicht zu schreitten, auch
11
quoad locum diese stätte zu solchen großen conventibus nicht qualificirt,
12
und man also hierinnen langsamb zu einem schluß kommen würde. So were
13
auch 5. ein solcher gemeiner reichsconvent auß in den constitutionibus
14
imperii angezogenen ursachen auf 6 monat lang vorher außzuschreiben,
15
und also biß die stende herbey kehmen wol 7 oder 8 monat zugebracht
16
werden müsten, ehe ad tractatus zu gelangen, underdeßen aber der winter
17
verloffen, und die armada sich wiederumb ins feld begeben, dannenhero
18
der fried nicht befordert, sondern noch immerdar der krieg continuirt
19
wurde, darahn dan weder Ihre Kayserliche Majestät noch dem konig in
20
Spania, gestalt sie sich durch ihre heraußgegebene propositiones also wol ad
21
pacis tractatus vernehmen laßen, nichts imputirt werden konte. Da hin-
22
gegen, weilen so wenig die Franzosen alß Schweden bey den praeliminari-
23
bus von dergleichen nichts vor-, sondern erst ietzo auf die bahn pracht, und
24
also dadurch newe praeliminiardifficultates erwecken würden, dieses bey
25
allen außländischen potentaten ein selzames ansehen gewinnen dörffte.
26
Und gleich nun 6. die Schwedische plenipotentiarii vorschuzen, daß sie sol-
27
ches pro maiori assecuratione tractatuum pacis und desienigen, was conclu-
28
dirt, sucheten, also hab man ex parte imperii eben so sehr und mehrer ahn
29
ihrer assecuration zu zweifflen, weilen die konigin minorennis

42
Christina Wasa (1626–1689), Königin von Schweden 1632–1654, bis Dezember 1644
43
unter Vormundschaft des Reichsrates.
, und daher
30
die stende selbigen konigreichs eadem ratione zue diesen tractaten zu begeh-
31
ren sein werden, umb soviel damehr, weilen sie die Schweden das Roemi-
32
sche reich selbst zum ersten angefallen; dannenhero die Kayserlichen zu
33
Oßnabruck diesem begehren starck zu wiederstehen, die unnöttigkeit deßel-
34
ben mit lengerer protraction des friedens, so darauß allein gesucht, zu
35
remonstriren, und die Schwedische zu abschneidung solcher umbschweiff,
36
und daß ad rem ipsam schreitten wolten, gleich man alhier mit den Franzo-
37
sischen ebenfalß in arbeit begriffen were, zu erinnern. Ad 4. anlangendt,
38
was der konigliche Dennemarckische secretarius Klein sich befahret und
39
beklagen thutt, hetten die Kayserlichen den Schwedischen per tertiam per-
40
sonam anzudeutten, daß sich dißhalber bemelter secretarius beschwerdt,
41
dahero solches von ihme selbst zu wissen begehrt, sonderlich weil die statt

[p. 24] [scan. 74]


1
Oßnabruck von allen kriegenden theylen in die neutraliter gesezt

41
Durch den Hamburger Präliminarvertrag 1641 XII 25 (Druck: J. G. Meiern I S. 8f,
42
Sverges Traktater V 2 S. 501ff).
, conse-
2
quenter die so darin sein, oder hienein kommen, frey und sicher sein, und
3
darin ihrem belieben nach verharren konnen, maßen dan zwischen den
4
Spanischen und Stadischen kein theyl in den Gulichischen und andern
5
stätten zugelaßen wird. So hetten sie auch leicht zu gedencken, daß under-
6
schiedliche mal biß dato Hessische officire, so kein pasport gehabt, und mit
7
gewalt und großen confoy hieneinkommen, denen doch, unangesehen die-
8
selbe Ihre Kayserliche Majestät und des reichs offenbare feind sein, diese
9
quaestio status nicht movirt worden. Eine gleiche beschaffenheit hette es
10
mit den Portugesen

43
Vertreter Portugals waren Rodrigo Botelho de Moraes (gest. 1644), Francisco de Andrade
44
Leitão (um 1600–1655), Luis Pereira de Castro (1592–1649).
, welche ebenmeßig keinen salvum conductum weder
11
von Ihrer Kayserlichen Majestät noch dem konig in Spanien gehabt, er
12
doch alhier alß ahn einem neutralisirten orth biß noch zu sicher gelaßen
13
und gedultet worden. Und hetten sie sich keine andere rechnung zu ma-
14
chen, alß wie es mit diesem Dänischen secretario gehalten, daß eben der-
15
gleichen den Hessischen und Portugesischen begegnen, und man sich ex
16
parte Caesaris et regis Hispaniarum zum hochsten zu beschweren haben
17
würd, daß der beschlossene praeliminarvergleich also schlechtlich von
18
ihnen den Schweden zu Oßnabruck in obacht gehalten. Ad ultimum was
19
circa passum convocationis statuum alhier der Franzosischer plenipotentia-
20
rien halber zu thun, ist man der mainung gewesen, daß alle diese rationes
21
den anderen, so des vorigen tags, wie oben im protocollo gemeldt ist, vor-
22
kommen, und den mediatoribus remonstrirt, zugethan werden solten, damit
23
die mediatores desto mehrer ursach hetten, in sie die Franzosen umb andt-
24
wort und resolution zue tringen. Gestalt dan gutt befunden, daß der Vol-
25
mari morgen selbst zum herrn nuncio apostolico fahren, die remonstration
26
nit allein mündlich thun, sondern gar aufs papier pringen, und den media-
27
toribus allein pro memoria, nicht aber selbige den Franzosischen schrifftlich
28
zu communiciren, zuestellen solle. Mit fernerem begehren, daß sie doch bey
29
bemelten Franzosischen die sach weitter zu treiben, und von so ungereimb-
30
ten begehren abzumahnen belieben wolten. Dabey noch uber obig gemeltes
31
mit einlauffen zu laßen, daß wan ratione assecurationis convocationem sta-
32
tuum beharren solte, man darzu ex parte Caesaris et imperii desto mehr
33
ursach hette, weiln der zu Regenspurg auf konigliche vollmacht mit dem
34
monsieur Lion und P. Joseph anno 1630 geschlossene Mantuanische ver-
35
gleich von den Franzosen doch wieder gebrochen worden, und zum prae-
36
text vorgeben, alß ob die legati terminos commissionis uberschritten, und
37
solchen schluß zu machen nit bemächtigt gewesen, welches man ietzt eben
38
sowol, und noch mehrers stante regis minorennitate zu befahren haben
39
möcht. Hiernegst wurde von underschied des Franzosischen und
40
Schwedischen scripti geredet, daß dieses beßer und glimpflicher eingestelt,

[p. 25] [scan. 75]


1
indem darinnen gesetzt, daß durch Ihre Kayserliche Majestät die reichs-
2
stende ad tractatuum loca beruffen, die Franzosische aber vermainen, daß
3
sie durch ihr außgelaßene schreiben compariren solten. 2. Haben die
4
Schwedische sich erklehrt, daß sie nach aufzeigung des Schenebeckischen
5
vertrags gegen die Kayserlichen de materia tractanda sich weiter verneh-
6
men laßen und vergleichen wolten, die Franzosische aber alles auf erschei-
7
nung der stende und restitution Churtryer ins weitte feld hingestelt.

8
Nach diesem hat es allerley discurß geben, wobey principaliter vorkom-
9
men, daß auß allem zu verspuhren, daß die Franzosen und Schweden auß
10
einem horn blasen, und daß auß so starcker behaubtung, daß die stende
11
beruffen werden möchten, nachfolgende fines abzuenehmen seyen: 1. Daß
12
sie dardurch vermainen, mehrere separation der stende von Ihrer Kayser-
13
lichen Majestät alß dem hochsten oberhaubt zumachen, oder aber 2. die
14
Kayserliche Majestet und authoritet desto mehrers zu beschneiden, und zue
15
undertrucken, alß wan alles von und durch die stend müste bewilligt wer-
16
den. 3. Daß sowol die Franzosisch- alß Schwedische den uncatholischen
17
und sonderlich der landgraffin zu Hessen Cassel

38
Amalie Elisabeth von Hanau-Münzenberg (1602–1651), Regentin für ihren minder-
39
jährigen Sohn Lgf. Wilhelm VI. (1629–1663) von Hessen-Kassel.
ratione Calvinismi große
18
promessen gethan, welche sie durch ihre authoritet und in so weit gluck-
19
liche waffen beßer gedencken mit anhang aller uncatholischen stende
20
durchzutringen, alß wan solche absonderlich im reich durch die stende vor-
21
genommen, und von Ihrer Kayserlichen Majestät decidirt und erörtert
22
werden solt. 4. Wenden sie offentlich vor, daß sie solches allein begehren zu
23
mehrer assecuration des friedens. Nun hat noch iungst der Salvius ahn
24
einem sichern orth mit der intention, daß mans den Kayserlichen reportiren
25
solt, sich verlautthen laßen, daß sie, die Schweden, mit dem reich leicht
26
wollen frieden machen und schließen, auch alles, was sie noch in ihren
27
landen haben restituiren, wan seiner cron 1. das herzogthumb Pomeren
28
gelaßen, und sie, gleich Dennemarck

40
Christian IV. (1577–1648), König von Dänemark 1588. 1459 hatte Christian I., Gf.
41
von Oldenburg und König von Dänemark seit 1448, das seit 1386 mit dem dänischen
42
Herzogtum Schleswig verbundene Holstein vom Hause Schauenburg geerbt.
wegen Holstein, zum reichsstand
29
gemacht würde. 2. Daß sie gleichergestalt sessionem et votum in imperio,
30
wie herkommens, auf allen reichsconventibus hetten. 3. Daß authoritate
31
Caesareae maiestatis et catholicorum statuum der Pabst und sedes apostolica
32
dahin ermahnt und zuweg gebracht wurde, daß ihnen das archivum regni,
33
so vor vielen jahren von einem vertriebenen, und dorthin geflohenen catho-
34
lischen bischoff Alberto

43
Gemeint vielleicht der letzte katholische Erzbischof von Uppsala Johann Magnus (1488–
44
1544) oder Olaus Magnus (1490–1557), nach dem Tod seines Bruders zum katholischen
45
Erzbischof von Uppsala ernannt.
der cron endfuhrt, und nach Rom geliffert, in
35
originali restituirt, oder in copia authentica von des reichs sachen fideliter
36
communicirt, unnd eingehendigt würde. Bey diesem ist in dis ursu weitter
37
vorgefallen, was anno 1636 eben auch wegen der Pomerischen landen, daß

[p. 26] [scan. 76]


1
nemblich den catholischen die Schwedische satisfaction zu ubernehmen,
2
und Churbrandenburg fur das herzogthumb Pommern den stifft Halber-
3
statt einzueraumen angemutthet worden, vorgangen, und daß die catho-
4
lische weder zu ein noch anderm verstehen wollen. Weitters ist im discurß
5
mit undergeloffen, alß wan ex parte Franckreich eben dergleichen prae-
6
tendirt werden möchte, nemblich wegen Metz, Tull und Verdun ein stand
7
des reichs zu sein, und sessionem et votum in imperio zu haben, und vil-
8
leicht noch ein und ander landschafft, welche sie bey diesem krieg in han-
9
den bekommen, durch die tractaten zue behalten, und diß eben der ur-
10
sachen willen, wie die Schweden, pro maiori assecuratione, damit sie yeder-
11
zeit wusten, was im reich umbgehet, und ohne sie nichts konte geschlossen
12
werden, und solches ex emulatione mit Spanien, so ratione des Burgundischen
13
creises votum et sessionem in imperio hat, welche intentio sowol Franck-
14
reich alß Schweden mittels ihrer adhaerenten durchzutrucken vermeinden.
15
Imgleichen sollen sich die Generalstaden zum frieden nit ungenaigt bezei-
16
gen, wan sie den konig in Spanien, wie tempore Alberti archiducis in fieri
17
gewesen

40
Erzhg. Albert von Österreich (1559–1621), Regent der spanischen Niederlande seit 1598.
41
Die Verhandlungen mit den Generalstaaten führten jedoch nur 1609 IV 9 zu einem
42
Waffenstillstand auf 12 Jahre.
, zwarn fur ihren herrn nominetenus erkennen, aber liberi status
18
et res publica wie etwa Venedig, die allein einen fursten pro forma haben,
19
declarirt werden, und gleicher gestalt sessionem et votum in imperio, wie
20
Spanien wegen noch in handen habender Niederländischen provintzien,
21
erlangen möchten. Wobey auch letztlich erwehnet, wan der konig in Polen

43
Wladislaw IV. Sigismund Wasa (1595–1648), König von Polen 1632.

22
von dergleichen vernehmen solt, daß er wegen Preußen ebenfalß sessionem
23
et votum in imperio praetendiren möcht. Und ist darauff uber diesen punct
24
pro et contra discurrirt, ob dem reich gesezten falß solche große potentaten
25
nuzlich oder mehr schadlich sein würden.

26
[...]

27
1644 XII 12
Montag W bei Rosenhane. Gründe gegen Berufung der
28
Stände, insbesondere dem Kaiser im Reichsabschied 1641 gegebene Voll-
29
macht
zu Friedensverhandlungen, wozu Rosenhane nichts repliciren kon-
30
nen. Alß er aber de differentia inter Romanum imperium et regna Galliae
31
et Sueciae gedachte, daß in Franckreich und Schweden status absolute
32
monarchicus were. Haben I. H. G. geandtworttet, daß sie von dem
33
konigreich Schweden keinen sonderlichen bericht hetten, außer was sie von
34
andern gehort und gelesen, darauß soviel zu verspühren hetten, daß
35
daßelbe eben sowol seine stend hette, und selbe in das konigreich concerni-
36
renden sächen befragen müste, und solches iezo soviel mehrers, weiln die
37
konigin minorennis und die status gleichsamb die regierung weren. Mit
38
Franckreich sey gewiß, daß Ludovicus XIII solchen dominatus sich nit ge-
39
braucht, alß hernacher vom cardinal Richelieu introducirt worden, obs

[p. 27] [scan. 77]


1
aber dabey in die harr verpleiben, oder nit balder die stend auf ihre vorige
2
libertet gedencken werden, stünde dahin. Warauf der resident replicirt,
3
er müste bekennen, daß es questio difficilis sein wolt, ob sein konigin oder
4
auch Franckreich absolutum dominatum et imperium in suos hette. I. H.
5
G. subiungirten alßbald, daß eben diß punctus praeiudicalis seye, daß die
6
außwendige cronen dem Kayser bey dieser occasion seine autoritet und
7
maiestet gleichsamb zweyspaltig machen wolten, dahero viel beßer were,
8
diesen passum in ruhe, und yeden in seiner possession und herpringen zu
9
laßen. Und wan auch schon Ihre Majestät die sammetlichen stend beruffen
10
würden, so stunde denselben, vermög des iungeren reichsschlußes frey und
11
anheimb, bey den friedenstractaten mit zu erscheinen oder außzupleiben.
12
Maßen dan solches beym leztern reichstag zue sehen gewesen und daß
13
derenthalb Ihre Majestät, weil der stend so wenig gegenwertig gewesen,
14
etliche monat mit der proposition zuruckhalten müßen. Wan man nun ietzo
15
mit den tractaten ehe nit solte verfahren wollen, biß die stend alle bey-
16
sammen, wurden gewißlich noch viel monath daruber verstreichen, under-
17
deßen dem frieden nicht nachgetrachtet, und noch weitter so viel cristen-
18
bluts vergoßen werden müßen. Dahero sich die hieranwesende gesandten
19
eine uberauß große verandworttung bey der posteriteten aufburden, und
20
den ublen nachglanck, daß mehrere occasion zum krieg gesucht, alß den
21
frieden zue befurdern, machen wurden. Auff welches der resident
22
geandtworttet, dieses alles gestünde und bekennete er gern, was aber die-
23
sertwegen ihres theyls movirt werde, geschehe, sich bey ihren alliirten und
24
der posteritet hernegst desto beßer

43
24 zu endschuldigen] am Rande: an Churcollen 1645 XII 13
zu endschuldigen.

25
1644 XII 13
Dienstag Saavedra/Brun bei W. Entschuldigung des
26
verspäteten ersten Besuchs mit dem Tod der Königin. Als W erwähnt,
27
Rosenhane habe zur Berufung der Stände etwas naher geben, und vermel-
28
det, es were zu beßerer entschuldigung bey ihren alliirten geschehen,
29
meinen die Spanier, daß diß petitum vermuthlich so hoch mehr nit würde
30
getrieben werden, dan er eben dergleichen discursus bei ihnen gethan.

31
Volmar bei W: Die Ksl. haben bei den Mediatoren auf die französische
32
Antwort gedrängt und erfahren, die Franzosen hätten bis morgen Zeit
33
begehrt und nach der noch ausstehende ksl. Erklärung wegen Trier gefragt.
34
In dieser Sache haben die Spanier Contarini an die Ksl. verwiesen. Wobey
35
er Volmar meldete, mit I. H. G. seye man zwarn iungst der mainung gewe-
36
sen, daß von Ihrer Majestät Churtryer die bewilligte salvi conductus imme-
37
diate zuzustellen, und solches den Franzosischen zur andtwort zu geben,
38
hetten aber underdeßen den sachen nachgedacht, und befinden rhatsamer,
39
hoffen auch I. H. G. nicht zuwieder sein werde, daß mit dieser andtwort
40
einzuhalten, und hierauf dahin gegen die Französische sich zu erklehren,
41
daß man sie hieruber bescheiden wolte, wan zuvor gleich den Kayserlichen
42
und Spanischen verwichenen 4. huius geschehen, super mediis pacis, den

[p. 28] [scan. 78]


1
mediatoribus gegebener parola gemeeß, sich vernehmen laßen, und nicht
2
mit solchen und dergleichen aufzügen heran kommen würden; und diß son-
3
derlich auch darumb, daß der herr nuncius (wie er Volmar von ihme
4
gestern alia occasione vernommen) der meinung, es dörfften sonsten wol die
5
Franzosische zu newem disputat, wodurch das haubtwerck mehrers ver-
6
lengert wurde, anlas nehmen. Im übrigen haben die Mediatoren den Fran-
7
zosen
so zugesprochen, daß sie nur noch eine Frist von acht Tagen zur Vor-
8
lage
der Friedensbedingungen begehrten. Bei den Ksl. haben die Franzosen
9
einen Paß für Brasset

39
Jean Brasset, geheimer französischer Sekretär in Den Haag, 1645 Resident in Den Haag.
erwirkt, der aus Den Haag vermutlich die dortige
10
Stellungnahme zur spanischen Proposition mitbringt. Schweden hat Pässe
11
für die Stadt Stralsund gefordert, wogegen die Ksl. in Osnabrück Bedenken
12
haben, da Stralsund zu Pommern gehört und andere Mediatstädte, die
13
Differenzen mit ihren Herren haben, dann folgen würden. So sollen Stettin
14
und Wismar sich auch schon um Pässe bemühen. Deshalb wird um das Gut-
15
achten
Ws und der Ksl. in Münster gebeten. Woruber verscheiden dis-
16
currirt, und endlich dahin geschlossen, daß man sich dieserthalb durchauß
17
nit einzulaßen, sondern, alß eine sach contra constitutiones imperii, derglei-
18
chen mediatstende gegen ihre fursten und herrn zu fomentiren, auch daß
19
bei den praeliminar langwierigen tractaten in so vill jaren nit einmall
20
meldung darvon beschehen, Ihrer Kayserlichen Majestät referirt werden
21

38
21 müste] am Rande: an Köln und Bayern 1644 XII 16
müste.

22
1644 XII 16
Freitag W bei Saavedra / Brun. [...].
23
Krane bei W. Mitteilung der Ursachen für die Reise der ksl. Ges. in Osna-
24
brück nach Münster

40
In Münster 1644 XII 15–19.
und Absprache einer gemeinsamen Beratung für
25
morgen.

26
1644 XII 17
Samstag W mit Reck / Buschmann bei Nassau / Lam-
27
berg
/ Volmar / Krane . [...] . Proposition Kranes wegen Stralsund; die
28
Schweden berufen sich darauf, daß in den ksl. Generalgeleitsbriefen

42
Zu den 1643 IV 3 übergebenen ksl. Generalgeleitsbriefen vgl. APW [II C 1 S. XIXff] .

29
status et adharentes per Germaniam stehe, was Mediatstände einschließe.
30
Die Ksl. meinen, daß diß der Schweden suchen ganz ungereimbt, und wan
31
demselben also deferirt werden solt, nichts anderst alß eine lauttere con-
32
fusion und chaos, indeme es nit nur ein reichstag sondern eine versamblung
33
aller sowol underthanen alß stend sein wurde, darauß erfolgte. Unnd ver-
34
meinten derowegen das beste zu sein, in des terminis des preliminarver-
35
gleichs, welcher der reichsstende allein meldung thut, simpliciter zu verplei-
36
ben; gestalt dan auch die Schweden auff bemelten general salvum conduc-
37
tum sich mit grund nit lainen kondten, zumalen dadurch nichts newes ein-

[p. 29] [scan. 79]


1
gewilligt oder verglichen, sondern nur executio oder vollnziehen besagten
2
praeliminarvergleichs seye, und dahero auch nach demselben müste ver-
3
standen werden. W stimmt nach Beratung mit den Kölner Räten zu,
4
daß den Schweden in diesem ihrem newerlichen petito keineswegs zu defe-
5
riren, sondern man sich ahm praeliminarvergleich stricte zue halten, und
6
thue darwieder der von den Schweden allegirter generalgelaidtsbrieff
7
nichts irren, zumalen die wortter ’status per Germaniam‘ pro usu et con-
8
suetudine proferentis zu verstehen. Nun wisse man aber, daß Ihre Kayser-
9
liche Majestät, wan sie der stende meldung haben, keine andere alß reichs-
10
stende damit zu bedeutten pflegen, und solches in diesem gegenwertigem
11
fall soviel mehrers zu schließen, weilen keineswegs zu vermutthen, daß Ihre
12
Kayserliche Majestät den chur-, fursten und stenden wieder dero angehörige
13
stätt und underthanen praeiudiciren wollen. So sey es auch im reich anderst
14
nit herkommen, alß daß bey allen versamblungen, sie haben nahmen, wie
15
sie wollen, die mittelbare stend und underthanen durch die reichsstende
16
vertretten werden. Hiernegst seind nun uber diesen punct allerhand
17
discurs und gespräch vorgefallen, und dabey endlich guttbefunden, den
18
nuncium und Venedischen gesandten wol zu informiren, damit durch die
19
Franzosen auf anhalten der Schweden dieselbige nicht eingenommen und
20
zum beyfall bewegt werden. Nach Mitteilung der Ksl. aus Osnabrück
21
wollen die Schweden die früher über Sachsen und Mecklenburg geführten
22
Verhandlungen

40
Hg. Adolf Friedrich I. von Mecklenburg-Schwerin (1588–1658) diente als Vermittler
41
bei den von Sachsen 1636 fortgesetzten Friedensverhandlungen mit Schweden. Vgl.
42
E. Dürbeck S. 86, H. Haan S. 58f.
wiederaufnehmen, worüber per discursum dahin geschlos-
23
sen, daß man sich der schrifftlichen edirung halber, wan man sonsten
24
dadurch zur handlung gelangen konte, endlich nit hoch zue difficulti-
25
ren. Bericht Kranes als ehemaligen ksl. Kommissars in Trier über die
26
Ursachen der Gefangennahme des Kurfürsten, worauf allerhand rationes,
27
warumb ieziger zeit zu der relaxation zu verstehen nit dienlich, sondern
28
vielmehr zu großerer gefehrlichkeit ausschlagen wurde, ins mittl kommen.

29
1644 XII 18
Sonntag Nassau / Volmar bei W . Mitteilung der ksl. Er-
30
klärung
auf die französische Proposition, die von den Kölnern als im wesent-
31
lichen
mit der darüber stattgefundenen Beratung übereinstimmend befun-
32
den
wird, nur daß etliche hitzige anzugige wortt darin verspurt hetten,
33
under andern, daß der Franzosischen suchen wegen erledigung des chur-
34
fursten von Tryr petitum nulla responsione dignum genend worden.

35
Nach kurzer Beratung die Ksl.: Daß ein altes sprichwort seye, quod plus
36
videant oculi quam oculus, und ob es wol die mainung nit habe, daß diese
37
schrifft den Franzosischen plenipotentiariis, sondern allein bloß den media-
38
toribus pro explicatione und zu ihrer nachrichtung zugestelt werden solle,
39
so wolten doch die wol und vernunfftig gethane erinnerungen in obacht

[p. 30] [scan. 80]


1
nehmen, und was etwa zu scharpff gesezt sein möge, lindern und ändern,
2
imgleichen auch die wörtter wegen restitution des churfursten von Tryer
3
dahin moderiren, daß hiervon noch zur zeit nit zu reden [...]

36
Anlage 5: Erklärung der ksl. Gesandten auf die französische Proposition 1644 XII 19
37
(Druck: C. W. Gärtner III S. 758–766).
.

4
Lamberg bei W. [...].

5
1644 XII 19
Montag [...]. Mitteilung der spanischen Erklärung auf
6
die französische Proposition

38
Vgl. unten S. 31 Anm. 1.
, zu der W, weil sie anschließend sofort über-
7
geben
werden soll, auch sonsten anderer ursachen willen dabey nichts
8
erinnern wollen [...].

9
1644 XII 20
Dienstag W/Reck/Landsberg

39
Arnold von Landsberg, Propst von Obernkirchen, Dechant von St. Martin in Minden,
40
Domherr in Köln 1638–1646, kurkölnischer Geheimer Rat, Mindener Rat.
/Buschmann

41
Dr. Peter Buschmann (1604–1673), Kanzler des Stiftes Paderborn 1632, kurkölnischer
42
Geheimer Rat 1639, Kanzler des Geheimen Rates 1648.
bei Nassau/
10
Volmar . Die Mediatoren haben die Änderung einiger Wörter in der von
11
den Ksl. übergebenen Schrift gewünscht und gefragt, ob diese lediglich
12
zu ihrer Information dienen oder den Franzosen übergeben werden soll.
13
Wenn sie den Inhalt mündlich vortrügen, würden jene vermuten, daß eine
14
Schrift vorliege und aus der Nichtübergabe Verdacht schöpfen; übergebe
15
man die Schrift, sei ein weitläufiger Schriftwechsel zu befürchten. Die
16
Franzosen verlangen, daß der Paß für Kurtrier von den Ksl. in Münster
17
ausgestellt und nach Wien geschickt wird, wogegen die Ksl. eingewandt
18
haben, der Kurfürst werde vom Kaiser schon einen Paß erhalten haben
19
oder könne denjenigen benutzen, der den Franzosen für seine Gesandten in
20
Paris zugestellt worden sei. Als die Mediatoren den Franzosen darstellten,
21
daß die Teilnahme aller Stände nicht zu erwarten sei, haben jene geant-
22
wortet
, die Vertreter Bayerns seien schon unterwegs, sie wüßten auch von
23
der Bereitschaft anderer Stände und ganzer Kreise. Die Ksl. haben darauf-
24
hin
erwogen, ob nit (damit es einige ansehung einer generalversamblung
25
hette, ihnen satisfaction zue geben) die Entsendung eines engeren Ausschus-
26
ses
des Frankfurter Deputationstages betrieben werden solle. W billigt
27
die Erklärung wegen Trier als den früheren Absprachen gemäß und be-
28
grüßt
die Bereitschaft der Ksl. zur Streichung der von den Mediatoren
29
beanstandeten Worte. Und halten I. H. G. auch sonst gar nit dienlich, daß
30
die schrifft den Franzosischen communicirt werde, weilen es ihnen ein
31
gewünschte sach sein wurde, darauß abermalen ursach zur verlengerung,
32
indem sie solche zu refutiren understehen werden, zu haben. Es würde doch
33
desto weniger nit das vorgestelte intent behalten, daß es nemblich hernegst,
34
da man ye ohne frucht voneinanderziehen solte, ahns licht gebracht und
35
allegirt werden konnen, daß diese contestation gleich damalen den inter-

[p. 31] [scan. 81]


1
positoribus ubergeben, die aber selbige zu verhuttung weitterung lieber
2
zuruckbehalten alß den Franzosischen communiciren wollen. Wegen er-
3
scheinung der reichsstende müsten I. H. G. bekennen, daß, wan solche ein
4
mittel zum frieden, man sich darinnen nit lang zu sperren, weil man aber
5
versichert, daß es die Franzosen nur zur confusion und involvirung der
6
sachen under so vielen kopffen proponirt, so müsten noch der mainung
7
sein, daß man beym vorigen zue bleiben, und den Franzosen durch die
8
mediatores die aufs papier gebrachte rationes wol imprimiren zu laßen.
9
Solten sie aber endtlich davon nicht abweichen wollen, so gebe sich selb-
10
sten, daß beßer quoque modo ad tractatus zu kommen, alß selbige ganz von
11
der hand zu laßen, weil man weiß, wie der fried von menniglich so hoch
12
desiderirt und verlangt werde; welchenfalß alßdan der von den Kayser-
13
lichen gethaner vorschlag eines außschuß vom deputationtag zu Franckfurt
14
(zumalen selbiger so weit sich nit erstrecken, und also weniger verwirrung
15
machen würde) nicht zu verwerffen stünde, wiewol doch I. H. G. besorgen,
16
die Franzosen sich von ihrem suchen nit abwenden laßen, sondern vielmehr
17
vorgeben werden, daß es kein außschuß vom reichs-, sondern allein vom
18
deputationtag seye, als man hierdurch die befahrte difficulteten eben wenig
19
würde entfliehen konnen.

20
1644 XII 22
Donnerstag Die Spanier teilen ihre den Mediatoren über-
21
gebene Erklärung mit

35
Anlage 6: Erklärung der spanischen Gesandten auf die französische Proposition 1644
36
XII 19.
und entschuldigen die Verzögerung mit den auf
22
Wunsch der Mediatoren vorgenommenen Änderungen.

23
W trifft Nassau, der die ihm bisher zugekommenen Antworten auf die fran-
24
zösischen
Einladungsschreiben mitteilt

37
Anlage 7–10: fränkische Kreisstände an französische Gesandte 1644 XI 9 (Druck:
38
J. G. Meiern I S. 292 f.); Friedrich von Braunschweig-Lüneburg an französische Ge-
39
sandte 1644 XI 12; Christian Ludwig von Braunschweig-Lüneburg an französische Ge-
40
sandte 1644 XI 6/16; Pfalzgf. Karl Ludwig an französische Gesandte 1644 X 18/28. –
41
Friedrich von Braunschweig-Lüneburg (1574–1648), Hg. in Celle 1636; Christian
42
Ludwig von Braunschweig-Lüneburg (1622–1665), Hg. in Calenberg (Hannover)
43
1641, in Celle 1648; Pfalzgf. Karl Ludwig (1617–1680), ältester Sohn und Erbe Kf.
44
Friedrichs V. von der Pfalz, Kf. 1648.
. Als W von einer Anregung des frän-
25
kischen
Kreises an Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm zur Berufung des westfäli-
26
schen
Kreises zwecks Deputation zu den Verhandlungen berichtet, zeigt
27
Nassau sich bestürzt, weilen nit zu zweifflen, daß der herzog der stende
28
beschreibung zu solchem ende sich undernehmen würde. Nachdem aber von
29
Ihrer Kayserlichen Majestät ihme die possession der Gulichischen landen
30
consequenter die direction im craiß biß dato nicht gestanden, so seye wol zu
31
bedencken, was hierinnen von den Kayserlichen alhier mochte zu thun sein.
32
Woltens nicht underlaßen, bey morgiger post ahn Ihrer Majestätt zu gelan-
33
gen, mit bitt, I. H. G. hieruber gleichfalß der Churfürstlichen Durchlaucht zu
34
Collen gemuthsmainung, auch ob und wie die craißstende zue beschreiben,

[p. 32] [scan. 82]


1
und eine deputation ohn Ihrer Kayserlichen Majestät vorwissen und bewil-
2
ligen zu thun sey, sich zuerkundigen möchten

34
Fränkischer Kreis an westfälischen Kreis 1644 XI 9; Pfalzgf. Wolfgang Wilhelm teilte
35
1644 XII 9 das Schreiben samt einem Entwurf des Berufungsschreibens der westfäli-
36
schen Kreisstände an Kurköln mit, worauf Kf. Ferdinand 1644 XII 15 ablehnend ant-
37
wortete ( München II K. schw. 983). Zur Frage des westfälischen Kreisdirektoriums
38
vgl. J. Foerster S. 163.
. Frage der Erteilung eines ksl.
3
Passes nach Coesfeld für den vor einigen Tagen in Münster eingetroffenen
4
hessen-kasselischen Gesandten Scheffer

39
Reinhard Scheffer (1590–1656), hessen-kasselischer Generalkriegskommissar und Ge-
40
sandter.
[...].

5
Erkundigung durch Reck bei Nassau wegen der Glückwünsche zu Weih-
6
nachten
und zum Jahreswechsel: Die Ksl. wollen auf besondere Visiten
7
oder Schickungen verzichten und sich auf Glückwünsche bei den gewöhn-
8
lichen
Zusammenkünften beschränken. Dabei teilt Nassau ein Schreiben
9
der schwedischen Gesandten in Osnabrück an die zum Deputationstag in
10
Frankfurt versammelten Stände

41
Anlage 11: Schwedische Gesandte an Deputationstag Frankfurt 1644 XI 28 (Druck:
42
J. G. Meiern I S. 316 f).
mit, das die Ksl. etwaz discreter und mehr
11
definite als der Franzosen begehren finden. W will dazu die Resolution
12
des Kurfürsten einholen.

13
1644 XII 23
Freitag Mitteilung Chigis: Den Franzosen sollen heute
14
die verglichene rationes mit ernst und eiffer remonstriert

33
14 werden] am Rande: an Köln und Bayern 1644 XII 23
werden.

15
1644 XII 24
Samstag Nachricht von Chigi: Das Gespräch mit den
16
Franzosen hat erst heute stattfinden können. Auf den Vorwurf Contarinis,
17
daß bei ihrem Verhalten der Kongreß seinen Sinn verliere, haben die Fran-
18
zosen ihre endliche Antwort in drei bis vier Tagen versprochen. [...].

19
1644 XII 27
Dienstag [...] . W bei Chigi, der zu dem Gespräch mit
20
den Franzosen bemerkt, daß anderst nit verspuhren kondten, als daß sie
21
andere intentiones müßten haben, dan vorgeben würde, und seye ihr prae-
22
tension de convocandis statibus kein mittel den frieden zue befürdern. Auf
23
die Fragen der Mediatoren, wie viele Stände erscheinen müßten, wie lange
24
man auf sie warten solle, ob diese geantwortet hätten und ob vorher nicht
25
verhandelt werden könne, haben die Franzosen sich nicht erklärt und drei
26
bis vier Tage Bedenkzeit gefordert. Als ihnen vorgehalten wurde, die
27
angeblich gesuchte Assekuration lasse sich auch bei Deputation einiger
28
Stände durch das Reich erreichen, haben sie doch auf dem Erscheinen aller
29
Stände bestanden, worauf ihnen geantwortet wurde, dann müßten sie
30
andere Absichten damit verfolgen, die sie jedoch nicht erreichen würden,
31
da die Stände von ihnen eher Ersatz des zugefügten Schadens verlangen als
32
ihnen etwas geben würden. I. H. G. haben hiebey vermeldet, daß diß

[p. 33] [scan. 83]


1
ein gutes mittel, seye aber eben das, was schon hiebevor bedacht und zu
2
werck gesezt, zumaln auff offentlicher reichsversamblung anno 1641 die
3
stende Ihrer Kayserlichen Majestät und den herrn churfursten diese tracra-
4
ten in handen geben, und dabey einem yeden freygelaßen, seiner privat
5
anliegen willen, selbige durch die Kayserliche gesandten zu beobachten, in
6
locis tractatuum zu erscheinen, also die deputatio a parte imperii schon vor-
7
hin geschehen seye. Bey welchem der herr nuncius gedachte, die Fran-
8
zosen wenden vor, daß durch Ihre Kayserliche Majestät und den konig von
9
Spanien die stende abgehalten und libertas comparendi benommen, ließen
10
schlechte begierd zum frieden scheinen, und seye leichtsamb abzunehmen,
11
was sie thun würden, wan das loß umbgeschlagen und der Gallaß den
12
Schwedischen solchen schaden zugefugt. Denen die mediatores hierauff zur
13
andwort angedeuttet, sie möchten sich dieses argumenti mit dem Gallas nit
14
gebrauchen, dan im gegenspiel sonst die Kayserliche und Spanische darauß
15
ihrer der Franzosen wiederwillen zu der handlung und dem frieden, weiln
16
die Kayserliche armada gelitten, schließen dörfften; und dabey specialiter
17
zu vernehmen begert, wenn, wan und wie dan der Kayser und Spanien den
18
stenden zu erscheinen verpotten, damit ein solches dero gesandten remon-
19
striren kondten, es ist aber auch hierauf keine erklehrung gefallen, sondern
20
beyde Franzosische stillschweigend die axell gezogen. Hierzu sagten
21
I. H. G. zum herrn nuncio, daß vielmehr die Franzosen ahn der stende
22
nichterscheinen ursach, dan weilen beraitz von ihr der Franzosischer postu-
23
latis alhie, und daß man wiederumb ad praeliminaria et super modo trac-
24
tandi kommen, erschollen, und yeder auß vorigem verlauff die sorg, daß
25
solches langweilige disputationes wie vormals abgeben werde, tragen thut,
26
niemandts aber gern umbsonst mit großen unkösten würde abordnen, oder
27
auch seine deputirte solchem praeliminarstreitt alhier lang abwartten laßen
28
wolle. Ohnedaß die stend auch, von andern alß dem Romischen Kayser
29
beschrieben zu werden, nit gewohnt, maßen dan die Franzosische, indem
30
denselben gar wenig, und nit der fünffzehende theyl auf ihr zuschreiben
31
geandtworttet, genugsamb selbst erfahren haben. Diesem nach haben I. H.
32
G. anregung gethan, weil man sehe und spühr, daß die Franzosen nur pro-
33
telationes und auffzueg sucheten, der intention sonder allen zweiffel, damit
34
der winter uber vergeblich zugebracht werden und es underdeßen wieder-
35
umb zur campagnia gerathen möcht, ob nicht apertur zum stillstand der
36
waffen sein mocht. Warauf I. H. G. der herr nuncius geandtworttet,
37
daß dißhalber die Franzosische nicht allein nichts scheinen ließen, sondern
38
were auch so viel zu mercken, daß sie gar nit darzu verstehen würden, zu-
39
malen auch, wie er von Pariß auß sichere nachricht habe, solche praepara-
40
toria zur künfftigem feldzug, mit starcker execution der underthanen in
41
Franckreich gemacht worden, daß sich zu verwundern, und kehme nun
42
noch dieses hienzu, daß die Gallassische reutterey, ihrem angeben nach,
43
zimlich ruinirt, neben anderer des Kayserlichen exercitus bekandten ublen

[p. 34] [scan. 84]


1
beschaffenheit, daß sie wol keine gedancken haben noch ursach, zu derglei-
2
chen armistitio zu schreitten, iez bekommen würden.

3
1644 XII 28
Mittwoch Schreiben von Krane: Die Schweden bestehen
4
in Osnabrück auf Zulassung Stralsunds und anderer Städte und berufen
5
sich, da der Präliminarvertrag gegen sie ist, auf ihr damaliges Verhand-
6
lungsprotokoll.

7
1644 XII 29
Donnerstag Berufungsschreiben zum westfälischen Kreis-
8
tag

39
Anlage 12 (Pfalz-Neuburg an W): fehlt.
[...].

9
Nassau / Volmar bei W. W: Wegen dieses Schreibens zu bedenken,
10
erstlich was Ihrer Kayserlichen Majestät interesse und hocheit, wegen ange-
11
master convocirung des Westvalischen craises, was darauf zu thun und vor-
12
zunehmen, 2. was Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Collen alß bi-
13
schoffen zu Munster, welcher in viele wege hierinnen zu nahe getretten, zu
14
beobachten, 3. I. H. G. wie auch der graff von Naßaw als craißstende hin-
15
wiederumb zu andtwortten, und dan 4. was weitters bey dießen haubt-
16
tractaten in hoc puncto convocationis statuum et circulorum zu conside-
17
riren? Nachdemalen nun der erst und letzter punct Ihre Kayserliche Maje-
18
stät concerniren thette, I. H. G. auch beym 3. ungern etwas thun wolten,
19
so deroselben intention zuwieder, alß hetten zu begehren, ob ihnen gefellig,
20
ihre gedancken daruber unbeschwerd zu eroffnen. Nach Beratung der
21
Ksl. Volmar: Der Kaiser wird das Vorhaben des Pfalzgrafen an sich und
22
wegen der für den Kreis mit Köln getroffenen Vereinbarung

40
Übertragung der alleinigen Kreisbeschreibung und damit des Kreisdirektoriums an
41
Münster wegen der rechtlich nicht entschiedenen Jülicher Sukzession zuletzt Dezember
42
1643, vgl. J. Foerster S. 252f.
mißbilligen.
23
Sie wollen ihm raten, selbst an Köln und den Pfalzgrafen zu schreiben.
24
Beym andern punct seyen Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Collen ihres
25
stiffts Munster und demselben alß ausschreibenden fürsten competirenden
26
iuris halber, auch wegen von Kayserlicher Majestät habender special com-
27
mission, das ausschreiben und direction im craiß allein zue beobachten, gar
28
zu hoch interessirt, dahero viel weniger zu zweifflen, sie wurden die not-
29
turfft daßwegen in gebuhrende obacht ziehen und durch absonderliche
30
schreiben ahn die craißstende dieses modi procedendi alsobalden sich be-
31
schweren, mit fernerem andeuten, daß von Ihrer Kayserlichen Majestät sie
32
der weitteren verordnung erwartten, underdeßen aber auf dergleichen
33
ungültige convocation von ihren stifftern und landen niemandts erscheinen
34
würde. Benebenst musten Ihre Churfürstliche Durchlaucht ahn den pfalz-
35
graffen nothwendig eine wolfundirte contradiction abgeben, zumalen
36
dieses, daß ein des craises außschreibender fürst ohne mitbewilligen und
37
belieben des andern eine craißversamblung allein, und zwarn in tali mate-
38
ria, die keine craißsachen, sondern das ganze reich concerniren, anstellen

[p. 35] [scan. 85]


1
solte, den constitutionibus recta zuwiederlauffe. Den 3. puncten belangend
2
suche der pfalzgraff sein praetendirendes ius ratione Gulich durch diesen
3
und dergleichen actum zu solidiren, wie aber das ausschreiben bey seinem
4
belieben gestanden, und wan die stende darauf nit erscheinen, eo ipso fur
5
sich selbst zerfallet, so weren sie der mainung, daß einige andwort darauf
6
nicht zu geben, sondern es beym recipisse allein zu laßen seye. Ad 4. sey diß
7
ein weit aussehend werck, da entgegen den Beschlüssen von 1636 und 1641
8
die Kurfürsten nit allein bey deren außn collegio verglichenen deputation
9
nit verplieben, sondern auch der mehrer theyl in beandtwortung der Fran-
10
zosischen schreiben bey den tractaten sich zu compariren anerpotten.
11
Dahero dan die craise, der handlung collegialiter mit beyzuwohnen, anlaß
12
genommen, und auch anderst nit zu vermutthen, alß daß die fursten und
13
stätte die zu eben solchem ende bey noch wehrendem deputationtag zu
14
Franckfurt vorprachte fundamenta nachmaln moviren, und wenigers nit
15
eine collegialschickung ad loca tractatuum werden thun wollen. Gestalt dan
16
die Franzosich- und Schwedische beraiz hiervon nachricht erlangt, und biß
17
darahn mit ihrer proposition ad pacem zueruckhalten, welches den haubt-
18
tractaten beraitz einen gantzen monat zeit anstand mit vielem disputiren
19
veruhrsacht, und noch mehrer zeit dern anzeig nach damit zubracht und
20
verlohren gehen würde; welches zue verhuetten beßer und zu wunschen
21
gewesen, obbedeut gemachte reichs- und collegialconclusa in ihrem vigore
22
ungeändert zu laßen. Es seye leicht zu erachten, was fur große confusiones
23
geben werde, wan die collegia formaliter, wie auff reichstagen bräuchig,
24
oder auch per circulos erscheinen würden, in bedencken dadurch auch den
25
churfursten selbst ihre praeeminenz, und was ihnen auf iungern reichstag
26
von den gesambten stenden ubergeben, wiederumb wurde geändert und
27
benommen werden, indeme alßdan der churfurstliche craiß die deputation
28
zu thun, welches alles ein weit großers, und dem gemeinen weesen schäd-
29
lichers aussehen haben wurde, alß man anfangs vermainen mochte. Zue-
30
malen von wegen der Ober- und Niedersachsische craiß außer zweiffel die
31
inhabere der ertzstiffter Magdeburg und Bremen

41
August von Sachsen (1614–1680), Administrator von Magdeburg seit 1638, Sohn Kf.
42
Johann Georgs I. von Sachsen; Friedrich von Dänemark (1609–1670), Administrator
43
von Bremen 1635–1648, von Verden 1623–1629, 1635–1648, Sohn König Christians
44
IV. von Dänemark, seit 1648 als Friedrich III. Kg. von Dänemark.
sich würden deputiren
32
laßen, die zwar die session bey den craißen herbracht, auff reichstägen aber
33
mans denselben ex parte imperii niemalen gestanden, wadurch dan nit
34
allein dem Romischen reich, sondern auch dem ganzen catholischen wesen,
35
indeme sie mit ihren praetensionen auff die stiffter, auch mit declarir-, ver-
36
änder- oder wol gar auffhebung des Paßawischen vertrags, religion- und
37
Prager friedens herankommen werden, ein sehr großes praeiudicium wurde
38
zugezogen. [...]. Chigi hat gegenüber den Ksl. geäußert, die Franzosen
39
würden wohl doch noch von ihrer Forderung abgehen und sich innerhalb
40
von 3 bis 4 Tagen auf Sachverhandlungen einlassen. Contarini hat die

[p. 36] [scan. 86]


1
Schwierigkeiten der Zuziehung aller Stände eingesehen und in diesem Sinne
2
mit den Franzosen gesprochen. Auf deren Einwand, warum man die übrigen
3
Stände ausschließe, wenn die gesamten Kurfürsten collegialiter erschienen,
4
hat er die Teilnahme einer engeren Deputation des Deputationstages ad
5
evitandam confusionem in tanta multitudine und die spätere Ratifikation
6
durch einen Reichstag vorgeschlagen, wogegen die Franzosen einwandten,
7
daß dann nur Anhänger des Kaisers deputiert würden. Die Ksl. haben
8
Contarini informiert, daß die Zusammensetzung der Reichsdeputation un-
9
abhängig
vom Kaiser festliege

39
Mitglieder der ordentlichen Reichsdeputation waren die Kurfürsten außer Böhmen,
40
ferner Österreich, Burgund, Bayern, Braunschweig, Jülich, Pommern, Konstanz,
41
Münster, Würzburg, Hessen, Abtei Weingarten, Grafschaft Fürstenberg, Stadt Köln,
42
Nürnberg.
und nur durch einen Reichstag geändert
10
werden könne. Der Reichshofratssekretär Schröder

43
Wilhelm Schröder (gest. 1679), Reichshofratssekretär, später als Sekretär Trauttmans-
44
dorffs auf dem Friedenskongreß.
ist nach Frankfurt
11
geschickt worden, um die engere Deputation vorzuschlagen. In diese kön-
12
nen
, da vom fränkischen Kreis bereits Würzburg und Nürnberg benannt
13
sind, noch zwei Stände der geistlichen und weltlichen Bank und die Stadt
14
Köln aufgenommen werden. W: Hält wegen des Pfalz-Neuburger
15
Schreibens die möglichst schnelle Benachrichtigung des Kaisers für nötig,
16
Kurköln wird die angeregten Schritte unternehmen, auch die münste-
17
rischen
Räte beraten mit dem Kapitel schon darüber. Er ist der Mei-
18
nung
, daß von wegen Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht in diesen craiß
19
gelegener 4 stiffter alß Münster, Paderborn, Lüttig und Stablo, auff solch
20
des pfalzgraffen ausschreiben, gleich vor diesem, niemandts erscheinen
21
würde, gestalt auch I. H. G. wegen dero stiffter Oßnabruck, Minden,
22
Verden und der graffschafft Schaumburg niemandts abzuordnen gedäch-
23
ten. Und nachdemaln beyde stiffter Corvey und Essen hiebevor allzeit
24
Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Collen sich bequehmet, und iezo
25
gleichfalß zu vermutthen, so würde von der fürstenbanck keiner schicken.
26
Die graffen hetten sich vor diesem insoweit separirt, und den Gulichischen
27
ausschreiben und ansagen eingefolgt; ob sie nun iezo dergleichen thun wer-
28
den, und den craiß allein repraesentiren wollen, stünde zu gewartten
29
[...]. Nassau verspricht, daß von Kurköln er nit allein sich hierinnen
30
nicht separiren, sondern auch bey dem graffenstand alß seinen vettern
31
dahin bemuhen wolte, daß von ihnen auf sein pfaltzgraffens convociren
32
niemandts möchte compariren, hielte auch ganz nottig und gut zue sein,
33
daß Ihre Churfürstliche Durchlaucht, wie vorahn gedacht, dehortatorios
34
ahn alle craißstende furderlichst abgehen ließe. Weitters erwehneten
35
I. H. G., daß dise des herzogen zu Newburg anmaßende beruffung der
36
stende nicht allein dem gemeinen weßen, sondern auch demjenigen [...] gar
37
gefährlich seye, was wegen nottiger craißdefension und der soldatesca
38
underhalt zwischen Ihrer Kayserlichen Majestät und den gehorsamen

[p. 37] [scan. 87]


1
stenden verglichen und zu werck gesetzt, weilen nicht zu zweifflen, daß er
2
pro more suo alles würde reassumiren, und nebens der Kayserlichen Ihrer
3
Churfürstlichen Durchlaucht zu Collen aufgetragener commission zunichte
4
zu machen understanden haben, zumalen er demselben ye und alle weg sich
5
wiedersezt, und auf eine neutralitet das absehen gerichtet

38
Zum Streit um die von Pfalzgf. Wolfgang Wilhelm angestrebte Neutralität bei den
39
westfälischen Kreistagsverhandlungen 1642–44 über die Einrichtung der Kreisdefen-
40
sionsverfassung vgl. J. Foerster S. 232ff.
. Und wie er nun
6
vor dießem darauf angeschlagen und sich erpotten, daß er in persona
7
nacher Pariß raisen und dem craiß die neutralitet erwerben wolte, also
8
seye kein anderß zu praesumirn, alß daß er auch iezo von wegen des
9
craißes auf der stende unkosten anhero deputirt zue werden sich die ge-
10
dancken mache. Deme aber hierdurch, wan nemblich zue Franckfurt auß
11
dem Westvalischen craiß Munster zu der engeren deputation benend, wurde
12
vorkommen, da alßdan Gulich, alß bey der haubtdeputation außgeschlos-
13
sen, nichts zu praetendiren hette.

14
1644 XII 30
Freitag Vertreter von Kapitel und Regierung Münster

41
Bernhard von Malinckrodt (1591–1664), Domdechant von Münster; Nikolaus von
42
Westerholt zu Lembeck (gest. 1662), münsterischer Rat; Lic. Nikolaus Drachter (1600–
43
1664), münsterischer Rat; Dr. Borchorst, Kapitelsyndikus.

15
bei W: Das Neuburger Schreiben sehr weit aussehendt und nicht nur Ihrer
16
Churfürstlichen Durchlaucht und diesem craiß sondern dem ganzem Romi-
17
schen reich höchst nachtheyl-, ärgerlich und bedencklich, nachdem in Frank-
18
furt
die Deputation nach Kreisen abgelehnt und die Fortsetzung des dorti-
19
gen
Tages beschlossen worden ist, dabey es dan auch sein verpleiben billich
20
haben muß. Daß aber nun der Franckischer craiß, welcher sich sonst eine
21
zeithero in vielfaltigen wegen opiniatrirt, mit den protestirenden sich,
22
voriger intention zuwieder, eines andern verglichen, und ihres mittelß obig
23
angedeuttete craißabordnung zu thun endschloßen und zu einem gleich-
24
meßigen dießen Westvalischen craiß durch ahn Pfaltz Newburg abgege-
25
bene schreiben anzuraitzen sich understanden, und dannenhero ermelter
26
pfaltzgraff hievorngemelt vermaindlich außschreiben ahn die craißstende
27
gethan, müste man dahin gestelt sein laßen. Sie hetten aber bey diesem
28
werck sonders gern vernommen, daß die Churfürstliche Durchlaucht zu
29
Collen, ihr gnädigster herr, sich durch diese des herzogen von Newburg
30
schreiben nichts irren ließen, sondern bey dero wolherbrachten direction im
31
craiß zu manuteniren gedächten, gestalt ihres theylß deroselben intention
32
sich nicht zu endziehen, sondern in dero und des reichs getrewen devotion
33
noch furtter, wie yederzeit, bestendig zu verharren gemeint [...]. Be-
34
richt
Ws über das Gespräch mit Nassau. Die Münsterischen wollen den
35
von W angedeuteten Gedanken in der Antwort an den Kurfürsten folgen
36
und diesem die weiteren Schritte anheimstellen. Klage, daß von dieser
37
seithen so gar promiscue und freygebig die päß ahn die benachparte feinde

[p. 38] [scan. 88]


1
ertheilet wurden, deren sie sich [...] zu hochstem der underthanen schaden
2
und verderb gebrauchten, und vermög derselben allenthalben mit bey sich
3
habendem anhang freygehalten sein wolten [...]. Die Landgräfin hat sich
4
auf vielfache Klagen wegen übermäßiger Belastungen der münsterischen
5
Untertanen erboten, Kommissare zu einer Konferenz nach Coesfeld zu
6
schicken. Da man aber nicht gern in einen vom Feind besetzten Ort gehen
7
will, hat man Dülmen oder Haltern vorgeschlagen und will, nachdem das
8
bewilligt ist, nun nicht underlaßen, durch die ahn Munsterischer seith da-
9
selbst hin abschickende den Hessischen commissarien die habende grava-
10
mina, neben mehr andern zunottigungen und eingriffen in geist- und welt-
11
liche jurisdiction des stiffts Munster remonstriren, und die remediirung
12
suchen laßen. W: Soviel das erste, nemblich die freygebige indulgirung
13
der päße belangendt, daß solches bey Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht
14
anzupringen sein würde, und dieselbe deren einstellung beym veldmar-
15
schalcken von Geleen

37
Gottfried Huyn Gf. von Geleen (1595–1657), ksl. General, hatte 1644–1645 das Ober-
38
kommando im westfälischen Kreis.
und graffen von Veelen

39
Alexander Gf. von Velen (1599–1675), münsterischer Rat und Landmarschall, ksl.
40
General.
befurdern konnen. Wegen
16
des andern wurde zu erwartten stehen, wie die communication mit den
17
Hessischen und vorhabende remonstration werde ausschlagen. Erinnerten
18
hiernach abermaln, daß sie sich uber das Pfaltz Newburgische schreiben
19
etwas specialius, ob und was darauf zu andwortten und Ihrer Churfürst-
20
lichen Durchlaucht einzurathen, auch ob nit deroselben das original zuzu-
21
schicken, heraußlaßen mochten. Es ließens aber die Münsterische bey
22
ihrer vorigen generalerklehrung, alles zu Ihrer Churfürstlichen Durch-
23
laucht belieben zu stellen, und daß morgen das original uberschickt werden
24
solt.

25
1645 I 1
Sonntag Nassau / Volmar bei W: Gegenüber Chigi haben
26
die Franzosen sich vorgestern wieder unnachgiebig gezeigt. Gegenüber
27
einem Vertrauten soll d’Avaux die Schuld Servien gegeben haben, wäh-
28
rend
die Krone den Frieden wünsche. Gegensatz d’Avaux–Servien. Letz-
29
terer
erhält von Mazarin

41
Jules Mazarin (1602–1661), Kardinal 1641, Nachfolger Richelieus als Leiter der fran-
42
zösischen Politik.
Sonderinstruktionen, also daß das werck in
30
Franckreich schier iezo eben wie tempore des cardinals Richelieu lauffen
31
sollte.

32
Chigi bei W. Ähnlicher Bericht. Morgen wollen die Mediatoren nochmals
33
auf die französische Resolution dringen.

34
[...].

35
1645 I 3
Dienstag Nachricht Nassaus (durch Landsberg): Obwohl die
36
Schweden sich sofort nach Übergabe der ksl. Proposition äußern wollten,

[p. 39] [scan. 89]


1
fordern sie jetzt zunächst Pässe für Stralsund, Wismar, Leipzig, Erfurt und
2
andere Mediatstände. Vertreter von Hamburg und Bremen haben sich bei
3
den Ksl. in Osnabrück schon angegeben, erklären aber, nur in eigenen An-
4
gelegenheiten
, insbesondere wegen Sperrung des Handels, gekommen zu sein
5
und sich nicht in die Friedensverhandlungen mischen zu wollen. Die Ksl.
6
haben Unterstützung versprochen, die ebenfalls angebotene Information
7
über die Lage im niedersächsischen Kreis aber übergangen. Der portugiesi-
8
sche
Vertreter in Osnabrück

32
Rodrigo Botelho.
ist plötzlich gestorben, nachdem er wenige
9
Tage vorher geäußert hatte, er finde die zwischen Frankreich und Schweden
10
vereinbarten Propositionen so beschaffen, daß der Kaiser, das Haus Öster-
11
reich
und die Reichsstände lieber alles ausstehen und uber sich gehen laßen
12
wurden, als in dergleichen zu gehelen und zu willigen.

13
1645 I 4
Mittwoch W / Reck / Landsberg bei Nassau. Schreiben Kur-
14
kölns
wegen des westfälischen Kreistages; vom Kaiser angefordertes Gut-
15
achten
wegen Deputation der Kreise zu den Friedensverhandlungen. Hoff-
16
nung
auf Änderung der französischen Haltung, da aus Paris günstige
17
Weisungen gekommen sein sollen. Die größte Schwierigkeit liegt im Gegen-
18
satz
d’Avaux – Servien, doch soll Brasset mit der Weisung kommen, zwi-
19
schen
ihnen zu vermitteln. Tod des portugiesischen Gesandten. Da W
20
zur Beförderung der Resolution für den Pfarrer von Neuss

33
Christian Linnen.
und wegen
21
Religionssachen seiner Stifter zu den Franzosen will und auch über die Ver-
22
handlungen
zu reden beabsichtigt, erhofft sich Nassau, daß jene sich gegen
23
I. H. G. als einen reichsfursten vielleicht mehrers alß gegen sie die Kayser-
24
lichen ministros heraußlaßen möchten.

25
1645 I 5
Donnerstag W bei Servien / d’Avaux. Sache des Pfarrers
26
von Neuss

34
Anlage 13: Memorial an die französischen Gesandten wegen hessischer Übergriffe in
35
Neuss.
. Als die Franzosen zusagen, bei der Landgräfin wegen Nicht-
27
einhaltung
der in der hessisch-französischen Allianz und bei Übergabe
28
von Neuss vereinbarten Artikel

36
Die kurkölnischen Orte am Niederrhein waren Anfang 1642 von der französisch-
37
weimarischen Armee unter Guébriant und den Hessen erobert und erst nach Abzug der
38
Franzosen ganz in hessische Verwaltung gegeben worden. Vgl. G. Engelbert. – Fran-
39
zösisch-hessischer Allianzvertrag von Dorsten, 1639 VIII 22 (Druck: J. G. Dumont VI 1
40
S. 178ff), ratifiziert 1640 III 22; vgl. Ch. von Rommel S. 546.
vorstellig zu werden, bringt W auch
29
die gegen den französisch-schwedischen Vertrag und die Übergabeartikel
30
von 1633

41
Französisch-schwedischer Allianzvertrag 1641 VI 30, Osnabrücker Übergabeakkord 1633
42
IX 12 (Druck: Sverges Traktater V 2 S. 471–474, 125–130).
vorgenommene Bedrückung der Katholiken im Stift Osnabrück
31
zur Sprache. Während sich die Franzosen darauf berufen, sie könnten

[p. 40] [scan. 90]


1
in den schwedisch besetzten Plätzen nicht also leges praescribiren, sondern
2
nur modum suavem dabey gebrauchen, betont W, eben die Bündnisse
3
Frankreichs mit Nichtkatholiken hätten der Religion großen Schaden ge-
4
bracht
, dem die Franzosen, wie sie nun zugäben, selbst nicht mehr steuern
5
könnten. Hätte seine Krankheit im letzten Sommer zum Tod geführt,
6
wären seine drei Stifter mit Sicherheit an Nichtkatholiken gekommen, maßen
7
I. H. G. deßen genugsame nachricht, was beraiz deßwegen fur vor- und an-
8
schläg obhanden gewest, gehabt, und sagten dabey, mercè. Darauf fiele
9
der d’Avaux bald darein und setzte hinzu, mercè alli Suecesi. Und
10
gleichbald I. H. G., non, ma mercè alli signori Francesi, und wurden im
11
Teutschen reich und bey denselben kirchen ewige monumenta pleiben, daß
12
Carolus Magnus imperator et rex Galliae catholicam religionem in die biß-
13
thumber introducirt und fundirt, Ludovicus rex Galliae aber hereticis
14
tradirt. Welches der Servient mit nein beandtworttet und gesagt, daß
15
sie ihr eußerist dagegen thun wolten. Deme I. H. G., sie forchten, da
16
die Franzosen den Schweden mit gewalt, ihrem vorigen vermelden nach,
17
nichts thun konden, daß ihre gute intentiones, so sie pro religione catho-
18
lica conservanda haben mochten, solchenfalß schlechten effect gewinnen
19
werde. Kurköln und W haben bereits durch Peny

42
N. de Peny, französischer Staatssekretär; zu seiner Mission bei Kurköln 1642/43 vgl.
43
J. Foerster S. 222f, 235 Anm. 48.
die für die Religion
20
durch Frankreich und seine Verbündeten in den Stiftern entstandene Lage
21
dem König und Mazarin geklagt und um Abhilfe gebeten. Mazarin hat
22
eine Vorantwort geschickt, auf den weiteren Erfolg wartet man ins dritte
23
Jahr. In seiner letzten Antwort an den König hat der Kurfürst deshalb
24
wieder Anregung getan, doch erfolgt nichts. W selbst hat im Zusammen-
25
hang
mit der Paßfrage dem neuen König nochmals seine Stifter und die
26
Religionsinteressen anempfohlen; die Antwort vom 21. September ver-
27
heißt
zwar entsprechende Weisungen an die Gesandten, doch kann W einigen
28
effect bisher nicht erkennen. Und werde nun I. H. G. die hoffnung soviel
29
mehrer dardurch benommen, daß sie Franzosische es iezo gleichsamb selbst
30
verlohren geben, indem sie die remediirung in ihrer macht nicht zu bestehen
31
contestirten, was die Schweden nicht gutwillig thun würden, da man doch,
32
daß sie in materia religionis den catholischen zu lieb und gutem nichts thun
33
werden, wol wissen und praesupponiren konne. Worauf sie beyde still
34
geschwiegen, und endtlich der d’Avaux vermeldet, diß were eben auch eine
35
materia tractatus pacis. Deme I. H. G.: ja, wan wirdts zu solchen trac-
36
taten kommen? Worauf der Servient, wan alle stend erscheinen.

37
I. H. G. vermeldeten hiewieder, diß wolte ein langes wesen, und noch
38
wol zwey oder 3 jahr alhier daruber zugebracht werden, und wolten gewiß
39
versicheren, daß sie dannoch alle nicht compariren würden. Auff wel-
40
ches der d’Avaux, man müsts so stricte nicht nehmen, zumaln wie er ver-
41
nehme, auch sogar auf reichstägen sich nicht alle stend sistirten. I. H. G.

[p. 41] [scan. 91]


1
meldeten hiebey, dergleichen und mehr anderß, und was fur große incon-
2
venientien und remorae hierauß endstehen würden, hetten sonder zweifel
3
von den mediatoribus genugsamb verstanden. Darauf replicirte Ser-
4
vient, es weren die stende doch, alß Churbayerisch- und Brandenburgische
5
schon auff der raiß, und setze der d’Avaux, alß I. H. G. fragten, wer dan
6
mehrers, noch hinzu, auch Mecklenburg, Lunenburg, Hamburg, Bremen,
7
Lubeck. Deme I. H. G., daß man von diesen nachricht habe, daß sie
8
beraitz zu Oßnabruck ankommen, (welches er dan auch gestanden) und
9
also auff dieselbe zu wartten ferner nicht vonnöthen were. Wobey er ver-
10
meldet, daß noch andere mehr stend und vornehme stätte geandworttet und
11
zum schicken sich erklehrt; wie aber I. H. G. zu vernehmen begert, wer dan
12
diese weren, und auff was zeit sie zu kommen veranlaßt, schwiegen beyde
13
still. Und fragten I. H. G. demnegst weitter, weilen es, wie oben gedacht,
14
auf alle so stricte mit zu nehmen, wan diese, welche sich, ihrem andeutten
15
nach, abzuordnen declarirt, herbeykommen, ob sie alßdan satisfaction
16
haben und zu den tractaten schreitten würden, oder ob sie noch anderer,
17
welcher, wie viel, und wie lang abwartten wolten? Es seye, die warheit zu
18
sagen, den gemeinen leuthen dadurch, daß sie so gar nichts determiniren
19
wollen, die impression schon gemacht, alß wan man ex parte Franckreich
20
keinen rechten lust zum frieden hette. Worauf der d’Avaux gesagt, der
21
cron Franckreich intention seye, einen aufrichtigen, bestendigen und assecu-
22
rirten frieden zu schließen, welche assecuration allein von den stenden her-
23
genommen werden muste, und thette der Servient noch hinzu, was ahn sol-
24
cher assecuration dem herzogen in Bayern gelegen, habe man leicht zu
25
erachten. Denen replicirten I. H. G., daß man im reich eben die
26
intention habe, einen aufrichtigen, bestendigen und assecurirten frieden mit
27
den Franzosen und allen in- und außwendigen zu treffen. Nur seye die
28
differentia der assecuration halber in tempore et modo; was das tempus an-
29
langete, da sehen sie nicht, wan gleich alle stend, wie sie die Franzosische
30
gedacht, allein pro assecuratione anhero kommen solten, was selbige
31
anietzt, da nit allein noch nichts geschlossen, sondern so gar ex parte
32
Franckreich nichts proponirt, würden assecuriren konnen. Zu seiner zeit
33
werde das reich wie billich von beyden cronen Franckreich und Schweden,
34
wan der schluß zum frieden gemacht, die bessere assecuration gleichfalß zu
35
begehren ursach haben. Von seitthen Ihrer Kayserlichen Majestät seye
36
genugsamb erpiethens geschehen, diß durantibus tractatibus, oder zue end
37
derselben eine legitima und im reich herkommene convocatio statuum in
38
modum eines reichstags beschehen, auf welchem dasjenige, was geschlossen,
39
ratificirt werden solle, warahn die cron Franckreich alßdan, weilen sie die
40
stende allein pro assecuratione und nit etwan zu anderer intention hier
41
haben wolt, genugsambe satisfaction erlangen konte. Und sustinirte
42
hierbey der d’Avaux nachmaln, daß es mir begehrter beruffung der stende
43
andere alß die angedeuttete mainung nit habe. Dabey es dan auch
44
I. H. G. gelaßen und vermeldet, viele im reich konten diesen modum nicht

[p. 42] [scan. 92]


1
apprehendiren, wie er zum intentirten zweck, den frieden zue befürdern,
2
dienlich seye; dan weilen, wie sie selbst gestehen müsten, aller stende zu
3
erwartten vergeblich, die aber, welche (außer den herrn churfursten) zu
4
erscheinen oder abzuschicken sich

41
4 erklehret,] eingeschoben: sein wurden, so
erklehret, bey diesem krieg mit Franck-
5
reich alliirt, coniungirt, oder sonsten interessirt geweßen, stehe man sehr
6
ahn, ob waß diese handlen und schließen, vom ganzen reich fur genugsamb
7
konne gehalten werden, und zwarn umb soviel mehr, weilen dieselbe nicht
8
debite, den constitutionibus imperii gemeeß, beruffen, sondern allein alß
9
privati propter privata sua negotia erschienen, und were diese auch nit ad
10
convocationem Gallorum, sondern vermog des letztern reichsabschiedts
11
anhero zu kommen zugelassen. Der Servient fiele dieser red ein und
12
sagte, die Kayserliche hetten biß dato nicht affirmiren wollen, daß der
13
Kayser den frieden senza gli voti delli stati (welches die formalia gewesen)
14
schließen konne. Deme I. H. G. replicirt, in ietztgemelten reichsab-
15
schied de anno 1641 seye determinirt, daß Ihre Kayserliche Majestät und
16
die herren churfürsten abschicken und die tractaten in nahmen des ganzen
17
reichs fuhren solten. Auf welches der d’Avaux, daß selben reichs-
18
schluß nicht alle stende, sondern allein die, so vom Kayser dependiren,
19
approbiren wollen. I. H. G.: [...]. Es haben nur etliche stende dern
20
ursachen sich beschwerdt, weilen sie vermainet, daß ihnen dadurch ihr
21
privat interesse und anliegen bey den friedenstractaten vorzupringen,
22
benommen sein würde; dahero folgendts durch allgemeinen schluß der
23
paragraphus, daß nemblich jeder stand modo ibi expresso schicken kondt,
24
placidirt, und bemeltem reichsabschied einverleibt. So hat auch er, unab-
25
hängig
von der Deputation durch Köln, im Interesse seiner Stifter kommen
26
wollen. Er hat acht Monate die Vorverhandlungen im Stift Osnabrück
27
abgewartet und ist gekommen, als die Auswechslung der Propositionen be-
28
vorstand
, wartet aber schon sieben Wochen auf den Fortgang der Verhand-
29
lungen
. Verzögert die französische Proposition sich länger, will er in sei-
30
nem
Stift auf die Ankunft der Stände und die französische Proposition
31
warten. Wafur der conte d’Avaux gepetten, und vermeldet, daß die
32
sachen sich noch wol schicken würden. Ahn bißherigem verzug seye nie-
33
mandts ursach alß die Spanier, welche uberall die congressus verhinderten,
34
gestalt auch von Don Francisco di Melo

42
Francisco de Melo y Castro (1597–1651), marqués de Villescas y Torre Laguna, conde
43
de Assumar, Gouverneur der spanischen Niederlande 1642–1644.
dieser ort Munster, alß man sich
35
der tractaten anhero verglichen, monstrum getaufft worden, weilen sie kein
36
lußt ad tractatus ad pacem hetten. Hierzu sagten I. H. G., daß auf
37
solche privat reden nit zu gehen, weil sonsten auf der andern seithen die
38
Spanier desgleichen finden mochten. Sie wolten der Spanier actiones weder
39
loben noch schelten, redeten allein alß ein Teutscher von des reichs concer-
40
nirenden sachen, aber das sagt die gantze welt, daß die Spanier ihre vor-

[p. 43] [scan. 93]


1
gebene intention zum frieden bona fide et opere contestirt hetten, indem sie
2
auf die bestimbte zeit den mediatoribus ihre proposition eingeliffert.

3
Hierauf fragte Servient, wer dan den fortgang der tractaten zuvor
4
gehindert, alß die Kayserlichen mit dem konig von Dennemarck sich ent-
5
schuldigt, und die Spanier uber diese und jene wortt disputirt, warmit et-
6
liche monat zeit verflossen. Deme I. H. G. geandtworttet, man rede
7
iezo nicht de praeterito, sondern praesenti. Und meldete der d’Avaux
8
wegen der Spanier weitter, daß sie ahm Kayserlichen hoff gar zu viel ein-
9
gewurzelt, ja, wie notorium, directionem consiliorum fuhreten, und konte
10
es auch darumb nit recht bestendig und Teutsch zugehen; welches dan, wie
11
er wuste, den chur- und fürsten des reichs wolbekandt und mißfällig were,
12
es quadrire aber auf die Teutsche dißfalß des Taciti dictum wol, ‘quae vitu-
13
peramus et blasphemamus, ea dissimulamus’. Und wan die stende das
14
unrecht schon erkennen, dannoch nicht remediirt werde. Desto weniger sie
15
dan zue trawen und billich securitatem zu begehren und dahin zu sehen
16
hetten, daß einem Kayser nit also frey stehe, pro libitu krieg mit den auß-
17
wendigen anzufangen, und obgleich dißfalß die capitulationes und consti-
18
tutiones imperii ein anderß statuirten, so thett und observirte doch der
19
Kayser, was er wolt, und schwiegen die curfursten und stende darzu still.

20
Deme I. H. G, geandtworttet, sie wüsten sich keines dings zu erinnern,
21
was von Kayserlicher Majestät der capitulation und constitutionibus im-
22
perii zuwieder oder auch nolentibus statibus gehandlet. Warauf der
23
Servient, daß eben das ein punctus capitulationis seye, in keinen krieg
24
gegen die außlender sich einzulaßen. Man habe aber mit Mantua und in
25
Polen

40
Der Kaiser hatte 1629 den Polen gegen Gustav Adolf von Schweden ein Hilfskorps
41
unter Hans Georg von Arnim (1581–1641) geschickt.
das contrarium gesehen, und daß man sogar außer reichs occasion
26
gesucht, die außwerttige zu offendiren, uneracht, daß davon die chur und
27
fursten nicht gewust, weniger darin consentirt. I. H. G. sagten hierauff,
28
daß dieser punct ieziger Kayserlicher Majestät in die capitulation gesetzt,
29
wissen sie wol, daß aber darwieder gethan, indeme der krieg mit Franck-
30
reich und Schweden damaln und bey antrettung der Kayserlichen regirung
31
schon in schwung gewest, gar nicht; und seye deroselben causa vel origo
32
dieses kriegs im geringsten nicht zuzumessen. Wolten de principio des Man-
33
tuanischen und Polnischen kriegswesen, wie er angefangen, nicht reden,
34
zuemaln ganze bücher davon pro et contra ausgangen, und were man nun
35
iezo zu dem end beysammen, wie solcher krieg hien- und beyzulegen, und
36
gute verstendnus zwischen Irer Majestät und dem reich, sodan den auß-
37
wertigen zu erwirken und zu stabiliren. Der Servient gedachte diesem
38
nach, daß circa idem die Hollander sich beklagten thetten, daß vor jahren
39
der Pappenheimb

42
Gottfried Heinrich Gf. von Pappenheim (1594–1632) hatte 1632 die spanischen Ent-
43
satzversuche für Maastricht unterstützt, worauf von den nicht beteiligten Ligafürsten
44
namentlich Kurköln zeitweise mit staatlichen Vergeltungsmaßnahmen rechnen mußte.
mit seinem exercitu auß befelch des Kaysers und der

[p. 44] [scan. 94]


1
Spanier antrieb in succursum Hispaniorum nach Mastricht wieder sie ge-
2
schickt. Welchen einwurff I. H. G. dahin beandtworttet, die Hollender
3
hetten sich deßhalber so hoch nit alß das reich und die neutrale fürsten zu
4
beklagen, wie gegen sie biß dato in viele weg directe et indirecte verfahren,
5
so z. B. bei Eroberung Borkens durch die Hessen

41
1634 VI 17 hatten hessisch-lüneburgische Truppen Borken erobert; an der Belagerung
42
hatten auch staatische Abteilungen teilgenommen. Klagen über den Bruch der Neutrali-
43
tät Kurköln an Kurbayern 1634 VII 13 ( München II K. schw. 963).
. Bei Pappenheims Unter-
6
nehmen
wurde weder von Churcollen, noch I. H. G. darzu cooperirt, oder
7
diese action approbirt. Mit welchem den Franzosischen plenipotentiariis so-
8
weit begegnet, daß sie schweigen müßen. Folgendts sagte der Servient,
9
daß, wie sie vorgeben, der anfang der proceduren gegen die neutralitet ahn
10
seithen des reichs gemacht. Worauf I. H. G., sie solten den ersten
11
actum, quo anno et die designiren, alßdan sich leicht würde nachschlagen
12
und finden laßen, wer dem andern den weg gezeigt und die anlaitung geben
13
habe. Kein Grund der Staaten zur Klage gegen Köln oder ihn. Und
14
alß hierauf Servient geandworttet, es diene dem reich nit anderst, subiun-
15
girte I. H. G., den Hollendern ebensowenig, mit dem reich zu rumpiren,
16
gabe ers zu, und daß sie die Hollander solches selbst bekennen thetten. Es
17
würde sich aber, wie der d’Avaux dabey gedachte, diß und dergleichen
18
bey den tractaten schon voneinanderpringen laßen. Wavon I. H. G.
19
abermal der tractaten zu gedencken dahin gelegenheit genommen, daß man
20
auf diese weiß, wie es die Frantzösisch- und Schwedische vorhaben, nicht
21
absehe, wie noch sobald zu fortgang der handlung werde zue kommen sein,
22
insonderheit wan auf convocation der stend noch ferner bestanden werden
23
solt; wie dan ihnen von den mediatoribus sonder zweiffel wurde remon-
24
strirt worden sein, was fur große difficulteten und inconvenientien dabey
25
sich bezeigen. Auf welches der d’Avaux geandtwort, es seye nit ohn,
26
daß ihnen die mediatores und noch erst gestern abermaln verscheidene re-
27
monstrationes gemacht, die sie zue bedenken genommen hetten. Melde-
28
ten demnegst I. H. G., daß wan ihnen die erscheinung der stende in ante-
29
dictum finem assecurationis recht ernst, so müsten anstehen, ob sie darzu
30
die media gebührend gebraucheten. Dan weilen die praeliminaria dermalen
31
geschlossen zu sein durchs ganze reich erschollen, iezo aber erst die diffi-
32
cultet super modo tractandi und wegen beruffung der stend auf die bahn
33
gepracht, so würden viele fürsten und stende anderst nit dafur halten kon-
34
nen, alß daß man abermalen zu den praeliminarien gerathen, und durch
35
dise differentien von newem remorae eingeworffen werden, welche zu ver-
36
gleichen viele zeit wie vormalß hiennehmen dorffte, deme sie alhier mit
37
vergeblichen spesen und ungelegenheit nicht wurden abwartten wollen. Be-
38
nebens ginge auch das geschrey durch die gantze statt, so zweiffelßohn
39
anderwertshin auch geschrieben würde, ob gleich die Kayserisch- und
40
Spanische ihre propositiones ad pacem ubergeben, die mediatores auch

[p. 45] [scan. 95]


1
ihnen den Franzosischen zu gleichmeßigem ende starck zugesprochen und
2
vielfaltige remonstrationes gemacht, dannoch nichts erhalten werden
3
konne. Drittens werde hien und wieder außgeben, ob weren sie die Fran-
4
zosische gesinnet, noch vor Ostern von hinnen sich zue begeben, und den
5
winter uber allein zeit damit zu gewinnen, und auf daß underdeßen in
6
Franckreich desto stärckere kriegspraeparatoria zue künfftigem feldzug
7
gemacht werden konten, abzuwartten. Warauf sobald der Servient her-
8
außgefahren, das were ein spargirtes außgeben von den Spaniern. Auff
9
welches I. H. G., sie sagten de autore nichts, konten auch nit glauben, daß
10
dergleichen von den Spanischen herkehme. Und geben vielmehr sie die
11
Franzosische selbst mit ihrem langen zuruckhalten yedermenniglich zu sol-
12
chen und andern discursen ursach. Pro 4. würde sonderlich den fursten
13
zue erscheinung schlechten lust machen, indem sie vermercken, daß von den
14
Schwedischen, mit denen auch sie die Franzosische anhielten, sogar die
15
mediatstend und municipalstette contra constitutiones imperii gegen ihre
16
obern zu compariren incitirt würden, welches dan vielen keine geringe
17
apprehension causiren werd, und sie wegen ihrer underthanen mit den auß-
18
ländischen cronen sich in disputat nicht werden einlaßen, noch deren judi-
19
catur die zwischen ihnen schwebende differentien underwerffen wollen.
20
Gefahr für die katholische Religion, da die meisten Bischofsstädte so die
21
Religionsfreiheit zu gewinnen suchen. Wie dan I. H. G. gewißlich selbst,
22
wan gleich eine auß ihren stetten Oßnabruck, Minden oder Verden com-
23
pariren und sich angeben solt, mit ihnen den Franzosischen deßwegen nicht
24
einlaßen, sondern lieber hienweg begeben wurden. Die Franzosen sagten
25
allezeit de libertate principum et statuum conservanda; wan nun dergestalt
26
die underthanen gegen die fürsten sollevirt, und ihnen der respect und auto-
27
ritet gegen die underthanen benommen, wolte es eine schlechte conservatio
28
iuris et authoritatis principalis sein. Es konten Ihre Kayserliche Majestät
29
nicht einmal selbst etwas in den municipalstetten nisi debite requisito prin-
30
cipe illius loci vornehmen oder befehlen, desto weniger sich die außwendige
31
cronen, die pro libertate et privilegiis Germaniae den krieg zu fuhren auß-
32
geben, solcher underthanen gegen ihre herrn und oberen dergestalt anzu-
33
nehmen, sondern viel mehrers selbige zu schuldigem gehorsamb und ahn die
34
reichssatzungen zu weisen. Der Servient sagte hierauf, es were selz-
35
samb, daß, da die Schwedische ein gleichformige proposition mit ihnen zu
36
Oßnabruck gethan, und ahn derselben die Oßnabruckische Kayserliche
37
keinen mangel gehabt, die hiesige mit der ihrigen nicht wolten zufrieden
38
sein. Worahn dan niemand anderst schuld hette alß die Spanier. Wo-
39
rauf I. H. G., daß die Kayserliche ihro die Schwedische proposition vorge-
40
zeigt und dabey vermeldet, daß selbige glimpfflicher alß der Franzosen,
41
dan 1. begerten jene, daß der Kayser die stendte ad loca tractatuum beruf-
42
fen möcht, sie die Franzosische aber bezöhen sich darin auf ihr und ihres
43
konigs ausschreiben. 2. Erpiethen sich die Schweden, mit den Kayserlichen
44
de materia pacis tractanda sich zu vergleichen, hier aber sagten sie, die

[p. 46] [scan. 96]


1
Franzosische, daß vor ankunfft der stend und liberation Churtryer sie
2
nichts proponiren oder tractiren kondten noch wolten. Welches der
3
Servient beandtworttet, daß der Schwedischer erklehrung in 2. puncto
4
anderst lautte, alß iezo vermeldet, der d’Avaux aber selbst, wie I. H. G.
5
replicirt, daß es von den Kayserlichen anderst nit verstanden, daß es also
6
were, sich vernehmen ließe. Wavon der Servient einen absprung genommen
7
und gefragt, warumb der churfürst von Tryer nicht wolte auf freyen fuß
8
gestellet werden; I. H. G. were alß deputatus von Churcollen alhier, ginge
9
also sie propter collegium electorale mehr alß andere ahn, und seye zu be-
10
thauren, daß er wegen der bey Franckreich gesugten protection dergestalt
11
nun ins zehende jahr gefangen sein solt. Were allen geistlichen chur- und
12
fürsten ein groß praeiudicium und eingang, daß sie ad libitum Caesaris et
13
Hispanorum solten konnen beym kopff genommen und von ihren land und
14
leuthen so lang abgehalten werden. I. H. G. replicirten auf diß propos,
15
ob der modus captivandi recht hergangen, obs mit vorwissen Ihrer Kayser-
16
lichen Majestät und befelch der Spanier geschehen, oder vielmehr der statt
17
Tryer ubergang durch sein des churfursten ubell affectionirte perstrata-
18
gema und also die anhaltung seiner person erfolgt, stünde dahin. Es würden
19
aber die stende in Teutschland ihres vermutthens ungern gestendig sein und
20
zugeben wollen, was der konig in Franckreich mit seinen ertz- und bischof-
21
fen, auch wol cardinälen vornimbt [...]. Sie weren ein fürst auß Teutsch-
22
land und hetten doch causam tam diuturnae detentionis des churfursten
23
von Tryer nie recht gewust, biß sie erst vorm monat die information be-
24
kommen, daß er nicht allein nur die protection gesucht, sondern auch aller-
25
hand tractaten mit den Franzosischen St. Chaumont

43
Melchior de Chevrières-Micelans, marquis de Chaumont. Zu seinen Verhandlungen mit
44
Kurtrier vgl. H. Weber S. 261ff, 283ff, 297ff.
vorgangen sein sollen
26
[...]. Es seien dessen Instruktionen und die Antworten Kurtriers im Origi-
27
nal
in Wien vorhanden. Darüber er Servient etwas gestuzt und I. H. G.
28
angesehen, sagend, es wurde ein lautteres außgeben, oder doch ubler, alß es
29
gemeind, außgedeutet sein. I. H. G. andwortteten, sie wißen davon
30
mehrers nicht, alß was sie, oblauts, gehoret. Worauf der d’Avaux, es
31
seye gleichwol hart, daß man ihnen solchergestalt, der gesuchter protection
32
willen, gefenglich genommen und dem churfürstlichen collegio außge-
33
schlossen halte. Deme I. H. G. hienwieder, daß die herren churfursten
34
sich allzeit seinetwegen gnugsamb erklehrt, wiewol sie nicht wenig, daß
35
gegen die reichsconstitutiones und churfürstenverain solche protection ge-
36
sucht, zu empfinden gehabt. Bey welchem der d’Avaux bedeuttet, daß
37
er doch auch Churcolnische deputirte bey vorigem konig, alß er zu Metz
38
gewesen, gesehen, so im namen Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht umb
39
eben dergleichen protection sich beworben, also wurde man selbigentheylß

40
36– S. 47,9 Bey – worden] am Rande: NB. Virgulata ahn Churbayern außen zu laßen,
41
und in der abschrifft ahn Churcollen hunc passum ad electorem Bavariae omissum esse
42
ad marginem zu notiren.

[p. 47] [scan. 97]


1
eben diese proceduren zu befahren haben. Deme I. H. G. replicirt,
2
weilen er, wie gedacht, selbst zugegen gewest, wolten sie sich auf ihnen
3
reportiren, daß er wol wurde vernommen haben, daß das von Churcollen
4
beschehenes ansuchen auf keine protection, sondern nur auf eine neutralitet
5
zu verschonung der landen und conservation der catholischen religion im
6
erzstifft Collen, welche aniezo, wie hievorn mit Neuß und Kempen erweh-
7
net, durch hulff der Franzosen so großen anstoß litte, angesehen ge-
8
west

39
1633 IX 8 war im Lager von Nancy zwischen Frankreich und den kurkölnischen Ge-
40
sandten Gf. Franz Ernst von Criechingen (gest. 1635) und Denis de Poitiers, comte de
41
Fenff, eine Vereinbarung getroffen worden, wonach Frankreich auf bestimmte Bedin-
42
gungen hin einen Verschonungs- und Neutralitätsvertrag Kurkölns mit Schweden zu ver-
43
mitteln versprach. Zu den köln-französischen Verhandlungen 1631–33 insgesamt vgl.
44
H. Weber.
. Worauff der d’Avaux sich vernehmen laßen, er müste beken-
9
nen, daß, wie I. H. G., nur eine neutralitet gesucht worden. Weiters sagt
10
Avoix: Es seye ein wunderding, daß der Kayser beym pabst Urbano seine
11
klagten contra Churtryer vorpracht, selbige auch nach deren erwegung
12
unerheblich befunden und darauf die restitution anbefohlen, die aber
13
solcher declaration zuwieder vom Kayser in so vielen jahren nicht erfolgt
14
sey. Der Servient reassumirte, ihr begern wer allein, daß der churfurst
15
liberirt und in krafft der general passaporten anhero kommen oder
16
schicken kondte. Auf welches I. H. G. replicirt, die salvi conductus
17
generales seyen von Kayserlicher Majestät auf ihnen nit gemeint, gestalt sie
18
die Franzosische auch selbst davon gefallen, und einen specialen fur seine
19
abgeordnete begert. Welches der Servient, den kopff schüttelent, be-
20
neynen wollen. I. H. G. erinnerten, daß ihro doch von ihnen durch den
21
secretarium legationis Praefontain das original der andern pasportt vorge-
22
zeigt, und zu deßen uberschickung bey eigenem cavallier von den Kayser-
23
lichen einen paß auf Wien gesonnen. Er könte aber, sagten sie, nit libere
24
schicken, noch mit ihnen durch schreiben sonst correspondiren. I. H. G.
25
gedachten hierauf, daß er bey iungerem reichstag zu Regenspurg seine
26
deputirten gehabt, ihnen commission und instruction pro libitu ahn Ihre
27
Kayserliche Majestät und die stende aufgetragen. Sie sagten auch nit, obs
28
wol oder ubel geschehen, sondern meldetens allein zu dem endt, daß durch
29
dieses disputiren ihre proposition ad pacem gar zu lang außgestelt und ver-
30
schoben würde, mit hochster gefahr und schaden der ganzen allgemeinen
31
christenheit, zuemalen diese Churtryers liberation hernegst allezeit weitter
32
under wehrenden tractaten subcurirt werden konndte. Der Servient
33
sagte dießem nach, es seye ein seltzambs ding, und nit wenig zu bethauren
34
und zu beklagen, daß man uberall ihre gute intentiones so ubel außdeutte,
35
indeme sie den stenden allein zue ehren und zum besten die proposition
36
differirten, damit sich nit zu beschweren hetten, alß wan sie ad tractatus
37
beruffen und dannach ihrer unerwarttet mit den tractaten verfahren wor-
38
den. I. H. G. beandwortteten diß, hierueber zu klagen könte niemandts

[p. 48] [scan. 98]


1
billische ursach haben, zumaln ihrer lang genug, alß vom aprill ahn zehen
2
und vom augusto 6 monat, nach des konigs und ihrem außgelaßenen schrei-
3
ben, abgewarttet. Auff welches der Servient, daß dißfalß kein terminus
4
zue nemmen anderst alß a 4. Decembris

40
1644 IV 6 war das erste französische Einladungsschreiben an die Reichsstände ergangen,
41
1644 VIII 22 beschloß der Kurfürstenrat in Frankfurt die Zurückweisung; in der
42
französischen Proposition 1644 XII 4 war offiziell die Forderung nach Zulassung der
43
Reichsstände erhoben worden.
. I. H. G. sagten, daß sie von
5
einigem termino, welcher den stenden vom konig oder von ihnen gesezt,
6
nit gehort, wan sie aber einen a quo gemacht, mußten sie auch einen ad
7
quem benend haben, und wurden mit deßen anzeig und eroffnung, wie viel
8
zeit nemblich gegeben, dem gemeinen weesen gar wol thun, sich darnach
9
allerseiz haben zue richten. Dero der Servient geandtworttet, man
10
muste noch etwas gedult tragen, underdeßen die stende noch wol, ob gleich
11
nit alle, doch deren etliche herbeykommen würden. I. H. G. wieder-
12
umb, es würden meistens ihre alliirten und uncatholische sein, und weilen
13
nun dieselbe iuxta constitutiones imperii nicht beschrieben, so würden sie
14
auch von den andern fur nicht sufficient besorglich gehalten werden.

15
Zu welchem der d’Avaux meldete, wie man vernehme, daß etliche craiß
16
abordnen wolten, so were zu wünschen, daß es von allen geschehen
17
möcht. Deme I. H. G. geandtworttet, wan gleich theyls oder auch alle
18
craiß, wie doch nit zu praesumiren, erschienen, würde doch ein oder an-
19
derm privat oder immediatstand eben wenig zu schicken, nach verordnung
20
des reichsabschiedts, unbenommen sein. Dan nicht zu praesumiren, daß ein
21
catholischer einem uncatholischen und weniger vice versa seine sach werde
22
concrediren wollen, und also diese 7 wochen zeit, welche hieruber mit
23
disputiren zubracht und noch weitter hinstreichen möchten, umbsonst
24
sein, und es endlich doch ad primum principium des reichsabschieds
25
1641 würde kommen müßen. Diesem allem nach, wie I. H. G. under-
26
schiedlich gemerkt, daß sie eines und das ander starck apprehendirt,
27
concludirte der Servient, wie sie den discurß wol fundirt befunden, also
28
wolten nit underlaßen, den sachen nachzudencken. Und haben I. H. G.,
29
daß sie eines und das ander also rundlich angedeuttet, hiermit endschuldi-
30
get, daß sie die Franzosische von beyden Churfürstlichen Durchlauchten zu
31
Collen und Bayern mit ihnen confidenter reden und handlen zu laßen, so
32
hetten sie solches nicht allein in befelch, sondern auch von sich selbst alß
33
ein aufrichtiger Teutscher furst thuen wollen. Deßen sich beyde hoch-
34
lich bedanckt, und mehrmalen, daß ihnen dieser discurß angenehm
35
gewesen, contestirt [...]. Beim Aufbruch d’Avaux unbemerkt von Servien:
36
Signore principe, si assecuri che non tardaremo molto più con la nostra
37
propositione.

38
1645 I 6
Freitag Nachrichten von Chigi und Nassau: Die Franzosen
39
haben bei den Mediatoren gestern wieder einige Tage Aufschub begehrt.

[p. 49] [scan. 99]


1
Nachdem ihre Vollmacht

41
Vgl. unten S. [102] .
in der vorgeschriebenen Form eingetroffen ist,
2
fehlt nur noch die

40
2 spanische] am Rande: an Köln 1645 I 7
spanische.

3
1645 I 7
Samstag W bei Contarini. Dieser berichtet zu den französi-
4
schen
Verhandlungen wie gestern Chigi und fügt hinzu, die Franzosen
5
sähen langsam die Unmöglichkeit, alle Stände zusammenzubringen, und be-
6
ständen
auch nicht mehr so fest auf der Abordnung der Kreise, so daß er
7
hoffe, sie würden den Vorschlag einer engeren Deputation annehmen, über
8
den sie noch Bedenkzeit erbeten hätten. Nachdem beide Mediatoren an ihre
9
Pariser Vertreter geschrieben haben, hofft er auf eine Entscheidung in der
10
nächsten Woche. Erfolgt sie dann nicht, sei sicher, daß Frankreich den
11
Frieden nicht wolle und weiter Schwierigkeiten machen werde, auch wenn
12
man ihm nachgebe. Er hat den Franzosen offen gesagt, sie hätten zum
13
Frieden wohl keine Lust, da sie sonst die vorgebrachten Gründe beant-
14
wortet
oder ihre Proposition herausgegeben hätten. Chigi hat gesagt, sie
15
möchten zur Zerstreuung des Verdachtes wenigstens etwas proponieren,
16
und dabei auf einen Waffenstillstand gedeutet. Auch dazu haben die Fran-
17
zosen
weder ja noch nein gesagt, was wohl an der Uneinigkeit beider Ge-
18
sandten
liegt. Deshalb soll der Herzog von Longueville

42
Henri II. d’Orleans (1595–1663), duc de Longueville.
als Dritter kom-
19
men
, damit dann gültig ist, was zwei von ihnen beschließen, doch hat
20
Frankreich noch Bedenken, solange Spanien nicht eine Person gleichen
21
Ranges schickt. Die Franzosen geben aus, mit den Schweden wegen der
22
Verhandlungen einer Meinung zu sein, während diese klagen, mit den
23
Franzosen sei nicht fortzukommen, so daß sie, wenn jene sich nicht erklär-
24
ten
, es von sich aus tun müßten. Die Franzosen lassen verlauten, d’Avaux
25
werde bald den Besuch Oxenstiernas

43
Oxenstierna war in Münster gewesen 1644 XII 24–27.
erwidern und dabei die Schweden
26
beßer zu disponiren suchen. Auf Freilassung Kurtriers bestehen nach Con-
27
tarini
die Franzosen nicht mehr so sehr, seit die Mediatoren ihnen dargelegt
28
haben, daß sie für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen dem Kaiser
29
Garantien für seine Rückkehr in die Haft geben müßten. Sie wünschen des-
30
halb
jetzt einen Aufenthalt an drittem Ort. Und fragte der Venetus, obs nit
31
zu machen, daß er sich underdeßen beym churfursten zu Collen oder zu
32
Munchen bey Churbayern möchte aufhalten? Warauf I. H. G. geandt-
33
worttet, sie wisten zwar davon nit, zweiffleten aber sehr, ob einer von
34
beyden diesen herrn, vieler respecten willen, in diese sach dergestalt sich
35
einmischen, auch sie Franzosen sowol alß der Churfurst von Tryer darmit
36
zufrieden sein werden. Warvon er auf eine reichsstatt gefallen, ob nit
37
dergleichen orth dazu außzusehen, mit vermelden, man müste allerseiz die-
38
sem werck beßer nachdenken. Fragte auch dabey de causa captivitatis, und
39
warumb er außm collegio, auch vom Kayser so lang aufgehalten werde.

[p. 50] [scan. 100]


1
Auf welches I. H. G. dasjenige, was dißhalber bey den Franzosischen ge-
2
sandten in discursu vorgefallen und hievorn sub 5. huius außgefuhrt ist,
3
wiederholet, und annectirten ferner, daß sie sicher seyen, daß weder Chur-
4
collen noch Churbayern mit ihme in unguttem nichts zu schaffen, wüsten
5
auch von Chursachsen und Brandenburg nicht anderß; mit Churmaintz
6
aber sey notori, daß leyder zwischen demselben und Churtryer viele miß-
7
verstendnußen seyen. Daß aber bißher seine gesandten beym collegio nit
8
zuegelaßen, were die wieder die churfürstlichen verain vorgangene hand-
9
lung ursach, und mochte er sich deßhalber villeicht purgiren, und den
10
sammetlichen churfursten satisfaction geben konnen. Es werde sich aber
11
solches, ehe er, underschiedlicher sachen wegen, die ihme imputirt werden,
12
und Ihre Kayserliche Majestät hochstens empfinden, absolvirt, und ihro
13
satisfaction geben haben würde, nit wol thun laßen. Dießem nach gedach-
14
ten I. H. G., was der de Avaux gegen sie in discursu vorgestern de sententia
15
Papali vermeldet, nemblich, daß Urbanus VIII. den churfursten zu Tryer
16
schon lengst solte absolvirt und decretum relaxationis außgelaßen haben,
17
wavon aber I. H. G. nichts gesehen, noch, außer diesem, was gehort.

18
Worauf der Venetus geandtworttet, die Franzosische hetten dem nuncio
19
und ihme vor dießem dergleichen auch angedeuttet, dahero sie sich daruber
20
underschiedlicher orthen erkündiget, aber nichts in erfahrung pringen kon-
21
nen. Sogar habe deßhalber der herr nuncius nacher Rom geschrieben, allwo
22
man ebenfalß von dergleichen nichts wolle wissen, also, daß dergleichen
23
sententia gefellet und decretum ergangen, er soviel weniger glauben
24
kundte. Zeigte demnegst ahn, die Kayserlichen hetten sie die mediatores
25
heut wissen laßen, waßgestalt Ihre Majestät zuefrieden, daß die passapor-
26
tus fur die Churtryrische deputirte durch den nuncium dem churfursten
27
auff Wien möchten zugeschickt werden, welches diesen nachmittag den
28
Franzosischen durch des nuncii auditorn

38
Antonio Abbondanti (gest. 1653). Vgl. V. Kybal – G. Incisa della Rocchetta 1 S. 195
39
Anm. 1.
angedeuttet worden, was aber
29
darauf geantworttet, wuste er noch nit. Bitte Ws, Contarini möge bei
30
den Franzosen und Generalstaaten im Interesse der Versorgung beider
31
Kongreßstädte und der benachbarten Stifter abzuwenden helfen, daß die
32
staatischen Gesandten mit 1000 Mann Konvoy kämen, da für ihre Sicher-
33
heit
ohnehin keine Gefahr

37
33 bestehe] am Rande: an Köln 1645 I 10
bestehe
[...].

34
1645 I 10
Dienstag Cuylla

40
Gerhard Severin Cuylla von Thalheim, brandenburgischer Hofjunker.
bei W. Zur Vorbereitung der branden-
35
burgischen Gesandtschaft erbittet er das bei Ws Ankunft beobachtete
36
Protokoll und teilt mit, daß als Hauptgesandter der Graf von Wittgenstein

41
Johann VIII. (1601–1657) Gf. von Sayn-Wittgenstein und Hohenstein in Wittgenstein,
42
kurbrandenburgischer Geheimer Rat.

[p. 51] [scan. 101]


1
für beide Kongreßorte zuständig sein soll, im übrigen für Münster die
2
klevischen Räte von Heiden und Portmann

38
Friedrich Frhr. von Heiden, Drost zu Lippstadt; Dr. Johann Portmann.
, für Osnabrück von Löben und
3
Fritze

39
Johann Friedrich Frhr. von Löben (1595–1667), kurbrandenburgischer Geheimer Rat;
40
Dr. Peter Fritze (1584–1648).
vorgesehen sind.

4
Nassau / Volmar bei W . Schreiben der Ksl. aus Osnabrück, wonach die
5
Schweden 1. auf Zulassung der von ihnen benannten und aller sich be-
6
schwert
fühlenden Mediatstände bestehen und 2. Klage führen, daß trotz
7
eines von Oxenstierna ausgestellten Passes die Leiche des portugiesischen
8
Vertreters

42
Rodrigo Botelho.
und bei ihr befindliche Sachen auf dem Weg nach Minden an-
9
gehalten
und nach Fürstenau gebracht worden sind, weshalb Restitution,
10
Freilassung der Gefangenen und Bestrafung der Täter verlangt wird.
11
Nassau / Volmar betonen, daß Portugal im Präliminarvertrag nicht
12
genannt ist, vom Kaiser und Spanien der Vertreter nicht als Gesandter an-
13
erkannt
wurde, dieser selbst französischen und schwedischen Pässen nicht
14
vertraut habe, und bringen Argumente, daß er auch nicht unter die im Prä-
15
liminarvertrag
erwähnten Bundesgenossen Schwedens falle. W läßt den
16
für den Vorfall verantwortlichen Rittmeister berichten: Zunächst hat dieser
17
sich mit der Versicherung des den Zug begleitenden Bedienten Oxenstiernas
18
zufriedengegeben, es handle sich um Eigentum seines Herrn

43
Anlage 14: Paß Oxenstiernas für Daniel Jansen 1644 XII 28 (Druck: C. W. Gärtner
44
IV S. 101f.).
. Erst auf die
19
später erlangte Nachricht, daß es portugiesische Sachen seien, hat er den
20
Zug verfolgt, nochmals angehalten, bei genauerer Untersuchung die Leiche
21
gefunden und alles nach Fürstenau gebracht, dem schwedischen Bedienten
22
aber die Rückkehr freigestellt. Ist ober beyde puncten discurrirt, und
23
beym ersten, daß die Schwedische von admission der statt Stralsund und
24
anderer, und deme fur dieselbe praetendirenden paß durch keinerley
25
remonstrationes abzupringen seyen, dafur gehalten, daß man der sehr
26
großen consequentz halber und auß denen schon hievorn vorkommenen
27
trifftigen motiven bey der negativa und contradiction verbleiben müste,
28
zumaln, wie in consideration mit kommen, darauß großes praeiudicium
29
und verkleinerung ein und anderen chur-, und fursten, alß in specie, da auch
30
die Tonawwerth- und statt Regenspurgische strittigkeiten contra Chur-
31
bayern hieher gezohen werden mochten, endstehen kondte. Beym andern ist
32
quoad rem ipsam kein dubium gefunden, sondern daß diese personen und
33
sachen sammetlich de bone prinse gehalten, also daß ahn der anhaltung nit
34
unrecht geschehen. Da vermutlich aber die Franzosen von den Ksl. eine
35
Erklärung fordern werden, ob Portugiesen und Katalanen in den
36
Präliminarvertrag eingeschlossen seien, die Spanier sich aber widersetzen
37
werden, fürchtet man Schwierigkeiten. Denn solte a parte Caesaris affirma-

[p. 52] [scan. 102]


1
tive geandworttet werden, würde es eine bose consequentz und den prae-
2
liminarien zu nit geringem praeiuditz gereichig sein, hiengegen auch, durch
3
die negativam die Franzosische außer zweiffel anlaß und ursach nehmen,
4
die haubttractaten noch lenger zu verschieben, und so lang, biß die Portu-
5
gesische und alle andere, die sie sich noch imaginiren möchten, im prae-
6
liminarvergleich mit eingenommen, zu einiger proposition nicht zu schreit-
7
ten. Und ist dahero der negst und bester weg gehalten, daß die Oßna-
8
bruckische Kayserliche diese sach von sich zu schieben und alß militarem
9
ahn die generalitet und den veldmarschalcken von Geleen zu verweisen.
10
Benebenst ihne veldmarschalcken zu avisiren, daß er die andwort solcher-
11
gestalt einstelle, er sehe anderst nit, alß daß mit anhaltung der sachen
12
secundum regulas militares verfahren, zumalen der Portugesischer mit
13
feindlicher convoyen und nicht wie andere neutral personen, so zu den
14
tractaten durch die salvos conductus verglaitet, auf Oßnabruck kommen,
15
jetzo auch eines solchen paßes sich gebraucht, warinnen die sachen, wehm
16
sie gehorig, nit exprimirt [...]. Zu respect aber der Schwedischen gesandten
17
wolle er befelch ertheylen, daß alle sachen sambt dem corpör, wan ein
18
rechter paß vom Oxenstern kriegßgebrauch nach mit einem trompter zur
19
abholung geschickt, sollen außgefolgt werden [...].

20
1645 I 11
Mittwoch Cuylla bei W. Im Beisein der Kölner Geheimen
21
Räte erhält er die gewünschten Informationen und verspricht, über den
22
Einzug der Brandenburger rechtzeitig Bescheid zu geben.

23
1645 I 12
Donnerstag Mitteilung Nassaus: Neues, nur von Servien
24
unterschriebenes französisches Einladungsschreiben vom 18. Dezember an
25
die Stände in Frankfurt

39
Anlage 15: Servien an Deputationstag Frankfurt 1644 XII 18 (Druck: J. G. Meiern I
S. 341f , C. W. Gärtner III S. 756f.).
. Es bestätigt sich damit der Gegensatz zwischen
26
ihm und d’Avaux, und wie dieser mehrers zu befurderung des friedens,
27
jener aber hingegen die sachen auf die mit versamblung der stende vor-
28
habende weiß nur zu verziehen genaigt [...]. Und weilen von ihme Ser-
29
vient in bemeltem schreiben gesetzt, daß dieses ultima hortatoria sein solle,
30
so stehet nun hernegst zu gewartten und zu vernehmen, wie sich die stende
31
darauf bezeigen und ihrem ungereimbten zumutthen stattgeben werden,
32
oder was der Servient wiedrigen falß mit dießer comminationclausul be-
33
deuttet haben wolle.

34
Schreiben aus Osnabrück, wonach die Schweden nicht mehr so sehr auf
35
Pässe für die Mediatstädte drängen, sondern die Ankunft der Reichs-
36
stände und deren Entscheidung abwarten wollen.

37
1645 I 13
Freitag Brasset

38
37 eingetroffen] am Rande: an Bayern 1645 I 13, an Köln 1645 I 14
eingetroffen
[...].

[p. 53] [scan. 103]


1
1645 I 15
Sonntag Mitteilung Saavedras: Der Kurier an die französi-
2
schen
Gesandten hat Brüssel passiert. In Paris wird die Zurückhaltung der
3
französischen Proposition nicht gebilligt, die ksl. und spanische halte man
4
dort fur nit so gar unbillich.

5
1645 I 16
Montag Mitteilung Chigis: Nach Ankunft des französischen
6
Kuriers wollen die Mediatoren spätestens übermorgen auf eine Erklärung
7
dringen, da sie wissen, daß man in Frankreich die Herausgabe der Proposi-
8
tion wünscht.

9
Saavedra bei W: Wenn die Franzosen diese Woche die Proposition nicht
10
vorlegen, sei deutlich, daß sie den Frieden nicht wollen. Es were zu be-
11
thauwren, daß der status exercitus imperii so schlecht, und man im reich nit
12
beßer mit dem Kayser zusammenhalte, sondern ein und ander von dem-
13
selben sich separirte, ja wol gar mit den Franzosen heimbliche tractatus, die
14
man doch wol wuste, vorhette. Ob nit ein ding und zu practiziren were, die
15
Franckisch-, Schwabisch-, Rheinisch- und Westphalische craiß, daß yeder 2,
16
3 mehr oder weniger thausend man nach proportion und muglichkeit dem
17
Kayer werben und dem reich zum besten underhalten möcht, zu induci-
18
ren; warzu ihm nit undienlich beduncken wolt, wan gleichbalden ein
19
reichstag, etwan nacher Regenspurg, außgeschrieben, auf deme der Kayser
20
den reichsstenden der Franzosen impertinentias vorpringen und mit dem-
21
selben dagegen gute bestendige resolutiones nehmen kondt. I. H. G.
22
andwortteten ihme Savedra, daß freylich der uble zustand im reich in mili-
23
taribus und andern sachen zu bethauwren. Wolten, gleich er mit ihro con-
24
fidenter redete und wol informirt seye, hienwiederumb in confidentia an-
25
deutten, daß dieienige, so sich tempore belli von Ihrer Kayserlichen Maje-
26
stät separirt und annoch verpleiben, der wiedrigen religion zugethan; die
27
catholische getrewe churfürsten und stende aber hetten sich offt und
28
vielmaln, und sonderlich seitther von anno 1633 hero beklagt, daß ihren
29
aufrichtigen bestendigen consiliis ahm Kayserlichen hoff kein statt geben,
30
sondern offters das contrarium vorgenommen worden, und seye diß das
31
fundament, daß darauf künfftig mehrer und beßer reflexion billich sollte
32
gemacht werden. Was wegen der craise gemeldet, hielten I. H. G. derzeit
33
fur ein unpractizirlich und unmügliches ding, zumalen die sachen in gar zu
34
große verwirrung gerathen. Auffm collegialtag anno 1630 zu Regenspurg,
35
folgendts anno 1635 Wien, wiederumb anno 1636 und 1637 aufm collegial-
36
und wahltag, und 1641 auf gemeiner reichsversamblung zu besagtem
37
Regenspurg seye diß mittel von Churcollen und dem Westvalischen craiß
38
vorgeschlagen, und theylß durch I. H. G., theylß ander Churcolnische
39
deputirte negotiirt worden, daß nemblich in diesem craiß ein corpo formirt
40
und underhalten werden möcht. Man habe aber in dießen 15 jahren die
41
bewilligung, weniger nachtruck vom Kayserlichen hoff erhalten konnen,
42
sondern hetten sich nur darauf allerhandt diffidentien herfurgethan, ja die
43
getrewe stende mit der ublen disciplin dergestalt continiurlich beschwerdt

[p. 54] [scan. 104]


1
und heruntergepracht, daß es iezo zu dieser impossibilitet gerathen

39
Zu den Kölner Militärreform- und Kreisdefensionsplänen vgl. J. Foerster S. 181ff,
40
197f, 204f, 208f, 208ff, 225ff.
. Und
2
habe es bey andern craisen oben im reich, maßen der Franckische in seinem
3
schreiben ahn Ihre Kayserliche Majestät

41
Gemeint wohl Fränkischer Kreis an Kaiser 1644 X 30/XI 9 (Druck: C. W. Gärtner
42
III S. 586ff).
starck angeführt, fast eben diese
4
beschafftenheit. Hierauff sagte Savedra, es seye zu verwundern, nach-
5
demalen im Franckischen craiß so viele ansehnliche catholische geistliche
6
fürsten, daß in selbigem dergleichen resolutiones genommen würden.

7
Deme I. H. G. replicirten, diß seye zwar nicht ohn, er solle aber etwas
8
zurückgedencken, was fur große mißverstendnus sogar under den chur-,
9
fürsten und stenden des reichs selbst erwachsen, daß keiner dem andern
10
mer trawe, oder sich etwas auf einander verlaßen. Bey wehrender catho-
11
lischer liga hetten sich Ihre Kayserliche Majestät und das reich aller craise
12
weith beßer versichern konnen, zumalen die unirte stend zusammengehalten,
13
und cum authoritate in den craisen reden und handtlen dörfften. Nachdem
14
aber solche liga beym Prager schluß cassirt, werde sich von jahr zu jahren
15
finden, daß der krieg nichts dan lautter ruin und verlust so vieler land und
16
seelen, ja disreputation dem ganzen Römischen reich mitgepracht und ver-
17
uhrsacht. Es hette Franckreich selbst ein großes absehen auf die catholische
18
ligam gehabt, andere ministri aber hingegen hetten dieselb ein monstrum
19
genendt, welches man extirpiren müste, auch so lang keine ruhe gehabt, biß
20
sie anno 1635 durch den Prager Sschluß, ohne vorwissen oder beruffung der
21
interessirter stende, gegen die anno 1619 zu Munchen vorkommene wich-
22
tige motiven und gegebene assecuration, auch underschribne accordata
23
auffgehoben worden

43
Im Mai 1619 war in München die katholische Liga wiederbegründet worden. Zu ihrer
44
Aufhebung durch den Prager Frieden vgl. H. Haan, Heeresreform.
. Was fur groß- und nutzliche dienste diese catholische
24
liga Ihrer Kayserlichen Majestät, dem Romischen reich und hauß Oster-
25
reich gethan, müsten propter rei evidentiam alle unpassionirte bekennen,
26
dahero beßer, daß man auf der chur- und fürsten wolmainenden rhat ein
27
mehrers absehen annoch hette. Daß von Ihrer Kayserlichen Majestätt ein
28
reichstag außgeschrieben werden möcht, der mainung seye man allezeit
29
gewesen, deßen auch durch die mediatores die Franzosische plenipotentia-
30
rios vertrösten laßen, nemblich bey guter anschickung der friedenstractaten
31
circa finem die stende pro assecuratione und confirmatione desienigen, was
32
geschlossen, zusammen zu beruffen. Daß aber solche convocatio, wohin es
33
er Savedra deuttete, gleiche iezt zu geschehen, dabey gingen ihro prima
34
fronte allerley zu gemüth, und wurden die Franzosen darauß treffliche
35
gelegenheit zu mehrer tergiversation und zeitgewinnung erlangen, zuemalen
36
zue der stende beysammenkunfft wenigstens 6 monat, vermög der reichs-
37
satzungen gehorig. Bey welchem der Savedra vermainet, daß man in
38
dergleichen fällen den reichsconstitutionibus so genaw nit würde nachgehen

[p. 55] [scan. 105]


1
konnen, sondern auf eheste zusammenkunfft, und daß Ihre Majestät mit
2
erst anwesenden ye ehender ye besser negotiiren möcht, das absehen richten
3
müße. Worauf I. H. G. geandtworttet, hierbey seye zu bedencken, ob
4
nit solchen falß die Franzosen weitter ursach nehmen wurden, zu sagen,
5
daß der Kayser allein mit etlichen stenden, (maßen sie sich schon under-
6
schiedlich vernehmen laßen) die von ihme dependirten und er beschrieben,
7
handlen thett. Dabenebens auch zue beforchten, wie der Franckische craiß
8
ahn Ihre Majestät zu schreiben understanden, also auch andere stend nach-
9
folgen und coram Caesare desto starkher reden möchten, welches hernegst,
10
wan der fried in den meisten puncten alhie getroffen, ihnen bey solcher
11
zuesammenkunfft benommen sein würde. Dieses aber vermainte der
12
Savedra, daß authoritate Caesarea (gleich auf andern conventibus) müste
13
dergleichen hindertrieben werden. I. H. G. replic hierauff ware, daß
14
iezt ein weit anderer status seye, und sehe er genugsamb selbst, wie der
15
respect auff seithen gesezt werde. Die uncatholische stend hetten ahn den
16
außwendigen feindlichen cronen einen starcken rucken und assistenz,
17
dahero sie audaciores gemacht, und liberius alß nie würden reden, und
18
sonderlich auch mit den religionsgravaminibus herfurkommen dörffen.

19
W bejaht die Frage, ob die Brandenburger als formales legati kämen und
20
erklärt wegen des Status der Bayern, daß nach dem Kollegialschluß von
21
1636 alle Kurfürsten durch legationes formales den Verhandlungen bei-
22
wohnen
könnten. Saavedra bemerkt, daß die bayerische particular
23
abordnung der Gegenseite Anlaß gebe, die Pfälzer Frage auf den Kongreß
24
zu ziehen.

25
Mitteilung Nassaus durch Reck: Mißbilligung der französischen Proposition
26
vom 4. Dezember durch Geheimen Rat und Parlament in Paris, da sie sich
27
mit der Trierer Sache aufgehalten habe. Trotzdem höre man, die Gesandten
28
wollten weiter auf der Freilassung des Trierers bestehen und hofften sie
29
auch zu erhalten, worin sie wohl durch die Schreiben von Köln und Bayern
30
an Trier bestärkt würden. Auch auf die Zulassung der Stände werden sie
31
wohl weiter dringen, da sie merken, daß man hierin im Reich nicht einig
32
ist. Wegen Ankunft der Bayern und Brandenburger befürchtet er Präze-
33
denzstreitigkeiten zwischen Frankreich und Spanien sowie den Kurfürst-
34
lichen und Venedig, weshalb er eine Unterredung mit W für nötig hält.

35
1645 I 17
Dienstag Contarini bei W. Keine Schreiben des Königs oder
36
der Königin durch den französischen Kurier überbracht wegen des Miß-
37
verständnisses
zwischen beiden Gesandten. Entstehung dieser Differen-
38
zen
; Brasset soll nun die strittige Expedition der Schreiben übernehmen,
39
die Vollziehung durch beide Gesandten erfolgen. Diesem nach gedachte
40
der Venetianische, er hielte den sachen bey diesen tractaten nit wenig
41
befurderlich, wan von Ihrer Kayserlichen Majestät ein reichstag auß-
42
geschrieben, und durch beysammenkombst der stende die remorae abge-
43
schnitten wurden. Warauf I. H. G. geandtworttet, Ihre Kayserliche

[p. 56] [scan. 106]


1
Majestät hetten sich schon lengst darzu durch dero allhiesige abgesanten
2
crpotten, daß noch vor volligem beschluß dieser handlung die stende pro
3
ratificatione et confirmatione desienigen, was tractirt worden, beruffen
4
werden solten, daß aber die convocatio gleich iezt zu geschehen, wisten sie
5
nicht cui bono; sondern stehe solchen falß mehrers zue besorgen, daß deßen
6
sich die Franzosen zu noch weitterer tergiversation und zeitverspielung
7
bediehnen werden, indeme noch große weil zur zusammenkunfft gehoren
8
und gleichwol doch alle nit kommen würden; da sie auch schon vorgeben
9
mochten, daß underdeßen zur proposition und handlung geschritten wer-
10
den kondt, so seye doch darauff nit zu gehen, und hette anderst damit,
11
wans ihnen sonst gelegen, schon lengst verfahren werden konnen, undt
12
noch. Auff dieses fragte er, obs dan nit zue machen, daß eine quinta
13
essentia (wie ers nennet) von den stenden zusammen kehmen, nemblich daß
14
ad exemplum der herren churfursten auch einige auß dem fürsten- und stätt-
15
rhat geschickt würde, welche alhier von den Franzosischen, weilen sie ihrer
16
begert, die ursach deßen vernehmen und nachgehendts davon au ff allge-
17
meinem reichstag den gesambten stenden ahn dem orth, wohin sie beruffen,
18
relation erstatten möchten. Er müste bekennen, daß auf einen reichstag und
19
der stende ankunfft zu wartten große verlengerung veruhrsachen und nit
20
wenig beschwerlich sein wolt. Es begundtens auch die Franzosen selbst zue
21
begreiffen, und von diesem begehren soweit abgestanden, daß sie nicht ver-
22
meint, daß auf ihr zuschreiben in so geraumer zeit so wenig geandwort und
23
noch weniger sich eingestelt, wie dan auch die admission der mediatstende
24
weitters nicht behaubtet würde. Ihme gehe aber hierbey sorgfaltig zu
25
gemüth, wan a parte des reichs die stende nicht, hiengegen aber diejenige,
26
welche mit Franckreich alliirt oder von selbiger cron dependiren, erschei-
27
nen, so gebe er zu bedencken, ob nit alßdan dieser sachen respiciirt, und der
28
fried mit demselben zue ihrem vorthel desto mehr zu machen veranlasst
29
werden dörfft. Alß zum exempel Hessen Caßel würde bey den tractaten
30
alhier sein, wegen des stiffts Fulda aber niemandts erscheinen, wan nun die
31
landgraffin ihre sachen vorprächte, seye nicht zu zweifflen, sie würde ihre
32
praetension durchpringen und einen avantagiosen frieden fur sich erlangen.
33
Und hielte also er diese Separation dem reich weit schädlicher, alß wan alle
34
stend zugegen weren. Auff welches I. H. G. gemeldet, zu dem ende
35
werden die deputati vom churfürstlichen collegio alhier sein, daß sie inter-
36
esse imperii commune beobachten und ohne sie kein frieden geschlossen
37
werden konte. Wegen der übrigen kurfürstlichen Gesandtschaften antwor-
38
tet
W, daß Bayern wenigstens einen Vertreter in qualitate eines churfürst-
39
lichen gesandtens schicken werde, doch erwarte er Näheres dazu noch von
40
dem zur Vorbereitung der Gesandtschaft für die nächsten Tage angekün-
41
digten
Vertreter. Der brandenburgische Vertreter hat die Ankunft der
42
Gesandten innerhalb 14 Tagen angekündigt, von Mainz und Sachsen weiß
43
W noch nichts.

[p. 57] [scan. 107]


1
Vertrauliche Mitteilung Chigis durch Schreiben

40
Anlage 16: Chigi an W 1645 I 17.
und mündliche Erläute-
2
rung
des Boten: Saavedra hat Bedenken geäußert, so vielen kurfürstlichen
3
Gesandten den Exzellenztitel zu geben. Der gleichen Meinung hinsichtlich
4
Bayerns und Brandenburgs sind die Franzosen und Contarini. Die Fran-
5
zosen
haben die Einwürfe des Brandenburgers dahin beantwortet, man
6
gestehe auch W den Titel nur zu, weil er gleichzeitig Reichsfürst sei. Be-
7
züglich
des Königs von Böhmen, dem mindestens gleiche Ehren gebührten,
8
haben sie argumentiert, dieser sei mit der Wahl zum Kaiser aus dem
9
Kurkolleg ausgeschieden und nehme nur noch an der Königswahl teil.
10
Den Hinweis des Brandenburgers auf die Präzedenz der Kurfürsten
11
vor Venedig haben sie damit beantwortet, es würde selbige respublicq pro
12
testa coronata jetzt allgemein behandelt, der Befehl des Kaises an seine
13
Gesandten wegen Behandlung der Kurfürstlichen gehe sie nichts an. Des-
14
halb
rät Chigi, daß die Bayern und Brandenburger ihren Einzug nicht
15
übereilen. W: Es sei, daß dergleichen difficultet a parte Spanien ge-
16
macht würde, kein wunder, und leicht zu gedencken, daß solches allein
17
ihres privati wegen, damit nemblich weittere praeiudicia im endgegen-
18
schicken ratione Franckreich zu verhuetten, herfurgesucht. Wegen des
19
Venetianischen auch eben wenig, zuemalen dadurch anderst nit gesucht, alß
20
ihre anmaßende praetension gegen die herren churfursten zu behaubten und
21
zu stabiliren. Was Franckreich anlangete, geschehe ein solches vermuthlich
22
(alß viel Churbayern betreffen thette) in favorem des proscribirten pfaltz-
23
graffen

41
Friedrich V. (1596–1632), Kf. von der Pfalz 1610, geächtet 1621. Erbe seiner Ansprüche
42
war sein ältester Sohn Karl Ludwig; von dessen noch lebenden vier Brüdern (Ruprecht,
43
Eduard, Moritz und Philipp) wurde Eduard 1645 katholisch.
kinder, wamit denselben ahn ihrer praetension vor außtrag der
24
sachen nichts möchte praeiudicirt werden. Wegen der Churbrandenburgi-
25
scher hielten I. H. G., daß der herr nuncius selbige alß uncatholische zu
26
empfahen bedenckens haben werde. Welches auch der abgeschickte
27
minister alsbald wider beandworttet, er wurde mit ihnen nichts negotiiren,
28
auch nit endgegenschicken konnen. I. H. G. vermelden weitter, sie be-
29
förchteten, daß die Schwedische zu Oßnabruck ad exemplum der Franzosen
30
und Spanier den Churmaintz- und Brandenburgischen eben dergleichen ein-
31
strewens machen. Ob nun dadurch das friedenswerck befürdert; die libertet
32
und privilegia der Teutschen chur- und fursten erhalten und den anderen
33
fürsten und stenden, welche von den Franzosen bey den tractaten zu er-
34
scheinen invitirt, zur abschickung, oder nicht vielmehr, da ihrem stand und
35
praeeminentz solchergestalt nachgestanden werden wolle, außzupleiben
36
ursach haben werden, geben I. H. G. dem hern nuncio und den Franzosen
37
selbst zu consideriren heimb. Es seye diß ihres erachtens eine solche wich-
38
tige sach, die von allen interessenten billich wol zu uberlegen und zu masti-
39
ciren.

[p. 58] [scan. 108]


1
1645 I 18
Mittwoch Mitteilung Contarinis: D’Avaux hat gestern seine
2
Vermittlung begehrt, damit die Angelegenheit des verstorbenen portugiesi-
3
schen Vertreters möglichst schnell bereinigt werde. W verteidigt das
4
Verhalten seines Offiziers und verspricht eine schriftliche Darlegung. Die
5
Schuld gibt er den unvorschriftsmäßigen schwedischen Pässen und dem
6
Verdacht erregenden heimlichen Vorgehen; dem Bedienten Oxenstiernas sei
7
die Rückkehr nach Osnabrück sofort freigestellt worden. Auf die Bitte, sich
8
determinate zu erklären, damit man den Franzosen bei der heutigen Zu-
9
sammenkunft antworten könne, bleibt W bei seiner Äußerung und verweist
10
darauf, daß die Sache nicht von ihm, sondern dem im westfälischen Kreis
11
kommandierenden General abhänge. [...].

12

35
12–18 Als – verzögern] am Rande: in ziffra
Mitteilung Chigis: Auf Bemerkungen über die Ankunft der Bayern hat
13
Servien erklärt, er schätzte den Kurfürsten hoch, zumal dieser am höf-
14
lichsten das Schreiben seines Königs beantwortet habe. Als Privatperson
15
würde er deshalb gern den Bayern im Unterschied zu Brandenburg oder
16
anderen entgegenschicken, doch könne er es nicht ohne ausdrücklichen
17
Befehl. W wiederholt, am besten rate man den Bayern, bis zur Ausräu-
18
mung dieser Schwierigkeit die Ankunft zu verzögern. Die Mediatoren
19
verhandeln jetzt mit den Ksl., weil der katalanische Vertreter bei seiner
20
Abreise

36
Dr. José Fontanella (gest. 1680), regente der katalanischen Audiencia 1641, abgereist
37
1645 I 14.
sowie staatische Konvoys von Kaiserlichen angegriffen worden
21
seien. W bezweifelt die Nachricht, die sich im Laufe des Abends als
22
falsch herausstellt.

23
Mitteilung Nassaus: Heutige Verhandlung mit den Mediatoren; Bereit-
24
schaft der Franzosen, auch ohne Berufung der Stände und Freilassung Kur-
25
triers ihre Proposition zu eröffnen, sobald d’Avaux die Schweden in Osna-
26
brück zu gleichmäßigem Vorgehen disponiert hat; katalanische Sache.

27
1645 I 19
Donnerstag Der bayerische Kanzlist Mendel

38
Michael Mendel, bayerischer Kanzlist.
bei W: Von
28
den Gesandten

39
Georg Christoph Frhr. von Haslang (1602 1684), bayerischer Hofmarschall und
40
Geheimer Rat; Dr. Johann Adolf Krebs, Hofrat.
will Haslang in Steinfurt warten, Krebs sich in Münster
29
mit W besprechen. W: Wegen der neuen Schwierigkeiten wäre Haslang
30
besser in Bilstein

41
Bilstein (Westfalen) war der Wohnsitz von Haslangs Schwiegervater, des westfälischen
42
Landdrosten Friedrich von Fürstenberg (1576 1647).
geblieben und Krebs unmittelbar von Köln aus zu ihm
31
gekommen [...]. Schreiben an die bayerischen Gesandten.

32
W und Kölner Räte bei Nassau/Volmar

43
Vgl. APW III C 2,1 S. 261f.
. Da Kurköln die Beschickung des
33
von Neuburg ausgeschriebenen Kreistages abgelehnt hat, werden allen-
34
falls
einige geringere Stände erscheinen. Die Deputation des fränkischen

[p. 59] [scan. 109]


1
Kreises wird sich wohl bis zum Abschluß des vom Kaiser wegen der
2
Quartierfrage ausgeschriebenen Kreistages verzögern. Mitteilung eines
3
Schreibens Geleens wegen der Leiche des portugiesischen Vertreters.
4
Ankunft Mendels, bevorstehender Einzug der Bayern. Nachdem nun diß
5
eine formalis legatio von so vornehmen reichs chur- und fürsten, so werde
6
auch die einholung pillich sollemniter geschehen müßen. Ahn willfahriger
7
des hern nuncii sowol alß ihr der hern Kayserlichen bezeig- und erklehrung
8
zweiffelten sie ganz nit; wie es aber die Spanisch-, Franzosisch- und der
9
Venedische werde halten wollen, wüsten sie nit. Kondten aber in vertrawen
10
unangedeutt nit laßen, wie sie von sicherer person, die es selbsten gehort,
11
nit ohne sonderbares befrembden vernommen, waßgestalt die Spanische
12
plenipotentiarii die guttschen endgegenzuschicken und sowol den Chur-
13
bayer- alß Brandenburgische mit den titulo Excellenz zu verehren, be-
14
denckens haben solten. Soviel das erste anlangete, muste man daselb wegen
15
ihrer mit den Franzosen habenden differenz und strittigkeit, sonderlich
16
weilen sie die schwächste alhier, und in ihrem vornehmen mit macht und
17
authoritet nit manuteniren konten, ahn sein ort gestelt sein laßen. Das
18
ander aber wusten sie zuemal nit, mit was fugen die Spanier das praedica-
19
tum solten difficultiren oder verwaigern konnen. Wodurch dan, wie es
20
schier scheinen wolle, auch die Franzosen anlaß bekommen dörfften, des-
21
gleichen zu thun, und denselben sonderlich von dem Venetianischen, wegen
22
deren mit den herrn churfursten habenden praecedenzstrittigkeit

40
Zum kurfürstlich-venezianischen Präzedenzstreit vgl. W. Becker S. 144ff.
, solches
23
in die ohren gehangen werden möcht [...]. Die Ksl. bezweifeln, daß
24
auf das Neuburger Ausschreiben hin jemand zum westfälischen Kreistag
25
erscheinen werde, und gedachte der herr graff von Naßaw dabey in
26
specie, daß er seinem bevollmächtigten, den er zu dergleichen tägen
27
zu gebrauchen pflegte, alberait, nit biß zue weitterer verordnung zu com-
28
pariren, befelcht, deßgleichen auch der graff von Dillenburg

41
Ludwig Heinrich (1594–1662) Gf. von Nassau-Dillenburg. Für die zum westfälischen
42
Kreis gehörenden Gebiete der Grafen von Nassau ottonischer Linie (Siegen, Dillenburg,
43
Hadamar, Dietz) waren beim letzten Kreistag 1642/44 deputiert gewesen Lic. Gabriel
44
de Bruyn und Lic. Johann Becker.
gethan hette,
29
daß also aller vermutthung nach auß diesem werck nichts werden würde.
30
Beym andern punct, nemblich des Franckischen craißes beruffung nacher
31
Bamberg, vermeldete herr Volmari, daß er gleichfalß von Franckfurt auß
32
die nachricht habe, alß wan selbigen craißes deputation anhero sich in etwa
33
wieder stecken und verlengern solte, auch von dem Veneto newlich vernom-
34
men, daß die Franzosen eben dergleichen advisi hetten und dahero wol
35
sehen, daß sie auff der stende erscheinung alhier umbsonst wartteten. Drit-
36
tens des veldmarschalcken graffen von Geleens schreiben und erklehrung
37
betreffend vermeindten, daß er absolute ordre ertheylen solte, den corpör
38
des Bodelli sampt allen beygewesten sachen außfolgen zu laßen, und solches
39
zwar nit von rechts wegen, sondern auß courthesia, sonderlich, da die

[p. 60] [scan. 110]


1
mediatores solches in istis terminis noch erst gestern so starck und embsig
2
begert hetten, weilen sonst die Franzosen und Schweden dannenhero anlaß
3
nehmen dörfften, mit der proposition ad pacem und den tractaten noch
4
lenger ahn sich zu halten. Mit welcher mainung I. H. G. sich allerdings
5
verglichen und ihrestheyls solchergestalt ahn den veldmarschalcken von
6
Geleen zu schreiben sich erpotten. Mit vermelden, daß consideratis conside-
7
randis nit unthunlich were, wan von den Kayserlichen zu Oßnabruck ahn
8
ihn von Geleen deßgleichen geschehe, welches allerseiz fur gar billich und
9
rhatsamb befunden worden. Wegen desjenigen, 4., so sie anietzt der
10
churfürstlichen gesandten tractaments halber vernehmen, müsten sie sich
11
sonderlich der Franzosen halber hochstens verwundern, da dieselbe doch ye
12
und alle weg, der chur- und fürsten libertet und dignitet zu erhalten, so
13
groß im mund fuhreten, sie so offt anhero beruffen, und nun dergestalt ihre
14
abgeordnete zu tractiren und ihnen leges zu praescribiren understünden.
15
Sie, Kayserliche, blieben der intention, daß sie den Churbayerischen und
16
Brandenburgischen deputirten, auch andern churfürstlichen, wan sie formal
17
gesandten, die gutschen endgegenschicken und in allem ubrigen tractament
18
dem Kayserlichen befelch nachkommen wolten. Sonsten habe der herr
19
nuncius zue ihme graffen geschickt und in vertrawen avisirt zu sein begert,
20
wan die Churbayerischen werden ankommen, welches er auch zu thun ver-
21
tröstet, dabey auch bedeuttet, daß sie Kayserliche gegen die churfürstlichen
22
mit hinausschickung der gutschen und sonsten ihre schuldigkeit verrichten
23
würden. Von den Spaniern aber, Franzosen, oder auch dem Venediger
24
hetten das geringste nit vernommen. Deme nach begerten I. H. G., ob
25
sie Kayserliche ihnen nit belieben laßen möchten, dextre daruber nachzu-
26
kündigen und dahin sich zu bemuhen, daß das verlauttete beginnen ver-
27
huettet und alles ad aequitatem et rationem eingerichtet werden möchte;
28
dan sonsten gewiß besorgten, daß einige churfursten weder hieher noch auf
29
Oßnabruck deputiren, auß deme negotio huic pacificationis große remora
30
zugezogen würde. Welches die herren Kayserliche wahr zu sein be-
31
kendt, und zu allen guten officiis, solches abzuwenden, sich erpotten. Hier-
32
auf meldeten die herren Kayserliche, I. H. G. möchten sie hac occasione nit
33
pergen, welchergestalt von Ihrer Kayserlichen Majestät ihnen gestern
34
schreiben zukommen, warinnen vermeldt, wie Churbayern ahn sie gelangen
35
laßen, ob solten die Franzosen sich gar hoch daruber formalisiren und emp-
36
finden, daß die Kayserlichen mit den Spanischen soviel umbgingen, mit
37
denselben beysamenkombsten hielten und auß den negotiis in beywesen der
38
mediatoren mit ihnen conferirten, welches desto mehrer zue verwundern,
39
weilen die Spanier alß außlender mit des reichs sachen nichts zu schaffen
40
hetten und hingegen die anwesende Churcolnische darzu nit geruffen wur-
41
den. Nun konten sie hochlich contestiren, daß vor I. H. G. ankunfft sie mit
42
den Spaniern auß den praeliminarien alß interessirten, weilen sie sonst keine
43
assistenz gehabt, communiciren müßen; were ihnen aber allemal nicht gar
44
lieb gewesen, zuemalen mit denselben offt und viel nicht vortkommen konnen,

[p. 61] [scan. 111]


1
sondern sie sowol bey den praeliminarien alß auch iungst in gegenwart I. H.
2
G. bey der eingebenden proposition allerhandt oppositiones gehabt und pro-
3
testationes anhencken wollen, die Ihrer Kayserlichen Majestät, maßen I. H.
4
[G.] selbst befunden, hernegst disreputirlich, auch dem gemeinen wesen
5
schädlich und aufzuglich seyen erachtet worden. Gestalt dan sie Spanische
6
dergleichen protestationes ihrer proposition einen weg alß den andern zu
7
annectiren nit underlaßen, biß auf der mediatoren starckes remonstriren
8
und zusprechen sie endlich davon abweichen mußen. Kondten sonsten wol
9
sagen und bey ihren gewissen bethauren, daß, so lang I. H. G. alhier sich
10
befunden, sie alles und alles, was nur vorkommen, mit ihro communicirt.
11
Ohne seye aber wol nit, daß zu gewinnung der zeit ein und anderß mal von
12
den mediatoribus begert worden, wan sie propositiones zu thun oder rela-
13
tiones vorzuetragen gehabt, umb doppelte zeit und muhe zu spahren, die
14
Spanische mit hinzuzuruffen, welches sie dan nicht difficultiren oder ab-
15
schlagen konnen. Dahero es dahin gerahten, wie der her graff von Nassaw
16
vermeldet, daß die Spanische zwey verscheidene malen, wie sie vernom-
17
men, daß die mediatores bey ihnen Kayserlichen sich eingefunden, ultro
18
und unberuffen auch hinzukommen, ja sogar daß auch einsmalß, alß sie
19
die Kayserlichen zum herrn nuncio gefahren, die Spanier ihnen bald uner-
20
fordert, und ohn wissen ihr sowol alß bemelten herrn nuncii, gefolgt weren,
21
welche man, ob es ihnen wol nit lieb gewesen, dannoch nit abweisen kon-
22
nen. Noch weitters alß die mediatores erst iüngst, vormittag umb 10, zu ihn
23
den Kayserlichen und gleich darauf umb 11 zu den Spanischen zu kommen
24
veranlast, hette der Savedra die mediatores hinwieder wissen laßen, es seye
25
unvonnötthen zue ihnen sich zu bemühen, sondern daß sie sich mit bey den
26
Kayserlichen einfinden wolten, welches dan also auch geschehen, ihnen
27
Kayserlichen aber nicht lieb gewesen, sondern würden allemal viel lieber
28
ihres Kaysers und des reichs sachen ohne sie consultiren und tractiren. Und
29
kondten I. H. G. versichern, daß sie keine andere intention hetten, alß mit
30
ihro und andern erwarttenden churfürstlichen gesandten auß allen vor-
31
fallenden sachen collegialiter, und sonsten wie es die occasion und negotia
32
leiden und geben würden, stethig umbstendlich und vertrewlich zu commu-
33
niciren. Mit nachmaliger contestation, daß, was mit den Spanischen ohn ihr
34
zuziehung vorgangen, alles wie oben gemelt casualiter und occasionaliter
35
geschehen seye. Auf welches I. H. G. geandworttet, ihro seye unwis-
36
sendt, woher Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht in Bayern diese advisen
37
von der Franzosischen plenipotentiarien ungleichen gedancken und ublen
38
außdeuttung der Kayserlichen mit den Spanischen vorgehende communica-
39
tiones kommen mögen. Ihrestheylß hetten von tag zu tagen, was voruber-
40
gehet, sowol Churcollen alß Churbayern trewlich und umbstendig be-
41
richtet, maßen auch Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Bayern in dero
42
andtwort noch unlengst herkommen laßen, daß sie auß denen relationen
43
und protocollis ersehen und gern vernehmen, daß die Kayserlichen mit
44
deroselben so gute correspondenz hielten, und auß allem vertrewliche com-

[p. 62] [scan. 112]


1
munication pflegen thetten. Was in I. H. G. abwesen vorgangen, verstunde
2
sich vor sich selbst, daß alß lang sie nit zugegen gewesen, auch sie ad con-
3
silia nit gezogen werden konnen; wolten derowegen, auf der herren Kay-
4
serlichen begeren, nicht underlaßen, hochstgedachter Seiner Churfürstli-
5
chen Durchlaucht in Bayern ietzt beschehene andeutt- und erleutterung
6
gebuhrendt zue uberschreiben. Und zeigten demnach I. H. G. ahn, welcher-
7
gestalt von Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht in Bayern sie bey letzter
8
post schreiben empfangen, des inhalts, daß Ihre Kayserliche Majestät sie
9
unlengst wissen laßen, wie dieselbe zue befurderung eines armistitii dero
10
hiesigen gesandten, darauß mit den churfürstlichen vertrewlich zu commu-
11
niciren, allergnädigsten befelch rescribiren wolten. Nun wusten I. H. G. nit,
12
ob solch Kayserlicher befelch alberait einkommen, welchen falß sie schon
13
commission hetten, uber diesen puncten mit ihnen herrn Kayserlichen ver-
14
träwlich zue conferiren. Die herrn Kayserliche haben sich hierauf ver-
15
nehmen laßen, daß ihnen noch zur zeit einiger befelch circa hunc passum
16
nit zukommen, hetten aber doch die general ordre schon vor diesen, daß,
17
auff den fall vom gegentheyl einige anregung von dergleichen stillstand der
18
waffen geschehen möchte, sie Kayserliche das werck wol uberlegen und
19
darauß mit den anwesenden churfürstlichen sich bereden solten. Nachdem
20
aber hiervon einige meldung weder die herren mediatores noch Franzosi-
21
sche yemalen bißherzu gethan, so seye auch keine gelegenheit gewesen, deß-
22
halber etwas zu moviren. Nur habe der Venetische einsmalß von weittem
23
gedacht, daß ohne armistitium der fried sich schwerlich werde tractiren
24
laßen; wan nun die propositiones beschehen und die inclinationes ad pacem
25
darauß vernommen, werde man zu verspuhren haben, ob ein armistitum
26
einzugehen oder ohne daßelbe fortzukommen sein werde. Wobey der her
27
graff von Naßaw, er erinnere sich, wie von Pariß vor zweyen jahren ver-
28
lautthet, daß ein armistitum von 12 jahren ad maiorennitatem regis vor-
29
geschlagen werden solte, biß herzu aber werde damit zuruckgehalten, son-
30
dern zweiffl wegen glucklichen progreß ihrer waffen; ob nun davon occa-
31
sione ihr verhoffender proposition ad pacem etwas vorkommen werde,
32
stunde zu erwartten. Würden alßdan solchen falß nicht underlaßen, mit
33
I. H. G. und andern churfürstlichen gesandten auß allen vertrewlich zu
34
communiciren. Da Nassau und Volmar erklären, über die Argumente
35
der Kurfürsten im Präzedenzstreit mit Venedig nicht voll informiert zu
36
sein, will W die dazu dem Kaiser übergebene Begründung beschaffen und
37
ihnen mitteilen.

38
1645 I 20
Freitag W bei Saavedra. In der Absicht, etwas über das
39
Verhalten der Spanier beim Einzug der Bayern zu erfahren, lenkt W das
40
Gespräch nach allgemeiner Einleitung darauf und betont, die Ksl. seien
41
zum Entgegenschicken und allem Übrigen bereit, auch am Nuntius zweifle
42
er nicht. Worauf der Savedra, was es solchen endgegnschicken bedörfft.
43
Auff reichstägen geschehe nichts dergleichen, seye auch Churbayern selbst

[p. 63] [scan. 113]


1
anno 1636 in persona all’ incognito zue Regenspurg ohn einige einbeglai-
2
tung ankommen, und weilen nun iezt neque Caesar neque ulla maiestas hier
3
seye, konte die hereinkombst wol all’incognito geschehen. I. H. G. and-
4
wortteten, sie wüsten eben nit, wie es die Churbayerische vorhetten oder
5
bevelcht weren. Kondten aber wol erachten, nachdem das endgegenschik-
6
ken schon vorhin angefangen und andern geschehen, so würden die, welche
7
in eodem gradu, nicht anderst wollen gehalten sein, sondern ein yeder, was
8
ihme gebührt, praetendiren. Fragte darauf Savedra, in qua qualitate
9
die Churbayerische kommen wurden, ob alß formal gesandte? Auff
10
welches I. H. G., sie wüsten nit anderß, hetten doch derselben commission
11
nit gesehen, seyen aber yemandts auß ihnen gewerttig, von dem sie allen
12
bericht haben wurden. Und wan sie schon all’ incognito herein kommen, so
13
werden sie doch alß formal legati in allem wollen tractiert und gehallten
14
sein. Meldete hierauf Savedra, Churbayern tractirte die Spanische
15
gesandten allein, ’Illustrissimus‘, und daß er seinen gesandten ’Excellenz‘
16
geben solt, hab er gros bedencken! Dem I. H. G. zur andwort geben, er
17
müste nit argumentiren von den gesanden ad principalem ipsum; der konig
18
von Spanien difficultire dem churfürsten auß Bayern das praedicat
19
’Altezza‘ zue geben, ob er alß ein gesandter desgleichen thun wolt? Der
20
Savedra sagt, es seye ein lauttere newerung im reich, ambasciadores zue
21
schicken. Auff welches I. H. G., die cur- und fürsten des reichs seyen
22
principes liberi, die vermög der reichsconstitutionen vor 1, 2, 3 hundert und
23
mehr jahren und lang zuvor, ehe die außwertige coronen sich dergestalt in
24
die reichssachen gemischt, ambasciadores geschickt; schicken kinden sey
25
keine newerung, werden ihnen auch solches pro sua libertate et praeeminen-
26
tia von keinem benemmen oder disputiren laßen; wie er dan die Churbairi-
27
sche oder Brandenburgische tractiren wolte? Andwortet er: ’Illustris-
28
simo‘. Darauf I. H. G., er werde leicht gedencken konnen, wan ein chur-
29
furstlicher vom Spanischen gesandten solte allein ’Illustrissimo‘ titulirt wer-
30
den, so muesten die geringerer fursten gesanten ’molt’ Illustre‘ tractirt wer-
31
den ad distinctionem. Er aber sagte, nein, sondern nur ’Vostra Signoria‘.
32
I. H. G. versicherten ihn, da einiger von hiesigen gesanten der fursten
33
gesanten also tractieren wurden, das sie eben das von ihnen wider zu ge-
34
wartten hetten. Die koniglichen gesanten und churfürstlichen weren gleich.

35
Darauf sagte er: nein, ein konig seie mer. I. H. G. andwortteten, das
36
verstehe sich selbst, aber die gesante alß gesante weren gleich, und weilen die
37
konig mehrer, so giengen deßen gesanten vor. Sonsten wusten sie kein diffe-
38
renz. Savedra fragt auf dieses, ob dan die iezo zu Franckfurt anwesende
39
titulo excellentiae sich tractiren ließen? Andwortteten I. H. G., wie
40
es da gehalten würde, wüsten sie nit. Wan die reichsstende den constitutio-
41
nibus imperii nach, gleich iezo zue Franckfurt, beysammen weren, habe er
42
alß legatus Hispanicus oder andere extranei bey den consiliis nichts zue
43
thun noch darvon hiehero zu argumentiren, dan mit diesem conventu seye
44
es ein extraordinari sach, und wurden die stende, wan in ihr und des reichs

[p. 64] [scan. 114]


1
praeiudicium noviteten in titul oder sonst solten angefangen werden, nicht
2
darzu stillschweigen konnen. Es seyen modi diversi legationum, und werde
3
er in den reichsconstitutionibus finden, daß die deputati iezt gesandten,
4
dan pottschaffter, rhäte etc. genend und verordnet worden. Er selbst were
5
in verscheidenen ambassaden und occasionen von wegen der cron Spania
6
gebraucht, ob ihme yederzeit das praedicatum Excellentiae wie iez gegeben
7
worden, werde er wissen. Und alß er sagt, warumb dergleichen noviteten
8
wurden angefangen, andwortteten sie, das kerne nirgendt anderst alß vom
9
Kayserlichen hoff her, da der republic zu Venedig das decretum heimblich
10
contra constititiones imperii et nescientibus electoribus, alß welche des vor-
11
gangs in possessione notorie weren, gegeben und darnach illis legitime con-
12
tradicentibus manteniert werden will, daß Venedig pro testa coronata
13
declarirt. Und wie sich nun die herren churfursten dadurch ahn ihrer her-
14
prachter praeeminentz nit praeiudiciren laßen konnen noch wollen, alß
15
seye deßwegen von Ihrer Majestät den hiesigen Kayserlichen expresse com-
16
mission aufgetragen, sie die curfürstlichen gesanten, so von ieden geschickt
17
werden, nit geringer im wenigsten zu halten. Savedra fragt, was solches
18
fur eine Kaiserliche commission wer? Sagten I. H. G., daß sie die chur-
19
fürstlichen formal gesandten mit endgegenschicken und in allem andern
20
halten und wiederfahren laßen solten, was dem Venetianischen gesche-
21
hen

44
Kaiser an Gesandte Münster 1644 X 19 (Druck: APW [II A 2 S. 32f] .).
. Alß nun hierauf Savedra replicirt, daß er keinen befelch von
22
seinem oberen dißhalber habe, fragten I. H. G., ob ihm dan das contrarium
23
befohlen, die churfürstlichen gesandten anderst, alß die Kayserlichen und
24
andere thun würden, auch geringer als Venediger zu halten. Andwort-
25
tete er: nein. Worauf I. H. G. gesagt, sie glaubten nit anderst, und wür-
26
den eben darumb solche discrete und erfahrne subiecta bey den ambassaden
27
gebraucht, welche dasjenig, was in der instruction nit gesetzt, zu suppliren,
28
und sich andern zu bequemen wisten. Hiernach fragte der Savedra
29
weitter, was die Franzosiche zu thun gemeindt? Worauf I. H. G., sie
30
wustens nit, hetten keine correspondenz mit ihnen, zweiffleten aber nit, sie
31
wurden eben das hierinnen thun, was der nuncius apostolicus und die Kay-
32
serlichen und waz ihro geschehen sey. Dan ein anders zu gedencken, würde
33
nit verstendig und gegen ihre aigne principia gethan sein, daß sie die er-
34
scheinung so bestendig begert und sie schrifftlich berueffen haben, und nun
35
durch dergleichen das auspleiben zu großem ihrem verweiß veruhrsachen,
36
die churfursten disgustieren und offendieren solten. I. H. G. seyen viel
37
mehr der mainung, daß wan sie vermercken, daß von den Spanischen deß-
38
wegen difficultet gemacht, sie solches gern sehen, und darumb desto eher
39
den gesandten die ehr thun, also sie herren Spanische den undanck allein
40
haben würden. Solten aber die Franzosische sie hierinnen imitiren und mehr
41
nit alß die Spanische thun wollen, auch dahero die herren churfursten
42
die schickung underlaßen, dörffte dadurch ahn seithen Franckreich ge-
43
wünscht ursach genommen werden, die tractaten wegen der churfursten ab-

[p. 65] [scan. 115]


1
wesenheit, wie bißher, noch ferner zue verweilen, alßdan die ganze schuld
2
auf die Spanier, alß die solches mit verwaigerten tractament gegen die
3
churfursten veruhrsacht, schieben. Wobey I. H. G. ihme in vertrawen nicht
4
wolten verhalten, daß sie in instructione außtrucklich hetten, daß, wofern
5
von einigen gesanden ihro die gebührende ehr in ein und anderem nicht
6
solte wiederfahren, sie denselben auf gleiche weiß zue begegnen und keine
7
visita zu geben hetten; wusten auch anderer herren churfürsten intention
8
und conclusum gleichmessig. Hierdurch ist der Savedra ad meliorem
9
rationem und so weit gebracht, daß er vermeldt, er sage nit, daß er diffi-
10
cultet machen woll, nur hab es discurß hiervon geben, und daß man nach-
11
denkhen müsse. Und sagten I. H. G. darzu, sie konten ihr selbst nit
12
laßen vorstehen, daß man a parte Spanien die chur-, fursten und stende des
13
reichs, alß deren sie ebensowol alß der Kayser vonnöthen hetten, dergestalt
14
mit verwaigerung denselben gebuhrender ehr und herprachter praeemi-
15
nentz, gleichsamb mit fleiß, sonderlich bei diesen zeiten, wolte disgustiren;
16
hetten es auch umb sie und das hauß nit verdient. Hielten auch nit, daß
17
von einigen andern gesandten difficultet gemacht werden solt. Wusten
18
sonst, daß die herren churfursten noch vor ihrem hereinzug deßen under
19
sich eins worden, daß sie die ihrige nit schicken wolten, es gehe auch wie es
20
wolle, wan ihnen das behörende tractament nit solte gegeben werden.
21
Zwarn würde etwa umb eines gesanten wegen, so sich waigerte, eben so viel
22
nicht zu thun sein, auff den fall aber zu verspuhren, daß ein und ander alß
23
Franckreich und Venedig solten vergleichen, wolten sie versichern, daß die
24
Churbayerische balder wieder zueruck sich begeben, auch Churmainz und
25
Brandenburg, da sie von einiger difficultet, so den Churbayerischen movirt,
26
nachricht erlangen, weder nacher Oßnabruck noch hieher abordnen wür-
27
den. Warauff der Savedra, I. H. G. weren nomine der herren chur-
28
fursten hier, was sichs dan der ubriger und so vieler gesanden bedörffte?

29
Deme sie hienwieder, auff allgemeinem churfürsten- und reichstag seye,
30
neben der collegialdeputation einem yeden churfursten erlaubt und frey-
31
gestellt, durch die seinige zu erscheinen; were von allen coronen beliebet, ia
32
auch von Franckreich so starkh seithero der effectus sollicitirt worden. Da
33
auch keiner weitter schicken würde, so seye doch Churbrandenburg sambt
34
Churcollen nomine totius collegii deputirt, solte nun dieser auß angezogener
35
difficultet zu schicken underlaßen, wurde besorglich auch I. H. G. von
36
Churcollen habende commission erlöschen, und auf solche weiß von den
37
herren churfürsten niemandts bey den tractaten sein; solchen falß ein yeder
38
verstendiger leicht zu erachten, was hierauß erfolgen und wie einiger
39
schluß zum frieden sowol furs reich alß Spanien konne erhalten werden;
40
weme auch alßdan die schuld von allen unpassionierten werde mögen im-
41
putirt werden. Hierauff wiederholte der Savedra seine obige endschul-
42
digung, daß er nit sag, daß ihres theylß würde difficultet gemacht werden,
43
seye allein red davon vorgefallen und movire er es discurßweiß. Und
44
folgendts I. H. G., daß sie es genzlich praesupponiren, und gebe auch ihr

[p. 66] [scan. 116]


1
solcher discurß davon zu reden anlaß. Seyen sonsten der bestendigen ge-
2
dancken und mainung, daß er alß der vornembster gesandter nach den
3
Kayserlichen alhier, wan er solte vernehmen, daß dergleichen wieder der
4
herren churfürsten praeeminentz und gebührendes tractament yemandts
5
moviren würde, mit seiner prudenz und dexteritet auß angezogenen
6
rationibus denen daraus endkommenden inconvenientiis contraminiren und
7
die sachen per la causa commune und guetter zusamensezung desto mehr zu
8
einem bessern dirigiren werde [...].

9
Mitteilung an d’Avaux: Bereitschaft Ws zur Vermittlung bei den Gene-
10
ralen in der portugiesischen Sache; bevorstehende Ankunft der Bayern.

11
D’Avaux: Daß er ganz ungern verspuhrt, wie von etlichen wolle diffi-
12
cultirt werden, gemelte Churbayerische fur fürstliche gesanden zu halten
13
und zu tractiren; verhoffe aber, es solle die sach sich noch auf bessern weg
14
leithen und dirigiren laßen, were sonst sein collega vom Venetianischen
15
starck eingenommen. Seines theylß begreiffe er nit, warumb man die chur-
16
fursten und sonderlich Bayern zu disgustiren gedenck [...].

17
1645 I 21
Samstag Nachricht von sicherem orth: Alle Schwierigkeiten
18
in der Rangfrage kommen von Contarini, der auch mit Neuburg wegen
19
Deputation des westfälischen Kreises in Korrespondenz steht. Gegen die
20
Kurfürsten wird noch vorgebracht, daß sie mit ihren Hofämtern dem
21
Kaiser dienten, wogegen W ähnliche Pflichten der Kardinäle anführt. Zu
22
der Nachricht, wegen Bayern als Fürsten von so uralten hohen hauß werde
23
Frankreich keine großen Schwierigkeiten machen, wohl aber wegen Sach-
24
sen, Brandenburg und der geistlichen Kurfürsten, besonders Mainz, der von
25
einfachem Adel sei

40
Anselm Kasimir Wamboldt von Umbstadt (1583–1647), Kf. von Mainz 1629.
, bemerkt W, hinsichtlich der Kurwürde seien alle
26
gleich, die weltlichen alle von alten Häusern, die geistlichen gingen im
27
Rang sogar vor und hätten in Rom die Session zwischen den Kardinälen.

28
1645 I 22
Sonntag Auf die Nachricht, die bayerischen Gesandten
29
seien in Hamm angekommen, schickt W seine Kutsche heraus, damit Krebs
30
inkognito und ohne Aufsehen in die Stadt gelangen kann.

31
Krebs bei W. Information über die Protokollschwierigkeiten; morgen will
32
W bei den Ksl. zu erfahren suchen, was diese deshalb mit den Spaniern
33
abgesprochen haben.

34
1645 I 23
Montag W bei Nassau. Bitte um Resolution wegen des Ein-
35
zuges der Bayern. Nassau teilt mit, daß die Besprechung mit den Spaniern
36
wegen Erkrankung Volmars noch nicht stattfinden konnte, doch will er
37
sich, da die Sache drängt, noch heute darum bemühen.

38
Mitteilung Nassaus: Die Besprechung soll morgen stattfinden.

39
Anfrage Contarinis bei Reumont

41
Johann von Reumont (um 1600 1672), kurkölnischer und ksl. Oberst, Generalwacht-
42
meister, Stadtkommandant von Münster während der Friedensverhandlungen.
wegen Ankunft eines bayerischen Ge-

[p. 67] [scan. 117]


1
sandten. Reumont dementiert und gibt auf weitere Fragen nur zu, daß kurz
2
vor Schließen der Tore einige bayerische Diener mit Gepäck hereingekom-
3
men seien.

4
1645 I 24
Diènstag W bei Chigi. Bericht über das Gespräch mit Saa-
5
vedra
. Chigi hat auf Saavedras Anfrage erklärt, er werde entgegen-
6
schicken
, zumal auch die Ksl. dazu bereit seien und er wisse, wie hoch in
7
Rom die Kurfürstlichen, besonders Bayern, eingestuft würden. Auf den Ein-
8
wand
, die Forderung sei gegenüber den Kronen eine Neuerung, hat Chigi
9
auf die ebenfalls neue Bewilligung des Exzellenztitels für Savoyen und Flo-
10
renz
in Rom verwiesen, wonach Saavedra dabei blieb, er könne ohne Be-
11
fehl
nichts zugestehen. Ähnlich hat Chigi gegenüber Contarini argumen-
12
tieren
lassen, der sich beklagt hatte, daß der Nuntius zur Entgegenschickung
13
so schnell bereit sei. Dießem nach bezeigte der herr nuncius sich zu
14
ehest der Churbayerischen anherokunfft gar begiehrig, hielte aber gleich-
15
wol, daß man sich nit zu ubereilen, es werde sich schon mit der zeit schik-
16
ken, so sonst, wan das werck praecipitanter getrieben und daher von den
17
Spanisch- oder Franzosischen eine negativa resolutio gegeben werden wolt,
18
weiln sie sich auff ihr nach Brüssel und Pariß gethane resolution so starck
19
beruffen, große difficultet haben, und der schimpff alßdan desto großer
20
sein würde. Verhoffte, es soll bey den Franzosen, alßviel die Churbayeri-
21
schen anginge, noch auf gute weg zu richten sein, wegen der Churbranden-
22
burgischen aber und noch viel mehr der Churmainzischen im geringsten nit;
23
und werde es derenthalb sehr große difficultet haben. Hierbey fragten
24
I. H. G., wan der churfürst von Tryer erlediget und seine gesanden schik-
25
ken würde, wie es die Franzosen mit deneselben alß ihren alliirten halten
26
wurden. Andworttete er, daß sie ihnen, maßen sie sich in specie verneh-
27
men laßen, die ehr anzuthun nit gedencken; dabey vermeldent, daß wan sie
28
die Churbayerische mit endgegenschickung honoriren würden, solches nit
29
alß churfursten, sondern alß von einem so hohen uralten hauß herkommen-
30
den fürsten beschehen solte, zumaln sie, die churfürsten belangendt, dafur
31
hielten, daß mit empfahung I. H. G., die nomine collegii anhero kommen,
32
genug geschehen, welches einem yeden in particulari und vorab den geist-
33
lichen nicht thun würden. Hierauff replicirten I. H. G., Churbranden-
34
burg seye nomine collegii mit deputirt. Welches auch der her nuncius
35
ihnen angedeut zu haben vermeldet; sey ihm aber hinwieder zur andwort
36
geben, es habe mit Churbrandenburg andere considerationes, wie seinem
37
von adel hiebevor bedeuttet worden, und er sich auch damit content
38
bezeigt. Vermeinte also der herr nuncius, daß, wan nun den Churbayeri-
39
schen die ehr beschehe, man nit soviel zue scrupuliren, in qua formalitate
40
und obs alß churfursten oder herzogen in Bayern, damit andere weittläuf-
41
fige disputat vermitten plieben, zuemalen sie doch nach dem hereinkom-
42
men zu allen consiliis gezogen und uberall fur churfürstliche gesandten
43
tractirt und gehalten würden. Erinnerte demnach, neben wiederholung,

[p. 68] [scan. 118]


1
daß man dem werck seine zeit gonnen, nit allzuviel scrupuliren, und
2
dahin die sachen, daß nur ein principal gesandter, wie bey der Chur-
3
colnischen legation auch beschehen, sein möge, dirigiren wolle [...]. Es
4
seyen die Franzosische ietzt viel kitzlicher alß zuvor, und musten also
5
mit desto beßerm bedacht die sachen angriffen, und gute gelegenheit darzu
6
gesucht und erwarttet werden. Es hetten ihm Ihre Pabstliche Hailigkeit
7
iüngst zuschreiben laßen, daß sie den verlauff mit I. H. G. einzug, und daß
8
solcher gestalt dem langen disputiren mit den herren churfürsten sein end
9
gemacht, gern vernommen. Occasione deßen meldete er, daß iezige Pabst-
10
liche Hailigkeit die schreiben selbst zue lesen, auch viel mit eigener hand zu
11
schreiben pflege, mehr alß die vorige gethan [...]. Als Chigi gegen-
12
über
Saavedra das Gerücht erwähnt hat, Malvezzi

38
Vigilio Malvezzi (1595 1654), marquese di Castelguelfo; zum Plan dieser Gesandt-
39
schaft vgl. V. Malvezzi, historia de los primeros años del reinado de Felipe IV. (hrsg. von
40
D. L. Shaw), S. XVI.
werde als spa-
13
nischer
Gesandter nach Bayern geschickt, und dazu bemerkte, er wisse
14
nicht, was fur eine occasio es sein kondt, wehre der Savedra alßbald
15
heraußgefahren, per torrer diffidenza. Saavedra soll beauftragt sein, Mal-
16
vezzi
über seine früheren Verhandlungen mit Bayern zu unterrichten.

17
Diesem nach urgirten I. H. G. das vorige propoß und die befurderung
18
der Churbayerischen hereinzug, und gedachten dabey, daß der Dr. Krebß
19
und welcher gestadt alhier were, benebenst, daß das logiament noch nit
20
accomodirt, und ihr anherkunfft dardurch verhindert. Bey welchem
21
er, daß diß zur endschuldigung ihres auspleiben sehr wol diehnte, und batte
22
nachmaln, sich mit dem anherkommen nit zu ubereilen; imgleichen daß
23
alles, was I. H. G. er also in vertrawen enddeckt, in solcher confidentz und
24
secreto verpleiben möcht. Welches I. H. G. ihne assecurirt.

25
Als W unter einem Vorwand bei d’Avaux zu erfahren sucht, wie die Fran-
26
zosen
sich wegen des Empfanges der Bayern entschieden hätten, bleibt
27
jener dabei, man wolle Bayern als Herzog keine Schwierigkeiten machen,
28
wie man auch W weniger als kölnischem Gesandten denn als Reichsfürsten
29
und Sproß eines hohen Hauses die Ehre erwiesen habe. Weiter erwähnt
30
d’Avaux gegenüber Ws Vertreter die kurkölnischen Verhandlungen in
31
Brüssel und den darauf wegen Verletzung der Neutralität erfolgten Protest
32
des staatischen Agenten Billerbeck

41
Hendrik von Bilderbeeck, staatischer Agent in Köln; zu den Verhandlungen vgl.
42
J. Foerster S. 263ff.
, wovon ihm soviel wissendt were, daß
33
bemelter Hollendischer agent Billerbeck solchen bescheid bekommen, daß
34
er beßer zuefrieden von dar weg alß hingeraist seye [...].

35
Rorté

43
Claude de Salles, baron de Rorté, französischer Resident in Hamburg 1636 1643, Resi-
44
dent in Osnabrück 1643–1645.
bei W: Da die Schweden vor Freigabe der Leiche Botelhos nicht
36
verhandeln wollen, wendet er sich an W als zuständigen Landesherrn.
37
Während W die fehlerhaften Angaben des schwedischen Passes bemängelt,

[p. 69] [scan. 119]


1
argumentiert Rorté, daß alle mit dem Paß eines Gesandten versehenen Per-
2
sonen
und Sachen freies Geleit hätten und Botelho unter dem Schutz der
3
schwedischen Gesandtschaft gestanden habe. W verweist darauf, daß
4
Botelho sich als selbständiger Vertreter Portugals aufgeführt habe, und be-
5
schwert
sich, daß in Osnabrück ausgegeben werde, der Anschlag sei mit
6
seiner bzw. Kranes Mithilfe erfolgt [...]. Zur Frage des bayerischen Ein-
7
zuges
weist er das Argument zurück, Frankreich widersetze sich auch den
8
Ansprüchen der Generalstaaten. Als Rorté meint, man werde noch
9
wol hierin ein expediens finden konnen, antwortet W, underdeßen lauffe
10
die zeit unnutzlich hin, und seye der winter schon fast vorbey, und sage
11
dahero der gemeine man, es würden dergleichen auffzüge nur, damit under-
12
deßen die campagnia herannahete, herfurgesucht.

13
Nassau bei W: [...]. Die Spanier bestehen darauf, daß sie sich in Abwesen-
14
heit
Castel Rodrigos

42
Manuel de Moura y Cortereal (gest. 1652), marqués de Castel Rodrigo, spanischer
43
Gesandter in Wien 1641–1644, Gouverneur der spanischen Niederlande 1644–1647.
wegen des bayerischen Empfanges nicht erklären kön-
15
nen
. I. H. G.: [...] Komme ihr seltsam vor, daß die Spanier iezund die
16
sachen auf den Don Castell Rodrigo schieben und ihne alß primarium
17
plenipotentiarium respectiren wollten, weiln sie es biß dato nit gethan; ia
18
den Franzosen dardurch abermal ursach geben werden, moras zu suchen
19
und mit dem Savedra und Bruin sine interventu bemelten Castel Rodrigo
20
nicht handlen wollen.

21
Beratung mit Krebs und den Kölner Räten: Consideratis omnibus conclu-
22
sive allerseitz dafur gehalten worden, weilen der nuncius und graff von
23
Naßaw so starck riethen, man möchte sich in diesem werck nit ubereilen,
24
die Spanische auch sich etwas näher herzugelaßen und keine abschlägige
25
resolution gegeben, nur daß sie der andwort erwartteten, imgleichen die
26
Franzosische, und ohnedaß das quartier noch sogleich nicht accomodirt
27
werden kan, daß sich under dießem praetext die Churbayerische noch
28
etwas auffhalten möchten. Und soviel mehr, weilen die andtwort von
29
Brüssel auß ehest-, die von Pariß auch underm 6. februarii, auch etwa den
30
8. oder 9. ferner verhaltensbefelch von Churbayern selbsten einlangen,
31
alßdan ein recht bestendige resolution genommen werden kondt, daß
32
underdeßen die Churbayerische gesandtschafft zu Ham verpleiben mocht,
33
zumalen umb so geringer zeit willen wieder zurückzugehen nit rhatsamb,
34
auch Munster mehrer sich zu nähern bedencklich. Alß auch dabey in con-
35
sideration kommen, ob endzwischen gedachter herr Dr. Krebs alhier und
36
was gestalt sich aufhalten oder zusamen mit abgesandten deme von Haß-
37
lang wieder auf besagtes Ham begeben möcht, ist das letzter einhelliglich
38
fur das beste angesehen, zuemaln man nicht befinde, wie er herr Dr. Krebs
39
mit reputation oder aliquo bono effectu hier zu verbleiben, dan in publico
40
alß gesandter rebus sic constitutis nicht zu rath-, all’incognito auch nichts
41
zu richten. Und werde dadurch nur den gesandten mehrer ursach zu reden

[p. 70] [scan. 120]


1
und dafurzuhalten gegeben, alß ob man schon condescendir und ob ihrem
2
difficultiren sich befriedigen ließe [...].

3
1645 I 25
Mittwoch Nach Unterredung mit W verläßt Krebs in
4
dessen Wagen Münster.

5
W bei Rorté. Klage über Unterdrückung des Kapitels und der Katholiken
6
in der Stadt Osnabrück. Während Rorté argumentiert, die Gesandten
7
könnten wenig tun, da die Stadt sich auf ihr Recht und das Herkommen
8
berufe, gibt W die Schuld dem Einfluß der Schweden, mit denen Frank-
9
reich
im Bündnis stehe. So würden durch Frankreichs Mithilfe auch im
10
Stift viele Geistliche vertrieben, die zur Zeit des lutherischen Administra-
11
tors
Philipp Sigismund

39
Philipp Sigismund von Braunschweig-Wolfenbüttel (1568 1623), Administrator von
40
Verden 1586, von Osnabrück 1591.
unbehelligt blieben, und die Katholiken zum
12
Abfall gebracht, wogegen Rorté Einzelfälle von französischer Intervention
13
zugunsten katholischer Interessen anführt. I. H. G. sagten, diß sey alles
14
gut, wan nur auch in andern sachen ein yeder bey seinem rechten, vermög
15
der reichssatzungen, erhalten würde. Und hetten sie deßwegen soviel da
16
mehr ursach und freyheit hierzu zu reden, weil kein competitor weder
17
beym stifft Oßnabruck noch Minden, also ihr und den catholischen die
18
stiffter in handen pleiben müsten. Es were dan sach, daß die Franzosen bey
19
den tractaten solches ändern, und die fundationes Caroli Magni lieber den
20
Schweden gönnen wolten, welches aber den catholischen nicht lieb sein,
21
noch yemalen darin consentiren würden. Worauf er, müste bekennen,
22
daß I. H. G. diese zwey stiffter rechtmeßig zustehen, und seye man auch a
23
parte Franckreich gar eiffrig hierin, daß den catholischen, was nur immer
24
zu erhalten muglich, nichts vergeben werden solle. Ahn stifft Verden habe
25
der Danischer printz

41
Friedrich von Dänemark, vgl. oben S. 35 Anm. 3.
einen ansprach und sey von Ihrer Kayserlichen Maje-
26
stät selbst er in die possession eingesetzt. I. H. G. sagten, es seye nit
27
ohne, daß er vermain, einige action darauf anzustellen, solches aber seye so-
28
wol beym Prager schluß alß sonst dergestalt improbirt, daß sie von Ihrer
29
Kayserlichen Majestät die gewehnliche conferirung der regalien darueber
30
erlangt, in die possession kommen, und uberall, auch bey allen conventibus,
31
dafur biß auf diese stundt nit weniger alß mit Oßnabruck und Minden ge-
32
halten und respectirt worden; wiewoln die Schwedische mit Franckreich
33
allegirte waffen sie in so weit vertrieben, und solcher stifft dem Ranzaw

42
Josias Gf. von Rantzau (1609–1650), schwedischer Oberst 1632, seit 1635 im fran-
43
zösischen Dienst, 1645 Feldmarschall.
in
34
recompensam geschenckt, von deme es der prinz gegen erlegung 16 000
35
reichstaler dergestalt abgehandlet, daß ihm selbige, wan er nit dabey plei-
36
ben kondt, von des stiffts stenden wieder erstattet werden soll, maßen ihm
37
die stende daruber caution geben mußen, daß, da er bei den stift nit bleiben
38
konte, ihme solche summa von ihnen wieder restituiert werden sollte,

[p. 71] [scan. 121]


1
woraus genugsamb erscheinet, daß er seiner sach selbst nit gar steiff ge-
2
trawet, und ihme leicht satisfaction zu geben. Gestalt dan auch I. H. G. nit
3
gedencken, sich dero habenden juris und possession im geringsten yemalß,
4
maßen sie Ihrer Kayserlichen Majestät mehrmaln zugeschrieben, zu be-
5
geben. Daß er, der Danische prinz, aber sonst einige rechtmeßige possession
6
erlangt haben solt, davon seye ihr anderst nit vorkommen, alß daß er
7
zwarn bey Kayserlicher Majestät deßwegen vor einem jar noch ansuchens
8
thun laßen, hette aber zur andwort bekommen, daß I. H. G. der rechte
9
regalisirte bischoff, warwieder einige andere bestendige anordnung zu dero
10
praeiudicio nicht vorgenommen werden kondt. Und gesetzt, yedoch unge-
11
standen, daß der Kayser solches gethan, und er einige ansprach dannenhero
12
hette, so konten sie doch nit begreiffen, warumb Franckreich ihme solches
13
stifft der catholischen religion willen mehrer alß ihro gonnen solt. Zudem
14
kondten sie auch nit glauben, daß die Schwedische und Franzosische poli-
15
tica zueließe, daß der konig von Dennemarck und sein sohn das erzstifft
16
Brehmen, Verden, Halberstatt, warzu er praetension zu haben vorgibt, und
17
villeicht nachmalß praetendiren und andere praetextus machen möchte,
18
maßen noch iungst die ansehnliche graffschafft Pinnenburg ahn sich
19
gebracht, sambt dem furstenthumb Holstein und anfallende graffschaft
20
Oldenburg

38
Die Grafschaft Holstein-Pinneberg hatte Dänemark beim Aussterben des Hauses
39
Schaumburg 1640 erworben; auf Oldenburg bestanden Erbansprüche beim Tod der
40
Grafen Anton Günther (1583 1667) und Christian (1612 1647), die keine erbberech-
41
tigten Nachkommen hatten.
gleichsamb ein newes konigreich zusammenpringen solt. Wo-
21
rauf der Rordè etwas gestutzt und allein gesagt, bey den tractaten werde
22
sich alles geben. Were aber zu wunschen, daß der Kayser selbst nit zu der-
23
gleichen ursach geben, dan auß dem edicto zu Mulhausen

42
Auf dem Kurfürstentag zu Mülhausen 1627 waren die Bedingungen für den Frieden mit
43
Dänemark beraten und die Vorbereitungen für das Restitutionsedikt getroffen worden.
alles diß unhail
24
endtstanden were. I. H. G. sagten, die catholische religion were iez biß
25
zum mare Baltico wol und bestendig solidirt, wan nit der konig in Franck-
26
reich mit den gegentheyl allein propter privatum odium wieder das hauß
27
Osterreich die alliance gemacht, und zu dieser undertruckung der catholi-
28
schen und zerrüttung des Römischen reichs so eiffrig geholffen, welches
29
sich wol kein catholisch herz hette versehen, weniger glauben können, daß
30
das reich von einem so christlichen konig dergestalt solte angefochten und
31
den uncatholischen wieder daßelbe die mittele subministrirt worden sein, ja
32
gar die catholische liga, welche allein zu recuperation der wiederrechtlich
33
abgenommener land und leuth, auch conservation des Römischen reichs
34
libertet und praeeminenz angesehen gewesen, dergestalt von Franckreich
35
selbst feindlich angriffen werden solt. Auf welches er, daß man disseitz
36
darzu ursach geben, alß der Gallaß mit ein so ansehnlicher armada ins
37
konigreich Franckreich eingefallen

44
Feldzug der ksl. Hauptarmee unter Gallas nach Burgund 1636.
. I. H. G. hienwieder, sie wusten

[p. 72] [scan. 122]


1
sich nit zu erinnern, daß von der catholischen liga yemaln wieder Franck-
2
reich etwas tentirt, so lang sie gewehret, so wenig alß in Polen gegen
3
Schweden oder im Mantuanischen krieg; da er einige occasion zu benennen
4
wuste, solte es ihro zu vernehmen lieb sein. Warauf er, köndte es in
5
specie nit sagen, und kame darnach von Churbayern zu sagen, daß sein
6
konig allezeit sonderlich des churfursten auß Bayern verschonet, und in
7
specie befohlen, ihnen nicht anzugreiffen noch zur ruptur einige ursach zu
8
geben; daß er auch bey seinen alliirten in suspicion kommen, alß wan er
9
mit Churbayern und den catholischen colludiren thette. I. H. G. melde-
10
ten hierbey, sie wisten hiervon so nicht. Es gebe aber der effectus seythero
11
viel ein anders, und müste es dahero folgen, daß den uncatholischen zu
12
gefallen ietzt dergestalt wieder Churbayern und andere catholische verfah-
13
ren würde. Kondten auch in specie wol sagen, daß nit wenig zu verwun-
14
dern, warumb Churcollen, alß welcher im Rheinischen ertzstifft keine
15
Kayserlichen, sondern allein seine eigene volcker gehabt,

37
15–17 auch – erhalten] am Rande: Bavaro aut Bavaris non communicatur.
auch fur dieselbe
16
anderwerzher keine contributiones beygeschafft, und nur in diesen landen
17
erhalten, auch von Kayserlicher Majestät zugeben worden, dergestalt
18
feindlich gehalten, daß die landen durch den Guebrian

38
Jean Baptiste de Budes (1602–1643), comte de Guébriant, französicher Marschall. Über
39
den Einfall in das Erzstift Köln vgl. oben [S. 39 Anm. 4] . – Von den Ländern des Kölner
40
Kurfürsten war der Bereich des rheinischen Erzstiftes seit der Neuordnung des Kriegs-
41
wesens nach dem Prager Frieden in der Weise eximiert worden, daß gegen Sicherung
42
der Festungen durch kurfürstliche Truppen keine fremden Einquartierungen erfolgen
43
sollten.
nit allein
19
gewaltsamb angefallen, Kempen und Neuß eingenommen, besetzt, und zu
20
noch mehrerem betruck aller geist- und weltlichen den Calvinisten, der
21
landgraffin zu Heßen Cassel, ganz ubergeben und abgetretten. Dannenhero
22
veruhrsacht, daß der churfurst die Kayserlichen darin ruffen, und also die-
23
selbe refier durchgehendts in kriegsflammen nunmehr etlich jahr, ohn daß
24
die underthanen mit Calvinischer kezerey verführt werden, stecken laßen
25
muße. Hierauf sagt er Rordè allein, im krieg geb es allerley occasiones
26
und rencontre. I. H. G., man kondte der Franzosen vorgebene prin-
27
cipia ad bonum religionis catholicae et imperii ab effectu gar nit judiciren.
28
Churcollen hette den vorschlag, so die Staden selbst vor etlichen jahren thun
29
laßen, den districtum zwischen Rhein, Weser biß an die Lipp und zwischen
30
Maß und Rhein biß ahn die Mosel von allerseitz kriegenden theylen zue
31
evacuiren bey Ihrer Kayserlichen Majestät, aber mit harter mühe, weiln sie,
32
wie notori, auß diesen landen großen vortheyl ahn volck gehabt, erhalten.
33
Wie nun Churcollen solches negotium reassumiren und im Haag weitter
34
tractiren laßen, were der effectus durch die Franzosen verhindert

44
Vgl. unten S. 289.
; und
35
also, wie darauß erscheint, allein dahin gesehen werden wolte, wie der
36
status imperii immutirt, die chur- und fürsten gar vertrieben, ja die stiffter

[p. 73] [scan. 123]


1
von außwertigen cronen (maßen mit dem stifft Paderborn geschehen

42
Vgl. unten S. 283.
) fur
2
lehen und weltliche fürstenthumb angesetzt werden wollen. Welches er,
3
Rordè, wie auch daß die hinderung im Haag durch Franckreich geschehen,
4
difficultiren wollen. Es haben aber I. H. G. das erste belangendt vermeldet,
5
daß authenticam copiam des Schwedischen donation- und lehenbrieffs uber
6
das stifft Paderborn ahn den landgraffen zu Hessen zur hand zu pringen
7
leicht seie. Was die hinderung antrifft, sey derienige, welcher zu dem end
8
meistens in Haag geschickt, alhier, nemblich der ietziger legationsecretari
9
Brasset, der würde davon, und was seine commission gewesen, und er
10
geschafft, berichten konnen. Hierauf sagte er, Rordè, sie vernehmen,
11
daß Churcollen einige tractaten anietzt zu Brüssel treiben laße, sich und
12
den craiß mit den Spanischen einzulaßen, und wüsten in specie, daß a parte
13
Spanien auf 200 000 reichstaler assecurirt worden. I. H. G. andwortte-
14
ten, gesetzt, daß es wer, obs dan Churcollen so hoch zu verublen, daß er
15
sich quovis modo gegen diejenige, welche sich ihro und ihren landen mit
16
unbilliche gewalt zu nöttigen, zu schuzen suche. Damit er aber den rechten
17
grund hiervon habe, seye es damit, wie Churcollen ihro bedeuttet, also be-
18
wandt, daß die Spanische dem Lamboy

43
Wilhelm Frhr. von Lamboy (1600–1656), Reichsgf. 1649, ksl. General in den Nieder-
44
landen, 1647 Feldmarschall mit Kommando über die westfälische Kreisarmee (bis 1649).
wiederumb eine armada under-
19
geben, auch ihme und fur die Lottringische volcker die winterquartier in
20
Colnischen landen zu verschaffen begert, alß aber solches von wegen des
21
craises abgeschlagen worden, hetten sich die Spanische verlautten laßen,
22
daß sie es beym Kayser zu erhalten suchen wolten. Nachdem es aber auch
23
von Churcollen allda verhindert, und darauf die volcker die quartier mit
24
gewalt zu nehmen sich vorsehen laßen dorffen, hat sich deßen Churcollen
25
zu Brüssel zum hochsten beklagt, beynebens aber den graff von Geleen, alß
26
Kayserlichen veldmarschallcken in dießem craiß dahin bewögen, derglei-
27
chen antrohenden unbillichen gewalt mit gewallt abzukehren. Wie nun
28
hiervon zu Brüssel erschollen, hat man zu verhuttung weitlauffigkeit mit
29
Churcollen deßwegen zu tractiren sich veranlaßt, und seyen damaln zu
30
erhaltung der quartier, wie obgemelt, 200 000 reichstaler certo modo pro
31
satisfactione der belegten landen mit gewißen conditionen offerirt. Weiln
32
aber solches ganz kein thunliche sach von Churcollen erachtet worden,
33
auch in dero macht allein nit gestanden, so haben sie alsobald in scripto
34
alles rund abgeschlagen, und die tractatus genzlich abrumpirt, worauß
35
dieses löblichen churfürsten aufrechte gute intention abzunehmen, wiewoln
36
dieselbe von freund und feinden so ubel recompensirt wirdt. Der
37
Rordè sagt, daß ihm gar lieb, einige erleutterung hiervon zu haben, dan
38
man hernegst bey deßhalb movirendem discurß desto beßer darzu sprechen
39
kondte. Und seye zu erbarmen, daß dannoch, was die Spanier thun, alles im
40
reich so wol gethan seye [...]. Es gedachte der Rordè weitter, es sey ein
41
wunderlich ding, daß der churfurst von Tryer propter peccatum originale,

[p. 74] [scan. 124]


1
daß er den Spanier nie gutts gegonnet, und in protection des konigreichs
2
Frankreich zu conservirung der catholischer religion wieder die Schweden
3
begeben hette, dergestalt leiden muste, und gegen die reichsconstitutiones
4
gethan zu haben, außgeschreyen werde; dha doch dem churfürsten von
5
Mainz alles hingehe, da er sich zuvor eben auch in Spanische protection
6
begeben, Spanische volcker in sein land genommen, und anietzt mit selbi-
7
gen konigreich alliirt were. Er hette den hern (Churtryer mainendt) so lang
8
gekhendt, gestalt seine, des Rorde, mutter und des Conradt von Sötern
9
fraw

39
Elisabeth von Merode (1568–um 1623), verheiratet 1595 mit Henri de Salles-Coussey,
40
und Margarethe von Merode (1563 1618), verheiraet 1586 mit Konrad von Sötern,
41
dem älteren Bruder Kf. Philipp Christophs.
seyen zwo schwestern gewesen, daß er also offt bey ihme, dem chur-
10
fürsten, gewest und von seiner aufrechten guten intention wol zeugnus
11
geben kondt. I. H. G. sagen hierauff, sie wusten, daß er allzeit fur
12
einen verstendigen hern gehalten worden. Sonsten belangendt vernehmen
13
sie, daß ahm Kayserlichen hoff allerley schwere sachen, die mehr alß den
14
bey Franckreich gesuchten schutz antreffen, specificirt wurden, immaßen
15
die acta, was mit dem St. Chaumont und Bussi

42
Charles de Lameth, baron de Marigny, seigneur de Bussy. Vgl. H. Weber S. 237ff.
tractirt, bey ubergang der
16
statt Tryer in originali gefunden worden. Darauf andworttete er, man
17
müste sehen, daß dergleichen sachen aufgehoben und fried gemacht werde,
18
wie er dan verhoff, daß man zu den tractaten bald schreitten werd.

19
Solches, sagten I. H. G., were zu wünschen ye bälder ye beßer, wan aber
20
dergleichen mißtrawens, wie mit der herren churfursten tractament iez de
21
novo hervorgebracht wirdt, weitter gemacht, seye davon so bald nichts zu
22
hoffen. Er aber gab gute vertrostung.

23
Mitteilung Nassaus: Laut Schreiben der Ksl. in Osnabrück bestehen die
24
Schweden auf einem Paß für die Stadt Straßburg. W sieht keine diffi-
25
cultet darin, zumalen Straßburg alß ein reichsstatt bey den tractaten zu
26
erscheinen befugt, auch sonsten vorhin under den alliirten stenden mitbe-
27
griffen were; und nit zu zweifflen, dha mans abschlagen solt, der gegen-
28
theyl ursach haben würde, uberall außzuschreyen und zue ruffen, daß man
29
nomine Caesaris weder die mediat noch immediat stende zu dießsen trac-
30
taten verglaiten wolle, und also damit einen großen undanck auf sich laden.
31
Zustimmende Antwort Nassaus.

32
1645 I 26
Donnerstag D’Avaux / Servien bei W: Wegen des Pfarrers
33
zu Neuss haben sie an den Kommandanten

43
Karl von Rabenhaupt (1602–1675), Frhr. von Sucha, hessischer Oberst (vgl. ADB
44
XXVII S. 85ff.
, die Landgräfin und nach
34
Frankreich geschrieben sowie mit den hessischen Gesandten geredet und er-
35
warten
die Antwort. Nochmaliges Ersuchen um Freigabe der Leiche
36
Bothelhos. Die Schweden wollen vorher nicht verhandeln, weshalb d’Avaux
37
die geplante Reise nach Osnabrück verschieben mußte. W dankt für
38
die Bemühungen in der Neusser Sache, die er noch weitter mit mehrerm

[p. 75] [scan. 125]


1
eiffer zu urgiren bittet, da die Antworten sich offensichtlich verzögern. In
2
der anderen Sache kann er nur, wie schon zweimal geschehen, an den Feld-
3
marschall
Geleen schreiben; die Antwort verzögert sich vielleicht, weil die
4
militärischen Stellen sich nicht im Unrecht glauben oder weil die Schwe-
5
den
sich nicht an Geleen gewandt haben [...]. W wiederholt, der Irrtum
6
wäre nicht entstanden, wenn die Schweden den Paß in der im Präliminar-
7
vertrag
festgesetzten Form ausgestellt hätten, weshalb sie und andere Ge-
8
sandte
zu erinnern seien, damit behutsamer umzugehen. D’Avaux
9
stimmt zu, Servien aber führt an, auch mit einem ksl. Paß sei der schwe-
10
dische
Sekretär

42
Mathias Mylonius (1607 1671), 1646 geadelt unter dem Namen Biörnklou, 1643–
43
1647 schwedischer Gesandtschaftssekretär in Osnabrück, 1648 Resident in Münster, von
44
ksl. Truppen gefangengenommen Mai 1644.
vor einigen Monaten im Stift Minden von den Ksl. ange-
11
griffen
worden. W verspricht, nochmals an Geleen zu schreiben, und
12
äußert sich erfreut, daß nach Auskunft der Mediatoren aus Paris eine gün-
13
stige
Resolution wegen Vorlage der Friedensproposition eingetroffen sei.
14
Da die allein noch im Weg stehende portugiesische Sache schnell zu erledi-
15
gen
sei, werde d’Avaux die Reise nach Osnabrück zur Beförderung der
16
Verhandlungen hoffentlich nicht verschieben. Er fürchte nur, daß, gleich hie-
17
bevor offters verspührt worden, nicht hiernach wiederumb etwas newes
18
von ihnen, den Franzosen oder Schweden, werde auf die bahn kommen.

19
Darauf alßbalden der Servient, diese sach mit dem Bodelli, alß ein
20
haubtpunct, und darahn ihr und aller gesandten authoritet, auch ipsa
21
praeliminaria hafften thette, müste redressirt sein, dan auff solche weiß sie
22
selbst in oder vor der statt nicht sicher weren. I. H. G., sie wüsten
23
mehrers nit hierzu zu sagen, alß beraiz geschehen, daß nemblich der fehler
24
auß manquement des paßes und dem modo procedendi herrühre, und sich
25
hiervon das argument auf die gesandten nicht ziehen laße. Subiungirten
26
demnach, sie vernehmen, daß eine newe difficultet in dem sich ereignen
27
wolt, daß die Churbayerische und andere churfürstliche, in specie die Chur-
28
brandenburgische gesandten nicht gebuhrend wolten tractirt oder fur for-
29
mal gesandten gehalten werden. Und weilen nun die herren churfürsten
30
ihre bevollmächtigte anderer gestalt anher oder nacher Oßnabruck nit
31
kommen laßen, auch hieran die fürsten sich spieglen werden, sie die Fran-
32
zosische aber vor diesem sich erklehrt, ohn die stende nit zu tractiren, so
33
seye leicht zu mercken, wo es damit hienauß wolle, und warumb eben iezt
34
und nit zuvor dergleichen movirt worden; seye zu befahren, daß man diß
35
abermal gar speciose pro remora gebrauchen werde. Worauf der Servi-
36
ent, der churfürsten vorhaben seye ein lauttere novitet und zuvor nie
37
gehört worden. I. H. G., sie wolten pitten, er mochte sich in dieser sach
38
pro iudice so geschwind nit heraußlaßen, dan sie forchten, er werd den
39

41
39–S. 76,3 Warauf – zuegehort] am Rande: omittatur an Churcollen
rechten bericht nit haben. Warauf I. H. G. der d’Avaux angesehen
40
und mit dem kopff und augen auf den Servient gewuncken, worauß sie ab-

[p. 76] [scan. 126]


1
nehmen konnen, daß er einer andern mainung alß der Servient sey, wie er
2
dan auch fast die ganze zeit bey hierüber geführtem discurß geschwiegen
3
und nur mit lachenden mund zuegehort. Der Servient aber sagt, er
4
wiste keine occasion, daß der churfürsten abgeordnete yemaln fur formal-
5
gesandten gehalten worden. Dem I. H. G. replicirt, man müße einen
6
underschied zwischen dem, wie es im reich und bey ordinari conventibus,
7
und außer demselben, wan ahn die frembde potentaten schickungen ge-
8
schehen, gehalten werd, machen. Zweiffleten auch nit, daß dergleichen
9
distinction in Franckreich seye, wie dan nit zu glauben, sie auch nie gehort
10
hetten, daß, wan einem vom konig in seines konigreichs sachen commission
11
geben, derselb allemal wie hier und ahn andern koniglichen hoffen solte
12
respectirt und tractirt werden. Als Beispiel einer bayerischen Formalge-
13
sandtschaft
führt er den Empfang eines Grafen Fugger in Rom vor etwa
14
20 Jahren

43
Wohl Wilhelm Gf. von Fugger (1585–1659), bayerischer Rat und Kämmerer, 1623 ksl.
44
Kämmerer, 1623 als bayerischer Gesandter in Rom.
an und antwortet auf Serviens Einwurf, ob Bayern damals
15
schon Kurfürst gewesen sei, habe er solche formal gesandschafft als herzog
16
gethan, gebuhre ihm die ehr iezo viel mehrerers [...]. So befinde sich auch,
17
daß vor ein- zweyhundert und mehr jahren churfürstliche gesandten nacher
18
Rom geschickt, auch von geistlichen churfürsten, und dafur allda gehalten
19
worden, konte also gar nit fur eine novitet geachtet werden. Wie aber noch
20
vor wenig jahren die titul und anders mit Savoya, Florenz, auch mit
21
andern sich geändert und gestiegen, also stehe es in arbitrio eines oder des
22
andern nit, sondern muste inter pares paritas gehalten werden. Sie die
23
Franzosische selbst hetten den Venetianischen pottschaffter anfangs auch
24
nit wie iezt tractirt noch tractiren wollen. Der Servient sagt, Venedig
25
seye ein groß- und ganz absolute republicq, und hette es mit derselb viele
26
considerationes. Darauf I. H. G., man wiste der Venediger statum,
27
potentiam et authoritatem sehr wol, und seye der churfürsten glori soviel
28
desto größer, dan weilen sie und dero gesandten allemal der republiq und
29
deren pottschaffter vorgangen und deßen von vielhundert jahren in pos-
30
sessione weren, so hetten sie auch solches desto mehr zu praetendiren, und
31
nicht davon abzustehen. Nachdem W hinsichtlich der Hofämter der Kur-
32
fürsten
durch Vergleich mit dem officium stratoris des Kaisers dargelegt
33
hat, daß solche officia mehr zu ehr alß abbassamento gereichig und eo ipso
34
desto großer, daß es andern in dergleichen publicis actibus zu thun nit
35
zugelaßen würde, führt er auf einen neuen Einwand Serviens hin Beispiele
36
dafür an, daß früher die Kurfürsten und sogar der Herzog von Bayern den
37
Vorrang vor Venedig tatsächlich besessen hätten. Den Einwand von
38
d’Avaux, es existiere ein ksl. Dekret zugunsten Venedigs, korrigiert er da-
39
hin
, es sei 1637 ohne Vorwissen der Kurfürsten ergangen, die sich dagegen
40
verwahrt hätten. Im übrigen solle danach Venedig pro testa coronata be-
41
handelt
werden, doch als letzte in der Reihenfolge, so daß damit der Präze-
42
denz
der Kurfürsten nichts abgehe, zumal der Kaiser befohlen habe, diese

[p. 77] [scan. 127]


1
mit Venedig gleich zu behandeln. D’Avaux: Es hetten die herren chur-
2
fürsten keinen beßern advocaten alß I. H. G. schicken und gebrauchen kon-
3
nen. Diß weren solche sachen, die wol zu consideriren, davon sie zuvor kei-
4
nen bericht gehabt. Auf welches I. H. G., eben darumb hetten zuvor
5
gebetten, daß der herr Servient alß ein außländer von den reichssachen
6
ohne grundliche information nit so gestracks judicirn wolt. Worauf der
7
Servient abermal herausgefahren, warumb dan die fursten in persona den
8
churfürstlichen gesandten vorgingen? Darauf erläutert W am Beispiel
9
des Mülhausener Konventes und des letzten Reichstages den Unterschied
10
zwischen Fürstenrat, wo ein Fürst in Person allen Gesandten vorgeht, und
11
Kurfürstenrat, wo der Gesandte, in Verhinderung des Prinzipalgesandten
12
auch ein anderer, persönlich anwesenden Kurfürsten nicht weicht.

13
D’Avaux: Es seye wunderlich, daß repraesentans repraesentantem auch die
14
ehr und praeeminenz haben solt. I. H. G., diß seye also herkommen,
15
und sich im reich nit würde ändern laßen, auch die Franzosen, alß welche
16
yederzeit libertatem imperii im mund fuhreten, zu thun nit gedencken
17
würden. Und sehen sie dergleichen ahn dem Volmari und Brün, welche, ob
18
sie gleich nur gelehrte und keine standtspersonen weren, dannoch für
19
Kayser- und konigliche gesandten gehalten würden. Wer auch der repu-
20
blica zu Venedig verpiethen wolle, daß sie nit noch einen, welcher dem
21
Contarini ahn herkommen nit gleich, ihme adiungiren möchte. Auf
22
dieses nahme der d’Avaux den hutt ab, und denselben vor den mund hal-
23
tend, redete dem Servient in ein ohr, und darauf gegen I. H. G., er muste
24
bekennen, daß ihnen diese information sehr nutzlich und gutes licht gebe,
25
und würden sie auch nun andern bericht nacher Pariß thun mußen. In
26
diesem discursu seind von I. H. G. auch die

43
26 den – dieses] Lücke zur Einsetzung des Datums
den dieses beym Savedra, und
27
beym Rortee den 25. Januar vorkommene motiven introducirt und
28
gebraucht, auch under andern gedacht worden, daß dafern die churfurst-
29
lichen gesandten nit wenigst dem Venetianischen gleich gehalten werden
30
solt[en], sowol in endgegenschickung der gutschen alß dem titul, visiten
31
und anders, kondten sie versichern, daß endweder keine churfürstlichen ge-
32
sandten weitters anhero kommen, oder doch (maßen sie in instructione,
33
auch habender nachricht nach, andere in befelch hetten) diejenige ehr hin-
34
wiederumb andern, die ihnen bezeigt wurde, zu erweisen, es weren auch
35
dieselbe, wer sie wolten. Darauf der d’Avaux den Servient angesehen
36
und gelacht, dieser aber sagt, questa è una gran resolutione. I. H. G.
37
andwort war, solche resolution müsten die churfursten gegen dieienige
38
nehmen, die ihr ehr und dignitet bestreitten oder abbassiren, sie umb ihre
39
libertet pringen, und das ganze reich umbkehren wolten. Und hetten sie
40
eben diß bey den Spanischen auch bedeuttet, konten ihro aber nicht vor-
41
stehen laßen, daß die Spanische und Franzosische eben iezt in dießem eins
42
sein und zusammenhalten wolten, die herren churfürsten dergestalt, sonder-

[p. 78] [scan. 128]


1
lich bey diesen belli temporibus et pacis tractatibus, zue disgustiren, da sie
2
doch sonst in allen sachen discrepiren. Der Servient sagte, was Chur-
3
bayern anlangte, vermeinten sie nit, daß mans demselben alß einem her-
4
zogen in Bayern solt oder wolte controvertiren. Worauf I. H. G., wan
5
nit alß herzogen solte geschehen, warumb nit viel weniger alß churfursten,
6
der in dignitate viel mehr; oder ob sie Churbayern nicht fur einen chur-
7
fürsten erkennen wolten. Sagte er von nein, die mainung habe es nit, al-
8
lein seye es darumb zu thun, daß was sie ihme alß churfursten erwiesen,
9
solches auch andern geschehen muste, welches ihnen bedencklich. I. H. G.
10
darauf, ob sie wol die ehr, welche sie einem herzogen bezeigen, einem chur-
11
fursten verwaigern wolten. Darauf schwiegen beyde und meldeten nur,
12
wans gleich auch noch Sachsen und Brandenburg wiederfahren solt, konten sie
13
doch die geistliche zue solche praeeminentz nit recognosciren. Worauf
14
I. H. G., der Pabst, Kayser, auch die konige in Franckreich vor diesem
15
krieg hetten die churfursten, geist- und weltliche, yedeßmalß alß churfür-
16
sten gleich respectirt, und were dergleichen distinction unerhört. Sie Fran-
17
zosische mochten ahm cardinal Richelieu ein exempel nehmen, wie derselb,
18
da er nur ein privat cavallier gewesen, von den Franzosen uberall respectirt
19
werden müßen; auch der cardinal Mazarini noch, und wie durchgehendts
20
alle cardinäle verehrt würden, also diese distinctio, die sie zu machen inten-
21
diren, gar unbegrund, und abermal contra libertatem imperii seye. Es
22
gingen die geistliche churfursten in collegio electorali dem konig in
23
Boheimb, wan er gegenwertig, vor, und die weltliche nach, darumb aber
24
seye kein underschied oder praecedentia under ihnen, sondern allein ordo.
25
Wisten aber außerdem gar nit, warumb sie den Churbrandenburgischen
26
gesandten nit eben das tractament, was ihro, anthun wolten, weiln eben wie
27
Churcollen, Churbrandenburg vom gesambten churfürstlichen collegio zu
28
den friedenstractaten deputirt. Worauf der Servient, diß hetten sie wol
29
bedacht, es seye aber die ehr, so I. H. G. angethan, alß einem reichsfürsten,
30
der so viele landen, und sonderlich hierherumb hette, auch von so hohem
31
hauß descendirte, geschehen. Deßen I. H. G. sich zwar bedanckt, aber dabey
32
vermeld, sie sehen gar nit, mit was raison durch diß argument die chur-
33
fursten, sonderlich deputirte des collegii zueruckzusezen. Es würde sich aber
34
zeigen, daß wan sie diese maximam behaubten solten und die churfursten
35
nit, wie im reich und sonsten herkommen, tractiren wolten, das friedens-
36
negotium gewiß schlecht befurdert, weniger auch ihr intention, in beywesen
37
der stende zu tractiren, erlangen, sondern wol allerhand disgusti darauß
38
endstehen würden. Diesem nach und zuletzt fragten I. H. G., ob sie nicht
39
bald ihre proposition eröffnen und damit, daß zu den sachen gethan und
40
mit der handlung verfahren würde, anlaß geben oder dises einstrewen
41
wegen der herren churfürsten tractament pro remora abermal gebrauchen
42
wolten. Worauf nichts geandtworttet, sondern einer den andern ange-
43
sehen und gleich darauf aufgestanden. Und obwoln I. H. G. nachmaln
44
gedacht, weilen sie sehen, daß hier nichts zu thun, und darumb auf etlich

[p. 79] [scan. 129]


1
tag nach ihrer statt und vestung Wiedenbruck und residenz Reckenberg
2
begeben, sich aber, wan sie nur durch einen ihrer hinderlaßender hoffoffi-
3
cier, daß sie ad propositionem schreitten wolten, advertiert, bey der nacht,
4
wie in 12 stunden geschehen kund, wieder zuruckverfügen wolten, haben
5
sie es doch ebenfalß mit stillschweigen beandworttet, und zur gutschen
6

34
6 eingesessen] am Rande: an Köln 1645 I 26, an Bayern 1645 II 3, an bayerische Ge-
35
sandte in Hamm 1645 II 4.
eingesessen.

7
Nassau bei W. Bericht über das Gespräch mit den Franzosen; während Ws
8
Reise nach Wiedenbrück soll Landsberg als Verbindungsmann dienen.

9
Gleiche Mitteilung an Chigi.

10
1645 I 27
Freitag Abreise Ws nach Wiedenbrück und Reckenberg.

11
1645 I 30
Montag Ankunft von westfälischen und paderbornischen
12
Deputierten in Wiedenbrück zu militärischen Besprechungen mit Geleen.

13
1645 I 31
Dienstag Weiterreise nach Warendorf. Ankunft der mün-
14
sterischen Deputierten, Geleens und Blumenthals

36
Joachim Friedrich Frhr. von Blumenthal (1607–1657), ksl. Generalkommissar im west-
37
fälischen Kreis.
; Konferenz.

15
1645 II 1
Mittwoch Konferenz in Warendorf. [...].

16
1645 II 2
Donnerstag Schreiben Landsbergs: Nach Mitteilung Nas-
17
saus sind die spanischen Vollmachten eingetroffen

38
Vgl. unten S. [102 Anm. 1] .
, in denen noch wei-
18
tere Gesandte benannt sind, doch können die bereits anwesenden verhan-
19
deln und schließen. Auf Drängen der Mediatoren und der Ksl., die den
20
Franzosen und Schweden keinen Vorwand für weitere Verzögerungen bie-
21
ten wollten, sind die Vollmachten verschlossen den Mediatoren zugestellt
22
worden, nachdem ursprünglich die Spanier vorher die Zusage der Franzosen
23
hinsichtlich Übergabe der Proposition erfüllt sehen wollten. Die Franzosen
24
haben über Contarini bei Nassau nochmals auf eine Entscheidung Ws wegen
25
Auslieferung der Leiche Botelhos gedrängt. Nassau hat geantwortet, daß W
26
die Beschlagnahme nicht befohlen habe und die Entscheidung bei den Gene-
27
ralen stehe. Contarini bestand darauf, daß die Schweden W verantwortlich
28
machen würden, wie sie den Osnabrücker Domdechant

39
Johann von Melschede.
schon in Minden
29
arrestiert hätten. W möge also, da die Schweden sich nicht unmittelbar an
30
Geleen wenden würden, diesen zu einem Schreiben an die Schweden dispo-
31
nieren, daß man zwar rechtmäßig gehandelt habe, zur Vermeidung von
32
Mißhelligkeiten aber alles unentgeltlich restituieren wolle.

33
Rückkehr Ws nach Münster.

[p. 80] [scan. 130]


1
1645 II 3
Freitag D’Avaux nach Osnabrück. – Nachricht an Servien:
2
Geleen hat am 25. Januar Ordre wegen Freigabe der Leiche Botelhos erteilt
3
und entsprechend an Oxenstierna geschrieben

42
Anlage 18: Geleen an Oxenstierna 1645 I 25.
, nach der Festsetzung des
4
Domdechanten den Befehl aber so lange suspendiert, bis man von seiner
5
Freilassung sichere Nachricht habe [...].

6
W bei Nassau / Volmar . Botelho. Übergabe der Vollmachten an die
7
Mediatoren. Die Mediatoren haben festgestellt, daß die ksl. und fran-
8
zösischen
Vollmachten

44
Vgl. unten [S. 102 Anm. 1] .
nach dem verglichenen Entwurf ausgefertigt,
9
die spanischen aber in vielen Punkten geändert sind. Die Spanier stellen
10
es als einen Kanzleifehler hin, da der König schreibe, er sende die Voll-
11
machten
in der verabredeten Form. Die Ksl. fürchten jedoch, daß die
12
Franzosen neue Schwierigkeiten machen werden. Einzelheiten der Ab-
13
weichungen
. Da die Franzosen vor Berichtigung der spanischen Voll-
14
machten
wohl kaum verhandeln werden, fragen die Ksl., was ihrerseits
15
jetzt zu tun sei. W: Es seye wol zue bedencken, ob man wegen
16
der Spanischen faute und aufzug die ganze christenheit und sonder-
17
lich negotia Romani imperii wolte stecken und in unfrieden bleiben
18
laßen. Darauf der Volmari, eben diß sey die quaestion, waruber sie
19
I. H. G. beywohnende gedancken gern wissen wolten. I. H. G., die her-
20
ren Kayserliche wißen sich zu erinnern, welcher ursachen willen bey ihrem
21
anherokommen rhatsamb und nottig gehalten, die materias zu distinguiren,
22
zuemalen als in confuso sich so vieler nationen und landen sachen nicht lie-
23
ßen voneinander pringen und auß damaln vorkommenen rationibus man
24
der mainung gewesen, daß die Teutsche sachen vor allen andern fur die
25
hand zu nehmen, gestalt solches auch Ihre Kayserliche Majestät selbst fur
26
gut befunden, und dahin gegen Churbayern, wie dieselbe I. H. G. derzeit
27
uberschrieben, sich resolvirt. Zu erwägen, wie dabei die Spanier nicht
28
disgustirt und die Franzosen zu tractirung allein der Teutschen sachen zu
29
permoviren seien. 1. Die Schuld liegt wegen der unrichtig ausgefertigten
30
Vollmachten bei den Spaniern selbst. Zudem so were das reich dergestalt
31
enervirt, und die catholische undertruckt, daß solches lenger wegen ihres
32
disputirens bey Gott nicht zu verandwortten; hiengegen aber konne man
33
sich erpiethen, wan ihre volmacht in forma einkommen, daß man ihnen ex
34
parte Caesaris auch gern auß ihren sachen zu gelangen verhelffen und assi-
35
stiren wolte. Wie sie dan underdeßen, daß man in handlung mit den
36
Teutschen sachen begriffen, innerhalb zweyen monaten, noch vor gemach-
37
tem schluß, solche vollmacht wol beypringen konnten. Ad 2. die Franzosen
38
zu permoviren, vermainten, daß man, nachdem die Vollmachten richtig
39
befunden sind, auch Ihre Kayserliche Majestät wegen der Teutschen sachen
40
proponiren laße, billich ursach hab, in sie gleichfalß zu edirung ihrer pro-
41
position mit eiffer und bestand zu tringen. Welche mainung den

[p. 81] [scan. 131]


1
Kayserlichen in allem wolgefallen, auch der Vollmari ubernommen, den
2
rationibus ad permovendum Gallos besser nachzudencken, die I. H. G.
3
alßdan communicirt werden, auch der Spanier erklehrung, weiln sie mit
4
denselben auß diesem vorhaben vor allen dingen auch reden mußen, un-
5
verhalten bleiben solt. Bey dieser occasion haben I. H. G. abermaln des
6
puncts wegen der churfürstlichen empfahnung anregung gethan und nach-
7
gefragt, ob nit underdeßen die Spanier sich näher heraußgelaßen? Hier-
8
auf andworttete der graff von Naßaw, das ers seither beym Savedra
9
meldung gehabt, der aber sey auf vorigem, daß sie nemblich vom Castel
10
Rodrigo von Brüssel auß der resolution erwartten müsten, annoch stark
11
bestanden. I. H. G. gedachten hierbey, wie aber nun iezt der von Castell
12
Rodrigo durch die newe plenipotenz erlassen, so werden die hiesige sich
13
endweder cathegorice heraußlaßen, oder der resolution vom duca de Me-
14
dina

39
Ramiro Nuñez de Guzmán (um 1600–1668), marqués de Toral, duque de Medina de las
40
Torres, in der spanischen Vollmacht als Prinzipalgesandter vorgesehen.
, welcher sobald noch nit komen wird, vor wissen müßen. Solch leztern
15
falß werde man ahn seitthen der herren churfürsten eine resolution faßen,
16
sonderlich da auf diese weiß zu verspuhren, daß nur mit fleiß aufzuge
17
gemacht und ohn einig fundament difficulteten movirt würden. Mit begeh-
18
ren, die herren Kayserliche solches den Spanischen mit gelegenheit andeut-
19
ten mochten. Beym weggehen gedachten I. H. G., daß sie auß schreiben
20
von Amsterdamm vernommen, wie ein vom herzogen von Savoya

41
Karl Emanuel II. von Savoyen (1634–1675), Hg. 1637 unter der Vormundschaft seiner
42
Mutter Christine von Frankreich (1606–1663).
anher-
21
geschickter alldort angelangt. Mochten dahero gern vernehmen, wie es bey
22
deßen ankunfft mit der reception und tractirung gehalten werden solt.

23
Darauf die Kayserliche, sie hetten deßhalber keinen befelch, seyen auch
24
nit gemeint, ihme endgegenzueschicken noch die erste visita zu geben;
25
und wisse man, daß sie inter testas coronatas nit gerechnet.

26
1645 II 4
Samstag Mitteilung Nassaus: Die Schweden haben in Osna-
27
brück den Ksl. den Wunsch nach einem Gespräch an drittem Ort andeuten
28
lassen. Die Ksl. vermuten, daß sie so die bisher verweigerte erste Visite bei
29
Lamberg vermeiden wollen. W. schließt sich ihren Bedenken an, worauf
30
zurückgeschrieben wird, man möge die erste Visite für Lamberg fordern.

31
1645 II 5
Sonntag Chigi bei W: Übergabe der Vollmachten an die
32
Mediatoren am 1. Februar. Als dabei die Franzosen gemahnt wurden, nun
33
mit ihrer Proposition nicht zu zögern, haben sie erklärt, vorher müsse
34
d’Avaux sich in Osnabrück mit den Schweden vergleichen, doch wolle er
35
nicht länger als sechs bis sieben Tage ausbleiben. Am folgenden Tag hat
36
Servien auf Mitteilung der ksl. und spanischen Vollmachten gedrängt und
37
von Änderungen in der spanischen gesprochen. Ihm wurde geantwortet,
38
man könne dazu nichts sagen, da die Vollmachten noch nicht eröffnet

[p. 82] [scan. 132]


1
worden seien, im übrigen könne die Herausgabe nicht ohne d’Avaux ge-
2
schehen
. Nach Wiederholung der von den Ksl. mitgeteilten Änderungen in
3
der spanischen Vollmacht äußert Chigi die Sorge, daß deßen die Franzosi-
4
sche zu ihrem nacher Pariß gethanen bericht sich meisterlich bedienen und
5
zu nuz machen werden. Es fiele auch noch diß dabey ein, daß alß zu Pariß
6
erschollen, und von etlichen Spaniern selbst außgeben worden, daß der
7
duca de Pigneranda

42
Francisco de Zúñiga Avellaneda y Sandoval (gest. 1662), duque de Peñaranda.
von Spanien deputirt, der duca de Longeville sich
8
gleichfalß darzu gerichtet. Nachdem sich aber folgendts befunden, daß nit
9
der duca, sondern der conte Pigneranda

43
Gaspár de Braccamonte y Guzmán (1595–1676), conde de Peñaranda.
, ienes verwandter, deputirt, werde
10
der Longueville, weiln er anderer gestalt nit fortraisen wird, es seye dan
11
auch ex parte Spanien ein anderer titulatus ahn standt ihme gleich verord-
12
net, auch wieder änderen; were sonst gar nöttig und nuzlich, damit durch
13
deßen authoritet der d’Avaux und Servient etwas in terminis gehalten,
14
auch per maiora ein oder ander ad rationem gebracht werden konne. Und
15
ob er wol noch endtlich, wan der duca de Medina sich anher begeben wird,
16
folgen möcht, wird sichs damit doch noch weit hinauß verweilen, indeme er
17
Medina erst ambassador nacher Rom ad praestandam obedientiam und
18
folgendts auf Wien verraisen, underdeßen der conte Pigneranda, welcher
19
beraiz aufm weg anher begriffen, und noch vor mitfasten hier sein kan,
20
vorohnkommen soll. Inmittelst aber werde man nichts underlaßen, die trac-
21
tatus zu stimuliren, und nur ietzt auf des d’Avaux wiederkunfft warten
22
thett. I. H. G. fragten, wan nun der d’Avaux wieder zuruckgelangt
23
und von ihnen ingesambt die plenipotenz gefordert, und die angezogene
24
difficulteten bey der Spanischer befinden würden, was alßdan zu thun?

25
Der nuncius vermaint, man muste mit der außlifferung einhalten, biß sie
26
ihre proposition ad pacem gethan. Auf den fall aber, sagten I. H. G.,
27
solches bey ihnen nit statt greiffen, sondern sie solang nit würden propo-
28
niren wollen, würde man anderst nit konnen, alß die plenipotenz außzu-
29
reichen, und da sie dabey difficulteten machen, dahin zu sehen, daß die
30
Teutsche sachen (maßen I. H. G. vor dießem angedeut, daß solche mit
31
gutem bestand zum ersten fur die hand genommen werden konten) ad
32
tractatus, sobald nur der d’Avaux wieder alhier, gebracht wurden. Diesem
33
nach fragten I. H. G., ob seitter nichts bey den Franzosen oder dem Veneto
34
der herren churfursten tractaments halber vorgefallen. Sagt der nun-
35
cius ja, und daß er den d’Avaux wol intentionirt befinde, der Servient
36
auch so starck mehr nit auf seiner mainung (unwissendt, warumb) be-
37
stünde, und wuste er nuncius, daß von ihnen deßwegen gar favorabel
38
nacher Pariß geschrieben. Darauf haben ihme nuncio I. H. G. von dem
39
vor ihren wegraisen mit den Franzosischen gefuhrten discurß parte geben,
40
waruber er sich verwundert, und dazu gesagt, daß solches ihnen ein gar
41
gute lection gewesen were. Hinsichtlich Contarini beteuert W, daß nicht

[p. 83] [scan. 133]


1
seine Person oder Venedig herabgesetzt werden sollten, vielmehr sei der
2
Vortritt der Kurfürsten hergebracht. Chigi: Er habe mit Contarini nur
3
einmal darüber gesprochen, ihm diese Argumente auch vorgestellt und hin-
4
zugefügt
, im römischen Zeremoniale seien zwar Bayern und Lothringen bei
5
der Obedienzleistung hinter Venedig gesetzt, doch mit dem Zusatz, daß sie
6
diese als Reichsstände nicht besonders verrichteten. Wegen Savoyen erklärt
7
Chigi auf Ws Frage, von den Franzosen noch nichts vernommen zu haben;
8
in Rom werde zwischen Savoyen / Toskana und anderen königlichen Ge-
9
sandten
ein Unterschied gemacht, Contarini werde weder entgegenschicken
10
noch einen Besuch machen, da wegen der Differenzen beider Mächte über
11
Zypern

37
Savoyen beanspruchte Zypern infolge Zession der Königin Charlotte de Lusignan
38
(1442–1487), legitimer Erbin des Hauses Poitou-Lusignan, aus dem Jahre 1460, Venedig
39
infolge Zession der Caterina Cornaro, Witwe des Königs Jakob II., eines illegitimen
40
Bruders der Charlotte, aus dem Jahre 1489.
sich die Gesandten nicht zu besuchen pflegten.

12
1645 II 6
Montag Nassau / Volmar bei W : Sie haben gestern mit
13
den Spaniern über deren Vollmacht geredet, wobei jene glaubten, die Fran-
14
zosen
würden mit ihr zufrieden sein, da die Abweichungen bedeutungs-
15
los
wären. Im übrigen hoffen sie noch auf eine korrigierte Vollmacht,
16
spätestens nach nochmaligem Bericht in zwei Monaten. Als die Ksl.
17
meinten, ob nicht inzwischen die deutschen Sachen vorgenommen wer-
18
den
könnten, sei Savedra alsobald deraußgefahren, solches seye eine
19
separation des reichs von Spanien. Deme Volmari geandworttet, nein,
20
sondern gehöre Spanien, wan man die Teutsche sachen tractirt, wegen
21
Burgund alß ein stand zum reich mit. Was aber Spanien alß konig anlangen
22
thette, wurden doch die Italianische, Portugesische und Cathalonische
23
sachen von den Teutschen separirt und absonderlich tractirt werden
24
müßen. Worauf die Spanische vermeldet, so soll man underdeßen mit auß-
25
wechßlung der plenipotenzien inhalten, wie solches bey den tractaten zu
26
Vervin und Cambray

42
Frieden von Vervins 1598 V 2 zwischen Philipp II. von Spanien und Heinrich IV. von
43
Frankreich; Frieden von Cambrai 1529 VIII 5 zwischen Kaiser Karl V. und Franz I.
44
von Frankreich (Druck: J. Dumont V 1 S. 561–564; IV 2 S. 7ff.
, da die volmachten erst circa finem tractatuum
27
gegeneinander außgehändiget worden, observirt. Denen sie hinwieder,
28
I. H. G. weren der mainung mit ihnen, daß dadurch das ganze werck sich
29
stecken dörfft, welches nicht zu rhaten, dahero bälder die außhendigung zu
30
thun, und dadurch die Franzosische zu edirung ihrer proposition zu strin-
31
giren. Zum fall aber die mediatores vermainen solten, daß mit der zuruck-
32
haltung die proposition balder herauß zu pringen, so hette mans auf diese
33
weiß, alß lang es die mediatores guttbefinden, zu versuchen, sonsten aber
34
von ihnen zu begehren, daß sie underdeßen, gleich die Kayserliche, allein
35
wegen der Teutschen sachen proponiren möchten. Der Volmari sagte hier-
36
bey, sie vernehmen, daß der Servient sich solte haben verlauthen laßen, es

[p. 84] [scan. 134]


1
hetten zwarn die Kayserliche eine proposition gethan, sey aber gar zu
2
general, und vermainten, daß den mediatoribus anzudeutten, daß, wan die
3
mediatores mit solchen aufzugen bey ihnen herfurkommen solten, sie ihnen
4
zu remonstriren, daß dan ihrerseiths eine beßere thun und mehr ad speci-
5
alia gehen wolten. Wie sie sonsten nachricht hetten, seyn willens, ein aber-
6
malige praeliminar difficultet darin zu moviren, daß zuvor der Portuge-
7
sische uberall fur ein formal koniglicher gesandter gehalten, und sicher und
8
frey gelaid, wie andere haben solte, und sehe man darauß, wie nur ein ein-
9
wurff uber den andern allein zu endfliehung der proposition herfurgesucht,
10
und was schlechter lust Franzosischen theylß zum frieden bezeigt werde.

11
I. H. G. sagten hierzu, es erscheine nur gar zu viel, dan alß sie ihnen
12
iüngst beym wegraisen starck zugesprochen und urgirt, wan sie zur pro-
13
position zu schreitten gedächten, damit sie sich mit ihrer wiederkunfft dar-
14
nach richten konten, hetten sie keine cathegoricam von sich geben wol-
15
len. So ist auch in discursu wegen des Portugesischen vorkommen, daß,
16
obwoln die Spanische sich angehen ließen befelcht zu sein, ehender alles
17
stehen zu laßen und darvon zu ziehen, alß zue gestatten, daß er dergestalt
18
und für einen koniglichen gesandten solte respectirt und tractirt werden, so
19
scheint doch, daß sie es iezo etwas näher geben, und nit dienlich halten,
20
den verweiß allein auf sich zue laden, und müste auf ein expedienz geden-
21
cken, gleich mit den Hollendern, mit denen sie auch ohne daß nichts trac-
22
tiren wollen. Verwunderung, daß der neue Erzbischof von Cambrai

37
Joseph de Bergaigne OFM (1588–1647), Bf. von Herzogenbusch 1641, Ebf. von
38
Cambrai 1645.
in der
23
spanischen Vollmacht genannt ist, obwohl er wegen dieses Stiftes die
24
Session als Reichsfürst beanspruchen könnte. Sein Vorgänger

39
Franz II. van der Burch (gest. 1644), Ebf. von Cambrai 1615.
hat bei
25
Reichs- und Kreistagen die Rechte seines Stiftes immer zu wahren gesucht
26
und sich nur hinsichtlich der Kontributionen entschuldigt, daß ihm Land
27
und Jurisdiktion von den Spaniern genommen seien.

28
Ankunft des savoyischen Gesandten

40
Claude Jérôme Chabot (1583–1653), marquese di San Maurizio.
in Wolbeck. – Der portugiesische
29
Vertreter in Münster läßt durch zwei Ordensleute bei W anbringen, da sein
30
Land mit dem Reich nicht im Streit liege, würde er gern W um Gelegenheit
31
zu einem Besuch bitten, falls er keine Ablehnung zu befürchten habe; er
32
wolle nicht als Gesandter, sondern als Privatperson auftreten. W ver-
33
tröstet auf Antwort in einigen Tagen.

34
1645 II 7
Dienstag Die Deputierten von Hamburg, Lübeck und Bre-
35
men

41
Dr. Johann Christoph Meurer (1598–1652), Syndikus von Hamburg; Dr. David Gloxin
42
(1597–1671), Syndikus von Lübeck; Dr. Gerhard Koch (1601–1660), Syndikus von
43
Bremen; Liborius von Linnen (1595–1664), Gesandter von Bremen.
bitten um Audienz; W stellt einen Termin in Aussicht. – Servien
36
wünscht eine Unterredung; sie soll, damit sie nicht den Anschein einer for-

[p. 85] [scan. 135]


1
mellen Visite erhält, bei Ws Ausfahrt morgen vor der Stadt stattfinden
2
[...].

3
1645 II 8
Mittwoch W mit Landsberg bei Nassau/Volmar

39
Vgl. APW III C 2,1 S. 276ff.
. 1. Bitte
4
um Meinung der Ksl. zum Empfang des portugiesischen Vertreters als Pri-
5
vatperson
; 2. beabsichtigter Durchmarsch brandenburgischer Truppen
6
durch das Stift Münster und Amt Reckenberg

40
Anlage 19 (Velen an Regierung Münster mit brandenburgischem Patent): fehlt.
, wobei zue consideriren
7
seye, wie schon vor diesem verlautthet, daß man auf dergleichen weiß die
8
Kayserlichen volcker aus der graffschaft Marck dextre zu pringen, und
9
denselben die contribution dadurch zu beschneiden gemeind, also solcher
10
last abermal den ubrigen wenig craißstende wurde zugewalzet; 3. Anfrage
11
des Abtes von Fulda

41
Joachim von Grafeneck (gest. 1671), Abt von Fulda 1644.
wegen Beschickung des Kongresses, da er einerseits
12
nicht gegen den Kaiser handeln, andererseits die Franzosen nicht durch
13
Nichtbeantwortung oder scharfe Ablehnung ihrer Einladung reizen will,
14
zumal sein Land es durch stärkere hessische Kontributionen zu entgelten
15
haben würde. Ksl.: 1. Seye des Portugesischen suchen gefahrlich, und
16
würde die audienzverstattung von den Spanischen nit zum besten aufge-
17
nommen werden. Dieser Portugeser habe vor dießem beym herrn nuncio
18
gleichfalß sich angeben und audienz begert, die ihm aber abgeschlagen, und
19
vermainten also, daß I. H. G. diß und andereß dabey wol zur consideriren
20
hetten. Das ander seye ein weit aussehend werck, zumalen auch das patent
21
vom churfürsten zu Brandenburg selbst nit, sondern vom Nerbrodt

42
Johann von Norpradt, zunächst in pfalz-neuburgischem, seit 1643 in brandenburgischem
43
Dienst; Geheimer Rat, Leiter der Regierung in Kleve.
under-
22
schrieben, und zu Cleve datirt. Und were seltzam, wan gleich der churfurst,
23
wie vorgeben wird, heraußkommen solt und wolt, daß er seine leibguarden
24
vorahnschickte. Auch da er in diesen landen, und den tractaten selbst in
25
persona beywohnen wolt, sey solche guardia gar zu groß und ungewohnlich,
26
auch dadurch einen und andern zur suspicion undt zu dergleichen anlaß
27
geben würde. I. H. G. setzen hinzu, daß das patent keine requisition,
28
sondern nur ein ordinanz, in eines und andern fursten land durchzuziehen,
29
noch auch einige requisitionschreiben ahn die fürsten selbst abgangen,
30
weniger die behorende caution super damnis, wie die reichsconstitutiones
31
erfordern, nit gelaistet, auch nit offerirt. Und vermainten sie Kayser-
32
liche dahero, daß man die durchmarche wol zue difficultiren, und solches
33
sowohl dem graffen von Veelen, alß der Clevischen regierung anzudeuten
34
hette. Und sey diß werck dahero soviel desto verdächtiger, weil man wisse,
35
was zwischen Churbrandenburg und den Schweden eine zeit her wegen der
36
neutralitet fur tractaten vorgangen, auch fur gefahrliche correspondenz in
37
diesen landen mit den Staden gepflogen, und noch wegen des heyrhats mit
38
des printzen von Uranien tochter im werck

40
Louise Henriette (1627–1667), Tochter Friedrich Heinrichs von Nassau-Oranien, ver-
41
heiratet mit Kf. Friedrich Wilhelm von Brandenburg 1646 XII 7.
; imgleichen wie man vor-

[p. 86] [scan. 136]


1
habens seye, sich der Gulichischen landen zu impatroniren, und Pfaltz
2
Newburg wieder darauß zue sezen. Ad 3. Weilen Ihre Kayserliche Majestät
3
sich nunmehr, wie es mit der fursten und stende erscheinung bey den trac-
4
taten gehalten werden mechte, erklehrt, maßen sie aniezt anzeigen wolten,
5
so were darauß des herren abten zu Fulda Fürstliche Gnaden leicht ein
6
andwort zu formiren, maßen dan auch von andern geschehen, und sie sol-
7
ches soviel weniger mißpillichen kondten. I. H. G. replicirten beym
8
ersten, daß ein große differenz zwischen dem, was der Portugesische beym
9
herrn nuncio anpringen und bey ihro beschehen mögen. Bei Chigi hat der
10
Portugiese sich zu Verhandlungen angeben wollen, W ist kein Mediator,
11
das Reich hat keine Differenzen mit Portugal. Und hielten auch I. H. G.,
12
weilen er sich selbsten fur keinen gesandten, sondern fur ein privat caval-
13
lier ausgebe, so sonsten vor nit geschehen, und er uberall vom gemainen
14
man fur einen gesandten gehalten worden, daß durch solches den Spaniern
15
mehrer vortheyl alß praeiuditz gebehren würde. So weren auch beyde
16
I. H. G. stätt Oßnabruck und Minden mit den Anseestätten wegen der traf-
17
ficquen alliirt, und stunde also zue besorgen, wan diß des Portugesischen
18
suchen ganz und allein umb der Spanischen consideration willen verwaigert
19
und abgeschlagen werden solt, daß darauß hernegst bemelten stätt und den
20
stifftern in andern occasionen einig praeiudiz oder wiederwillen zugezogen
21
werden dörfft. Auf welches die Kayserlichen, es weren sachen, so zu
22
consideriren, sie hetten allein ihre mainung gesagt, und stehe nun bey
23
I. H. G., was hierin zu thun vermeinen möchten. Beym zweitten repli-
24
cirten I. H. G., ihro und bemeltem probsten Landsperg, auch den furstlich
25
Münsterischen räthen seyen eben dergleichen bedencken zu gemuth gangen,
26
wolten nit underlaßen, hierauß mit bemelten Münsterischen sich weitter zu
27
underreden, und was zu thun zu endschließen. Ihres theylß hetten beraitz
28
von ihrer hoffjunckern einen ins ambt Reckenberg, weiln ihr gewester mar-
29
schalck und ambtman daselbst

42
Joist von Fullen.
kurz verstorben, geschickt, solchen durch-
30
zug muglichst zue divertiren. Auf das dritt, weilen die herren Kayserliche
31
eines schreibens von Ihrer Majestät meldung gethan, so solt ihro deßen
32
communication sonders lieb sein. Darauf teilt Volmar ein Schreiben
33
mit, das den Dank des Kaisers für Ws Zusammenarbeit mit den Gesandten,
34
insbesondere für die Mitteilung seiner Unterredung mit den Franzosen vom
35
Januar, ausdrückt, sowie einen Befehl an die Gesandten in Frankfurt
36
wegen Deputation der Stände zu den Friedensverhandlungen

43
Kaiser an Gesandte Münster 1645 I 27, Kaiser an Gesandte, in Frankfurt 1645 I 13
44
(Druck: C. W. Gärtner IV S. 296ff, S. 127–133).
. Weiter fragt
37
er, ob die Geschäfte, wenn alle kurfürstlichen Gesandten hier seien, colle-
38
gialiter tractirt werden solten. Worauf I. H. G., daß eben dieser punct
39
zu Franckfurt annoch in deliberatione, und schein, daß man sich biß dato

[p. 87] [scan. 137]


1
daruber nit vereinpahren konnen, weilen Churcollen und Brandenburg sich
2
der anno 1636 auf sie devolvirter depution, Churmainz aber der direction
3
nicht begeben wolle. Und ließ sich ansehen, daß man solchen schluß, biß die
4
churfürstlichen gesandten ankommen anhero außstellen werd, solchen falß
5
I. H. G. von Churcollen speciale instruction wurden einholen müßen,
6
woruber sie sich dan, und was in hoc passu weitters erfolgt, auch vernehmen
7
laßen

43
7 wolten] am Rande: an Bayern 1645 II 8
wolten.

8
Treffen Ws mit Servien vor der Stadt. Aus Paris ist die Resolution gekom-
9
men
, daß der bayerische Gesandte wie andere eingeholt und behandelt wer-
10
den
soll, doch möge W es bis zur Rückkehr von d’Avaux geheim hal-
11
ten
. W: Es hätte keine andere Entscheidung fallen können in specie von
12
der cron Franckreich, wan sie anderst einen rechten lust zum frieden bezei-
13
gen, und den effectum ihrer außgelaßener invitationschreiben sehen, und
14
nit dadurch mehrers disgusti zu erwecken gedencken wolte. Auff wel-
15
ches der Servient, zue bezeigen, daß mit I. H. G. er vertrewlich reden wolt,
16
must er bekennen, daß ihr difficultiren in Franckreich, sonderlich gegen
17
Churbayern, ubel aufgenommen, auch gar ihnen deßwegen misfiltz zuge-
18
schrieben. Seye aber von ihnen auß vorsatz nit, sondern daher geschehen,
19
daß in ihrer commission gehalten, alli ambasciadori del corpo delli elettori,
20
denselben nemblich die ehr zu thun, welches sie deputirte vom collegio und
21
nit ad singulos verstanden etc. Ob nun wol I. H. G. dieses noch zur zeit
22
also nit zusamen reymen konnen, weiln die Franzosische gegen sie hiebevor
23
in discursu vermeldet, daß was ihro geschehen, sowol uti deputato alß, und
24
zwarn principaliter, einem solchen und alhier benachparten fursten gesche-
25
hen seye; auch daß sie es biß dato gar den Churbrandenburgischen, welche
26
doch in beyden sensibus de corpore electorali zu verstehen, difficultirt, so
27
haben sie doch mit dem Servient ietzt gestalten sachen nach daruber nicht
28
disputiren wollen. Und alß hiernach Servient fragt, wo die Churbaye-
29
rische sich verhielten, und ob sie bald hereinkommen wurden, haben
30
I. H. G. geandtworttet, sie seyen eine starcke tagraiß von hier, wartteten
31
auf vollige accommodation des quartiers, welches dan, wie I. H. G. verneh-
32
men, innerhalb wenig tagen fertig sein werd. Wobey alß I. H. G. auch ver-
33
meldet, daß die Churbrandenburgische ehester tagen in die nähe kommen
34
würden, sagte der Servient, questo è un altra cosa. Welches I. H. G. dissi-
35
mulirt, auf daß nit dadurch ein und anders wiederumb in zweiffl gezogen
36
und newe difficultet möchte gemacht werden, und zu anderer occasion, biß
37
ihro, wie gedacht, die Franzosische resolution formaliter zu wissen gethan,
38
verschoben. W versichert, daß die Ksl. allen kurfürstlichen Gesandten ent-
39
gegenschicken
würden; dagegen sei der Exzellenztitel in Deutschland
40
nicht üblich, werde aber von den Deutschen den Ausländern, die ihn
41
wünschten, gegeben und entsprechend auch von diesen verlangt. Ser-
42
vien
stimmt zu, es habe ein yede nation sein besondere brauch und

[p. 88] [scan. 138]


1
titul. Und alß hiernach auf I. H. G. zufragen, wan der d’Avaux wie-
2
der zuruckkommen wurde, er, gegen ubermorgen, damit er bey expedition
3
der post sein möge, geandworttet, gedachten sie, weilen die difficultet
4
wegen des Bodelli disseitz genzlich removirt, und nun anietzt bey den
5
Schwedischen bestunde, ob nit dermaln einst von ihnen die proposition wur-
6
de zue gewartten sein? Andworttete Servient, I. H. G. würden wissen,
7
ob der corper außgefolgt seye oder nit. Warauf I. H. G., daß sie davon,
8
noch auch, ab der Oßnabruckische dhombdechant erlaßen, nichts vernom-
9
men. Es würde aber der cörper ante restitutionem des dhombdechants, wie
10
der veldmarschalck von Geleen anbefohlen und I. H. G. ihnen andeutten
11
laßen, nicht gefolgt werden. Und wolten sie ihn hierbey in vertrawen nicht
12
pergen, daß man sich von Kayserlicher seithen, und sonderlich I. H. G.,
13
zum hochsten zu beklagen, daß bemelter dhombdechant gegen den prae-
14
liminarvergleich dergestalt angehalten, dha er alß capitular und caput
15
capituli und alß ein neutrale person der statt Oßnabruck per se frey und im
16
praeliminarvergleich eingeschlossen. Zweyttens seye erweißlich und notori,
17
daß er von I. H. G. suite mit deroselben hereinkommen, ihr rhat sey und
18
bey dießen friedenstractaten assistire, auch noch 3. I. H. G. pasport habe,
19
welches alles sich weit anders alß bey des Bodelli corper und sachen
20
befinden thutt. Dan die quaestion seye, ob er Bodelli bey lebzeitten frey
21
gewesen oder nit, 2. ob er von der Schwedischen suite zu halten, und dan
22
daß 3. die pasport vom Ochsenstern ganz general, ungewohnlich und un-
23
gültig gewesen. Wan man nun disseitz intentionirt, wie sie jenerseitz, hette
24
man billicher ursach, deßhalber rumor zu machen, und überall, wie ihres
25
theylß offentlich gegen die parola und praeliminarvergleich handleten,
26
propaliren, daß man dahero diserseitz nit mehr tractiren, ja, wie sie new-
27
lich, alß von dem aufgefangenen Cathalonier ihnen die unbegründte zeit-
28
tung zukommen, sich verlautten laßen, das werck gar zerschlagen und
29
davon ziehen wolt. I. H. G. hetten pro mera discretione dergleichen nichts,
30
weder den Kayser- noch Spanischen ahn hand geben, noch auch anderwerz
31
sich beschweren wollen, sagtens ihme allein, daß er desto mehrers zue
32
sehen, wie dißcretlich man disseitz verfahre und keine remoras et fucos
33
suchen, sondern das gemeine wesen und desiderirten frieden aufsichtig zu
34
befurdern intendiren thue. Solte aber der dhombdechant wieder verhoffen
35
lenger aufgehalten werden, wurden sie nit zu verdencken sein, gehoriger
36
orth davon anzupringen und solches gebuhrender maßen zu resentiren.
37
Darauß dan nichts alß weitterung endstehen werde, zumalen der von
38
Geleen, alß ihm hiervon vorkommen, expresse gemeltet, daß auf eben
39
solche weiß auch andere nit frey sein würden, und man die revange täg-
40
lich haben könde. Worauf der Servient, er muste bekennen, daß ein
41
große differenz zwischen des Bodelli und bemelten dhombdechantens arrest
42
sey; daß auch er, der dhombdechant, von I. H. G. suiten, hab er alhier
43
selbst gesehen, und lobte dabey I. H. G. discretion und gute intention zur
44
einigkeit. Wolte auch nit underlaßen, ahn den Ochsenstern hiervon

[p. 89] [scan. 139]


1
alßbalden zu berichten, und, daß er sich der raison bequehme, und zur
2
weitlauffigkeit nit ursach geben möcht, zu erinnern, da auch solches nit
3
verfangen solt, mit seinen collega beym wiederzuruckkommen weitters
4
darauß zu reden. Alß I. H. G. folgend vermeld, es stehe aber zu
5
beforchten, wan gleich diese difficultet superirt, daß man alßdan doch
6
ihrerseits wieder was newes auf die bahn pro remora, zeit zu gewinnen,
7
herfurpringen werde. Andworttete er, die hand ahn die brust
8
schlagendt, nein, sondern daß man, wan sein collega wieder zuruckgelangt,
9
ein anderß cum satisfactione spuhren werde. Ihm komme aber selzam vor,
10
daß die mediatores, so sonst keine stund verlohren, und ihren eiffer in
11
allem uberflussig mercken laßen, anietzt nach allerseiz empfangener pleni-
12
potentien mit deren extradition so lang cunctirten, es müste ein oder ander
13
plenipotenz nit richtig, undt solches ahn dieser verweilung ursach sein.

14
I. H. G. sagten darauf daß ihro unbewust, warumb mit der außlifferung
15
werde zuruckgehalten, vermuttheten aber wegen abwesenheit des conte
16
d’Avaux. Warauff Servient, er vernehm weitleuffig, daß die mediato-
17
res die heraußgebung nit, alß mit angehenckten conditionen, thun wol-
18
ten. I. H. G., sie wüsten hiervon nichts, kondtens ihr auch nit vorsehen
19
laßen. Da es aber gleich sein solt, ob ihm solch anmutthen undienlich oder
20
unmuglich, oder contra rationem zue sein bedunckte. Er continuirt, daß
21
sie von Pariß nachricht hetten, alß wan die Spanische plenipotenz geän-
22
dert. Hierauf I. H. G., sie hetten von underschiedlichen orthen her, daß
23
quoad personas mutationes geschehen, und ahn statt des verstorbenen
24
Zapata

43
Lope Zapata Walter (1591–1644), vom Kaiser in den Grafenstand erhoben, spanischer
44
Gesandter beim Kölner Kongreß, dann in Münster.
, Don Castel Rodrigo, der vom guberno zu Brüssel nit absein konne,
25
und Don Francisco di Melos, welcher nacher Spanien gefordert, drey
26
andere benendt worden, so aber proprie fur kein substantial änderung zue
27
halten, oder einige difficultet oder remoram causiren kondt; so wenig Ihrer
28
Kayserlichen Majestät und konigin in Franckreich auch selbst benommen
29
gewesen, den iezt hier gegenwertigen mehrere zue adiungiren, oder auch
30
ganze newe zue benennen und die vorige zue revociren. Er sagt, daß
31
solches also, und movire es diß dubium gar nit, und konne auch dergleichen
32
veränderung kein bedencken pringen. Ob auch gleich von denen, so depu-
33
tirt, der duca de Medina sobald nicht hier sein werd, so befinde sich doch
34
hingegen der ander cavallier auf der raiß, und konten die anwesende
35
plenipotentiarii, gleich auch sie in abwesen des Longeville, sonder deßen
36
fortfahren; habe aber aus Pariß adviso, daß noch andere mutationes vor-
37
gangen sein sollen. I. H. G., die Kayserliche hetten sie assecurirt, daß in
38
der ihriger nit ein einziges jota außgelaßen oder geändert, sondern dem ver-
39
gleich allerdings gemeß. Worauf er, die ihrige deßgleichen. I. H. G.
40
fragten, ob er dan vermain, daß bey der Spanischen veränderung gesche-
41
hen, und ob solchen falß, wan ahn der außfertigung was zu scrupuliren
42
oder disputieren sein solt, die tractatus wieder auf ihrer seiten de novo

[p. 90] [scan. 140]


1
wolte verschoben, und wie es scheint, dadurch abermal zeit zu gewinnen
2
gesucht werden. Er andworttete von nein. I. H. G., wan die
3
Kayserliche und Franzosische richtig, warumb sie nit auch, gleich schon vor
4
etlichen monaten der Kayser und das reich in reichssachen gethan, propo-
5
niren und die Teutsche sachen vornehmen wolten. Interim mochten sie mit
6
den Spanischen uber die plenipotentz wegen der mit Spanien in Italia,
7
Portugal, Cathalonia und andern orthen außer des reichs habender diffe-
8
rentien, handlen, und selbige tractatus, biß sie dem vergleich gemeß bey-
9
pracht, verschieben. Auff welches der Servient, diese mainung werd es
10
auch bey ihnen haben, ruhe nur iezo alles ahn des d’Avaux wiederkunfft,
11
alßdan zu den sachen wurcklich geschritten werden kundt. Und hoffe er, es
12
solle sich mit den Teutschen sachen gar in kurzem und zwar zu gutem end
13
und einigkeit schicken, zumaln das odium zwischen den Teutsch- und Fran-
14
zosischen nationen bey weittem nit, alß zwischen Spanien und Franckreich
15
were. Nur daß sie gar wol wusten, wie die Spanier sich des Kaysers und
16
reichs macht und nahmen zu ihrem interesse so vorthelhafftig bediehnten,
17
maßen mit dem Mantuanischen weesen geschehen, darauß dieser krieg in
18
Teutschland tails endstanden sey. Deme nun inskunfftig vor- und auß dem
19
labyrinth zu kommen, sey das beste mittel der stende anwesenheit gehalten,
20
weiln bekand, daß ahn iezigem Kayserlichen hoff die consilia nit allein
21
durch Spanische ministos getrieben, sondern gar durch mit geld corrumpirte
22
Teutsche und pentzionarien effectuirt, deßwegen sich die Franzosen sowol
23
alß das reich hetten vorzusehen. Auf das wegen der stende comparition
24
replicirten I. H. G., daß mit augen genug zu sehen, daß die stende vieler
25
ursachen wegen nit, oder doch so bald nit, aber alle gar nit kommen wur-
26
den; ob dan deßhalber mit den tractaten nit zu verfahren? Andwort-
27
tete er abermal nein, nur daß ex parte des reichs die assecuration haben
28
musten. Darauf I. H. G., man habe sich deßwegen nichts irren zu
29
laßen, zumaln von Kayserlicher Majestät der assecuration halber schon
30
offtmal erpiethens geschehen. Und were die deputation zu Franckfurt in
31
der nähe, von dern, weiln sie das ganze reich repraesentirt, anhero abgeord-
32
net; da mans auch nottig erachtet, dieser punctus ahn die vollige deputation
33
gebracht werden kondt, wodurch die zeit viel mehrers gewonnen, alß der-
34
gestalt auf der stende particularankunfft vergeblich zu wartten. Alß
35
hierauff der Servient sagt, daß der Kayser nur die, so ihm affectionirt und
36
von ihme dependirn, deputieren tate, replicirten I. H. G., sie sehen, daß er
37
hierinnen ubel informirt, und ungleiche impressiones bekommen. Er solte
38
sich zuruck erinnern, was fur erleutterung sie ihme und dem d’Avaux
39
hierin vor diesem geben, daß nemblich die deputation der reichsstende vor
40
100 und mehr jahren auff gewisse stiffter, fürstliche häuser und reichsstätte
41
verglichen, welche weder der Kayser noch yemandts, außer einem reichs-
42
tag, ändern, mehrere deputirn, oder andere anordnen konne

43
Vgl. oben S. 36 Anm. 4.
; und solches

[p. 91] [scan. 141]


1
ex libertate, so Teutschland habe, die sie zuversichtlich nit würden zu än-
2
dern gedencken. Darauf andworttete Servient allein, ihr intention gehe
3
dahin, des Romischen reichs libertet zu conserviren. Diesem nach ge-
4
dachten I. H. G. der von Pariß auß so starck verlautthender kriegßprae-
5
paratorien in Franckreich, und daß darauß nit zu zweifflen, sie wurden
6
noch kunfftig die tractaten darumb aufziehen, und nur eventus belli er-
7
wartten. Ob aber dadurch libertas Germanica und die catholische religion
8
werde erhalten, müste man den effectum, und wie es Gott mit dem glueck
9
schicken wolt, erwartten. Hierauf wolte I. H. G. er, Servient, assecu-
10
riren, daß solche praeparatoria principaliter nit, sondern das wenigste
11
gegen Teutschland gemacht wurden. Wie aber die sachen in Italia nit recht
12
gingen, in Cathalonia und Spanien sich auch zimblich geändert, und da-
13
durch daß der konig in Hispania selbst zur armada sich begeben wolle,
14
consequenter die underthanen in der praesenz mehrer zu sterckung der ar-
15
mada, ja selbst zu fechten permoviren werde, also müsten auch dorthin die
16
meiste macht und mittel destinirt werden [...].

17
1645 II 9
Donnerstag Nassau bei W. Sukzessionsstreitigkeiten in der
18
Grafschaft Siegen; Bericht Ws über das Gespräch mit

41
18 Servien] am Rande: an Köln 1645 II 11
Servien.

19
1645 II 10
Freitag W bei Chigi. Bericht über das Gespräch mit Ser-
20
vien
, wozu Chigi bemerkt, er spüre wohl, daß die Franzosen alß andere
21
(welches er, wie es geschienen, auf den Venetianischen gedeuttet) durch
22
I. H. G. starckes remonstiren und zusprechen zu andern gedancken ge-
23
bracht. Er fur sein theyl werde nit underlaßen, sobald er von der Chur-
24
bayerischen hereinkunfft vernehmen wurde, sich gegen dieselbe gebuhrend
25
zue bezeigen.

26
W bei Saavedra / Brun: Die Bayern sind angewiesen, allen Gesandten die-
27
jenigen
Ehren zu erweisen, die sie auch von ihnen erhalten. Nachdem die
28
Franzosen eine günstige Resolution erhalten haben, zweifelt man nicht, daß
29
eine solche inzwischen auch aus Brüssel vorliegt. Warauf der Savedra mit
30
etwas empfindung heraußgefahren, sie hetten mit den Franzosischen keine
31
correspondentz, wüsten weder was von denselben fur difficulteten gemacht
32
noch erklehrt sein werde. Ihres theylß hettens ahn Don Castel Rodrigo
33
nacher Brüssel nohtwendig gelangen laßen mußen, deßen andtwort sie
34
annoch und vermuthlich gegen morgen erwartten thetten, darauf dan die
35
intention I. H. G. unverhalten bleiben solt. Des lengern verweylens ursach
36
aber seye des Castel Rodrigo uberhauffte viele negotia, maßen dan von
37
ihme innerhalb zwey oder drey posten von dar andere schreiben nit emp-
38
fangen, alß daß er sich deßhalber durch den secretarium endschuldigen
39
lassen. Mochte auch villeicht wol anietzt, weilen er dieser commission er-
40
laßen, bedenckens haben, in einem solchen wichtigen werck sich zu erkleh-

[p. 92] [scan. 142]


1
ren . Warauf I. H. G., sie wolten nit verhoffen, daß mans nun erst auf
2
den duca de Medina, welcher vielleicht vorm sommer nit ankommen
3
möchte, hinstellen und verweisen wolte, zumaln der conte Pigneranda, wie
4
sie vernehmen, underwegs; und fragten dabey, ob er beraiz in Franckreich
5
ankommen und Pariß vorbey seye. Saavedra: Man weiß nur, daß er
6
am 20. Januar abreisen wollte und daß in Franckreich zu seiner emp-
7
fahung beraiz in confinibus deputirte[...] sich befünden. I. H. G. ge-
8
dachten, dieses wolte noch lang anstehen, sonderlich, weiln so wenig vom
9
aufbruch, alß ob er in Franckreich angelangt, einige bestendige sicherheit
10
vorhanden, und würden darauf die herren churfürsten nicht warten
11
kindten oder wollen. Befünden aber sonsten nit, warumb diß werck erst
12
weiters ahn andere ihre mitdeputirte solte zu verweisen und aufzuschieben
13
sein, weilen doch sie, vermög der plenipotenz, in selbiger abwesen trac-
14
tiren und ohn ihr zuthun schließen konten, auch daß sie den churfürst-
15
lichen gesandten das tractament solten difficultiren, und da andere will-
16
fährig sich erklehrt, den undanck allein auf sich laden wollen. Und sezten
17
ferner hienzu, es sey ein selzams ding, hettens auch erst unlengst bey den
18
Franzosischen meldung gehabt, daß beyde diese cronen sonst in allem an-
19
dern discrepirten und eben iezt in dem, wie sie die chur- und fursten des
20
reichs despectiren und disgustiren möchten, einig weren. Warauf der
21
Savedra, die mainung habe es nit, insonderheit mit Churbayern, zumaln
22
selbiger seinem konig und zuvorderist dem Kayser also nahend anverwandt
23
und solch hauß sich bey ihnen so hoch meritirt gemacht, er auch so lang in
24
Bayern gewesen und so viele große genaden empfangen hette; sondern sage
25
er allein, daß der andwort annoch, und hoffentlich morgen erwarttendt
26
weren, die alßdan I. H. G. zu wissen gethan werden solt. I. H. G., sie
27
praesupponirten selbst ein anderß, und wolten also gegen morgen der
28
andtwort gern erwartten, damit sie alßdan mit ihnen vermog Churbaye-
29
rischer declaration weitter reden, auch dero abgesandten ihres verhaltens
30
avisiren konten. Auf den fall aber solch ihr difficultiren dahin angesehen,
31
damit sie sich gegen die Franzosische desto beßer zu endschuldigen, welches
32
ihnen dan nit zu verublen, und wurde es zweifflßohn auch Churbayern
33
gern dissimuliren. Auf welches der Bruin, darumb seye es nit zu thun,
34
wolten des morgigen tags abwartten und alßdan sich cathegorice erkleh-
35
ren. Hiervon ist man auf andere discurß kommen, und gedachte der
36
Savedra der großen kriegs praeparatorien, welche in Spanien, auch in
37
Niederland zue Brüssel gemacht wurden, und daß der Piccolomini

42
Ottavio Piccolomini (1599–1656), Hg. von Amalfi, Reichsfürst 1650, ksl. Feldmarschall,
43
Militärbefehlshaber in den spanischen Niederlanden 1644–1647, ksl. Generalleutnant 1648.
eine
38
armada von 30 000 man zusammenpringen solt. I. H. G. sagten, daß es
39
wol vonnöthen, und hette es lengst geschehen konnen, wan man die mittel,
40
wie ietzt, nemblich daß die getrewe landstend selbst die volcker zu under-
41
halten ubernommen, gebrauchen wollen. Worauff der Savedra, es seye

[p. 93] [scan. 143]


1
doch bißherzu vom Kayser selbst nit geschehen, und solches dem Westvali-
2
schen craiß solang difficultirt, seyen rationes pro et contra. Man sehe
3
aber hingegen auch, sagten I. H. G., ab effectu, wie eins und anders aus-
4
schlage [...]. Und man spuhre es genugsamb, wie es hergehe, wan man den
5
stenden nit wolle trawen, und was für große diffidenz mit ansezung unan-
6
nehmblicher gubernatorn erweckt werde, welches sich vor disen in der
7
Schweiz, und mit dem duc de Alba

38
Fernando Álvarez de Toledo (1507–1582), duque de Alba de Tormes, Gouverneur der
39
Niederlande 1567–1573.
in Niderlandt hiebevor, auch noch de
8
novo in Spanien ieziger zeit bezeigt hette. Der Brün andworttete,
9
dergleichen komme von den ministris her, denen die schuld beygemessen
10
werden must. I. H. G. replicirten, deßen ursach sey, daß keine natio-
11
nales, sondern solche ministri geschickt würden, zu denen die stende keine
12
confidenz hetten, da sie verspuhrte, wie man ihnen nicht trawen thue.

13
Auf abermaliges Anfragen wird den Deputierten von Lübeck, Bremen und
14
Hamburg

40
Anlage 21 (Kreditiv der Gesandten an W): fehlt.
für morgen die Audienz bewilligt.

15
1645 II 11
Samstag Vertreter der Hansestädte bei W: Anerbieten
16
ihrer Dienste zur Förderung des Friedens und Empfehlung der Handels-
17
interessen.

18
Treffen mit Nassau vor der Stadt. Bericht über das Gespräch mit den
19
Spaniern. Anbringen der Städte bei den Ksl. wie bei W. W äußert Be-
20
denken, daß die Ksl. die Deputierten hätten sitzen lassen und wie fürst-
21
liche Vertreter behandelt hätten; die Reichsstandschaft von Hamburg und
22
Bremen sei bestritten, viele der Hansestädte, in deren Namen die Gesandt-
23
schaft erfolgte, seien mittelbar, auch ihr Zusammenschluß besitze keine
24
Reichsstandschaft [...].

25
Absprache mit Chigi wegen der morgigen Prozession, an der W in habitu
26
episcopali teilnehmen wird. Die Ksl. erklären auf Anfrage Ws, nicht teil-
27
nehmen
zu wollen, wohl mit Rücksicht auf die Spanier.

28
1645 II 12
Sonntag Beschreibung der Prozession; während danach
29
die Gesandten im Dom warten, läßt W nach Ablegung der Pontifikalien
30
mitteilen, daß er sich unmittelbar in seine Privatkapelle zurückziehen
31
werde .

32
Nassau/Volmar bei W:

42
Vgl. APW [III C 2,1 S. 279] f.
1. Die Schweden haben zur besseren Versorgung
33
der Kongreßstädte die Neutralisierung eines weiteren Umkreises angeregt;
34
2. die Spanier wollen, nachdem Castel Rodrigo nicht mehr zur Gesandtschaft
35
gehört und sich deshalb für unzuständig erklärt hat, nun den Kurfürst-
36
lichen
die Ehren geben, die andere ksl. und königliche Gesandte ihnen zuge-
37
stehen
. Das erst haben I. H. G. beandtworttet, daß dieser vorschlag

[p. 94] [scan. 144]


1
nicht new, sondern von dergleichen mehrmaln vorkommen. Zwischen hiesi-
2
gen stiffts und den Hessischen deputirten seye eine conferenz vorgangen,
3
und von den Hessischen auf ein armistitium beyder stiffter Munster und
4
Paderborn mit ihnen, den Hessen, angeschlagen

40
Dülmener Konferenz 1645 I 18–20; sie endete mit einem Vertragsentwurf 1645 I 20
41
über die Wiedereinräumung der Verwaltung im Stift Münster an die fürstliche Regie-
42
rung gegen eine feste monatliche Kontribution an die hessischen Truppen.
. So haben auch Ihre Kay-
5
serliche Majestät gegen Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Collen sich
6
schon vor diesem erklehrt, und die vorgeschlagene evacuation des districtus
7
zwischen dem Rhein und Weeser biß ahn die Lipp, item zwischen der Maaß
8
und Mosel bewilliget. Und dan drittens von allerhochstgemelter Kayser-
9
licher Majestät sowol alß Churbayern wegen eines armistitii generalis
10
underschiedlich mal erinnert. So werde man, was fur ein weg, sonderlich
11
auß beyden letzten, ahm besten und thunlichsten, bedencken und die sachen
12
ihrer wichtigkeit nach in ferner deliberation ziehen müßen. Die Spanische
13
declaration betreffend, bedunck I. H. G. selzamb, daß sie solche durch die
14
Kayserliche, alß gleichsamb ihre potten, andeutten laßen, da sie sich doch
15
offerirt, davon immediate selbst anzeig zu thun. Mustens aber dahin gestelt
16
sein laßen, und wolten es nun den Churbayerischen ehester tagen zue wis-
17
sen anfüegen.

18
1645 II 13
Montag Die Spanier lassen mit dem gestrigen Feiertag ent-
19
schuldigen, daß sie W noch nicht selbst die Erklärung wegen Behandlung
20
der kurfürstlichen Gesandten mitgeteilt haben, und schlagen ein Treffen für
21
morgen vor.

22
W bei Nassau / Volmar

43
Vgl. APW III C 2,1 S. 280ff.
. Zum schwedischen Neutralisierungsvorschlag
23
trägt er vor: 1. Daß als iungst zwischen den furstlich Münsterischen und
24
den Hessischen räthen uber einige landsachen vorgangen, bey dere von den
25
Hessischen zu einem armistitio zwischen ihnen und der Münsterischen land-
26
schafft anlaß geben, durch deßen effectuirung hiesiger statt und denen bey
27
den gemeinen friedenstractaten anwesenden gesandten, obwoln nit vollig,
28
dannoch in etwas, dem convent aber in Oßnabruck, wan nit in selbigem
29
und dem stifft Minden ein gleichmesiges von den Schwedischen beschicht,
30
nichts geholffen. 2. Daß eine neutralization eines gewissen districtus, gleich
31
mit den stetten Munster und Oßnabruck, beschehenen vergleich nach,
32
anzurichten, dabey were erstlich zue bedencken, daß solcher districtus auf
33
2, 3, 4 oder mehr meylen, wie man sich deßen möchte vereinbahren, auf
34
solche weiß der landßfürstlichen jurisdiction und recht endzogen, und
35
gleichsamb freye und immediat örter würden gemacht werden, welches dan
36
quoad iudicia et iudicialia große confusion abgeben müßte. Also daß man
37
a parte Churcollen und I. H. G. auf den fall, dieser modus von den Schwe-
38
dischen oder Franzosen solte urgirt werden, viele considerationes dabey
39
habe, und vor allen dingen daruber muste gehort und vernommen, auch

[p. 95] [scan. 145]


1
alles woll ponderirt werden. 3. Seye vor etlichen jahren von den Staaden
2
von Holland eine evacuation der landen zwischen Maß und Rhein biß ahn
3
die Mosel, und zwischen Rhein und Weeser biß ahn die Lipp dergestalt vor-
4
geschlagen, daß alle Kayserliche, Franzosische, Schwedische und Hessische
5
volcker auß den guarnisonen abgefuhrt, einem yeden herrn sein orth und
6
platz wieder eingeandworttet, theylß, sonderlich aber von den newen forti-
7
ficationen, geschlichtet und die assecuration gegeben werden, daß keiner
8
von den kriegenden theylen sub quocunque praetextu furterhin in diesen
9
districtum kommen solle. Nun hetten Ihre Kayserliche Majestät in diesen
10
vorschlag, wiewol sehr hart und ungern, tandem gewilliget, auch Churcollen
11
zur fortsezung des wercks commission aufgetragen. Es seye aber diß nego-
12
tium von den Franzosen im Haag in stecken gebracht und biß dato verhin-
13
dert worden. 4. So werde auch pro 4. ein universalstillstand der waffen
14
von Churcollen und Bayern bey iezigen coniuncturn sehr nuzlich und
15
nottig erachtet, welches Ihre Kayserliche Majestät sich auch noch iungst
16
allergnädigst wol gefallen laßen. Bey allen diesen vier modis nun befunden
17
sich hohe considerationes pro et contra, und zwar circa 1. daß deßelben
18
medii allein, wie gedacht, dieser stifft und statt zu geniesen haben, und
19
doch noch gezweifflt wurde, ob dadurch die hierunter gesuchte intention zu
20
erlangen sein würde; zumaln, wan in den guarnisonen die hohe und niedere
21
officier und soldaten annoch verpleiben, von denselben alßdan eben sowol
22
alß iezt das meiste wurde consumirt, darauß die landen keine vortheile
23
haben werden. Und gleich auch iezt zu sehen, daß von denen hiesiger statt
24
Münster nechste, doch weit entlegene guarnisonen, alß Rhene, Warendorff,
25
Coßfeld, welche eine 5, 7 und 8 stund von hier, die zufuhren nit frey
26
gelaßen würden, also seye auch alßdan von den müßigen soldaten kein
27
anders zu verhoffen, sondern deßwegen allerhand disputationes und zwy-
28
tracht zue besorgen. Eben diese consideration seye auch beym zweytten, der
29
neutralization nemblich, die sich dan dergestalt, wie mit beyden stätten
30
Munster und Oßnabruck, sehr hart und schwerlich werde practiziren laßen.
31
Das dritte evacuationis vorbedeutten districtus würde zu diesen tractatibus
32
publicis wol medium maxime adaequatum, auch zum allergeschwindesten
33
zu practiciren sein. Dan erstlich hetten diese landen einige disputation mit
34
niemandt, sondern weren Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Collen und
35
H. G. mehrentheylß angehorig, und seyen solchenfalß disseitz der Lipp zu
36
evacuiren: im stifft Munster von den Hessen besezte orth, alß Ahauß,
37
Bochold, Coßfeld, Ottenstein, im stifft Paderborn Warburg, so alle Ihrer
38
Churfürstlichen Durchlaucht zu Collen undisputirlich zustendig; folgendts
39
im stifft Oßnabruck Dreckvörden und Witlach, und im stifft Minden die
40
statt, welche drey platze von den Schweden occupirt und I. H. G., gleich
41
vorbenenndte Churcollen (wie Schweden und Hessen selbst gestehen
42
mußen) undisputirlich angehoren und constituta pace ihnen wieder einge-
43
raumbt werden musten. Hiengegen befinden sich Kayserlicher seithen zu
44
evacuiren: im stifft Munster besetzt Meppen, Rhene, Vechta, Ludinghausen,

[p. 96] [scan. 146]


1
im stifft Paderborn die statt, Pirmont, Tringenberg, in der graffschafft
2
Lipp Lemgow, im stifft Corvey Hoxar, under welchen pläzen allen gleich-
3
wol einige, so von sonderbarer importanz nit, und die man zu verlaßen
4
ohnedem bedacht. 2. So musten die victualien von dem Rhein, der Embß,
5
Honte, Haaß und der Weser, welche stroömb alle durch obengemelter
6
posten evacuation befreyhet würden, herkommen. Und konne 3. darauß
7
Ihrer Kayserlichen Majestät und dem reich mercklicher nuzen, hiengegen
8
dem feind, sonderlich den Hessen, wegen solchenfalß abgehender großen
9
und monatlich uber 70 000 reichstaler contribution großer schad endste-
10
hen. Und obwoln solche evacuation auch ienseits biß ahn die Mosel zu wun-
11
schen und zu tentiren, so wurd doch ein so großen districtum zu befreyen
12
wegen der Spanier und Staden, Hessen und Franzosen viele difficulteten
13
geben. 4. Das armistitum generale belangendt, were daselb wol vor allen
14
das best, und, wans nur zu erhalten, hochstens zu wunschen. Wie aber auf
15
diß mittel von den mediatoribus schon underschiedlich angeschlagen, hien-
16
gegen weder von den Franzosen noch Schweden darzu, gegenwertiger con-
17
iuncturen willen, die geringste anlaß nit geben worden, also würd daselbe
18
zu erheben besorglich die meiste difficultet haben. Umb soviel damehr,
19
weilen die Spanier in den Niederlanden, in Italien, auch wol gar in Catha-
20
lonien darein würden geschlossen sein wollen, so aber ein sehr weitlauffiges
21
wesen sein und zu erhalten desto mehrer zeit und beschwer haben würde.
22
Und dadurch doch eben wenig, wie hiervor gemelt, den sachen vorgestelter
23
intention nach geholffen, weilen die volcker in den guarnisonen, bey denen
24
die meiste consumption vorgehet, einen alß den andern weg verpleiben
25
musten. Hielten also I. H. G. consideratis considerandis das beste zu sein,
26
daß man von den Schweden die media, weiln mans mit ihnen sonst quoad
27
intentionem et finem einig, in specie auch, wie weit und auf wie viel
28
meylen sie solche befurderung der victualien nottig und

40
28 gut – vermeinen] Einschub: auch durch waß mitl
gut vermeinen
29
mochten, zue begehren. Alßdan sie villeicht selbst, zumalen diß werck
30
under ihn und den Franzosen sonder zweiffl ein vorher abgered und con-
31
certirte sach ist, von einem vorgemelter mitteln, des armistitii generalis oder
32
der evacuation, auf die bahn pringen mochten. Welchenfalß man auf sei-
33
then Ihrer Kayserlichen Majestät desto mehrern fueg und ursach haben
34
wurd, den effectum eines oder des andern vorschlags zu urgiren. Die
35
Ksl. antworten, auch nach ihrer Meinung solle man von den Schweden, die
36
den Vorschlag gemacht hätten, zunächst die Mittel vernehmen. Schreiben
37
des Kaisers an Kurköln 1645 I 16 wegen Teilnahme der Stände an den
38
Verhandlungen

41
Druck: C. W. Gärtner IV S. 184ff.
. Praesumptioß und unbegründte proposition eines franzö-
39
sischen
Residenten in Straßburg an die Stadt

42
Anlage 22: Proposition des französischen Gesandten an die Stadt Straßburg.
.

[p. 97] [scan. 147]


1
Deputierte von Lübeck, Bremen und Hamburg bei W zum Essen. Dabei
2
wird geäußert, daß dem werde mit dem Prager schluß, alß einer particular
3
sach nichts gediehnt sey, gestalt dan denselben theylß reichsstendt absolute,
4
theylß under gewissen conditionen, theylß gar nit, theylß aber gezwungen
5
(weilen es damaln geheischen, friß vogel oder stirb), angenommen. So
6
hette auch der churfurst von Sachsen solchen frieden allein, zumaln er des
7
reichs vormunder, weniger uber einige reichsstende herr sey, nit zu machen
8
gehabt; und wurde kein bestendiger fried im reich zu hoffen sein, biß alles
9
wiederumb in den stand, worinnen es anno 1618 gewesen, gesezt werde.
10
Deme darauf von I. H. G. sowol alß der probst Landsperg und Oßna-
11
bruckischer canzler

41
Lic. Johann Mensing, Osnabrücker Kanzler.
zu genugen geandworttet, daß sie mit dergleichen dis-
12
curß weitter nicht vortkommen konnen.

13
1645 II 14
Dienstag Spanier bei W: Da Castel Rodrigo sich nicht
14
weiter in die Verhandlungen mischen will, die Weisungen Peñarandas ein-
15
zuholen
aber lange dauern würde und sie angewiesen sind, mit den Kur-
16
fürstlichen
, besonders Bayern, gute Korrespondenz zu halten, wollen sie
17
sich dahin erklären, daß sie eben die ehr den churfürstlichen abgesandten,
18
welche anderer potentaten bevollmächtigte erweisen würden, bezeigen
19
wolten. Dann fragt Saavedra, warumb nit die Churbayerische in privato,
20
gleich ihr herr anno 1636 beym wahltag zu Regenspurg selbst gethan, ein-
21
zühen. Denen I. H. G., davon wusten sie nit, praesupponirten aber, sie
22
würden deßhalber gemeßenen befelch haben, maßen von Seiner Churfürst-
23
lichen Durchlaucht I. H. G. auch ebenmeßige schreiben empfangen; und
24
hetten sie, warumb solches also befohlen, nicht zu disputiren. Demnach
25
fragten I. H. G., auf solche ihre erklehrung, wie sie es mit dem endgegen-
26
schicken zu halten gemeindt? Churbayern so wenig alß auch sie ungern
27
sehen, weniger anlaß geben wolten, daß deßwegen einige ungelegenheit
28
zwischen ihnen und den Franzosischen sich zutragen solte. Worauf
29
Don Savedra, die endgegenschickung der gutschen sey nit necessitatis, son-
30
dern merae voluntatis. I. H. G. sagten dabey, sie wusten solches wol,
31
auch daß Churbayern die underlaßung, wan nur das ubrige gebirendt
32
tractament den gesandten gegeben, nicht ubell aufnehmen würde, gestalt
33
dan auch zue desto beßerer ihr der Spanischen endtschuldigung und vor-
34
wandt einige notificatio nit geschehen solte. Womit dieser discurß abge-
35
schnitten, und meldete Savedra, weilen nun der d’Avaux von Oßnabruck
36
wieder ankommen

42
1645 II 11.
, ob die Franzosen nicht nun, offt gegebener vertrostung
37
nach, zur proposition und den tractaten selbst schreitten würden. Er ver-
38
nehme, daß abermalß remorae gesucht, und vor einlangung der reichsstende
39
in mehrer anzal nicht zu den sachen gethan werden wolle. Darauf
40
I. H. G., sie hetten speciosum praetextum, und seyen dieienige stende darahn

[p. 98] [scan. 148]


1
allein schuldig, welche auß dem anno 1641 auf offentlichem reichstag ge-
2
machten concluso mit ihren antwortlichen resolutionen geschritten weren.

3
Wobey der Bruin gedacht, daß man dergleichen, in specie die statt Straß-
4
burg nit verglaiten solle, weilen sie dem Kayser und reich bey allen diesen
5
kriegen nichts assistirt, den feinden aber hingegen allerhand vortheyl und
6
hülff geleistet. Deme I. H. G. geandworttet, die statt Straßburg kondte
7
dreyerley considerirt werden, 1. alß eine reichßstatt, 2. wie ein neutral-
8
orth, maßen er angedeuttet, 3. alß alliirte mit der cron Franckreich. Ver-
9
mog des ersten hetten sie die reichsabschied vor sich, konten auch wegen des
10
andern so wenig alß Pfalz Newburg und mehr andere, die sich der neutra-
11
litet anmaßen, außgeschlossen werden. Des dritten halb aber weren sie alß
12
confoederati im praeliminarvergleich auch begriffen. Und gebe dergleichen
13
nur unnottige disputat und remoras den gegentail an die hand. Worauf
14
der Savedra, es seye unbillich, daß der Kayser los rebellos anhero verglai-
15
then solte. I. H. G. andwortteten, sie muesten doch hier auch mit den
16
Staden tractieren und sie verglaiden. Savedra aber stunde demnegst
17
unversehens auf, mit andeutten, daß er sich nicht zum besten befinden
18
thette, und nahmen damit ihren abschiedt.

19
Vertrauliche Nachricht: Contarini hat sich zur Teilnahme an der Prozes-
20
sion erst entschlossen, als er wußte, daß W das Venerabile tragen werde,
21
und sich hinterher dicht an Servien gestellt, um W nach Ablegung der Pon-
22
tifikalien bei der Messe nicht den Vortritt zu lassen. Er soll auch von dem
23
Diplom eines Kaisers sprechen, in dem Venedig ausdrücklich der Vortritt
24
vor den Kurfürsten zugestanden werde. W bezweifelt dessen Existenz;
25
jedenfalls müßte Venedig es vorweisen und actus possessorios, wie die Kur-
26
fürsten es für über 200 Jahre tun könnten, erweisen.

27
1645 II 15
Mittwoch Mitteilung Rosenhanes: Schriftwechsel wegen Frei-
28
lassung des Osnabrücker Domdechanten

43
Anlage 23: Oxenstierna an Geleen 1645 I 25; Geleen an Oxenstierna 1645 I 25, II 9.
; da die Angelegenheit Botelho an die
29
ksl. Generalität verwiesen worden ist, muß nach Meinung Oxenstiernas die
30
Freilassung des Domdechanten ebenfalls bei den Generalen gesucht werden.

31
Volmar bei W: Als nach Rückkehr von d’Avaux gestern die Mediatoren
32
auf Übergabe der französischen Proposition drangen, haben die Franzosen
33
zunächst die Auswechslung der Vollmachten verlangt. Gegenüber dem
34
dänischen Sekretär Klein hat d’Avaux in Osnabrück noch folgende schwe-
35
dischen
Bedingungen für die Übergabe der Propositionen genannt: 1. Er-
36
scheinen
kurfürstlicher Vertreter in Osnabrück, 2. Ankunft einiger ihnen
37
sonderlich nohtwendiger reichsstend, die schon unterwegs seien, 3. Pässe für
38
die Mediatstände, besonders Stralsund. Da demnach Franzosen und Schwe-
39
den
die Vollmachtsfrage nur als Vorwand benutzen, sollen nach Meinung
40
der Ksl. die Mediatoren den Parteien die Originalvollmachten zeigen und
41
ihnen Kopien überlassen. Und haben sie Kayserliche hierbey sonderlich
42
dahin gesehen, daß man noch zur zeit zu keiner wurcklichen extradition

[p. 99] [scan. 149]


1
und außwechßlung der volmachten solle schreitten, weillen noch so unge-
2
wiß, ob und wan die Franzosen mit einiger haubtproposition herausgehen
3
werden; auch in solcher ungewißheit nit pillig sein, daß mit auslifferung
4
der volmacht sie, die Kayserliche, stehts und solang sie immer wollen gebun-
5
den halten mogen, ihnen nach ihrem belieben zu gewartten, sondern daß in
6
underlaßender außwechßlung gleichwol die Kayserliche Majestät eine offene
7
hand behalten werde, wan man ye solte sehen, beym gegentheyl kein ernst-
8
haffter fortgang der tractaten zu erhalten, sich eines andern zu resolviren.
9
Die Spanier haben zunächst darauf bestanden, daß zuerst die französische
10
Proposition den Mediatoren übergeben werde, sind jetzt aber mit einem Ver-
11
gleich
der Originale ohne Herausgabe von Kopien einverstanden. Diese
12
intention haben I. H. G. sich in genere wol gefallen laßen, aber quoad modum
13
dafur gehalten, daß man eben denienigen brauchen solt, wie anfangs mitt
14
auffweisung der vorigen volmachten geschehen, d. h. Erlaubnis zum Kopie-
15
ren
und Rückgabe an die Mediatoren innerhalb einer festen Frist. Und
16
were ihr sonderbar motivum, daß die Franzosische, wie sie verspührten,
17
sich nit so willfahrig zu eroffnung ihrer proposition, alß zuvor, ehe der
18
d’Avaux nacher Oßnabruck verraist, beschehen, erweisen thetten; dero-
19
wegen man soviel da mehrer ursach, ihnen alle praetextus abzuschneiden.

20
Warauf Volmari geandworttet, dieses werde bey den Kayserlichen kein
21
bedenckens haben. Und also er sogleich von I. H. G. zum nuncio und
22
Veneto gefahren, ihnen diese mainung endtdeckt, die sich solche allerdings
23
wolgefallen laßen, und ubernommen, hierunter mit den Spanischen selbst
24
weitter zue handlen, damit sie auff der Franzosen in eventum wieder die
25
Spanische vollmacht einpringende obiectiones desto beßer andtwortten
26
konten.

27
Bericht Landsbergs: [...]. Chigi will wegen des Osnabrücker Domdechan-
28
ten mit den Franzosen reden. Nach d’Avaux hat Oxenstierna zwar die
29
Festnahme zur Erhaltung des Respektes der Krone gebilligt, aber die Frei-
30
lassung befohlen, zumaln er seine revange multo nobilius zu nehmen ge-
31
dencke. Auf die Erklärung Serviens wegen Behandlung Bayerns sei nicht
32
viel zu geben; Servien sei ungehalten, daß W die vertrauliche Nachricht
33
weitergegeben habe; die Entscheidung soll nun offenbar auf die Zeit der
34
Minderjährigkeit des Königs beschränkt werden. Vom Kaiser solle ein neuer
35
Befehl gekommen sein, es wegen der Kurfürsten beim Herkommen zu be-
36
lassen; Nassau soll den Bayern nicht mehr den Exzellenztitel geben wollen.
37
Gegenüber Landsberg, der sofort Erkundigungen einziehen soll, bestreitet
38
Nassau die Existenz einer solchen Weisung; wegen des Exzellenztitels be-
39
zieht er sich auf den unterschiedlichen Gebrauch in der deutschen und in den
40
romanischen Sprachen [...].

41
Cuylla bei W: Wittgenstein und die beigeordneten klevischen Räte werden
42
in wenigen Tagen in Hamm sein und habe Befehl, sich in allem mit W zu
43
vergleichen. Bericht Ws über die Lage in Sachen des kurfürstlichen
44
Empfanges. Erkundigung wegen des Durchzuges brandenburgischer Trup-

[p. 100] [scan. 150]


1
pen
. Cuylla: Der Kurfürst beabsichtigt, im Frühjahr nach Kleve zu
2
gehen und auch die Kongreßstädte zu besuchen, wobei er eine Leib-
3
garde
von 500 Pferden benutzen will. W: Ein Patent Norpradts
4
weist sie an, durch das Stift Münster und damit auch Osnabrück zu ziehen.
5
Welches aber hiesigen stiffts rhäten, auch Ihrer Churfürstlichen Durch-
6
laucht selbst f rembd vorkehme, zumaln den reichsconstitutionibus expresse
7
zuwieder, daß dergleichen, und zwar welche keine kriegsvolcker, sondern
8
fur eine leibguardi gehalten werden, dergestalt und in solcher anzaall ohn
9
alle vorgangene requisition und in den reichsabschieden erforderte caution
10
durch eines andern fursten land immediate gewiesen werden wollen. Sag-
11
tens ihme zu dem endt, den graffen darvon zu advertiren, dan gewißlich,
12
da es nit solte geändert werden, allerhand oppositiones und ungelegenheiten
13
darauß endstehen dörfften. Und konten solche volcker gar wol einen
14
andern weg, unberuhrt dieser beyder stiffter, alß gerad auß der graff-
15
schafft Ravensperg nacher der Lippstatt, welches ohnedas Brandenburgisch
16
were, und dem Marckischen zu nehmen. Und ob er wol darauf vermeld,
17
daß sie gute ordre zu halten befelcht, so plieben doch I. H. G. dabey, sie
18
hielten sich so wol, alß immer wolten, würden sie doch dem land und
19
underthanen nichts hereinpringen. Darauf versprach er, den bericht ahn
20
den graffen und sonst zur divertirung dieser volcker anderstwohin sein best
21
zu thun.

22
1645 II 16
Donnerstag W / Landsberg bei d’Avaux / Servien. Bitte
23
um Mitteilung der von Servien schon angedeuteten Resolution wegen Be-
24
handlung
der bayerischen Gesandten. Nach längerer Beratung antwor-
25
ten
die Franzosen, die Resolution besage, daß obwolen die praetendirende
26
empfahung hiebevor dergestalt niemaln gebrauchig gewest, dannoch zu be-
27
zeigen, wie hoch von ihrem konig Churbayern aestimirt werde, deren ge-
28
sandten die ehr erwiesen werden solle. Und ob auch gleich ihnen noch nichts
29
vorkommen, weßen sich disfalß die Spanische erklehrt haben mochten, dem
30
unangesehen hetten sie mit der anzeig nit zuruckhalten, sondern hierdurch
31
soviel damehres bezeugen wollen, daß man a parte Franckreich die chur-
32
fursten nit allein bey ihrer herbrachten praeeminentz zu conserviren, son-
33
dern noch mehrers zu eleviren gedencke. Hierauf sagte I. H. G. fur die
34
gegebene resolution danck, mit vermelden, daß weder Churbayern noch sie
35
oder auch andere herren churfürsten andere gedancken sich yemaln machen
36
konten, alß daß die cron Franckreich, auch sie, dero vorneme ministri, der
37
angezogenen intention sein und pleiben wurden. Umb desto mehr, und
38
wegen Churbayern in specie, weilen ihr verstorbener konig die translation
39
der churdignitet auf das hauß Bayern so starck und eiffrig promovirt, und
40
soviel da weniger zu praesumiren gewest, daß aniezo die demselben ankle-
41
bende praeeminenz und ehr solte wollen endzohen werden. Und wusten
42
nun I. H. G., daß Churbayern solches sonderbar gern vernehmen, auch die
43
von ihnen dero gesandten erweisende ehr hoher aestimiren als einige ver-

[p. 101] [scan. 151]


1
waigerung von den Spanischen empfinden würden. Warauf der d’Avaux
2
gedacht, sie hetten die Kayserliche, den churfursten nun ins neunte jahr ver-
3
waigerte resolution in viele weg mercklich befurdert, und nehme sie das
4
Kayserliche so langes difficultiren sehr wunder. I. H. G. endthielten
5
sich fragens, auf was weiß solche resolution gemeltermaßen befürdert,
6
damit nit zu disputiren anlaß geben; aus den reden aber kondten diß wol
7
mercken, daß sie alles allein gethan und gern den danck haben wolten. Und
8
meldeten, die ursach, warumb ahm Kayserlichen hoff die resoltuion so hart
9
gehalten, seye, daß Venedig dem hauß Osterreich, wie notori, weiche, die
10
churfursten aber demselben vorgingen, und wie man nun lengst gern das
11
hauß Osterreich den reichschurfursten vorgezogen gesehen, so seye es auf
12
diese weiß per indirectum, wan nemblich Venedig den churfürsten vorge-
13
sezt, consequenter auch domus Austriaca, dem die Venediger weichen, vor-
14
gehen würde, intendirt und gesucht worden. Worauf der d’Avaux, diß
15
hetten sie nie gewust, seye ein sottilleza Spagnola, und fragte darauf, ob
16
ihm also und ob auch die churfursten des Kaysers sohn vorgingen. Sag-
17
ten sie von ja, und daß vivente et praesente Ferdinando II. die churfursten
18
dem erzherzogen zu Regenspurg, dem erzherzog Leopold Wilhelm

41
Erzhg. Leopold Wilhelm von Österreich (1614–1662), jüngerer Sohn Kaiser Ferdinands
42
II., Bf. von Straßburg und Passau 1626, Administrator von Halberstadt und Hersfeld
43
1627–1648, von Magdeburg 1629–1635, Bf. von Olmütz 1637, Administrator von
44
Murbach und Luders, Meister des Deutschen Ordens 1641, Bf. von Breslau 1655.
, anno
19
1623, 1630 und 1636 vorgangen, welches die Franzosische wunder bedun-
20
cken wollen. Und meldeten I. H. G., auß dem erscheine genugsamb, was die
21
churfürstliche dignitet im reich fur einen respect habe. Recht der Kur-
22
fürsten
, vor dem Kaiser bedeckten Hauptes zu erscheinen und unterschied-
23
licher
Gebrauch des Exzellenztitels im Deutschen und in den romanischen
24
Sprachen. Als Servien fragt, ob Nassau den Bayern entgegenschicken
25
werde, versichert W, die gestern aufgetauchten gegenteiligen Gerüchte seien
26
unbegründet [...]. Man konne leicht wissen, wo dergleichen einwurff und
27
difficulteten biß dato und noch herrühreten. Damit sie aber sehen, wie wol
28
die churfürsten mit ihrer praecedenz fundirt, wolten sie ihnen ex cere-
29
monialibus Romanis die von 200 jahren her bestendig habende bericht vor-
30
lesen, wie geschehen, und konte man auch noch frischere actus ex concilio
31
Tridentino und sonsten beypringen. Sie vernehmen zwarn, alß wan sich
32
Venedig auf ein privilegium Caesareum solte beruffen wollen, davon aber
33
seye den churfursten nie nichts vorkommen, weniger einiger actus possesso-
34
rius gegen dieselbe vorpracht worden, noch erwiesen werden konten. Ser-
35
vient sagte, die Venediger hetten gleichwol das konigreich Cypern und
36
Candia, und vermainten deßwegen vorzugehen. I. H. G., man wisse
37
wie lang sie daßelbe innengehabt, hetten aber solches niemaln, als erst vor
38
gar wenig jahren vorgeschuzt, sondern ye und allzeit, und lang nach ge-
39
habten beyden diesen konigreichen ohnwaigerlich nachgangen und geses-
40
sen. Auf welches der Avaux, er muste bekennen, daß die res publica sich

[p. 102] [scan. 152]


1
in gar wenig jahren gewaltig herfurgetrungen [...]. Folgendts wieder-
2
holten I. H. G., weiln es nun wegen endgegenschickung der gutschen seine
3
richtigkeit hab, ob dan noch einige difficultet ratione titulationis oder son-
4
sten ubrig? Sagten beyde nein. Allein monirte der d’Avaux, wegen des
5
nuncii und der Kayserlichen hetten sie nichts zu sagen, wolten aber sich
6
versehen, daß die Churbayerische ihnen die erste visiten geben wurden.

7
Worauf I. H. G., sie wusten nit, wie dieses gemeint. Dan weilen der nun-
8
cius apostolicus und die Kayserliche ihnen Churbayerischen alß ankom-
9
menden die erste visita geben würden, so sehen sie nit, ex quo capite dan sie
10
Franzosische primam visitam praetendiren wolten. Der d’Avaux hin-
11
wieder, diß hab seine weg, und gedächte sie eben solches auch zu thun, nur
12
daß ihnen die revisita gleich nach den Kayserlichen geben wurde. I. H.
13
G., weilen sie sich zu der endgegenschickung, auch ersten visita erpiethen
14
und nit bewust, was die Spanische zu thun vermeint, so seye pillich, daß
15
ihnen dergestalt die revisita, gleich auch von I. H. G. beschehen, gegeben
16
wurde. Daruber sie wol content gewesen.

17
1645 II 17
Freitag Mitteilung der französischen und ksl. Originalvoll-
18
machten durch Nassau. Die Mediatoren haben beide für richtig befunden,
19
über die spanische haben die Franzosen sich beschwert

39
Anlage 24–26: ksl. Vollmacht auf Nassau / Volmar 1643 VI 23; spanische Vollmacht
40
auf Medina de las Torres / Peñaranda / Bergaigne / Saavedra / Brun 1645 I 5
41
(Druck: Neg. Secr. I S. 323f); französische Vollmacht auf Longueville / d’Avaux /
42
Servien 1643 IX 20 (Druck: J. G. Meiern I S. 354 f).
.

20
Erkundigung durch Landsberg bei Chigi: Die Franzosen haben die ksl.
21
Vollmacht akzeptiert, wegen der spanischen fordern sie Bedenkzeit. Mittei-
22
lung, daß W die Frage des bayerischen Empfanges bei den Franzosen ge-
23
klärt habe.

24
Schreiben an die Bayern: Stand der Empfangsfrage, zum Einzug Mittwoch
25
oder Samstag vorgeschlagen.

26
Nachricht aus Fürstenau: Auf Schreiben Geleens hat Oxenstierna durch
27
einen Trompeter die Auslieferung der Leiche Botelhos begehrt, die darauf
28
erfolgte. – Mitteilung an Nassau.

29
1645 II 19
Sonntag Treffen mit Chigi vor der Stadt. Bericht über den
30
Vergleich der Vollmachten. Die Mediatoren haben dabei den Franzosen
31
folgende Möglichkeiten vor Augen gestellt: Frist zur Einholung neuer spa-
32
nischer Vollmachten, Abbruch der Verhandlungen, Verhandlungen allein
33
mit dem Reich, Verschiebung aller Verhandlungen bis zum Eintreffen
34
neuer spanischer Vollmachten. Auf jeden Fall müßten sie, nachdem Ksl.
35
und Spanier schon längst ihre Proposition vorgebracht hätten, sich jetzt
36
über ihre Absichten erklären. Auf ihre Bitte um Bedenkzeit wollen die
37
Mediatoren noch bis Mittwoch warten. Mitteilung Ws wegen des baye-
38
rischen Empfangens und der Leiche Botelhos. Da von Freilassung des

[p. 103] [scan. 153]


1
Domdechanten noch nichts verlautet, will Chigi deshalb d’Avaux erin-
2
nern. Der in der Nähe befindliche savoyische Gesandte hat bei Chigi An-
3
spruch auf das Savoyen in Rom und Paris zugestandene Zeremoniell ange-
4
meldet; Schwierigkeiten wegen der Kurfürsten mache er nicht, nur hin-
5
sichtlich Venedig wegen der strittigen Prätention auf Zypern. Auf Chi-
6
gis Frage meint W, die Ksl. würden dem Savoyer wohl nicht entgegen-
7
schicken; dieser wird den Ksl. und den Gesandten der Kronen den ersten
8
Besuch machen müssen.

9
[...]

10
1645 II

36
10 21] im Original irrtümlich II 20
21
Dienstag Bericht des Osnabrücker Vizemarschalls über
11
ein Gespräch, um das Chambory

37
Gemeint der savoyische Sekundargesandte Dr. Gian Francesco Bellezia (1602–1672).
nachgesucht hatte: Savoyen will die
12
Präzedenz der Kurfürsten anerkennen und sich insgesamt mehr an diese als
13
an Ksl., Spanier und Franzosen anlehnen, auch bei ihnen gegen Venedig
14
Hilfe suchen.

15
Ankündigung des bayerischen Einzuges für morgen. – Mitteilung an
16
Nassau bei einem Treffen mit W vor der Stadt; Nassau erklärt sich noch-
17
mal zur Entgegenschickung bereit.

18
Mitteilung der Franzosen: Turenne

38
Henri de la Tour d’Auvergne (1611–1675), vicomte de Turenne, französischer Mar-
39
schall, kommandierte seit 1643 die französisch-weimarische Armee.
hat Befehl, Nassaus und Ws Besitzun-
19
gen Hadamar und Hachenburg zu verschonen. W dankt, teilt aber mit, die
20
französischen Truppen hätten dort schon großen Schaden angerichtet.

21
Mitteilung Chigis: Er wird den Bayern entgegenschicken und die erste
22
Visite geben, hört aber, daß es bei den Franzosen wieder Schwierigkeiten
23
gibt. Turenne hat einen starken Verweis wegen seines Vorgehens gegen
24
kirchliche Institutionen erhalten.

25
Notifikation des bayerischen Einzuges an die Franzosen. – Vertrauliche
26
Nachricht, die französischen Gesandten hätten sich bis heute über die Er-
27
klärung
zur spanischen Vollmacht nicht einigen können, bis des d’Avaux
28
gute intention praevalirt und dahin, mit den Kayserlichen und dem reich
29
die tractaten fortzusezen, geschlossen worden.

30
Saavedra begibt sich unter dem Vorwand nötiger Erholung für einige Tage
31
auf ein außerhalb Münsters gelegenes Haus.

32
1645 II 22
Mittwoch Nachdem W sich morgens vor die Stadt begeben
33
hat, um mit den Bayern zusammenzutreffen, schickt um 10 Uhr der Vize-
34
marschall Nachricht, daß die Franzosen jetzt doch nicht entgegenschicken
35
wollen. Da die Bayern Befehl haben, ihren Einzug nur vom Entgegen-

[p. 104] [scan. 154]


1
schicken der Ksl., Chigis und Ws abhängig zu machen, antwortet W, man
2
solle den Franzosen vorstellen, was allerseytz fur disgusti aus dieser plötz-
3
lichen Änderung entstehen könnten. Um 2 Uhr läßt der Vizemarschall
4
wissen, die Franzosen würden nun doch schicken. Inzwischen beginnt der
5
Einzug, wobei die beiden bayerischen Gesandten Haslang und Krebs sowie
6
Landsberg mit W in dessen Kutsche fahren. Begrüßung durch den Stadt-
7
obersten, Entgegenschickung Chigis, der Ksl., der Franzosen und Conta-
8
rinis. Nachdem W die Bayern bis in ihr Quartier begleitet hat, berich-
9
tet der Vizemarschall: Die Franzosen haben bei Nassau fragen lassen, ob
10
die Ankunft der Bayern gewiß sei, was dieser bestätigte. Daraufhin haben
11
sie, falls ihnen nicht wie den Ksl. davon Mitteilung gemacht würde, die
12
Schickung verweigern wollen. Auf Rat Nassaus hat der Vizemarschall, ob-
13
wohl er in Ermangelung eines Befehles zuerst Bedenken hatte, die Franzosen
14
und, um sie nicht zu übergehen, auch die Spanier benachrichtigt, bei denen
15
es jedoch mit der Antwort, Saavedra sei für einige Tage verreist, sein Be-
16
wenden hatte.

17
Nachricht von einem Deputierten: Noch beim Hinausfahren haben die
18
Franzosen daraus, daß Nassau nicht seine zur Reparatur gegebene erste
19
Kutsche schickte, schließen wollen, daß er die Bayern doch nicht mit den
20
anderen völlig gleich behandle. Sie haben sich bei der Begrüßung eng an die
21
Ksl. gehalten, um zu vernehmen, ob diese den Titel Exzellenz gebrauchten,
22
um ihn andernfalls auch zu verweigern, doch hat der Beauftragte Nassaus
23
das Prädikat mit Absicht mehrfach laut gebraucht, worauf die übrigen
24
folgten.

25
Nach mehrwöchigem Warten erhält der Pfarrer von Neuss von den Fran-
26
zosen seine Expedition

40
Anlage 27: Paß der französischen Gesandten für Christian Linnen 1645 II 18; fran-
41
zösische Gesandte an Rabenhaupt s. d.
.

27
1645 II 23
Donnerstag Cuylla bei W: Bevorstehende Ankunft der
28
brandenburgischen Gesandten in Hamm, Bitte um Nachrichten wegen des
29
Zeremoniells. W: Er und wohl auch die Bayern werden persönlich ent-
30
gegenkommen, bei Kölnern und Bayern wird der Hauptgesandte als fürst-
31
licher Vertreter, der Rest als Beigeordnete betrachtet. Um die Ausräumung
32
etwaiger französischer Schwierigkeiten verspricht er sich zu bemühen.

33
Auf Bitten der Bayern fragt Landsberg bei Nassau an, wie dieser die Bay-
34
ern anreden werde. Nassau antwortet, es solle die in Deutschland übliche
35
Form, also nicht der Exzellenztitel, gebraucht werden.

36
Vertrauliche Mitteilung: Contarini will die Bayern nur besuchen, wenn sie
37
ihm die Revisite unmittelbar nach den Kronen abstatten. – Zur Vermeidung
38
des Präzedenzstreites entschließt W sich, die Bayern, weiln er de collegio
39
electorali, vor allen anderen Gesandten zu besuchen.

[p. 105] [scan. 155]


1
Mitteilung Chigis: Die Mediatoren haben erreicht, daß die Franzosen mor-
2
gen gegenüber den Ksl. die Proposition herausgeben wollen. Die Verhand-
3
lungen mit den Spaniern werden kaum vor Eintreffen neuer Vollmachten
4
beginnen können, vielmehr ist zu besorgen, daß die Franzosen mit der Be-
5
gründung, die alten Vollmachten seien erloschen, auch den diplomatischen
6
Status der Spanier in Zweifel ziehen werden.

7
W bei den Bayern: Mitteilung des bayerischen Schreibens 1645 II 15, der
8
heutigen Information Chigis und der gestern bei der Entgegenschickung
9
entstandenen Schwierigkeiten durch

36
9 W] am Rande: an Bayern 1645 II 24, an Köln 1645 II 25
W. [...].

10
1645 II 24
Freitag Übergabe der französischen Zwischenproposition an
11
die Ksl., worüber Nassau durch Landsberg sowie Chigi Mitteilung machen
12
[...].

13
1645 II 25
Samstag Mitteilung der französischen Zwischenproposition
14
durch Nassau

37
Anlage 28: Zwischenproposition der französischen Gesandten 1645 II 24 (Druck: J. G.
38
Meiern I S. 358 ff).
. – Konferenz der Ksl. mit Kölnern und Bayern (siehe APW
15
III A 1, 1 S. 1ff).

16
1645 II 26
Sonntag Anfrage Serviens, ob Nassau und Haslang sich
17
gestern den Exzellenztitel gegeben hätten. W: Man habe sofort die
18
französische Schrift vorgenommen, danach sei er aufgebrochen und könne
19
deshalb nicht sagen, wie Ksl. und Bayern sich dann angeredet hätten,
20
zweiffleten aber nit, sie wurden einander gehörigermaßen honorirt und
21
begegnet haben. – Benachrichtigung Nassaus und der Bayern durch
22
Landsberg.

23
1645 II 27
Montag [...] Mitteilung Chigis: Auf Anfrage hat er den
24
Franzosen mitgeteilt, er habe bei seinem heutigen Besuch den Bayern den
25
Exzellenztitel gegeben. Fortdauer der Mißhelligkeiten zwischen Spaniern
26
und Franzosen; da die Franzosen andeuten, nach ihrer morgigen Relation
27
könnten sich die Verhandlungen mit Spanien zerschlagen, wollen die
28
Mediatoren sich morgen an sie wenden.

29
1645 II 28
Dienstag Treffen mit Nassau vor der Stadt. Bei diesem hat
30
Chambory erklärt, Savoyen wolle den Königlichen und Kurfürstlichen
31
weichen, ersuche aber um Beistand gegen die Ansprüche Venedigs. Wegen
32
des Exzellenztitels ist Nassau ausgewichen, es liege keine ksl. Weisung vor,
33
er müsse erst mit den anderen anwesenden Gesandten sprechen.

34
1645 III 1
Mittwoch [...]. Konferenz der Ksl. mit den Kölnern und
35
Bayern (siehe APW III A 1, 1 S. 6ff).

[p. 106] [scan. 156]


1
1645 III 2
Donnerstag Bayern bei W: Bei der heutigen Visite haben die
2
Franzosen Haslang mit Monsieur Ambassador und Krebs mit Monsieur an-
3
geredet
, worauf Haslang Messiers Plenipotentieres und Krebs Exzellenza
4
gebraucht haben [...]. Den Anspielungen auf das Erscheinen aller Stände
5
sind die Bayern mit den von den Ksl., den Mediatoren und W genannten
6
Gründen begegnet. Zu Serviens Ausführungen wegen Trier, auch der verstor-
7
bene
Bischof von Würzburg

42
Franz von Hatzfeld (1596–1642), Bf. von Würzburg 1631, Bf. von Bamberg 1633.
habe bei Frankreich für sich und andere um
8
Protektion nachgesucht, haben die Bayern sich mit Unkenntnis des Sach-
9
verhalts
entschuldigt, wozu W ihnen darlegt, wie es damit eine weitt
10
andere bewandtnus gehabt. Dann hat Servien den kommentarlos entgegen-
11
genommenen
Vorschlag gemacht, der Kurfürst von Trier möge ad locum
12
tertium gebracht werden. Er hat betont, durch die französische Proposition
13
seien die Verhandlungen wesentlich vorangebracht worden, wobei man
14
merkte, daß er auf Zusammenrufung der Stände nicht mehr so sehr be-
15
steht
. Saavedra hat heute Haslangs Frau besuchen wollen, die aber krank
16
war. Man glaubt, daß so die den Bayern geschuldete erste Visite eludirt
17
werden sollte. Korrektur und Genehmigung der gestern beschlossenen, von
18
Volmar geänderten Replik auf die französische Zwischenproposition.

19
1645 III 3
Freitag Contarini bei den Bayern. Gegenseitige Anrede allein
20
in tertia persona.

21
Mitteilung der Spanier: Sie können den Exzellenztitel, da andere Kronen
22
ihn verweigern, den Bayern vor Entscheidung Castel Rodrigos nicht geben.
23
Als W sich wundert, daß von diesem, der mit der Gesandtschaft nicht mehr
24
befaßt sein wolle, Bescheid erwartet werde, wird geantwortet, da früher
25
deshalb über ihn nach Spanien berichtet worden sei, werde auf dem glei-
26
chen
Weg die Antwort kommen. W bedauert, daß die Resolution nicht
27
früher eingeholt worden sei, obwohl man seit Jahren von der Teilnahme
28
der Kurfürsten an den Verhandlungen wisse, und gibt zu bedenken, ob nit
29
durch dergleichen tractament sie ihnen, alß eines so vornehmen konigs
30
ambasciadores, wofur sie von allen erkand würden, selbst praeiudiciren
31
und sich verringern thetten, indeme, wie einmal nichts gewissers, sie von
32
dem Churbayerischen auf gleiche weiß wurden empfangen und in iisdem
33
prorsus terminis tractirt werden. Und seye sich wol zu verwundern, maßen
34
sie vormalß angedeuttet, daß eben in diesem der churfürsten tractament
35
halber die Spanische sich den Franzosischen conformiren wollen. Zum
36
anderen, daß sie dem Venedischen das praedicatum Excellenz geben, den
37
Churbayerischen aber, so doch jenem notori vorgehet, verwaigern wolten,
38
wie sie es mit des hauses Osterreich gesandten, alß die zwischen den chur-
39
fürstlichen und den Venedischen ihre stell haben, zue halten gedacht. Da sie
40
nun denselben, wie nit zu zweifflen, diß praedicatum geben, und also diese
41
und jene dergestalt tractiren, die churfürstlichen aber, die vor beyden die

[p. 107] [scan. 157]


1
praecedentz herpracht, zurucksezen solten, so würden leicht gedencken
2
konnen, was auß diesem undt dergleichen abzunehmen. Der Abge-
3
sandte
läßt dahingestellt, daß die Bayern die Spanier auf die gleiche Weise
4
behandeln wollten, da gegenüber den aus Spanien noch erwarteten vorneh-
5
meren
Vertretern die jetzigen gleichsam Privatpersonen seien.

6
Mitteilung des Gesprächs durch Landsberg an die Bayern. – Diese lassen
7
bei Saavedra anfragen, ob die Spanier als Privatpersonen kämen, worauf
8
dieser das Mißverständnis entschuldigen, den Besuch als den der könig-
9
lichen Gesandten offiziell ankündigen und mitteilen läßt, daß er den Exzel-
10
lenztitel nicht geben könne. – Bei der Visite regen die Spanier an, man
11
müsse Frankreich, da es keinen Frieden wolle, mit gesammelter Macht dazu
12
drängen. Die Bayern verweisen auf die Passauer Konferenz, deren Be-
13
schlüssen gerade Spanien nicht nachgekommen sei

38
Vgl. oben S. 3 Anm. 14.
.

14
Vertreter Ostfrieslands

39
Gesandte Ostfrieslands waren Wilhelm Scheffertgen. Weisweiler, Drost zu Stickhausen,
40
und Bucho Wiarda (gest. 1674), Amtmann zu Leer.
bei W. Über die von ihnen zugestellte Schrift

41
Anlage 29: Schriftliche Proposition der ostfriesischen Vertreter 1645 III 4 mit Anlagen
42
A–E zur ostfriesischen Neutralität.
will
15
W mit den Ksl. reden.

16
W bei Chigi. Bericht über die Besuche bei den Bayern. Chigi: Ihm ist
17
die Gewährung des Exzellenztitels schon vorgeworfen worden, doch beruft
18
er sich darauf, daß nach dem alten römischen Zeremoniell die Kurfürsten
19
den Gesandten von Savoyen und Toskana vorgehen, denen der Titel gege-
20
ben
wird. Zwistigkeiten zwischen d’Avaux und Servien. 3. Vermelde-
21
ten I. H. G., wie sie vernommen, daß der d’Avaux, alß er iüngst nacher
22
Oßnabruck verraist, vorhabens, maßen von Paris auß befohlen, die Schwe-
23
dische zu edirung ihrer proposition zu disponiren, beym wiederzuruck-
24
kommen sich verlautthen laßen, daß er von den Schwedischen convertirt
25
worden, indeme sie ihm solch stattlich und viele rationes und fundamenta
26
dagegen vorgebracht, daß er nun selbst nit thunlich erachte, mit der propo-
27
sition zu verfahren; welche obwoln von ihme und dem Servient nacher
28
Pariß uberschrieben, und darauf von dar der andtwort gern erwartten wol-
29
len, so hetten doch ad nimiam mediatorum importunitatem eine schrifft
30
cum repetione priorum ubergeben mußen. 4. Gedachten I. H. G. von dieser
31
schrifft, daß solche also bewandt, daß schier nichts darin, so nit vom 4.
32
Decembris ahn bißher movirt, und von dieser seitthen mit bestendigen guten
33
fundamentis und rationibus abgelaint, wie sie selbst gestehen müßen. Und
34
doch würden wiederumb sie auf die bahn gebracht, alß wan dagegen nie
35
nichts vorkommen, oder ex parte Caesaris darauf yemaln geandtworttet.
36
5. Hab ein gar selzam ansehen, daß die statt Mainz eben iezt bey wehren-
37
den tractaten formaliter fortificirt zu werden angefangen

43
Mainz war 1644 IX 17 von den Franzosen erobert worden. Vgl. F. W. Barthold II
44
S. 495.
, welches solche

[p. 108] [scan. 158]


1
sachen alle, die, wan mans zusammen nimbt, I. H. G. nit wenig perplex
2
machen thetten, und sie schier nit sehen, was fur bestendige hoffnung zu
3
einigen tractaten, weniger zum frieden zu gelangen, sein konne; wolten
4
aber bey einem und andern des hern nuncii beygehende gedancken und
5
mainung in hohem vertrawen gern vernehmen. Worauff gegen I. H. G.
6
der her nuncius sich andwortlich vernehmen laßen, er müsse bekennen, daß
7
alle iezt erzehlten sachen also bewandt, daß er dabey selbst nit wenig per-
8
plex. Und wüste schier nit, wan dieser monat dergestalt noch solte hin-
9
gehen, und der frühling vollendts herankommen, er auch benebens die
10
große macht, deren die Franzosen sich zusammenzupringen berühmen
11
thetten, betrachtete, was weitter fruchtbarliches, sonderlich auch stante
12
discordia zwischen diesen beyden, da keiner dem andern nachgeben will
13
und solchergestalt die konigliche befelche anderst außgelegt, ia gar gehemet
14
werden, zu hoffen. Es seye zu bethawren, daß solche unainigkeit also gar
15
offenbar werde. Der Venetianische, alß in den sie, wie es scheint, mehr con-
16
fidenz dan in ihnen, nuncium, sezen, bemühe sich zwar starck, selbige zu
17
accommodiren, seye aber der effectus noch sehr dubioß. I. H. G. erweh-
18
neten, daß newlich die Franzosen in gegebener visita gegen den Churbaye-
19
rischen gedacht, alß wan sie mit ihrer vermainten proposition den tractaten
20
und zum frieden einen guten schritt näher gangen, und nun iezt die media-
21
tores ursach hetten, ein und andern theyl weitters anzutreiben. Also I. H. G.
22
nit zweiffleten, der herr nuncius pro suo zelo, wie auch Venetus, ihnen
23
werden angelegen sein laßen, die Franzosen ad intentionem mehrers zu
24
urgiren. Warzu die erwünschte gelegenheit sein werde, wan ihnen mediato-
25
ribus die zwischen den Kayserlich- und churfürstlichen alberait verglichene
26
replic, wie ehester tagen geschehen soll, wird zugestelt. Gestalt sie dan dar-
27
auf, weilen man darinnen etwas ad speciem gangen, mehrer occasion und
28
ursach haben würden, eine special andtwortt von ihnen hienwiederumb zu be-
29
gehren. Welche andeuttung der her nuncius gern und mit sonderm danck
30
vernommen, seine operam dabey offerirt, und benebens vermeldet, er und
31
Venetus thetten eben diß wünschen, mehrer ursach von einem oder andern
32
teil zue haben, in die Franzosen zue tringen. Und haben einmal Ihre Kay-
33
serliche Majestät, die herrn churfursten und das reich vor der ganzen welt
34
und posteritet das lob und ruhm, das sie ihres theylß den frieden aufrichtig
35
gesucht, es erlangen auch die tractaten ihren fortgang und effectum oder
36
(welches Gott verhutten wolle) nit. Und würden ahn der unverhofften zer-
37
schlagung die gegentheile die schuld genzlich und allein haben. I. H. G.
38
sagten hierauff, man werde, wie bißher disseitz noch furter der ganzen
39
erbarn weit demonstriren, daß aufrichtig und Teutsch mit den sachen umb-
40
gangen werde, seye auch der segen Gottes desto mehrer zu hoffen. Casu
41
quo aber ye noch kein facit auf fortgang der tractaten zu machen, ob dan
42
er, der herr nuncius, nit vermeinte, daß man wegen eines armistitii univer-
43
salis anbinden möcht; vorab weil man die nachricht hat, daß die konigin
44
sowol alß etliche vom parlament und consilio di stado nit ubel darzu

[p. 109] [scan. 159]


1
intentionirt, damit weitter christen- und sonderlich catholisch bluthvergie-
2
ßen gehindert werden möcht. Ja man seye auch des gewiß, daß Franzosi-
3
scherseiths der fried in Teutschland eingangen und alles restituirt werden
4
wolle, wan ihn allein Breysach pleiben möcht. Warauf der herr nun-
5
cius, von dem armistitio wüste er ganz contrari. Dan uber das jenige, was
6
I. H. G. ihme vor diesem und seithero schon offters und mehrmaln diß-
7
halber angedeuttet, und er und Venetianische wol apprehendirt, hetten sie
8
nit allein under sich underschiedlich conferirt, sondern auch yeder nacher
9
Pariß absonderlich, alß er der nuncius ahn den nuncium

39
Niccolò Guidi di Bagno (1584–1663), marquese di Montebello, Erzbf. von Athen 1644,
40
Nuntius in Paris 1644–1656, Kardinal 1657.
und der Venetus
10
ahn den Venetianischen pottschaffter daselbst

41
Gianbattista Nani (1616–1678), venezianischer Gesandter in Paris 1644–1648.
geschrieben und begert, daß
11
yeder sigillatim die gemütther uber diß werck scrutiren und deßwegen
12
befelch ahn hiesige Franzosische gesandten außwürcken und befürdern
13
mocht. Dan die mediatores pro autoritate suorum principalium ungern
14
etwas proponiren wolten, deßen effectum zu erlangen sie sich nit probable
15
hoffnung machen konten. Warauf die andworten und zwarn auch under-
16
schiedlich maln eingelangt, dergestalt daß sie bey etlichen ganz keine
17
apertur zu dergleichen stillstand befinden konten, ja verspührten vielmehr,
18
und sonderlich beym cardinal Mazarini, daß nit einmal davon gehort wer-
19
den wolle, sondern allezeit gesagt, man müße gar ein universalfrieden
20
machen. Hiebey komme auch vor, was wegen des cabinets I. H. G. iungst
21
berichtet. Und meldete der her nuncius, er und Venetus hetten die hiesige
22
Franzosische gesandten von weittem offt tastirt, hetten aber niemaln einige
23
intention, weniger andwort darauf vernehmen konnen. Also wol zue be-
24
dencken, ob solcher beschaffenheit nach rhatsamb, diß werck dergestalt
25
starck zue urgiren und damit zu verstehen zue geben, daß mans disseits so
26
groß bedurfftig oder begirig, welches dan den effectum mehrer hindern alß
27
befürdern würde. Das ander wegen des friedens in Teutschland seye hiebe-
28
vor mit eben solcher condition beym pabst Urbano vorkommen, er habe
29
aber von der zeit ahn weitters davon nichts vernommen. Und seye zwar
30
ahn guter intention der konigin nit zu zweiflen, er sorge aber, daß dieselbe
31
von den ministris nit allemal secundirt werde. Wan sich doch bey den
32
gesandten einige apertur in beyden puncten zeigen wolle, würde er selbige
33
mit allem fleiß zue beobachten nichts underlaßen. Wiste auch den Venetia-
34
nischen dahin gesinnet, und werde sich die gelegenheit zu abermaligem ver-
35
such bey uberreichung der vorhabenden replicschrifft gar wol geben [...].
36
Beschwerde des Bischofs von Augsburg

42
Heinrich von Knöringen (1570–1646), Bf. von Augsburg 1598.
und der Orden in Württemberg
37
über Versuche des Herzogs, bei Turenne die Einräumung der Klöster zu
38
erreichen

43
Zur Lage der Klöster in Württemberg vgl. R. Philippe S. 4ff.
. Von Chigi sind in Paris Salvegardien für die Klöster erwirkt

[p. 110] [scan. 160]


1
worden; ferner erwartet er Weisungen an Turenne, den Religionsstand in
2
der Unterpfalz wiederherzustellen [...].

3
1645 III 4
Samstag Chambory bei W. Nochmalige Versicherung
4
enger Zusammenarbeit mit den Kurfürstlichen und Hoffnung auf deren
5
Unterstützung bei Wahrung der Rechte und Präeminenz des Hauses Sa-
6
voyen
. Da nach Auskunft Volmars in der Titelfrage Ksl. und Kurfürstliche
7
erst Weisungen einholen müssen, das Fehlen eines savoyischen Vertreters in
8
Wien aber die Sache erschweren könne und der Gesandte schon vier
9
Wochen in Wolbeck warte, schlägt er vor, daß Ksl. und Kurfürstliche ent-
10
gegenschicken
und die Entscheidung wegen der ersten Visiten und des Ex-
11
zellenztitels
unter einem Vorwand verschoben wird. Chigi sei zu dem in
12
Rom üblichen Zeremoniell bereit, auch von den Franzosen, die dem Ge-
13
sandten
schriftlich schon den Exzellenztitel gegeben hätten, erwarte man
14
keine Schwierigkeiten. W hält zunächst eine Einigung unter den an-
15
wesenden
Gesandten für nötig, wobei viel auf die übrigen Kronen an-
16
komme
. Verhalten der Franzosen am Tag des bayerischen Einzuges und
17
ihre Verweigerung des Exzellenztitels, weshalb man sich ihrer gut ver-
18
sichern
müsse. Warauf er, sie hetten sich gegen ihnen in dieser curfürst-
19
lichen materi zimblich explicirt, alß daß sie nemblich in instructione hetten,
20
sich in allem gegen die churfürstlichen den Kayserlichen gemeß zu ver-
21
halten. Und weilen sie nun vernommen, daß die Kayserliche das praedica-
22
tum Excellenz den Churbayerischen im Teutschen nit gegeben, sondern
23
allein in tertia persona mit ihrem discurß geplieben, so hetten auch, vermög
24
ihrer instruction, ein mehrers nit thun konnen. Und alß I. H. G. ihme
25
diversitatem linguae, und daß man der Teutschen sprach andere terminos
26
habe alß in andern, angedeut, andworttete er, der herr Volmari hab ihm
27
eben dergleichen gesagt. Es konten aber die Franzosischen plenipotentiarii
28
keine andere sprach alß Italianisch und Franzoß, deren sie sich auch gebrau-
29
chen und die andwort in selbiger hinwieder erwartten würden. W:
30
[...]. Nachdem man sehe, daß alle alß die Spanisch-, Franzosisch, auch der
31
herr nuncius und Venetus ihrer naturlichen sprachen sich gebrauchen thet-
32
ten, also würde man auch deßgleichen thun und die Spanier, Franzosen
33
und andere mit der Teutschen sprach anreden müßen, und wurden sich
34
deßen die Franzosische soviel wenig zu beschwern haben, weiln ohnedaß
35
der d’Avaux Teutsch verstehe, lese und red. Chambory erinnert an
36
Verhandlungen in Lyon, wo nach vier Monaten Streit in der Sprachenfrage
37
Savoyen schließlich Frankreich nachgab

40
Gemeint wohl die zum Vertrag von Lyon 1601 I 17 führenden Verhandlungen, in dem
41
Savoyen gegen Einräumung von Saluzzo an Frankreich Bresse und Gex abtrat.
. Situation in Savoyen, Uneinig-
38
keit
mit den Franzosen wegen der Zitadelle von Turin. In iezig der Fran-
39
zosisch ubergebenen proposition hab er gelesen, daß die Franzosen das

[p. 111] [scan. 161]


1
Italianische weesen dem Pabst und Venetianern, auch andern Italianischen
2
fursten in die hand geben wolten, woruber sie sich wegen der streittigkeit
3
mit Venedig und besorgender disaffection in specie beschweren wurden,
4
zuemalen sich auch alle fursten in Italia niemaln dergestallt vergleichen
5
wurden. Worauf I. H. G., daß eben diß in Teutschland auch gesucht
6
werde. Und scheine nur, daß man ehender weitere confusiones sueche, alß
7
auß den sachen zum frieden zu kommen sincere begere, welches er auch
8
affirmierte.

9
Revisite der Bayern, verglichenermaßen bei W zuerst, da 1. die churfursten
10
under ein corpus und collegium gehorig, und also sich undereinander vor
11
allen verehren sollen; 2. daß man das exempel von den Franzosen habe, in-
12
deme der Servient von seinem collega, dem d’Avaux, weiln er spather an-
13
kommen, das erste mal besucht und wieder revisitiert worden; 3. I. H. G.
14
ihnen Churbayerischen selbst in persona beym hereinkommen endgegen-
15
gefahren, sie in ihre gutsch genommen, ihnen auch vor allen andern die
16
formal visita gegeben, womit sie zu der ersten revisita wiederumb verob-
17
ligirt; 4. dadurch alle weitterung und der Venetianer disgusto zu verhuet-
18
ten; sonderlich auch 5. weilen solches der herr nuncius selbst, deme es prop-
19
ter respectum sedis apostolicae vorhero angedeuttet und daruber communi-
20
cirt, gutt befunden, auch exempla, daß dergleichen in Italia offters gesche-
21
hen, sich befindet. Krebs proponiert und versichert, sie seien mit W
22
und den Kölnern alle verträwliche gute correspondenz [...] zu pflegen be-
23
auftragt; Kf. Ferdinand hat ihnen in Bonn erklärt, dazu seien auch seine
24
Vertreter angewiesen. In Anlehnung an den bayerischen Vortrag ant-
25
wortet
Landsberg, es sey nit ohn, daß annoch schlechte anzeig zu fort-
26
sezung der tractaten und consequenter zum frieden selbst a parte der
27
Franzosen. Man müste dannoch hoffen, daß durch Gottes genad verley-
28
hung und ietzig ihr der Churbayerischen mitanwesenheit, auch weilen die
29
Churbrandenburgische gleichfalß herannaheten, das werck noch werde
30
promovirt und erhebt werden konnen. Wavon man in discursu auff
31
allerley materi kommen, und wie die herren Churbayerische ratione cere-
32
monialium sich hin und wieder bey den gesandten eines und anders erkun-
33
digt zue haben vermeldet, ist von I. H. G. ihnen angedeuttet, was sie von
34
dem Savoyer heut vormittag vernommen. Und wie es nemblich scheine,
35
daß alle schuld wegen underlaßenen praedicati Excellenz gegen den Chur-
36
bayerischen von den cronen auf die Kayserliche wolle geschoben werden,
37
gestalt dan sie dahero bedacht, etwan morgen mit dem graven von Naßaw
38
zue reden und zue sehen, ob er zue endladung dieser invidia und confusion
39
zu einem andern muglich zue disponiren, welches den herren Churbayeri-
40
schen gar wol eingangen. Auf den andern von den Churbayerischen mo-
41
virten punct, weilen so schlechter verlaß annoch zu fortgang der tractaten
42
und erlangung des friedens, ob nit endzwischen wegen eines stillstandts der
43
waffen anzuebinden, haben I. H. G. vermeldet, was auf Ihrer Churfürst-
44
lichen Durchlaucht in Baiern und Cöln mehrmaliges zueschreiben und erin-

[p. 112] [scan. 162]


1
nern sie nit allein offters mit dem nuncio und Veneto deßhalber geredet,
2
sondern auch anderer ortthen, in specie bey den Franzosischen selbst, etwas
3
andeuttens davon gehabt. Welchergestalt auch, auf ihr vielfaltiges ansuchen
4
und begeren beyde, der nuncius und Venetus, nacher Pariß ahn daselbstigen
5
nuncium und Venedischen pottschaffter geschrieben, darauf aber, wie ihro
6
der herr nuncius noch erst gestern angedeuttet, schlechte vertrostung zu-
7
ruckgelangt, auch kein bevelch zu erhalten gewesen. Bey welchem die
8
herren Churbayerische vermeldet, daß vom herrn nuncio bey ihnen gegebe-
9
ner visita sie eben dergleichen vernommen. Und divertirten demnegst auff
10
die zu papier gebrachte replic auf das von den Franzosischen loco proposi-
11
tionis eingebenes scriptum, mit vermelden, daß sie demselben mehrers nach-
12
gedacht und vermainten, daß die clausul, wo von deputation des churfürst-
13
lichen collegii dergestalt gedacht wird ‘conventum, ut nomine totius collegii
14
electores duo Coloniensis nimirum et Brandenburgicus eorumve deputati
15
hoc munus in se reciperent’, in so weit zu ändern und hinzuzusezen ‘si tamen
16
reliquorum dominorum electorum plenipotentiarii ad eundem tractatuum
17
locum convenerint, eiusdem essent qualitatis et conditionis’. Wie auch ahn-
18
statt der wörtter ‘etiam duorum electorum deputati ad manum sint, quorum
19
alter non tam electorem Coloniensem quam integrum electorale collegium
20
repraesentat’ folgende zue inseriren ‘et iam duorum electorum deputati ad
21
manum sint, qui reliquos absentes electores vi praedictae conventionis
22
Ratisbonensis de anno 1636 repraesentant’, mit dem andeutten, daß wan
23
andere herren churfursten schickten, die anno 1636 verglichene deputation
24
in so weit cessiren thette. Worauf I. H. G., die deputation seye auf
25
Churcollen allein nit geschehen, sondern auf Churbrandenburg mit, und
26
werde derselb seine gesandten in eodem gradu et qualitate anheroschicken.
27
Ihres theylß hetten noch nit vernommen, daß Churcollen der deputation
28
sich zue begeben gemeindt, weniger ihro deßhalber instruction zukommen,
29
und also hierinnen fur sich nit willigen konten, sonderlich auch, weilen, alß
30
diese quaestio beym deputationtag zu Franckfurt movirt, Churbrandenburg
31
dieser deputation sich zue begeben nit verstehen wollen. So würde auch 2.
32
die von ihnen erinnerte correctur und änderung den Franzosen desto mehr
33
zu scrupulirn und zu sagen ursach geben, daß von den churfursten allein
34
zwen alhier, und benebenst andere selzam beduncken, daß nur nach der
35
Churbayerischen ankunfft die ganze deputation cessiren solt. Drittens seye
36
die deputation ratione absentium, die nit schicken würden, angesehen und
37
also, wan die Churbayerische schon alhie, das collegium dannoch nit
38
ergentzt, sondern die meiste noch abwesend, welche per deputatos Collen
39
und Brandenburg repraesentirt wurden. Werde dahero 4. die deputation in
40
ihrem vigore auf dissen baiden pleiben müßen, biß alle churfürsten in par-
41
ticulari schicken. Müste auch 5. auf allen fall deßhalber mit Churbranden-
42
burg oder deßen abgesandten vorhero communicirt werden. 6. Wodurch
43
dannoch beyden weder gegeben noch genommen, weilen sowol manente
44
deputatione alß darnach Churcollen nach Mainz den vortritt hat, auch

[p. 113] [scan. 163]


1
Churbrandenburg außer seiner letzten stell nichts hocher praetendiren
2
konte. Ob aber, wan neben Churbrandenburg auch Churmainz und
3
Sachsen zur stell, die negotia alßdan collegialiter und waß gestalt und ort
4
hie oder zu Oßnabruck zu fuhren, werde eine andere frag sein, welche, wie
5
auch die vorige, beym deputationtag zu Franckfurt movirt, aber, soviel
6
man nachricht hat, annoch nit resolvirt, sondern anhero verwiesen werden
7
wollen. Und ob sie wol ohne expresse instruction in beyden nichts thun
8
würden, so hielten doch beßer, daß der schluß daruber zu besagtem
9
Franckfurt gemacht, damit man nit erst hier mit vielem disputiren die zeit
10
verliehren möchte, sonderlich hier in conspectu der frembden nationen. Die
11
intention aber im concept etwas beßer zu expliciren, mochte zu sezen sein:
12
‘et iam duorum electorum deputati ad manum sint, quorum alter uti a
13
collegio electorali deputatus reliquos absentes electores repraesentat’.

14
Welches ihnen die herren Churbayerische also gefallen laßen. Und
15
movirten beynebens ferner, daß fast aller orthen in der schrifft Caesaris
16
allein gedacht werde, sine mentione electorum vel imperii. Bey wel-
17
chem I. H. G. vermeldet, daß eben dergleichen zwischen den Kayser-
18
lichen und ihro, alß die erste schrifft zu papier bracht, ins mittel kommen.
19
Weilen aber besorgt worden, es möchten die Franzosische, wan de electori-
20
bus hinzugesezt, gleichfalß ratione imperii moviren und da auch dieses spe-
21
cificirt, alßdan zu scrupuliren anlaß nehmen, daß außerhalb I. H. G. de im-
22
perio niemand zur stell, und ihnen also auß unsern eigenen schifften
23
materi zu scrupuliren suppeditirt werden, so seye rhatsamer gehalten,
24
beydes außzuelaßen. 2. Seyen auch die tractaten biß hieher von Ihrer
25
Majestät allein gefuhrt, und sowol anno 1636 alß 1641 solches also deter-
26
minirt, daß das churfürstliche collegium den Kayserlichen, alß corpus
27
capiti, assistiren solle. Gestalt es dan also in obacht genommen, daß was
28
den Kayserlichen von den mediatoribus vorgepracht oder sonsten von den
29
Franzosen ins mittel kommen, sie Kayserliche alle mal sich erklehrt, daß sie
30
mit I. H. G., alß Churcolnischen deputirten communiciren müsten, wie ge-
31
schehen. 3. Solchen falß würden die Franzosen auch der churfürstlichen
32
vollmacht zue sehen begehren, welches aber mit I. H. G. plenipotenz sowol
33
die mediatores alß Kayserliche zu verhuettung weitläuffigen disputirens und
34
scrupulirens nit fur dienlich befunden. Weilen doch 4. wans zum beschluß
35
der tractaten kommen solt, des churfürstlichen collegii ratification und sub-
36
scription ohne dem, auch wol auf der Franzosen selbst begeren, würde hin-
37
zugethan werden müßen. 5. Würden besorglich die Kayserliche sowol alß
38
auch die mediatores ungern sehen, daß ietzt in stylo änderung
39
vorgenommen, und dadurch den Franzosen newe materi zu disputiren und
40
zeit zu gewinnen ultro ursach gegeben; wobey es dan die herren Churbaye-
41
rische bewenden laßen. Uber dieses referirten I. H. G., was bey ihro der
42
Savoyische abgeordtnete wegen der gesantschafft vorgebracht. Wobey
43
die herren Churbayerische vermeldet, daß sie deßhalber beraiz mit voriger
44
post Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht, mit anfuhrung der vom Volmari

[p. 114] [scan. 164]


1
movirter argumenten zugeschrieben und umb verhaltensbefelch gepetten.
2
[...].

3
1645 III 5
Sonntag Morgens zeitlich ließen I. H. G. beym Volmari
4
wegen des passus, den man in der replicschrift obverstandenermaßen zu
5
ändern sehen mochte, anpringen. Der es auff solche weiß beliebet und
6
sich erpotten, davon dem graffen von Naßaw gleichfalß parte zue geben.
7
Und movirte benebens der deputation halber eben dasjenige, was I. H. G.
8
zu gemuth gangen. I. H. G. liessen auch darbei andeuten, daß sowoll sie
9
alß Curbayerische vermainten, das beßere were, daß solche replic etwaß
10
kurzer und contrahiert werden mechte, dan die Franzosen alle wort uber-
11
legen wurden. Volmari andwortete, er wolle sehen, aber es werde sich
12
nit woll thuen lassen.

13
Nassau bei W. Da die Franzosen die Verweigerung des Exzellenztitels für
14
die Bayern mit dem Verhalten Nassaus begründen, ihnen die Spanier und
15
Contarini folgen, möge Nassau, der sich auch auf deutsch Exzellenz titulie-
16
ren
lasse und Befehl habe, die Kurfürstlichen dem Venezianer in allem
17
gleich zu behandeln, wenigstens einmal etwan gegen die mediatores,
18
Spanisch- oder Franzosische, wo es gelegenheit, von den Churbayerischen
19
zue reden, gebe, des titulß ‘Excellenz’ und hernacher doch in der Teutschen
20
sprach des Teutschen modi sich gebrauchen. Nassau erklärt, auf die
21
Anfrage, ob nicht den Kurfürstlichen gleich dem Venezianer der Titel ge-
22
geben
werden solle, sei vom Kaiser die Antwort gekommen, er sei in Deutsch-
23
land
nicht üblich, wenn er auch seit gewisser Zeit an einigen kurfürstlichen
24
Höfen den ksl. Gesandten gegeben werde. Sie sollten ihn weder fordern
25
noch zurückweisen, keinesfalls aber den Kurfürstlichen geben und sich not-
26
falls
auf diese Weisung beziehen. Hiernach gedachten I. H. G. der zu
27
papier gebrachten replic auf der Franzosen eingebene schrifft, daß eine
28
notturfft sein wolle, selbige zu maturiren und den mediatoribus furderlichst
29
einzuhendigen. Und deutteten ahn, daß sie davon vorgestern mit dem herrn
30
nuncio conferirt, der sich das vorhaben sonderbar gefallen laßen und mit
31
verlangen darauf wartte, ursach zu haben, das werck weitter zu treiben;
32
vermaine auch, daß diese replic in istis terminis occasio sein werde, die
33
Franzosen etwas ad rem zu pringen. Warauf der herr graff, ahn ihnen
34
solte nichts ermanglen. Sie hetten das concept, vermög Kayserlichen be-
35
felchs, den Spanischen communicirt, die noch heutigen vormittag zu ihnen
36
zu kommen beym Volmari sich angeben. Von denen erstlich diese zwey
37
puncten dabey movirt zue beobachten, daß die Franzosen in ihr ubergebe-
38
ner schrifft ihre vorige plenipotenz iustificiren, hingegen aber, daß die
39
Kayserliche umbgefertigt werden mußen, und dadurch fur unrichtig hiel-
40
ten. 2. Daß sie, die Franzosen, den Italienischen krieg pro libertate princi-
41
pum Italicorum gefuhrt zu haben außgeben, und dadurch der Kayser sowol

[p. 115] [scan. 165]


1
alß der konig von Spanien culpirt werden wolt. Ihnen seye aber auf das
2
erste begegnet, daß man von der plenipotenz zue moviren bedenckens ge-
3
tragen, weilen, wan man disseiz die Kayserliche hette justificiren, hingegen
4
die Franzosen ihre opinion manuteniren wollen, es aufs new unnottig
5
disputat und zeitverliehrung wurde abgeben haben. Es seye nun eine oder
6
die andere beschaffen [heit] richtig oder unrichtig gewesen, wie sie wolle,
7
hetten doch auf allerseiz guttbefinden

40
7 umbgefertigt – werden] Einschub: und mit etlichen worten und terminis
umbgefertigt werden müßen. So seye
8
auch wegen des andern iezt nit zeit zu scrupuliren, weilen man pro nunc
9
von den Teutschen sachen allein zue reden gedenckt; suo loco et tempore
10
aber werde sichs, wan dergleichen bei den Italianischen sachen weitter vor-
11
pracht, schon finden. Ob sie nun bey heut begerter zusammenkunfft weit-
12
tere erinnerung oder nuewes vorbringen thun würden, stunde zue erwar-
13
ten. I. H. G. bedanckten sich der gethanen communication und confor-
14
mirten sich mit den Kayserlichen in beyden puncten; und wolten im
15
ubrigen gern vernehmen, ob und was die Spanische dabey ferners mochten
16
vorpringen. Werbung des savoyischen Vertreters. Nassau: Auch wenn
17
Frankreich Savoyen das gewünschte Zeremoniell zugestehe, werde Spanien
18
es nicht tun wollen. Saavedra sage, es seyen lautter von den churfürstlichen
19
erst movirt und praetendirte noviteten. Biß dato seye es gegen einige andere
20
nit in usu gewesen alß den Kayser, Spanien und Franckreich, ietzt woll
21
mans so gemein machen, und ein yeder praetendiren, sein konig werde kein
22
große inclination darzu haben. Worauf I. H. G. replicirt, daß die novitet
23
ahm Kayserlichen hoff, auch von den Spaniern mit dem Veneto gemacht
24
und hie von den Spaniern und von den Franzosischen introducirt worden
25
were. Der graff von Naßaw meldete, [was] diß des Savoyischen suchen
26
anlangete, wie oben gedacht, mochte man sich, wans I. H. G. und den her-
27
ren Churbayerischen gefellig, formaliter underreden, und vermeine er, daß
28
man sich daruber wol werde in etwas vergleichen konnen. W hält
29
wegen des ostfriesischen Anbringens

41
Vgl. oben S. [107] .
reifliche Überlegung, besonders in
30
Hinblick auf den westfälischen Kreis, für nötig und empfiehlt dazu eben-
31
falls
ein Konferenz [...].

32
1645 III 6
Montag Mitteilung der Antwort Nassaus in der Titelfrage
33
an die Bayern.

34
Konferenz mit Volmar und den Bayern: Mitteilung der spanischen Ände-
35
rungswünsche zu der Replik [...]

42
Anlage 30: Erste und zweite Fassung der Replik mit Entwurf und Korrekturen Ws; vgl.
43
APW [III C 2,1 S. 292] .
.

36
Nachricht, Servien sei nach Osnabrück gereist. Die Ursache liege in seinem
37
Zerwürfnis mit d’Avaux. Nachdem jener sich neulich von den Schweden
38
habe überzeugen lassen, die Herausgabe der Proposition zu verschieben,
39
habe Servien auf Durchführung des gegenteiligen Befehls bestanden, ob-

[p. 116] [scan. 166]


1
wohl d’Avaux über die neuen Gründe erst nach Paris berichten wollte.
2
Dieser habe dann eingelenkt, aber den Entwurf Serviens abgelehnt, da er
3
nur Früheres wiederhole und besonders mit Bestehen auf der Zuziehung der
4
Stände und der Freilassung Triers den Weisungen widerspreche. Schließlich
5
sei er auch hierin gewichen, so daß Serviens Schrift den Mediatoren über-
6
geben worden sei. Das Mißverständnis sei aber inzwischen so groß, daß bei
7
den Verhandlungen nichts zu erhoffen sei, wenn nicht einer von ihnen ab-
8
berufen werde, worum d’Avaux schon nachgesucht haben soll.

9
1645 III 7
Dienstag [...]. Mitteilung Chigis: Salvegardien für die
10
württembergischen Klöster

35
Anlage 31: Französische Salvegardien für die württembergischen Klöster 1645 III 15.
; Gespräch mit d’Avaux, in dem dieser sich
11
über seinen Kollegen sehr beklagt hat.

12
Mitteilung Volmars: Übergabe der Replik an die Mediatoren. Diese hielten
13
die Weitergabe an die Franzosen zur Verhütung neuen Streites erst nach
14
Serviens Rückkehr für richtig, glaubten aber, daß bis zur Beilegung des
15
Streites oder Abberufung eines der Gesandten weder mit dieser Schrift
16
noch sonst viel zu erreichen sei.

17
1645 III 8
Mittwoch Mitteilung Nassaus durch Landsberg: Konfe-
18
renz
mit den Mediatoren: Wiederholung der Argumente für Übergabe der
19
Schrift nach Rückkehr Serviens; Anregung zur Kürzung der Einleitung,
20
was zur Vermeidung neuen Streites W und die Bayern auch schon für gut
21
gehalten hatten. – Rückkehr Serviens, der Angabe seiner Leute nach mit
22
schlechter satisfaction [...].

23
1645 III 9
Donnerstag Konferenz der Ksl. mit den Kölnern und Bay-
24
ern
(siehe APW III A 1,1 S. 10ff)

36
Mit Anlage 32–34: Dritte (endgültige) Fassung der ksl. Replik 1645 III 7 (Druck:
37
J. G. Meiern I S. 369 ff); Instruktion des fränkischen Kreises für die Deputierten zu
38
den Friedensverhandlungen (Druck: J. G. Meiern I S. 294ff); (Information aus Wien
39
in der Trierer Restitutionssache) fehlt.
. [

34
24 ...] am Rande: hucusque Churbayern.
...].

25
1645 III 10
Freitag Brasset

40
In Münster seit 1645 I 13.
bei W. Übergabe von Salvegardien für
26
die Herrschaft Hachenburg. Auf Ws Frage versichert er, die Franzosen
27
würden bald mit einer Proposition herauskommen. W: Viele bisherige
28
Zusagen, auf deren Erfüllung man um so mehr ein Recht habe, als die Ksl.
29
zur verabredeten Zeit ihre Proposition vorgelegt und gerade wieder auf die
30
letzte französische Schrift geantwortet hätten. Die Kayserliche und der
31
herrn churfursten anwesende gesandte seyen Gott lob einmütthig et
32
eiusdem firmae intentionis ad pacem, deßgleichen sie von beyden herren
33
Franzosischen plenipotentiariis, und daß sie unitamente auch zu solchem

[p. 117] [scan. 167]


1
zweck collimiren und den effectum demonstriren würden, verhoffen wol-
2
ten. Der secretari Brasset pliebe aber in generalibus und meldete allein,
3
es stehe zu hoffen, daß noch was fruchtbarliches vor Ostern werde konnen
4
tractirt und verrichtet werden [...].

5
Übergabe der Replik an die Mediatoren und durch sie an die Franzosen
6
[...].

7
1645 III 11
Samstag Danksagung Ws bei den Franzosen für die
8
Salvegardien. Sein Vertreter findet d’Avaux sehr erregt, wahrscheinlich
9
noch von einer gestrigen Auseinandersetzung mit Servien; er soll heute
10
wieder wegen seiner Abberufung geschrieben haben. Er äußert, aus der ksl.
11
Replik sei zu ersehen, wie weit man noch voneinander, und fügt hinzu, es
12
gerathe alhie zum frieden oder nit, so solten I. H. G. sich doch allezeit ver-
13
sichern, daß er bey yeder occasion geflissen sein wolle, ihro, was nur in
14
seiner macht, zu dienen. – Servien äußert, wie schlechte inclination zum
15
frieden die Spanier hetten, und daß mit den chur- und fürsten des reichs
16
leicht zu pacisciren sein werde; mit den Spaniern aber sehe er kein mittel,
17
die understünden sich, die chur-, fürsten und das reich ye mehr und mehr
18
ins spiel zu ziehen. Sie hätten sich wegen Verweigerung des Exzellenztitels
19
mit ihnen absprechen wollen, man habe aber geantwortet, Bayern stehe der
20
Titel zu, man werde ihn geben, wenn die Ksl. es täten.

21
Als auf Gerüchte von einem geplanten französischen Anschlag auf Heidel-
22
berg bei d’Avaux nachgefragt wurde, ob hinsichtlich des Landes und der
23
Kur Frankreich auf Veränderungen ziele, hat er versichert, die Zahl der
24
katholischen Kurfürsten solle nicht vermindert werden, die Unterpfalz
25
aber müsse, allerdings mit Klauseln zur Sicherung der katholischen Reli-
26
gion, restituiert werden. Da Straßburg den Kongreß beschicken will, hofft
27
er, daß die Schwierigkeiten wegen Erscheinen der Stände nun zu über-
28
winden seien [...].

29
1645 III 12
Sonntag [...]. Chigi bei W. Verhalten von d’Avaux und
30
Servien bei Entgegennahme der ksl. Replik; es scheint, daß sie sich so bald
31
über ihre weiteren Schritte nicht einigen können. Auf Drängen Chamborys
32
hat Chigi mit Nassau geredet, ob man nicht dem Savoyer entgegenschicken
33
und die übrigen Formalitäten bis zum Eintreffen neuer Weisungen ver-
34
schieben
könne. Nassau hat sich entschuldigt, er müsse den Bescheid er-
35
warten
, doch besteht Chambory nicht unbedingt auf Entgegenschicken
36
durch die Ksl., wenn nur neben den Franzosen und dem Nuntius auch die
37
Kurfürstlichen dazu bereit sind. I. H. G.: Sie wüsten gar wol, daß
38
Churcollen sowol alß Churbayern das hauß Savoya aus newlich angedeut-
39
teten ursach hoch aestimirten und auf alle weg gegen daselbe ihre gute
40
affection gern bezeigen würden. Sie hetten von diesem werck ahn
41
Churcollen, auch die Churbayerischen ahn ihren gnädigsten herrn gebührend
42
berichtet und kondten anderst hierin nit thun, alß uber ein und das ander

[p. 118] [scan. 168]


1
instruction und befelch zu erwartten. Wolten ihm aber in vertrawen nit
2
pergen, daß, alß schon vor geraumber zeit von abordnung des pfalzgraffen
3
zu Newburg, auch seiner selbst anherokunfft in persona erschollen, sie deß-
4
halber ahn beyde Churfürstlichen Durchlauchten zu Collen und Bayern
5
umb verhaltensnachricht geschrieben, und zur andtwort diese regulam
6
generalem empfangen, sich wegen endgegenschickens und dergleichen in
7
solchen fällen den Kayserlichen zu conformiren. Were auch solches nit un-
8
pillich, sondern gleich Ihre Kayserliche Majestät und die herren churfür-
9
sten des reichs miteinander unum corpus constituirten, also auch sich in
10
similibus uniformiter secundum suos gradus zu verhalten hetten. Und wei-
11
len nun der graff von Naßaw oblauts sich vernehmen laßen, were I. H. G.,
12
soviel Churcollen anlangete, die hand gebunden, und zweiffleten auch nit,
13
es würden die Churbayerische eines gleichmesigen instruirt sein. Chigi
14
will davon Chambory unterrichten. Die Franzosen haben ihn gedrängt,
15
wenn die anderen sich versagten, möge wenigstens er entgegenschicken. Er
16
hat erklärt, als Mediator könne er nicht einseitig mit den Franzosen hal-
17
ten
. Bedrückung des Kölner Klerus durch die Hessen und Pfalz-
18
Neuburg
. Chigi hat sich wegen Abstellung der hessischen Kontributionen
19
an die Franzosen gewandt; diesen ist von den Hessen entgegengehalten
20
worden, Pfalz-Neuburg und der Kaiser belasteten den Klerus in gleicher
21
Weise. Wenn jene ihre Haltung änderten, wollten die Hessen folgen.

22
1645 III 13
Montag Mitteilungen des bayerischen Gesandten: Ge-
23
spräch mit Chambory, bei dem er sich mit fehlenden Instruktionen ent-
24
schuldigt hat [...].

25
[...]

26
1645 III 16
Donnerstag [...]. Bayern bei W. Besprechung der in-
27
zwischen eingetroffenen Resolutionen wegen des savoyischen Empfanges.
28
Da Rosenhane Haslang besuchen will und man nicht weiß, wie er sich
29
wegen des Exzellenztitels verhalten wird, soll vorher angefragt werden.

30
Konferenz der Ksl. mit Kölnern und Bayern

39
Mit Anlage 35 (Reichskammergericht an ksl. und kurfürstliche Gesandte): fehlt.
(siehe APW [III A 1, 1 S. 13ff] ).

32
1645 III 17
Freitag Mitteilung Haslangs: Rosenhane hat geantwor-
33
tet, da Ksl. und andere Königliche den Exzellenztitel nicht gäben, könne er
34
es auch nicht tun. Auf weiteres Drängen hat er erklärt, er wolle sich wegen
35
der Titelfrage mit den anderen Gesandten und den Alliierten besprechen.

36
Mitteilung Nassaus: Die Schweden haben endlich Lamberg die erste Visite
37
gegeben und als Grund für die Verzögerung ihrer Proposition das Aus-
38
bleiben der Kurfürstlichen und Fehlen der Geleitbriefe für Mediat- und

[p. 119] [scan. 169]


1
Immediatstände genannt, worunter sie jetzt auch die aus den Ksl. Erb-
2
landen Vertriebenen

42
2 verstehen] am Rande: an Bayern 1645 III 18, an Köln 1645 III 19
verstehen.

3
Chambory bei W. Motive für den möglichst baldigen Einzug des savoyi-
4
schen
Gesandten: Erstlich darumb, daß der gesandter ein zimblich alter,
5
mehr dan 60 jähriger man, der sich aniezo nit zum besten auffbefinde, und
6
dorten zu Wolbeck weder mit medicis noch medicin einige gelegenheit seye.
7
2. Daß den hern churfursten selbst darahn gelegen, zuemalen die Franzosi-
8
sche sie mit der endgegenschickung und dem praedicato Excellenz forma-
9
liter tractiren und verehren würden. Und weilen dan das hauß Savoya den
10
hern churfursten nachginge, würden sie dadurch in ihrer gebuhrender
11
praeeminentz sich soviel da mehrers fundiren. 3. Alß viel er vermerckt,
12
dorffte wol einer auß den Franzosen selbst bose officia praestiren, und wie
13
sie sich iezo erklehrt, hernegst wieder zuruckfallen, und endzwischen von
14
Pariß eine wiederwertige resolution oder befelch erfolgen. Umb desto meh-
15
rer sie den hereinzueg zu maturiren. Nassau hat ihn zwar auf einen
16
baldigen Bescheid aus Wien vertröstet, doch kann dieser, da der letzte Be-
17
richt
erst vor acht Tagen abgegangen ist, nicht vor zwei oder drei Wochen
18
vorliegen. Da Savoyen auf dem Entgegenschicken der Ksl., der Spanier
19
und Contarinis nicht besteht, mögen neben den Franzosen die Kurfürst-
20
lichen
schicken. W: Auf seine früheren Berichte hat er von Kur-
21
köln
und Kurbayern vorgestern die Resolution erhalten, daß sie dem hauß
22
Savoya wegen angezogenen ursachen, auch der verwandtnus halber hoch
23
affectionirt, und nichts underlaßen wolten, was zu deßen contestation nur
24
immer müglich und gereichig sein konne. Würden also I. H. G. die bezei-
25
gung thun, auch, wie sie vernehmen, von den herrn Churbayerischen
26
geschehen. Es stunde aber zu consideriren, ob der einzug nit beßer noch eine
27
8 oder 14 tag eingestelt pliebe, weilen underdeßen auch den Kayserlichen
28
befelch zukommen möcht, alßdan die reputation und ehr des hauß Savoya
29
desto größer sein würde. Der monsieur Chaumbory aber wiederholte die
30
vorangezogene rationes, undt sonderlich wegen des gesandtens gesundtheit
31
nachmaln gar starck. Warauf I. H. G., wan sie ye vermainen, daß der
32
einzug lenger nit zu verschieben, und man gesichert were, daß der herr
33
nuncius und die Franzosische schicken würden, die ehr mit der endgegen-
34
schickung nit allein wegen Churcollen, sondern auch sie ihre schuldigkeit
35
und gute affection erweisen, zweyffelten auch nit, der herr Churbayerische,
36
wan er gebuhrend requirirt, dergleichen zu thun gesinnet sein werde [...].

37
1645 III 18
Samstag [...]. Mitteilung der Bayern: Chigi hat auf ihr
38
Anbringen wegen der Türkengefahr geantwortet, er habe sich schon an den
39
Nuntius und den venezianischen Vertreter in Paris gewandt, damit die
40
französischen Gesandten Befehl zur schleunigen Fortsetzung der Verhand-
41
lungen erhielten.

[p. 120] [scan. 170]


1
Mitteilung an Chigi: W hat Befehl, wegen der Türkengefahr auch vorstellig
2
zu werden, muß aus Gesundheitsgründen den Besuch aber um einige Tage
3
verschieben. Anfrage, wie Chigi und die Franzosen sich zum savoyischen
4
Einzug verhalten werden. Antwort: Chigi wird entgegenschicken,
5
wenn entweder die Ksl., die Spanier oder die Kurfürstlichen es tun; der
6
Franzosen ist er sicher, Contarini wird nicht schicken [...].

7
Mitteilung der Bayern: Rosenhane verweigert definitiv den Exzellenztitel,
8
obwohl man ihm klarzumachen suchte, daß zwischen Gesandten und Resi-
9
denten ein Unterschied bestehe. Der Besuch ist deshalb aufgegeben worden.

10
1645 III 19
Sonntag Mitteilung Nassaus: Krosigk

41
Adolf Wilhelm von Krosigk (gest. 1657), hessen-kasselischer Geheimer Rat und Gesand-
42
ter (vgl. J. L. Walther S. 67).
war incognito bei
11
ihm, nachdem Nassau ihn wegen Milderung der Kriegslasten in der Graf-
12
schaft Hadamar zu sich gebeten hatte. Die erste Visite haben die Hessen
13
den Ksl. bisher noch nicht gegeben.

14
Mitteilung Haslangs: Besuch bei Contarini wegen der Türkengefahr. Der
15
Venezianer erwähnte, daß in Osnabrück alle Verhandlungen stockten und
16
die Schweden sich mit Fehlen kurfürstlicher Vertreter entschuldigten. Die
17
Bayern haben deshalb vorgeschlagen, auf Beschleunigung der brandenbur-
18
gischen
Deputation zu dringen. I. H. G.: Sie hieltens für gar dienlich,
19
vermuttheten aber, sie würden auf der raiß begriffen sein und ehestens in
20
der nähe anlangen, also nit wüsten, wo sie die schreiben werde konnen an-
21
treffen. Zuedem, wan schon die Churbrandenburgische abordnung hier,
22
und zue Oßnabruck nit oder auch dort ohn die Churmainzische erfolgen
23
würde, so cessire doch die difficultet und der praetextus nit. Vermeinten
24
also, daß nit allein ahn den Churbrandenburgischen, sondern auch ahn
25
Churmainz selbsten zu schreiben. Welches die Churbayerische mit fur
26
gut gehalten und vermeldet, ob nit solche schreiben in gesambtem nahmen
27
zu thun, und in dem ahn die Brandenburgische ad partem oder per
28
postscriptum sich des praedicati Excellenz auf ihn Churbayerischen zu ver-
29
sichern. Auf welches I. H. G. geandtworttet, sie sehen nit wol, wie der
30
Churbayerische dem Churbrandenburgischen das praedicat zu attribuiren,
31
in incertitudine, obs ihm werde zuruckgegeben, es aber zu underlassen, hielten
32
auch bedencklich. Zudem stunde auch darumb ahn, weil man sich gegen die
33
frembde nationen mit dem stylo linguae Germanicae endschuldiget, daß
34
aniezt dem Churbrandenburgischen gegeben werden solt, so den Kayser-
35
lichen bißhero nit geschehen, welches desto mehr praeiudicirlicher, daß es
36
das ansehen hab, alß wan allein der Kayser umb der Venetianer willen den
37
churfursten den titul verwaigerte. Dahero beßer zu sein vermainten, daß
38
man rem integram verpleiben zue laßen, und I. H. G. dem Churbranden-
39
burgischen, wie vorhin schon offter geschehen, und mit dem sie ohne das
40
bekendt, allein zuschreiben. So den Churbayerischen also beliebet

43
Anlage 36: W an Kurmainz 1645 III 21; W an Wittgenstein 1645 III 21.
.

[p. 121] [scan. 171]


1
1645 III 20
Montag D’Avaux läßt als Quartier Longuevilles den
2
Bischofshof und einige Domherrnkurien begehren. Auf den Einwand, daß
3
der Kurfürst von Köln zu kommen plane, gibt er zu, daß diesem der Vor-
4
rang gebühre, nur wolle man sicher gehen, daß der Bischofshof später nicht
5
anderen, etwa den Spaniern, eingeräumt werde.

6
Contarini bei W: Rühmt die bayerische Sorge wegen der Türkengefahr.
7
Mißtrauen in die türkischen Friedensversicherungen. Verstärkung der vene-
8
zianischen
Seemacht, u. U. auch durch Schiffe aus den Niederlanden. Not-
9
wendigkeit
des Friedens in Europa. W: Daß die Franzosen nach dem
10
ietzt in Boheimb unglücklich vorgangenen treffen

43
Schlacht bei Jankau 1645 III 6 (vgl. F. W. Barthold II S. 505ff).
die rechte occasion
11
hetten, desto mehrer auf den frieden wenigst mit dem reich zu tringen und
12
sich eiffrig zue bezeigen; nit allein darumb, daß sie villeicht mit ihrem
13
großeren avantagio zu geschehen vermainen mechten, sondern auch, daß
14
ihnen ab dieser Schwedischen victori noch große gefahr uber den halß
15
wachsen, indeme dadurch die catholische religion in Theutschlandt under-
16
truckt, und die Hugonotten in Frankreich wieder plantirt und eingefuhrt
17
werden dörfften. Zumalen die Schweden, alß welche a mare Baltico biß ahn
18
die Weeser aniezo die oberhandt haben, und in Boheimb und den erblanden
19
die rebellische underthanen (maßen ihr intent gewesen) leicht ahn sich
20
ziehen konnen, dergestalt formidabel sich machen werden, daß sie auf der
21
Franzosen einreden wenig mehr achten möchten. Und stehe noch beynebens
22
zue besorgen, daß die uncatholische im reich, wo sonderlich der grund
23
gegen Ihre Kayserliche Majestät nit gar gut, mit ihnen Schwedischen sich
24
abermal coniungiren, die catholische, sonderlich geistliche stifft und landen,
25
welche ohne daß ganz enervirt und erschöpfft, vollendts undertrucken, und
26
sich wol gar uber die Maaß und Rhein in die nähe in Franckreich begeben,
27
auch gleichergestalt die malcontanten und Hugenotten in Franckreich ahn
28
sich ziehen möchten. Welchem er Venetus beyfall geben, und ist der
29
discurß circa hanc materiam continuirt, sonderlich, wie auch a parte des
30
reichs diesem werck vorzukommen. Dabey haben I. H. G. abermal des
31
armistitii meldung gehabt, davon vor diesem, alß die sachen noch beßer
32
stunden, in vorschlag kommen. Welches er fur gar thun- und nuzlich
33
gehalten, allein daß man versichert sein müste, daß wan es die mediatores
34
proponirt, und etwa die Franzosen inclinirten, solches ex parte Caesaris nit
35
difficultirt würde; hielte auch wol dienlich und hochstnöttig, daß man sich
36
ahn seitthen Ihrer Kayserlichen Majestät und des reichs, was zu thun, für-
37
derlichst vergleichen mocht. W versichert, daß nach Erledigung der
38
morgigen Post darüber zwischen Ksl. und Kurfürstlichen beraten werden
39
soll. Contarini: Schwierigkeiten wegen Uneinigkeit zwischen den französi-
40
schen
Gesandten; Peñaranda soll unterwegs sein und vor Ostern eintreffen.
41
Auf die Frage, wie ohne die richtige Vollmacht die Franzosen mit diesem
42
verhandeln würden, klagt Contarini über die spanische Haltung in der

[p. 122] [scan. 172]


1
Vollmachtsfrage. Die Franzosen haben den Mediatoren schon eine ver-
2
schlossene
Schrift zugestellt, die aber erst nach Eintreffen der spanischen
3
Vollmacht geöffnet werden darf. Sie wollen nach Erlöschen der früheren
4
Vollmacht die Spanier nicht mehr als Gesandte anerkennen. Die Mediato-
5
ren
haben ihnen das bisher ausgeredet, doch sind Schwierigkeiten zu erwar-
6
ten
, wenn nicht spätestens mit Peñaranda die neuen Vollmachten eintref-
7
fen
. Obwohl Frankreich zur Verstärkung der staatischen Truppen für einen
8
Angriff auf Dünkirchen die Subsidien verdoppelt, hat man Nachricht, daß
9
die Staaten das Unternehmen ungern sehen, auch die assistenz nur freda-
10
mente thun wurden, weilen sie wol begriffen, daß die Franzosen in der
11
nachparschafft ihnen gar zu potent zu werden anfingen. Und were zwi-
12
schen Franckreich und Spanien dieser große underschied, daß dieser mit
13
seiner macht ihnen den Staden weit abgelegen, hingegen aber jener, nemb-
14
lich Franckreich, mit diesen landen ganz contigue, undt also die potentia
15
und vires magis coniunctae weren, welches von den Holländern gar starck
16
apprehendirt werde. I. H. G. subnectirten, eben dergleichen habe, wie
17
vorgedacht, Franckreich von den Schweden zu apprehendiren, und
18
in sonderheit, da die uncatholische sich zusammenthun und die Hugenotten
19
in Franckreich aufwigglen würden.

20
1645 III 22
Mittwoch Mitteilung des Kommandanten von Hamm

38
Alexandre de Bournonville (1585–1656), comte de Hennin, ksl. Oberst.
:
21
Ankunft Wittgensteins; die übrigen brandenburgischen Gesandten werden
22
in den nächsten Tagen erwartet.

23
Mitteilung des savoyischen Gesandten: Der Einzug soll morgen stattfinden.
24
W sagt das Entgegenschicken zu, falls Chigi und die Franzosen schicken und
25
den Bayern die Ankunft ebenfalls notifiziert wird.

26
1645 III 23
Donnerstag Gespräch mit einem Vertreter Chigis:
27
D’Avaux sucht auf jede Weise, auch auf die Gefahr des königlichen Un-
28
willens hin, seiner Stellung ledig zu werden, und erwartet mit nächster Post
29
die Antwort. Beide Gesandte kommen nicht mehr zusammen, es ist mit
30
ihnen nicht mehr zu verhandeln.

31
Vertrauliche Mitteilung der französischen Proposition in Den Haag

39
Anlage 37: Proposition d’Estrades an Generalstaaten 1645 II 28.
. War-
32
nung Spaniens an Dietrichstein wegen der schwedischen Erfolge in Polen

40
Anlage 38: Memorial betr. schwedische Fortschritte in Polen. – Maximilian
41
Reichsfürst von Dietrichstein (1596–1655), ksl. Minister, Geheimer Rat 1648.
.

33
Einzug des savoyischen Gesandten, dem Chigi, die Franzosen, W, die
34
Bayern und der schwedische Resident

37
34 entgegenschicken] am Rande: an Bayern 1645 III 24, an Köln 1645 III 25
entgegenschicken.

35
1645 III 24
Freitag Danksagung des savoyischen Gesandten durch
36
einen Vertreter.

[p. 123] [scan. 173]


1
1645 III 25
Samstag W trifft Nassau bei den Jesuiten: Bericht über
2
das Gespräch mit Contarini, Anregung einer gemeinsamen Beratung in
3
Kriegs- und Friedenssachen.

4
W bei Haslang. Weith aussehend Brandenburger Votum circa gravamina
5
am Frankfurter Deputationstag. Beabsichtigte Vorsprache bei Chigi wegen
6
des Reichskammergerichtes. Nachricht Kranes, daß die Schweden nun auf
7
die venezianische Vermittlung in Osnabrück drängten, welches ihro selzam
8
zu sein beduncke. Verhalten der Kurfürstlichen, wenn Chigi und die
9
Franzosen dem Savoyer die Visite gäben. Zum Brandenburger Votum
10
wird im Gespräch bemerkt, wie zu verspühren, daß die uncatholische die
11
gravamina religionis zu diesen friedenstractaten zu ziehen gedencken, zu
12
befurchten seie. 2. Welcher gestalt nit unklar abzunehmen, daß Chur-
13
brandenburg mit Hessen Cassel damit umbgehen, die Calvinische sectam im
14
reich zu solidiren und noch weitters zu propagiren und fortzupflanzen. In-
15
maßen dan auch I. H. G. von gewissem orth nachricht haben, wie der graff
16
von Witgenstein, Churbrandenburgischer gesandter zu diesen friedenscon-
17
gressibus, sich alberait verlauthen laßen, es würde der fried bald getroffen
18
werden konnen, wan die Calvinische gleich die Lutterische religion im reich
19
aequali passu gedultet; außer dem aber keiner zue hoffen seye, oder es
20
damit doch hart werde zugehen. Wegen des Kammergerichtes erbieten
21
die Bayern sich zu gleichmäßigen Bemühungen. Daß die Venetianische
22
mediation von den Schweden so eiffrig solte gesucht werden, hetten sie
23
ebenfalls, und nit ohne verwunderung vernommen; mit vermelden, daß wol
24
eine große confidenz in die Venedische republicq, alß die catholisch, müste
25
gesetzt oder es sonsten nit recht ernst gemeint sein. Bey welchem
26
I. H. G. vermeldet, sie wolten dieses passus morgen beym herrn nuncio
27
mitgedencken und vernehmen, ob er deßhalber vom Venetianischen pott-
28
schaffter etwas penetrirt, und warahn es doch mit dieser mediation haffte.

29
Uber das vierte ist allerseits gutt und nottig vermeint, daß wan der herr
30
nuncius und die Franzosische den Savoyer visitirt, man in nahmen der
31
herrn churfursten solches gleichergestalt zu thun nit werde vorbey sein
32
konnen.

33
1645 III 26
Sonntag W bei Chigi. Dank für Chigis Schreiben an
34
Pamfili in der Kölner Koadjutoriesache

39
Camillo Pamfili-Maidalchini (1622–1667), Kardinal 1644–1647. In Köln war 1642 II
40
10 der Neffe des Kurfürsten, Hg. Maximilian Heinrich von Bayern (1621–1688), zum
41
Koadjutor gewählt worden, wogegen der unterlegene Kandidat, der Domdechant Hg.
42
Franz von Lothringen (1599–1661), Protest eingelegt hatte. Die endgültige päpstliche
43
Entscheidung stand noch aus. Vgl. J. Foerster S. 392f.
. Entschuldigung wegen
35
Verzögerung seiner Vorsprache in der Türkenfrage und Dank für die den
36
Bayern erteilte Resolution. Bitte um Verwendung für die Sicherheit des
37
Kammergerichtes in Speyer bei den Franzosen. Da die bisherigen französi-
38
schen
Salvegardien nicht respektiert worden sind, werde am besten Speyer

[p. 124] [scan. 174]


1
für neutral erklärt. Auß welchem der herr nuncius mit dem
2
Venetianischen und folgents in gesambt mit den Franzosen zu reden sich
3
erpotten und alles gar guet befunden. Diesem nach gedachten I. H. G.
4
der tractatuum pacis dahin, es seye hochstens zu bethawren, daß die Fran-
5
zosen nichts auf die disseitige replic thetten, ja so gar keine andwort dar-
6
auff geben, welches alle gute herzen nit unbillich kleinmutthig gemacht,
7
sonderlich wegen ieziger coniuncturn bey dem iüngst in Boheimb
8
unglucklich vorgangenen treffen. Weilen nun der her nuncius ihr
9
schon vor guter zeit die vertrostung geben, daß er neben dem Veneto
10
deßwegen in die Franzosische mit ernst und eiffer tringen wolte, läßt W
11
sich von Chigi berichten, was während seiner Erkrankung deshalb vorge-
12
fallen
ist: Am Montag haben die Mediatoren die Franzosen aufsuchen
13
wollen, die aber, weil sie um den Zweck des Besuches wußten, einige Tage
14
Aufschub erbaten. Unterdessen hat Saavedra den Mediatoren vorgetragen,
15
daß neben ihm auch die Ksl. es für bedenklich hielten, wenn man gerade
16
nach der Niederlage bei Jankau die Friedensbemühungen verstärke, da das
17
die Feinde noch übermütiger mache. Darauf haben die Mediatoren, um Ksl.
18
und Kurfürstliche nicht zu verletzen, alle weiteren Schritte bis zum Ein-
19
treffen
der Post aus Frankreich verschoben. I. H. G. replicirten
20
hierauff, ihro komme dißes sehr befrembd und wunder vor, zumaln sie viel
21
mehr das contrarium wusten, indeme sowol die Kayserlichen als sie und
22
Churbayerische den austrücklichen befelch hetten, omni meliori modo et
23
quocumque tempore die tractaten zu stimuliren und fortzusezen. Und kon-
24
ten gar nit begreiffen, wie der Savedra dergleichen sich understehen und
25
sagen dörffen, weniger glauben, daß die Kayserliche davon wissenschafft
26
haben oder dieser mainung sein solten; gestalt sie dan nicht underlaßen,
27
sich deßen morgen ahm tag zu erkundigen, und ihnen herrn nuncium der
28
bewandtnus hinwieder zue berichten. Dabey nebens gebetten, daß doch die
29
erinnerung bey den Franzosischen ja lenger nit, alß dem vorhaben nach,
30
auf erchtag

42
Dienstag.
möchte verschoben werden, welches er angelobet. Und sezten
31
I. H. G. dießem begehren noch ferner hinzu, daß, da wieder verhoffen die
32
Franzoßen ye zur formalproposition ad pacem nit zue bewegen, von einem
33
armistitio, deßen sie underschiedlich erinnert, auf die bahn gepracht wer-
34
den möchte. Worauf der herr nuncius, er wisse nit, was hiebey der
35
herren Kayserlichen mainung eigentlich seye; vom Savedra verspuhre er
36
zumal keinen sinn oder lust darzu. Auf welches I. H. G., dem were wie
37
ihm woll, a parte des reichs würde man die Spanier, ob sie mit Franckreich
38
einen frieden oder stillstand der waffen in ihren konigreich und landen
39
wolten eingehen, nit viel bitten, und hingegen wegen fortsezung der frie-
40
denstractaten, auch des armistitii halber sich ohne dem wol vergleichen
41
konnen, und von ihrentwegen in mehrer gefahr und ruin nit sezen wollen.

[p. 125] [scan. 175]


1
Der her nuncius andworttete, mit I. H. G. seye ers in allem ganz eins, nur
2
seye zu bethauren, daß die Franzosen so gar auf keinen weg zu pringen.
3
Wie es dan ahn dem, daß, obgleich die mediatores etwas vorschlagen, sie
4
dannoch, wans ihnen nit annehmblich oder gefellig, still darzu schweigen,
5
und die mediatores, ihres stimulirens ungeachtet, nur ansehen. Welches
6
ihnen nit wenig verdrießlich, und die patientz schier verliehren machen
7
thette. Addebat, dem verlauth nach werde der Longeville zwarn anhero,
8
villeicht aber sobald nicht, alß die Franzosen außgeben, kommen, und
9
besorge er doch, daß durch seine praesenz, wan diese beyde verbleiben
10
solten, den sachen nit genug werde geholffen sein, und insonderheit mit des
11
Servients humor nit vergleichen konnen. Bericht Ws über Festnahme
12
und Freilassung des Osnabrücker Domdechanten

37
Mit Anlage 39: Melschede an W 1645 III 21; Schreiben des Kommandanten von
38
Minden 1645 II 22/III 4 betr. Freilassung Melschedes.
, alles gegen den
13
außtrucklichen buchstaben des praeliminarvergleichs. Und ob es woll den
14
nahmen haben soll, alß wan es ohn vorwissen des Oxensterns geschehen,
15
seye doch alles durch ihnen selbst angestelt und verhengt worden. Wo-
16
ruber der herr nuncius sich verwundert und angelobt, daß ers den Fran-
17
zosen, sonderlich dem d’Avaux, alß der ihnen in dieser sach eines weit
18
andern versichert, vorhalten und eiffrig remonstriren wolte. [...].

19
1645 III 27
Montag [...]. Bayern bei W. Bericht über ihren Besuch
20
bei den Franzosen, denen sie dargelegt haben, daß angesichts der Türken-
21
gefahr und der schwedischen Fortschritte in Deutschland ein schneller
22
Frieden auch in ihrem Interesse liege. Die Franzosen haben sie nur angehört
23
und sich in nichts weiter einlassen wollen. Bericht Ws über das Gespräch
24
mit Contarini.

25
Konferenz der Ksl. mit Kölnern und Bayern

39
Mit Anlage 40–43: Kg. von Frankreich an Generalstaaten 1645 III 4; Proposition
40
d’Estrades 1645 II 28 (wie Anlage 37); Schreiben aus Antwerpen 1645 III 20; ksl.
41
Gesandte Osnabrück an ksl. Gesandte Münster 1645 III 23; ksl. Gesandte Osnabrück an
42
Kaiser 1645 III 23 (Druck: APW II A 2 S. 227ff).
(siehe APW [III A 1,1 S. 19ff] ).

27
1645 III 28
Dienstag [...] . W bei Chigi. Bericht über die gestrige Be-
28
sprechung
mit den Ksl., besonders daß jene mit dem Vorschlag Saavedras
29
nicht einverstanden sind und die Mediatoren um Fortsetzung ihrer Be-
30
mühungen
bitten. Auff welches der her nuncius gesagt, er habe sich nit
31
anderst imaginiren konnen; und seye ihm gleich suspect gewesen, daß der
32
Savedra allein ohne den Bruin zu ihm kommen und dieses proponirt.

33
Wobey I. H. G. vermeldet, der Brün konne selbst dieser mainung mit
34
ihme nit sein, dan er, alß ein Burgunder, wol wisse, wie es mit dem armisti-
35
tio oder neutralitet in Burgund beschaffen, hette also gegen sich selbst
36
reden müßen. Der herr nuncius gedacht, umb 3 werde der Venetus zu ihm

[p. 126] [scan. 176]


1
kommen, miteinander ihre postschreiben, sonderlich was von Pariß emp-
2
fangen, zu communiciren, wolten alßdan in die Franzosen der andwort
3
halber sezen.

4
Erste Visite Ws beim savoyischen Gesandten, den Chigi und die Franzosen
5
schon besucht haben.

6
1645 III 29
Mittwoch [...]. Mitteilung Chigis: Die gestrige Unter-
7
redung mit Servien blieb im allgemeinen. Servien hat angedeutet, in Paris
8
fänden jetzt intensive Beratungen über den Frieden statt, ferner solle einer
9
der Gesandten durch Thuillerie

31
Gaspar Coignet (1597–1653), sieur de La Thuillerie, comte de Courson 1648, französi-
32
scher Gesandter in Den Haag.
ersetzt werden, was man auf d’Avaux
10
bezieht. Als Chigi die Absicht der Mediatoren andeutete, bei den Franzosen
11
die Proposition anzumahnen, hat Servien versichert, er und d’Avaux
12
würden morgen von sich aus die Mediatoren aufsuchen. Dazu haben sie sich
13
heute bei erneuter Nachfrage wieder erboten.

14
Volmar bei W. Mitteilungen der Ksl. aus Osnabrück

33
Anlage 44: Ksl. Gesandte Osnabrück an ksl. Gesandte Münster 1645 III 27; ksl.
34
Gesandte Osnabrück an Kaiser 1645 III 27 (Druck: APW [II A 2 S. 232ff] ) mit
35
Beilagen: 1. Notariatsinstrument Osnabrück 1645 III 17/27 über Vorfälle beim
36
Begräbnis der Anna Catharina von Baer Witwe Steinhausen (später als Anlage 80);
37
2. Bittschrift der Christina Maria von Baer Witwe Marschalck an ksl. Gesandte Osna-
38
brück 1645 III 12/22.
. Wegen der Klagen
15
des Pfarrers von Gehrde

39
Gehrde bei Quakenbrück, Ort in Hochstift und Bistum Osnabrück.
soll Protest wegen Bruch des Präliminarvertrages
16
erhoben werden. Im Zusammenhang damit bringt W gegen die Katholiken
17
gerichteten Maßnahmen der Schweden in Osnabrück zur Sprache, die nach
18
seiner Meinung dem Präliminarvertrag widersprechen, und regt eine Zu-
19
sammenstellung darüber an.

20
1645 III 30
Donnerstag Mitteilung Nassaus: Schreiben Savellis

40
Anlage 45: Savelli an ksl. Gesandte Münster 1645 III 11. – Federico Savelli (gest.
41
1649), duca di Savelli, principe di Albano, ksl. Feldmarschall, ksl. Botschafter in Rom
42
1644–1649.
[...].
21
Bericht Recks über Erkundigungen bei Chigi, dem er gleichzeitig das
22
Schreiben Savellis mitteilt: Die Franzosen waren trotz starken Drängens
23
der Mediatoren nicht zur Herausgabe einer schriftlichen Erklärung bereit
24
und bestanden in ihrer mündlichen Stellungnahme zur ksl. Replik wieder
25
auf der Freilassung Kurtriers, dem Erscheinen einer größeren Anzahl von
26
Ständen sowie auf einer Erläuterung der Ksl. über die mit dem Termin 163

43
Lücke im Text.

27
verbundene Absicht. Die Mediatoren haben diese Einwürfe als
28
Verzögerungsversuche bezeichnet und die Franzosen an das Versprechen
29
vom Dezember erinnert, nach einem Monat zur Sache zu kommen. Auf den
30
Vorwurf, die Franzosen wollten weder sagen, bis wann und auf welche

[p. 127] [scan. 177]


1
Stände sie warten müßten, noch ihre Alliierten benennen, sei dem
2
Servient haraußgewischt, zum beschluß der friedenshandtlung würde man
3
die alliirte schon benennen, deren sich alßdan wol mehrere finden möchten,
4
alß man vermutthet. Auß welchem des hern nuncii selbst mainung nach zu
5
schließen ist, daß noch taglich mehrere zerspalt- und trennung der reichs-
6
stende und darauß erfolgende unruhe im reich von den Franzosen gesucht
7
und erwarttet werde. Da diese Haltung der Gesandten nicht mit den
8
Äußerungen Bichis

41
Alessandro Bichi (1596–1657), Kardinal 1633, Nuntius in Paris 1630–1634.
in Rom übereinstimmt, glaubt Chigi, daß die
9
Gesandten sich nicht an die Weisungen des Hofes halten, doch würden sie
10
wol einen wunck von hoff aus haben, worauf sie sich zu verlaßen. Dahero
11
Ihrer Hailigkeit er eben iezo schriebe, daß sie doch mit allem ernst und
12
eiffer das negotium pacis beym Franzosischen hoff pressiren und forttrei-
13
ben laßen mochten; sonsten wan das werde allda anderst nit incaminirt,
14
nichts alhier zu richten sein würde. Was der cardinal Bichi mit dem
15
Kayserlichen ambasciadorn zu Rom gered, hab er auch dem Venetianischen
16
daselbst angedeutt, vermeine auch, daß er ihme die proposition communi-
17
cirt, und selbige bey hiesigem Veneto zu finden sein werde. Die Franzosi-
18
sche alhier gingen mit andern streichen umb, und wan sie gleich iezo
19
wiederumb was schrifftliches solten ubergeben, werde es doch in effectu ihr
20
erst vermeinte proposition sein. Mit den Spaniern aber wolten sie vor ein-
21
langung anderwertter dero plenipotenz nichts tractiren, maßen er neben
22
dem Veneto den Kayserlichen von diesem allem parte gehen würde, wie-
23
wol sie denselben ihre verrichtung bey den Franzosen mit diesen wortten,
24
daß sie nichts gerichtet, genugsamb expliciren kondten. I. H. G. bey ihm
25
beschehene erinnerung wegen eines im stifft Oßnabruck vom Gustavo

42
Gustaf Gustafsson (1616–1653), Gf. von Vasaborg, natürlicher Sohn Kg. Gustav
43
Adolfs, schwedischer Inhaber des Bistums Osnabrück.
ein-
26
gesezten praedicanten hab er den Franzosischen umbstendlich vorpracht,
27
und sowol bey dieser alß andern occasionen, seinem beruff nach, beweglich
28
zue gemüth geführt, daß sie mit denen, welche Gott und seiner kirchen
29
keinen glauben hielten, zu so groß und scheinbarem der catholischen reli-
30
gion undergang zuhielten. Und wurden sie, wan sie anderst zu den sachen
31
nit thetten, zu ihrem selbst eigenen schimpff und schaden noch gewahr
32
werden, daß ihnen die Schwedische ins gesicht speyen würden. Inmaßen er
33
dan die gewisse nachricht hette, daß noch kurzlich der Gustavus Gustavi-
34
sohn zu einem geistlichen, welcher in einer zumal gerechten sach ihm ein
35
vorschreiben von ihnen Franzosischen zugebracht, geandtworttet, es ginge
36
ietzo mit solchen schreiben noch hin, wan aber die Schwedische armada
37
noch eine victori erhielte, so hetten die Franzosen mit dem vorschreiben nit
38
mehr zue bemühen. Die von I. H. G. begerte schreiben und remonstrationes
39
ahn die Schwedische gesandten zu Oßnabruck in vorangedeutter sachen
40
wegen des eingesezten praedicantens hetten die Franzosische abgehen zu

[p. 128] [scan. 178]


1
laßen sich erpotten. Und alß danebenst den mediatoribus recommen-
2
dirte Speyerische cammergerichtsversicher- und verschonung remonstrirt,
3
hetten sie gleichfalß angelobet, deßwegen schreiben abgehen zu laßen;
4
gestalt sie dan auch darumb von etlichen protestirenden fursten ersucht,
5
und ohnedem der konig in Frankreich anderst nichts intendirte, alß daß die
6
justiz, Teutsche freyheit und der reichsstatus moge erhalten werden [...].

7
Erkundigung wegen der Pfarrei Gehrde bei den Franzosen. D’Avaux,
8
der allein ist, verspricht seine Unterstützung und kommt auf seine Diffe-
9
renzen
mit Servien und die Abberufung eines der Gesandten. Doch würden
10
beyde biß zue des Longeville ankunfft, ob selbiger den vergleich treffen
11
kondt, noch verpleiben; wo aber solches nit, maßen er es wegen des
12
Servient humor unmoglich hielte, so werde einer von ihnen weg, und hoffe
13
er alßdan einmal von diesem seinem collega redimirt zu werden. Gab dabey
14
soviel zu verstehen, wan er alß caput legationis ante adventum des Longe-
15
ville abgefordert werden solte, ein solches groß aufsehen, alß ob man a
16
parte Franckreich keinen lust zum frieden, geben dörfft. Auch der Ser-
17
vient, alß welcher gar zu hitzig, allein nichts werde richten, weilen es mit
18
schnarchen und pochen nit wolle gethan sein, wie er so viell jar im Teutsch-
19
land gelehrnet. D’Avaux möchte an der am kommenden Sonntag von
20
W vorzunehmenden Weihe eines Weihbischofs für Paderborn

38
Bernhard Frick (1600–1655), Bf. von Cardica, Weihbf. von Paderborn 1644.
teilnehmen,
21
fürchtet aber, daß Servien ihn, zumal wenn auch die Bayern anwesend
22
sind, als gar zu Kayserisch und churfurstisch verleumden werde, weshalb
23
man durch die Einladung von dessen Frau

39
Augustina La Roux (1615–1652), comtesse de Servien.
auch Servien zum Kommen
24
veranlassen möge. Da er andeutet, gern einmal mit W allein sprechen zu
25
wollen, wird ihm von diesem ein Treffen vor der Stadt oder an drittem Ort
26

36
26 vorgeschlagen] am Rande: an Bayern 1645 III 31
vorgeschlagen.

27
1645 III 31
Freitag Mitteilung Nassaus: Die Mediatoren waren heute
28
bei den Franzosen und haben dann den Ksl. berichtet. Vorschlag einer
29
Konferenz für morgen.

30
1645 IV 1
Samstag

37
30 Konferenz – Bayern] am Rande: omittuntur.
Konferenz der Ksl. mit Kölnern und Bayern

40
Mit Anlage 46: Protokollextrakt der Mediatoren über die Konferenz mit den Franzosen
41
1645 III 31.

31
(siehe APW [III A 1,1 S. 27ff] ).

32
1645 IV 2
Sonntag Konsekration des Paderborner Weihbischofs unter
33
Teilnahme der Franzosen und Bayern; die Ksl. entschuldigen sich, damit
34
nicht die Spanier wegen des Präzedenzstreites mit den Franzosen allein aus-
35
geschlossen scheinen.

[p. 129] [scan. 179]


1
Mitteilung Chigis: Originalschreiben der Franzosen an Oxenstierna wegen
2
Gehrde sowie an Turenne und nach Paris wegen des Kammergerichtes.
3
Nach Fühlungnahme mit Volmar werden die Schreiben mit der Bitte
4
zurückgegeben, Chigi möge die Expedition der letzteren durch die Fran-
5
zosen selbst erwirken und wegen Gehrde die Franzosen auch um mündliche
6
Vorstellungen bei Ankunft Oxenstiernas ersuchen.

7
Mitteilung Saavedras: Die spanischen Vollmachten sind in der vorgeschrie-
8
benen Form eingetroffen; nach deren Erhalt haben die Mediatoren eine
9
schon länger bei ihnen deponierte französische Schrift übergeben, die W
10
mitgeteilt wird

35
Anlage 47: Französische Proposition für die spanischen Gesandten 1645 II 24.
– Ankunft Oxenstiernas [...].

11
1645 IV 3
Montag Mitteilung Chigis: Die Franzosen wollen wegen
12
Gehrde mit Oxenstierna reden; das Schreiben nach Paris soll durch den
13
dortigen Nuntius zugestellt werden, die Fortbestellung an Turenne steht in
14
Ws Belieben, da die Franzosen angeblich keine Postverbindung zu Turenne
15
haben.

16
Antwort an das Kammergericht durch Ksl. und durch W

36
Anlage 48: W an Reichskammergericht 1645 IV 4.
.

17
Bericht der zu Kontributionsverhandlungen nach Kassel geschickten mün-
18
sterischen
Deputierten

37
Nachdem die Lgfin. den Dülmener Vertrag (vgl. oben [S. 94 Anm. 6] ) nicht ratifiziert
38
hatte, fanden seit März 1645 weitere Verhandlungen in Kassel statt, die 1645 V 10 zum
39
Abschluß führten. Das Stift Münster wurde dabei vertreten durch Christoph Bernhard
40
von Galen (1606–1678), münsterischer Rat und Domherr, seit 1650 Bf. von Münster,
41
Nikolaus von Westerholt, Lic. Nikolaus Drachter und Heinrich Herding (gest. 1656),
42
Bürgermeister der Stadt Münster (vgl. J. Foerster S. 270 Anm. 30).
. Die Landgräfin hat geäußert, daß sie ihre alliirte,
19
vorab iezt, weil hoffnung zum frieden were, nit laßen kondt [...]. Zweytt-
20
ens, sie gedachte durch die waffen keinen grünen krantz zu erlangen oder
21
aufzusezen, nur intendire sie, sich, ihren sohn und ihr land und leuthe zu
22
conserviren. 3. Muste sie bekennen, daß den Franzosen auß eroberung
23
Philipspurg und ihren guten progressen ahm Rhein der muth gar zu hoch
24
gewachsen, so gar, daß sie auch ihre alliirte nit viel mehr achteten. So habe
25
Turenne auf ihr Mahnschreiben wegen Bedrückung des Kammergerichtes
26
nicht einmal geantwortet. 4. Were im reich leicht frieden zu machen, wan
27
man allein die Schweden etwas, alß mit einem oder andern portu, neben
28
einem geringen territorio zu ihrer manutenirung contentirte. Welchen falß
29
mit den Franzosen wol zu recht zu kommen, oder aber, wan dieselbe ye in
30
der gutte nicht weichen wolten, man alßdan die waffen gegen sie coniungiren
31
konte. Und müsten die Spanische consilia und correspondenz in reich cessi-
32
ren, und seye wol zu verspuhren, daß die Franzosen eben dasjenige bey
33
dieser ihrer oberhand zu bezeigen anfingen, was der Spanier intent
34
seye, nemblich den dominatum zu erlangen. Und hetten sie anderst nit zue

[p. 130] [scan. 180]


1
gedencken, alß daß die Franzosen, wan sie meister plieben, sich deßen uber-
2
nehmen, wadurch ihr, der Hessen, religion und status ebensowol alß bey
3
Spanien und dem Kayser periclitiren würde. 5. Die Franzosen wünschen,
4
daß ihr Sohn zur Erziehung nach Paris kommt; sie ist dazu besonders des-
5
halb
nicht bereit, weil sie sich die Möglichkeit einer Beendigung des Bünd-
6
nisses
freihalten will. 6. Den frieden zu erlangen, muste auf die causas belli
7
gesehen werden; deren seyen zwo, nemblich die Pfalzische sach und
8
gravamina religionis. Daß aber dafurgehalten werden wolle, diese beyde
9
haubtpunkten anderwerts hin, alß den einen nacher dem Kayserlichen hoff
10
und den andern auf einen absonderlichen deputationtag zu ziehen, damit
11
werde man sich gewißlich betrogen finden; sondern musten diese pacis
12
obstacula in locis tractatuum dimovirt und weggeraumbt werden. 7. Ist
13
auch von bemelter landgraffin erwehnt, sie hette patenten gesehen, so der
14
Kayser in reformatione religionis noch erst newlich in seinen erblanden
15
publicirn laßen, welche sehr ubel angesehen worden; gestalt sie gewisse
16
nachricht hette, daß dieser ursachen halber der Torstensohn

38
Lennart Torstenson (1603–1651), Gf. von Ortala, schwedischer Feldmarschall mit Ober-
39
kommando in Deutschland 1641–1646.
in die erb-
17
landen gangen, maßen dan ihnen die undertruckte religionisten und under-
18
thanen so instendig begert, und umb assistenz und hulff immerhin ange-
19
rufen. 8. Sie were in ihrer religion fundirt und eiffrig, aber doch solt ihr nit
20
zuwieder sein, die catholische, wan dadurch der fried zu erhalten, in ihren
21
und ihres sohns landen zuzulaßen, da sie allein versichert, daß die papisten
22
ruhig pleiben und gegen sie und ihren staat nichts machiniren wurden
23
[...].

24
1645 IV 4
Dienstag Revisite des savoyischen Gesandten bei W [...].

25
1645 IV 5
Mittwoch Mitteilung d’Avaux’ durch den Osnabrücker
26
Vizemarschall: Oxenstiernas Besuch ist offiziell, deshalb finden auch die
27
üblichen Visiten statt. Oxenstierna will jedoch die Kurfürstlichen nicht als
28
gleichrangig behandeln, auch nicht W als Reichsfürsten, da er es auch dem
29
Herzog von Sachsen-Lauenburg

40
Heinrich Julius von Sachsen-Lauenburg (1586–1665), Hg. 1656; vgl. J. G. Meiern I
S. 382 .
nicht zugestanden habe. Die Franzosen
30
erbieten sich, falls W, wie es für seine Stifter nicht undienlich sei, die Visite
31
abstatten wolle, bei Oxenstierna dahin zu wirken, daß er ihn und die
32
Bayern gebührend empfange. – W läßt sich wegen des Besuches mit
33
seinem Katarrh entschuldigen, erklärt sich aber grundsätzlich bereit, falls
34
die Ankunft Oxenstiernas ihm offiziell notifiziert wird und er wie Ksl.,
35
Spanier und Franzosen empfangen wird. Und were ihro pro 3. lieb, daß die
36
Franzosische selbst sehen und erkenneten, wie solchergestalt von den auß-
37
landischen die libertet und praeeminenz der chur- und fursten des reichs

[p. 131] [scan. 181]


1
manutenirt werde. Und seye eben daß 4. wegen des mit Sachßen Lauben-
2
burg alligirten exempelß, was man offters geklagt, daß chur- und fursten des
3
reichs von den außwendigen so wenig respectirt werden, und were ganz
4
unverandwortlich, sonderlich wan der von Laubenburg ein regierender herr
5
gewesen seie. Im übrigen muß er mit den Bayern darüber sprechen.

6
Mitteilung Chigis: Nach Pariser Schreiben ist die dortige Regierung aus
7
eigenen und Religionsinteressen über die Fortschritte Torstensons besorgt.
8
Der Herreise Longuevilles steht noch entgegen, daß dieser den Grafen
9
Peñaranda nicht als standesgleich betrachtet und eine höhere Person er-
10
wartet, sowie daß er den Titel Altezza beansprucht, der ihm in Frankreich
11
nicht gegeben wird. Die erwartete Abberufung eines der französischen Ge-
12
sandten ist noch nicht erfolgt.

13
Mitteilung durch Reck an die Bayern: Nachrichten von d’Avaux und
14
Chigi; Meinungsaustausch über die für morgen mit den Ksl. zur Beratung
15
stehenden Materien [...].

16
1645 IV 6
Donnerstag Konferenz der Ksl. mit Kölnern und Bayern

33
Mit Anlage 49: Rationes et argumenta, quibus ostenditur nomine Caesareae maiestatis
34
iure optimo postulari posse, ut plenipotentiarii regis christianissimi caveant ac promit-
35
tant futurae pacis conventionem aeque a tribus Galliarum ordinibus confirmatam ac
36
ratificatam iri, quemadmodum ipsi hoc ab electoribus reliquisque principibus et statibus
37
imperii Romani fieri debere autumant (Aufsatz der ksl. Gesandten Münster für die
38
Mediatoren).

17
(siehe APW III A 1,1 S. 33ff).

18
Mitteilung an d’Avaux: Gründe gegen Ws Besuch bei Oxenstierna.
19
D’Avaux billigt sie und teilt mit, daß Oxenstierna morgen abreisen

32
19 wird] am Rande: an Bayern 1645 IV 7
wird.

20
1645 IV 7
Freitag Mitteilung Rortés über seine Ernennung zum Ge-
21
sandten nach Schweden. – Gratulation Ws.

22
Bitte an d’Avaux wegen Fürsprache bei Oxenstierna in Sachen der Pfarrei
23
Gehrde [...].

24
Fortsetzung der Besprechung mit den münsterischen Deputierten nach
25
Dülmen und Kassel. Bei Gesprächen mit den im Augenblick in Münster be-
26
findlichen
hessischen Räten Krosigk, Vulteius, Scheffer und Malsburg

39
Dr. Johann Vulteius (1605–1684), hessen-kasselischer Geheimer Rat und Kriegsrat
40
(vgl. ADB XL S. 390f , J. L. Walther S. 69); Otto von der Malsburg, hessen-kasse-
41
lischer Kriegsrat und Generalkommissar.

27
ergaben sich folgende Gesichtspunkte: Krosigk und Vulteius stehen ganz
28
auf seiten Frankreichs und sind gegen jede Bewilligung der Landgräfin ohne
29
Frankreichs Zustimmung. Mit den Franzosen lehnen sie den Dülmener Ver-
30
trag
ab, während Scheffer und Malsburg ihn befürworten. Die Franzosen
31
drängen auf Abtretung der hessisch besetzten Plätze im Erzstift Köln im

[p. 132] [scan. 182]


1
Tausch gegen rechtsrheinische Orte, was die Landgräfin bisher ablehnt. Die
2
Franzosen planen, sobald die vestung La Motta in Lottringen

42
La Mothe-en-Argonne, Festung in Lothringen, erobert 1645 VII 7.
uber, die statt
3
Tryer wegzunehmen, und folgendts die Mosel herab ahn den Rhein sich zue
4
begeben, demnegst oben uberzusezen und der Tonaw sich zu nähern. Und
5
wan sie Mainz, Collen, Tryer vollendts in ihren gewalt, und den pfaltz-
6
graffen in der Underpfaltz mit Haidelberg und andern orth restituirt
7
hetten, wurden sie mit Churbayern schon weitter und beßer tractiren
8
konnen. 5. Solte die restitution der Pfaltz geschehen cum infeudatione et
9
dependentia a regno Galliae. Weitter ist 6. in discursu vorkommen, daß
10
Churmainz vor diesem gern gesehen und begert hette, ob die landgraffin
11
einige wenig volcker in die statt Mainz und vornembste plätze selbiges erz-
12
stiffts, umb daselbe vor den Franzosen und Schweden zu befreyen und zu
13
versichern, legen wolte, welchen dienst sie auch dem churfursten zu thun
14
willig gewest, es seye aber der effectus durch einen einzigen churfürstlichen
15
rhat verhindert. Mit was nuzen und vortheyl aber sowol des churfursten
16
alß gemeinen weesens, habe man seitthero genugsamb erfahren. Wan
17
Churcollen dises mittels sich gebrauchen und etwa ein hundert man zu
18
Andernach, desgleichen auch zu Bonn einnehmen wolt, solte es viel nuzen
19
pringen, weilen durch sie der erzstifft Collen vor weitterer invasion derge-
20
stalt geschuzt werden kondte. 7. Wolten die Franzosen einige neutralitet
21
furtterhin und weniger einig armistitium gestatten, weilen es, wie sie sagen,
22
gegen sie, und seye aliquid dare et concedere de suo. 8. Welcher mainung
23
auch der Großeck starck insistirt, daß man nemblich keinen orth in den
24
Churcolnischen landen neutralisirn, außwechseln, evacuiren oder schlichten
25
laßen solte, weilen durch solch mittel sonst leicht eine 4 oder 5000 man auß
26
den pläzen beysam gepracht, wamit der Churfürst ihnen gewachßen sein,
27
consequenter ihre eigene operation oder assistenz den Franzosen oder
28
Schweden, wo es nottig, zu thun verhindern kondte; sondern dahin balder
29
zu trachten, und Churcollen zu constringiren, daß noch mehrere plätz oder
30
doch diese starcker zu besezen. 9. Hab man vor diesem von einer craiß-
31
defension so viel gered und gehandlet, weilen aber damit wegen Newburg
32
nit vorzukomen gewest, so were aniezt Churbrandenburg in verfassung,
33
und werde sich in solche postur stellen, daß er neben andern noch wol den
34
außschlag des friedens werde geben und solchen bey den unwilligen befur-
35
dern konnen. Neben diesem ist auch 10. gemeld, es hetten die Franzosen
36
begert, daß man kunfftig den konig in Franckreich, gleich der vatter
37
‘Ludovicus Justus’ genandt worden, ‘Ludovicum Magnum’ nennen solt.

38
1645 IV 8
Samstag Oxenstierna nach Osnabrück. Er soll die Fran-
39
zosen über die schwedische Proposition unterrichtet haben, deren Haupt-
40
punkte seien: 1. Generalamnestie, 2. Wiederherstellung des Standes von
41
1618 in ecclesiasticis et politicis, 3. schwedische Satisfaktion, 4. Assekuration

[p. 133] [scan. 183]


1
des Friedens. Auf das Drängen der Franzosen nach weiterem Zögern soll er
2
nur eine Frist bis Ostern zugestanden haben. Gegenüber einer vertrauten
3
Person hat er geäußert, Schweden wünsche den Frieden mit dem Reich auf-
4
richtig, zumal die jetzige Unsicherheit bei Klärung von Fragen wie Heirat
5
und Regierungsübernahme der Königin stört.

6
Mitteilung von d’Avaux: Oxenstierna hat die Rückführung des katho-
7
lischen Pfarrers in Gehrde und die Entfernung des eingedrungenen Prädi-
8
kanten zugesagt.

9
1645 IV 10
Montag Volmar bei W : Der dänische Sekretär Klein hat
10
über den Stand der dänisch-schwedischen Friedensverhandlungen berichtet,
11
bei denen wenig Hoffnung auf einen Abschluß bestehe

40
Anlage 50–52: schwedische Proposition 1645 II 13/23; schwedische Resolution 1645 II
41
20/III 8; dänische Antwort 1645 II.
. Er bezog sich auf
12
die frühere Zusage, daß ohne Vorwissen des Kaisers nichts eingegangen
13
werden solle, in der Erwartung, daß Kaiser und Reich gegenüber Däne-
14
mark
gleichermaßen verführen. Er hat die Ksl. gebeten, die Kurfürstlichen
15
zu unterrichten, mit denen er nicht gern selbst zusammenkommen will, um
16
den Anschein zu vermeiden, daß beim jetzigen Verhandlungsstand über
17
neue Allianzen gesprochen werde. Die Spanier sind mit der zwischen Ksl.
18
und Kurfürstlichen verglichenen Antwort einverstanden, nur soll sie nicht
19
mündlich durch die Mediatoren, sondern den Franzosen schriftlich zuge-
20
stellt
werden. Die Ksl. sind bei den mit den Kurfürstlichen besprochenen
21
Gegengründen geblieben. Mitteilung eines nur zur Information der Me-
22
diatoren
bestimmten Aufsatzentwurfes

43
Vgl. unten S. [139 Anm. 1] .
. Auf die Frage Ws, ob Klein
23
einigen rhat, guttachten oder anderß begehrt, antwortet Volmar, daß sie
24
eben dieses gefragt, und zur antwort bekommen, daß er allein befelch habe,
25
die communication zu thun, zu dem end, damit Ihre Kayserliche Majestät
26
und die herren churfursten wissen mogen, in quo statu die tractatus
27
zwischen seinem konig und cron Schweden sich verhielte. Beym andern
28
punct vermeldeten I. H. G., sie erinnerten sich gar wol, was fur bewegliche
29
rationes sowol von den herren mediatoren alß ihnen Kayserlichen, sodan
30
ihr und den Churbayerischen movirt, und wie allerseiz guttbefunden, extra
31
substantialia, der schrifftwechßlung sich zu endhalten; besonder auch,
32
weilen es ohnedas disseits vergeblich, wie man iüngst gesehen, understan-
33
den wurde, indem die Franzosen auf lezt der Kayserlichen schrifftliche
34
replic die andwort den mediatoribus nur mundlich angedeuttet, dergleichen
35
auch künfftig mit geringer reputation Ihrer Kayserlichen Majestät eben-
36
falß zu befahren. Plieben also ihrestheylß noch dabey, was dißfalß rhat-
37
samb befunden. Will über beide Punkte mit den Bayern sprechen und sich
38
dann weiter äußern.

[p. 134] [scan. 184]


1
Gobelius

36
Dr. Cornelius Gobelius (1611–1654), bambergischer Geheimer Rat und Kapitelsyndikus,
37
in Münster seit 1645 III 15.
erhält für morgen die vorgestern nachgesuchte Audienz, worauf
2
er neben Entschuldigung für sein spätes Angeben mitteilt, die Visite wegen
3
des fränkischen Kreises habe noch nicht stattgefunden, weil die Gesandt-
4
schaft

38
Neben Gobelius der brandenburg-kulmbachische Gesandte Dr. Johann Müller (1583–
39
1648) und der Nürnberger Syndikus und Gesandte Dr. Tobias Oelhafen von Schöllen-
40
bach (1601–1666); Müller war mit Gobelius gekommen.
bisher unvollständig sei und die Franzosen wünschten, daß zuerst
5
die Ksl. und Schweden in Osnabrück besucht würden. Sofort danach sollen
6
die Kurfürstlichen besucht werden, obwohl die nichtkatholischen Mitglieder
7
der Gesandtschaft lieber länger in Osnabrück blieben.

8
1645 IV 11
Dienstag Gobelius bei W [...] in puris courthesiis et
9
generalibus [...].

10
Münsterische Räte bei W. Klagen über den hessischen Kommissar Wild

41
Wohl der Coesfelder Rezeptor und Rentmeister Wilde (vgl. APW [III D 1 S. 153] ).
,
11
der von Münster aus Kontributionen ausschreibt und Stiftsuntertanen be-
12
fohlen hat, für Servien in Deventer Wein abzuholen. – W schickt zu den
13
Franzosen, von denen d’Avaux den Vorfall mißbilligt, Servien zugibt,
14
über Wild Wagen angefordert zu haben, doch sollten die Untertanen nach
15
der Rückkehr von ihm selbst bezahlt werden, nachdem bei einer ähnlichen
16
Gelegenheit Wild das Geld für sich behalten habe.

17
1645 IV 12
Mittwoch W bei Chigi. Haben I. H. G. sonderlich urgirt,
18
daß man bey diesem ubelstand im reich und allenthalben der catholischen
19
religion mehr alß yemaln imminirenden gefahr, und da die feinde allent-
20
halben uberhand nehmen, mit allem ernst und eiffer zu den sachen thun,
21
und dagegen, sonderlich beym Pabst und den Italianischen fursten, auch zu
22
Pariß eiffrig laboriren müste. Worauff der herr nuncius, daß ahn con-
23
tinuirlichen seinem remonstriren ahn beyden orthen wol nichts ermanglet,
24
auch habe das seinig hierin der Venetus trewlich gethan. Contarini hat ihn
25
neulich nach Mitteln zur Vermeidung von Präzedenzstreitigkeiten mit den
26
Kurfürstlichen beim Einzug Longuevilles gefragt, da er als Mediator nicht,
27
wie er als einfacher Gesandter tun würde, Münster so lange verlassen kann.
28
Er meint, ob nicht – wie in Italien üblich – jeweils eine Partei die An-
29
kommenden
weiter vor der Stadt begrüßen und für sich zurückfahren
30
könne. W: Es were wol zu wünschen, daß aller unlust und unwillen
31
vermitten pleiben kondt, und man in den alten terminis verpliebe; zumaln
32
die herren churfursten in possessione des vortritts dergestalt fundirt, daß
33
auch ex altera parte bißherzu nicht ein einziger actus contrarius noch einig
34
recht vorpragt werden konne. Wie das vorgeschlagene mittel zu practi-
35
ziren, sehen sie nit, sintemalen solchenfalß die difficultet sein würde, wer

[p. 135] [scan. 185]


1
also vom weitten die empfahung thun soll. Und obwoln vermaint werden
2
möcht, daß es alternatim zu geschehen, und zu ankunfft des Longueville
3
ein theyl, und der ander, wan nemblich yemandts anderß wurde einzuholen
4
sein, dergestalt vorahnzufahren, so werde es alßdan doch darahn hafften,
5
wer der erste sein und den anfang machen solt, welches zu resolviren weder
6
bey ihro noch den churfürstlich Bayerischen bestunde. Zudem sie auch
7
darumb desto weniger sehen, wie diß medium konne zu werck gesezt
8
werden, weilen von den churfürstlichen sie und Churbayerische beraiz hier,
9
auch ehe der Longeville herbey käme, die Churbrandenburgische und wol
10
auch die Mainz- und Sachsische gleichfalß ankommen möchten, wie alßdan
11
nemblich ohne praeiuditz geschehen köndte, daß so vieler der herren chur-
12
fürsten guttschen solten einen andern weg hinfahren und des Venetiani-
13
schen allein den Franzosen und in der reyh folgen. Welches der herr
14
nuncius wol apprehendirt, und selbst gestehen mußen, daß sichs nit wolle
15
thun laßen. Begerte demnach, ob dan I. H. G. nit einen andern vorschlag
16
thun kondten. Worauf dieselbe zur andwort geben, daß vor diesem
17
under ihnen churfürstlichen vorkommen, daß derjenige, welcher der
18
Venetianische schickt, mit in des herrn nuncii gutschen gesessen und die
19
salutation mit ihme alß mediator zum ersten gethan hette. Wie sie aber
20
vermerckt, daß es sowol bey ihme herrn nuncio alß den Kayserlichen
21
bedenckens gehabt, so seye davon weitter nichts gemelt oder urgirt wor-
22
den. Der herr nuncius andtworttete, weilen diß mittel nit gleich von
23
anfang zu werck gesezt, so werde es aniezt keine geringe consideration
24
haben und er darzu, ohne hinderpringen und ordre, nit verstehen kondt;
25
auch nit wenig zu zweiflen, obs die Kayserliche wurden zugeben wollen. Ja
26
er wolte schier wol versichern, daß der Venetianische selbst darwieder sein
27
wird, weiln die grandezza recipientis et recipiendi in dem vornemblich
28
bestunde, daß man sehe, welche die schickung thetten, welches nit gesche-
29
hen konne, wan einer guttschen zwen gesandte sich bedienen solten. Auff
30
den fall aber der Venetianische in seiner gutschen mit ihm vorahnfahren,
31
und darzu die Kayserliche und anderer coronen gesandten permovirt
32
werden möchten, (warahn er doch, weiln es bißherzu nit geschehen, sehr
33
zweifflete) so hielt ers wol fur den besten weg; werde aber keine geringe
34
difficultet haben, daß diese ordnung allein in hoc actu und in andern nit
35
observirt werden solt. Begerte, daß man den sachen allerseiz möchte nach-
36
dencken. W: Will mit den Bayern darüber sprechen; wünscht selbst ein
37
temperamentum und hat bisher bewußt alle Gelegenheiten vermieden, bei
38
denen den Kurfürsten ein Präjudiz oder Unwillen bei Contarini entstehen
39
könnte. Worauf der herr nuncius, daß der Venetus biß dato gar wol
40
zufrieden gewest, und die dexteritet gelobt hette.

41
Bericht der Deputierten Ws an die Hessen nach Lippstadt

43
Namen konnten nicht ermittelt werden.
wegen Konti i-
42
butionsermäßigung im Amt Reckenberg [...].

[p. 136] [scan. 186]


1
W bei den Bayern. Bericht über seine Gespräche mit Volmar und Chigi.

2
Haslang: D’Avaux hat Montag geäußert, erstlich, daß ihnen noch
3
zur Zeit nit muglich zur proposition zu schreitten. 2. Ein armistitium,
4
wavon der von Haßlang anregung gethan, auf eine geringe zeit seye
5
Franckreich nit dienlich, von einem stillstand aber auf 50 jahr hienauß
6
mochte wol zu reden sein, und wurden sie, gleich die Schweden thun
7
wollen, mit den waffen in der hand frieden machen. 3. Ist von dem von
8
Haßlang auch der Pfalzischen sach meldung geschehen, wobey der
9
d’Avaux in discursu gedacht, solch negotium müßte bey diesen tractaten
10
geendiget werden; vor diesem hab er von einem vorschlag gehört, der ihm
11
so gar nit mißfallen, nemblichen, daß der pfalzgraff zu der churfürstlichen
12
dignitet sowol alß den landen restituirt würde, Churbayern auch in
13
iezigem statu verpliebe, und also 8 churfürsten weren; yedoch daß Chur-
14
bayern die session und votum wie iezt behielte, und der Pfalzgraff ihme
15
weichen und nachgehen müste. Der vatter habe so viel gesundiget, daß bil-
16
lich eine demonstration geschehen solt, wie ihm dan ohnedas Chursachsen
17
und Brandenburg nit würden weichen wollen, so must er sich wol conten-
18
tiren, und in ordine der achte sein. Oxenstierna, nach dessen Ansicht Has-
19
lang
fragte, habe geäußert, wan ye Churbayern pleiben solt, muste doch
20
der pfalzgraff seine alte stell behalten. Auf welches er d’Avaux replicirt
21
habe, ihnen nehme wunder, daß er mehrer fur den pfalzgraffen begeren
22
wolte alß er selbsten, zumalen er hierunder mit dem pfaltzgraffen vor die-
23
sem gered hette, und seine intention hierinnen wol wuste. Das land müste
24
dem pfalzgraffen ganz restituirt werden, doch daß es Churbayern so lang
25
innebehielte, biß ihme von Kayser oder dem pfalzgraffen satisfaction ge-
26
schehen, und weilen er der pfalzgraff solches in vermögen nit hett, so müste
27
er sehen, daß ers von Franckreich oder Engelland bekommen möcht.
28
Jedoch dieses seyen allein seine discursus, welche er ihme von Haßlang in
29
vertrawen offenbaren wollen [...].

30
1645 IV 13
Donnerstag Nachdem am Abend zuvor Nassau mitgeteilt
31
hatte, man müsse über Schreiben aus Wien beraten, in denen auch über den
32
Exzellenztitel entschieden sei, schlägt W dem bayerischen Gesandten Krebs
33
vor, mit dem gegenseitigen Gebrauch des Titels zwischen Ksl. und Kurfürst-
34
lichen bei der heutigen Konferenz zu beginnen. – Entsprechende Mitteilung
35
durch Landsberg an Nassau.

36
Krebs (Mainz)

38
Dr. Johann Adam Krebs, kurmainzischer Hofrat und Geheimer Rat.
bei W: Die Gesandten Cratz und Brömser

39
Hugo Eberhard Cratz Gf. von Scharffenstein (gest. 1663), Chorbischof von Trier, Dom-
40
propst in Worms, Domkustos in Mainz, 1654 Bf. von Worms; Heinrich Frhr. Brömser
41
von Rüdesheim (1600–1668), kurmainzischer Geheimer Rat und Hofrat, Vizedom von
42
Mainz.
in Lüdinghausen
37
eingetroffen. Nachrichten Ws über das Zeremoniell. Er rät, den Einzug

[p. 137] [scan. 187]


1
in Osnabrück um einige Tage zu verschieben, bis Krebs und die dortigen Ksl.
2
den Empfang durch die Schweden geregelt haben.

3
Konferenz der Ksl. mit Kölnern und Bayern (siehe APW III A 1,1
4
S. 42ff).

5
Mitteilung von Krebs (Mainz): Cratz/Brömser sind in St. Mauritz und
6
möchten vor der Weiterreise mit einem Vertreter Ws reden.

7
Mitteilung Ws an die Bayern: Er will selbst morgen zu den Mainzern und
8
schlägt den Bayern vor, zu einer gemeinsamen Beratung mitzukommen.
9
Diese zweifeln, ob es ihnen wegen des morgigen Posttages möglich sei.

10
1645 IV 14
Freitag Während die Bayern sich entschuldigen, fährt W
11
mit Landsberg zu den Mainzern. Bericht über den Verhandlungsstand. Zu
12
Verlegung des Deputationstages nach Münster, Zulassung der Mediatstände
13
und Waffenstillstand zeigen sich die Mainzer nur ganz allgemein bzw.
14
nicht instruiert; sie wollen referieren. Für gemeinsame Besprechungen wird
15
Lengerich als Treffpunkt vorgesehen. Die Mainzer wollen in Greven oder
16
Warendorf das Ergebnis der Besprechungen von Krebs in Osnabrück ab-
17

37
17 abwarten] am Rande: an Bayern 1645 IV 14, an Köln 1645 IV 15
warten.

18
W und Nassau bei den Jesuiten. Die Schweden haben bei den Ksl. in Osna-
19
brück wieder auf einen Paß für Stralsund gedrängt. Der Vertreter Lübecks

38
Dr. David Gloxin.

20
hat in Osnabrück den Ksl. geraten, der Kaiser stelle besser selbst in allem
21
den Stand von 1618 wieder her, als daß es später heiße, die Entscheidung sei
22
von den Kronen erzwungen worden. Er hat behauptet, ohne fremden Auf-
23
trag zu sprechen, doch stehen vermutlich die Schweden dahinter.

24
1645 IV 15
Samstag Mitteilung an Volmar: Frankfurter Gutachten
25
über Deputation zu den Friedensverhandlungen

39
Gutachten des Deputationstages 1645 IV 3 (Druck: C. W. Gärtner IV S. 678ff).
; Gespräch mit den Main-
26
zern
. Volmar: Ihn verwundere sehr, daß sie Churmainzische so ganz
27
bloß, ohne information, instruction oder anders herankehmen; es wolle
28
selzamb stehen, daß da die churfurstlichen den Kayserlichen zu assistiren
29
geschickt, sie allemal noch erst von vorfallenden sachen hinderpringen und
30
bescheidts erwartten wolten. Solchenfalß were der abordnung unvon-
31
nöthen gewest, und ebensowol von den Kayserlichen selbst umb resolution,
32
wan sie doch deren erst erwartten müsten, ahn die herren churfursten ge-
33
schrieben werden konnen. Und werde der Oxenstern, wie schon vor diesem,
34
nun viel mehrer sagen, daß er allein zu tractiren und frieden zu schließen
35
gewalt habe, alle andere aber, alß Kayserliche, Spanische etc., die yedes-
36
malß erst bescheidts sich erholen müsten, nit, und keine plenipotentiarii

[p. 138] [scan. 188]


1
konten genendt werden. In Frankfurt hat der Kurfürstenrat gegen die
2
Translation des Deputationstages, der Fürstenrat dafür entschieden [...].
3
Er vermercke auch, daß iungst abermal vorgewest, und die fürstliche beym
4
hieherkommen starck darauff bestehen werden, daß beyde collegia, das
5
chur- und fürstliches, in uno conclavi, wie ohnedem von alters her praeten-
6
dirt wird, gehalten werden sollen; und besorge er, man werde ihn hierinnen
7
nit wol entgegen konnen. Die ksl. Entscheidung zum Exzellenztitel ist den
8
Spaniern mitgeteilt worden, die sich ihr anschließen wollen [...].

9
Nachrichten aus Den Haag über Ankunft der staatischen Gesandten im
10
Mai. – Abreise des ostfriesischen Vertreters, nachdem er Abschrift des
11
Schreibens der Ksl. nach Wien in seiner Sache erhalten hat

41
Anlage 53: Ksl. Gesandte Münster an Kaiser 1645 III 31.
. Er hat eine
12
Schrift mitgeteilt, die zur Hintertreibung der ostfriesischen Absichten von
13
der Landgräfin von Hessen den Generalstaaten zugestellt worden ist

42
Anlage 54: Hessen-kasselische Schrift gegen die Exemption Ostfrieslands (mit Rand-
43
glossen Ws).
,
14
welche wol in obacht zue nehmen.

15
Volmar bei W . Heutige Konferenz der Ksl. mit den Mediatoren. Diese
16
erbaten Antwort auf folgende von den Franzosen vorgebrachte Punkte: 1.
17
Ksl. Paß für Rorté, der die schwedische Regierung zum Frieden disponie-
18
ren soll; 2. da die Spanier noch nicht auf die französische Proposition
19
geantwortet haben, zeigt sich, daß sie Verzögerungen suchen; 3. Antwort
20
der Ksl. auf das mündliche Anbringen der Franzosen. Schweden besteht
21
noch auf Pässen für Stralsund und andere Mediatstände, ist aber nach Ein-
22
druck Contarinis zum Frieden bereit [...]. Die Franzosen verwerfen die
23
im Prager Frieden genannte Frist von 40 Jahren für die geistlichen Güter
24
und fordern Behandlung dieser und der Pfälzer Frage auf dem Kongreß;
25
ähnlich die Schweden, die für die Amnestie das Jahr 1618 verlangen.
26
1. Wegen Rorté haben die Ksl. auf Wien verwiesen; sie glauben nicht an den
27
vorgegebenen Zweck, da d’Avaux noch neulich versichert hat, Schwe-
28
den sei schon zum Frieden bereit. 2. Sie haben versichert, die spanische
29
Antwort sei fertig und wohl nur wegen des Osterfestes noch nicht über-
30
geben. 3. Auf die französische Erklärung hätten sie noch nicht geant-
31
wortet, weil sie sich erst mit den Kurfürstlichen besprechen müßten
32
und das Ergebnis der Verhandlungen Oxenstiernas in Münster hätten
33
abwarten wollen; die Antwort werde sofort nach Ostern erfolgen.

34
W billigt die Antwort auf den ersten Punkt. Beym andern hab man sich
35
billich zu verwundern, daß die Spanier yedesmal in allen sachen dergestalt
36
langsamb verfahren thetten. Quoad 3. hetten sie nit underlaßen, von deren
37
ihro iüngst beschehen communication den herren Churbayerischen
38
gebuhrend parte zu geben, auch das proiectum, welches den herren media-
39
toren pro memoria eingehendigt werden soll, umb ihr ferners guttachten
40
zuzustellen. Zweiffleten auch nit, dieselbe solches berahtschlagen und ihre

[p. 139] [scan. 189]


1
mainung daruber, wans den herrn Kayserlichen gefellig, zu enddecken,
2
gleich auch sie zu thun erpiethig, gewillt sein wurden. Und vermainten
3
I. H. G., weiln den hern mediatorn die andwort zu hinderpringen lengst
4
gegen mon- oder dienstag zuegesagt, gutt zu sein, daß man gegen uber-
5
morgen montag bei den patribus societatis, allwo sie, auch der graff von
6
Naßaw ihre andacht zu verrichten pflegten, wan ihme herrn Volmari, im-
7
gleichen den herren Churbayerischen, sich gleichfalß dahin zue bemühen
8
belieben möchte, zusammenkehme. Welches nachgehendt allerseiz placi-
9
dirt und verglichen worden [...].

10
1645 IV 16
Ostern W und die Bayern bei den Kapuzinern. Bericht
11
über die letzten Gespräche.

12
1645 IV 17
Montag Konferenz der Ksl. mit Kölnern und Bayern

37
Mit Anlage 55: Brevis recapitulatio eius responsi, quod regis christianissimi plenipoten-
38
tiarii dominis mediatoribus ad plenipotentiarios Caesaris referendum crediderunt ultimo
39
proxime praeteriti mensis Martii anno 1645 (mit Entwurf der Antwort der ksl. Gesand-
40
ten
); vgl. J. G. Meiern I S. 377ff.

13
(siehe APW [III A 1,1 S. 47ff] ).

14
W bei Rorté. Dieser erwähnt im Gespräch, er habe bei seiner Anwesenheit
15
in Schweden wegen der an Minden heimgefallenen Grafschaft Schaumburg
16
gegen die Ansprüche der Gräfin-Witwe die Rechte des Stiftes verteidigt
17
und erreicht, daß jener der Besitz nur für die Zeit der schwedischen Be-
18
setzung
Mindens zugestanden worden sei

41
Zu den Ansprüchen auf Schaumburg vgl. unten S. 379f.
. Alß I. H. G. nach beschehener
19
dancksagung fur die angewendte muhe vermeldet, es werde sich besorglich
20
bey dem progressu der tractatuum des dings noch viel zeigen, was die
21
Schweden und uncatholische von stifft- und geistlichen guttern begehren,
22
auch bemelte graffschafft ob religionem et favores, ja wol den stifft
23
selbsten, wie nit zu zweiflen, ansprechen werden, alßdan sie verhoffen
24
wolten, daß die cron Franckreich sowol in dießen, alß sonst mehr andern
25
religion und geistlichen sachen den catholischen und der billichkeit assisti-
26
ren würde. Andtworttete er mit zusammengeschlagenen händen, er
27
konte es assecurieren und werde man anderst nit spuhren, dan, wie I. H. G.
28
er versichern kondt, sie befelcht, den catholischen eußerist zu assistiren,
29
und dahin sonderlich zue sehen, daß keine catholische stiffter zuruckplie-
30
ben. Worauff I. H. G., daß sie ahn guter intention eines so christlichen
31
konigs zwarn nicht zweiffleten, musten aber anstehen, ob die Schweden
32
und uncatholische bey iezigen ihren so großen progressen sich viel werden
33
sagen laßen. Er, Rorteè, replicirte, daß ohnangesehen solcher
34
progreßen sie dannoch allezeit einen großen respect und absehen auf die
35
cron Franckreich haben wurden. Wobey I. H. G., wie ihro das werck
36
vorkehme, habe sich Franckreich vor ihnen, wan sie dergestalt progrediren,

[p. 140] [scan. 190]


1
der erblanden meistens sich impatroniren, die catholische undertrucken,
2
und die uncatholische ahn sich ziehen solten, selbst keine geringe apprehen-
3
sion zu machen. Umb deß willen, sagte der Rortee, muste man frieden
4
treffen, und benebens ferner, alß I. H. G. subnectirt, daß ex parte imperii
5
kein mangel seye, faret er fort: Der St. Romain werde stundlich mit aller-
6
hand guten intentionen und resolutionen erwarttet, auch der duca de Lon-
7
gevill zwischen Ostern und Pfingsten gewiß anherokommen werde. Und
8
weilen dieser ein herr, welcher sich von seinen guten gelegenheiten in
9
Franckreich, sonderlich seine gemahl nit gern lang wurde abhalten laßen
10
wollen, werde er das werck ex parte Franckreich umb soviel da mehrer ur-
11
girn und befurdern. Meldete demnach, daß der sag nach die Hessen Pader-
12
born belägert haben sollen. Auf welches lezter I. H. G., daß sie davon
13
nichts wusten, soviel aber wol, daß durchgehendts offentlich in der Lipp-
14
statt und anderwerz davon gered werde, daß es die mainung bey ihnen
15
haben solle. Nun verwunderten sie sich, und konten nit begreiffen, wan
16
man ex parte Franckreich der intention seye, frieden zu machen, wie man
17
de novo solchen stifft und Caroli Magni fundation den Calvinisten in die
18
händ kommen laßen wolt, und sonderlich, weil man, was sie im schild
19
fuhren, darauß wissen konne, daß sie diesen stifft vor etlich jahren von der
20
cron Schweden zu lehen angenommen

43
Vgl. unten S. 283 Anm. 3.
und darauf das ganze catholische
21
exercitium abgestelt, Calvinische praedicanten da und in andern kirchen
22
angesezt, die geistlichen gütter außgetheylt, und die landgraffin selbst sich
23
dhombdechantey daselbsten, alß weilen ihro vom landgraff die reditus
24
annui davon geschenckt, nennen laßen. Fragten dabey, auß was ursachen
25
die Franzosen die vorgeweste evacuation dieser landen ab utriusque partis
26
milite, weßwegen sie auch hiebevor mit ihme geredet, dergestalt eiffrig und
27
starck im Haag hindertrieben und gehindert. Und andworttete er,
28
Rorteè, daß alles allein auf anhalten der landgraffin zu Hessen geschehen;
29
zumalen habe dieselbe sich beklagt und remonstrirt, daß auf den fall, sie
30
ihre völcker auß diesen quartieren abfuhren und die contribution darauß
31
missen solte, daß sie ihren exercitum weitter nicht underhalten, und conse-
32
quenter ihren alliirten Franckreich und Schweden keine assistenz leisten
33
kondte. Worauf I. H. G., solchenfalß wan sie ihre volcker anderwerz
34
geführt, wurde sie auch andere orth und gelegenheit occupiren konnen,
35
darauß die contributiones zu haben. Und weren auch noch sonsten andere
36
conditiones gewesen, die evacuation zu tractiren und zu schließen. Weilen
37
aber diß negotium dergestalt von den Franzosen pure gesteckt und einge-
38
stelt, seye es also geschehen, aber alles nur in praeiudicium catholicae
39
religionis, und zu undergang der von Carolo Magno fundirter stiffter.
40
Welches I. H. G. und menniglich desto mehrers befrembde, weiln ahn
41
seithen Franckreich ye undt allezeit bey wehrenden diesem krieg vorgeben,
42
daß sie mit den reich und deßen angehorigen stenden nichts zu thun haben,

[p. 141] [scan. 191]


1
wan sie gegen dieselbe in kriegssachen sich nichts einmischten. Wie man
2
aber sehe, daß die neutralitet underschiedlich ertheilt, und de facto einer
3
undt der ander verschont würde, so muste etwas anderß darunter verbor-
4
gen, und mit den catholischen und geistlichen dieser endts vor sein.

5
Warauff er, daß ihme anderst nichts wissend, alß was schon vorgemelt.
6

39
6–8 Zweiffele – werden] am Rande: an Curbairn außzulassen
Zweiffele sonsten nit, wan Churcollen bey Franckreich die neutralitet
7
wurde suchen, daß selbe nit allein nit verwaigert, sondern noch bey andern
8
nomine coronae Gallicae eußerist wurde befurdert werden. I. H. G.
9
replicirten,

40
9–10 solches – solt] am Rande: similiter
solches wurde noch lange weil veruhrsachen, wan man erst zu
10
Pariß darumb einkommen, und folgendts daruber tractirt werden solt. Ob
11
er also nit vermainte, daß andere mittel, etwan hier oder sonst, das Calvini-
12
sche fewer, alß etwa durch ein armistitium, zu stillen. Ad hoc er
13
Rortèe hinwieder, ein stillstand der waffen werde bey allerseiz alliirten der
14
zeit hart zu erheben sein, es were dan auf eine gute anzal von jahren, und
15
daß alles in dem stand, worin es iezo, verpliebe. Dieses, sagten I. H. G.
16
hierauff, wurden schwere, ia unmuglich und im gewissen unverandtwort-
17
liche conditiones sein, und in specie mit Paderborn, wan in selbigem stifft,
18
der veranlaßung nach, deßgleichen auch im stifft Oßnabruck, Minden, Ver-
19
den, Münster – des erzstiffts Mainz, Speyer, Wormbs, Fulda und anderer
20
orthen iezo zu geschweigen – die catholische religion, auch die herrschafft
21
wieder alles recht und billichkeit so lang exuliren und vertrieben pleiben
22
solten. Mit welchem der baron de Rortèe das propositum geändert, und
23
vermeldet, daß sie des St. Romain

41
Melchior Harod de Senevas (1614–1694), baron de Saint-Romain, französischer Resi-
42
dent in Münster 1643–1648.
mit verlangen, wie auch des duca de
24
Longeville erwartteten. Und werde man sich Franzosischen theilß zum frie-
25
den selbst zu schreitten angelegen sein laßen [...].

26
W bei Contarini: Den discurß von gefehrlichem zustand des krieges im
27
reich und in der ganzen christenheit angefangen. Wobey der Venetus
28
vermeldet, daß um soviel da mehr die Schweden auch von den Franzosen
29
selbst zue apprehendiren, weilen sich mit ihnen die Staden gegen Denne-
30
marck sicher alliiren wurden, auch daß die anseestätt, indeme es, der
31
Schweden außgeben nach, pro liberatione onerum im Sund angesehen, mit
32
ihnen umb assistenz in tractat stunden. So halte auch mit ihnen das par-
33
lament in Engelland, daß es also eine newe ligam der uncatholischen in
34
Europa abgebe, die Schweden sich gleichsamb caput machen, und andere
35
ahn sich ziehen, welches alles wol zu apprehendiren. Auf welches I. H.
36
G., dieses alles könten chur- und fursten des reichs wol begreiffen, hettens
37
auch Churcollen und Bayern alhier bißdato mehrmaln remonstriren laßen.
38
Es seye aber wenigers nit den Franzosen gar wol aufzumercken und zu be-

[p. 142] [scan. 192]


1
dencken, ob ihnen selbsten dienlich, dergestalt mit den Schweden lenger zu-
2
zuhalten, oder nit mehrers zu befurdern ursach hetten, daß die catholische
3
coniunctis animis et viribus zusamenstehen mochten. Warauff der Ve-
4
netus, daß er offt und vielmaln sowol mit dem herrn nuncio in gesambt,
5
alß fur sich allein dieses hier und zu Pariß remonstrirt, und erwartteten der
6
resolution von dar mit verlangen, kondten sich auch nit genugsamb uber
7
langes des St. Romain außpleiben verwundern. Er schließe diß darauß, daß
8
man zu Pariß selbst uber der Schweden progressus und iezige coniuncturn
9
perplex sein, und die resolution, was deßhalber zu thun, sobald nit werde
10
finden konnen. Wavon I. H. G. occasion genommen, ihme zu erzehlen,
11
was fur discurß sie mit dem Rorteè sowol ratione evacuationis alß armisti-
12
tii gefuhrt. Und gedachte der Venetus dabey auch des vorgehenden rueffs
13
wegen obsedirung Paderborn, mit vermelden, obs wol I. H. G. andeutten
14
nach noch nit beschehen, so were doch der erfolg zu besorgen. Und
15
erzehlte hiebey, welchergestalt er die versöhnung zwischen beyden Franzo-
16
sischen, dem d’Avaux und Servient, getroffen [...].

17
1645 IV 18
Dienstag Chigi bei W. Nach Schreiben des Pariser
18
Nuntius hat Longueville die Pässe zur Reise durch die spanischen Nieder-
19
lande
angefordert. Er besteht auf Entsendung Castel Rodrigos, da er Peña-
20
randa
nicht als gleichrangig betrachtet; er fordert den Titel Altezza bzw.
21
Durchlaucht, den Oranien erhalte, da er gleich diesem eine souveräne Herr-
22
schaft
besitze und ihm dieser Titel beim Kommando in Deutschland auch
23
gegeben worden sei

41
Longueville war prince souverain von Neuchâtel und hatte 1639–1640 das Kommando
42
über die französich-weimarische Armee in Deutschland geführt.
[...]. Uber diese puncten hat es folgendts allerley
24
discursus abgeben, und circa primum, wegen begerter paße, daß solches
25
schon vor vielen monaten zu befurderung des friedenswercks geschehen
26
konnen und sollen. Das zweytte, wegen des Castel Rodrigo hieherbegeben,
27
sey ein selzames anmutthen, zumalen er in der commission mehr nit begrif-
28
fen, noch auch auß sich selbsten hieher resolviren und die Brabandische landen
29
alß verordneter gubernator mit seiner praesenz verlaßen kondt. Und bälder
30
zu besorgen, daß was anderst dahinder, und nur damit verlängerung der
31
tractaten gesucht werde. So seye auch das lezter quoad titulum nur eine
32
gesuchte dilation, gestalt dan derselb dem Longevill auf diese stund von
33
niemanden zu Pariß gegeben werde. Wurde ihm auch gewiß von Rom auß
34
propter consequentiam sowol der Italianischen alß anderer Franzosischer
35
fursten, die ihme vorgehen und den titul nit haben, nit angeschafft werden.
36
Wie sich dan auch in Teutschland auß den fursten keiner geringer würde
37
geachtet haben wollen. Bericht Ws über die Gespräche mit Rorté und
38
Contarini; Chigi möge die Bemühungen zur Erhaltung der Religion in Paris
39
fortsetzen. Dieser versichert, er lasse keine Post vorübergehen, ohne
40
deshalb in Rom und Paris Vorstellungen zu erheben.

[p. 143] [scan. 193]


1
Chambory bei W [...]. – Mitteilung Nassaus: Die Ksl. und die Spanier
2
haben heute ihre Antworten an die Franzosen den Mediatoren mitgeteilt

40
Zur ksl. Antwort vgl. APW [III C 2,1 S. 324ff] ; zur spanischen Antwort unten S. [169 Anm. 6] .
.
3
– Mitteilung davon an die Bayern.

4
1645 IV 19
Mittwoch W bei Volmar. Bericht über die gestrige Kon-
5
ferenz
der Ksl. mit den Mediatoren. Diese wollen von den Franzosen eine
6
kategorische Antwort verlangen, ob sie den Unkatholischen in Religions-
7
sachen
beistehen würden. Spanische Antwort an die Mediatoren [...]. Hier-
8
von ist der discurß auf translation der tractaten ad unum locum gefallen,
9
und dieses puncten halber vom Volmari erwehnet, daß bey dem Ochsenstern
10
allhie der Venetianische davon proponirt. Es wolten aber dieselbe hierzu
11
aniezt durchaus sich nit verstehen, mit vermelden, daß sie diße translationem
12
ad unum locum hiebevorn gern gesehen hetten. Da mans ander ortten fur
13
nit dienlich halten wollen, also seye es iezo ihnen vieler considerationen
14
willen auch nit gelegen noch muglich [...].

15
1645 IV 20
Donnerstag Rorté bei W. [...] . Versicherung der Frie-
16
densliebe
Frankreichs. W: Wan nur ex parte Franckreich angedeuttet,
17
was sie vom reich praetendiren, alßdan man von wegen des reichs weitters
18
sich vernehmen laßen und erklehren konne. Außer dem werde man zu kei-
19
nem frieden kommen, dan leicht zu gedencken, daß man all dasjenige, so vi
20
armorum im reich occupirt, in integrum zu restituiren begehren werde, und
21
solches nit unbillich. Wie man dan auch vernehme, daß in der Schwedi-
22
schen proposition under andern dieses endthalten, daß alles in den stand,
23
warinnen es vor dießem krieg anno 1618 gewesen, wieder zu setzen.

24
Auf welches der Rortee allein, daß nit zu zweifflen, man ehest näher zu
25
den sachen kommen, und eben deßhalber in wenig tagen beyde Franzosi-
26
sche plenipotentiarii nacher Oßnabruck raisen werden, ihre proposition mit
27
den Schwedischen daselbsten zu vergleichen, deme noch abgewarttet
28
werden muste. Hierbenebens haben I. H. G. ihme noch weitters die
29
catholische in ihrer statt und stifft Oßnabruck recommendirt, und dabey
30
remonstrirt, was fur eine unordnung und newerung mit begräbnus der wit-
31
tib Steinhausers

42
Vgl. oben [S. 126 Anm. 2] .
noch erst newlich daselbst angefangen. Von deme er
32
einige nachricht zu haben simuliret, außer was ein pater societatis ihm
33
dieser tagen erzehlt hette; kondte es fur sein theyl gar nit billichen. Wolte
34
sich daruber beßer informiren, und pro futuris casibus alle mugliche under-
35
bawung thun. Occasione dieser begräbnuß in der Franciscanerkirchen
36
haben I. H. G. vermeldet, man sehe hierauß und allem andern, daß die
37
Schwedischen allein auf schmäler- und hinderung des catholischen exercitii
38
zu Oßnabruck gingen. Da Franziskanerkloster und Jesuitenkolleg von den
39
Protestanten nicht genutzt werden, regt W an, ob nicht während der Ver-

[p. 144] [scan. 194]


1
handlungen
einige Ordensleute dort wieder wohnen könnten. Rorté:
2
Er habe schon mit Salvius darüber gesprochen, welcher gesagt, er muß be-
3
kennen, daß gar gros bedencken nit dabey, allein seye es in dem praelimi-
4
narvergleich also abgered und geschlossen, daß in dem stand alles, warin
5
sichs derzeit befindet, bleiben solle; wodurch die statt ius quaesitum
6
erlangt, darwieder in selbige nit konne getrungen werden. Da es aber von
7
den Kayserlichen bey den tractaten zue Hamburg vorpracht, würde leicht
8
bewilligt worden sein, daß die patres societatis et observantiae wieder
9
zugelaßen. Und sezte der Rorteè noch hinzu, daß wan es die Kayserlichen,
10
wie der d’Avaux selbsten gesagt habe, begert und getrieben, in diesem und
11
mehr anderm pro religione catholica viel wurde zu erhalten gewesen
12
sein. I. H. G. vermeldeten, ihr sey zu vernehmen leid, daß es daran
13
ermanglet. Damaln alß de mutatione locorum zwischen den interessenten
14
gehandlet und Munster sambt Oßnabruck verglichen, seyen sie eben auf der
15
Italianischen raiß

40
W war im März 1641 nach Oberdeutschland aufgebrochen, reiste im Sommer nach Rom
41
und kehrte über Regensburg im November nach Bonn zurück.
gewesen, wolten sonst ihre sachen schon selbst urgirt
16
haben. Und weren ihro die catholische seelen und sonderlich die jugend in
17
ihrer statt Oßnabruck zum hochsten angelegen; umb soviel mehr, weilen
18
Lutherische schulen darin, so die patres societatis vor diesem gehalten,
19
angestelt, und großer zulauff von adelich und unadelichen kindern dazu
20
were, daß also hernegst conversio, falß die patres societatis nit bald hinge-
21
laßen, sondern die jugend wie aniezo erzogen werden und aufwachsen solte,
22
desto schwerer hergehen werde. Also umb da mehrers gebetten haben
23
wolten, auf mittel zu gedencken und sich zu bemuhen, daß die geistlichen
24
wiederumb in die statt kommen mochten. Welches er zue beobachten
25
zugesagt.

26
1645 IV 21
Freitag Nachricht vom ordnungsgemäßen Einzug der
27
Mainzer Gesandten in

39
27 Osnabrück] am Rande: an Bayern 1645 IV 21, an Köln 1645 IV 22
Osnabrück.

28
Servien bei W. [...] . Beilegung des Mißverständnisses zwischen Servien und
29
d’Avaux. Bevorstehende Ankunft Longuevilles [...]. Fragten I. H. G.,
30
ob sie vor ankunfft des duca de Longueville nichts tractiren, sondern erst
31
deßelben erwartten wolten? Worauf er, quod non, und daß innerhalb
32
wenig tagen man sehen werde, daß sie ihre proposition ablegen und die
33
tractatus wurcklich fortstellen wurden. Und seye eben dieses, was I. H. G.
34
er confidenter habe anvermelden wollen, daß nemblich sie gemeind, ihre
35
proposition in Gottes nahmen zu thun, vorhero aber noch, alß gegen die
36
instehende woche, einer auß ihnen, wo nicht beyde, nacher Oßnabruck zu
37
verraisen, und eines gewissen tags, wan die proposition ahn einem und
38
andern orth geschehen solte, vermög ihrer verain, ut aequali passu

[p. 145] [scan. 195]


1
procedatur utrobique zu vergleichen, und zu end der kunfftigen woch sich
2
zu Munster wieder einzufinden. Auf welches I. H. G., daß sie es
3
sonderbar gern und soviel lieber vernehmen, weilen, wie man wisse, die
4
Schweden mit ihrer proposition alberait gefast, und solche ehestens zu thun
5
resolvirt. Da nun dergleichen resolution auch a parte Franckreich genom-
6
men, werde dermalen ad rem ipsam zu kommen sein. Und wolten I. H. G.
7
dabey sich die hoffnung machen, man werde nit wieder, wie vor diesem,
8
mit solchergleichen postulatis herankommen, oder auch die vorige repe-
9
tiren und behaubten wollen, sondern zur sach selbst schreitten; dan sonst,
10
wie biß dato, nur die zeit wurde ferner verlohren gehen. Servient sagte,
11
ihre proposition seye in so weit auch aufm papier, bestehe in 4 oder 5
12
haubtpuncten. Zwarn auch noch einigen andern mehr, alß verbi gratia daß
13
die arma hinc inde cessiren; keine repressalia oder offensiones inskunfftig
14
mehr gebracht; alle gefangene loß geben; gehorige assecuration auch de
15
futuro geleistet; allerseiz commercien ihr freyer gang wieder gelaßen; gute
16
correspondenz und nachparschafft uberall gehalten; einander wieder die-
17
jenige, welche gegen den geschlossenen frieden thun oder handlen, assisirt
18
werden solt, etc. Hielten aber solches fur kein so wichtige puncten, weilen
19
es der raison und ublichen brauch bey den friedenstractaten gemeß, ahn
20
seitthen des Kaysers auch zweiffelßohn selbst wurde begert werden, also
21
werde man sich darinnen desto leichter vergleichen konnen. Sie stunden
22
auch noch an, ob sie die haubtpuncten alle auf einmall oder jeden absonder-
23
lich und nacheinander proponieren wollten. Worauf I. H. G., es seye
24
nit ohn, daß solche puncten zwarn essential, gleichwol aber, alß billiche
25
sachen, allerseiz leicht würden zu veraccordiren sein. Wolten auch im ubri-
26
gen verhoffen, es werden die von ihm bedeutte 4 oder 5 substantialpuncten
27
also bewand und in ratione fundirt sein, daß soviel bälder auß den sachen
28
zu kommen. Es were das beste und sicherste, alles miteinander zu
29
proponieren, dan sonsten man allemall furchten mueste, daß noch weiters
30
herfor khommen werde, und also die resolutiones nit so baldt und cordate
31
genommen werden kondten. Bey welchem der Servient gemeldet, wan
32
man nur aufs Kaysers seitthen nicht zu viel scrupuliren, und sich gleichfalß
33
heraußlaßen wurde. I. H. G., auß lezt der Kayserlichen schrifft werde
34
er gesehen haben, daß man schon zimblich ad rem et materiam ipsam
35
gangen, seye aber von ihnen biß dato darauff nichts geandworttet. Was
36
partis huius intentio seye, kondten sie leicht erachten, dan man nomine
37
Caesaris et imperii die proposition (wan mans noch Teutscher haben wolte)
38
in dreyen wortten kondte begreiffen, daß nemblich alles von den
39
kriegenden theylen abgenommene wieder restituirt werde, gestalt dan auch,
40
wie sie vernehmen, die Schwedische proposition under andern dieses in-
41
haben solle, alles in den stand im reich, warinnen es anno 1618 gewesen,
42
wieder zu setzen. Welches wan es a parte des reichs eingangen, folge
43
darauß, daß die Franzosen und Schweden das reich quitiren und alles
44
restituirn musten, wamit der fried bald gemacht, zumalen deren cronen

[p. 146] [scan. 196]


1
keine anno 1618 im reich sich befunden. Und seye nichts billichers, alß da
2
die cronen solches vom reich erhalten, dem reich deßgleichen reciproce
3
wiederfahren muste. Waruber er gelächelt und gesagt, dergestalt werde
4
es nit hergehen; under denen 5 vorbenendten puncten seye recompensa
5
coronae, und satisfactio statuum, die mit Franckreich uniirt. I. H. G.
6
replicirten, a parte des reichs, und sonderlich der catholischen, vermaine
7
man solche große dienst nit empfangen zu haben, umb deswillen man zu
8
einiger recompentz obligirt sein solle. Es were dan, daß die Franzosen dem
9
reich durch die waffen etwas mit gewalt abzutringen gedencke [!], woruber
10
man noch miteinander reden muste. Was die mit ihnen alliirte status
11
anlangete, seyen dieselbe außer Churtryer alle uncatholisch, die mehrers nit
12
begehren kondten, alß der Passawer vertrag und religionfrieden (welche
13
von ihnen biß dato nit gehalten) mit sich brächte. Und obgleich dahero auch
14
die catholische zur deren observantz weiter verbunden zu sein nicht ver-
15
mainten, so möchte man sich doch, I. H. G. erachtens, umb friedens willen
16
noch persuadiren laßen, selbige de novo zu ratificiren, wan vom andern
17
theyl, auch von den cronen die gegenassecuration geschehe, daß darwieder
18
inskunfftig nit gehandlet werden solt; alßdan auch dißhalber der fried
19
leicht zu treffen, und die unirte zu contentiren. Die reichsconstitutiones
20
aber und fundamentalsatzungen aufzueheben oder zu ändern, darzu hetten
21
die außwendige coronen kein ursach, und habe man sichs auch von
22
Franckreich oder Schweden soviel weniger zu versehen, weilen solche ad
23
libertatem Germaniae tam catholicorum, quam acatholicorum gehörig, und
24
welche zu conserviren beyde coronen sich angelegen seyn zu laßen so
25
höchlich contestirt, und noch immerhin im mundt fuhren thetten. Alßdan
26
sich bezeigen werde, ob in hoc passu die Franzosen der uncatholischen
27
advocati werden sein, und den catholischen die stiffter und Kayser- und
28
konigliche fundationes abnehmen wollen. Worauf der Servient, es
29
wurde gleichwohl schwer sein, daß man etwan einem churfursten von
30
Brandenburg (er wolte von andern nit sagen) die stiffter wegzunehmen, in
31
deren besiz er so lange jahr gewesen, da sich doch andere catholische
32
fürsten und stende beklagten, daß wan sie die stiffter verlaßen solten, ihrer
33
alßdan viel nit zu leben haben, ia ganze häuser oder familiae ruinirt wer-
34
den würden. Und seye auch der cron Franckreich dahin zu sehen, daß sie
35
dero alliirte und welche es mit ihnen gehalten, nit disgustiren, hetten auch
36
dazu kein ursach. Hiernach fragten I. H. G., ob dan die Franzosen ver-
37
meinten, daß auch die nach dem Paßawer vertrag abgenommene stiffter
38
den catholischen endzogen werden solten. Kondtens ihro in ewigkeit nit
39
laßen vorsehen, so wenig es auch der Pabst zuelaßen, oder die catholische
40
stend darin consentiren wurden. Und gelte die von den Franzosen fuhrende
41
maxima, daß man socios foederis nit disgustiren müste, hier gar nit; son-
42
dern habe man pillicher zue beforchten, daß Gott, indeme der kirchen nit
43
allein solche geistliche gutter endzogen, sondern dadurch auch die catholi-
44
sche religion in vielen orth extirpirt, ja der rest des catholischen exercitii

[p. 147] [scan. 197]


1
im reich in weitter gefahr der undertruckung (weiln sie allzeit neuere unh-
2
ruhe erweckhen, und darnach neue vertrag zu erzwingen suchen werden)
3
gesetzt, hochlich offendirt werde. Seye wol zu erbarmen, wan diß der ef-
4
fectus der Franzosischen waffen im reich sein solle, und werde die straff
5
Gottes in dieser und jener weit gewißlich nit außpleiben. Auf welches
6
der Servient, daß es von ihme also nit gemeint seye, daß man den uncatho-
7
lischen dergestalt alles werde sollen zulaßen. Sie wolten ihr eußerist thun,
8
musten aber auch ihre leuth nit disgustiren. Der Kayser hab ihn doch ein
9
exempel geben, indem er im Prager schluß den uncatholischen die geist-
10
lichen guetter und stiffter eingeraumbt. Wobey I. H. G. vermeldet, er
11
werde schon selbst beßer wissen, daß es damit einen besondern verstand
12
und underscheidt habe, daß Ihre Kayserliche Majestät connivendo die
13
geistliche gütter auf 40 jahr lang hingelaßen, und endzwischen daruber
14
weitter amicabiliter tractirt und under den stenden, wie herkommen, ver-
15
glichen werden solle. Hiengegen sagten die Franzosen, daß sie einen ewigen
16
bestendigen frieden machen wolten, dergestalt Gott und der catholischen
17
religion die nach dem Passawer vertrag eingezogener geistlicher guetter und
18
stiffter in ewigkeit unpillicher weiß endzogen würde [!]. Von dieser
19
materi ließe er ab und meldet, er vernehm, daß die reichsdeputation von
20
Franckfurt anher transferirt werden soll, sehe aber nit, cui bono; zumalen
21
dieselbe, wie er verstehe, nur ad causas ordinarias imperii verordnet, nicht
22
aber vom reich bevollmächtiget, dieser tractaten sich zue underwinden,
23
oder den schluß zu ratificiren. Warauff I. H. G., ob er dan der mai-
24
nung noch, daß man der gesambten reichsstende ferner warten soll, und ob
25
sie zu deren ankunfft hoffnung hetten. Alß er dieses mit nein beandtwort-
26
tet, dan sie wol sehen, daß alle nit kommen würden, sagten I. H. G., er
27
werde sich erinnern, daß bey gegebener visita, nachdem 4. Decembris die
28
Franzosische schrifft eingeliffert, sie ihnen vorgesagt, daß es ein vergeb-
29
liches wartten auf der stende ankunfft und nur die zeit darmit wurde ver-
30
lohren sein. Es hettens die mediatores auch ad nauseam remonstrirt, ob sie
31
es dan noch nit glaubten? Welches der Servient affirmirte, daß es wahr
32
und also seye. Und continuirten I. H. G., er mochte den herren media-
33
toribus und ihro inkonfftig wol und besser zuetrawen, daß sie alles recht
34
und aufrichtig maineten und erinnerten. Es seyen zeit ihres hieseins nunmer
35
6 monat mit dem gebenedeyten zuwartten auf ankunfft der stend hinge-
36
strichen, und wißen sie noch eben wenig, ob und wer von denselben kom-
37
men werde. Ja, sie hetten nachricht, daß nit der dritte ihnen auf ihr zu-
38
schreiben geandworttet, weniger des erscheinens halber sich anerklehrt.

39
Ad quod der Servient, daß durch sie die zeit nit verlohren, sondern es
40
hetten die Kayserlichen den vorigen sommer nit tractiren wollen, vorge-
41
bendt, daß dadurch der konig von Dennemarck wurde offendirt werden.

42
I. H. G. replicirten hierauff, davon wisten sie nichts zu sagen, zweiffle-
43
ten aber nit, die Kayserlichen wurden hierinnen sich schon wissen zu ver-
44
andwortten. I. H. G. redeten aber nur von der 6 monat zeit, daß sie alhier

[p. 148] [scan. 198]


1
sich befunden, welche mit zuwarttung auf die stende, auch mit so gewisser
2
remonstrirter vergeblichkeit verzehrt, und underdeßen so viel catholisch-
3
und christenblutt vergossen worden. Servient fragt, wan die deputation
4
anherkehm, ob sie ihre vota libera haben würden, 2. wie es mit denen zu
5
halten, so de circulis alberait hier und sonsten noch in privato folgen moch-
6
ten. Eben gleich zu Franckfurt, sagten I. H. G., wurden die sachen vor-
7
genommen, daß nemblich yeder collegium, das chur- und furstliche, sich
8
eines conclusi, darauff miteinander einer mainung verglich, und demnegst
9
solches den Kayserlichen reportirten, dabey sich niemandts zu beschweren,
10
noch ein ander modus von den außwendigen contra libertatem Germanicam
11
praescribirt, oder von andern contra constitutiones praetendirt werden
12
könne. Die circulares, so etwan geschickt haben, konten sich durch die
13
ihrige bey den deputatis illius circuli angeben, und ihre notturfft wie die
14
privati status, vermög des anno 1636 und 1641 gemachten reichsschlußes,
15
vorpringen laßen. Welches dan beßer sein wurde, weilen yeder von der
16
deputation assistenz haben, und bey den Kayser- und churfürstlichen in
17
billichen sachen gehör und statt finden wurde, alß wan yeder privatus fur
18
sich allein sein anliegen vorpringen und urgiren solte. Daß aber seinem
19
(Servients) andeutten nach, solche deputation zur conclusion und assecu-
20
ration nit instruirt, da wurde sich er und sein collega genugsamb erinnern,
21
daß man schon vor etlichen monaten sich erpotten, daß Ihre Kayserliche
22
Majestät, wan die tractatus in gang kommen, und mit rechtem ernst und
23
eiffer fortgesezt, einen allgemeinen reichstag außschreiben, auf deme die
24
conclusa alßdan allerseiz vorpracht werden solten; woran sie coronen
25
alßdan sich contentiren laßen müsten. Worauf der Servient, ob solcher
26
reichstag nacher Munster, oder wohin solte verschrieben werden? Und alß
27
I. H. G. geandworttet, die reichsconstitutiones vermögten, daß die comitia
28
imperialia in den reichsstätten zu halten, sagte er, alßdan endweder
29
Franckfurt oder Collen, desto näher den friedenstractaten zu sein, erwehlt
30
werden müste. I. H. G. hienwieder, bey Ihrer Kayserlichen Majestät
31
und den herren churfursten stunde, wie sie sich de loco et tempore wurden
32
vergleichen, so aber ehender nit geschehen werde, biß man einen rechten
33
ernst zu den tractaten und bestendigen fortgang sehe etc. Servient mel-
34
det, I. H. G. wolte er in vertrawen sagen, daß er fur gewiß berichtet, den
35
Kayserlichen seye die liberation des churfursten zu Tryer nicht zuwider,
36
nur werde es per electores verhindert; undt man müste hierinnen satisfac-
37
tion geben, oder sie wurden ursach haben, sich von hier zu retiriren. Diß
38
aber sagte er so still und erschrocken oder bedachtsam, daß man woll
39
abnemmen konte, daß sie keinen bevelch haben, weniger ihme ernst seie.

40
I. H. G., hierzu wurde ihnen ex parte Caesaris vel imperii ganz keine ur-
41
sach geben. Würdens sie aber selbst nehmen wollen, wurden sie vor der
42
ganzen weit bezaigen, daß ihnen zum frieden kein ernst. Man habe sich von
43
seitthen Ihrer Majestät und des reichs per mediatores wegen Churtryer so
44
weit erklehrt, daß sie damit billich zufrieden sein konnen und müßen. Zu-

[p. 149] [scan. 199]


1
malen man gar nit abgeschlagen, daß deßhalber tractatus und vergleich
2
vorgehen soll, sondern hab man sich allein quoad tempus difficultirt, biß
3
man sehe, wie sich die tractaten anlaßen. Gestalt er Servient dan zuvor
4
selbst gedacht, daß diß kein substantial punct, also konne er auch ahn auff-
5
stoß der handlung nit ursach sein. Und habe er sonsten auch, alß ein ver-
6
stendiger, leicht zu erachten, daß es die mainung disseiz gar nit habe, daß,
7
da alles adiustirt und der fried geschlossen, der churfurst in iezigem stand
8
verbleiben, und nit wieder zu seiner kirchen und administration solte
9
gelaßen werden. Daß er aber gehort haben solt, ob were den herren chur-
10
fursten sein, Churtryers, restitution zuewieder, daß mueste ein ignorant von
11
den sachen oder malitiosus spargirt haben. Und wolten I. H. G. ihm fol-
12
gende motiven zu consideriren geben, und alßdan selbsten iudiciren laßen,
13
ob er vermainen konne, daß die churfursten seine befreyung gehindert.
14
Und 1. werde er vorhin wissen und begreiffen, daß die anhaltung anfeng-
15
lich ganz nit mit vorbewust und weniger guttachten der herrn churfursten
16
geschehen. 2. Weren die schreiben vorhanden, wie I. H. G. in specie wißen,
17
daß Chürtryer noch erst vor etlichen monaten beyde herrn churfursten zu
18
Collen und Bayern, vermuthlich auch ahn andere, geschrieben, und von
19
denselben seine erledigung zu befurdern begert, worauf die andwort also
20
erfolgt, daß er darmit zufrieden gewesen. 3. Seyen seine verbrechen imme-
21
diate gegen die herren churfürsten, I. H. G. wissens, nit, sondern wieder
22
Ihre Kayserliche Majestät, maßen dieselbe die original tractatus und hand-
23
lung, so vorgangen, in handen haben sollen. Sie wolten vor der captivation,
24
ob recht oder unrecht darahn beschehen, nit sagen, diß aber wol, daß wan
25
daruber vor diesem die geistlichen churfursten, in specie Churcollen, in ihren
26
votis vernommen, sie allezeit dahin geziehlet, daß wol zu considerirn und
27
nit wenig bedencklich falle, sonderlich einen geistlichen churfursten derge-
28
stalt beym kopff zu nehmen. Diß bekenten I. H. G. zwar, daß alß iüngst,
29
wissen nit auß der Franzosen oder anderer vorschlag, proponirt worden,
30
daß der churfurst von Tryer ad locum tertium undt zwar nacher Rom oder
31
Italien mochte gefuhrt werden, I. H. G. und Churbayerische gesandte sol-
32
ches improbirt, dan sie nit befinden, wie ein furst des reichs, geschweigens
33
ein churfurst, außer reichs in anderer landen und handen gefuhrt, und ihme
34
allda der proceß gemacht werden solt, welches dan auch andere stende nim-
35
mer wurden zugeben. Und ob zwarn solches mit dem cardinal Cleselio

41
Melchior Klesl (1553–1630), Bf. von Wien 1598, Kardinal 1616, Minister unter Kaiser
42
Mathias, 1618 verhaftet, seit 1619 in päpstlichem Gewahrsam in Österreich. 1622 nach
43
Rom gebracht und 1623 freigelassen, 1627 Rückkehr nach Österreich (vgl. ADB XVI
S. 167ff ).
ex-
36
emplificirt werden wolle, so seye doch dieser große underschied dabey zu
37
machen, daß er under das collegium cardinalium gehört, und kein furst des
38
reichs gewesen. Der Servient fiele hierein, er muße es selbst fur unrecht
39
halten und bekennen, wan mans ex parte des reichs solte zugeben, habe
40
auch ye und allezeit darahn gezweifflt. In Franckreich habe man eben der-

[p. 150] [scan. 200]


1
gleichen constitutiones und observantias, daß die erzbischofff bischoff etc.,
2
obwol dieselbe dem Pabst underworffen, dannoch außerhalb nit geliffert,
3
sondern muste der Pabst commissarios ad formandum processum in
4
partibus deputiren. I. H. G. continuirten auf ihr voriges, daß von
5
seithen Ihrer Kayserlichen Majestät den herrn churfursten mehrmalen
6
remonstrirt, daß gegen Ihre Majestät und das reich unverandwortliche
7
sachen und grobe facta mit den außwertigen vorgangen, und sonderlich mit
8
Franckreich und Schweden tractirt worden, daß sie intuitu derselben seiner
9
anhaltung halber genugsambe ursach gehabt, und noch zu haben vermain-
10
ten. Auf welches Servient, ahm Kayserlichen hoff möge man vorgeben
11
was man wolle, kondte doch nichts solches vorpracht werden, dan der
12
konig auß Franckreich coronam imperii niemaln affectirt hette. I. H. G.
13
andwortteten, sie sagten davon nit; were ihro auch die rechte beschaffen-
14
heit unbekand, hetten nur lengst erwehnt, repetirtens auch nachmal, daß
15
nit allein die Kayserlichen und Spanische ministri, sondern auch Ihre Maje-
16
stät selbst sage, daß alle die tractaten und schrifften, so zwischen Chur-
17
tryer, dem cardinal Richelieu, baron Saludie, St. Chamont und Buotti

40
Zu St. Chaumont und Bussy vgl. oben S. 46 und 74. Louis de Briançon, baron de
41
Saludie, war französischer Kommandant der Festung Ehrcnbreitstein.
vor-
18
gangen, und was er durch die seinige zu Pariß anpringen und verrichten
19
laßen, in originali beyhanden, umb desto weniger man zu zweifflen, daß
20
Ihre Kayserliche Majestät auf gefehrliche sachen und considerationes, so er
21
der churfurst practiziret, beziehen thue. Darauff Servient, offt gebe
22
man viel von sachen vor, die man in handen habe. Er konte einmal ver-
23
sichern, daß sein konig das imperium nie gesucht, wuste auch alles was
24
wegen der neutralitet mit Churtryer damaln tractiert worden. Die confoe-
25
deration belangendt, damit habe das hauß Ostereich selbst zuerst den an-
26
fang, in specie mit den Schweitzern, gemacht. I. H. G. gaben zur and-
27
wort, es seyen die Schweitzer unders reich billich mit zu rechnen, und seye,
28
wie sich selbige davon eximirt, vorhin bekhand genug. Deßgleichen seyen
29
auch von rechts wegen die Staden von Holland unders reich mitgehorig,
30
wie sich aber dieselbe in libertatem abziehen wollen, und die cron Franck-
31
reich selbst sie contra imperium et regem Hispaniae fomentiren, ja gar testis
32
coronatis iez gleich erheben thue, wisse man wol. Und wan das hauß Oster-
33
reich schon in einem oder andern mißthun solte, seye doch darumb nit
34
gesagt, daß deßwegen diesem oder jenem stand zustehe, contra constitutio-
35
nes imperii et statum mit außländischen potentaten sich zu confoederiren,
36
welches dan auch im konigreich Franckreich selbst nit gestattet wurde, wie
37
mit dem herzogen von Bullion

42
Frédéric Maurice de La Tour d’Auvergne (1606–1652), duc de Bouillon, prince de
43
Sedan, verhaftet 1642 nach Aufdeckung der Verschwörung des Saint-Mars und freige-
44
lassen gegen Verzicht auf Sedan.
zu exemplificiren, der noch iüngst wegen
38
angebener correspondentz mit Spanien, ob er schon souverain, aller seiner
39
land und leuth endsezt worden und am leben gestrafft werden wollen.

[p. 151] [scan. 201]


1
Hiervon nahme der Servient abermal einen absprung und vermeldet, biß
2
dato habe er vermaint, I. H. G. seyen von Churcollen nomine totius collegii
3
deputirt, so musten sie verspuhren, Churtryer habe seinen consensum darin
4
nit geben, konne also kein bestendiges conclusum collegiale gemacht sein
5
oder werden. I. H. G. replicirten, sie wüsten nit, was sie hierzu solten
6
sagen; verspührten auß dießen discursen, daß ihnen noch wenig ernst ad
7
rem ipsam zue schreitten, sondern alle tag newe difficulteten und aufzug
8
suchten. Und sorgten dahero, daß sie ahnstatt der verhofften proposition
9
mit solchen sachen wiederumb herfurkommen wurden, die I. H. G. sowol in
10
particulari, alß auch die mediatores offtmaln genugsamb beandworttet.
11
Weilen er aber in so weit gleichsamb ihre commission, ja den haubtpuncten
12
selbst, ob das churfürstliche collegium ergenzt seye, und ob man anietzo
13
rebus sic stantibus ohn Churtryer conclusa collegialia machen konne, in
14
disputat ziehen wolle, müsten sie nothwendig zu rettung des churfürstlichen
15
collegii authoritet, und die potestatem zur abordnung sowol Churcollens
16
alß Brandenburgs folgendes melden; daß Churmainz, Collen, Bayern,
17
Sachßen und Brandenburg nunmehr 10 gantzer jahr alle gravissima negotia
18
imperii ohn einiges difficultet tractirt, pro conclusis collegialibus im ganzen
19
reich und weldt gehallten, im reichstagsabschied, und sonsten underschied-
20
lich von gesambten stenden respective confirmirt und guttgeheischen wor-
21
den. Daß nun solche conclusa und actus man solte von den Franzosen oder
22
Schweden disputiren oder annulliren laßen, werde man ex parte imperii
23
und sonderlich des churfürstlichen collegii in ewigkeit nit zugeben, dan auf
24
solche weiß man ahn statt des friedens nichts alß eversionem totius status
25
imperii und nur dissensiones ac lites under den stenden suchen und machen
26
wurde. Darauf er Servient, es seye gleichwol schwer, daß ein Kayser
27
macht haben solle, einen churfürsten außm collegio pro libitu zu schaffen,
28
und der stim priviren, da man doch exempel habe, daß Kayser selbst privirt
29
und abgesezt worden weren. W: Der Ausschluß ist mit Zustimmung
30
aller Kurfürsten erfolgt[...] , die Absetzung König Wenzels

43
Wenzel von Luxemburg (1361–1419), deutscher König 1378, abgesetzt 1400.
ist cognita
31
causa vom churfürstlichen collegio et statibus imperii geschehen, nicht aber
32
von einem churfursten allein oder auch nach belieben eines außwendigen
33
potentaten. Servien: Es werde auf diese weiß dahin kommen, daß wan
34
ein churfurst dem Kayser sein votum nit gebe, er denselben deßhalber de
35
collegio praecludiren werde. Welches I. H. G. beandworttet, daß man
36
quotidiana exempla in electionibus der churfursten, erzbischoffen und
37
anderer habe, die allemal singulorum vota in electionibus nit bekhemen,
38
dannoch deßhalber keine ungnad auf sie würffen, weilen ihnen ohnedaß
39
mortification gnug, daß sie legitime electos auch wieder ihren willen
40
erkennen und leiden müsten. [...] Seye auch von so großen monarchen und
41
potentaten solcher proceß und vindicta mit raison nicht zu befahren, weiln
42
es auch in ihrer macht nit stunde. Sonsten hetten sie uber diß alles

[p. 152] [scan. 202]


1
gnugsamb vernommen, was die Kayserlichen wegen exclusion Churtryer ex
2
collegio durch die mediatores iüngst repliciren laßen. Warauff er, daß
3
sie gesagt, Churtryer habe den Palatinum selbst außm collegio geschafft.
4
Nun were ein große differenz zwischen beyden, zumalen der pfalzgraff in
5
notoria rebellione et banno imperii declarirt und gewesen were. W:
6
Man habe lediglich gesagt, daß Trier zwischen Beginn des Krieges 1618 und
7
der Ächtung des Pfalzgrafen 1622 an den Beschlüssen des Kurkollegs zu sei-
8
ner
Ausschließung mitgewirkt habe. Servien: Daß auch in notorietate
9
facti, indeme die ganze welt von der vom pfalzgraffen angefangener
10
rebellion gewust, ein großer underschied. I. H. G., hetten schon zuvor
11
gemeldt, daß notorietas facti auß seinen eigenen schreiben und gegenschrei-
12
ben, maßen man ex parte Caesaris vermeint, genugsamb zu nehmen. Wol-
13
len es auch hier nit disputieren, weiln sie nit instruirt noch dißhalber com-
14
mitirt weren. Er, Servient, seine erledigung hetten sie biß dato nit ex
15
gratia, sondern iustitia et concordatis Hamburgicis begert, dan solches ein-
16
mal im praeliminarvergleich endthalten. W: Nach Meinung der Ksl.
17
sind in Hamburg Pässe fur die herren churfursten oder deren deputirte
18
begert und erlangt, fur Churtryer aber anderst nit alß auf seine abgesandte
19
ex parte Caesaris bewilliget worden. Worauf er Servient heraußgefah-
20
ren, so hetten die Kayserlichen sie Franzosen betrogen, und es were also
21
nit. W verweist auf den Vertrag; er habe gehört, daß der d’Avaux
22
selbst gestehen müße, es seye fur den churfursten zu Tryer person niemalen
23
passaportus begert, hab auch deßhalber keine commission, außer fur seine
24
abgeordnete gehabt. Worauff er Servient mit alteration gemeldet, dem
25
sey wie ihm wolle, es muste gleichwol liberirt sein. I. H. G., ahn seiner
26
lengeren detention seye niemandts dan sie Franzosen selbst schuldig. Zuma-
27
len wan von ihnen, verglichener maßen, die proposition 4. Decembris eroff-
28
net, und in den tractatibus verfahren, wurde man in den 5 oder 6 monaten
29
zu dem punct wegen Churtryers erledigung alberait kommen sein. Zumaln,
30
wie von ihme selbst gedacht, die nachricht zue haben, wolte solches der
31
Kayser nit hindern [...]. Worauf der Servient concludirt, so bald sie
32
von Oßnabruck wieder zuruckkommen, hofften ehest auf den verglichenen
33
tag zur proposition und der handlung selbst zu kommen.

41
33–40 Meldete – einzuefinden] am Rande: litteris inseratur.
Meldete demnegst,
34
Churbayerns beichtvatter

42
P. Johann Vervaux SJ (1586–1661); vgl. L. Koch II Sp. 1815ff. Zu seinen Verhand-
43
lungen
in Paris vgl. K. Schweinesbein S. 185ff.
hetten sie anietzo zu Pariß, welches ein herrlichs
35
ding, und viel guts veruhrsachen konne. Inmaßen sie hiervon mit I. H. G.
36
und herren Churbayerischen, maßen sie deßhalber in befelch bekommen,
37
bey ihrer wiederkunfft von Oßnabruck weitters reden wolten. I. H. G.
38
plieben circa hoc in generalibus, mit vermelden und anerpiethung, daß ihro
39
solches angenehm, auch nit underlaßen wolten, bey ihrer zurucklangung ge-
40
legenheit zue machen, sich bey ihnen einzuefinden. Begerten aber sowol fur

[p. 153] [scan. 203]


1
ietzt alß auch sonst, er wie auch der d’Avaux das ienige, was sie von des
2
reichs wegen also confidenter und rund andeutteten, nicht ubel nehmen,
3
und doch glauben wolten. Gestalt sie dan alberait mit convocation der stend
4
erfahren hetten, daß sie die ihnen von selbst oder von andern gemachte
5
mainung betrogen. Servient andworttete, daß ihm sowol, alß dem de
6
Avaux I. H. G. candor und modus procedendi biß dato gar wol gefallen,
7
hetten auch vill informationes dardurch erlangt und deßhalber
8
underschiedlich nacher hoff berichtet, so daselbst sehr wol aufgenommen
9
[...].

10
1645 IV 22
Samstag W bei Volmar. Mitteilung über das Gespräch mit
11
Servien. Man vereinbart, den gemachten obiectionibus etwas beßer
12
nachzudencken, damitt wan weitters davon vorkommen, man ihnen alß-
13
palden fundamentaliter weiters begegnen konne.

37
13–18 Volmar – würden] am Rande: per PS.
Volmar: Contarini
14
hat d’Avaux inständig ersuchen lassen, nicht abzureisen und keine
15
weiteren Schriften mit Servien zu wechseln oder sonst zu Streit Anlaß zu
16
geben. Er möge sich durch Serviens Sonderkorrespondenz mit Mazarin
17
nicht irren lassen, wohingegen sich die Mediatoren seiner bei der Königin
18
annehmen würden.

19
Bayern bei W. Mitteilung des Gesprächs mit Servien.

20
1645 IV 23
Sonntag Mitteilung an die Mediatoren, Ksl. und Bayern.
21
Da W bis zur Rückkehr der Franzosen au; Osnabrück für acht Tage nach
22
Wiedenbrück will, soll Landsberg ihn vertreten. – Nassau bei W [...].

23
1645 IV 24
Montag Reise nach Wiedenbrück [...].

24
1645 IV 25
Dienstag Nachricht aus Osnabrück: Einzug Wittgensteins.
25
Die Ksl. haben Cratz den Exzellenztitel gegeben und wollen es auch bei
26
Wittgenstein tun.

27
1645 IV 27
Donnerstag Schreiben Landsbergs: Nach Mitteilung Chigis
28
sucht Servien Verzögerungen, bis d’Avaux die Erlaubnis zur Abreise hat.
29
Diese ist in der Form erfolgt, daß die Königin dem Wunsch d’Avaux’ nach-
30
gebe, aber lieber sein Verbleiben in Münster sehe. Daraufhin hat Chigi
31
d‘Avaux geraten, lieber noch zwei Monate zu warten und eine unverklau-
32
sulierte Erlaubnis zu erwirken zu suchen. D’Avaux war einverstanden,
33
doch ist jetzt ein Schreiben Mazarins eingetroffen, das weiteres Verbleiben
34
befiehlt und über das d’Avaux so erregt ist, daß er ohne Rücksicht auf die
35
Folgen baldigst abreisen will. Auf Chigis Vorstellung, die Verhandlungs-
36
vollmacht laute nur auf beide Gesandte, hat er geantwortet, nach dem Bericht

[p. 154] [scan. 204]


1
St. Romains

39
In Münster seit 1645 IV 17.
werde bald eine Vollmacht auf Servien allein folgen. Die
2
Franzosen haben Chigi erklärt, bisher habe Frankreich sein Vertrauen auf
3
den Papst gesetzt, man spüre aber, daß dieser sich mehr und mehr ihrem
4
König abgeneigt zeige, indem er gegen die Freilassung Triers an den Kaiser
5
geschrieben habe, Frankreich in Katalonien nicht die Disposition über die
6
kirchlichen Benefizien zugestehe, sie Portugal abschlage, bei der letzten
7
Kreation nur spanisch gesinnte Kardinäle ernannt habe, den von Portugal
8
nach Rom gesandten Geistlichen habe ermorden lassen. Chigi hat die
9
Vorwürfe teils richtiggestellt teils zurückgewiesen und gefragt, warum sie
10
nicht durch den Pariser Nuntius

40
Niccolò Guidi di Bagno.
oder den Gesandten in Rom

41
Jacques Bretel (1608–1673), chevalier de Grémonville, französischer Gesandter in Rom
42
1644–1646.
vorgebracht
11
würden. Die Franzosen haben geantwortet, man wolle ihn nur unterrichten
12
[...] . Die Proposition, die zwischen Franzosen und Schweden diese Woche
13
in Osnabrück abgesprochen werden soll, soll enthalten: 1. Amnestie,
14
2. Wiederherstellung des Standes von 1618, 3. Entschädigung der Kronen,
15
4. Garantie des Friedens. In 1 und 3 soll man sich einig sein, Schweden will
16
Pommern mit Stralsund, Frankreich das Elsaß mit Breisach, was Chigi
17
geheimzuhalten bittet. Bei den Garantien fordern beide Sitz und Stimme im
18
Reich. In 2 sind die Franzosen behutsamer, damit es scheine, sie begünstig-
19
ten
die Katholiken; möglicherweise wollen sie eine Änderung oder ein
20
späteres Stichjahr [...] . Zweifel am Kommen Longuevilles, der weiter den
21
Titel Altezza fordert, Bestehen der Franzosen auf Entsendung Castel
22
Rodrigos. Wie dan allem ansehen nach die Franzosen mehrers darauff
23
gedencken, wie die waffen diesen sommer fortzusezen, alß bey den
24
friedenstractaten etwas fruchtbarliches zu

38
24 handlen] am Rande: an Bayern 1645 IV 27, an Köln 1647 IV 28
handlen.

25
1645 IV 29
Samstag Schreiben Landsbergs: Nach Mitteilung Nassaus
26
haben die Mediatoren den Ksl. erklärt, die Franzosen wollten sich nicht an
27
die Verträge von Regensburg und Cherasco binden lassen. Die Ksl. haben
28
eingewandt, in beiden Fällen seien die französischen Unterhändler zum
29
Abschluß bevollmächtigt gewesen, die Nichteinhaltung der Verträge sei ein
30
Hauptgrund des gegenwärtigen Krieges. Die Mediatoren rechnen jedoch
31
nicht mit einer Änderung der französischen Haltung. Die Forderung wegen
32
Trier haben die Franzosen fallengelassen, drängen aber auf Stimmrecht für
33
die zu den Verhandlungen erscheinenden Reichsstände. Die Ksl. bezogen
34
sich hierzu auf das Reichsrecht und entgegneten, als Contarini erwähnte,
35
der Vertreter Frankfurts

43
Dr. Zacharias Stenglin (1604–1674), Syndikus der Stadt Frankfurt.
habe geäußert, seine Stadt werde sich so wenig
36
wie andere das Stimmrecht nehmen lassen, wan der Kayser, chur- und
37
fursten ad certos tractatus deputierten, gäbe es kein Stimmrecht aller

[p. 155] [scan. 205]


1
Stände; gestehe man es zu, seien unabsehbare Schwierigkeiten und Verzöge-
2
rungen zu erwarten. Nach Meinung der Mediatoren werden hierin die
3
Franzosen nachgeben, die sich auf ihre dreimalige Einladung berufen und
4
nun dahinstellen, welche Stände erscheinen und wie sie dem Kaiser assistie-
5
ren. Sie fordern aber Berücksichtigung der Beschwerden ihrer Verbündeten.
6
Die Ksl. antworteten, man könne darüber nacheinander verhandeln und
7
mit der Freilassung Triers beginnen. Sie wiesen die französische Auffassung
8
zurück, Lothringen sei nicht als ihr Verbündeter zu betrachten. Die
9
Franzosen halten Behandlung erst der deutschen und dann der italienischen
10
Fragen für gut, wollen sich aber nicht direkt daran binden lassen. Servien
11
wird allein nach Osnabrück reisen, da d’Avaux die Rückkehr nach Frank-
12
reich vorbereiten muß.

13
1645 V 1
Montag Schreiben Landsbergs: Servien nach Osnabrück, auch
14
Rosenhane dorthin erfordert. Unwillen der Schweden über die Verzöge-
15
rungstaktik der Franzosen, die heimlich mit Bayern verhandelten und die
16
Subsidien an ihre Verbündeten nicht richtig zahlten, weshalb Rákóczy

35
Georg I. Rákóczy (1591–1648), Fürst von Siebenbürgen 1630, im Bündnis mit Frank-
36
reich und Schweden seit 1643, Friedensvertrag mit dem Kaiser Lampersdorf/Linz 1645
37
VIII 22/XII 16 (Druck: J. Dumont VI 1 S. 329ff).
sich
17
nicht erhebe. Schweden wolle bald den Frieden und würde notfalls
18
zusammen mit Kaiser und Reich Frankreich zum Beitritt zwingen. Ge-
19
rüchte über die Freilassung des Kurfürsten von Trier, der Mainz und Köln
20
aufsuchen und nach Münster kommen wolle. Servien wird diese Woche zu-
21
rückerwartet, anschließend werde d’Avaux in Osnabrück seine Abschieds-
22
besuche machen. Brömser in Münster angekommen zu Besprechungen mit
23
Kölnern und Bayern über Mißhelligkeiten mit Brandenburg anläßlich des
24
Einzuges Wittgensteins

38
Beim Einzug in Osnabrück hatten die Brandenburger sich geweigert, in die Mainzer
39
Kutsche zu steigen, so daß Cratz zu ihnen einsteigen mußte. Ferner hatten sie den
40
Besuch der Schweden angenommen, bevor diese bei den Mainzern gewesen waren. Vgl.
41
APW [III A 1,1 S. 50ff] , W. Becker S. 171f.
; Konferenz darüber bei den Bayern (siehe APW [III A 1,1 S. 50ff] ). – Auf diese Nachricht hin entschließt W sich zur Rückreise.

26
1645 V 2
Dienstag Rückkehr Ws nach Münster; Mitteilungen an die
27
Ksl., die Bayern und Brömser [...].

28
1645 V 3
Mittwoch Brömser bei W. Im Beisein von Reck / Landsberg
29
beantwortet W gestern schriftlich eingereichte Fragen zum Zeremoniell:
30
1. Die von Brandenburg angebotenen Reversalen wegen der schwedischen
31
Visite reichen aus. 2. Die Besuche zwischen Mainzern und Brandenburgern
32
sind danach nicht zu verschieben; Wittgenstein und Löben sind beide
33
Hauptgesandte. 3. Bei den Schweden ist mit mangelnder Information zu
34
entschuldigen, daß die Begrüßung beim Einzug sitzend entgegengenommen

[p. 156] [scan. 206]


1
wurde [...]. 4. Salvius ist Prinzipalgesandter wie Volmar und Brun, wird in
2
Münster auch so behandelt. 5. Die Besuche reichsständischer Gesandter
3
können vor der Visite der Schweden angenommen werden; W selbst hat die
4
Bayern mit der Begründung, daß sie de eodem corpore weren, zuerst
5
empfangen, was allgemein gebilligt wurde. Ratschläge zur Behandlung der
6
verschiedenen Gruppen reichsständischer Gesandter. 6. Hessen-Kassel ist
7
trotz noch nicht erfolgter Aussöhnung mit dem Kaiser wie andere Reichs-
8
fürsten zu behandeln. 7. Unerachtet des Besuchsstreites Schweden/Mainz/
9
Brandenburg ist mit den Verhandlungen fortzufahren. 8. Die Vollmachten
10
sind zu Beginn der Zusammenkunft den Ksl. und dem Mainzer Direkto-
11
rium einzuliefern. Da beim Abschluß die Kronen sie werden sehen wollen,
12
soll man sich auf eine bestimmte Form einigen; so ist die Kölner auf
13
Befinden der Ksl. schon verändert worden. 9. Bericht, wie W und die
14
Bayern es halten. 10. Die Residenten der Kronen werden von W etwas
15
geringer als die fürstlichen Gesandten behandelt. 11. Bei den Kurfürst-
16
lichen werden den Hauptgesandten Sessel, den Sekundargesandten Stühle
17
gegeben. 12. Da Ksl. und Kronen die Gelehrten unter den Kurfürstlichen
18
nicht als Prinzipalgesandte behandeln wollen, dürfte der Versuch, es anders
19
zu halten, auf Schwierigkeiten stoßen. 13. Behandlung von Adligen und
20
Sekretären, wenn sie von einer Gesandtschaft zur anderen geschickt
21
werden.

22
Bayern bei W. Auf Befehl des Kurfürsten sollen sie mit W besprechen:
23
1. Da im Gegensatz zu Frankreich die Schweden zur Herausgabe der Pro-
24
position
bereit scheinen, sind die Verhandlungen mit ihnen auf jede Weise
25
zu fördern. 2. Da am ksl. und spanischen Hof die militärische Lage zu
26
günstig beurteilt wird, muß man die wahre Lage den Ksl. und Mediatoren
27
darstellen, damit nicht wegen unbegründeter Hoffnungen die Friedensbe-
28
mühungen
vernachlässigt werden. 3.4. Wegen Longuevilles Prätentionen
29
soll man den Kaiser bitten, Nassau eine Person fürstlichen Ranges beizu-
30
geben
, und die Herkunft des Herzogs von Medina befördern. Chigi glaubt
31
jedoch, daß anstatt Longuevilles jetzt Belliure

41
Gemeint wohl Nicolas de Bellièvre (1583–1650), seigneur de Grignon, mehrfach als
42
Gesandter in England.
geschickt werde. 5. Durch
32
Verbreitung der hessischen Gespräche mit den münsterischen Räten ist das
33
Mißtrauen zwischen Frankreich und Hessen zu vertiefen. 6. Welches
34
Zeremoniell wird zwischen Oxenstierna und den Gesandten von Venedig
35
und Savoyen beobachtet? W: 1. Daß noch zur zeit umbsonst sein
36
wurde, bey den mediatoribus ratione Suecicae propositionis viel zu movi-
37
ren, weilen sie auff des Servients wiederzuruckkunfft von Oßnabruck

43
Servien war in Osnabrück 1645 IV 30–V 6.
und
38
was allda verhandlet, sich remittiren und vermainen werden, daß alßdan
39
gestalten sachen nach dieses puncti halber weitter zu resolviren. Ad 2. Seye
40
von Churbayern eben dergleichen I. H. G. auf ihren beschehen bericht, daß

[p. 157] [scan. 207]


1
Ihre Majestät in kurzem eine 12000 mann zu fuß wiederumb beysamen
2
haben wollen (maßen sie dero hiesige Kayserliche gesandten vertröstet),
3
gnädigst zuegeschrieben, und wie ubel e contrario die sachen in den erb-
4
landen bewandt. Gestalt I. H. G. darauf hienwieder geandtworttet, wie sie
5
selbsten auch diesem außgeben keinen glauben beymessen konnen; zumalen
6
die advisen allerorthen her anderst gelauttet, und daß solch Ihrer Majestät
7
zuschreiben nur zu etwas animirung angesehen gewesen seien mueste. Und
8
were wol hochstens zu bethawren, daß bey solcher schlechten bestellung
9
man sich in den consiliis ahm Kayserlichen hoff, wie sie vernehmen, so gar
10
nit finden konne. Es mochten die Kayserlichen und Spanische außgeben,
11
was sie wollen, so stehe doch dahin, was man disfalß glauben wolle. Und
12
werde zu bedencken sein, ob hiervon den Kayserlichen zu vermelden, und
13
gleichsamb die nitcontinuation solch gegebener nachricht ihnen vorzu-
14
rupffen, weiln es ohne offension nit zu geschehen. Vermainten aber wol nit
15
undienlich zu sein, in discursu datis occasionibus davon zu vermelden, und
16
daß sich das contrarium befinden thette zu remonstriren; gestalt von I. H.
17
G. beym graffen von Naßaw schon mehrmaln geschehen, damit die Kay-
18
serlichen, daß man dißseits andere nachricht habe, das periculum desto meh-
19
rers apprehendiren möchten. Das dritte belangendt hetten sie niemaln gehort,
20
daß der duca Longueville eine furstliche person ex parte Caesaris zu
21
bevollmachtigen begert oder urgirt, sondern daß er sich mit der deputation
22
des graffen von Naßaw, alß einem von so uraltem grafflichen hauß,
23
warauß auch Kayser endsprossen, biß dato contentirt, weiln auch ohne daß
24
zwischen dem Kayser und Franckreich keine competenz ist. Mit Spanien
25
aber, wie man wisse, hab es eine andere mainung, daß propter notorias
26
aemulationes, simultates et differentias zwischen diesen beyden cronen der
27
Longeville einen gleichen titulatum oder gran de Spania begert. Und haben
28
sie bey ihrer ankunfft von den Franzosen durch ihre leuth noch gestern
29
vernommen, daß er, wan der Pigneranda (so alberait den 24. Aprilis zu
30
Brüssel angelangt) alhier, sich gleichfalß werde aufmachen; und welcher-
31
gestalt er vorhabens, sein in underschiedlicher geistlichen canonicalhauser
32
aufm thumbhoff außgesehenes quartier zu seiner commoditet zu aptiren,
33
und eine 100 000 thaler deßhalber nit anzusehen. Immaßen er beraitz zu
34
solchem endt alhier nach einem und dem andern zu trachten in befelch
35
geben. Es hetten I. H. G. von dem Belliure niemaln das geringste gehort,
36
auch eben wenig, daß der Longeville gänzlich außpleiben solt. Im übrigen
37
habe der Kaiser zunächst Bischof Franz von Würzburg und Bamberg zum
38
Hauptgesandten bestimmt, dessen Nachfolger die Übernahme der Mission
39
abgelehnt hätten

41
Franz von Hatzfeld (vgl. oben S. 106); seine Nachfolger waren: Johann Philipp von
42
Schönborn (1605–1673), Bf. von Würzburg 1642, Kf. von Mainz 1647, Bf. von Worms
43
1663; Melchior Otto Voit von Salzburg (um 1601–1653), Bf. von Bamberg 1642.
. Inzwischen sollen in Wien Bedenken entstanden sein,
40
andere alß Ihrer Majestät actu verpflichtete diener die secreta totius domus

[p. 158] [scan. 208]


1
Austriacae, welche sowol in Teutschland alß Spanien bey diesen tractaten
2
fundamentaliter beruhrt werden mußen, in handen kommen zu laßen. Vor
3
einem Jahr habe es deshalb geheißen, daß vielleicht noch der Reichsvize-
4
kanzler
Kurz geschickt werde, seither verlaute von weiteren Gesandten
5
nichts mehr. Da Longueville deshalb offenbar keine Schwierigkeiten macht,
6
rät W wegen der in Wien und bei Nassau / Volmar zu erwartenden Unge-
7
legenheiten
von Schritten der Kurfürstlichen ab. 4. Chigi werde ohne
8
Weisungen aus Rom kaum den Titel Altezza geben, dort werde man mit
9
Rücksicht auf die italienischen und französischen Fürsten Bedenken ha-
10
ben
, auch die Reichsfürsten würden kaum zustimmen. Ad 5. Were zu
11
wunschen, daß die diffidenz zwischen den Franzosen und Hessen konte
12
befurdert werden. Es kondtens aber I. H. G. de tempore annoch nit halten,
13
weilen dadurch sowol die landgraffin gegen diese landen mehrers ver-
14
bittert, alß auch die ministri, daß ihre mit den Munsterischen räthen
15
gefuhrte discursus dergestalt palesirt, wurden alterirt werden; zumal ohn
16
allen zweiffel die Franzosen, wie sie hitzig sein, ihr alßpalden alles
17
verweisen und sehen, wie sie dieselbe wieder appessiren mochten. Hielten
18
zuträglicher bey der landgraffin erstlich die diffidenz mehrer zu fomen-
19
tiren, damit wan es beßer wurzel gesezt, alßdan mit beßerm nuz und nach-
20
truck weitter fortgesezt werden kondte. Ad 6. Sey I. H. G. unwissendt, ob
21
der Savoyisch den Oxenstern visitirt. Ahm Venediger aber seye nit zu
22
zweiflen, daß er ihm et vice versa das praedicatum Excellentz und die
23
visita hinc inde, auch der Oxenstern dem Venetianer in seinem hauß sie
24
oberhand werde gegeben haben. Diese Motive wollen die Bayern dem
25
Kurfürsten berichten. W: Die plötzliche Freilassung des Kurfürsten
26
von Trier

43
Vgl. unten S. 167.
sey zwar ein ding, den Franzosen alle umbrage zu benehmen,
27
falle aber hingegen billich beschwerlich, daß davon weder die hiesige
28
Kayserliche noch churfürstliche plenipotentiarii, noch auch und zuvorderist
29
die herren churfursten selbst nichts vorhero adventirt. Umb desto mehrer
30
zu besorgen, daß aller undanck auf die herren churfursten (maßen der Ser-
31
vient in iungst I. H. G. gegebenen visita deutlich zu verstehen geben)
32
geschoben werde; und also nothwendig bey Ihren Churfürstlichen Durch-
33
lauchten zu Collen und Bayern, wie mans mit den Churtryerischen
34
deputirten solchenfalß zu halten, angefragt werden muste. Und wolle so-
35
gar verlauthen, daß er auch selbst in persona hieherkommen werde. 2. Da
36
Wittgenstein diese Woche seinen Einzug in Münster halten will und zur
37
Absprache des Zeremoniells Cuylla an W geschickt hat, muß man Streitig-
38
keiten
mit Venedig zu vermeiden suchen, weshalb am besten alles wie beim
39
bayerischen Einzug gehalten wird. Da aber in Osnabrück Cratz in die
40
brandenburgische Kutsche gestiegen ist und Wittgenstein das gleiche von W
41
und den Bayern fordern könnte, will W in diesem Fall nicht persönlich ent-
42
gegenfahren
. [...] Mitt den Churbrandenburgischen drauweten sie zwar,

[p. 159] [scan. 209]


1
daß man noch insoweith ohne ungelegenheit auß den sachen kommen
2
werde. Wie es aber zu haltten, wan hernegst jemandts von den Hispani-
3
schen alß Pigneranda, bischoff zue Hertzogenbusch

42
Joseph de Bergaigne.
, oder der Longeville
4
anlangen werde, stehen I. H. G. sehr ahn, und erwahrtten mitt verlangen,
5
waß derentwegen fur eine resolution von Churcollen und Bayern einlangen
6
werde. Wan auch der d’Avaux in kürtzen wieder zuruhk in Franckreich
7
verreißen, und, wie die Franzosen seltsamb die heraußbeglaitung, wie
8
herein praetendiren sollte [!], wüsten sie zum besten nicht, wie den sachen zu
9
thuen. Vermeinten zwarn, er werde es mitt raison nicht begehren konnen,
10
weylen seine commission in effectu expirirt, stehe auch nicht zu vermuhten,
11
daß solchenfalß der Servient ihme daß geläidt hinauß, sonderlich ohne
12
beiderseits große mortification geben werde, hettens aber iedoch auß vor-
13
sorgh erweihnen und mitt ihnen herren Churbayerischen communiciren
14
wollen. Die Bayern antworten, die Freilassung Kurtriers sei ihnen
15
gleichfalß und zwarn so viell beschwerlicher vorkommen, daß dadurch
16
nunmehr den Franzosen in allen puncten, waß sie begehrt, satisfaction ge-
17
geben, hingegen aber ex parte Caesaris keine mittell in handen behaltten,
18
die bey den tractaten zuestatten kommen mögtten. Man seye der meinung
19
allezeitt gewest, mit restitution Churtryer deß hertzogen von Lottringen
20
pari passu zu befördern und gleichzumachen. Nun aber sehen sie nicht,
21
waß dagegen zu thuen und seyn die sachen nunmehr auch hiedurch bey den
22
tractaten desto schwere gemacht. Eben diß, sagtten I. H. G., sey ihr
23
auch zue gemüth gangen. Woltten allein von demjenigen rehdden, so
24
seyther deß praeliminarschluß vorgangen, und wie man den gegentheilen in
25
allen sachen gewichen, hingegen aber von ihnen nichts begehrt noch erhalt-
26
ten. Translation des Deputationstages und Inaussichtnahme eines Reichs-
27
tages
. Aufhebung des effectus suspensivus der Amnestie, während von der
28
Gegenseite die Güter der Anhänger des Kaisers verschenkt und verkauft
29
würden, wie W im Stift Osnabrück selbst erfahre. Welches alles dahero
30
kommen thuet, daß sowoll beim Prager schluß, alß Lübecker frieden

43
Der Frieden von Lübeck 1629 V 22 (Druck: J. Dumont V 2 S. 584ff) beendete den
44
Krieg zwischen dem Kaiser und Dänemark.
und
31
den praeliminar vergleich von den Kayserlichen im reich nicht geseßenen
32
ministris der catholischen trew fürsten und stende nottörfft nicht beobach-
33
tet; dannenhero durch dergleichen die tractatus den reichsgetrewen chur-
34
fürsten und stenden desto beschwerlicher gemacht wirdt. Die Bayern
35
stimmen zu, daß beim Einzug der Brandenburger wie bei dem ihrigen verfah-
36
ren
werde. Die andere casus und occasiones, welche nicht außbleiben würden,
37
seyen woll zu bedencken; den negsten wegk hieltten sie zue sein, wan es bey
38
den Kayserlichen und den chronen Spanien und Franckreich dahin zu
39
bringen, daß der Venetianische alß mediator gerahd auff deß herrn nuncii
40
gutschen fahren möchte, wadürch vielen inconvenientien und ungelegen-
41
heiten vorkommen würde. I. H. G. vermeldeten, daß sie dieses albereit

[p. 160] [scan. 210]


1
etlich mahll auff die bahn geworffen, sey aber bey den Kayserlichen ganz
2
keine inclination dazue verspührt und sonderlich, daß mans anitzo ehist an-
3
fangen sollte, welches sie ohne befelch zu thuen nicht vermöchten. Zum
4
andern würde vonnöthen sein, dieses werck bey anderen chronen mitt be-
5
standt zue underbauwen, stehen aber ahn, obs von den herren churfürst-
6
lichen zu geschehen. Ein bestendiges (remedium) expediens wehre hierinnen
7
woll zu wünschen, dan es endtlich, man flicke den mantell so langh alß
8
man wolle, den stich doch nicht mehr langh haltten würde. Wie sich dan
9
freylich solche occasiones, wie obengemelt, in kurtzen praesentiren werden,
10
darauß man ohne ungelegenheit nicht würde kommen, oder ein mittell
11
ergreiffen konnen. Als die Bayern den Erzbischof von Cambrai

34
Anlage 66–67: Kreditiv der Lgfin. von Hessen auf Krosigk/Vulteius 1645 II 20;
35
Kreditiv des fränkischen Kreises (ausgestellt von Bamberg / Brandenburg-Kulmbach)
36
auf Gobelius / Müller / Oelhafen 1645 II 22.

12
erwähnen, erinnert W daran, daß Cambrai Reichsstand und Mitglied des
13
westfälischen Kreises sei, zu dem es sich bisher immer gehalten habe mit der
14
Entschuldigung, daß es durch gewaltsame Vorenthaltung der weltlichen
15
Jurisdiktion durch Spanien behindert sei. Da der neue, von Spanien er-
16
nannte
, vom Kapitel zur Wahrung seiner Rechte aber auch erwählte Erz-
17
bischof
von den anderen spanischen Gesandten nicht als Reichsstand
18
behandelt zu werden fürchtet, will er nur als Bischof von Herzogenbusch
19
auftreten, was die Teutschen fursten und patrioten nit unbillich zu
20
beobachten, und ihnen gleichfalß allhie anderst nicht alß fur einen
21
bischoven zue Hertzogenbusch zue tractiren und zu benennen [...].

22
Cuylla bei W. Wittgenstein wünscht Auskunft: 1. Wird W wie beim baye-
23
rischen Einzug selbst entgegenkommen? 2. Reihenfolge in Hinblick auf
24
Venedig. 3.–5. Notifikation, Beschickung und Sprache. W: 1. Nur falls
25
Wittgenstein in Ws Kutsche zu steigen bereit ist. Cuylla: Man hatte in
26
Osnabrück nicht mit der Herauskunft von Cratz gerechnet und deshalb
27
keine Anstalten getroffen, den an Podagra leidenden Dr. Fritze in die
28
Mainzer Kutsche bringen zu können. W: 2. Die Brandenburger Haupt-
29
kutsche soll einen getrennten Weg fahren, die übrigen mögen denen der an-
30
deren Gesandten folgen. Da W nicht für drei Brandenburger Platz haben
31
wird, mögen die Sekundargesandten von ihren kölnischen und bayerischen
32
Kollegen getrennt eingeholt werden. Cuylla: Können, da die Gesandten
33
gern beisammen bleiben wollen, die Sekundargesandten unmittelbar auf W
34
folgen? W fürchtet, daß entsprechende Verhandlungen zeitraubend
35
sein und Ksl. und Kronen wahrscheinlich doch nicht darauf eingehen
36

43
36 würden] am Rande: an Köln 1645 V 6
würden. 3. Formaliter wurde wegen des spanisch-französischen Präzedenz-
37
streites die Ankunft bisher nicht angekündigt [...], 4. nach dem Einzug
38
aber an alle Gesandtschaften, und zwar an Spanier und Franzosen gleich
39
zeitig geschickt. 5. Angesprochen wurden die Ksl. in Deutsch, die Franzosen
40
in ihrer Sprache, Brun lateinisch, Saavedra, Contarini und Chigi italienisch
41
[...]. Nachdem er sich über die Vorfälle beim Mainzer Einzug hat berich-
42
ten lassen, erwähnt W die Mißverständnisse zwischen Mainz und Branden-

[p. 161] [scan. 211]


1
burg , wolle hochlich gepetten haben, daß doch solches allerseiz fleißig zu
2
verhütten, und sich in so ansehnlichem collegio bey dieser occasion in
3
anweßen der frembden nationen uneinig nicht bezeigen. Auf welches
4
der vom adell geandtworttet, er wuste davon nichts anderst, alß daß die
5
Churmaintzische den Brandenburgischen die erste visitam difficultirten,
6
weiln sie Brandenburgische von den Schweden erst visitirt worden, welches
7
sie nit hindern konnen, da die Schweden sonst willens gewest, den Chur-
8
mainzischen alß primis in ordine, auch erst kommenen die visita erst zu
9
geben, wo nit obgemelte differentien eingefallen. Und weilen sich etwa die-
10
selbe sobald nicht möchten accomodiren laßen, so wurde den herren chur-
11
fursten wol gar ein praeiudicium endstehen konnen, wan von ihnen Bran-
12
denburgischen die anerpottene visiten nit angenommen worden, gestalt sie
13
sich bey den herren Churmainzischen deßhalb genugsamb endschuldiget.

14
I. H. G. sagten, daß sie mit einem der herren Churmainzischen heut
15
gered. Sie befunden die sachen also, daß ihro nicht zweifflete, es wurden
16
sich die mißverstendnus in ein par tagen leicht hinlegen laßen. Maßen
17
gegen die anerpottene reversaln sie den herren Churbrandenburgischen die
18
visita geben, und von denselben hienwiederumb zu empfangen nit under-
19
laßen wurden, und zwarn vorher, ehe der graff von Wittgenstein von
20
dannen weggeraist.

21
W bei Chigi. Dieser über die plötzliche Freilassung Kurtriers hochstens ver-
22
wundert; insonderheit, daß den Franzosen darin weitter condescendirt, alß
23
begert worden, gestalt sie mit solchem ihrem suchen auch so weit gewichen
24
und abgestanden, daß dieser punct biß zu anderer zeit undt tractaten auß-
25
gestelt. Die nachricht von solcher relaxation hab er vom herrn nuncio
26
Viennensi

42
Camillo Melzi.
bekommen, darauff es den Franzosen mit dem andeutten notifi-
27
cirt, daß sonder zweiffel zu deßen befurderung die Pabstliche interposition
28
nit wenig würde gethan haben. Auff welches der Servient geandworttet, sie
29
wustens wol und konten leicht erachten, daß des Torstensohns interposition
30
solches causirt habe. Diesem nach vermeldete er, daß ihm nunmehr gestern
31
responsum cathegoricum ratione armistitii von Pariß zukommen. Von dar
32
der daselbstiger nuncius

43
Niccolò Guidi di Bagno.
schriebe, alß er deßhalber beym cardinal Mazza-
33
rini abermalß bona occasione meldung gethan, sey derselb gegen ihne mit
34
klaren wortten heraußgefahren, daß dieses allein inganni vom gegentheyl,
35
zu seinem vortheyl, sich dardurch wieder in andere postur zu pringen, und
36
den frieden zue verschieben. Es konte nit sein, man muste frieden machen,
37
alßdan hab man cessationem armorum fur sich selbst. Und wurde ihres
38
theylß dazu ante pacem constitutam nit verstanden werden. Welches er, der
39
hiesige her nuncius, allezeit befahret; maßen offters gegen die herren
40
Kayserlichen sowol, alß I. H. G. und herren Churbayerische gedacht hette,
41
daß er, soviel die Franzosen betrifft, keine hoffnung darzu machen kondte.

[p. 162] [scan. 212]


1
3. Dem Pariser Nuntius wurde auf Warnungen vor den Fortschritten der
2
Schweden geantwortet, es seye darahn niemandts schuldig, alß die Kayser-
3
liche und Spanische, welche den frieden nicht wolten noch begerten, son-
4
dern denselben continuirlich auffzügen. Peñaranda ist in Brüssel einge-
5
troffen
. Er wird nach Beratung mit Castel Rodrigo in 4–5 Wochen mit
6
dem Bischof von Herzogenbusch kommen. Longuevilles Reise gilt jetzt als
7
gewiß. Castel Rodrigo hat ein Treffen mit Longueville abgelehnt, da er sich
8
nicht in die Friedensverhandlungen mischen wolle. Bericht Ws über die
9
Frage des brandenburgischen Einzuges. Worauff der herr nuncius gepet-
10
ten, daß mans auf die bey einzug der herren Churbayerischen gebrauchte
11
manier wiederumb machen möchte, weilen damaln alles wol und mit yedes
12
satisfaction und contento hergangen. Welches I. H. G. zu befurdern ihme
13
angelobet. Und alß er occasione dieses gefragt, ob noch keine resolution
14
auff dasjenig, was mit I. H. G. diesertwegen er vor diesem discurrirt,
15
erfolgt seye; andwortteten sie, daß zwarn davon sowol ahn Churcollen alß
16
Churbayern fideliter berichtet, der erklehrung aber annoch in verwarth
17
stunden. Darauff er, daß man ein expediens nothwendig vor ankunfft
18
der Spanischen, wie auch des Longueville, finden müste; er wuste den sachen
19
anderst keinen rhat. W: In Gehrde behauptet sich trotz der günstigen
20
Erklärung Oxenstiernas weiter der Prädikant. Chigi sagt zu, deshalb weiter
21
in die Franzosen zu dringen [...].

22
Mitteilung Nassaus: Mit Schreiben IV 18 hat der Kaiser den Ausgleich mit
23
Trier mitgeteilt

39
Kaiser an ksl. Gesandte Münster 1645 IV 18 (Druck: APW [II A 2 S. 261ff] ).
. – Nachricht davon an die Bayern.

24
1645 V 4
Donnerstag W bei den Bayern. Bericht über die Gespräche
25
mit Brömser, Cuylla und Chigi. Den Bayern hat Contarini gestern mitge-
26
teilt, die Schweden wollten verlangen, daß außer bei Reichshofrat und
27
Reichskammergericht auch im Kurfürsten- und Fürstenrat künftig Religions-
28
parität herrschen müsse, was die Bayern als völlig unvereinbar mit der
29
Reichsverfassung bezeichnet haben.

30
W an d’Avaux: Bitte um nochmalige Bemühungen wegen der Pfarrei
31
Gehrde anläßlich seiner Abschiedsbesuche in Osnabrück. Dieser erbietet
32
sich dazu und schreibt auch an Servien nach Osnabrück [...].

33
1645 V 5
Freitag [...] . Mitteilung des savoyischen Gesandten:
34
Piemont samt Turin mit Ausnahme der dortigen Zitadelle und 2 oder 3
35
Plätzen zur Sicherung der Verbindung mit Casale von den Franzosen
36
zurückgegeben

40
Vertrag von Valentino (bei Turin) 1645 IV 3 (Druck: J. Dumont VI 1 S. 308ff).
. W: Es were zu wunschen, daß die Franzosen noch was
37
beßer in sich gehen, und auch tandem mit restitution der abgenommenen
38
plätze in Teutschland den frieden der christenheit befurdern mocht.

[p. 163] [scan. 213]


1
Konferenz der Ksl. mit Kölnern und Bayern

36
Mit Anlage 56–57: französische Vollmacht für Brulart de Léon 1630 VI 28; Vertrag
37
von Cherasco 1631 IV 6 (vgl. oben [S. 4 Anm. 2] ).
(siehe APW [III A 1,1 S. 55ff] ).

3
Schreiben Wittgensteins: Einzug der Brandenburger für morgen angekün-
4
digt. – Mitteilung davon an Ksl. und Bayern.

5
1645 V 6
Samstag [...]. Cuylla bei W. Wittgenstein besteht darauf,
6
daß seine Kutsche als erste fährt, und möchte wissen, ob man den zu
7
Ehrenden hier voran- oder nachgehen lasse. W rät für den Einzug nochmals
8
zu dem bisherigen Verfahren und meint, daß man es wegen des Vorgehens
9
beim deutschen Brauch lassen solle, wenn man auch in Wien jetzt nach
10
spanischem Vorbild vor dem zu Ehrenden gehe

38
Anlage 58: Memorial Ws betr. den Einzug der Brandenburger (schriftliche Fassung der
39
Antwort an Cuylla).
.

11
Mitteilung an Ksl. und Bayern; formlose Ankündigung des Einzuges an
12
Franzosen, Contarini und Savoyen. Nassau wünscht zunächst eine formelle
13
Notifikation, steht aber davon ab, als W an die wegen des spanisch-franzö-
14
sischen Präzedenzstreites bei seinem und dem bayerischen Einzug getroffe-
15
nen Absprachen erinnert und die Forderung der Franzosen nach formeller
16
Notifikation beim bayerischen Einzug damit erklärt, jene hätten geglaubt,
17
eine solche sei gegenüber den Ksl. erfolgt. – D’Avaux, bei dem die Mittei-
18
lung unter dem Vorwand einer Erkundigung nach der Antwort wegen
19
Gehrde erfolgt, läßt mitteilen, er werde entgegenschicken, obwohl er sich
20
eigentlich in Abwesenheit Serviens aller offiziellen Akte enthalten wollte
21
[...].

22
Einzug der Brandenburger zusammen mit Haslang und W in dessen
23
Kutsche; die brandenburgischen Kutschen fahren am Schluß hinter
24
Savoyen [...]. Beim Abschied erinnert W, daß zur Vermeidung von Strei-
25
tigkeiten die Besuche zwischen den Kurfürstlichen zuerst stattfinden
26
müßten.

27
Mitteilung an Chigi: Die Brandenburger wollen ihn begrüßen lassen. Chigi
28
bittet, es möglichst zu verhindern oder zumindest dafür zu sorgen, daß ein
29
Katholik geschickt werde.

30
Mitteilung Volmars: Liste der Gesandten in Osnabrück und Münster

40
Anlage 59–60: Verzeichnis der 1645 V 6 in Münster befindlichen Gesandten; Verzeich-
41
nis
der 1645 IV 24 in Osnabrück befindlichen Gesandten; dazwischen ein weiteres
42
verzeichnis derer gesanten so bereits sich zu Oßnabrück befinden.
.

31
Mitteilung Wittgensteins: Die Begrüßungen werden erst morgen statt-
32
finden.

33
1645 V 7
Sonntag Anfrage bei Servien wegen Gehrde. Oxenstierna
34
will erst mit Gustafsson reden, also deßwegen conclusive nichts vorgangen
35
[...].

[p. 164] [scan. 214]


1
W und die Kölner Räte bei Wittgenstein. Gegenseitige Beteuerungen des
2
Friedenswillens. W: Daß zue erhaltung des friedens man mit 2 par-
3
theyen zu thun hette, alß da weren exterae coronae et ipsi status imperii,
4
cum statibus imperii iuxta leges et constitutiones imperii procedendum.
5
Undt hette man sich alsolchem nach billich allerseits weisen zu laßen. Bey
6
den exteris coronis were kein begrundeter anfang zu machen, alß lang nit
7
die proposition von innen heraußzupringen, derentwegen dann bey innen
8
anzumahnen undt anzutreiben. Bitte um Nachricht über die Lage in Osna-
9
brück
. Wittenstein: Die Schweden sind zur Proposition bereit, sobald
10
die von ihnen genannten Mediatstädte Pässe erhalten. Da sie darauf stark
11
bestehen, haben die Brandenburger mit den Ksl. darüber geredet und auch
12
den Kurfürsten um Weisungen gebeten. W: Das selbige materie alhier
13
auch woll were debattirt, unndt nit befunden worden, daß alsolche salvus
14
conductus die Schwedische vigore tractatuum praeliminarium mit fugen zu
15
praetendiren. Undt weren nebenst diesem verscheidene andere wichtige
16
considerationes, warumb eine solche weitaußsehende praeiudicirliche
17
newerung vonn churfürsten unndt stenden des reichs zu ihrem nachtheil nit
18
einzugehen. Erbietet sich zur Mitteilung einer darüber aufgesetzten
19
Schrift. Wittgenstein: Eß weren wol rationes pro et contra, wie dan
20
dabey sonderlich zu bedencken stünde, daß ein chur- oder fürst mit seinen
21
underthanen dergestalt tractiren solte. Weilen aber die Schwedische hierin-
22
nen keine rationes unnd motiven gelten laßen wolten, unndt dan dieß ein
23
extraordinarius conventus wehre, so wurde man zu erlangung des so lieben,
24
werthen unndt hochstnottigsten friedens, damit weitter blutvergießen in
25
der christenheit verhuetet werden mogte, wol etwas, was nit zue ändern
26
nachgeben unndt geschehen laßen mußen. Wobey I. H. G. erinnert, eß
27
hetten die Schwedische und Franzosische bißhero sich befließen, mit aller-
28
handt gesuchten einwurffen die sachen nur auffzuziehen, und die friedens-
29
handlung zue illudiren; eß stunde zu besorgen, sie wurden den einmal
30
eingegangenen weg nit verlaßen. Ksl. und Spanier hätten vereinbarungs-
31
gemäß
am 4. Dezember die Propositionen übergeben, die Gegenseite habe
32
wegen Trier, Ankunft aller Reichsstände und der Pässe für die Mediatstände
33
immer neue Schwierigkeiten gemacht. Reichs-, Kreis- und Deputationstage
34
sind die Formen für Zusammenkünfte der Stände; ein Reichstag zur Erwir-
35
kung
der Ratifikation gegen Ende der Verhandlungen ist zugesagt. Man
36
hette sich aber nunmehr hierinn nicht auffzuhalten, nachdemahlen deine zue
37
Franckfurt gemachten schluß zuefolg der deputationtag anhero wehre
38
transferirt worden

43
Durch kurmainzisches Ausschreiben 1645 IV 14 (Druck: C. W. Gärtner IV S. 768ff)
44
war der Deputationstag zum 15. Mai 1645 nach Münster verlegt worden.
. Dieses hat der herr graff alspalt reassumirt, unndt
39
zu verstehen geben, daß die Schwedische sich vermercken ließen, einige
40
scrupulos und difficultet zu haben uber das conclusum, welches Chur-
41
maintz zue Franckfurt solte gemacht haben. Zuedeme bezeigten sich die
42
Schweden mit dieser translation unndt deputation nit friedig zu sein.

[p. 165] [scan. 215]


1
Warauff I. H. G. angezeigt, wie eß hochst zu bedauren, daß dergestalt
2
stets newe remorae gesucht unnd impedimenta wollen gemacht werden. Eß
3
weren auch etliche ständte im reich oder deren bediente, welche zue der-
4
gleichen sachen frey hülffen unnd soll einer in specie gegen den anhero ge-
5
legten deputationtag den Frantzosen etwas ahn die hanndt gegeben haben.
6
In was irrthumb unndt unbefugsambkeit sonnsten die coronae bei beschrei-
7
bung unndt convocirung der sambtlichen reichsständt gerathen, was auch
8
fur confusiones unndt protractiones darauß entstehen wurden, solches alles
9
hetten die herren mediatores gar umbstendtlich undt außfuhrlich remon-
10
strirt. Nach diesem discursu hat der graff wiederholet, wie daß er der
11
gentzlichen hoffnung, wan den Schwedischen quoad mediatos status satis-
12
faction gegeben wurde, alßdan auch die proposition geschehen solte. Sie
13
hetten lange zeit gehabt selbige zu verfaßen, unnd wurden darin viele
14
sachen begriffen sein, welche sie in 7 puncta dividirt unndt nachgehendts in
15
einen sollen gezogen haben. Nechst diesem seindt I. H. G. auf denn
16
discursum gerathen, daß beide cronen bißhero den praetextum belli gebrau-
17
chet hetten, die waffen pro conservatione imperii et statuum ergriffen
18
unndt gefuhrt zue haben. Bey den Frantzosen wiste man woll, daß der
19
großer haß unndt gelosia gegen die Spanier undt das hauß Osterreich sie
20
armiret hette. Sie hetten nun zimblich ihr gemuth gekuhlet, unndt
21
nachdemaln das reich mit dem Portugesischen und Catalanischen wesen nit
22
interessirt, so hetten sie die sachen auch billich separiren, und eine beßere
23
verahnlaßung vonn sich geben, mit Ihrer Kaiserlichen Majestätt unnd dem
24
reich in frieden zue stehen. Die Curbrandenburgische haben diesen
25
discursum zumahlen nit reassumirt, sondern der herr graff dieses wieder-
26
holet, daß er der meinung, wan den Schwedischen angedeutteter maßen
27
satisfaction geschähe, die proposition thun wurden; undt zue dem endt der
28
Oxenstern von ihme begehrt, sich zu Oßnabruck balt wieder einfinden, und
29
die proposition mit anhören mögte. Welches er versprochen unndt zu thun
30
vorhabens. Erwartet umgehend Weisung wegen der Mediatstände. Es
31
scheine, daß die Proposition mehr etlichen standen zum besten, alß dem
32
reich selbsten eingerichtet were. Unndt alß darauff I. H. G. gefragt, ob die
33
Schwedische wegen Pommeren keine anregung gethan, hat der herr graff
34
geandtworttet, daß die Schwedische in generalibus terminis gantz verblie-
35
ben. Und alß sie zue beßerer vortsetzungh der tractaten bey ihnen anmah-
36
nung gethan, die proposition zue thun, hetten sie dieses gesagt, eß solte sol-
37
ches Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zue Brandenburg nit zu großem
38
beschwer gereichen. Auß diesem haben I. H. G. ursach genommen,
39
meldung zue thun, ob vielleicht die Schwedische auff den Schonebeckischen
40
tractat unndt damahlß begehrter millionen ihr absehens mogten gerichtet
41
haben, unndt wurde auf solchen fall bei den stenden stehen, ob sie dem
42
Teutschen sprichwort nach, dem feindt eine güldene brück machen wol-
43
ten. Welches wortt der Graff alspalt reassumirt und gesagt, daß alle
44
umb des lieben friedens willen ahn solcher prucken zu arbeithen hetten.

[p. 166] [scan. 216]


1
Warauff I. H. G. vermeldet, daß wan die tractaten zue solchen terminis
2
gerathen solten, so würde ietzigem verderbtem reichsstatu nach, viel zeit
3
darzu gehoren, solche summa gelts beizupringen. Underdeßen die Schwedi-
4
sche nit raumen, und einige importirende platz zu ihrer versicherung ein-
5
behalten wollen. Doch eß were noch gar weith davon, daß man ursach
6
habe hievon zue reden, und were hochlich zu wunschen, daß man auß
7
ihrer proposition einmahl vernemmen mogte, was sie begehren und wohin
8
sie herauß wolten. Welches der herr graff mit seinem wunsch gleichfalß
9
bestettiget und dabei offenbahrt, daß er so viel vermerckt, es wurden die
10
Schwedische eine solche proposition thun, wan sie den zweck des friedens
11
schon nicht erhielten, daß dannoch etliche reichsstandt sich damit wurden
12
devinciren unndt obligirt machen, indeme sie solche sachen in die propo-
13
sition gebracht, welche innen sehr annemblich, wadurch dan endtlich in
14
dem reich, zwischen den stenden eine große spaltung unndt zertrennung
15
entstehen konnte, alß iemahln gewesen. Eß habenn I. H. G. vor
16
dießmahl, weilen sie woll vermerckt, daß dieß auf die gravamina religionis
17
und davon dependirender interesse außgedeutet werden wolte, in selbiger
18
materi sich nit einlaßen wollen, sondern gelegenheit genommen nachzu-
19
fragen, in was terminis die von den Schwedischen mit Ihrer Churfürst-
20
lichen Durchlaucht zue Brandenburg erhaltene neutralitet bestunde

42
Schwedisch-brandenburgischer Waffenstillstandsvertrag 1641 VII 24 (Druck: Sverges
43
Traktater V 2 S. 475ff).
.

21
Unndt alß der graff diesen bericht gethan, daß eß keine neutralitet, alß
22
welche Ihre Kayserliche Majestät nit approbiren wollen, sondern nur ein
23
armistitium seye, vermog deßen under anderen verglichen, daß die
24
Schwedische Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht inhabende 4 ambter dero-
25
selben wiederumb restituiren solten, welches bißhero noch nicht geschehen.
26
Undt nachdemahlen Ihre Churfürstliche Durchlaucht in erfahrung
27
kommen, daß einigen Schwedischen officiern selbige ambter sollen
28
geschoncken sein, so thetten sie auf dem restitution desto starcker tringen
29
[...]. Herkunft und Ansprüche Longuevilles [...].

30
Chigi bei W. Nach Andeuten d’Avaux’ ist die Angelegenheit Gehrde
31
geregelt; Oxenstierna hat sich bei Servien für die Verzögerung entschuldigt.
32
Als W die Antwort Serviens an ihn mitteilt, ist Chigi perplex worden,
33
sagendt, man wiße nicht, waß den leuthen zu glauben. I. H. G. sezten
34
hienzue, man müeste den effectum gewahrtten, gestaldt sie die befürderung
35
weyther beobachten, auch ihnen herrn nuncium, da sichs lenger verweylen
36
soltte, darumb ersucht haben woltten, warzue er sich erbotten. Diesem
37
nach gedachte der herr nuncius, er vermercke so viell, daß die Schwedische
38
von Oßnabrugk under den praetext anherozukohmmen gedächten, mit den
39
d’Avaux und Servient zu communiciren. Bedeuttete darnach weyther, es
40
seye res periculosa, daß der Rosenhan in seinem hauß offentlich Lutherisch,
41
und die Hessen Calvinisch predigen ließen. Die Churbrandenburgischen,

[p. 167] [scan. 217]


1
auch imgleichen die Hollender, vermuthlich Calvinisch folgen und auch
2
predigen laßen würden; wehre dahero bey der statt guett auffsehens zu
3
haben, damitt die bürger und inwonner zue solchen exercitiis nicht ein-
4
schleichen mögtten, mitt begehren beim magistrat deßwegen underbawung
5
zu thuen, wozue I. H. G. sich offerirt. So hatt es auch abermahln deß armi-
6
stitii, imgleichen verleggung der tractaten ad unum locum rehd gegeben,
7
unnd der herr nuncius beede puncten bey den crohnen zu erhaltten für
8
gantz verlohren und umbsonst geachtet [...].

9
[...].

10
1645 V 9
Dienstag Schreiben Kranes 1645 V 8: In Osnabrück haben
11
die Schweden jetzt den Mainzern die Visite gegeben. Die Schwierigkeiten
12
Mainz-Brandenburg werden sich mit Hilfe der Kurfürstlichen in Münster
13
beilegen lassen. Servien hat erreicht, daß die Schweden mit ihrer Proposi-
14
tion bis zur Erfüllung ihrer Forderung wegen der Mediatstädte warten wol-
15
len. Dagegen stellen sich die Fürstlichen, besonders Mecklenburg. Die Ksl.
16
haben ihre Erklärung dazu übergeben

37
Anlage 61: Erklärung der ksl. Gesandten Osnabrück 1645 V 5 (Druck: J. G. Meiern I
S. 400 ).
, doch beharren die Schweden auf
17
ihrer Forderung. Die Ksl. haben Stenglin wegen seiner Äußerung gegenüber
18
den Franzosen, die Reichsdeputation sei nicht genügend autorisiert, zur
19
Rede gestellt; aus seiner Entschuldigung geht hervor, daß er zu weit gegan-
20
gen ist. Die Ksl. fürchten, daß die Kronen diesen Punkt zu weiteren
21
Verzögerungen nutzen, wenn die Frage der Mediatstädte geregelt ist [...].
22
Mitteilung der Bayern: Sie haben Auftrag, mit den Franzosen ratione ar-
23
morum zu reden, und bitten W um Erkundigung, ob ihnen der Exzellenz-
24
titel gegeben würde.

25
Volmar bei W . Gestriger Besuch der Ksl. bei den Brandenburgern: Frage
26
der Pässe für die Mediatstädte; Reichsdeputation; Servien verweigert den
27
Brandenburgern den Besuch, solange sie Frankreich nicht den Titel Maje-
28
stät geben. Nachrichten über die Freilassung Kurtriers

40
Anlage 62–65: Vertrag des Kaisers mit Kurtrier 1645 IV 12 (Druck: J. G. Meiern I
S. 391ff ); Kurtrier an Kaiser 1645 IV 19; Kaiser an Kurmainz 1645 IV 12; Kaiser an
42
Kurmainz 1645 IV 19.
. W übernimmt die
29
Benachrichtigung der Bayern. Nachdem beschlossen worden war, die
30
Rückkehr Serviens abzuwarten, wollen morgen die Ksl. bei den Mediatoren
31
erneut auf die französiche Proposition drängen.

32
Als W von Chigi erfährt, daß die Mediatoren morgen zu den Franzosen
33
wollen, regt er bei den Ksl. an, die Mediatoren vorher aufzusuchen [...].

34
1645 V 10
Mittwoch Deputierte der Stadt Münster bei W. Bitte um
35
Belassung Reumonts, von dessen Abberufung die Rede ist [...]. W: Der
36
Kurfürst will darüber mit Geleen reden. Reumont will zwar an sich nicht

[p. 168] [scan. 218]


1
weg, doch sei ihm nicht zu verdenken, wenn er eine Beförderung annehme,
2
zumal er nach Ende der Traktate im Dienst der Stadt doch nicht gesichert
3
sei [...]. Danach hält W Herding und Witfeld

41
Lic. Heinrich Witfeld (gest. 1645), Syndikus.
zurück und legt ihnen
4
die von Chigi erwähnte Gefahr des öffentlichen protestantischen Gottes-
5
dienstes in der Stadt dar. Beide versichern, auff eine gewiße maaß unnd
6
ordnung wie in den Reichsstädten bedacht sein zu wollen und darüber zu
7
berichten.

8
W bei den Bayern. Berichte über Ws Unterredung mit Volmar und die
9
bayerische Visite bei den Brandenburgern. Diese haben unter Berufung auf
10
die schwedische Proposition betont, man müsse bei den Verhandlungen die
11
Religionsgravamina regeln, sonst bliebe allezeitt radix dissidiorum et fomes
12
belli. Die Bayern haben sich auf den Passauer Vertrag, Regensburger
13
Reichsabschied und Frankfurter Schluß berufen; wenn man diesen nach-
14
komme
, könne man miteinander leben und müsse vor allem die Fremden
15
aus dem Reich zu bringen suchen. Bey dießem passu haben die Churbaye-
16
rischen in confidentia vermeldet, ob nicht vielleicht, wan die gravamina
17
religionis ad hosce tractatus gezogen werden soltten, die catholische per
18
Gallos ein mehrers, alß wan sie mitt den uncatholischen im reich allein
19
tractiren würden, erlangen können. Auff welches I. H. G. replicirt, daß
20
auß der andtwortt, welche die Frantzosen dem nuncio ad quaestionem illis
21
propositam[!], schlechte hoffnung darzu erscheine, umb desto mehrer, weylen
22
eben bey dießen tractaten die Schweden auff der uncatholischen seythen
23
sonderlich bey dießen prosperis progressibus mehrere assistentz hingegen
24
auch thuen werden. Gegenüber den brandenburgischerseits erwähnten
25
Ansprüchen der gravati in imperio, exules, interessentes, confoederati
26
haben die Bayern Wiederherstellung des Standes von 1627 in ecclesiasticis
27
und von 1630 in politicis empfohlen. Und vermeldeten die herren Chur-
28
bayerischen weyther in vertrawen, wie sie vermerckett, daß principaliter
29
auch auff die vertriebene in den erblanden dießer discurs gemaint gewesen,
30
der Churbrandenburgische habe auch gedacht, man müeße demnach der
31
landtgravinnen zue Heßen Caßell helffen. Warauff die Churbayerische, sie
32
hette ihre landt und leuthe, im nahmen Ihrer Majestät mit Churmäintz
33
tractirt

42
Zu den im Auftrag des Kaisers von Kurmainz 1638–1639 mit der Landgräfin in Mainz
43
geführten Verhandlungen vgl. unten S. [288] .
, in Westphalen und anderwehrts so viele plätze und guarnisonen,
34
daß man nicht sehe, waß sie mitt raison zu begehren. Der Churbrandenbur-
35
gische fiele hiervon ab und sagtte, daß die deputatio den stendten gefehr-
36
lich, es wehre die meyste catholisch und dahero die consultationes suspect.
37
Die Churbayerische andtwortteten, die deputatio köntte gahr woll
38
subsistiren, hette sich auch dawieder mitt fuegen niemandt zu beschweren.
39
Wan die gravamina von gegentail nicht hiehero mit gewalt gezogen werden
40
wöllen, werde man auch de religione nichts handlen; und fielen darnach

[p. 169] [scan. 219]


1
darauff, ob es nicht zu machen, daß die tractatus ahn ein orth verlegtt wer-
2
den mögtten. Dagegen zogen die Brandenburger die schwedische Weigerung
3
an. Ihr Titulaturstreit mit den Franzosen

37
Brandenburg verweigerte dem König von Frankreich den Titel maiestas, solange der Kf.
38
nicht serenissimus erhielt. Vgl. APW [III C 2,1 S. 343] .
. Weigerung Osnabrücker Stände,
4
den Kurfürstlichen den Exzellenztitel zu geben [...] . – Während des Ge-
5
spräches
Mitteilung von d’Avaux: Er werde den Bayern den Exzellenztitel
6
nicht verweigern, doch möge man auch bei Servien nachfragen.

7
Mitteilung Nassaus: Die Ksl. waren heut bei den Mediatoren und diese an-
8
schließend bei den Franzosen.

9
Nachrichten eines bayerischen Sieges über die Franzosen am 5. Mai

39
Schlacht bei Mergentheim 1645 V 5.
. –
10
Mitteilung an Chigi. Dieser berichtet, die Mediatoren hätten heute wieder
11
die Proposition bei den Franzosen angemahnt, in specie hab er ihnen corda
12
et renes hefftig gerühret. Dannoch eben wenig gerichtet, und wie es scheint,
13
vor ablauff dreyer wochen zeit nichts zu hoffen, welches ihme die ver-
14
mutthung mache, es seye der Schwedischen propositionspuncta dergestalt
15
beschaffen gewest, daß sie Franzosische erst daruber nacher Pariß berichten
16
und darauff bescheidts erwartten müsten. Wie ihnen bedunck, seye Servient
17
bey den Schwedischen in keiner sondern stima, mochte dahero gern sehen,
18
daß des d’Avaux vorhabende wegraiß, welcher ohne dem mitioris animi
19
were, eingestelt pliebe.

20
Mitteilung Nassaus: Bayerischer Sieg [...]. – Eingabe von Kredentialen
21
durch Vulteius und die fränkischen Kreisdeputierten

40
Anlage 66–67: Kreditiv der Lgfin. von Hessen auf Krosigk/Vulteius 1645 II 20;
41
Kreditiv des fränkischen Kreises (ausgestellt von Bamberg / Brandenburg-Kulmbach)
42
auf Gobelius / Müller / Oelhafen 1645 II 22.
bei W. – Mitteilung
22

33
22 Schrift] am Rande: an Bayern 1645 V 12, an Köln 1645 V 13
der spanischen Antwort auf die letzte französische Proposition

43
Repuesta de los plenipotenciarios de España a la proposiciön de Francia 1645 IV 18
44
(Druck: Nég. secr. I S. 347ff).
.

23
1645 V 11
Donnerstag Vulteius bei W [...] . Von beiden Seiten im
24
wesentlichen die bei der brandenburgischen Visite gebrauchten Argumente.
25
Gesandte des fränkischen Kreises bei W. Beteuerung der Friedensliebe. Sie
26
bleiben zu Mittag. Nach der Mahlzeit hat sich der Culmbach- und Nurn-
27
bergische

45
Johann Müller und Tobias Oelhafen.
in discursu zimblich heraußgelaßen und vermeinen wollen, daß
28
die gravamina religionis nicht erst ubers jahr hinaußzuverschieben, sondern
29
ad tractatus zu ziehen, sonsten underdeßen doch kein fried zu hoffen
30
seye. Denen I. H. G. darauff hienwieder geandtworttet, die Franzosen
31
hetten occasion zu den waffen auß dem Mantuanischen krieg, die Schwe-
32
den wegen des dem konig von Polen

46
Vgl. oben S. 43.
zugeschickten succurses genommen,

[p. 170] [scan. 220]


1
mit denen werde man deßhalber zu frieden werden müßen. Es gingen aber
2
solche coronas exteras die gravamina nicht ahn, gestalt sich auch weder die
3
catholische der Schweden, noch die uncatholische der Franzosen judicatur
4
wurden underwerffen konnen noch wollen. Man habe leges paternas und
5
imperii constitutiones, wan man denen folgte, wurde auß diesen difficulteten
6
leicht zu kommen, und der vergleich unter den Teutschen, gleich wie alberait
7
vor hundert jahren geschehen, zu treffen sein. Der Culenbachische
8
inhaerirte prioribus, daß dieses werck in denen örttern, wo die friedens-
9
tractaten geführt, vorgenommen, und eine rechte direction under den sten-
10
den angerichtet werden möcht. I. H. G., weilen dieselbe sie allerdings
11
nit capaces sahen, blieben ferner in generalibus. Der Culenbach- und
12
Nurnbergische aber fielen diesem nach auf das jahr 1618, daß alles in den
13
stand wieder, wie es damaln gewesen, mueste gebracht werden, anderst kein
14
fried zue hoffen seye.

15
Chigi an W: Dank für die Siegesnachricht. Bitte um Interposition bei Kur-
16
köln in der Streitsache Xanten.

17
Mitteilung Saavedras über den bayerischen Sieg [...] . – Mitteilung Nas-
18
saus
: Die Mediatoren haben bei den Franzosen statt Bereitschaft zur
19
Herausgabe der Proposition nur neue Verzögerungen verspürt. – Mittei-
20
lung
der Ksl. in Osnabrück: Verantwortungsschrift Stenglins

40
Anlage 69: Verantwortungsschrift Stenglins 1645 IV 28 (Druck: C. W. Gärtner IV
41
S. 842ff).
, darauß der
21
uncatholischen intentiones, und was von ihnen in dergleichen zu hoffen,
22
genugsamb abzunehmen.

23
1645 V 12
Freitag [...]. D’Avaux an W: Bitte um Nachricht über
24
die militärische Lage, da Vulteius sich beklagt, daß die fliehenden Fran-
25
zosen und ihnen nach die Bayern auf Hessen zögen. W: Weiß lediglich
26
aus Privatschreiben, daß die Fliehenden sich auf Hersfeld begeben hätten
27
und die Bayern folgten.

28
1645 V 13
Samstag Brandenburger bei W. 1. Titulaturstreit mit den
29
Franzosen. Ob gleich die Franzosen sie diesertwegen nimmer visitiren
30
solten, wurde doch solches Churbrandenburg ganz nit achten, dan (wie die
31
formalia gelauttet) ihme der Kopff noch wol so hoch gewachsen, daß er
32
nichts darnach frage, weniger dergestalt sich werde wollen zwingen laßen.
33
Die Verhandlungen würden dabei nicht leiden, da sie mit den Franzosen
34
nicht zu verhandeln hätten; notfalls könne es durch die Beigeordneten
35
geschehen 2. Als Wittgenstein die Bereitschaft Schwedens zur Herausgabe
36
der Proposition versichert, W dagegen ein Zusammenspiel der Kronen zur
37
weiteren Verzögerung vermutet, sagt der graff von Witgenstein, es seye
38
nicht ohn, wie vermeld worden, der Ochsenstern aber habe ihn solcher
39
gestalt hoch versichert, wan nur der punctus mit beglaitung der statt Stral-

[p. 171] [scan. 221]


1
sund und anderer, alß in specie Leipzig und Erfurt, seine richtigkeit hette,
2
daß die proposition alßdan Schwedischen theylß, etiam Gallis invitis, ge-
3
schehen solt. Auff welches I. H. G., diesergleichen contestationes hab
4
man von beyden theylen offt und vielmaln gehört, allezeit aber, wan ihrem
5
begehren statt geben, andere und newe remorae eingeworffen. Und mochte
6
man beßere opinion schöpffen konnen, wans dahin zu pringen, daß sich,
7
wo nit beyde theyl, doch die Schweden wenigstens schrifftlich erklehren
8
mochten, da ihnen a parte des reichs in hoc puncto satisfaction gegeben,
9
daß alßdan in continenti, ohn einigen weitteren auffzug oder auffschub,
10
wie auch solche erdacht werden konten, zur proposition und den tractaten
11
auffrichtig geschritten werden solt. Dieses, sagte der Churbrandenbur-
12
gische, were nit unbillich, vermaine es auch wol beym Oxenstern, alß den
13
er lang kenne und eines worts bey ihm mächtig wehre, dahin zu pringen,
14
sonderlich auch durch das mittel, so ihme vom Venetianischen gestern ahn
15
hand geben, nemblich ex parte Caesaris et imperii ihnen mit dem suchen
16
quoad status mediatos yedoch citra praeiudicium zu condescendiren.

17
I. H. G. fragten, wie diese clausula zu verstehen? Sie nehmens: citra
18
praeiudicium ihrer obern und statuum principalium, und daß, was solche
19
mediatstende gegen die principales, dero hoheit, landtsfürstliche obrigkeit,
20
und was dergleichen, so von den reichsconstitutionibus und fundamental-
21
satzungen dependiret, nit angenommen, sondern ahn sein gehorigen orth
22
gewiesen werden solt. Welches der graff von Witgenstein probiret, mit
23
vermelden, daß ers gleichfalß anderst nit verstunde. Und müste man,
24
sagten I. H. G. weitter, reversales deßhalber haben, daß weder die Franzo-
25
sen noch Schweden darwieder thun, oder in ein oder andern stand tringen,
26
weder dergleichen sachen sich annehmen wolten. Der graff von Wit-
27
genstein replicirt, alles hab seine richtigkeit, wiste aber gar wol, daß solches
28
die Schweden in ewigkeit nit thun würden, dan sie sich viel zu hoch achte-
29
ten, reversales zu geben; sondern muste man sehen, daß es per capitulatio-
30
nem und tractatus darzu zu pringen und assecuration zu erhalten. I. H.
31
G. sagten hierauff, es wurde gleich viel sein und uber eins außkommen,
32
wan man nur die versicherung et intentionem quocumque modo erhielte.
33
Zweiffelten aber dannoch nit, weiln gleich anfangs mit Stralsund Chur-
34
brandenburg, mit Leipzig Chursachsen und mit Erfurt Churmainz inter-
35
essirt, es wurden die herren churfursten ihr hohes interesse, chur- und
36
fürstlichen stand und des reichs conservation, auch die gefahr und zwey-
37
spaltung und den aufzug der friedenstractaten, so respective darauß end-
38
stehen konne, selbsten wol consideriren undt beobachten. 3. Wans nun zur
39
proposition kommen, werde sich bald zeigen, ob sie zum frieden lust haben
40
oder nit. Und werde sich das facit alßdan, da sie den bogen gar zu hart
41
spannen, darauß ehender des reichs zerrüttung, (sein gravens newlichen an-
42
deutten nach) und under den stenden endstehen kondte, leicht machen und
43
zu schließen seyn, daß sie ahn fortgang der tractaten, weniger dem frieden
44
beliebung tragen. Der graff von Witgenstein andtwort kurz hierauf,

[p. 172] [scan. 222]


1
alleß wurde sich außweisen, und man alßdan ein oder andern falß des
2
reichs notturfft, frieden zu erhalten, zu bedencken haben. 4. Die Verlegung
3
der Verhandlungen an einen Ort hält Wittgenstein ganz fur ein unpracti-
4
zirlichs ding, zumalen die Schweden außtrucklich sich erklehrt hetten, daß
5
sie die tractatus zu Oßnabruck und anderst nirgendt fortgesetzt haben und
6
sehen wolten, gestalt sie deßhalber von der cron specialen befelch hetten.

7
Alß I. H. G. hierauf gedacht, der befelch, den man ietzo nit hett, mochte
8
noch konnen erhalten werden. Sagte der graff, er ließ I. H. G.
9
consideriren, was fur große zeit hierzu gehören würde, und sonderlich,
10
weilen weder Münster noch Oßnabruck dazu bequehm, und erst auff ein
11
locum tertium gedacht werden müste, wie viel disputirens, referirens und
12
zeit verliehrens es alßdan erst geben wurde. Wamit alßdan das intent
13
wegen abschneidung der auffzueg und verlengerung nicht erlangt, sondern
14
bälder effectus contrarius veruhrsacht, und die verhoffende proposition
15
und tractatus wiederumb ganz und zumal in stecken gerathen dörfft; daß
16
also nichts bessers, dan ahn diesen beyden orthen hier und zu Oßnabruck in
17
in Gottes nahmen dem werck einen anfang zue machen, und so schleunig
18
muglichst zu verfahren. 5. In Osnabrück, wohin er in wenigen Tagen
19
zurück will, verspricht Wittgenstein die Proposition zu befördern und bei
20
Ksl. und Mainzern auf eine Lösung wegen der Mediatstände zu sehen. In
21
Münster werden in seiner Abwesenheit die beiden Beigeordneten Branden-
22
burg
vertreten [...].

23
Mitteilung der Bayern: Bei ihnen hat Wittgenstein sich sehr erboten, die
24
Herausgabe der Proposition zu befördern. Auf seinen Wunsch haben sie
25
sich bei Chigi erkundigt, ob dieser Wittgensteins Besuch annehmen würde;
26
der Nuntius hat Bedenken, will aber einen katholischen Vertreter der Bran-
27
denburger empfangen [...].

28
Nassau bei W. Bayerischer Sieg. Kein Fortkommen mit Franzosen und
29
Schweden.

30
Bericht des wegen der Kontributionen im Amt Reckenberg nach Kassel ge-
31
schickten Vertreters

42
Namen nicht zu ermitteln; zur gleichzeitigen münsterischen Deputation vgl. oben S. [129] .
: Bestürzung über die französische Niederlage; die
32
Landgräfin hat Turenne zugestanden, daß er sich notfalls unter die Ge-
33
schütze von Ziegenhain zurückziehen dürfe.

34
Mitteilung an Chigi: Nachrichten Kurbayerns über die Freilassung Triers.
35
Chigi begründet, warum er Wittgenstein als Gesandten eines vom Papst
36
nicht anerkannten Fürsten nicht empfangen könne. Da er auf eine förm-
37
liche Anfrage durch Dritte nicht gern ablehnen möchte, mögen die Bayern
38
gleichsam von sich aus Wittgenstein von seinem Vorhaben abzubringen
39
suchen. W möge das den Bayern erläutern.

40
1645 V 14
Sonntag Mitteilung der Bayern: Sie wollen mit den Fran-
41
zosen
jetzt die ihnen früher aufgetragenen Verhandlungen führen. W möge

[p. 173] [scan. 223]


1
sie bei den Ksl. und Spaniern, bei denen es deshalb Mißtrauen geben könne,
2
bei Gelegenheit entschuldigen. I. H. G. haben sich hierzu erpotten, wie-
3
woln sie eigentlich, was ihr anpringen bey den Franzosischen sein möchte,
4
nit wisten. Da es aber dasienige anbetreffen thett, was bey iüngst
5
gehaltener conferenz vorkommen, stunden sie neben den Churcolnischen
6
adiuncten ahn, weilen der status rerum durch dieses treffen immutirt, und
7
was damaln befahrt worden, ad effectum gepracht, ob davon annoch, und
8
sonderlich durch sie Churbayerische bey diesen coniuncturen zu moviren.
9
Und beförchteten, daß den intendirten effectum nit erreichen, sondern die
10
Franzosen es bälder dahin ubel aufnehmen wurden, alß wolte man anietzt
11
in sie tringen, und zu einem oder andern gleichsamb nöttigen, auch wol in
12
discursu offension und disgusto causiren möcht, zumalen der Servient, wie
13
sie nachricht hetten, uber diese victori sehr ungehalten sich bezeigen solte.

14
Mitteilung der Bayern, daß die visita wol abgangen, und hetten beyde
15
Franzosische sich gar discretlich bezeigt, ihres theylß auch sich gehuttet,
16
daß zu anderm nit ursach geben. Alß sie, Churbayerische, de propositione
17
maturanda meldung gehabt, seye von den Franzosen geandworttet, daß sie
18
darzu willig, wan allein der punctus mit Stralsund und den mediatstenden
19
richtig. Haslang hat von beiden Gesandten den Exzellenztitel erhalten
20
[...].

21
1645 V 15
Montag Anfrage der Bayern: Ist Volmar, der sie besuchen
22
will, der Exzellenztitel zu geben? W bejaht, da der Titel ihm von
23
anderen zugestanden wird und auch Brun ihn erhält. Anders ist es in
24
Osnabrück, da Krane den fürstlichen Gesandten von Anfang an ge-
25
wichen ist [...]. – Anfrage Wittgensteins in der gleichen Sache; soll er
26
ferner Volmar, der bei der Revisite nicht anwesend war, getrennt be-
27
suchen? W bejaht beides; daß inzwischen schon andere Revisiten
28
vorgegangen sind, bedeutet nichts, da Volmar sich vorher mit Krankheit
29
entschuldigt hatte.

30
W an d’Avaux: wegen Freilassung der von Rabenhaupt

41
Vgl. oben S. [74 Anm. 1] .
aus dem Erzstift
31
Köln nach Neuss gebrachten Geistlichen. D’Avaux: Daß vom Raben-
32
haubt nur dergleichen sachen und nichts anderß zu gewartten. Und habe
33
dieser wie auch der viconte de Tourraine mit ihren procedurn gegen die
34
catholische seinem konig uber die maß große undienst in Teutschland ge-
35
than. Beyde kennete er gar wol, und seye mit dem Rabenhaubt ganz nichts
36
zu richten, sondern müste man solche sachen immediate ahn die landgraffin
37
gelangen laßen, warzu er sich eiffrig erpotten, mit begehren, daß man auch
38
den Servient darunter begrifen möcht [...]. Es werde dem Touraine schwer
39
verandtwortlich sein, daß er die Franzosische volcker dergestalt weit auß-
40
einandergelegt, und so schlechte kundschafft gehabt habe, mit diesen wort-

[p. 174] [scan. 224]


1
ten, daß beßer der Tourraine gefangen oder todt, alß der Rosa

33
Reinhold von Rosen (gest. 1667), Oberst in der französisch-weimarischen Armee, bei
34
Mergentheim gefangengenommen. Vgl. ADB XXIX S. 197ff.
, den sie
2
sonderbar hoch aestimirten, von der armada ab sein solle.

3
Bericht der münsterischen Deputierten nach Kassel

35
Vgl. oben S. 129.
: Es wird dort die
4
französische Niederlage so gar hoch nit bethauret, mehr aber und am
5
meisten der Weimarischen völcker verlust beklagt. Deren wie auch Königs-
6
marcks

36
Hans Christoph Gf. von Königsmarck (1600–1663), schwedischer Generalleutnant. Vgl.
37
ADB XVI S. 528–531 .
und der Hessen Absichten sollen vorher auf Würzburg gerichtet
7
gewesen sein.

8
1645 V 16
Dienstag Herding / Witfeld bei W. Der Stadtrat hat be-
9
schlossen, wegen der von W erinnerten Punkte die Bürger von Haus zu
10
Haus zu ermahnen und ein Dekret

38
Anlage 70 (Religionsdekret der Stadt Münster): fehlt.
zu veröffentlichen. W. regt an, über das
11
Konzept auch mit Chigi zu sprechen und die Zustimmung des Domprop-
12
stes

39
Adolf Heinrich Droste zu Vischering (gest. 1650), Dompropst von Münster, münsteri-
40
scher Rat.
als Archidiakon der Stadt einzuholen.

13
W an Servien: Wegen Freilassung der von Rabenhaupt gefangenen Geist-
14
lichen. Servien will mit d’Avaux reden und mit diesem zusammen an die
15
Landgräfin schreiben.

16
1645 V 17
Mittwoch Nachricht, daß Mazarin bis zur Ankunft eines
17
anderen Gesandten d’Avaux zu bleiben befohlen hat [...] . – Schrift der
18
Hansestädte wegen schlechten tractaments ihrer Vertreter durch Servien

41
Anlage 71: Expositio eorum quae Monasterii Westphalorum a deputatis Anseaticis gesta
42
sunt (Druck: J. G. Meiern I S. 364 ff).
.

19
1645 V 18
Donnerstag [...]. Schreiben der Mainzer aus Osnabrück,
20
in dem sie zu folgenden Punkten Ws Gutachten wünschen: 1. Schweden und
21
etliche Protestanten machen Schwierigkeiten wegen der Deputation. 2. Sie
22
bestehen auf Behandlung der Religionsgravamina. 3. Vor Bewilligung der
23
Pässe für die Mediatstände will Schweden nicht proponieren. 4. Verlegung der
24
Verhandlungen an einen Ort, da bei Religionsverhandlungen in Osnabrück
25
Ksl. und Mainzer allein den Protestanten gegenüberstehen würden. 5. Zu-
26
stimmung zu einer wöchentlichen Korrespondenz. 6. Brandenburg will in
27
dem zur Beilegung des Besuchsstreites verabredeten Revers nicht die Main-
28
zer Präzedenz anerkennen, sondern nur erklären, daß man gegen Mainz
29
nichts zu präjudizieren gesucht, im übrigen aber auf der Gleichheit aller
30
Kurfürsten bestehen.

31
Treffen mit den Bayern vor der Stadt. Proposition der Mainzer Punkte.
32
Bayern: Es scheine, daß die herren Churmaintzische gar zu bald allen von

[p. 175] [scan. 225]


1
dem gegentheyl auf die bahn pringenden difficulteten und discursibus
2
glauben beymessen, und es gleich pro determinato bey den Schwedischen
3
halten. Dergleichen und anderß werde hier von den Franzosen vor und
4
nach auch movirt, so man aber also nit verstanden, sondern pro re nata
5
endweder dissimulando vorbey gangen, oder mit gegenremonstrationibus
6
opponirt, daß sie endlich von denen vorprachten propositis abstehen muß-
7
ten. Folgendts in specie und zwarn beym ersten puncto, wegen der reichs-
8
deputation, seye dieselbe, alß in reichsconstitutionibus fundirt, legitima,
9
und in imperio ublich und herkommen, und die abgeordnete darauf und ad
10
pacem tractandam, nachdem die sachen zu Franckfurt wegen des justizi
11
weesens geendiget, specialiter instruirt, welches den Schwedischen, wie man
12
auch hier den Franzosen gethan, zur andwort geben werden kondte. Ad
13
2. ratione gravaminum religionis, und daß selbe ad tractatus wolten gezo-
14
gen werden, vermeinten beßer zue sein, dagegen iezo noch nichts zu movi-
15
ren, sondern biß zu beysamenkunfft der deputation, oder etwas bestendi-
16
ges vom gegentheil hierunter anpracht würde, diesen punctum tacite zu
17
ubergehen. 3. [...]. Hielten nicht undienlich, daß man zu befurderung des
18
wercks mit den interessenten reden und sehen möchte, ob sie zu nachgebung
19
dieses puncts, yedoch absque praeiudicio, zu disponiren. 4. Dagegen spreche
20
die Abneigung der Schweden und der mit einer solchen Änderung ver-
21
bundene
Zeitverlust, weshalb lieber mit proponirung solcher translation,
22
biß die proposition herauß, einzuhalten. Underdeßen werde sich Chur-
23
mainz erklehren müßen, wie ers mit dem directorio alhier zu halten ge-
24
dencke. 5. Haben mit I. H. G. sie sich verglichen, daß weilen die sachen
25
schriftlich also nit explicirt, auch anderst eingenommen werden konten,
26
man under sich churfurstlichen wochentlich, oder nach beschaffenheit der
27
sachen, alle 14 tag in loco aliquo intermedio, alß zu Lengerich, so auf hal-
28
bem weg Oßnabruck, und zwarn auf den mitwoch, der postäg halber ahm
29
gelegensten, zusammenkommen. Am kommenden 24. Mai könne man damit
30
zunächst unter den drei katholischen Kurfürsten beginnen, und zwar zur
31
Vermeidung von Verdacht bei den Brandenburgern mit der Begründung,
32
Köln und Bayern wollten sich im Besuchsstreit interponieren. 6. Sey zwarn
33
der Brandenburgischen andwort und gemachte außdeuttung des vorgehens
34
etwas nachdencklich und weit aussehend, hielten aber doch, daß mans der-
35
zeit tacite zu ubergehen, und der accommodation dieser mißverstendnus
36
sich zu befleißen. Zu dem endt das Churmainzisch concept wol in kurzere
37
form gebracht, und doch alles, was vorubergangen, zu ihrer beßeren
38
verwahrung ad prothocollum per decanum S. Joannis

42
Raban Heistermann (gest. 1668), Domherr in Lübeck, Dechant von St. Johann in
43
Osnabrück.
, alß welcher den
39
mediatorn supplirt und auch dieser sachen wegen adhibirt worden sein
40
wurd, genommen werden kondt. I. H. G. haben diesem nach die puncta
41
der Churmainzischen schreibens wiederholet und durchgehendts vermög

[p. 176] [scan. 226]


1
vorhin gethanen proposition mit den herren Churbayerischen sich confor-
2
mirt. Und noch ferner beym ersten vermeldet, daß die Kayserliche und
3
Churmainzische den Schwedischen zu Oßnabruck die remonstration [!],
4
gleich hier den Franzosischen geschehen, warahn sie dan auch, wie man
5
praesupponire, satisfaction gehabt, und der deputation erwartteten, zu thun
6
hetten. Beym 2. und 4., wan nemblich die gravamina nach Oßnabruck
7
gezogen werden solten, wurden sich alßdan von den interessirten catholi-
8
schen stenden schon gnug dorthin begeben, maßen sie dan selbst ihr not-
9
turfft solchen falß beobachten laßen wurden. Wegen translation tracta-
10
tuum ad unum locum seye weder Munster noch Oßnabruck bequehm. Da
11
man dan ad locum tertium etwan nacher Collen das absehen haben wolt,
12
wurde zum referiren hien und wieder, und biß man sichs allerseits ver-
13
glichen, die quartier eingericht, die raiß hernegst vorgenommen, wenigst 3
14
ad 4 monat zeit, inmittelst aber daruber abermal dieser sommer vergeblich
15
hingehen. Ohne das man weiß, daß die Schweden sich vernehmen laßen,
16
mit den tractaten auß Oßnabruck anderwerzhin nit zu kommen. Die-
17
sem nach hat man gutt befunden, von mehr bemeltem Churmainzischen
18
schreiben und was aniezo passiret, den herren Kayserlichen zu communi-
19
ciren. W teilt die Antwort des Kammergerichtes

42
Vgl. unten [S. 181 Anm. 2] .
auf das köln-bayerische
20
Schreiben mit. Da auch die Ksl. eine Antwort erhalten haben, soll mit
21
ihnen und den Brandenburgern darüber beraten werden. Bayern: Auf
22
Befehl des Kurfürsten unterrichten sie W, da auß denen alhie zu Munster
23
anwesenden Franzosischen gesandten uber alle angewendte mühe und fleiß
24
nichts zu pringen gewest, habe Maximilian mit Zustimmung des Kaisers
25

41
25–S. 177,39 Und – fortzusezen] am Rande: ad Bavarum omittantur
seinen Beichtvater P. Vervaux nach Frankreich geschickt. Und durch den-
26
selben erstlich urgiren laßen, daß weilen die churfürstlichen gesandten, wo-
27
rauff die handlung dem andeutten nach, verschoben worden, schon vor
28
guter weil alhier und doch zu den sachen nicht gethan werde, den pleni-
29
potentiariis befelch zugeschickt werden möchte, ihre proposition ohn lenger
30
anstand zu thun, und die tractatus mit ernst anzufangen und fortzusezen.
31
2. Seye dem patre confessario zu remonstriren auffgeben, was fur religions-
32
gefahr im reich, auch wol anderwerz auß der Schweden großen progressi-
33
bus und auß dem etlich und zwanzig jahrigen krieg, wan Franckreich seine
34
assistenz also ferner continuiren solte, wol eversio totius erfolgen dorffte.
35
3. Einen stillstand der waffen, etwa auf einen, 2, 3, oder 4 monat lang, vor-
36
zuschlagen und zue befurdern, und etwa nach verfließung, da die handlung
37
underdeßen noch nit zum end kommen, weitter hienauß zu prolongiren,
38
gleich dan bey allen haubttractatiombus solches nuzlich practiziret worden.
39
4. Hab er auch im befelch gehabt, die Pfalzische sach pro domo Bavarica
40
im besten zu recommendiren, und zu remonstriren, wie viel darahn gelegen,

[p. 177] [scan. 227]


1
daß diß votum im churfürstlichen collegio, prout nunc est, den catholischen
2
verpleibe. Welches befurderung man vom konig in Franckreich sich soviel
3
da ehender sich verstehe, weilen die chur auf das hauß Bayern mit sein, des
4
konigs, herrn vatter selbst guten belieben und cooperation transferirt wor-
5
den seye. Der cardinal Mazzarini habe auf das erste zur andwort geben,
6
den Franzosischen plenipotentiariis zue Münster seye ordre zugeschickt, die
7
proposition ad pacem zu thun, und damit nun desto weniger darahn fehl
8
seye, solte solcher befelch reduplicirt, und ihnen alßpalden gleichfalß zuge-
9
fertiget werden. Ad 2. Seyen die ministri Gallici bevollmächtiget, alles
10
praeiudicium in religione zu verhuetten, und solte solches gleichfalß nach-
11
malß renovirt werden. Mit begehren, Churbayern auch den ihrigen befelch
12
ertheylen wolt, daß dasjenige, was contra religionem catholicam solte vor-
13
gehen, solches alspalden bey den Franzosischen anpringen mochten. Das
14
armistitium, drittens, seye vom cardinal Mazzarini gantz recusirt, mit ver-
15
melden, daß es durchauß nit sein kond, sondern müsten die arma so lang,
16
biß fried würde, operiren. Und mochte man desto geschwinder darzu thun,
17
maßen dan ahn seithen Franckreich nichts ermanglen thette. Wobey die
18
Churbayerische gedacht, daß diesem ungeacht Churbayern vermein, daß
19
man alhier diesen punctum noch ferner omnibus modis zu urgiren hette.
20
Beym 4. habe der cardinal sich vernehmen laßen, Churbayern seye bey
21
Franckreich hoch aestimirt, und werde der konig die hand nimmer von
22
ihme abthun. Hierbey ist vom Dr. Krebsen weitläuffig erwehnet, welcher-
23
gestalt Churbayern die Pfaltzische landen titulo oneroso innenhabe. Item
24
von richtigkeit der schuld, und daß mit Ihrer Kayserlichen Majestät wegen
25
der 13 millionen liquidiret, und wie die transmutation des ländlein ob der
26
Enß gegen die Oberpfalzische landen geschehen

40
Im Münchener Vertrag 1628 II 22 (Druck: J. Dumont V 2 S. 538–542) hatte der Kaiser
41
als Ersatz für die auf 13 Millionen Gulden berechneten Kriegskosten Bayern die Ober-
42
pfalz und die rechtsrheinische Unterpfalz zugesprochen, wogegen Maximilian das bisher
43
als Pfand innegehabte Oberösterreich dem Kaiser zurückgab.
. Wavon sie auch iungst
27
dem conte de Avaux, auf sein begehren, umbstendlich parte geben. Uber
28
diß hette auch Churbayern befohlen, I. H. G. sowol alß den Kayserlichen
29
von deme iüngst bey Marienthal vorgegangenen treffen, und gegen die
30
Franzosisch-Weinmarische erhaltenen ansehnlichen victori, yedoch citra
31
iactantiam, parte zue geben, mit deren erinnerung, daß man desto weniger
32
nit dem frieden ganz eiffrig nachtrachten und omnibus modis urgiren
33
solle. I. H. G. haben sich fur beschehene communication von des patris
34
confessarii nacher Franckreich gehabten commission, wavon sie schon
35
anderwertz her etwas nachricht gehabt, hochlich bedanckt; mit andeuten,
36
daß lezt Churbayerische schreiben von solch ihn Churbayerischen zuge-
37
schickten befelch meldung thue. Imgleichen auch wegen der glücklichen
38
victori, und weren der mainung ebenfalß auch, daß man desto eiffriger
39
sehen solte, die tractatus pacis fortzusezen. [...].

[p. 178] [scan. 228]


1
Nachricht, daß d’Avaux sich ganz von der Gesandtschaft zurückziehe und
2
deshalb die Abgeordneten des schwäbischen Kreises

38
Dr. Johann Georg Köberlin, Vizekanzler und Gesandter des Stiftes Konstanz mit Man-
39
dat für Buchau und Kempten; Dr. Andreas Burkhardt (1594–1651), württembergischer
40
Gesandter und Vizekanzler; beide in Münster seit 1645 V 4.
nicht mehr empfangen
3
wollte. Mit nächster Post soll eine Vollmacht auf Servien kommen,
4
d’Avaux wird nach Pfingsten abreisen.

5
1645 V

37
5 19] im Original: 20
19
Freitag Reck bei Nassau: Gestrige Absprache über das
6
Mainzer Schreiben. Nassau: Wegen Geleitung der Mediatstände sind
7
sie vom Kaiser auf die churfursten, was dieselbe gutt befinden würden, ge-
8
wiesen

41
Vgl. Kaiser an ksl. Gesandte Osnabrück 1645 IV 26 (Druck: [APW II A 2 S. 270ff] ).
. Und weilen man vernimb, daß die Schweden ihre proposition
9
dieses puncten halber aufschieben, seye denselben ahn hand zu geben gutt
10
befunden, daß solch praetendirende verglaitung von ihnen Schwedischen
11
geschehen möcht, und werde man nun zu vernehmen haben, ob solcher vor-
12
schlag angenommen. Wegen der gravaminum religionis vernehme er auch,
13
daß starck darauf bestanden werde, solche ad tractatus zu ziehen. Man
14
werde, was der gegentheyl davon in proposition pringen werde, erwartten,
15
und inmittelst auf dieser seithen sich gleichfalß dagegen gefast machen
16
müßen. Es hetten sich die Franzosische hier verlautthen laßen, daß sie mit
17
ihrer proposition nit fortkommen konten, weilen die Schweden die grava-
18
mina den tractatibus mit impliciren wolten. Wobey der graff gedacht, daß
19
Volmari beßer zu sein vermeint, sie hetten die proposition heraußkommen
20
laßen, und alßdan dagegen ratione gravaminum excipiirt. Die vorhabende
21
communication mit den Churmainzischen befunde er gar gutt, wans allein
22
von den Churbrandenburgischen, weiln sie gar suspetosi weren, nicht
23
apprehendirt wurde, daß man sie nit mit hinzugezogen. Ratione translatio-
24
nis tractatuum ad unum locum were er auch der mainung, daß davon ganz
25
keine meldung ietzt zu thun, weilen sonsten dadurch die verlangende pro-
26
positionsedirung ganz wiederumb in stecken würde gebracht werden.
27
Wiewolen sonsten sine mediatore zu tractiren beschwerlich sein würde,
28
dahero in vorschlag komme, daß einige stende, so zu Oßnabruck gegenwer-
29
tig, underdeßen darzu zu gebrauchen; nit zwarn alß mediatores, weilen da-
30
durch Dennemarck besorglich disgustirt werden dörffte, sondern allein,
31
daß selbige hinc inde referiren möchten.

32
Reck bei Volmar, der sich ähnlich äußert, aber den gegenüber Brandenburg
33
vorgesehenen Vorwand für bedenklich hält, da die Churmainzische alß una
34
pars, sie Churbrandenburgische aber nit hinzugezogen wurden. Man solle
35
besser vorschützen, die wegen Erfurt betroffenen Mainzer zur Bewilligung
36
der Zulassung der Mediatstände bewegen zu wollen.

[p. 179] [scan. 229]


1
Mitteilung der Brandenburger: Sie sind von Wittgenstein nach Osnabrück
2
gerufen worden

43
Wittgenstein war 1645 V 18 nach Osnabrück abgereist.
. Auf die Frage, ob hier inzwischen etwas anstehe, bedauert
3
W, daß vor Herausgabe der Propositionen nichts zu tun sei, bittet aber um
4
baldige Rückkehr, da Besprechungen der Ksl. mit den Kurfürstlichen vor-
5
kommen könnten. Kölner und Bayern wollen mit den Mainzern wegen des
6
brandenburgischen Reverses und Zulassung der Mediatstände reden.

7
Mitteilung Nassaus: Die Brandenburger waren in der gleichen Sache bei
8
ihm und sind ähnlich beschieden worden.

9
W bei Chigi: 1. Versuche, die Religionsgravamina zu den Verhandlungen
10
zu ziehen. 2. Freilassung der im Erzstift Köln gefangenen Geistlichen.
11
3. Pfarrei Gehrde. 4. Der Pfarrer von Neuss ist wieder hier, da Rabenhaupt
12
trotz der französischen Schreiben die Befreiung von der Kontribution ver-
13
weigert
. 5. Neuerungen in der Stadt Osnabrück zuungunsten der Katholi-
14
ken
. 6. Geplante Religionsverordnung der Stadt Münster. 7. Förderung der
15
Kölner Koadjutorie in Rom. Von Chigi interposition quoad 2., 3. und 4.
16
punctum anerpotten. Dabey vermeldet, daß er wol spühre, daß endweder
17
die Franzosen nit aufrichtig mit den sachen umbgingen, oder aber bey den
18
Hessen in gar schlechtem credit weren. Underschiedliche sachen in causis
19
religionis hab er ihnen in den Gulichischen, Clevischen, Colnischen und
20
Westvelischen landen vor und nach remonstrirt, und ihre interposition
21
begert. Die geschehe allezeit so glimpfflich und courthöß, daß darauß
22
abzunehmen, daß sie nit offendiren wollen; und der gegentheyl solche cour-
23
thesie nit achten thue, sondern nur die intention sey, die catholische zu
24
undertrucken, und die kezerey einzufuhren und fortzupflantzen. Man
25
muste dannoch nichts, was nur muglich, underlaßen. In negotio coadiuto-
26
riae hab er sich gleichfalß euserist erpotten, und erwehnet, wie er
27
vernommen, daß die sachen in guten terminis zu Rom stunden. Beym ersten
28
punct quoad gravamina religionis, daß solche zu den tractaten gezogen
29
werden wolten, sich auch ganz eiffrig bezeigt und vermeldet, daß man wol
30
zuzusehen, wie solches zu divertiren. Deßhalber ers dan mit den catholi-
31
schen chur-, fursten und stenden ganz eins were, allein müsten sich die
32
catholische sammetlich, es wurden auch solche gravamina endweder hier
33
vorgenommen, oder zum extraordinari deputationconvent verschoben,
34
rechte undereinander sich vereinigen und zusamen halten, wie der gegen-
35
taill thue. D’Avaux soll seine Abberufung mit nächster Post erwarten. Die
36
Franzosen haben wegen der von Schweden betriebenen Behandlung der
37
Gravamina erneut um Instruktionen geschrieben, worauf frühestens in drei
38
Wochen Antwort vorliegen kann. Da Schweden Pommern mit Sitz und
39
Stimme im Reich verlangt, wollen jetzt auch die Franzosen Territorial-
40
gewinn
, und zwar das ganze Elsaß, wofür sie notfalls Österreich oder dem
41
Reich eine Geldentschädigung geben wollen. Und sonsten auß allen ihren
42
actionibus vernehmen, daß zu Pariß noch ganz keine solida resolutio ge-

[p. 180] [scan. 230]


1
nommen, was man ex parte Franckreich zu thun, oder zu praetendiren ge-
2
dencke; auch dieses zu besorgen, sie werden den Schweden in ihren petitio-
3
nibus nichts weichen, sondern denselben dißfalß sich conformiren wollen.

4
1645 V 20
Samstag Mitteilung der Bayern: Wunsch um Verschiebung
5
der Konferenz mit den Mainzern um eine Woche. W: Auf Rat der Ksl.
6
ist gestern schon an die Mainzer geschrieben worden, auch sind die
7
Brandenburger unterrichtet.

8
Schreiben der Mainzer: Wittgenstein / Löben haben in Osnabrück den Ksl.
9
angedeutet, sie seien in Münster von den Ksl. und Kurfürstlichen zur Be-
10
förderung der schwedischen Proposition ersucht worden, die noch an der
11
Geleitfrage der Mediatstände hänge. Als Privatmeinung hat Wittgenstein
12
angedeutet, der Kaiser sei zur Geleitung verpflichtet. Da also Brandenburg
13
wegen Stralsund sich willfährig erklärt, bitten sie um die köln-bayerische
14
Ansicht, damit sie morgen um Resolution schreiben können. Nach ihrer
15
Meinung kann die Geleitung nicht kraft des Präliminarschlusses, sondern
16
aus ksl. Gnade bewilligt werden, wenn die Schweden vorher eine Liste der
17
zu geleitenden Stände eingeben und versichert wird, daß damit den betrof-
18
fenen Reichsständen kein Präjudiz zugezogen und den Geleiteten nichts als
19
ihre persönliche Aussöhnung zugestanden werden soll.

20
Nassau bei W. W: Mainzer Schreiben. Nassau: Den Ksl. in Osna-
21
brück
ist aus Wien dreimal befohlen worden, sich hierin den Kurfürst-
22
lichen
anzuschließen. Und sey in alle wegh billig, daß eß die meinung habe,
23
daß solche beglaitung ohne praeiuditz der herren principalen geschehen
24
müeße; haltte sonsten, wan Churmäintz die rationes umbstendlich
25
uberschrieben, er würde daßwegen weiters keine difficultet machen, auch
26
die Churmaintzische, wan 1. H. G. mitt den Churbayerischen und Branden-
27
burgischen hierinnen sich verglichen, nicht absonderen. Sie Kayserliche ver-
28
merckten sonsten ungehrn, daß die Churmaintzischen so gahr mitt keiner
29
instruction versehen, und seye gleichwoll schwer, dergestaldt allemahll zue
30
referiren. Es seye sonsten bey diesem puncto der beglaitung Churbranden-
31
burg wegen Strallsundt, alß Churmaintz wegen Erffurth interessirt.

32
Warauff I. H. G, daß solches wahr, man könne aber nicht wißen, waß
33
sie fur eine intention hiebey haben. Und seye zu befahren, wan gleich in
34
diese specificirte ohrt condescendirt, daß noch andere auff die bahn
35
bringen werden. Sie vermeinten, daß den Churmaintzischen hierinnen an-
36
derst nicht an handt geben werden köntte, alß diese vorandtwortt zu thuen,
37
daß auß dießer sehr weyth außsehender sach, mitt den Kayserlichen und
38
churfürstlich Bayerischen bey negster zusahmenkunfft, welches anietzo,
39
weylen der Volmari medicin gebraucht, nicht geschehen können, communi-
40
cirt, und ihnnen hernacher von demjenigen, waß guetbefunden, zur
41
nachricht überschrieben werden soltte. Inzwischen können die Mainzer in
42
dieser wie anderen Sachen Instruktionen anfordern. Nassau billigt die
43
Antwort und gibt zu bedenken, ob man auf die schwedische Proposition im

[p. 181] [scan. 231]


1
Augenblick so stark drängen solle, da in ihr auch die Gravamina enthalten
2
sein sollen. W: Es müeste doch einmal herauß; wan, wie es scheine, der
3
gegentheill die meinung habe, die gravamina ad tractatus zue ziehen, solche
4
auch woll ante propositionem factam herfürbringen mögtten, so wehre
5
beßer, in zeitten, wie sie es damitt vorhaben, zue wißen, damitt man sich
6
auch dießer seyts dagegen könne gefast machen. [...].

7
Mitteilung an die Bayern: Mainzer Schreiben. Gespräch mit Nassau. Die
8
Bayern billigen die Vorantwort und eine Konferenz am Dienstag. – Ab-
9
sendung der Vorantwort.

10
1645 V 22
Montag Mitteilung Chigis: Er will heute die Franzosen auf-
11
suchen. – Schreiben an Chigi betr. die Köln-Osnabrücker Anliegen

32
Anlage 72: W an (Chigi) 1645 V 22.
[...].

12
1645 V 23
Dienstag Mitteilung Nassaus: Eintreffen Kranes. Termin
13
der heutigen Konferenz.

14
Schreiben der Mainzer: Zustimmung zur Lengericher Konferenz.

15
Mitteilung davon an die Bayern. Diese waren heute bei Servien, die propo-
16
sition zu befördern, auch vom armistitio auff die bahn zu bringen. Wehre
17
aber beedes nit annehmlich, noch etwas darauff zu erhaltten gewest, son-
18
dern nur alles per generalia beandtworttet.

19
Konferenz der Ksl. mit Kölnern und

31
19 Bayern] am Rande: an Bayern 1645 V 26, an Köln 1645 V 27
Bayern

33
Mit Anlage 73–76: Pfleger und Geheimer Rat der Stadt Augsburg an Kurmainz 1645
34
IV 30; Erklärung der ksl. Gesandten Osnabrück an die Schweden betr. die Mediat-
35
stände
1645 V 18 (Druck: J. G. Meiern I S. 404 ); puncta consultanda mit den herren
36
Churmaintzischen (identisch mit den 14 Punkten, vgl. APW III A 1,1 S. 81–83); Reichs-
37
kammergericht
an W / Haslang 1645 V 1 mit Beilage: Giulio Antonio Frangipani, Kom-
38
mandant
in Frankenthal, an Reichskammergericht 1645 IV 28.
(siehe APW [III A 1,1 S. 70ff] ).

21
1645 V 24
Mittwoch Auf dem Weg nach Lengerich treffen W und die
22
Bayern auf die nach Münster zurückkehrenden brandenburgischen Sekun-
23
dargesandten. Begründung der Konferenz mit Mainz-Brandenburger Be-
24
suchsstreit und Frage der Geleitung der Mediatstände [...].

25
Konferenz der katholischen kurfürstlichen Gesandten in Lengerich (siehe
26
APW III A 1,1 S. 85ff). Rückkehr Ws und der Bayern nach Münster, der
27
Mainzer nach Osnabrück.

28
1645 V 25
Donnerstag Mitteilung Chigis: Er hat von d’Avaux wegen
29
der von W geklagten Punkte Schreiben an die Landgräfin, an Rabenhaupt
30
und an Oxenstierna

39
Anlage 78–80: Französische Gesandte an Lgfin. 1645 V 24; französische Gesandte an
40
Rabenhaupt 1645 V 24; französische Gesandte an schwedische Gesandte betr. Gehrde
38
1645 V 24. (Ursprünglich fehlte wohl Anlage 77; dann wurden 78 80 in 77 79 um-
39
numeriert, doch blieben die alten Verweise im Diarium; als Anlage 80 wurde Anlage
40
44,1 eingefügt).
erhalten, die er W zur Weiterbestellung zuschickt.

[p. 182] [scan. 232]


1
1645 V 26
Freitag Schreiben Kranes 1645 V 25: Als er den Branden-
2
burgern
den Inhalt des münsterischen Beschlusses mitteilte und diese merk-
3
ten
, daß es allein um das Geleit von Stralsund ging, wollten sie es nur für
4
bewilligt halten, wenn andere Stände sich für ihre Mediatstädte auch
5
dazu verständen. Sie wollen aber die Schweden von ihrer Forderung abzu-
6
bringen
suchen, obgleich sie fürchten, daß diese dann der Proposition einen
7
Protest anfügen werden. Vermeindte also er, her Cran, die zu Münster
8
gehaltene conferentz, indem sie sehen, daß man disseits bestendig verpleib,
9
mochte nicht unfruchtbar gewesen sein, zumalen man auch lieber zu sehen,
10
daß vorgemelte protestatio der proposition eingerückt, alß in praeiudicium
11
statuum imperii etwas nachgegeben werde. Seye sonsten hiebey zu mercken,
12
daß die Churbrandenburgische von solcher vorhabender protestation, wan
13
dieser passus nit zur richtigkeit gepracht, qui ultiorem praescientiam
14
praesupponit, nachricht habe.

15
Mitteilung Chigis: Er hat eine Bulle erhalten, nach der ein im päpstlichen
16
Monat erledigtes Kanonikat in Bremen dem Sohn Nassaus zu übertragen
17
ist, und bittet um Ws Assistenz. W warnt, daß das Kapitel keine päpst-
18
lichen Bullen annehme und unter den Religionsgravamina gerade die
19
Abschaffung päpstlicher Übertragungen in den von Protestanten besetzten
20
Stiftern vorkommen werde. Trotz Chigis Vermutung ist die
21
Abberufung d’Avaux’ nicht eingetroffen; die Streitigkeiten unter den Ge-
22
sandten gehen weiter. Sie wollen den Vertreter Portugals als Gesandten
23
anerkennen.

24
1645 V 27
Samstag Chigi an W: Dank für die Nachricht wegen des
25
Bremer Kanonikats [...].

26
Contarini bei W. Hoffnung auf Herausgabe der Propositionen kurz nach
27
Pfingsten, doch wollen die Franzosen mit den Spaniern nicht vor Ankunft
28
der Staatischen verhandeln. W: Stand wegen Geleit für die Mediat-
29
städte
[...]. Contarini: Er vermercke soviel, daß die Schwedische und
30
zugleich die protestirende fursten und stende mit ihnen die gravamina reli-
31
gionis und was deme anhängig ad tractatus pacis zu ziehen vermainten,
32
damit sie allda einmal erledigt würden. W verweist auf die dafür be-
33
schlossene
außerordentliche Deputation

41
Vgl. W. Becker S. 195. Die Deputation zur Behandlung der Gravamina sollte lt. Be-
42
schluß des Frankfurter Deputationstages 1645 IV 19 am 1. Mai 1646 zusammentreten.
. Contarini: Es beklagten sich
34
die protestirende, daß offt wegen erledigung der gravaminum angehalten,
35
es were aber von einer zeit zur andern und von einem convent verschoben.
36
Und weilen nun die Schweden diesen punct proponiren und urgiren wolten,
37
wurde solcher nit wol konnen praeteriirt werden. Ihnen beduncke auch

[p. 183] [scan. 233]


1
selbsten, daß zue erhaltung des friedens nit undienlich all dasjenige vorzu-
2
nehmen und bestendig zu vergleichen, wardurch einige unruhe, krieg und
3
emporung im reich hernegst leicht wiederumb endstehen kondt. Alß viel er
4
vermercken kondte, schiene es, daß man auff der andern seith darauff
5
ginge, damit die im Prager schluß außgesezte 40 jahr auffgehoben, und den
6
inhabern in perpetuum zugeeignet und gelaßen würde, was sie vermög
7
selbigen friedenschlußes ad interim besizen und inhaben. Worauff I. H.
8
G. alsobald hisce verbis expressis geandworttet, ein solches wurde in
9
ewigkeit nit geschehen, auch vor Gott und in dem gewissen nit zu verandt-
10
wortten sein. Mit begehren, ob er, Venetus, die rechte information hette,
11
wie es mit dem Paßawischen vertrag, Kayserliche edict

38
Restitutionsedikt 1629 III 6.
, und Prager
12
friedenschluß hergangen, und was fur ansehenliche fürstenthumb und land-
13
schafften under dem termino der 40 jahren begriffen. Bericht Ws, wie die
14
Protestanten vom Abschluß des Passauer Vertrages an wenigst alle 20 jahr
15
mit offen waffen einen starcken versuch und griff gethan hetten, die catho-
16
lische gegen den so starck clausulirten Paßawischen vertrag zue beschweh-
17
ren, angefangen im Stift Straßburg und dann im Truchseßschen Krieg

39
Tatsächlich ging der nach Konversion Kf. Gebhard Truchseß von Waldburgs (1547–
40
1601, Kf. 1577) um das Erzstift Köln ausgebrochene Krieg (1582–1584) sowohl dem
41
Straßburger Kapitelstreit (seit 1584) wie der von W näher beschriebenen Doppelwahl
42
1592 zwischen Kardinal Karl von Lothringen (1567–1607) und Johann Georg von
43
Brandenburg (1577–1624, Hg. von Jägerndorf 1607) voraus.
.
18
Auß welchen und mehr andern thadlichkeiten man catholischen theylß wol
19
zue befahren hette, daß inskunfftig die uncatholische auch keinen abschied
20
halten würden. Sich mit ihnen aufs new zu vergleichen, auß dem Paßawi-
21
schen schluß zu tretten, wurde nur die begierd und den appetit, mehrers
22
und offters umb sich zu greiffen, erwecken. Die Katholiken haben seit
23
Ferdinand I. vor den Reichsgerichten geklagt bis zum Erlaß des Restitu-
24
tionsediktes
, gegen das die Protestanten den Leipziger Bund

44
Auf Veranlassung Sachsens tagten 1631 II 20–IV 12 die protestantischen Stände in
45
Leipzig und beschlossen die Aufstellung einer eigenen Truppenmacht.
geschlos-
25
sen
und die Schweden ins Land gerufen haben. Den daraus entstan-
26
denen
Krieg habe man durch die Gewährung einer 40jährigen Frist
27
im Prager Frieden zu stillen gemeint. Auf die Frage, ob das edictum aliquid
28
novi und contra pacta Passavica were, und was es in sich hielte, sagten
29
I. H. G., quod non, sondern daß es declarationes der vom gegentheyl contra
30
pacta beschehener contraventionen, und daß secundum ipsa pacta tanquam
31
regulam certam sententia in contradictorio ergangen. Umb so viel weniger
32
sich die catholische desjenigen, was ihnen in bemeltem Prager friedenschluß
33
billich vorbehalten, genzlich und ewiglich gewissens halber begeben kon-
34
ten. Worauf der Venetus replicirt, es wehren doch solches landschaff-
35
ten, die man nit hette, und allwo keine catholische mehr verhanden weren.
36
Wan man dannoch das ubrig bey ietzig so gestalten und gefehrlichen sachen
37
dadurch versicheren kondte, so konte es ein medium des vergleichs sein.

[p. 184] [scan. 234]


1
I. H. G. replicirten hiebey die unbillichkeit der sachen und berichteten,
2
daß im erzstifft Bremen noch einige catholische canonici in metropolitana
3
verhanden [!], ohne das auch in utriusque sexus ansehnlichen clöstern sich die
4
catholische noch befünden. Bey dem erzstift Magdeburg were der dhomb-
5
probst und andere canonici catholisch, und selbiger erzstifft primat Ger-
6
maniae, und von einer sehr großen consequentz, daß man solchen primatum
7
den uncatholischen laßen solte. Das Restitutionsedikt war bereits weitge-
8
hend
durchgeführt worden. Daß man nun das alles also nachlaßen solte,
9
seye ein gewissens sach, und wobey nit wenig zue bedencken stunde.

10
Welches der Venetus reassumirt, und diß dubium movirt, es were Ihre
11
Kayserliche Majestät und die catholische selbst durch den Prager frieden-
12
schluß vom edicto in so weit abgewichen, und würde man auch anietzo
13
auff ein temperament und medium, zu volligem vergleich zu kommen,
14
gedencken müßen. Auff welches I. H. G. replicirt, daß man von dem
15
edicto Caesareo nit abgewichen, sondern nur solches, nach inhalt des Prager
16
schlußes, quoad executionem faciendam suspendirt. Welches der Vene-
17
tus abermal pro novo dubio movendo genommen, weilen man den effectum
18
executionis suspendirt, und von der haubtsach selbsten zu tractiren ver-
19
glichen worden were. So wurde es bey vermutthender bestendigen
20
resolution, daß die Schwedische und protestirende die sachen bey den
21
generalfriedenstractaten wolten vorgenommen haben, nit wol voneinander
22
zu pringen, noch die beruhigung des Teutschlandts zu erhalten sein, wo nit
23
ein medium des vergleichs et temperamentum aliquod bey ihren postulatis
24
zue finden. I. H. G. haben bey diesem vorprachten dubio und discursu
25
angezeigt, wie daß bey diesem weit aussehenden religionsweesen, und bey
26
den von den uncatholischen movirten gravaminibus, wamit sie wurcklich
27
active die catholische alß patientes et laesos beschweren, wan man darauß
28
zu kommen gedächt, certa regula et norma zu sezen. Nun werde sich keine
29
andere regul finden, alß der Paßawisch vertrag. Den hetten die catholische
30
ihres theylß gehalten, und weren dahingegen enormissime laedirt. Und wan
31
die uncatholische der mainung, daß sie nit schuldig, selbigen zu halten, so
32
wurden sie solches den catholischen mit fugen, sonderlich mit so großer
33
gefährlichkeit nit zumutthen konnen. Auch bey aufhebung deßelben die
34
catholische zu ihrem vorigen gehabten iure, deßen sie sich per contractum,
35
so lang er a parte contrahente gehalten [!], wiederumb tretten, und den
36
uncatholischen nichts gestendig sein konnten. Dieses argumentum hat
37
der Venetus wol apprehendirt, und billich zu sein erkandt, daß man den
38
Passawischen vertrag zwar beyderseits pro regula et norma halten muste.
39
Man würde aber zu mehrer versicherung der noch ubriger geistlicher gutter
40
und erhaltung des lieben friedens ein medium et temperamentum bey den
41
tractaten finden müßen. I. H. G. haben abermal deducirt, wie die
42
uncatholische so gar keinen abschied hielten, und indeme sie bey allen trac-
43
taten zu ihrem nutzen die catholische vervortheylten, und was versprochen,
44
nit observirten, würde mit mehrer nachgebung, alß in dem Paßawischen

[p. 185] [scan. 235]


1
vertrag erhalten, wol kein bestendigkeit des vergleichs zu hoffen sein [...].
2
So verhindern sie noch jetzt die im Prager Frieden vorbehaltenen päpst-
3
lichen
Provisionen in Magdeburg und Bremen. Es were ein gefehrliches und
4
unbestendiges weesen mit den uncatholischen, und fünden sich dabenebens
5
so gar unbilliche sachen in ihren postulatis, indeme sie bey dem cammer-
6
gericht beyder religion zugethane praesidenten und assessores in pari
7
numero begehren. Das hieße, dem jeweils zur Ernennung Berechtigten die
8
Nomination von Personen der anderen Religion zuzumuten. Der Vene-
9
tus hat den unfueg dieser praetension wol erkendt, und den protestirenden
10
hierinnen keinen beyfall geben. Weitter aber die anfrag gethan, nachdemal
11
nebenst dem religionweesen die Schwedische auf die general amnisti et
12
effectu suspensivo tollendo starck bestehen würden, wie man darauß
13
kommen möchte. Und alß I. H. G. ihme darauff berichtet, welcher
14
gestalt deßwegen bey dem zu Franckfurt gehaltenen deputationconvent
15
verscheidene consultationes vorgangen, und daruber Ihrer Kayserlichen
16
Majestät der stende guttachten eingeschickt, auch Ihrer Kayserlichen Maje-
17
stät erklehrung darauf willfahrig erfolgt, so wurde solches den frieden zue-
18
mal nicht hindern, wan nur der gegentheyl und eben die Hessisch- und
19
Schwedische, so umb die amnisti yederzeit so starck geruffen, was sie an-
20
dern abgenommen, auch wieder restituirten. Gestalt dan ia nichts billichers,
21
alß wan ahn seithen Ihrer Kayserlichen Majestät die amnistia cum resti-
22
tutione vollnzogen würde, daß der gegentheyl, was er sowol privatis alß
23
fursten genommen, ihnen auch wiederumb zukommen laße. Hatt der
24
Venetus bericht begert, ob ahn seitthen Ihrer Kayserlichen Majestät ein
25
aequivalens in puncto restitutionis vorhanden? Darauff I. H. G., was
26
beraitz mit dem herzogen von Wirtenberg vorgangen, auch mit Lunenburg
27
beschehen und Hessen versprochen

40
Der vom Prager Frieden ausgenommene Hg. Eberhard III. von Württemberg war 1638
41
restituiert worden, hatte dabei aber auf große Teile seines Landes, namentlich die württem-
42
bergischen Klöster, verzichten müssen; vgl. R. Philippe S. 23f. Aussöhnung der Welfen
43
mit dem Kaiser durch die Goslarer Verträge 1642 IV 19 (Druck: J. Dumont Suppl. II 1
44
S. 300ff). Zu Hessen-Kassel vgl. unten S. 288.
, angezeigt, und wieviele wurcklich,
28
welche gegen Ihre Kayserliche Majestät gediehnt und gröblich delinquirt,
29
dero genaden und amnistiae genoßen. Es hetten churfursten und stende des
30
reichs sowol bey lezterem reichstag zu Regenspurg, alß Franckfurterischen
31
deputationtag den herzogen von Braunschweig undt landgravin zu Hessen
32
verscheiden beweglich zuegeschrieben und erinnert, sie möchten die von
33
ihnen begerte vollige amnisti und deren effect mit vorenthaltung anderer
34
gütter selbsten nit remoriren, und zu den führenden klagten ursach geben.
35
Und wurde ratione amnistiae es bey Ihrer Kayserlichen Majestät feinden
36
stehen, daßelbig zu praestiren, was sie von andern begehrten; welcher bil-
37
lichkeit, wan man nachkehme, befünden I. H. G. dieses puncti halber keine
38
difficultet. Es ginge deroselben aber ein anderß zu gemuth, daß die
39
Calvinisten gedachten, in dem religionfrieden mit begriffen zu sein, hetten

[p. 186] [scan. 236]


1
solches mehrmaln gesucht undt nit erhalten. Solte es ihnen nun anietzo
2
gelingen, und die Schwedische, welche Lutherisch, auff ihre seitthen prin-
3
gen, wurden dieselbe ihres verstorbenen konigs dem landgraff Wilhelmen
4
von Hessen

40
Wilhelm V. von Hessen-Kassel (1602–1637), Lgf. 1627.
auf die Bitte um Einräumung von Kirchen in Frankfurt gegen
5
Geld gegebener andwort zumaln vergessen sein. Welche die geweßen, daß
6
er zu fortsezung der Calvinischen religion den krieg nit fuhrete, und wan
7
er wiste, daß den Calvinisten dadurch das geringste zuwachsen solt, lieber
8
wunschen thette, daß alle spitzen von den piequen seiner armaden in
9
seinem herzen stächen. Warauff der Venetianische, wan die Luttheri-
10
sche und Calvinische nit ainig, so weren sie dabey zue laßen. Welches
11
I. H. G. damit beandtworttet, in religionssachen weren sie zwarn uneinig
12
gnug, in uno tertio aber, die catholische zu vertreiben, und die geistliche
13
gutter und gefälle ahn sich zu ziehen, kehmen sie wol ubereins und hielten
14
steiff und fest zusammen. Vergebliche Waffenstillstandsangebote an Frank-
15
reich
. Contarini stimmt zu, daß er den Stillstand bey solchen tractaten
16
wol nöttig zu sein erachtete [...]. Und obwoln Ihre Kayserliche Majestät vor
17
diesem nit ungenaigt möchten gewesen sein, zweifflete er dannoch iezo deß-
18
wegen, daß der Torstensohn so weit in die erblanden hieneingangen, und
19
allda sich formirt hette; zuedeme wehren anderer interessenten inclinatio-
20
nes zu vernehmen. Wan man sich aber dißfalß einer intention kondte ver-
21
sicheren, alßdan noch was fruchtbarliches hierinnen zu negotiiren sein
22
möchte. Klage über mangelnde Geheimhaltung bei den Verhandlungen und
23
Zeitverlust durch die Relationen zwischen Münster und Osnabrück. Fehlen
24
eines Mediators in Osnabrück. Dieses lezter reassumirten I. H. G. und
25
vermeldeten, daß sie deßwegen auch schon von andern meldung gehort.
26
Und fragten dabey, ob er Venetus wol vermainte, daß die Schweden einen
27
catholischen pro mediatore annehmen würden. Sagt er mit wenigem, daß
28
ers eigentlich nit wüste. Vor diesem hetten sie sich zwar vernehmen laßen,
29
daß die res publica Veneta, oder einige chur- und fürsten des reichs zu der
30
Oßnabruckischen mediation kondte gebraucht werden. Frage der Heirat
31
der schwedischen Königin. Die von W angezogenen Verhandlungen mit
32
Brandenburg hält Contarini für so wenig aussichtsreich wie alle anderen,
33
vielmehr würden die schwedischen Großen jede Heirat zu verhindern
34
suchen, um den eigenen Einfluß zu vergrößern. Servien hat ihm angedeutet,
35
Königsmarck mit 5000, Turenne mit 1500 und die Hessen mit 4500 Mann
36
würden sich gegen die Bayern zusammentun.

37
1645 V 28
Sonntag Schickung an d’Avaux nach Osnabrück wegen
38
Beförderung der Sache Gehrde mit Gegenbericht auf die von den Ksl.
39
mitgeteilte schwedische Antwort

41
Anlage 81–82: Ad obiectiones ratione pastoratus Gerdensis (lt. Dorsalvermerk den
42
Schweden im Auftrag der ksl. Gesandten 1645 V 31 durch Heistermann übergeben). –
43
D’Avaux war 1645 V 2730 in Osnabrück.
[...].

[p. 187] [scan. 237]


1
1645 V 29
Montag Mitteilung Nassaus: Die Spanier sind nicht bereit,
2
Contarini als Mediator zur Verhütung von Präzedenzstreitigkeiten beim
3
Einzug Longuevilles den Vortritt zu lassen.

4
Reck bei Chigi. Gespräch mit Contarini. Beschluß der Lengericher Konfe-
5
renz
, wegen Behandlung der Gravamina nach Rom zu schreiben . Bei den
6
Verhandlungen in Kassel ist hessischerseits geäußert worden, Hessen müsse
7
Paderborn ganz oder zu einem guten Teil erhalten oder zumindest der
8
junge Landgraf zum Koadjutor angenommen werden; ferner ist eine
9
Entschädigung für die Kriegskosten und den erlittenen Schaden bean-
10
sprucht
worden. Chigi hofft, daß ihnen bey ietziger occasion durch die
11
Waffen die sachen etwas anderst explicirt und imprimirt würde. Und gar
12
wol erkandt, was wegen einfuhrung des Calvinismi und von ihnen prae-
13
tendirender restitution der Pfaltz dem gemeinen catholischen weesen
14
darahn gelegen, wan die Hessen recht möchten humiliirt werden.

15
Reck: Weigerung der Spanier, Contarini als Mediator die Präzedenz
16
zu lassen. Chigi: Auch Contarini hat gegen eine solche Neuerung
17
Bedenken. Hinsichtlich der von Contarini gegenüber W zur Sprache
18
gebrachten Mediation in Osnabrück heißt es, daß der Kaiser den Venetum
19
pro mediatore zu Oßnabruck anzunehmen nit ungeneigt sein solte, und
20
hette er das deziphrirte schreiben gesehen, daß solches der am Kayserlichen
21
hoff anwesender Franzosischer ambasciador [!] dem hiesigen advisirt. Es
22
hetten auch die Franzosische, anfenglich, wie sie vermerkt, daß die Kayser-
23
lichen ratione Dani keinen zu Oßnabruck gern zuelaßen wolten, damit sie
24
bey den Venetianeren einen widerwillen gegen die Kayserlichen verur-
25
sachen mogten, ime Veneto solche mediation zue Oßnabruck angetragen,
26
der sich aber bey deme, was vorgangen, notando artificium propositionis
27
factae pro prudentia sua gegen die Kayserlichen nichts alterirt. Jetzo wan
28
zue alsolcher mediation Ihre Kayserliche Majestätt inclinirten, würde eß
29
vermuttlich seinen vortgang haben. Und nachdemahlen die Frantzosen zu
30
Rom und Pariß sich dergestalt bezeigt, auch allerhandt reden alhier ver-
31
nemmen laßen, daß man nit wißen kan, ob sie mit Ihrer Pabstlichen Heilig-
32
keit auch zue rumpiren gedencken, und also ex ratione aliqua politica et
33
status, darauff sie vor allem ihr absehen gerichtet, die Pabstliche mediation
34
zu verwerffen gemeindt, so wurde auf solchen fall, wan sie die tractaten
35
nicht zugleich abrumpirten, der Venetus allein bey der mediation pleiben.
36
Fortsetzung des Gesprächs nach Besuch Contarinis und Serviens bei Chigi:
37
Servien, Rosenhane und Vulteius waren gestern länger bei Contarini; über
38
den Inhalt des Gesprächs läßt Chigi sich trotz mehrfacher Anregungen Recks
39
nicht aus. Contarini hat ihn zu einem Gespräch mit Servien allein zu
40
bewegen gesucht, doch hat er auf der Teilnahme des Mitmediators be-
41
standen
. Bericht Recks über das Gespräch W-Contarini hinsichtlich
42
der geistlichen Güter. Auf die Frage, ob Hoffnung auf baldige Vorlage

[p. 188] [scan. 238]


1
der französischen Proposition bestehe, antwortet Chigi: Kontte solches
2
nicht eigentlich wißen. Sie, die Frantzosen, berühmbten sich sonsten und
3
woltten den glimpff gehrn haben, alß wan sie die Schwedischen dahin
4
disponirten, daß sie in ihrer proposition die den catholischen so sehr nach-
5
theilige puncta und postulata vermiltteren mögtten, sollen auch vermeinen,
6
einige guette officia darin gethan zu haben. Und ob woll noch verschiedene
7
schwere sachen darin sein mögtten, so müste man sehen, wie solche bey dem
8
tractatu zu vergleichen. Erinnerung, auf Vermeidung von Präzedenz-
9
streitigkeiten
mit Venedig bedacht zu sein. Es hette der Venetus sich in dis-
10
cursu bey ihme vernehmen laßen, daß die Spanische ihr niterscheinen sich
11
zue keinem praeiudicio wolten angezogen haben, und ihre praetension
12
gegen die Frantzosen einen wegk wie den andern behaubtten. Er hette
13
seines theilß keine glegenheit auß der stadt zue ziehen, und einigen praetext
14
deßwegen zue nehmmen, den herren churfurstlichen manglete es deßwegen
15
ahn der gelegenheit nit. Und nachdemahln der thumbpropst bey dem herrn
16
nuncio wiederholet, wie hoch die herren churfürsten diese sach, und alles
17
waß ihnen zum praeiudicio gereichen kontte, apprehendirten, und verschie-
18
dener churfursten gesandten zur stelle, so hette er nuncius sich hierein sorg-
19
felttig zu sein bezeigt und gewünschet, daß man die curialia mitt dem ein-
20
holen niemahls, wie es vor seiner ankunfft bereits geschehen, hette ange-
21
fangen, und woltte gewißlich, wan er vor andern alhie gewesen wehre, sol-
22
ches verhindert haben.

23
1645 V 30
Dienstag [...]. Schreiben an die Mainzer: Erinnerung an
24
die Erklärung zu den in Lengerich mitgeteilten Punkten und an das neue
25
Konzept des brandenburgischen Reverses [...].

26
Schreiben des an d’Avaux nach Osnabrück geschickten Boten: D’Avaux
27
versprach energische Bemühungen wegen Gehrde. Bei Krane kamen auch
28
Störungen des katholischen Gottesdienstes durch die Stadt Osnabrück zur
29
Sprache.

30
1645 V 31
Mittwoch Mitteilung d’Avaux durch Préfontaines: Da er
31
vorerst in Münster bleiben soll und sein bisheriges Quartier für Longueville
32
umgebaut wird, bittet er um einige Domherrnkurien. W erklärt, hierin
33
nichts befehlen zu können, und verweist auf den Domdechanten

41
Bernhard von Malinckrodt.
, ist aber
34
zur Unterstützung bereit [...].

35
Auf Anfrage der Brandenburger versichert W, daß bei den Verhandlungen
36
nichts weiter vorgefallen sei. Über die Lengericher Konferenz hat man mit
37
ihnen noch nicht gesprochen, weil man das Mainzer Konzept erwartet, das
38
gestern angemahnt wurde. Auf die Frage nach dem Stand in Osnabrück
39
wird W mitgeteilt, die Proposition würde wohl erst nach den Feiertagen
40
übergeben werden. I. H. G. sagten hierzu, der feyertag zu erwartten,

[p. 189] [scan. 239]


1
were ein geringe zeit. Es were aber auch nach den feyertagen, wan man ahn
2
der gegenseithen damit noch lenger und in zwey, drey oder vier monat
3
umbgehen würde. Und kondte man deßhalber kein groß facit machen,
4
weiln sie den auff den 4. Dezember verglichenen terminum noch ihr seitter-
5
her offt beschehenes zusagen und sinceriren nicht gehalten.

6
Mitteilung Chigis: Servien deutet an, man erwarte mit nächster Post Reso-
7
lutionen aus Paris, dann solle Pfingsten oder unmittelbar danach die
8
Proposition übergeben werden.

9
Mitteilung an die Bayern: Heutige Gespräche. Contarini hat bei den
10
Bayern auch die baldige Übergabe der Proposition angekündigt [...].

11
1645 VI 1
Donnerstag [...]. Bericht des nach Osnabrück geschickten
12
Boten: Wie d’Avaux erklärt, ist Salvius wegen Gehrde zur Abhilfe bereit,
13
Oxenstierna erhebt Einwände. Die Ksl. wollen sich der Sache weiter anneh-
14
men.

15
Mitteilung Kranes: Auf Drängen der Mainzer und Brandenburger, die
16
Frage der Mediatstände zu verschieben, haben die Schweden erklärt, daß
17
sie die sach in bedencken ziehen, und sich also erklehren wolten, daß man
18
hoffentlich damit zufrieden sein wurde [...]. Und habe man nunmehr hoff-
19
nung, daß die proposition, seposita altera controversia, in der woch nach
20
pfingsten werde

38
20 heraußkommen] am Rande: an Bayern 1645 VI 2, an Köln 1645 VI 3
heraußkommen.

21
1645 VI 2
Freitag [...]. Deputierte der Stifter Münster, Paderborn
22
und des Herzogtums Westfalen bei W. Proposition Buschmanns in Militär-
23
fragen.

24
Schreiben der Mainzer 1645 VI 1

39
Anlage 83 85 (Mainzer Gesandte in Osnabrück an W 1645 VI 1 mit Beilagen): fehlt.
.

25
Ksl. bei W. Gutachten der Ksl. in Osnabrück zur Teilnahme der Stände mit
26
Gewährung des ius suffragii

40
Anlage 86: Protokoll der ksl. Gesandten Osnabrück 1645 V 26, 27 (Druck: J. G.
41
Meiern I S. 409 ff).
. Bitte um Stellungnahme Ws und der Bayern
27
[...].

28
1645 VI 3
Samstag [...]. W mit den Kölnern bei den Bayern. Mit-
29
teilung des Mainzer Schreibens und des Gesprächs mit den Ksl. Die
30
endgültige Antwort soll nach Pfingsten beschlossen werden.

31
Mitteilung an die Brandenburger; Mainzer Schreiben; nähere Informationen
32
darüber nach Pfingsten. In Abwesenheit Wittgensteins läßt Heiden sich
33
von den Dienern Exzellenz titulieren, worauf der Kölner Bote aber nicht
34
eingeht.

35
Warnung deshalb an die Bayern. Bei diesen hat Servien geäußert: Die
36
Proposition wird bald ausgeliefert, wegen der Gravamina muß den
37
Protestanten Satisfaktion gegeben und im Reich der Stand von 1618 wie-

[p. 190] [scan. 240]


1
derhergestellt werden; wegen der Reichsdeputation sollen die Stände sich
2
untereinander vergleichen.

3
[...].

4
1645 VI 5
Montag Chigi bei W. Die Franzosen wollen die Proposi-
5
tion ausliefern. Da Schweden die Religionsfragen zu den Verhandlungen
6
ziehen will, müssen sie darüber Bescheid einholen. W: 1. Calvinisti-
7
scher Gottesdienst in der katholischen Pfarrkirche in Linnich. 2. Drohende
8
Einräumung des bergischen Amtes Beyenburg an einen unkatholischen
9
Pfalzgrafen von Zweibrücken auf dem Weg der Schuldverschreibung.
10
3. Gehrde. 4. Behinderung des katholischen Gottesdienstes in der Stadt
11
Osnabrück anläßlich des Begräbnisses der Frau von Baar Witwe Stein-
12
hausen

36
Anlage 87: Exempla etlich verscheidener von den catholischen zu Osnabrugk nach den
37
catholischen caeremonien und gesängen zur zeit Ihr Furstlichen Gnaden Philipß Sigiß-
38
mundt hochseliger gedachtnus beschehener begrebnußen. Mit Zeugenaussagen protokol-
39
liert
1645 V 20/30 vor dem Notar Kapitelsekretär Johann Ohr.
. Chigi: 1. Er hat an Pfalz-Neuburg geschrieben, aber keine
13
Antwort erhalten, und es bei den Franzosen angebracht. 2. Auf Schreiben
14
an die Brüder Walenburch

40
Adrian van Walenburch (1609–1669), Weihbf. von Köln 1661; Peter van Walenburch
41
(1610–1675), Weihbf. von Mainz 1656, von Köln 1669. Vgl. H. Wamper.
hat er die Antwort erhalten, die Absicht sei
15
aufgegeben, auch würde Pfalz-Neuburg sich auf jeden Fall die Religions-
16
hoheit vorbehalten haben. Verspricht zu 3. und 4. weitere Bemühungen.

17
Bericht Ws über das Gespräch mit Contarini, Chigi: Beschwerden
18
Serviens über eine angebliche Schrift Volmars [...]. Da d’Avaux endgültig
19
bleibt und auch Longueville bald kommen soll, würde die differentz in
20
publicis zwischen ihnen und dem Servient sich baldt hinleggen oder doch
21
der d’Avaux mitt dem Longeville sich leicht vergleichen, und alßdan der
22
Servient vermögh der plenipotentz sich werde accomodiren müeßen. [...].
23
Treffen mit Volmar vor der Stadt. Schriftwechsel Volmar-Servien

42
Anlage 88: Französische Zusammenfassung der durch die Mediatoren mündlich übermittel-
43
ten Antwort der Ksl. mit Korrekturen Volmars (Druck: J. G. Meiern I S. 386 f, 387f).
. Tref-
24
fen
Volmar-d’Avaux in der Kapuzinerkirche. Auf die Frage, wie es mit
25
Venedig beim bevorstehenden Einzug des Bischofs von Herzogenbusch zu
26
halten sei, antwortet Volmar, solches wurden die herren churfürstlichen zu
27
sehen haben. W: Die churfürstlichen, sonderlich weilen ihrer aniezo
28
hier so viel, wurden sich bey ihrem rechte und possession wol manuteniren
29
konnen, allein seye die frag, wie es mit gutem glimpff und ohne disgusto
30
geschehen könne. Worauff er, daß man auff mittel gedencken müße.

31
I. H. G.: Ahn seitthen der churfürstlichen habe man ein mittel vorge-
32
schlagen, wie er sich zu erinnern wiß, es scheine aber nit daß es vom
33
graffen von Naßaw, wie auch den Spanischen eingangen werden solle.

34
Eben darumb, sagt er, mueste man auf was anderß gedencken. I. H.
35
G.: Daß man ahn seithen der herren churfursten den vorschlag gethan,

[p. 191] [scan. 241]


1
weilen er aber, wie gedacht, nit annehmblich gewest, so erwartte man von
2
den herren Kayserlichen, wie billich, einen andern, umb soviel mehr, weilen
3
Ihre Mayestät ihnen gesandten instruction und befelch geben, dahin zu
4
sehen, daß alle disgusti und unwillen zwischen den herren churfursten und
5
dem Venetianischen gesandten verhuttet werden mochten, also wie gedacht,
6
man von ihnen ein temperamentum erwartten, oder sich seines iuris und
7
possession werde gebrauchen wollen. Warauff er allein per generalia
8
geandtworttet, daß man den sachen nachdencken müße [...].

9
1645 VI 6
Dienstag Guardian der Observanten

40
Wohl P. Leonhard Helm OFM (gest. 1664), Beichtvater Bergaignes (vgl. APW [III A 1,1 S. 221 Anm. 1] ).
bei W: Übergabe
10
einer Mitteilung des Bischofs von Herzogenbusch bezüglich seiner Ankunft
11
in Lüdinghausen

42
Anlage 89: Bergaigne an W 1645 VI 5.
. Der Bischof hat inkognito einziehen wollen, doch halten
12
andere Gesandte das als unvereinbar mit der Reputation Spaniens. W:
13
Ein öffentlicher Einzug widerspricht der dem Kurfürsten von Köln gegebe-
14
nen
Zusage [...] und wurde es nun solchen falß under den churfurstlichen
15
und Venetianischen gesandten große difficulteten und disgusto abgeben,
16
sonderlich wan die sachen dergestalt eylendts fur die hand genommen, und
17
keine zeit zur concertation, oder auf ein remedium zu gedencken, gegeben
18
wurde. Und möchte gar gut sein, wan er nit allein bemelten bischoffen,
19
sondern auch aniezo alßpald dem Savedra von deme, was I. H. G. mit ihme
20
dißhalber geredet, andeuttung gethan, und benebens vermeldt hette, daß
21
die churfürstlichen gesandten anderst nit dafur hielten, alß daß die anhero-
22
kombst all incognito und ohne vorgehende notification geschehen solt,
23
gestalt auch bey I. H. G. sowol alß der herren Churbayer- und Branden-
24
burgischen hereinbegebung keine intimatio vorgangen, allein zu dem end,
25
daß die Spanier soviel die unwissenheit sich endschuldigen konnen, warauß
26
dan schier erfolgt, und es ahn dem gewesen, daß derentwegen die Franzo-
27
sische den Churbayerischen nit endgegenschicken wollen, dahero hinwieder
28
billich were, daß endweder die ankunfft in der stille, und absque notifica-
29
tiones geschehe, oder aber doch solang verschoben pliebe, biß man sich eines
30
gewissen temperamenti verglichen [...]

43
Anlage 90: W an Bergaigne 1645 VI 6.
.

31
Konferenz der Deputierten der westfälischen Stifter mit W. Das Ergebnis
32
soll Kurköln und Geleen zugestellt werden.

33
W bei Servien. Baldige Herausgabe der Propositionen. Was die Schwe-
34
dische proposition anlangete, da forchteten I. H. G. wol, selbige werde also
35
bewand sein, daß man den pactum erst recht werde formiren, und viel
36
materi davon wegwerffen mußen. Mit den Franzoßen werden die sachen,
37
soviel das reich concerniren thut, leicht voreinander zu pringen sein, wan
38
sie allein bey denen bißherzu allezeit vorgebenen fundamentis verpleiben
39
wollen, da dan mit denselben der reichsstende, und sonderlich der catho-

[p. 192] [scan. 242]


1
lischen intention einstimmig ist, alß 1. daß ein Romischer Kayser die
2
capitulationes und reichsconstitutiones halten, 2. die chur-, fursten und
3
stende bey ihrer libertet und privilegien verpleiben laßen, 3. in integrum
4
restituirt werden, 4. die catholische religion nit undertrucken, sondern iuxta
5
regulas des Paßawischen vertrags und reichssatzungen eingericht, und
6
manutenirt, 5. mitt allen benachbarten konigen und potentaten gute corre-
7
spondenz, nachparschafft, traffiquen gehalten werden, und kein theyl den
8
andern inskunfftig offendiren oder belaidigen solle, also der fried zwischen
9
den Franzosen und dem reich ihrer selbstaigenen bekendnus nach, leicht zu
10
treffen. Worauf er, daß nicht ohne, ihre intention eben dieße zu sein,
11
es seye aber noch ein punctus, nemblich recompensae, außgelassen, den sie
12
billich zue praetendiren hetten. I. H. G.: Die recompensae werden ge-
13
geben, propter servitia vel bene merita, es konten aber sich die stende im
14
reich, sonderlich aber die catholische gar nit berühmen, daß sie solche von
15
den Franzosen empfangen. Worauf er alsobalden, sie weren diener des
16
Kaysers, hetten aber sonsten bey dem reich und den stenden ein großes
17
meritum eingelegt, in dem sie denselben ihre liberet, welche ganz under-
18
truckt werden wollen, erhalten thetten. I. H. G.: Wo die waffen
19
Franzosische sowol alß Schwedische sich befinden, konten sich deßen die
20
stende noch schlechtlich berühmen, und dahero weniger einiger obligation
21
zur recompens gestendig sein. Er: Churbayern seye ein verstendiger
22
herr, thette aber wol nichts umbsonst, der Kayser muße ihme alle unkosten
23
und gelaistete diensten wol bezahlen, maßen er ihn dan gar auß sein erb-
24
landen das ländl ob der Ens verschreiben, und nach der hand zur recom-
25
penz die Pfaltz geben mußen. I. H. G.: Maximam esse disparitatem
26
rationis, von Ihrer Mayestät seye Churbayern ersucht, und contractus
27
zwischen beyden vorgangen, auch die vorgeschossene gelder durch ordent-
28
liche rechnungen liquidirt, die wie billich erstattet werden müßen. Wir die
29
stende aber hingegen hetten sie die Franzoßen gar nit geruffen, weniger
30
etwas mit ihnen contrahirt, dahero unß mit fugen keine schuldigkeit aufge-
31
trungen oder mit fuegen etwaz praetendirt werden kondte. Er: Franck-
32
reich werdts auch umbsonst nit wollen gethan, sondern eine billichmeßige
33
recompenz haben, zudem so hette der Schwaebische und Frankische craiß
34
neben andern mit ihnen contrahirt

41
Gemeint wohl der Paris 1634 X 22 formulierte und XI 1 von einem Teil der Mitglieder
42
des Heilbronner Bundes ratifizierte Vertrag zwischen Frankreich, Schweden und den
43
protestantischen Bundesständen (Druck: Sverges Traktater V 2 S. 246, J. G.
44
Dumont VI 1 S. 79), vgl. auch J. Kretzmar III S. 21ff.
. I. H. G.: So hetten sie allein an die
35
vorgebene contrahenten die anspruch zu stellen; das reich seye dergestalt be-
36
wandt, daß weilen die Franzosen vermuthlich hohen [!] praetensiones wer-
37
den machen, ihme solches nit thunlich fallen werde, und wan man das reich
38
dergestalt rupffen wolte, würde es eine schlechte gestalt und ansehen
39
gewinnen. Er: Es pflechten die haar wieder zu wachsen. I. H. G.:
40
Wan die wurtzel mitgingen, schwerlich oder gar nit. Er: Es wurde dem

[p. 193] [scan. 243]


1
reich selbst zum besten kommen, mann soll nur ein exempel von Italia neh-
2
men, da vor diesen die Spanier, was nur zu Meyland gedacht und geschlos-
3
sen, den fürsten gleichsamb ex lege dictirt und anbefohlen, jetzt aber,
4
seitther die Franzosen Pignerola hetten, und sich die Spanier beforchten
5
musten, daß ein oder ander furst bey ihnen den Franzosen schutz suchen
6
wurd, werden die fursten von den Spaniern so gelind, und in debito
7
respectu tractirt und gehalten, daß was sie haben wolten, nit mehr wie vor,
8
alß dictatores, sondern per legationes gebuhrend gesucht und gebetten
9
wurde. Alß muste es auch in Teutschland geschehen, dan die Spanier
10
einmal nit ruhig sein kondten, sie wurden allezeit dießen Kayser zu ihren
11
consiliis und intentionibus ziehen, und seine authoritet mißbrauchen, imma-
12
ßen man solches mit dem Mantuanischen krieg gesehen, in deme die restitu-
13
tion eines und des andern platzes zwischen Franckreich und Spanien albe-
14
rait geschlossen gewest, folgendts aber sie zuewegen gepracht, daß etliche
15
Kayserliche volcker in Italia kommen, und gesagt, der Kayser habe gegen
16
Mantua andere actiones, also in nahmen deßelben contra concordata einen
17
newen krieg erweckt, dergleichen sie eben auch in Teutschland mit den
18
stenden gegen die außlendische thun konten, dahero das sicherst und beste,
19
daß Franckreich eine pforten in Teutschland behielte, damit die oppressi zu
20
denselben ihr refugium, gleich die fursten in Italia, haben kondten.

21
I. H. G.: Von den Italianischen sachen hetten sie eben so keine nach-
22
richt, daß aber sey gewiß, daß die Franzosen von der Spanier machina-
23
tionibus gegen das reich, und der stende dependentz sich weit mehrers ein-
24
bildeten, alß ahn ihm selber were. Zu dem bedorffte sichs einer pforten in
25
Teutschland gar nit, zumalen das Romische reich gegen Franckreich ganz
26
offen, und man darauß ins stifft Luttig, 2. durch Lottringen oben her,
27
3. im erzstifft Tryer, 4. in die Niederlanden, 5. auch in Elsaß selbst, so offt
28
man woll, leichtlich kommen kondte. Er: Sie hielten das rechte reich in
29
Teutschland dießseits des Reins zu sein, und mußen sie also einen paß uber
30
den Rhein haben: I. H. G.: Man werde zwar anhoren mußen, was sie
31
proponiren, besorgten aber, es werde nit ein jeder was er begert bekommen,
32
das meiste sey, wie man die religion conservir und stabilir. 2. Er Ser-
33
vient meldete, wie man verspuhre, werde diß ein schwerer punct sein, den
34
die Schweden starck urgiren thetten, dagegen sie sich biß dato sehr bemuhet,
35
und darumb die proposition so viel lenger verschoben werden müßen; sie
36
hetten den Schweden viele sachen außm kopff gered, und in specie wegen
37
des geistlichen vorbehalts die sachen so weit gebracht, daß sie davon zuver-
38
sichtlich keine mention, weder in der proposition noch bey den tractaten,
39
thun wurden, mit begeren, I. H. G. ihme dießen punctum was mehrers
40
expliciren wolten, was der geistliche vorbehalt eigentlich seye. Welches sie
41
gethan, und dabey die große inconvenientien, die auß der auffhebung end-
42
stehen wurden, mit mehreren angedeuttet. Welches er wol capirt, und ver-
43
meldet, daß deßhalber wol nichts nachgeben werden solt, wie sie dan
44
sowohl darin, alß sonsten in allen andern die religion bester gestalt manute-

[p. 194] [scan. 244]


1
niren, und dagegen directe nichts zulaßen wolten, allein hette der Kayser
2
mit dem Prager schluß ein großes praeiudicium gemacht, und den uncatho-
3
lischen so viel nachgeben, welches sie Franzosen in ewigkeit nit wurden
4
gethan haben. Worauff I. H. G., was die geistliche stiffter und religi-
5
onssachen anlangen thette, were nichts vergeben oder bewilliget, sondern
6
allein ad interim und zu fernerm vergleich außgestelt. Er: Eben diß
7
were, wovon die uncatholische anlaß und ursach nehmen wurden, weitters
8
zue praetendiren. 3. Fragte demnegst 3. was es mit I. H. G. stifftern fur
9
eine bewandtnus habe. W: Übersicht über die Osnabrücker Bischöfe,
10
von denen seit 1539 Franz von Waldeck

37
Franz von Waldeck (um 1491–1553), Bf. von Minden 1530, Bf. von Osnabrück und
38
Münster 1532.
zeitweise, sein zweiter Nachfolger
11
Bernhard von Waldeck

39
Bernhard von Waldeck (1561–1591), Bf. von Osnabrück 1585.
zu Ende seiner Regierung abgefallen und dessen
12
Nachfolger Philipp Sigismund protestantisch gewesen sei, während das
13
Kapitel immer katholisch blieb. Diesem könne, auch wenn 1618 der Bischof
14
protestantisch war, das freie Wahlrecht nicht bestritten werden. Das habe
15
auch Dänemark anerkannt, indem es nach erfolgter Wahl Ws nur noch die
16
Koadjutorie des Prinzen Friedrich durchgesetzt habe, die jedoch als er-
17
zwungen
nichtig sei, auch wenn der im Lübecker Frieden ausgesprochene
18
Verzicht wegen der damaligen Minderjährigkeit des Prinzen angefochten
19
würde

40
Zu der nach dem Einmarsch Christians IV. im März 1626 erzwungenen Koadjutorwahl
41
Friedrichs vgl. B. A. Goldschmidt S. 15f.
. Gefahr einer dänischen Machtposition mit Verden, Bremen,
20
Halberstadt und Minden

42
In Halberstadt war, nachdem Christian von Braunschweig 1623 zugunsten Friedrichs
43
zurückgetreten war, zwar der Administrator von Magdeburg, Christian Wilhelm von
44
Brandenburg, vom Kapitel als Nachfolger angenommen, Friedrich aber 1624 X 3 zum
45
Koadjutor gewählt worden. Vgl. M. Ritter III S. 251, 258f.
. Servien: Es habe dergleichen discurß auch
21
noch unlengst Salvius mit ihme gehabt, daß man nit zuzulaßen, daß der
22
konig von Dennemarck solche stifft und landen vom reich acquirire, in
23
betracht, daß dadurch er so potente werden kondte, daß er mit der zeit
24
Lubeck und Hamburg und consequenter dem reich und benachbarten große
25
handel machen kondt. W: Auch in Minden ist er durch das katholische
26
Kapitel rechtmäßig gewählt, in Verden sind seine Ansprüche durch den
27
Prager Frieden bestätigt worden. Worauff der Servient, sie wurden ihr
28
eußerist thun, und nicht nachlaßen, biß den catholischen dise stiffter resti-
29
tuirt. 4. Sagte der Servient, nachdem I. H. G. des Paßawer vertrags
30
meldung gehabt, er fercht es werde der gegentheyl beym Passauer schluß
31
nit halten wollen. Worauff I. H. G., sie kondten nit verstehen, daß biß
32
dato sowol die Franzosen alß uncatholische den Prager schluß yedßmalß so
33
hoch impugnirt; wan derselb solte auffgehoben werden, wie er dan nur,
34
soviel die religionssachen anlangete, ad interim und auf 40 iahr lang
35
gesetzt, muße nothwendig der Paßawer vertrag in suo vigore gelaßen, und
36
die consilia und tractaten darnach dirigirt werden, man wolle dan alles

[p. 195] [scan. 245]


1
uber ein hauffen stoßen, und noch mehrer uneinigkeit, confusion, und müh-
2
samere tractatus erwecken. Er gedacht, die uncatholische beschwerden
3
sich bey ihnen sowol alß den Schweden, wie sie so gar von den catholischen
4
im Reich undertruckt wurden. I. H. G.: Deßen hetten wir catholische
5
unß billicher zue beklagen. Alle Verstöße gegen den Passauer Vertrag
6
gehen zu Lasten der Katholiken. In den meisten katholischen Gebieten
7
werden die Protestanten geduldet, umgekehrt nicht. Die Calvinisten sollen
8
bei den Friedensverhandlungen ihre Anerkennung durchzusetzen bemüht
9
sein. Servien: Daß ers gar wol wüste, womit sie umbgingen, muste aber
10
nit sein, weilen sie vom reich vorhin nit erkend worden. I. H. G.: Desto
11
weniger ursach hette man den pfalzgraffen zu der dignitet und allen seinen
12
landen gleich wie zuvor kommen zu laßen, weiln eben er [...] sehr große
13
correspondenz mit den Hugenotten in Franckreich gegen den konig gehal-
14
ten, ja was fur confoederationes und consilia in hoc passu durch sein pfalz-
15
gravs mittel under den Hugenotten allda und Calvinisten im Romischen
16
reich gefuhrt worden. Und sey wol gewiß, wan Franckreich die Hugenot-
17
ten dergestalt nit domirt [...] daß er diesen krieg außer landes nit hette
18
tentiren dörffen, weniger fuhren konnen, welches er also wahr zu sein be-
19
khend. Wan auch der pfalzgraff und voriger churfurst bey seinem land
20
und stand geplieben, wurden sie dergestalt die Hugenotten nit bezwingen
21
haben konnen, also nun die catholische im reich gern werden sehen wollen,
22
ob sie denselben, was sie in ihrem konigreich selbst nit guttbefinden, aufzu-
23
tringen, ja ihnen Franzosen dadurch selbst mehrer gefahr uber den halß zu
24
ziehen gedencken werden. Welches alles er also beschaffen concedirt,
25
und dabey asseverirt, daß ahn seithen Franckreich man den Calvinisten im
26
geringsten nit favorisiren, noch auch, daß den Lutherischen mehrers einge-
27
raumbt gestatten wurden, maßen sie deßen expresse befelcht weren. 5. Und
28
eben dießes puncten halber stunden sie sehr ahn, mit wehme sie vertrewlich
29
kondten communiciren, mit den Kayserlichen zu thun, hetten sie darumb
30
groß bedenckens, daß selbige mit den Spaniern gar zuviel umbgingen, und
31
ohn dieselbe nichts thetten, hingegen die Spanische nichts alß diffidentz
32
zwischen ihn und ihren alliirten zu stifften sucheten, also sie benottiget,
33
alles mit ihren colligatis zue communiciren, und gegen andere sich nit
34
expectoriren dörffen. Er verhoffe nit, daß I. H. G. und Churbayerische
35
dergleichen correspondenz mit den Spaniern haben werden, kondten auch
36
dem churfursten zu Mainz, alß welcher gar zu gut Spanisch, umb desto
37
weniger trawen. I. H. G. Es seye niemandts, alß sie selbst hieran schul-
38
dig, indem sie denselben, wie auch alle andere stende beruffen, also under
39
so viellen nichts in secreto und der eng werde konnen gehalten, sondern
40
alles einem yeden communicirt werden muße. Worauf er, würden
41
gleichwol nit underlaßen in causis religionis die mit I. H. G. und den herren
42
Churbayerischen angefangene correspondenz und communicationes zu con-
43
tinuiren, inmaßen dan seine konigin in diesen eine sonderbare confidenz
44
habe. I. H. G. erwehneten, daß wenigers nit Churcölln und

[p. 196] [scan. 246]


1
Churbayern zu der königin und allen hohen ministris sonderlich in puncto
2
religionis eine große confidentz trugen, und were anietzo gute occasion ge-
3
west, alß Churbayerns confessarius

40
P. Johann Vervaux SJ.
nacher Pariß geschickt, daß man sich
4
pro bono publico in eine vertrewliche correspondentz zu solchem ende soli-
5
diren konnen, es were aber, wie sie berichtet, der ihme patern gegebene ab-
6
schied also geschwind und sine resolutione fundamentali gefallen, daß diese
7
gute gelegenheit zerunnen. Er. Der confessionarius seye so unhöfflich
8
und ohne resolution nit abgefertiget, sondern wer ihme genugsamb con-
9
testirtt, wie angenehm solche schickung gewesen, man habe ihn aber in
10
Paris nicht länger gelassen, weil Castel Rodrigo bei Oranien

41
Friedrich Heinrich Nassau-Dillenburg (1584 1647), Prinz von Oranien, Generalkapitän
42
der Vereinigten Niederlande 1625.
den Verdacht
11
zu erwecken suchte, Frankreich verhandle durch ihn hinter dem Rücken
12
seiner Verbündeten über den Frieden im Reich. Deshalb sei alles nach
13
Münster gewiesen, wo die Gesandten mit W und den Bayern verhandeln
14
könnten. Als W erklärt, er wisse über die Resolution für Vervaux nicht
15
mehr als die Bayern auch Servien mitgeteilt haben werden, antwortet Servien
16
verwundert [...] daß er von den Churbayerischen eben deßgleichen ver-
17
nommen hette, dahero dan ihre commission zuruckgeplieben, sintemalen sie
18
von hoff auß befelcht seyen, mit niemanden von des Churbayerischen
19
abgeordneten zue Pariß gethanen anpringen und empfangenen andwortt
20
zue communiciren, alß welcher zuvor davon auß Churbayerns bestendigen
21
bericht wissenschaft hette. 6. Vermeldete Servient, Churbayern seye ein
22
alter verstendiger herr, deme er ein langes leben gonnet und wünschte, er
23
were aber ein mensch, wan er ableibig werden solt, würde der Kayser und
24
das hauß Osterreich die tutel sich undernehmen, und dahero gleichsamb ein
25
ding mit Osterreich werden, biß der iezige churprintz

43
Ferdinand Maria von Bayern (1636–1679), Kurfürst 1651.
heran wachse, und
26
gebe diß auch in einem und andern billich nachdencken. W verweist
27
darauf, daß zunächst die beiden noch lebenden Brüder Maximilians

44
Kf. Ferdinand von Köln und Hg. Albrecht (1584–1666), Lgf. von Leuchtenberg 1646.
für
28
die Vormundschaft in Frage kämem. Wobey er sich angehen laßen, als
29
wan er von Ihrer Durchlaucht herzog Albrechten, daß sie im leben, nicht
30
gewist hette. Und nahme darmit hiervon einen absprung. Und subiungirte
31
7., es seye viel, daß Churbayern dergestalt gegen die Franzosen mit seinem
32
exercitu sich feindlich bezeigte, die Franzosische armada hette sich mit fleiß
33
auff die lincke seithen gegen Francken gezogen, was ihm in Osnabrück von
34
Schweden und Hessen vorgeworfen worden ist. I. H. G.: Ob und was
35
die Hessen und Schweden gesagt haben mögen, stunde dahin, es seye aber
36
die ordinanz, welche, wie sie vernehmen der Tourraine gehabt, anderst
37
beschaffen gewest, indeme er recta in Bayern zu gehen, expreßlich befelcht
38
were; zudem hetten sich die Franzosen ins land zue Francken, welches ein
39
Churbayerisches quartier, gezogen, welches ebensoviel, alß wan man eine

[p. 197] [scan. 247]


1
vestung wurcklich belegerte. Und werde also Churbayern von niemandts
2
verstendigen oder unpaßionirten verüblet werden konnen, daß sie des ersten
3
streichs nit erwartten wollen. Zurückweisung der Behauptung, die französi-
4
schen
Gefangenen würden in Bayern schlecht behandelt. 8. Servient:
5
Die rencontre habe sich eben zugetragen, alß sie Franzosische mit den
6
Schwedischen und Hessischen Churbayerns interesse wegen geredet und
7
gehandlet hetten, und daßelbe befurderen wollen. I. H. G.: Hette man
8
sich ex parte Franckreich zu einem armistitio schon lengst verstehen wol-
9
len, wurde dieße occasio vermitten plieben sein. Er: Es were zu wun-
10
schen, daß man einen frieden treffen thette. I. H. G.: Solches stunde
11
auch allein bey ihnen, gestalt sie denßelben, und viel gutes, durch von
12
einer zeit zur andern so lang aufgezogene proposition verhindert hetten.
13
Kf. Maximilian hat gegenüber ihm und Kurköln versichert, daß er unerach-
14
tet
des Sieges auch beim Kaiser weiter auf den Frieden dränge. Servien:
15
Gleichergestalt seyen sie befelcht, damit es das ansehen nit habe, alß wol-
16
ten sie nur nach dießem unglucklichen rencontre auff revange wartten,
17
sondern sie mit der proposition verfahren solten, maßen ehester tagen
18
geschehen werde. 10. Alß I. H. G. occasione propositionis abermaln de
19
religione erwehnung gethan, sagte der Servient, sie wolten alles beßer pro
20
catholicis beobachten, alß die Spanier selbst, die umb ihres interesse willen
21
die religion nit ansehen, sondern allein fur einen mantel gebraucheten,
22
maßen sich solches in der Veldlin außgewiesen. Die Franzosen haben im
23
Veltliner Frieden

39
Die Franzosen, die nach dem Sieg Rohans bei Morbegno 1635 XI 10 ihre Herrschaft im
40
Veltlin durch die Artikel von Chiavenna 1636 II 7 eingerichtet hatten, wurden durch
41
eine von Habsburg unterstützte Erhebung 1637 III 19 vertrieben. Darauf bestätigte
42
Habsburg im Ewigen Frieden 1639 IX 3 die Rückkehr des Veltlin unter die Herrschaft
43
Graubündens, doch blieben dabei Bedingungen zur Sicherung des katholischen
44
Charakters des Veltlin zunächst bestehen.
die Religion vorbehalten, die Spanier die Graubündener
24
durch Nachgeben in diesem Punkt zu gewinnen gesucht, wodurch verschie-
25
dene
Klöster verlorengegangen sind [...]. 11. Den Spaniern seye einmal
26
zum frieden kein ernst, dan sie mit solchem phlegma und mactation pro-
27
cedirten. Vor dießem wisse man, wie bald in anderen occasionen, da die
28
Spanier die oberhand gehabt, die Franzosen den frieden so instendig
29
gesuecht und firderlich geschlossen, ietzt da sie underschidliche landen ver-
30
lohren, wie sie den frieden begehrten, wiste man gar wol, daß sie auf eine
31
rivolta in Franckreich ziehlen und wartten thetten, zu deren anstifftung
32
auch sich nit wenig befleissten, es würden sie sich aber darinnen wie biß
33
dato betrogen finden, dan nachdem die Hugenotten gedempft, und ein
34
anderer modus regnandi im konigreich angerichtet, hab man sich derglei-
35
chen sobald nit zu befahren, under dießer hoffnung aber die Spanier noch
36
wol ein und andern platz verliehren kondten. I. H. G.: Es seye zu
37
erbarmen, daß wir christen und catholische dergestalt uneins underein-
38
ander seind. Darauff Servient, daß eben diß sey, und haffte nur dar-

[p. 198] [scan. 248]


1
ahn, daß die Spanier den frieden mit beßerem ernst begehren und befurde-
2
ren solten; umb soviel mehr, weilen das hauß Osterreich wegen des Turcken
3
in Ungarn, Sicilien und der orth die erste gefahr außzustehen habe. Wan
4
der fried getroffen, kondten die Christen ahn beyden orth zusammen halten,
5
und dem erbfeind desto kräfftiger resistiren. 12. Dießem nach fing der
6
Servient selbst ahn des churfursten von Tryer zu gedencken, und zu fragen,
7
wo er sich auffhielte. Und andwortteten I. H. G. sie vermainten mit
8
negster post zu bekommen, daß er zu Munchen, allwohin er von Chur-
9
bayern gar freundlich eingeladen, angelangt sein werde. Und nachdeme
10
nun er Servient sich zu erinnern haben wurde, daß gegen I. H. G. er iungst
11
gemeldet, ob weren die herrn churfursten ahn seiner lengeren detention
12
schuldig, sie ihme damalen das contrarium remonstrirt, seitther nun hab
13
mans klärlich gnug gesehen, indeme der churfurst selbst contestirn, und
14
Ihrer Kayserliche Maiestät pro motivo ubergeben, daß Churcollen, Bayern
15
und Brandenburg sein [!] liberation nit zugegen, sondern dieselbe lieber
16
befurdert sehen wolten; daß also durch diß ihme Servient ungleich besche-
17
hene information, den herren churfursten diese imputation ungleich zuge-
18
zogen. Er beandwort dieses allein mit wenigem, daß es wahr, ihme aber
19
anfangs der bericht geschehen seye. Darumb dan, sagten I. H. G.,
20
möchte er ihro und anderen aufrichtigen Teutschen, maßen sie hiebevor
21
offters gesagt, in dießem und anderen balder glauben und trawen, alß
22
denen unruhigen leuthen, die nur diffidentz und zweyspalt zu machen ge-
23
dächten. Auf Bitten Ws sagt Servien weitere Bemühungen wegen
24
Gehrde und eines Passes für den Paderborner Weihbischof zur Vornahme
25
bischöflicher Funktionen im Stift Hildesheim zu.

26
Bayern bei W. Beratung mit Reck, Landsberg, Buschmann über das
27
Mainzer Schreiben. Die Bayern meinen, da wegen Geleitung der Mediat-
28
stände
die Schweden sich erklehrt, negst beyseitssezung solch ihrer
29
praetension die proposition zu thun, daß mans damit anstehen zu laßen,
30
und demnegst, wan weitters davon movirt werden solt, alßdan die
31
iungsthin bedachte rationes zu opponiren, und zu sehen, wie weitt es zu
32
pringen sein werde. Die Zulassung der Mediatstände cum iure suffragii,
33
seye ein petitum contra constitutiones imperii et diversa conclusa, zumalen
34
nur drey comitiorum generalium im reich gebrauchig, und die reichsdepu-
35
tation, welche die außwertige cronen und protestirende reichsstende
36
selbsten also starck urgiret, zwischen Ihrer Kayserlichen Maiestät und den
37
deputirten stenden zu Franckfurt anhero verglichen, dabey mans zu laßen,
38
und die Churbrandenburgischen, daß sie die fürstlichen abgesandten von
39
solch ihrem suchen glimpflich divertiren wolten, zu erpitten. Maßen sie
40
doch yedeßmalß bey den auß selbigem craiß deputirten Abgesandten sich
41
angeben, und ihre notturfft vorpringen laßen kondten. Daß die Chur-
42
mainz- und Brandenburgische difficultiren, vorgeschlagener maßen das
43
officium mediationis zu suppliren, ruhre daher, daß sie das werck anderst,
44
und pro formali interpositione nehmen, da es andere mainung nit gehabt,

[p. 199] [scan. 249]


1
alß daß einer auß den gesandschafften, auch wol ein secretarius die bericht
2
und gegenbericht hin und wieder pringen, und allein pro referendario et
3
internuncio sich gebrauchen laßen solle, dahero man ihnen die intention
4
was beßer zu expliciren, imgleichen auch die inconvenientien, so auß
5
verlegung der tractaten ad unum locum, und sonderlich aber, wan man erst
6
einen reichstag vergleichen und ausschreiben solt, umstendlich zu remon-
7
striren, mit andeutten, daß dergleichen von den Schwedischen und prote-
8
stirenden stenden vorpringenden postulatis nit sobald gehor zu geben. Den
9
Kurfürstlichen den Exzellenztitel zu verweigern, hätten die Fürstlichen so-
10
viel weniger fug, weilen ihnen daßelb sowohl die Kayserliche alß der cro-
11
nen gesandten attribuirten, und seyen sie dahin expreßlich instruirt, die-
12
jenige, welche sich darin sperren wurden, zur visita nicht zu admittiren.
13
Wegen der Präzedenzstreitigkeit mit Venedig sei von den Ksl., nachdem sie
14
den letzten Vorschlag abgelehnt haben, ein ander expediens zue begehren,
15
wan sich aber keines wolte finden, seyen sie von ihrem gnädigsten herrn
16
gemeßen instruirt, alßdan kein praeiudicium vorgehen zu laßen, sondern
17
bey der possession gegen den Venetianischen sich bestens zu manuteniren.
18
Mitteilung eines Schreibens Kf. Maximilians 1645 V 24. Nach Beratung
19
der Kölner stimmt W dem bayerischen Votum zu, insonderheitt aber den
20
Churmaintzischen wegen translation der tractaten ad unum locum, oder
21
eines reichstages woll zue inculciren, waß nemblich darzue für große zeitt,
22
iah woll eines gantzen jahrs langh gehören wolle. Daß der von Löwen bey
23
den Churmaintzischen nadifragh zu haben, ob sie ahn hiesige Churcolln-
24
und Bayerische gesandtschafften gewießen, da wiße man woll, daß jedder
25
seine instruction für sich, aber keine dependetz insoweith von einander hab,
26
gleichwoll aber, wie im churfürstlichen collegio herkohmmens, nöthig sein
27
werde, über die vorfallende puncta daß negotium pacis betreffendt, unter-
28
einander zue communiciren, und sich einer meinung zu vergleichen. So seien
29
auch dieses keine absonderliche tractaten, sondern vigore praeliminarium
30
expresse determinieret, das in utroque loco pro uno eodemque tractatu zu
31
hallten seien. Ratione deß praedicati Excellentz conformirten sie sich auch
32
in dehme, daß derjenigen visitae, welche solches zu geben difficultiren, dah
33
es doch von den Kayserlichen gegeben würde, nicht zue admittiren. Wegen
34
Venedig sei daß vorgeschlagene temperamentum wegen mehrer ehrbezei-
35
gung dem Venetianischen, alß mediatorn nachmahln zu tentiren und kein
36
Präjudiz zuzulassen. Stünde zu verhoffen, wan der Venetus den ernst ahn
37
dießer seythen sehe, daß er sich eines anderen woll bedenckhen, und nicht
38
eben darumb, wie der herr nuncius vermainet, von hier sich begeben
39
möchte. Im ubrigen thäthen sie sich mitt der herrn Churbayerischen mei-
40
nung vergleichen; vermainten auch daß die Kayserlichen von gesambten
41
curfürstlichen zu ersuechen, das sie auf mitl wie die inconvenientia zu ver-
42
hietten, bedacht sein wollten. Es wird beschlossen, über ein- und anderen
43
punct die Brandenburger zu informieren und sie zu ersuchen, in der vene-

[p. 200] [scan. 250]


1
zianischen
Sache mit zu den Ksl. zu gehen. Bericht Ws über das Ge-
2
spräch
mit Servien [...].

3
D’Avaux an W: Überlassung einiger Domherrnkurien, da er sein Quartier
4
an Longueville abgetreten hat.

5
Reck bei Chigi. Dringlichkeit einer Regelung in der venezianischen Präze-
6
denzfrage
, da Bergaigne am Donnerstag einziehen will. Da Contarini
7
weiter mit seinem Abzug droht und Frankreich vielleicht die päpstliche
8
Vermittlung nicht länger zuläßt, Gefahren für die Verhandlungen zu
9
befürchten. Contarini hat gegen den Vorschlag, daß beide Mediatoren zu-
10
sammen
fahren, heute wieder Einwände erhoben, sich auch etwas pensolo und
11
zuruckhaltendt in discursu bezeigt. Bei einem zweiten Gespräch am Abend
12
hat er wiederholt, er wolle den Kurfürsten kein Präjudiz zuziehen, könne
13
aber auch keines hinnehmen und müsse dann abreisen. Wie er dan seines
14
theils daß werck also beschaffen befunde, daß wie mehr es beruhret unndt
15
movirt wurde, wie mehr eß sich veräiteren und verschlimmern mogte,
16
unndt were eß so zartes wesen, daß wan eß mit einem formaldisputat
17
beruhret, wurde auch dergestalt in ipsa disputatione desuper habita absque
18
actu positivo konte verletzt werden. Contarini hat wieder darauf bestanden,
19
daß es den Kurfürstlichen, wiewohl es mehrere seien, leichter als im fallen
20
werde, unter dem Vorwand von Sachen der Landesregierung oder der
21
Erholung auf den benachbarten Häusern dem Einzug ohne Präjudiz
22
fernzubleiben, und Chigi ersucht, ihm bis morgen mitzuteilen, wie die
23
Kurfürstlichen sich verhalten würden. Reck: W hat Bergaigne durch
24
den Guardian der Franziskaner die Bedenken gegen einen öffentlichen Ein-
25
zug
nochmal darlegen lassen; vermutlich wird daraufhin der Einzug
26
verschoben [...]. Chigi: Seines theilß muste bedenckens tragen, den
27
Spanischen hierin etwas zu rhaten, ob der Bolducensis all’incognito oder
28
publicamente hereinkommen solte. Wan er anfenglich unnd zum ersten
29
alhier gewesen, wolte er verhuetet haben, daß mans mit dem endtgegen-
30
schicken der carozzen nie hette angefangen [...] dan alhier keines
31
potentaten corte zur stell, unndt ein ieder in einem frembden hauß logirte
32
[...].

33
1645 VI 7
Mittwoch [...] Mitteilung an Saavedra: Bitte um Verschie-
34
bung
des Einzuges Bergaignes, damit ein Ausweg in der venezianischen
35
Präzedenzstreitigkeit gefunden werden kann. Saavedra: Er sei selbsten
36
dieser sachen halber nicht wenig sorgfeltig, und daher anfenglich der
37
meinung gewesen daß der herr bischoff von Cammerich annders nicht alß
38
all’incognito sich hereinbegeben solte, welches aber folgenndts von annderen
39
dissuadirt worden [...]. Es soll in dieser Sache ohne Ws vorwißen unndt
40
mit gutbefinden nichts verordtnet oder vorgenommen werden.

41
Landsberg/Buschmann bei den Brandenburgern. Diese stimmen dem
42
köln-bayerischen Beschluß zu, daß die Kurfürstlichen, wenn sich mit
43
Venedig kein unverfängliches Auskunftsmittel finden läßt, unbekümmert

[p. 201] [scan. 251]


1
um die Folgen ihre Präzedenz behaupten sollen. Das möge W im Namen
2
aller Kurfürstlichen den Ksl. vortragen lassen.

3
Landsberg/Buschmann bei Nassau. Dieser antwortet, ohne besonderen Be-
4
fehl könnten die Ksl. dem gemeinsamen Vorausfahren der Mediatoren nicht
5
zustimmen, Franzosen und Spanier dürften Schwierigkeiten machen, auch
6
Contarini sei dagegen. Will diesen über Chigi dafür zu gewinnen suchen,
7
daß Bergaigne nur den Spaniern seinen Einzug notifiziert, damit die Kur-
8
fürstlichen und Contarini fernbleiben können.

9
Mitteilung an Chigi: Heutige Bemühungen; man erwartet die Antwort
10
Saavedras und Nassaus.

11
Gesandter von Savoyen bei W. Italienische Angelegenheiten.

12
W bei Contarini. Religionswesen, Passauer Vertrag. Sonderlich aber haben
13
I. H. G. ime remonstrirt, was sowoll de statu politico ohne die religion daran
14
gelegen, daß restitutio bonorum ecclesiasticorum beschehe, welches er gar
15
wol capirt, sonnderlich paritatem votorum im Kayserlichen reichshoffrhat
16
unnd dem cammergericht zue Speyer, für unbillich und unmuglich zue sein
17
– daß nemblich dem Kayser unnd denn catholischen angesonnen werden
18
wolle, daß sie uncatholische praesentiren solten. Er Venetus hielte dafur,
19
daß man noch auß allen sachen wol werde konnen kommen, allein wegen
20
der religion werde eß sich hart stoßenn, unnd konnte ers nit annders dafur
21
halten, alß daß erstlich allerseits man sich zum Paßawer vertrag erkennen,
22
und nach deßelben regul die difficulteten zum meisten einrichtenn, wiewol
23
in etlichen puncten auch allerseits werde mußen nachgegeben werden. W:
24
Ob er das buch compositionis pacis niemahlen gesehenn? Da er verneint, will
25
W es ihm mit anderen Nachrichten aus der Zeit des Restitutionsediktes mit-
26
teilen

39
Anlage 91 (nach Ws Tätigkeit als Kommissar zur Durchführung des Restitutionsediktes in
40
seinem Auftrag gedruckte Nachrichten): fehlt. Vgl. K. Repgen, Wartenberg S. 223f, 231f.
. Weiters sagte er eß seye ein schwer werck, daß so gar nichts in
27
geheimb propter multitudinem et dependentias werde konnen tractirt wer-
28
den, da die Franzosen alles mit ihren Verbündeten und die Ksl. mit den
29
Spaniern besprechen wollen. Er wolle nit glaubenn daß die churfürstlichen
30
solches thun oder gern sehen werden, vermeinte auch das beste zue sein, mit
31
I. H. G. unndt den Churbayerischen etliche sachen allein unndt vertrewlich
32
zue communiciren, unnd alßdan durch beide herrn churfürsten deme Kayser
33
uberschrieben werden mogte, unnd wans vom Kayser placidirt unnd appro-
34
birt, alßdan den anwesenden tanquam res decisa angezeigt wurde [...].

35
1645 VI 8
Donnerstag Konferenz der ksl. und der kurfürstlichen Ge-
36
sandten (siehe APW III A 1,1 S. 109ff).

37
1645 VI 9
Freitag St. Romain nach Osnabrück zur Mitteilung der
38
Proposition, die Sonntag übergeben werden soll.

[p. 202] [scan. 252]


1
Mitteilungen von Saavedra und Bergaigne: Gestrige Ankunft Bergaignes
2

41
2 all’incognito] am Rande: an Bayern/Köln 1645 VI 9/10
all’incognito.

3
W und die Bayern auf einem Haus außerhalb Münsters. Schreiben der
4
Mainzer: 1. Wie soll man sich gegen die den Exzellenztitel verweigernden
5
Stände verhalten? 2. Wie sind die Primar- und Sekundargesandten der
6
Fürsten zu behandeln? 3. Sind die Visiten der fürstlichen Gesandten in der
7
Reihenfolge der Anmeldung oder nach dem Rang anzunehmen? Bayern:
8
Bei ihrer Ankunft hatten sie Befehl erhalten, das Venedig von den Kronen
9
gegebene tractament in allem zu praetendiren, und wusten also in diesem
10
nit zue weichen. Sie hätten kein temperamentum anderst vorzueschlagen,
11
alß beym alten sich zu manuteniren. Da aber der Titel den Kurfürstlichen
12
vom Kaiser zugestanden ist, und de facto von ihnen auch andern außwert-
13
tiger cronen gesandten beschieht, und vielleicht durch ietzgemelte der
14
fürstlichen verwaigerung ein oder ander sonderlich die außwerttige wieder
15
zurückhollen mochten (wie dan der Venetianer noch auf diese stundt nit
16
gethan hette, das er dem von Haslang hette Excellenz geben), dadurch
17
den herrn churfursten consequenter dem ganzen Romischen reich nit
18
geringes praeiudiz und verkleinerung zugezogen wurde, daß den fürstlichen
19
abgesandten eines und anders mit umbstenden nachmalen zu remonstriren,
20
mit bedeutten, (desen sie dan außtrücklich befelcht weren) daß die welche
21
das praedicatum zu geben difficultirten, zur visita nicht zu admittiren.

42
21 Was] am Rande: NB
Was
22
den 3. puncten anlangend, quo ordine die visitae zu gestatten, da hielten sie
23
das best, die ordnung zue observiren, wie sie sich umb die visita angeben.
24

43
24 Wegen] am Rande: NB 2.
Wegen tractament der fürstlichen gesandten, darin kondte man ahm
25
wenigsten anstoßen, wens bey dem anno 1641 gebrauchten stylo masen in
26
dem Churmainzischen schreiben auch theylß vermeldet, gelasen würde. 4.
27
Betreffend das angefragte tractament des inhabern des erzstifts Magde-
28
burg

44
August von Sachsen.
, und ob er vor andern zur visiten zu admittiren, vermeinten quoad
29
1. daß der titulus Durchlaucht alß eines so vornehmen churfürstens sohn zu
30
geben, die visita aber vor andern nit zu gestatten, weilen es das ansehen
31
gewinne, alß geschehe ihm diese ehr wegen des erzbisthumb Magdeburg,
32
welches nit zu placidiren. Wofern aber die fürstlichen auf ihrer meinung
33
verpleiben, würde unvonnöthen sein, wegen admission der visiten zu
34
vergleichen, sondern dieselbe wie oben gemeldt, außzuschlagen. I. H. G.
35
neben anderen Curcolnischen conformirten sich mit diesem der Churbayeri-
36
schen voto in allen puncten, und erachteten auch unbillich, daß dasienige
37
was der Romische Kayser undt andere so vornehme potentaten geben, die
38
fürstlichen alß geringere disputiren oder verwaigern solten, und daß man
39
ihnen dahero beser zuzusprechen, und sonderlich durch die so den chur-
40
furstlichen hausern anverwandt, zu einem anderen zu disponiren. Zu dem

[p. 203] [scan. 253]


1
endt sie vermeinten nit undienlich zu sein, den hiesigen Churbrandenburgi-
2
schen von diesen dreyen punctis parte zu geben, und dieselb uber einen und
3
anderen zu informiren, alßdan die Churmainzische hinwieder auf
4
ietztgemelte weiß zue beandtworten, dabey auch zu demonstriren, was für
5
bedencken bey dem vorschlag ratione des begehrenden reverses, und ange-
6
henckten conditionibus vorkomen, und zue begehren, dergleichen künftig
7
vorhero mit den hie anwesenden churfurstlichen zu überlegen. Wegen der
8
anderer beyden puncten lasens auch bey dem was von ihnen Churbayeri-
9
schen votirt, dergestalt bewenden, daß der administrator nicht zuerst zur
10
visita zu admittiren, weilen ers für eine mehrere ehrerweisung et ratione
11
wegen des erzbisthumbs halten wurde, sondern andere vorgehen zu lasen,
12
und es mit dem zu entschuldigen, daß sich selbige vorhero (wie ohnedas
13
auch ist) angemeldet. Sonsten des tractaments halber wie nemblich die
14
furstliche visite zu acceptiren, gebe der anno 1641 zwischen den churfurst-
15
lichen abgesandten einhellig gemachter schluß gewisse maß und ordnung,
16
darahn man sich nohtwendig halten

40
16 muste] am Rande: Weiln es auch ad usum 1641 kommen und also gehalten worden
41
sein solle.
muste. Mit der titulatur gegen den
17
administratorn zu Magdeburg würde behuttsamb zu gehen, und insonder-
18
heit ainig geistliches praedicatum nit zu attribuiren, gestalt dan die Chur-
19
mainzische, wie ihr gnädigster herr alß erzcanzler demselben, auch Ihre
20
Kayserliche Mayestät selbsten zuzuschreiben pflege, auch weßgestalt ihnen
21
bey reichs- und anderen conventibus, auser was sie sich bey ihren craißver-
22
samblungen selbst anmaßen, kein session oder votum gestanden, selbsten
23
vorher wissen würden. Ob er aber Durchlaucht zu tractiren, wurde das
24
sicherste sein, alldorten bey anderen, auch per tertios bey seinen abgesand-
25
ten leiten und anderen selbst zu scrutiren, wie er ahm Sachsischen hoff,
26
auch sonsten im erzstifft titulirt werde, und demselben nach sich zu regu-
27
liren, dan verlauten wolle, alß wan er von den underthanen und sonsten
28
nur Ihre Hochfürstliche Gnaden sollte tractirt werden.

29
Mitteilung an die Brandenburger, die ihre Erklärung morgen geben wollen.
30
Auf die Frage, ob der Exzellenztitel nicht auch den Sekundargesandten zu
31
geben sei, erläutert der kurkölnische Geheime Sekretär, mit was mühe
32
solches praedicat anfangs bey den außwertigen richtig gemacht, die es aber
33
nie anderst genommen, alß allein auff die principalgesandtenn, auch in der
34
ksl. Resolution

42
Kaiser an ksl. Gesandte Münster 1645 III 29 (Druck: APW [II A 2 S. 236f] .).
ist es nur den churfurstlichen haubtgesandten, wen sie
35
standespersonen, zugebilligt.

36
Mitteilung Chigis: Beschwerde über die Bonner Kanzlei in Sachen des
37
Xantener Scholastereistreites.

38
Saavedra an W: Merfeldt

43
Dietrich Hermann von Merfeldt (1598 1658), Herr zu Westerwinkel, münsterischer
44
Kanzler und kurkölnischer Sekundargesandter.
möge befohlen werden, sein Haus als Quartier
39
für Peñaranda zur Verfügung zu stellen. W wendet ein, daß bei

[p. 204] [scan. 254]


1
Verwendung des Bischofshofes für die Beratungen der Reichsstände bei
2
Merfeldt die münsterischen Räte und Stände zusammenkämen. Bei Rück-
3
sprache mit Merfeldt ergibt sich, daß Saavedra meinte, die Münsterischen
4
könnten Merfeldts Haus in Wolbeck benutzen oder ein anderes in der Stadt
5
mieten.

6
1645 VI 10
Samstag Mitteilung an Saavedra: Gespräch mit Merfeldt.
7
Saavedra will an den Kurfürsten schreiben.

8
Landsberg bei Bergaigne: Angebot der Visite, sobald Bergaigne Besuche an-
9
nimmt. Dieser berichtet, er habe, als er merkte, daß ein öffentlicher Einzug
10
Schwierigkeiten verursachen werde, seinen ursprünglichen Plan wiederauf-
11
genommen und sei inkognito hereingekommen, womit die übrigen spani-
12
schen Gesandten, als er ihnen nach seiner Ankunft die Gründe darlegte,
13
sich zufrieden zeigten. Er will nur als Bischof von Herzogenbusch
14
auftreten, zumal die päpstliche Bestätigung für Cambrai noch nicht vor-
15
liegt. Zwar wird ihm von vielen schon der Titel Fürstliche Gnaden gege-
16
ben, doch verhält er sich dazu passiv und fordert es nicht.

17
Mitteilung der Brandenburger: 1. Wegen des Exzellenztitels für die Sekun-
18
dargesandten
muß man erst bei Wittgenstein anfragen. 2. Besuche in der
19
Reihenfolge der Anmeldung. 3. Einen Beschluß wegen tractament der
20
fürstlichen gesandten können sie im Reichsabschied 1641 nicht finden
21
und haben von Wittgenstein Erläuterung erbeten. Darauff I. H. G. ver-
22
meld, sie vermercken, daß die sachen nicht recht eingenommen, wolten nit
23
hoffen, daß er [!] von ihrem abgeschickten unrecht vorgepracht, und haben
24
denselben sogleich vor sich kommen lasen, der es auf die weiß, wie gestern
25
reportirt und hievorn gemeldet ist, wiederholt; demnegst dem Branden-
26
burgischen secretario zur andwort geben, daß er selbsten aus dieser relation
27
ahnehmen kondt, daß in primo puncto die quaestio anderst gefallen, und
28
begert, wan sie davon ye dem graffen von Wittgenstein bericht thun wol-
29
ten, daß es auf die angepracht, und ieztgehörte weiß, wie sie nemblich von
30
den herrn Churmainzischen angefragt, geschehen möchte. Sonsten die frag
31
belangend, wie ers vorpracht, ob das praedicatum Excellenz allein den
32
principalgesandten zu geben, seye 1. der dißhalber von Ihrer Mayestät
33
ausgelassene befelch allein auff die haubtgesandte gangen, und zwarn mit
34
dieser außbescheidung, wan sie nemblich standespersonen, 2. würden die
35
außwerdige darzu durchauß nit verstehen, und weniger die fürsten und
36
stende des reichs, also man newe disputat und difficulteten ohne noht er-
37
wecken würde, gestalt I. H. G. dan auch nit sehen, mit was fundament und
38
verhoffendem effectu solches zu moviren. Ad 2. were in alleweg die visita
39
in der ordnung anzunehmen, wie sie gesucht, welches yedoch cum mica salis
40
zu verstehen, daß solches inter plures eiusdem gradus gemeint, nit aber wan
41
ein stättischer sich vor angemeldet, daß darumb ein fürstlicher zurückzu-
42
stehen. Das dritte seye kein materi in den reichsabschied zu trucken, son-
43
dern ein conclusum so under den churfurstlichen allein gemacht worden,

[p. 205] [scan. 255]


1
desen sich dan der von Loben und Doctor Fritz, alß welche solchen con-
2
ferentiis selbst mit beygewohnt, wol wurden zu erinnern wissen [...].

3
Mitteilung an die Bayern: Gespräch mit dem Brandenburger. Schreiben an
4
die Mainzer

39
Anlage 93–95: fehlt.
.

5
Mitteilung der Brandenburger: Sie müssen erst an Wittgenstein berichten:
6
W: Daß solches bey ihrem belieben stünde, hetten aber die erinnerung zue
7
dem endt thun wollen, auff daß solches gleicher gestalt uberschreiben
8
kondten [...]

9
1645 VI 11
Sonntag Anfrage Brassets: Titulatur Magdeburgs. W: Von
10
Kaiser und Katholiken wird er nicht als Erzbischof anerkannt und erhält
11
deshalb nicht das Prädikat Hochwürdig. Der Kaiser tituliert ihn auf
12
deutsch Inhaber des Erzstiftes Magdeburg, andere titulieren ihn auf latei-
13
nisch Administrator [...].

14
Anfrage bei Chigi: Heutige Verhandlungen mit den Franzosen. Chigi:
15
Die Proposition ist übergeben. Der 7. Punkt ist also beschaffen gewest, daß
16
er aufgestanden, doch hat Contarini nach einstündiger Diskussion die
17
Streichung erreicht. In den von W empfohlenen kirchlichen Sachen, beson-
18
ders
Gehrde und Linnich, haben die Franzosen Unterstützung zugesagt.
19
Dan circa finem hab er bone modo auß sich vorgepracht, nachdem wie
20
bewust bey all dergleichen vornehmen und wichtigen handlungen ein still-
21
stand der waffen gar nüzlich eingeführt, so wolte er zue bedencken geben
22
haben, ob nit davon gleichfals zue reden; welchenfals er nit underlasen
23
wolte, den Kayserlichen hiervon gleichmeßige bedeutung zu thun. Darüber
24
hetten sie sich etwas miteinander underredet, und zur andwortt gegeben,
25
daß die vermeldete rationes pro armistitio introducendo gar relevant und
26
gutt, nachdem es aber eine sach, darauß nohtwendig mit ihren alliirten
27
reden müsten, so wolten solches thun. Wobey es der herr nuncius gelasen
28
[...].

29
1645 VI 12
Montag Mitteilung an die Bayern: Französische Proposi-
30
tion. – Mitteilung der Bayern: Sie waren bei d’Avaux, der mit keinem
31
Wort auf die Proposition eingegangen ist [...]

32
Brasset bei W: Mitteilung der französischen Proposition

40
Anlage 96: zweite französische Proposition 1645 VI 11 (Druck: J.G. Meiern I S. 443 ff).
. W: Erfreut,
33
daß der partus, auf den man so lang gewarttet, dermalen heraußkommen,
34
wunsche daß Deus pacis allerseitz spiritum consilii et fortitudinis geben
35
wolle, damit zu bestendigen guten frieden gelangt werden mocht. Er
36
Brasset reassumirts, spiritum consilii. Darauff I. H. G.: Fortitudinis
37
muste auch dabey sein, damit der fried recht bestendig und standhafftig
38
moge erhalten werden, dan man der exempla leider viel sehe, daß under

[p. 206] [scan. 256]


1
grosen konigen und potentaten biß dato frieden geschlossen, und dannoch
2
uberall nun so lange iahr hero solche krieg und mishelligkeiten weren.
3
I. H. G.: Sie woltten verhoffen, daß was deß reichs sachen und Teutsch-
4
landt angienge, man allerseits baldt würde zue gemeinen frieden gelangen
5
können, wan allein sie die Frantzosen ihre vorgebende intention also in der
6
thadt bezeigen würden. Der punctus religionis werde bey dieser handlung
7
woll der schwerste sein, und sich die Frantzosen vermuhtlich deßelben
8
wegen der gemachten alleantz mitt den uncatholischen, wie sie sonsten woll
9
köntten und sollten, nicht würden annehmen. Er Brasset andtworttete,
10
die alleantz mitt den uncatholischen zu machen hetten die zeitten et ratio
11
status erfördert. I. H. G. vermeldeten, es habe anno 1630 der auch in
12
Frankreich wollbekante pater Hyacinth in praesentia Caesaris, electorum,
13
und deß conte de Ognate geprediget

38
Da P. Hyacinth OFM Cap (Giacinto da Casale, 1575–1627) 1630 bereits verstorben
39
war und Iñigo Vélez de Guevara y Tassis (gest. 1644), conde de Oñate, spanischer
40
Gesandter in Wien 1617 1624, erst 1633 nach Deutschland zurückkehrte, muß ein frü-
41
herer Anlaß, am ehesten der Regensburger Fürstentag 1623, gemeint sein.
, die weldt kherete derzeitt alles umb,
14
indehme sie sagen soltte, status rationis, warunder die conscientia mitt be-
15
griffen, nun aber solches transponirt, und ratio status gesagtt wehrde.

16
Er affirmirte es, mitt vermelden, er hette bemelten patrem seer familiari-
17
ter gekhant, die corona werde sich in dießem passu verhoffentlich derge-
18
stalt bezaigen, daß sie statum rationis nicht würde beyseythen setzen.

19
Warauff I. H. G., daß die catholische und alle guette anderst keine
20
opinion von ihnnen haben soltten, und woltten sie ahn der würcklichen
21
bezaigung bei diesen schweren religionstractaten auch nicht zweiffelen.

22
Volmar bei W : 1. Weitergabe der französischen Proposition an die Ksl.
23
[...]. 2. Bei den Mediatoren haben die Franzosen darauf bestanden, die
24
Sache des Prinzen Eduard von Braganza

43
Eduard Hg. von Braganza (1605 1649), Bruder Kg. Johanns IV. von Portugal, seit der
44
Erhebung Portugals in ksl.-spanischer Haft.
mit den Ksl. zu verhandeln, und
25
3. an gleichmäßige Behandlung der schwedischen Proposition erinnert. 4.
26
Entgegen den Vorstellungen der Mediatoren haben sie auf einer Klausel de
27
additione et minuitione bestanden. Waffenstillstand. Die Ksl. haben den
28
Mediatoren erklärt, sie müßten über die Proposition zunächst mit den Kur-
29
fürstlichen
reden. 5. Auf die Eröffnung, die Ksl. würden die hessischen Ver-
30
handlungen
mit den Hessen allein oder unter Zuziehung der Franzosen
31
führen, haben die Hessen Contarini um Mitteilung der Vollmacht ge-
32
beten
. Ein solche Vollmacht zu Sonderverhandlungen, warzue der herr
33
Volmari sich etwas hoffnung gemacht, ist von Wien angekündigt. 6. Wegen
34
Geleitung der Mediatstände und Zuziehung der nicht zur Deputation
35
gehörigen Stände noch Schwierigkeiten zu befürchten. [...]. Die Depu-
36
tierten
des Hauses Österreich und für Burgund werden bald eintreffen,
37
so daß die Reichsdeputation dann bis auf die Stadt Köln und Würz-

[p. 207] [scan. 257]


1
burg
vollständig ist. Würzburg könne Mainz, Köln der Kurfürst von
2
Köln wenigstens indirekt erinnern. W: Bereit zur Mitteilung der Pro-
3
position
an Bayern und Brandenburg, damit danach eine gemeinsame
4
Beratung stattfinden kann. Gespräch mit Brasset. Der zweytter und
5
dritter punct würden bey angestellter consultation vorkohmen, unnd in-
6
sonderheit circa 2. I. H. G. erachtens guett sein, daß die herrn Kayser-
7
lichen sich darüber alß wovon den Churfürstlichen nichts bewust, ver-
8
nehmen ließen. [...]. Ad 4. seye ein gahr gewünschte occasion gewest,
9
vom stillstand der wapffen ohnvermerckter dinge auff die bahn zu
10
bringen, wie dan auß er erclehrung erscheinet, daß sie solches bei ietzigen
11
coniuncturen so gahr weith nicht werffen, sondern noch woll handlung
12
darüber leyden möchten. Von den Schwedischen seye wegen prosperirender
13
wapffen in den Kayserlichen erblanden weniger hoffnung zu machen, so
14
hetten auch die Hessen sich vor dießem angehen laßen, alß wan sie nicht
15
dargegen, nur daß sie sowoll darin, alß in negotio evacuationis von den
16
Frantzosen verhindert würden. Also wehrde sich nun dißfalß die warheitt
17
baldt an den tag thuen. I. H. G. wie auch die Churbayerischen seyen ein
18
armistitium zue promoviren instruirt, und habe man auch auß der Kayser-
19
lichen erclehrung unlengst dergleichen vernohmmen, wenigers nicht, daß
20
der Spanischen erclehrung ebenmeßig zur handt sein solle, davon gleichwoll
21
die herrn Kayserlichen die beste nachricht haben würden, unnd lege nun
22
ahn dehme, daß man sich de tempore et modo mitteinander recht unter-
23
rhede unnd vereinbahre. Ad 5. wehre guett, daß die absonderliche
24
Kayserliche vollmacht anglangtt, oder in kurtzem anlangen möchte, unnd
25
stunde woll etwaß zue muthmaßen, daß sich die Hessen propter religionem
26
ahn den Frantzosen so hart nicht haltten möchten, daß sie aber der
27
Schweden confoederation unnd assistentz sich dergestaldt rebus sic
28
stantibus soltten abandoniren, köntten sie sich nicht imaginiren. 6. [...]
29
Kurkölnische Bedenken gegenüber der Stadt Köln wegen der nicht zuge-
30
standenen
Reichsstandschaft. Die Mainzer hat er schon gebeten, Würzburg
31
zu erinnern. Mitteilung der Mainzer Anfrage und der Antwort an Brasset.

32
Fragtte demnach der herr Volmari, ob I. H. G. die proposition, weylen
33
Ihro solche von den Frantzosischen alberait zukommen, gelehsen hetten,
34
unnd wie es ihr vorkehme; alß darauff I. H. G. geandtworttet, daß selt-
35
sahme sachen darinn, vermeldet er, es scheine alß wan die exteri iura
36
imperii gahr ad suam cognitionem et directionem, ia alles nach ihrem belie-
37
ben ziehen und haben woltten; wan dieße articull solcher gestaldt ein-
38
gangen werden soltten, wehre nicht allein dem Kayser alle seine authoritet
39
benohmen, sondern auch deren die chur- unnd fürsten im reich nicht viell
40
behaltten würden, de securitate imperii inßkünftig, wie auch religionis zu
41
geschweigen; daß dan auch der Kayser, wie in articulo tertio gesetzet, nicht
42
bemechtigt sein solle, den Spanniern, wan sie attaquirt würden, alß einem
43
so nahen anverwandten zue succurriren, köntte er nicht sehen. I. H. G.:
44
Eß beduncke sie daß die Frantzosen es nicht nehmmen pro persona alß

[p. 208] [scan. 258]


1
einem vom hauß Oisterreich, sondern alß Römischen Kayser consideriren,
2
zumahln auch daß reich iederzeitt bedenckens gehabtt, sich auser derselben
3
außlendischer sachen theilhafftig zu machen, und sehe man dan auch gahr
4
woll, wie übell der auff der Spannier begehren undd des Collalt

42
Rambold Gf. von Collalto (1575–1630), ksl. General, Hofkriegsratspräsdent 1624 (vgl.
43
ADB IV S. 404f. ).
antreyben
5
angefangener Mantuanischer kriegh außgeschlagen, unnd daß reich darüber
6
noch zu leyden hab, wiewoll derselb ohnvorbewust ia gegen willen der
7
herrn churfürsten fomentirt unnd geführt worden, deßgleichen mitt dem
8
Polnischen, also auch ietzt ihres ermeßens die reichsstende samentlich nicht
9
gehrn sehen würden, wan man sich in die Portugesische unnd andere der-
10
gleichen daß reich immediate nicht concernirende hendell schlagen unnd
11
mischen wollte. Worauff er Volmari anderst nichts geandtworttet, alß
12
daß es mitt dem Mantuanischen wehßen also hergangen und bekandt seye,
13
daß die churfürsten, ja Friedlandt

44
Albrecht von Wallenstein (1583–1634), Hg. von Friedland, ksl. Oberfeldherr.
selbsten demselben zugegen gewest; man
14
müeße aber bey den consultationibus die sachen woll uberleggen unnd be-
15
obachten. Wohmitt er seinen abschiedt genohmmen, beim auffstehen aber
16
noch vermeldet, wie er von Oßnabrugk berichtet seye, daß ein vornehmer
17
von den protestirenden sich verlauthen laßen, weylen die catholische ietzo
18
nach erlangtter Churbayerischer victori dergestalt muhtig worden, hetten
19
sie die uncatholische desto mehrer ursach recht zusahmenzusetzen, mittein-
20
ander sich zu verbinden, und bey der cron Schweden zu stehen, damitt sie
21
wedder in dießen tractaten, noch sonsten underdrucktt würden, sondern
22
dermasen ihre habende intentiones durchtringen köntten, wehre also umb
23
soviell mehrers nöthig, catholischer seythen under sich unnd mitt dem
24
Kayser, alß ihrem oberhaubtt, zusahmenzuhaltten. Welcher intention
25
I. H. G. allezeit gewehsen, auch noch zue sein vermeldet; es wehre aber zu
26
betauern, daß die catholische liga, welche so baldt, wie zu besorgen, nicht
27
mehr dergestalt zusahmenzubringen, also urplötzlich unnd ohne befragung
28
der stendt cassirt unnd abgedanckett, da seyther der augenschein also clär-
29
lich geben, daß von iahren zue iahren alle sachen in religion und kriegh
30
mehrers herunderkommen, darauß auch daßjenig haimblich erfolget, unnd
31
auß ietzo angehortem nicht wenig zu beförchten, sich öffentlich zeigen
32
werde, daß die uncatholische eine bündtnuß under sich, unnd mitt den
33
exteris machen werden, welches man durch abolirung ligae catholicae zu
34
verhindern an Kaiserlicher seiten vorgeben, aber von den catholischen
35
stenden weit anderst und wie es ietz gehet, apprehendirt worden.

36
Mitteilung der Proposition an Bayern und Brandenburger, die sie durch
37
Brasset auch schon erhalten haben.

38
Da die spanisch-französischen Verhandlungen noch darauf beruhen, daß
39
Spanien die Rückgabe, Frankreich die Abtretungen aller Eroberungen
40
fordert, haben die Mediatoren heute die Spanier zu einer näheren Erklä-
41
rung zu bewegen versucht [...].

[p. 209] [scan. 259]


1
1645 VI 13
Dienstag Schreiben der Mainzer mit schwedischer Propo-
2
sition. Antwort Ws.

42
Anlage 97–99: (Mainzer Gesandte Osnabrück an W) fehlt; zweite schwedische Propo-
43
sition 1645 VI 1/11 (Druck: J. G. Meiern I S. 435ff ); (W an Mainzer Gesandte Osna-
44
brück) fehlt.

3
W mit Landsberg bei d’Avaux. [...]. Auf die Frage nach seiner Meinung
4
zur französischen Proposition antwortet W: Daß der puncten viell unnd man
5
woll sehe, daß beede propositiones in eine materi schlügen, nur daß die
6
Schwedische mehrer crudo unnd schwerere sachen in sich hette. In beeden
7
seyen viele sachen begriffen, die generaliter gesetzt, und vermuthlich erst
8
hernacher sich an thag thuen würden. Er: Sie sollten ihme trawen, daß
9
sie die Frantzosen bey den Schweden vielle sachen außzulasen, auch theilß
10
anderst zue setzen, mitt groser bemühung tandem erhaltten hetten, daß sie
11
etwas politer wehre. I. H. G.: Eine kirsch seye eine schöne frucht von
12
ansehen, inwendig aber ein harter stein zue kewen; worüber er gelachet,
13
unnd es wahr zue sein vermeldet, daß man gleichwoll auß den sachen
14
werde kommen müeßen. I. H. G.: Es wehren die maiste ihre petitionen
15
gahr leicht abzuhelffen, wan daß reich wiederumb in sein esse kommen, die
16
constitutiones in ihrem vigore verbleiben, wadurch die capitulationes auch
17
observirt würden, welches alls anietzo tempore belli, ubi leges cessant, in
18
dießen standt gerahten, unnd zue solchen gravaminibus kommen, wehre
19
also nichts newes von den cronen erst zu begehren oder erwahrten, maßen
20
sie dan iedeßmahlß auff conservation imperii constitutionum sich beruef-
21
fen. In dehnnen consistirte deß Kaysers maiestet, authoritet und gewaldt,
22
der chur- fürsten unnd stendt des reichs interesse, libertet, und einigkeitt
23
zwischen den catholischen unnd uncatholischen, guette vertrawligkeitt mitt
24
den benachbarten potentaten, und insonderheitt der gantzer splendor deß
25
reichs. Er affirmirte dießes, den coronis exteris seye es umb die assecu-
26
ration zu thuen, daß solches alles beßer alß bißdahero möge gehaltten
27
werden. I. H. G.: Sie hetten bereits in underschiedtlichen discursen ge-
28
sagtt, wan ex parte Caesaris bey den kriegslasten zue weyth gangen, unnd
29
dardurch den reichsstenden die kriegsbeschwerden auff den halß gezogen,
30
chur- fürsten und stende von landt und leüthen in exilium veriagtt, daß
31
darahn die frembde cronen, welche ihre wapffen inß reich diffundirt,
32
darahn schuldich; imgleichen die uncatholische unnd ihre asistenten, welche
33
den Paßawer vertragh und religion frieden biß dato nicht gehaltten, unnd
34
respective annoch zue enderen begehrten; I. H. G. köntten nicht sehen, waß
35
doch im 9. puncto propositionis damitt inßkünftig kein Römischer könig
36
imperatore vivente sollte elegirt werden konnen, gemeint seye. Die intentio
37
seye zwar clahr, nemblich haereditariam quasi perpetuationem zu ver-
38
meyden, diß seye aber daß medium nicht, sondern seye viellmehr solches
39
directe contra libertatem et statum electorum, die auch bei Alter und sonsti-
40
ger
Verhinderung des Kaisers mit der Wahl gleichsamb coadiutoriam ein-
41
richten
, ia es konte dem gantzen Römischen reich zue mercklichen schaden

[p. 210] [scan. 260]


1
in bedeuteten casibus, wan solches medium soltte abgeschnitten wehrden,
2
außschlagen. Zuedehme, so hette man auch a condita aurea bulla Caroli IV.
3
so viell hundert iahren her gahr wenig exempel mit dergleichen electionibus
4
regum Romanorum; seit mehr als 100 Jahren nur unter Karl V. und Ferdi-
5
nand
II., während dannoch so viell Kayser auß dem hauß Oisterreich
6
nacheinander ohne dergleichen mittell die zeitt über gewehßen wehren.
7
Darauß 3. erscheine, waß für authoritet die herrn churfürsten seind, und
8
denßelben consequenter auff dieße weyß benohmmen werden wollte.
9
Übergehung der Söhne von Rudolf I. bis zu Ludwig IV., Wahl Ruprechts,
10
Verweigerung der Wahl 1630; erst als der Tod Ferdinands II. abseh-
11
bar
war, wurde der Sohn zur Vermeidung eines Interregnums während
12
des Krieges gewählt. Nicht einzusehen, wie solche potestas regem
13
Romanorum eligendi den herrn churfürsten, ia dem reich selbsten diese
14
libertet und clenodi, und zwarn ab exteris kontte oder woltte benohmmen
15
werden. Der d’Avaux andtworttete, er habe nicht allein daß exempell
16
cum Rudolpho I. in hystoriis gelehsen, sondern wiße auch, waß anno 1630
17
passirt, unnd müeße bekennen, daß es ein recentissimum exemplum.

18
I. H. G.: Eß kontten sie die Frantzosen zue verhinderung der perpetuitet,
19
(wie sie es nennen) durch dieß mittell beßer verhindern, wan sie darahn
20
sein, und verschaffen helffen würden, daß Sachßen, Brandenburgh, Braun-
21
schweigh, und dergleichen haußer zur catholischen religion mechten
22
gebracht werden, damitt man zur election mehrere subiecta catholica haben
23
könne. Der d’Avaux: Warumb nicht der junge churprintz in Bayern

42
Ferdinand Maria.

24
erwehlt werden kontte. I. H. G. Daß es zue seiner zeitt mit Gottes
25
willen noch woll zu thuen, unnd seyen die churfürsten ahn ein hauß oder
26
geschlecht nicht gebunden. [...]. Auch durch die Folge karolingischer und
27
ottonischer Herrscher ist das Reich nicht erblich geworden. Der
28
d’Avaux gab I. H. G. in allen recht, und vermeldet, daß er woll wünschen
29
wollte, daß dieße ansehenliche haußer catholisch zu machen. I. H. G.:
30
So müeste ihnnen dergestaldt nicht patronicirt, weniger mehrer landt unnd
31
leüth den catholischen abgenohmen unnd ihnnen gegeben werden, welches
32
kein mittell sie catholisch zu machen, sondern mehrers die catholische zu
33
vertilgen. Unnd wehre dabey woll nit wenig zu verwundern, daß die
34
Schwedische in ihre proposition expreslich setzen dörften, daß die Calvini-
35
sche ebensowoll alß die Lutherische in allem mitt verstanden unnd begrif-
36
fen sein sollen, welche secta doch bißher im reich expresslich nicht geduldet
37
worden, ohnerachtet es von ihnnen ofters gesucht und begehrtt, kontts auch
38
nicht glauben, daß die Frantzosen dem reich dieienige auffdringen wollten,
39
welche sie selbst in ihrem königreich gedempffet, und die ihnnen allezeitt
40
selbst auß dem reich wiedrige consilia unnd molestias im konigreich ange-
41
than, immaßen die Heydelbergische cantzlay

43
D. h. die 1621 von Maximilian von Bayern als Geheime Kanzlei Christians von Anhalt
39
veröffentlichte Sammlung in der Schlacht am Weißen Berg 1620 erbeuteter Pfalz-
40
Heidelberger Akten.
davon genugsahme nachrich-

[p. 211] [scan. 261]


1
tung gebe. Er d’Avaux, müeste bekehnnen, daß die Calvinisten selbst
2
underschiedlich bey ihnnen Frantzosischen sich berühmet, daß sie so große
3
dienste Franckreich geläistet, ia sogahr volck hineingeschicket, dehnnen er
4
aber geandtworttet hette, daß deßen sich der könig nicht zu bedancken,
5
zumahln solche verschickung nicht ihme zur assistentz, sondern den Hogo-
6
notten gegen ihnnen geschehen seye, wahmitt er sie iedeßmals stumb ge-
7
macht. Unnd wollte I. H. G. er woll versichern, daß die Calvinisten derge-
8
staldt im reich solidirt zu werden nicht erhaltten würden, sondern ihres
9
theilß lieber sehen, daß die catholische mitt den Frantzosen (welches er ihro
10
doch in summa confidentia gesagtt haben woltte) gegen die Calvinisten zu-
11
sammenhieltten. Er fragtte gleich darauff, wie es mitt I. H. G. stifftern
12
stünde, dan die Schweden annoch vermeinten, solche den uncatholischen
13
verbleiben soltten. W wiederholt im wesentlichen den 1645 VI 6 Servien
14
gegebenen Bericht und betont, daß man die Kapitel nicht zur Annahme
15
unkatholischer Bischöfe zwingen könne. Darauff der d’Avaux gleich
16
contestirt, daß I. H. G. sich versichern woltten, daß wegen der stiffter,
17
damitt sie den catholischen verbleiben mögtten, eüßerist bemühen wollte,
18
doch bedüncke ihme seltsamb zue sein in Teütschland, daß ein herr so
19
underschiedtliche und viele bißthumber hette, cum unaquaque ecclesia suum
20
ex institutione requirat pastorem. W: Dieser Brauch in Deutschland
21
schon seit über 200 Jahren; Kurfürst Albrecht von Mainz

41
Albrecht von Brandenburg (1490–1545), Erzbf. von Magdeburg 1513, Bf. von Halber-
42
stadt 1513, Kf. von Mainz 1514, Kardinal 1518.
. Daß aber ietzi-
22
ger zeitt dergleichen dispensationes und uniones geschehen, wehren die
23
haereses darahn schuldig, nachdemahll ein bischoff von Oßnabrugk,
24
Minden und Verden, ieder für sich so starck nicht wehre, daß er sich contra
25
machinationes haereticorum cum effectu, und in die harr schützen könne,
26
weniger die deperdita zue recuperiren bastant seye. Erfolge der Kölner
27
Kurfürsten Ernst

43
Ernst von Bayern (1554–1612), Bf. von Freising 1566, Bf. von Hildesheim 1573, Fürst-
44
abt von Stablo 1580, Bf. von Lüttich 1581, Kf. von Köln 1583, Bf. von Münster 1585.
und Ferdinand, welches ein herr allein consideratis
28
circumstantiis nicht würden haben thuen konnen. Recht des Papstes, Bistü-
29
mer
zusammenzulegen oder zu teilen. Da die Verbindung immer nur auf
30
Lebenszeit gilt, können die Stifter unter besseren Umständen wieder eigene
31
Bischöfe haben. Bey den uncatholischen heüßeren aber habe man viell
32
mehrer zu ersehen, daß sie mehr alß ein bißthumb zuesahmengezogen,
33
maßen dan Sachßen die stiffter Magdenburg, Meißen, Merßburg, und
34
Naumburg; Brandenburg aber Brandenburg und Havelberg auch andere
35
mehr in Preüßen ahn sich ziehen unnd erblich uniiren theten, dabey sie dan
36
auch die Frantzosen zue manuteniren vermeinten, so könne solches ia mitt
37
beßerer raison bey den catholischen ad meliorem vim et usum, ad tempus,
38
cum legitima dispensatione et causae cognitione a Summo Pontifice gesche-

[p. 212] [scan. 262]


1
hen. Auch wüsten I. H. G. sich noch woll zu erinneren, daß die Frantzosen
2
vor dießem vorgeben, das daß hauß Oisterreich durch erlangung der stiff-
3
ter gahr zue potent würde, als der ertzhertzogh

41
Erzhg. Leopold Wilhelm.
Magdenburgh, Halber-
4
statt, Brehmen, Straßburgh, und Passaw hatte; ietzo aber habe man mehrer
5
contento, daß Franckreich Straßburg weggenohmmen, das bißthumb ohne
6
hirten seye, wie dan auch Magdeburg unnd Brehmen, unnd man mitt
7
Halberstatt so schlechte conditiones den uncatholischen zum vortheyll
8
eingehen müesten; die potentia wehre ia nit erblich gewehßen, zumahln die
9
capitula, wan der ertzherzogh die stiffter quocunque casu verlasen hette,
10
gleich andere unnd mehrere herren würden eligirt haben. Er sagtte
11
darauff, muste es zwarn bekehnnen unnd ahn seinen ohrt stellen, jedoch
12
hette man mitt der rigorosen reformation zue dießem unnd dergleichen kein
13
geringe ursach unnd anlaß geben, gestaldt sich dan der Oxenstirn bey ihme
14
in specie uber I. H. G. höchlich beclagtt hette, daß sie gar zue strengh bey
15
dem reformiren sich bezeigtt hetten, iah so gahr hitzisch wieder die
16
uncatholische wehren, daß wan sie nur einen wißen, denselben gleich hen-
17
cken ließen, und dießes wehre allein, warüber die Oßnabrucker sich über
18
I. H. G. meistens beschwerten. I. H. H. replicirten hierauff, daß ihr
19
hierinnen unrecht geschähe, sie soltten nur einen einigen actum nennen und
20
anziehen, daß I. H. G. jemandten wegen der religion habe hencken laßen
21
wollen, oder gegen den religionfrieden, Paßawer vertrag, und reichscon-
22
stitutiones gehandlet, geschweigens daß iemahln in der thadt einer deßhal-
23
ber gehangen worden, auch die erfahrung selbsten daß contrarium erwiesen
24
hette, indehme sie verschiedentliche uncatholische rath, beambtten, unnd
25
bediente von Philippo Sigismundo her in ihre würckliche dienste angenoh-
26
nohmmen, und biß in ihren thodt viell jahr behaltten, auch zue hoff durch
27
von adell und andere diener ohne underschiedt der religion, maßen dan bey
28
dero hiesiger hoffhaltung zu ersehen, indifferenter aufwahrtten und bedie-
29
nen laßen, daraus dan gnugsamb zu verspüren, daß es nur falsche impostu-
30
ren seyen unnd unbegründete entschuldigungen ihres ungehorsambs;
31
I. H. G. hetten zue Oßnabrugk in der stadt und überall im land viell
32
uncatholische, sonderlich von der ritterschafft, paßiren, und wan sie gestor-
33
ben, begraben lasen, daß ihnen aber das exercitium publicum religionis nit
34
verstattet worden, werde I. H. G. alß landtsfürsten, iuxta constitutiones
35
imperii, so wenig alß anderen chur-, fürsten und stenden catholisch- oder
36
uncatholischer religion, so nur ein exercitium respective in ihren landen
37
paßiren laßen, vor unrecht außgedeütet werden können. Er d’Avaux
38
muste dießes wahr zue sein bekennen, jedoch so geben sie vor, es hetten
39
I. H. G. die vestung Petersburg

42
Von Wartenberg zwischen 1628 und 1633 erbaute Zitadelle zur Beherrschung der Stadt
43
Osnabrück.
nur zue dem end erbawen laßen, damitt
40
man das land und die stadt zue der religion zwingen köntte. Darauff

[p. 213] [scan. 263]


1
I. H. G., gesetzet, wan solches geschehen wehre unnd man solches für
2
unbillich hielte, würden sie gleichfalß gestehen müeßen, daß Franckreich
3
viell mehr unrecht gethan hette, daß die Hugenotten ihrer güetter entsetzt,
4
die vestung benohmmen, und Franckreich für sich selbsten gegen sie brau-
5
chen thette. Eß wehre aber ahn solchem vorgeben zumahln nichts. Seit
6
etwa 1536 hat die Stadt Osnabrück gegen alle Landesherren, auch gegen
7
den protestantischen Philipp Sigismund, rebelliert, weshalb er nach Ein-
8
nahme
durch die Ksl. und die Liga eine befestigte Residenz erbaut hat; in
9
Minden, das gutwillig huldigte, ist weder eine Festung errichtet noch außer
10
der Zulassung von Jesuiten und Observanten in der Stadt eine Religions-
11
änderung
vorgenommen, vielmehr den Protestanten die Dominikanerkirche
12
belassen worden. Auff dießes ist der d’Avaux etwas näher getretten,
13
und vermeldet, daß ihme dieße information sonderlich lieb seye, deren er
14
sich opportuno loco et tempore werde zu bedienen wißen, zumahln die
15
rationes et exempla so starck, daß es rechte demonstrationes wehren. Er
16
müste bekennen, daß solang er in Teütschland gewehsen, iederzeitt gehört,
17
daß die Oßnabrugker ein seltsahmes wiederspenniges volck wehren. Nach
18
dießem sagtte er, es werde alles durch die amnisti konnen auffgehoben
19
werden. I. H. G. andtwortteten, wir geistlichen sprechen täglich indul-
20
gentiam et remissionem omnium peccatorum, aber es müste contritio,
21
confusio, und satisfactio vorhergehen, ohne welche die absolutio nit sub-
22
sistiren köntte; dan man sich einmahl recht submittiren müeste, einem
23
iedden seine gebührende ehr und schuldige devotion erweißen, mitt gewißer
24
assecuration, hinfürther nimmer zue sündigen. Darüber er lachte und
25
sprach, die meinung möchte es dürchgehents haben, bey Kayser, könig, und
26
fürsten, und wehre noch recens exemplum mitt den Italianischen krieg
27
zwischen dem Pabst und den hertzog von Parma

43
Odoardo Farnese (1612–1646), Hg. von Parma 1622; zum Krieg um Castro vgl. oben S. 6.
, den nach erfolgter Auf-
28
hebung
der Exkommunikation Frankreich angehalten habe, die zunächst
29
verweigerte Unterwerfung unter den Papst zu leisten, und würde auch
30
Franckreich ein anders im reich nicht zulaßen. I. H. G. sagtten weyters,
31
daß [...] alle sententiae, acta et pacta, so ab anno 1618 im reich ergangen,
32
auffgehoben sein sollen, dan sähen sie nit, wie solches citra iniuriam tertii
33
konne begehrt, weniger zugelaßen werden, und wehre summa iniustitia,
34
daß dasienige, waß mitt recht erhaltten oder guetwillig verglichen und pla-
35
cidirt, umbgestoßen und coram exteris ad novos tractatus gezogen werden
36
soltte. Er: Müste gestehen, daß er dießen punctum selbst nit verstehen
37
konne, auch seines theilß starck darwieder gerheddet, welches I. H. G. er in
38
confidentia vertrawen wollen. Es wehre wegen der religion ebenso gangen,
39
daß ein seltzamer punct in ihre proposition eingeruckt, woh nit durch
40
andere starcke erinnerung (auff die mediatores deüthent) außgelaßen
41
worden wehre. Und haben I. H. G. auß dießem discurß so viell ab-
42
nehmmen können, alß wan allein der Servient den Schweden zu gefallen

[p. 214] [scan. 264]


1
solche sachen in die proposition setzen laßen. Er meldete darauff
2
ferner, obs dan kein mittell wehre, daß man recht confidenter mitteinander
3
reden, und sonderlich ratione religionis sich mitt den catholischen verein-
4
bahren köntte. Darauff I. H. G., daß woll zu wünschen wehre, daß,
5
alß die catholische liga in esse gewest, Franckreich solche nit allein manute-
6
nirt hette, sondern auch darzue getretten wehre, es soltte ietz im gantzen
7
Teütschland die religion wiederumb magna gloria Gallorum restituirt sein.
8
Man hette zwar einmahl ex parte Franckreich anregung davon gethan, aber
9
I. H. G. behalts niemahlen keine rechte erclehrung geben worden, daß man
10
den catholischen die stiffter recuperiren und restituiren woltte, dan allezeitt
11
die correspondentz mitt den uncatholischen bey ihnen ratione status politici
12
praevalirt hette. Er beandtworttete dießes damitt, die alliantzen mitt
13
den uncatholischen im reich wehren theilß gahr altt, und kontte man sich
14
deren dergestaldt und so geschwind nit entschlagen. I. H. G.: Es wehre
15
woll daß beste mittell, wan Franckreich dahin noch verstehen, und mitt
16
den catholischen im reich recht zusahmenhaltten woltte, und würden
17
alßdan die uncatholische die postulata contra pacem Passaviensem gahr
18
leicht fallen laßen. Es wehre aber nur de modo, wie man sich vergleiche, zu
19
thuen, aber es seye die vermaledeyete diffidentz, daß Franckreich weder
20
dem Kayser noch den catholischen trawete, und solches meistentheilß nur
21
wegen der Spanier, warinnen sich doch selbst höchlich betrügen, weyln ein
22
solch imaginirte correspondentz und dependentz mitt ihnen und dem reich
23
nit wehre; hingegen aber und viel mehr hetten wir catholische eine
24
diffidentz gegen sie zue setzen, weylen sie super minima quaque mitt ihren
25
alliirten, wie sie selbst sagtten, communiciren müesten. Es wehre eine guette
26
occasion gewehßen, wan ihnen recht ernst, mitt dem Churbayerischen
27
beichtvatter anzubinden

42
P. Johann Vervaux SJ.
, ja auch noch hie mitt einem und anderen
28
vertrawlich zue communiciren. Er aber brach den discurs geschwind ab
29
[...].

30
1645 VI 14
Mittwoch Konferenz der Ksl. mit den Kurfürstlichen
31
(siehe APW III A 1,1 S. 124ff).

32
Mitteilung der Brandenburger: Erklärung ihrer Osnabrücker Kollegen zu
33
den VI 10 proponierten Punkten: 1. Wegen des Exzellenztitels wäre zur
34
Vermeidung von Uneinigkeit zwischen Kurfürstlichen und Fürstlichen die
35
Neuerung besser ganz unterblieben; sie müssen deshalb die Weisung des
36
Kurfürsten abwarten. 2. Einholung und Empfang fürstlicher Gesandter
37
nach dem Regensburger Vergleich. 3. Reihenfolge innerhalb der Fürstlichen
38
nach der Anmeldung. W: Will die Bayern und Mainzer unterrichten
39
[...]. Klagen Wittgensteins über Ausschreitungen bayerischer Truppen
40
in der Grafschaft Wittgenstein [...].

41
Mitteilung an die Bayern [...].

[p. 215] [scan. 265]


1
1645 VI 15
Donnerstag Mitteilung Nassaus: Neue Forderungen der
2
Franzosen wegen Rákóczy. Brandenburger Anbringen wie bei W [...].

3
Mitteilung Volmars: Brasset hat bei Contarini verlangt, nàchdem zwischen
4
Frankreich und Rákóczy ein Bündnis geschlossen sei, möge der Kaiser die-
5
sem als Verbündetem Frankreichs Pässe erteilen. Die Ksl. haben eingewandt,
6
daß er im Präliminarvertrag nicht genannt sei und die Generalklausel sich
7
nur auf die Reichsstände und die damaligen Verbündeten Frankreichs beziehe.

8
1645 VI 16
Freitag Brasset bei W: Forderung von Pässen für Rákó-
9
czy

41
Anlage 100: Zusatz zur französischen Proposition 1645 VI 14 (Druck: J. G. Meiern I
S. 450 ).
, Bitte um Unterstützung. W: Daß primo intuitu sowol die Kayser-
10
liche alß andere sich sehr verwundern werden, daß man ex parte Franck-
11
reich diese Ungarische controversias mit den reichssachen confundiren
12
wolle, zumalen, alß die vorige Kayser vor dießem die reichsstende in die
13
Ungerische handl mit den Türcken gern vollig gezogen hetten, dieselbe
14
solches durchauß nit eingehen wollen, sondern nur zu zeitten aliqua sub-
15
sidiaria und Türckenstewr pro arcendo hoste bewilliget. Biß dato habe das
16
reich mit dem Ragozzi keine feindschafft, derselb auch gegen daselbe nichts
17
tendirt, und wolten sie ihnen versichern, daß diß der Franzosen begehren
18
und zumutthen uberall ubel werde vermerckt und dahin außgedeutet
19
werden, alß wan sie, da die proposition erst vor 2 oder 3 tagen herauß, nur
20
wiederumb newe remoras, und das werck mit diesem postulato de novo zu
21
interturbiren suchten. Der Brasset andworttete hierauff, der krieg
22
werde, deßgleichen auch der fried mit dem Kayser geführt, und weilen man
23
einen allgemeinen frieden intendire, muste auch dieß negotium mit darin
24
gezogen werden. I. H. G.: Das Ragozzische weßen concernire den
25
Kayser nit alß Kayser, sondern alß konig in Ungarn und hab man sich
26
auch ohne das so weit verglichen, warauff auch die proposition selbst
27
lautthen thue, die Teutsche sachen allein zu tractiren, dan sonst auf solche
28
weiß die Portugesisch, Catalonisch und alle andere krieg und uneinigkeiten
29
mit herbey gezogen werden konten, worauß anderst nit zu schließen, alß
30
durch zusammenwerffung omnium differentiarum totius Europae gleich-
31
samb in unam massam die sachen genzlich zu confundiren und schwer zu
32
machen. Er: Man muße dannoch uberall frieden stifften. I. H. G.:
33
Solches seye zwar aller intention, allein in modo et tempore, und habe es
34
die mainung anietzo, maßen auch abgered und verglichen, daß die Teutsche
35
sachen allein und absonderlich vorzunehmen. Diesemnegst konte das
36
Ragozzische wesen mit denjenigen, so darzu gehoren, gleichfals vor die
37
hand genommen werden, gleich sie dan auch mit der Spanischen proposi-
38
tion thetten, und werde man die Portugesische, Italianische und andere der-
39
gleichen sachen alßdan auch konnen zu seiner zeit ad tractatus pringen.
40
Ihres theyls wolten I. H. G. die herren plenipotentiarios gebetten haben,

[p. 216] [scan. 266]


1
wan ihnen zum frieden recht ernst, und sie solches vor der ganzen welt
2
remonstriren wolten, daß sie mit dergleichen newerung und taglichen
3
remoris ein end machen, und die sachen ahn ihr gehorige orth verweisen
4
[...]. – Mitteilung an

41
4 Volmar.] am Rande: an Köln/Bayern 1645 VI 16
Volmar.

5
Volmar bei W: Zur Vorbereitung der für Dienstag in Lengerich geplanten
6
Beratung will er morgen nach Osnabrück. Auf seinen Wunsch schreibt W
7
deshalb an die Mainzer

42
Anlage 101 (W an Mainzer Gesandte in Osnabrück): fehlt.
. Als Beratungspunkte schlägt er vor: 1. Wie sind
8
die zur Deputation gehörenden Osnabrücker Stände nach Münster zu
9
bringen? 2. Können, da die Schweden sich ihrem Abzug widersetzen
10
möchten, die Deputierten auf beide Städte verteilt bleiben und die Beratun-
11
gen an einem dritten Ort stattfinden? 3. Sollen zur Beschleunigung der
12
Beratungen Kurfürstliche und Fürstliche zusammen tagen? 4. Wie ist bei
13
Festhalten an der Deputation den Nichtdeputierten Satisfaktion zu geben?
14
5. Können die Beratungen beginnen, auch wenn die Deputation, zumal das
15
Kurkolleg, noch nicht vollständig ist? Seine und Nassaus Meinung
16
dazu: 1. Der ksl. Resolution, daß die Deputation in Münster tagen soll,
17
steht entgegen der zu befürchtende schwedische Widerstand, die Gefahr,
18
daß die Protestanten nicht herüberkommen und daß bei Abwesenheit der
19
Deputation die Nichtmitglieder in Osnabrück um so ungestörter mit den
20
Schweden konspirieren können. 2. Da das Kurkolleg schon auf beide Orte
21
verteilt ist und Österreich an beide Orte schicken will, können die Beratun-
22
gen abwechselnd in Münster und Osnabrück oder an drittem Ort statt-
23
finden. 3. Da ein Ausnahmefall vorliegt und bei gemeinsamer Beratung
24
eine katholische Majorität leichter ist, könne man die alte Streitfrage dar-
25
über zurücksetzen. 4. Zu verhindern, daß die Nichtdeputierten ein beson-
26
deres Gremium bilden, wozu die Schweden durch Mitteilung ihrer
27
Proposition an Magdeburg zur Diktatur für Fürsten und Stände schon
28
Anlaß gegeben haben. Auf Erinnern der Ksl., daß Magdeburg nicht einmal
29
Session und Votum zusteht, hat dessen Vertreter allerdings beteuert, er
30
wolle nichts unternehmen, wozu Magdeburg nicht nach dem Prager
31
Frieden befugt ist. Weiter zu bedenken, wie die Kreisdeputierten zu hören
32
seien, ob durch die deputatos ordinarios, und wie es zu halten, wenn sie sich
33
nicht einigen können. 5. Nach den Reichssatzungen vorzugehen. W will
34
hierüber mit den Bayern beraten.

35
1645 VI 17
Samstag [...] Treffen mit Nassau. Löben hat gegenüber
36
den Ksl. in Osnabrück geäußert, wan man den stenden das ius suffragii nit
37
würde bewilligen wollen, daß sie alßdan einen andern hern würden suchen
38
müßen, und auf die Antwort, daß solches harte reden weren, hinzugefügt,
39
daß er eben also zu Wien geredet, da ihme auch dergleichen andtwort
40
geben, es habe sich aber befunden, daß es also wahr worden.

[p. 217] [scan. 267]


1
1645 VI 18
Sonntag Nassau bei W: D’Avaux hat bei Contarini den
2
Titel Altezza für Longueville verlangt, da er von Franzosen, Savoyen und
3
Portugal gegeben werde und die deutschen Stände ihn bei Longuevilles
4
früherer Anwesenheit auch zugestanden hätten. Nassau hat geantwortet,
5
die Ksl. könnten ohne besonderen Befehl keine Neuerungen einführen, in
6
Frankreich gebe man den Titel nicht, die Spanier würden dann für
7
Medina de las Torres das gleiche fordern. Daß er aber hiebevor also in
8
Teutschland tituliret worden, konne in consequentiam nit gezogen werden,
9
weilen man ihme, alß er mit solcher armada kommen, wol gar maiestett
10
oder omnipotentem geben möge [...]. Hierbey ist in discursu vorkom-
11
men, wan man solches eingehen solte, was es für ein grose consequenz mit
12
andern, die es in Teutschland noch wol vor ihme Longueville zu praeten-
13
diren haben möchten, abgeben würde, auch was alß Lockowitz

43
Zdenko Adalbert Popel von Lobkowitz (1548–1628), Reichsfürst 1624.
, Eggeberg
14
und andere zum fürstenstand erhebt worden, für difficulteten der session,
15
tractament und sonsten sich bezeiget. Nassau: Wenn schon nicht durch die
16
Hauptgesandten, begehrt d’Avaux wenigstens den Gebrauch des Titels durch
17
die Vertreter beim Entgegenschicken und bei der Audienz.

42
17–20 Warauff – ließen.] am Rande: omittatis ad Bavarum
Warauff I. H. G.
18
geandworttet, alß viel sie belangen thett, würden sie ihres theylß solches so
19
wenig thuen, alß es ihro auch von den Franzosen geschehe, welches sie suo
20
modo dahingestellt sein ließen. Nassau: Paß für Rákóczy; die Franzo-
21
sen
behaupten, seine Aussöhnung mit dem Kaiser sei noch nicht vollständig,
22
sondern von ihnen im eigenen Interesse des Kaisers bisher verhindert
23
worden, damit hier Abmachungen erfolgten, die unter der Garantie aller
24
Mächte mehr Sicherheit böten [...]. Dieses mit dem Ragozzi haben
25
I. H. G. ein erdichtetes ding zu sein vermeldet, zuemalen das gespräch umb-
26
ginge, alß wan der allhie ankommene Ragozischer currier gantz das contra-
27
rium mitgepracht, nemblich den Franzosen zu notificiren, daß der friede
28
mit Ragozzi geschloßen, und sie keine assistenz von ihme zu gewartten
29
hetten, und zu dem end geschehe, damit durch heraußpringung des salvi
30
conductus, und anerpiethung beßerer conditionen er von der verlauttender
31
accomodation wiederumb genzlich abgewendet werden kondte, gleich es
32
dan der konig in Franckreich anno 1635 mit Chursachsen vorm beschluß
33
des Prager friedens ebenergestalt zu practiziren vermaint (und wirkhlich
34
darnach bei Hessen Cassel solches biß auf dato erhalten), [...] und sehe
35
man waß die Franzosen fir leit seind die den friden uberall hindern und
36
sich dessen noch darzu offendlich wie iez mit dem Ragozzi berimen derffen
37
[...]. Präzedenzstreit mit Venedig. Nassau sieht kein Mittel, als daß
38
Longueville nur von den Franzosen, Peñaranda nur von den Spaniern ein-
39
geholt
wird. I. H. G. sagten, daß der versuch zu thun, und seyen sie vor-
40
habens diesen nachmittag zum hern nuncio zu fahren, und zu vernehmen,
41
wohin derselbe incliniren, und was er ahn hand geben mochte.

[p. 218] [scan. 268]


1
Bayern bei W. Der Kurfürst läßt vorbringen: 1. Nochmaliger Versuch in
2
der Präzedenzfrage, daß Contarini mit Chigi zusammen fährt. 2. Wegen
3
des Titels für Longueville hat Kurköln sich nicht eindeutig geäußert; der
4
Kurfürst meint, man solle Longueville nicht verärgern und, wenn die Ksl.
5
und die anderen Kurfürstlichen gleicher Meinung wären, keine großen
6
Schwierigkeiten machen, zumal die Franzosen den Kurfürstlichen leicht
7
wieder den Exzellenztitel bestreiten könnten. 3. Gefahr der Verärgerung
8
Dänemarks, falls Contarini auch die Vermittlung in Osnabrück über-
9
nimmt
. W: 1. Will darüber mit Chigi reden, man habe aber biß dato
10
vernommen, daß der Venetus ganz zu keinem medio verstehen wolle,
11
sondern sich auff eine vermeinte possession, alhie auff die Franzosen oder
12
Spanier immediate zue fahren, laine. Gespräch mit Nassau. Und wan nun
13
dieses oder ein anderß mittel weitters in vorschlag kommen solt, würde die
14
frag sein, durch wehn solches zu urgiren, per electorales wolte sichs nit wol
15
fügen, weilen es sonst das ansehen hette, alß wan sie ex diffidentia causae
16
solches also suchen und treiben thetten, so wurde nachmalen, wie auch
17
iungsten vorkommen, das beste sein, daß die herrn Kayserliche, wan
18
sonderlich der Volmari wieder zurückkommen, sich darunter bemüheten,
19
dan mit dem herrn nuncio woll allerhandt considerationes mit underlauffen
20
möchten. 2. Gespräch mit Nassau. Da Mediatoren, Ksl. und Spanier den
21
Titel nicht geben wollen, sieht er nicht, wie die Kurfürstlichen damit beginnen
22
können. 3. Davon wüsten sie mehrers nit, alß was deßwegen in einem von
23
Churbayern hiebevor ihro communicirten schreiben, so der Venetianische
24
im vorigen iahr ahn seine rem publicam abgehen laßen, gedacht und biß
25
dato sonsten were in hac materia hinc inde discurriert worden. Soviel sie
26
vom grafen von Naßaw vermerckt, werde solches ahn seithen Ihrer
27
Kayserlichen Mayestät selbst, sonderlich ex consideratione anni nit für
28
rhatsamb gehalten. Es werde sich nun, nachdem die proposition herauß,
29
zeigen, wie mit den sachen fortzukommen, und demenach alßdan weitter
30
hiervon zu reden sein. Paß für Rákóczy und Nassaus Meinung. Von
31
Volmar zur Beratung gestellte Punkte [...].

32
1645 VI 19
Montag Beratung mit den Kölner Geheimen Räten. Von
33
Volmar vorgebrachte Punkte. 1.–2. Die Reichsdeputation dem Franck-
34
furtischen concluso gemeß, hieher nach Münster zu verlegen, und, weilen
35
sich die Schweden dagegen opponiren, auch nit dienlich sein mocht, alle
36
deputatos von Oßnabruck anhero zu ziehen (damit den nit deputatis nit
37
ursach gegeben werde, sich immediate desto mehrer an die Schweden zu
38
hangen), sich eines ausschußes von solcher reichsdeputation auß etlichen
39
chur- und fürstlichen gesandschafften (gleich ohnedem auch vor diesem zu
40
Franckfurt guttbefunden) dergestalt zu vergleichen, daß derselbe zu Oßna-
41
bruck sich aufhalte, alles so dorten vorgehet hieher referiren, und von der
42
volligen deputation alhier beratschlaget werden solle. Beym dritten, ob beyde
43
chur- und furstlich collegia in uno conclavi zu halten, sey zwarn ein alter

[p. 219] [scan. 269]


1
streitt, die herrn churfurstlichen aber weren in possessione, absonderlich zu-
2
sammenzukommen und die consultationes zu führen, und also unam semis-
3
sim totius corporis deputatorum constituirte, da sonsten die vota viritim
4
aufgenommen, und ein stättisch- so viel alß churfurstliches gelten würde,
5
welches zu verhüetten, man es billich beym alten zu laßen. 4. Beim Frank-
6
furter
Beschluß zu belassen, dan novum comitiorum genus, admittendo et
7
alios non deputatos, anzustellen, stehe bey den wenigen stenden nit, zu
8
einem reichstag aber auch das absehen zu haben, werde uber alle maß große
9
verlengerung causiren, und den außwerttigen cronen, die tractatus zu ver-
10
schieben und die moram auf diese seitthen zu weisen, ein gewünschtes ding
11
sein. Wan man yedoch in processu der handlung sehen würde, wie sich die
12
sachen anließen, möchte alßdan davon zu reden sein, ob durantibus trac-
13
tatibus (maßen Ihre Kayserliche Mayestät alberait bewilliget) ein reichstag
14
ahn einen andern orth außzuschreiben, underdeßen gleichwol mit den frie-
15
denstractaten zu verfahren, gleich dan anno 1552

40
An den Verhandlungen zu Passau 1552 waren beteiligt gewesen der Kaiser, Kg. Ferdi-
41
nand, die Kurfürsten, Braunschweig, Jülich, Pommern, Württemberg, Brandenburg-
42
Küstrin, Bayern, Salzburg, Würzburg, Eichstätt; die getroffenen Vereinbarungen galten
43
als durch den (1555 in Augsburg stattfindenden) Reichstag zu bestätigende vorläufige
44
Abmachungen.
ebenfalß zu Paßaw gutt-
16
befunden. 5. Nach Goldener Bulle, Kurverein und Reichssatzungen kann
17
die Mehrheit handeln, obwolen man zuweilen eines oder andern ex discre-
18
tione vorher erwarttet. Und weilen dan ohnedas sehr gutt were, daß Chur-
19
sachsen, alß welcher allezeit gelinde und friedliche consilia bey den vorge-
20
wesen reichß- und andern conventibus geführt, und anietzo wegen des
21
Prager friedens den catholischen nit würde zuwieder sein, ehestens
22
abordnete, da sonst die uncatholische sich ahn Churbrandenburg mehrers
23
hencken dörfften, so stunde dahin, ob er nicht darzu durch schreiben anzu-
24
langen. Die Gesandten sollen bereits bestimmt sein.

25
Mitteilung durch Reck / Merfeldt an die Bayern, die sich in allem anschlie-
26
ßen.

27
Nachricht von guttem orth: Die Protestanten wegen des suffragii aller
28
stende noch nicht einig; die radikaleren sind für Anschluß an die Schweden
29
in Osnabrück, wobei man den Katholiken freistelle, wie und wo sie ihr
30
anliegen anzupringen für gutt hielten, die gemäßigteren sehen darin den
31
letzten Ausweg und schlagen zunächst vor, daß nur die Deputierten die
32
Kollegialberatungen besuchen, sich vorher aber mit den Ständen ihres
33
Kreises beraten und deren Meinung vorzubringen haben. Hierauf soll schon
34
Bamberg instruiert sein, dem die übrigen Deputierten des fränkischen
35
Kreises folgen würden. Sonsten laße sich so viel vermercken, daß wan
36
darauff bestanden werden solt, daß die reichsdeputirten stend allein für
37
sich des suffragii sich anzumaßen, und die andere stend ganz davon auszu-
38
schließen, daß nit allein underschiedliche von den deputirten selbst sich
39
darzu nit wurden bekennen, sondern auch viele von den uncatholischen zue

[p. 220] [scan. 270]


1
andern bösen und schädlichen resolutionibus dörfften bewegen laßen, da
2
sie vorab der mainung, daß man catholischen theylß auff diese weiß die re-
3
ligionsgravamina von diesen tractaten ab- und anderstwohin auf die lange
4
bahn (warzu sie aber durchauß nit zu verstehen gedachten) zu weisen
5
suche. Beigefügt ist eine Sammlung von Argumenten, warum die Friedens-
6
verhandlungen
vor die gesamten Stände gehören

41
Anlage 102: Rationes und motiven warumb die herren reichsdeputati ordinarii bey
42
diesen algemeinen friedenstractaten die deliberationes exclusis statibus non deputatis
43
anzutretten und fortzusetzen nicht befüegt oder berechtiget (Druck: J. G. Meiern I
S. 455f ).
. Die Schweden sollen zwar
7
anfangs auf Anstellung der ständischen Beratungen in Osnabrück bestanden
8
haben, jetzt den Ständen den Ort aber freistellen.

9
W bei Chigi. Vorwurf spanischer Gesinnung des Papstes durch die Fran-
10
zosen
[...]. Wegen Zulassung Rákóczys billigt Chigi den ksl.-kurfürstlichen
11
Standpunkt und vermeldet, daß es ein der gantzen christenheitt sehr
12
gefehrliche sach seye, indehme der Türck durch solche occasion totius
13
christianitatis statum et potentiam, und wie selbige durch diesen kriegh
14
allerseits mercklich zerfallen, werde penetriren können. Der Titel Altezza
15
ist den Franzosen von den Mediatoren wieder abgeschlagen worden, da
16
Longueville ihn in Frankreich nicht erhält, er dazu nicht qualifiziert ist
17
und nicht als Herzog, sondern als französischer Gesandter kommt; nur als
18
solchem wird man ihm entgegenschicken, und in dieser Eigenschaft gebührt
19
ihm der Exzellenztitel. Chigi selbst wird sich so lange an die klaren
20
Bestimmungen des römischen Zeremoniells halten müssen, bis die Franzosen
21
in Rom anderslautende Befehle erwirken; gegenüber W meint er, daß wohl
22
auch Ksl. und Kurfürsten nicht nachgeben würden. Auff welches
23
I. H. G., daß sie noch von einigen nicht vernohmmen, der es zu thun ge-
24
dächte, und seye ihr lieb von des Venetianischen intention zu vernehmmen,
25
hielten woll daß man sich dißfalß leichtlich werde vergleichen können, woh
26
nur in der praecedentzstreytthigkeitt zwischen den churfürstlichen und
27
Venetianischen ein mittel zu treffen. Es hette sie newlich nit wenig conster-
28
nirt, alß auß sein herrn nuncii andeuthen der Volmari referirt, daß der
29
Venetus dergestalt in extremis verbleibe, unnd so gahr von einigen mittelen
30
nicht hören, zugeschweigen annehmmen wolle, und sich auff seine instruc-
31
tion, auch possession, und gefehrliche praeiudicia beziehen dörffe, welches
32
gahr kein wegk zur accomodation, sondern viellmehr daß contrarium fomen-
33
tiren und bezeigen thue. Die Possession bestreiten die Kurfürstlichen, auf
34
Instruktionen berufen sie sich auch; das er von keinem medio wollte hören
35
oder annehmmen, hetten auch die churfürstliche biß dato keines vorgeschla-
36
gen, sonderen sich ebensowoll bey den ihrigen zue manuteniren gedencken
37
würden. Käme von Chigi oder den Ksl. ein Vorschlag, stünde zu vernehm-
38
men, ob sich der Venedier (dehme billich auch die verandtworttung boni
39
publici oblige) in etwas bequehmen wollte, warauff sich dan die churfurst-
40
liche villeicht desto ehender (waß immer ohne praeiuditz geschehen kan)

[p. 221] [scan. 271]


1
würden vernehmmen laßen. Ob ihme auch daß anbetrohete wegkraißen zu
2
verandtwortten, woltten I. H. G. nicht iudiciren [...]. Wäre er allein,
3
könne er beim Einzug Longuevilles in sein Stift reisen, welches aber ietzt
4
under so vielen eine andere meinung habe. Chigi: Haslang könne seinen
5
Schwiegervater

37
Friedrich von Fürstenberg.
besuchen, die Brandenburger könnten zu ihren Osnabrük-
6
ker
Kollegen gehen. I. H. G.: Sie geben ihme selbst zu bekennen, ob
7
solches absque notabili praeiudicio thuen- oder practizirlich, dahero ge-
8
stehen müese, daß es schwer seye, unnd wüsten sie gahr sicher, daß sie es
9
ohne außtrucklichen befelch, dehn man aber so baldt nicht haben könne,
10
nicht thuen würden. Das Argument, bei Abreise Contarinis könne Frank-
11
reich
die päpstliche Vermittlung ablehnen, werde Brandenburg eher zu
12
einer noch festeren Haltung veranlassen. Worüber der herr nuncius sich
13
zimblich perplex bezeigtt, unnd eine guete weyll in gedancken ohne red
14
geseßen, und folgents begehrt, ob I. H. G. leyden möchten, hievon dem
15
Veneto bedeutung zu thuen? Warauff sie, daß nicht gehrn sehen
16
woltten, alß wan es von ihro herquehme, hettens allein ihme herrn nuncio
17
in confidentia, und zue dem ende anzeigen wollen, daß solche des Veneti
18
resolution wegkzuziehen villeicht nicht gahr groß, sonderlich von den un-
19
catholischen werde apprehendirt oder geachtet werden, unnd also er woll
20
zu bedencken haben wehrde, waß nicht allein seiner republicq dergestalt
21
die mediation zu verlaßen, sondern auch dem gemeinen wehsen darahn
22
gelegen, und darauß entstehen kontte. Der herr nuncius mueste ge-
23
stehen, das alles diß wahr, und wie I. H. G. vermeldet, beschaffen, gleich er
24
dan auch eben darumb mitt ihme weythers rehdden woltte.

25
1645 VI 20
Dienstag [...], Nassau bei W. Schreiben Volmars

38
Anlage 103: Volmar an Nassau 1645 VI 19. – Volmar war 1645 VI 17–21 in Osna-
39
brück.
; die
26
Entscheidung bleibt bis zu Volmars Rückkehr verschoben. Schreiben
27
Volmars und der Mainzer an W

40
Anlage 104–105: Volmar an W 1645 VI 19; (Mainzer Gesandte in Osnabrück an W):
41
fehlt.
. Wegen der darin erwähnten kurkölnischen
28
Vollmacht erinnert W daran, daß die jetzige Fassung und Auslassung der
29
Beigeordneten nach Ws Ankunft auf Rat der Ksl. erfolgt sei. Sie ist den
30
Mainzern übergeben worden, die sich dazu nicht geäußert, sie aber an-
31
scheinend den Brandenburgern mitgeteilt haben. Die Differenz ist leicht bei-
32
zulegen, indem man Mainz die ursprüngliche, die Beigeordneten einschlie-
33
ßende Vollmacht einliefert.

34
Mitteilung der Besprechung an die Bayern.

35
1645 VI 21
Mittwoch Anfrage Merfeldts: Wie soll er sich in Schrei-
36
ben an die Stadt Telgte wegen der Quartiere für Longueville in der Titel-

[p. 222] [scan. 272]


1
frage verhalten? W: Es genügt die Bezeichnung Herzog von Longueville
2
[...].

3
1645 VI 22
Donnerstag Volmar bei W.

41
Vgl. APW III C 2,1 S. 377.
In Osnabrück sind hinsicht-
4
lich
der Nichtdeputierten drei Vorschläge gemacht worden: 1. Zulassung
5
aller Stände zu Session und Votum in ihren Kollegien. 2. Versammlung
6
nach Kreisen. 3. Formulierung der von den Deputationsmitgliedern abzu-
7
legenden
Voten in den Versammlungen ihrer Kreise. Diesem Vorschlag
8
schließen sich die Ksl. an, da so die Deputation erhalten bleibt; man hofft,
9
daß einheitliche Voten der Kreise zustandezubringen sind. Die Antwort der
10
Nichtdeputierten auf diesen Vorschlag soll morgen kommen. Die Fürst-
11
lichen
verweigern den Kurfürstlichen weiter den Exzellenztitel; letztere
12
müssen auf einen Ausweg bedacht sein, wenn die Konferenzen nicht ganz
13
stocken sollen. Brandenburger Kritik an der Kölner Vollmacht. W: Die
14
Entscheidung wegen der Deputation zu erwarten; in der Titelfrage will er
15
mit Bayern und Brandenburgern beraten; zur Vollmacht Wiederholung der
16
Nassau gegebenen Erklärung. Volmar: Die Ksl. haben gegenüber Chigi
17
den Titel Altezza für Longueville abgelehnt; wegen des Präzedenzstreites
18
könnte die geplante kurfürstliche Zusammenkunft in Lengerich am Tag von
19
Longuewilles Einzug gehalten werden. W: Da Contarini die Vorgänge
20
aus der Zeit, als noch keine Kurfürstlichen anwesend waren, als Beweis pro
21
possessorio nimmt, daß er unmittelbar auf die Kronen folge, gäben I. H. G.
22
dem herrn Volmari vernünfftig zu bedencken, wieviell mehrers er sich
23
darauff lehnen würde, wan die churfürstliche sich absentiren, und ihme
24
ultro weichen soltten. Er will darüber mit den übrigen Kurfürstlichen
25
reden, kann deren Meinung aber vorhin leicht errahten, zumahln, wan
26
man gleich bey dießem actu zue solchen vorschlag verstehen woltten,
27
wehrde doch der Pinneranda in kurtzen folgen und alßdan eben dieße dif-
28
ficultet gleich ietz bevohr sein. Volmar: Daß man unterdeßen zeitt
29
hette, auff was anders sich zu bedencken und zu vergleichen; so hat Chigi
30
vorgeschlagen, die Kurfürstlichen könnten mit den Ksl. per modum unius
31
corporis fahren und die Begrüßung verrichten. W: Das gleiche hat
32
man den Mediatoren zu tun vorgeschlagen, die sich darauf nicht einlassen
33
wollten. Weylen der Venetianische diß mittell so wenig alß daß vorige ex
34
illo capite besorglich acceptiren würde, daß er sich, wie er sagtt, auß seiner
35
ordnung oder reig, quocunque modo, nicht tringen laßen köntte, wie dan
36
nun solches die churfürstlichen würden thuen wollen; warumb er sich nicht
37
auch einmahll absentirte, alßdan die churfürstliche deßgleichen thuen, und
38
die occasion dazue sich woll praesentiren würde.

39
Mitteilung an Bayern und

40
39 Brandenburger] am Rande: an Köln/Bayern 1645 VI 24/23.
Brandenburger.

[p. 223] [scan. 273]


1
1645 VI 23
Freitag Schreiben der Mainzer: Beratungspunkte für die
2
Konferenz in Lengerich

38
Anlage 106 (Mainzer Gesandte in Osnabrück an W 1645 VI 22): fehlt.
. – Mitteilung davon an Bayern und Brandenbur-
3
ger.

4
Treffen mit Chigi und den Bayern bei den Jesuiten. Chigi berichtet Einzel-
5
heiten über die Uneinigkeit zwischen d’Avaux und Servien anläßlich ihrer
6
Reise nach Wesel zur Einholung Longuevilles

39
D’Avaux/Servien waren 1645 VI 20 zur Begrüßung Longuevilles getrennt nach Wesel
40
gereist und VI 21 zurückgekehrt.
.

7
1645 VI 24
Samstag Buschmann und Volmar bei den Kapuzinern:
8
Chigi hat gestern an Volmar wegen einer Resolution in der Präzedenzfrage
9
geschrieben

41
Anlage 107 (Chigi an Volmar 1645 VI 23): fehlt.
. Da es scheint, Contarini werde abreisen, wenn man ihm nicht
10
die Stelle unmittelbar hinter den Kronen lasse, wiederholt Volmar den
11
Vorschlag, die Lengericher Konferenz am Tag von Longuevilles Einzug
12
abzuhalten. Damit nicht der Eindruck entsteht, die Kurfürstlichen wichen
13
lediglich Contarini, sind die Ksl. bereit, auch nach Lengerich zu kommen.

14
Mitteilung davon an Bayern und Brandenburger. Anberaumung einer Kon-
15
ferenz.

16
Kurfürstliche Konferenz; Konferenz der Kurfürstlichen mit Volmar (siehe
17
APW III A 1,1 S. 143ff, 148ff). – [...]

18
1645 VI 25
Sonntag [...] Chigi bei W: Contarini zu keinem Kompro-
19
miß
bereit. 1. Schwierig, ihn von dem Platz hinter den Kronen zu verdrän-
20
gen
, während den Kurfürstlichen, wenn sie nicht erscheinen, das ebensowenig
21
zum Präjudiz gereicht wie den Spaniern im Präzedenzstreit mit den Fran-
22
zosen
. 2. In Wien erscheinen die Kurfürstlichen nicht in der ksl. Kapelle bei
23
Anwesenheit des Venezianers. 3. Bei Abreise Contarinis sind die Verhand-
24
lungen
gefährdet. 4. Die Schuld könne dann den Kurfürstlichen gegeben
25
werden. 5. Das Beste sei immer noch, das Entgegenschicken einzustellen,
26
doch bezweifelt er, daß das durchzusetzen sei [...]. W: 1. Contarini
27
konnte den Platz hinter Franzosen und Spaniern nur einnehmen, weil kein
28
Höherer da war. 2. Haslang und Buschmann haben in Wien immer den
29
gebührenden Platz eingenommen, daß nun damaln der Venetus zu Wien nit
30
gewest, oder sonsten außgeplieben, seye eben das argument, so er gegen die
31
herren Churfürsetn vermeintlich anziehe; und wüsten I. H. G. außerdem
32
sonsten wol, daß bey reichsconventibus der Venetianische in der mitten auf
33
einer banck sitze, die churfürstlichen aber ein Staffel höher in denen mit
34
rothem sammet beklaideten stüelen ahn ihrem gehorigen orth und ordnung,
35
auch also im gehen halten. Ad 3. Sey ein bedencklicher punct, man habe
36
aber die nachricht, maßen der Churbrandenburgische vermeldet, daß die
37
Franzosen desto weniger nit underlaßen würden, mit ihme herrn nuncio

[p. 224] [scan. 274]


1
allein zu tractiren und zu negotiiren, auch würden die Schweden zu Oßna-
2
bruck, allwo der Venetus kein mediator, gleichwol fortfahren. Den von
3
Chigi herangezogenen Passus der französischen Vollmacht, die Gesandten
4
sollten coniunctim mit Chigi und Contarini handeln, bezieht W auf die
5
Franzosen und nicht auf die Mediatoren. Beym vierten vermainen die herrn
6
churfürstlichen quod non, sondern weyln, wie notori und der herr nuncius
7
selbst gestehet, den churfursten die praecedenz gebuhret, so kann ihnen,
8
wan sie das ihrige behaubten, von niemanden verüblet werden. Das 5.
9
were wol das beste mittel gewest und noch, wans dahin zu pringen.

10
Worauf der herr nuncius, daß er noch sein eußerist darmit versuchen
11
wolle, zue welchem I. H. G. ihnen besterckt [...]. Vertraulich äußert Chigi,
12
daß I. H. G. der Venetianische die ganze schuld dieses handelß, und daß die
13
churfürstlichen dergestalt sich herfurthetten, beymesse, indeme sie sich der
14
sachen so eiffrig annehmen, und sonst wol die authoritet und mittel hetten,
15
den anwesenden churfürstlichen ein anders zu demonstriren. Auf wel-
16
ches I. H. G., daß ihro hierin vom Veneto und allen andern unrecht gesche-
17
he, zumalen ja leichtlich zu erachten, daß sie kein principalis, sondern
18
gleich wie er vorgebe, daß er instruction und befelch habe, also auch sie
19
und andere churfürstliche abgesandte eben sowol ihrer principalen instruc-
20
tion und befelch nachkommen musten. Es heten I. H. G. in soweit mehrer
21
particularinteresse dabey, alß andere churfürstliche gesandte nit, ausser daß
22
sie alß ein fürst ungern sehen, daß die chur- und fürstliche praeeminentz
23
und digniteten, ja gleichsamb des ganzen Romischen reichs splendor ab
24
exteris von einem da, dem andern dort dergestalt verwirrt und undertrückt
25
werden solt. Es hetten aber hier I. H. G. nur ein votum und gebühre das
26
directorium dem churfürsten von Mainz, und konten sie neben anderen
27
Churcolnischen abgesandten das geringste ohne vorwissen und belieben der
28
anderen churfürstlichen gesandten nicht thun oder vornehmen, der Venedi-
29
ger aber hette soviel dependentz und considerationes nit, sich zue beque-
30
men, zu machen, dan es bey ihm und seiner discretion allein stünde [...].

31
Hinzu Volmar und die Kölner Räte. Volmar: Contarini hat erklärt, bisher
32
habe er die Präzedenzfrage zu umgehen gesucht; nachdem sie jetzt aber
33
aufgeworfen sei, müsse er offen erklären, daß Venedig der Vorrang
34
gebühre, wozu er lange Ausführungen gemacht und ein Buch vorgewiesen
35
hat, nach dem während des Tridentiner Konzils Venedig sich vor Bayern
36
und den Kurfürsten behauptet hat. Er droht mit Abreise, falls sein Recht
37
verletzt wird. Wan dan solches eine sach von grosem auffsehen und nach-
38
dencken, so must er zu der herrn churfurstlichen abgesandten vernünfftiger
39
erwegung nachmalen gestelt sein laßen, ob ihnen nicht das vorgeschlagene
40
mittel, daß nemblich bey des duca di Longevill einholung die herrn chur-
41
furstlichen ihre endgegenschickende personen in eine gutschen mit den
42
Kayserlichen setzen möchten, beliebig. Der herr nuncius hat hierauff
43
wiederumb einen weitlauffigen discurß, der doch mehren theylß in favo-
44
rem Veneti gerichtet gewesen, angefangen, und iezterwehnten mittel noch

[p. 225] [scan. 275]


1
drey andere hinzugesezt und respctive repetieret, alß 1. daß der herrn
2
churfürstlichen abgesandten gutschen immediate auff die Kayserliche fol-
3
gen, und gar den frembden cronen vorgehen mochten, 2. daß der duc de
4
Longeville und Pinneranda gar kein endgegenschickung begehren oder an-
5
nehmen möcht, wie vor diesem auch vorgeschlagen worden, 3. daß yedeß-
6
malß, wan dergleichen einholung zu thun, nur diejenige, so von deß an-
7
kommenden parthey seind, also die Spanische den Spanischen, Franzosische
8
den Franzosischen, und churfürstliche den churfürstlichen die gutschen, wie
9
auch die mediatores, endgegenzuschicken [...]. W und die Kölner: Sie
10
müssen über alles zunächst mit Bayern und Brandenburgern reden, nemme
11
sie wunder das Venetus den authorem, so allem ansehen nach ein Venetus
12
seie, allegiere circa actum in concilio Tridentino, so doch solchen die herrn
13
curfirsten ia in specie das hauß Baiern vill anders und fir sich einfieren
14
contra Venetos. Verabredung einer Konferenz der Ksl. mit den Kur-
15
fürstlichen
. Nach Weggang Chigis sagt Volmar in der weiteren Diskussion,
16
auch Österreich weiche Venedig nicht, der österreichische Vertreter werde
17
bevelcht sein, seiner deputation abzuwartten, und alle andere occasiones zu
18
fliechen.

19
Mitteilung an Bayern und Brandenburger. – Schreiben an die Mainzer

40
Anlage 108 (W an Mainzer Gesandte in Osnabrück 1645 VI 25): fehlt.
.

20
1645 VI 26
Montag Konferenz der Ksl. und Kurfürstlichen (siehe
21
APW III A 1,1 S. 152ff).

22
Anfrage bei Volmar wegen seiner heutigen Verhandlungen mit Chigis. Vol-
23
mar will morgen berichten. – Schreiben der Mainzer

41
Anlage 109 (Mainzer Gesandte in Osnabrück an W): fehlt.
.

24
1645 VI 27
Dienstag Volmar bei W . Als er gemäß dem gestrigen Be-
25
schluß Chigi die zur Sprache gekommenen Kompromisse vortragen wollte,
26
verwies dieser ihn an Contarini. Diesem hat Volmar zur Wahl gestellt: Ent-
27
weder bleiben Kurfürstliche und Contarini dem Einzug fern oder jene fah-
28
ren mit dem Ksl. und er mit Chigi. Contarini blieb dabei, er werde ent-
29
gegenschicken und, wenn ein Affront vorkäme, Münster verlassen. Lampa-
30
dius rühmt sich in Osnabrück, die clausula addendi et diminuendi in die
31
Propositionen der Kronen gebracht zu haben. Von den Calvinisten stammt
32
der Artikel wegen Wahl eines römischen Königs.

33
Schreiben an die Mainzer

43
Anlage 110 (W an Mainzer Gesandte in Osnabrück 1645 VI 27): fehlt.
. – Mitteilung des Berichts Volmars an Bayern
34
und Brandenburger. Letztere regen eine Widerlegung der Argumente
35
Contarinis bei den Ksl. und eine Besprechung der Kurfürstlichen darüber
36
an, wie beim Einzug Longuevilles die Präzedenz sich behaupten lasse.

37
Mitteilung d’Avaux’: Wenn man Longueville nur Exzellenz tituliere,
38
könne dieser einem oder dem anderen den rucken wenden [...] und hin-
39
gegen ihme dasjenige auch, waß er praetendiren mögtte, nicht geben [...].

[p. 226] [scan. 276]


1
Dabei hat er auch im hochsten vertrawen andeuten laßen daß er woll
2
wuste, daß man sich auf Venedig und andere reflectiren wurde. Die herrn
3
churfürstlichen solten sich NB. woll vorsehen, dan sie würden sich betrogen
4
finden und wurde derienige welche den meisten rumor machte, sich mit
5
innen Frantzosen wol anders comportiren und den danck haben wollen,
6
maßen man schon deßen versichert. Auf die Frage, wie Longueville W
7
titulieren werde, antwortet d’Avaux, W könne von ihme ein mehrers nicht
8
praetendiren, alß ihro diese ietzige plenipotentiarii, welche weniger dan er,
9
bißhero gegeben. Haslang könne keine Schwierigkeiten machen, da Witt-
10
genstein
schriftlich schon Altezza gegeben und Exzellenz erhalten habe.

11
Reck bei Chigi zur Erkundigung wegen des Empfanges. Gegen den Vor-
12
wurf
, W sei an dem Streit schuldig, bringt er vor: 1. Die Sache betrifft
13
nicht Kurköln allein, sondern das ganze Kurkolleg. 2. Für Kurköln haben
14
die Beigeordneten mitzusprechen. 3. Beschlüsse erfolgen durch Mehrheit
15
nach Anhörung aller kurfürstlichen Gesandten und Beigeordneten. 4. Ge-
16
bühre die direction Churmaintz alß ertzcantzlarn, und seye nur per acci-
17
dens, daß I. H. G. alß des eltteren, oder in ordine post Moguntinum des
18
ersten churfürsten gesandter wehre, und den anwehsenden churfürstlichen
19
vorgienge, und müeste also alles den Churmaintzischen uberschrieben, und
20
von dehnen, waß vorgehet, biß sie selbsten ankohmmen (maßen mitt
21
negsten erwahrttet wirdt) parte geben. 5. Wie Contarini sind W und die
22
übrigen Kurfürstlichen an Instruktionen gebunden. 6. Sie müssen in dieser
23
Sache, die sie nicht selbst verantworten können, Weisungen einholen.
24
7. I. H. G. hetten für ihr thaill nichts dabey, dan, wan die Churmaintz-
25
unnd Trierische ankommen, würden sie iehnen allezeit, und dießen, wie es
26
im reich gebräuchig, alternatim weichen und 2. et 3. in ordine sein. 8. Weh-
27
ren die propositiones iedeßmalß den anderen churfürstlichen gesandten
28
durch den Paderbornischen cantzlarn dergestaldt glimpfflich vorgebracht,
29
daß man verhüetet, oell zum fewr zu schütten; es könnte aber der herr
30
nuncius selbst vernünfftig ermeßen, da bey den Kayserlichen der Venetia-
31
nische alles in petitorio et possessorio sich de iure attribuiren und daß vor-
32
gehen behaubtten wollen, waß für eine disposition solches bey den chur-
33
fürstlichen und der gantzen sach sein könne, unnd werde sich er herr nun-
34
cius noch woll zu besinnen wißen, waß I. H. G. ihme noch unlengst vor-
35
gesagtt, als es darum ging, daß bei Weggang Contarinis die Franzosen auch
36
die päpstliche Vermittlung zurückweisen könnten, daß sie solche rationes
37
ungehrn gehört, sonderlich weyln die Churbrandenburgischen desto mehr
38
darauff fallen würden, Summum Pontificem, und die catholische gahr auß
39
der mediation zu bringen, und sehe man dahero wie das werck allerseits
40
schwerer gemacht worden. 9. Seye von I. H. G. und den übrigen Churcolni-
41
schen die proposition geschehen, daß man eben auff den thag, wan der
42
Longeville hereinkombtt, eine conferentz zue Lengrick anstellen mogte; es
43
hetten aber solches die Churbrandenburgischen obbedeuteter uhrsachen
44
willen, starck wiedersprochen; 10. gestaldt dan selbige noch erst heutt alß

[p. 227] [scan. 277]


1
sie ihnen von ein und anderen parte geben, sich vernehmmen laßen, daß
2
man sich ex parte der herrn churfürsten manuteniren, unnd des Venetiani-
3
schen betrohete wegkraiß nicht irren laßen soltte. 11. Seye vom herrn
4
Volmari erzehllet, daß mitt ihme in hoc passu der graff von Wittgenstein
5
aldorth zue Oßnabrugk starck gerehdet, und daß ihme im geringsten nicht
6
zue weichen wehre. Als W vor einem Jahr inkognito in Münster war

42
Im Juli 1644 (vgl. APW [III C 1,1 S. 223] ); den Vorfall entschuldigend Kurköln an Kur-
43
bayern 1644 VII 24 ( München II K. schw. 983).
, hat
7
er deshalb einen Verweis bekommen, alß wan dadurch der Venetianischer
8
etwas für sich zue allegiren haben würde; inmaßen dan auch 13. durchauß
9
nicht zugelaßen werden wollen, daß sie sich oder auch andere churfürst-
10
liche gesandten all’incognito anhero begeben, sondern hetten sie gleich
11
anderen ihre gebührende ehr haben wollen; warauß dan er herr nuncius
12
und iedder verstendiger unpaßionirter leicht abzunehmen, daß wedder ihro,
13
noch anderen churfürstlichen gesandten, ichtswaß mitt fueg konne zuge-
14
meßen werden. Chigi: Daß ihme solches zu vernehmmen lieb, gleich er
15
dan, die impressiones dem Veneto zu benehmmen, und daß die guette corre-
16
spondentz, wie biß dato, gehaltten werde, sich bemühen woltte; wehre
17
sonsten mitt der bewusten negotiation sonderlich mitt dem Longeville selbst
18
noch starck in arbeyth, damitt die entgegenschickung underlaßen, unnd
19
allein jedder gesandtschafft und nationen sich mitteinander begnügen
20
möchten, gestaldt er, wohin es zu bringen, I. H. G. demnegsten wißen laßen
21
wollte. Soviell in vertrauwen vermeldet, er vermeine es werde dahin zu
22
bringen sein, daß der duc de Longeville keine endgegenschickung praeten-
23
diren, sondern allein mitt seiner Frantzosischer suita herein kohmmen
24
wolle.

25
Mitteilung an d’Avaux: W kann, selbst wenn andere es tun, das Prädikat
26
Altezza auf keinen Fall geben, solange er selbst es von Longueville nicht er-
27
hält
, zumal dieser es anderen Fürsten wie der Landgräfin von Hessen gibt,
28
Servien und d’Avaux es sogar bei im Rang unter W stehenden Fürsten ge-
29
brauchen
. Dahero I. H. G. sich ihrenthalben gleich anfangs zu beschweren
30
gehabtt, hettens aber amore boni publici, und damitt durch solche disputat
31
die tractatus nicht gehindert, unnd die zeitt verlohren, tacite passiren laßen,
32
zumahln sie durch der frembder titulatur wedder geringer noch größer
33
würden gemacht, auch nach geendigtten tractaten eben derjenige, der ietzt,
34
bleiben werde. Er hat, als d’Avaux und Servien Bayern den Exzellenztitel
35
verweigern wollten und ihn Geringeren wie Venedig und Savoyen gaben,
36
ihnen auch angedeuthet, wan man dergestaldt alles wollte disputiren, wehrde
37
man zue den tractaten so baldt noch nicht schreyten konnen. Die Ksl. werden
38
wohl ohne besonderen Befehl Altezza nicht geben; mit den Bayern will W
39
sprechen.

40
1645 VI 28
Mittwoch Mitteilung d’Avaux’: Da Brandenburg den
41
Titel Altezza gibt, wird Bayern allein ihn hoffentlich nicht verweigern

[p. 228] [scan. 278]


1
[...]. W soll von allen drei französischen Gesandten wie andere Reichs-
2
fürsten angeredet werden.

3
Mitteilung Chigis: Endlich erreicht, daß Spanier und Franzosen ihre wei-
4
teren Gesandten allein empfangen und von anderen keine Entgegenschickung
5
verlangen [...].

6
Davon Mitteilung an die Brandenburger. Diese befürchten, Contarini werde
7
es, wie neulich schon bei den Ksl. angedeutet, dahin interpretieren, daß es
8
ein von den churfürstlichen gesuchtes und procurirtes dingh seye; auf die
9
Entgegnung, daß dieße negotiation vom hern nuncio proprio motu vorgan-
10
gen unnd davon I. H. G. ehender nicht, alß re iam facta vorkommen, ver-
11
sprechen
sie ihre endgültige Erklärung für morgen.

12
W mit den Kölnern bei den Bayern. Da der jetzt gefundene Ausweg den
13
Vorschlägen der Kurfürstlichen entspricht, will man es beiderseits dabei
14
belassen; falls Contarini doch entgegenschickt, braucht man sich nicht
15
darum zu kümmern, solange Chigi, Ksl. und Spanier es nicht tun, ia es
16
würde solchen falß viellmehr dem Venediger zur disreputation geraichen
17
indehme ein jedwedder darauß zu schließen, daß er singular und mitt fleiß
18
irrungen zu erwecken suche. W: Bericht über die gestrige Andeutung
19
d’Avaux’; Contarini beginnt zu wanken, er selbst muß auf seine Stellung
20
als Reichsfürst Rücksicht nehmen und sieht nicht, wie er den Titel Altezza
21
verweigern kann, wenn man ihn ihm vorher gibt; Wittgenstein hat ihn
22
schriftlich schon zugestanden. Die Bayern erinnern an die Weisung des
23
Kurfürsten, sich nicht zu weigern, wenn die übrigen Kurfürstlichen zur
24
Bewilligung neigen; sie halten für billig, Longueville höher als die anderen
25
französischen Gesandten zu titulieren, wollen aber eine Versicherung, daß
26
dieser den Kurfürstlichen den Exzellenztitel gibt. W will sich deshalb
27
an d’Avaux wenden.

28
Mitteilung an die Brandenburger: Die Bayern mit dem Nichtentgegen-
29
schicken
einverstanden. Die Brandenburger halten etwa schwer, dießen
30
modum einzugehen, sonderlich da res in tantum vulnerirt, und der Venetia-
31
nische so offentlich contradicirt, auch gegen die Kayserlichen, daß die
32
res publica der praecedentz befuegt, außtrucklich vernehmmen laßen. Unnd
33
werde es so gnaw nicht hergehen, daß von der herrn churfürsten reputation
34
und hocheitt nicht wenigst etwas im stich bleibe; wüsten zwar ihres theilß
35
dagegen nicht zue moviren, seyen aber sorglich dabey, unnd hofften I. H.G.
36
sambtt den herrn Churbayerischen den sachen hochvernünfftig nachzu-
37
dencken, indehme sie, alß primi in ordine, da Brandenburg der letzter, be-
38
lieben würden. W läßt die Gewährung des Titels Altezza empfehlen,
39
zumal Wittgenstein schon vorangegangen sei und andernfalls Schwierigkei-
40
ten
wegen des Exzellenztitels zu befürchten seien. Ob dieser gegeben werde,
41
könne man bei Notifikation der Ankunft ersehen und sich danach rich-
42
ten
. Die Brandenburger geben, was Wittgenstein betrifft, die Tatsache
43
zu, sehen darin aber kein Präjudiz für die gemeinsame Entscheidung, der
44
sie sich anzuschließen versprechen. Sie bezweifeln, ob bei Wegfall des Ent-

[p. 229] [scan. 279]


1
gegenschickens
die Notifikation stattfindet, und rechnen damit, daß man
2
nun zu dem Angekommenen zuerst schicken müsse.

3
Mitteilung davon an die Bayern. Die der Churbrandenburgischen andt-
4
wortt quoad 1. dahin außgedeuthet, daß sie diesen modum, daß entgegen-
5
schicken zue unterlaßen, ungehrn unnd vielleicht lieber gesehen hetten, daß
6
es mitt dem Venedier ad extrema kohmmen, unnd er auß empfangenen
7
disgusto davongezogen wehre. Beym zweythen, ließen sie nachmahln bey
8
deme, daß man daß praedicatum Altezza nicht zu verweigeren, gleichwoll
9
die Frantzosen zu ersuchen, daß sie auch solches dem Venetianischen zu-
10
muhten möchten. Wegen des dritten möchte man sich beim hern nuncio,
11
wie ers zu haltten gedächte, erkündigen, unnd mitt dießen geringen, dah
12
man in höheren wegen deß praedicati condescendirt, keinen wiederwillen
13
veruhrsachen.

14
1645 VI 29
Donnerstag Mitteilung der Brandenburger: Mit dem
15
Nichtentgegenschicken einverstanden, doch möge W darauf achten, ob
16
Contarini sich daran hält, und notfalls den Vorrang der Kurfürstlichen
17
behaupten lassen. Da Wittgentsein wegen des Prädikats Altezza den übri-
18
gen
Kurfürstlichen nicht vorgreifen wollte, steht die Entscheidung bei
19
diesen. Wegen sofortiger Schickung an Longueville oder Abwarten der
20
Notifikation wollen sie sich als letzte in der Reihenfolge nach W und den
21
Bayern richten. W: Glaubt nicht, daß Contarini als einziger entgegen-
22
schicken
wird, zumal er den Kurfürstlichen dadurch kein Präjudiz zufügen
23
kann, wil aber guette obacht zu haben nicht unterlaßen. Ad 2., weylen es
24
eine geschehene sach, hette mans zwarn dahingestelt sein zu laßen, sonsten
25
aber billich von solchen sachen die churfürstlichen der gleichheit halber
26
zuvor zue communiciren [...]. 3. Da nicht entgegengeschickt wird, steht er
27
wegen der Notifikation an; man weiß, daß wegen ihrer Unterlassung
28
Oxenstierna drei Monate lang Lamberg den Besuch verweigert hat und
29
umgekehrt aus dem gleichen Grund hier in Münster W und die Ksl. dem
30
Oxenstierna [...]; man werde vorhero sich recht befragen müeßen, damitt
31
nicht zuviell, oder zuwenig gethan wehrde, unnd sonderlich wie es die
32
mediatores unnd Kayserliche zu haltten gemaint

41
32 sein [...] an Bayern 1645 VI 30
sein [...].

33
1645 VI 30
Freitag [...]. Einzug Longuevilles, dem die Bayern von
34
Ws Quartier aus zusehen [...].

35
Anfrage Wittgensteins: 1. Soll man sofort zu Longueville schicken oder die
36
Notifikation erwarten? 2. Will man das Prädikat Altezza geben? 3. Soll
37
man versuchen, daß Longueville die Besuche ohne Unterschied der Ord-
38
nung in der Reihenfolge der Anmeldung annimmt, damit Streit mit Conta-
39
rini vermieden wird? Zumindest möge diesem einer der Kurfürstlichen
40
zuvorkommen, damit er nicht überall der erste gewesen ist. Antwort

[p. 230] [scan. 280]


1
nach Beratung mit den noch anwesenden Bayern: 1. W hat sich bei
2
Nassau erkundigt; da auch dieser unschlüssig ist, soll durch die Mediatoren
3
erfragt werden, wie Longueville es wünscht. 2. Man will Altezza geben,
4
wenn er Exzellenz gibt; W wird ihn so titulieren wie dieser ihn. 3. Man
5
wird den Ksl. nicht vorgreifen können, doch will Nassau sofort die für
6
seinen Besuch bestimmte Zeit mitteilen und W dann versuchen, daß die Kur-
7
fürstlichen Contarini zuvorkommen.

8
Mitteilung d’Avaux’ durch Préfontaines: Wenn W zu Longueville schicken
9
lassen wolle, möge er d’Avaux immediate zuvor davon avisiren laßen
10
[...]. Wozue I. H. G., wiewol unwissend was er hiebey fur eine inten-
11
tion hette, sich willig erpotten; mit dem anhang, das sie sich versehen tate,
12
das bei der abredt und seiner gegebner assecuration, das so woll sie alß die
13
Curbairische gebirendes tractament empfangen.

14
Erkundigung bei Nassau, worauf mitgeteilt wird: Die Mediatoren haben
15
wegen Notifikation oder sofortiger Begrüßung sich bei d’Avaux erkundigt,
16
der sofort fragte, ob man Altezza gebe; als das verneint wurde, antwortete
17
d’Avaux, er konte ihnen nit rathen, wusste auch nit, waß der Longavilla
18
thuen wollte. Darauf haben die Mediatoren zu Longueville geschickt, der
19
den Abgesandten nicht vorließ und sich entschuldigte, er sei von der Reise
20
müde. Da Nassau befürchtet, sein Vertreter werde ebenso behandelt,
21
konnte er sich noch nicht zur Begrüßung entschließen und will morgen mit
22
Volmar beraten. Er hat Nachricht, daß die Brandenburger schon zu Lon-
23
gueville
geschickt haben.

24
Mitteilung davon an die

40
24 Bayern.] an Köln 1645 VII 1
Bayern.

25
1645 VII 1
Samstag Mitteilung d’Avaux’: Longueville wird W wie
26
andere Reichsfürsten titulieren und die anderen Kurfürstlichen mit Exzel-
27
lenz, falls ihm Altezza gegeben wird. Nochmalige Bitte, W und die Bayern
28
mögen ihn benachrichtigen, wenn sie an Longueville schicken wollen. W
29
sagt zu, doch kann er den Ksl. nicht vorgreifen.

30
Mitteilung Wittgensteins

41
In Münster 1645 VII 1–4.
, nachdem W sich entschuldigt hatte, ihn wegen
31
Unwohlseins nicht selbst empfangen zu können: 1. Zu sehen, daß Contarini
32
keine weiteren Schritte zum Nachteil der kurfürstlichen Präeminenz gestat-
33
tet werden, worauf sein Herr wieder stark gedrungen hat. 2. Die Besuche bei
34
Longueville mögen ohne besondere Reihenfolge stattfinden, zumal die Ksl.
35
sich so schnell wegen der Titulatur nicht entscheiden können und Wittgen-
36
stein bald nach Osnabrück zurück muß. 3. Beförderung der Lengericher
37
Konferenz, damit man sich über das Osnabrücker Bedenken des modi con-
38
sultandi beraten kann. W: 1. Da das Entgegenschicken allgemein unter-
39
blieb, hat Contarini keinen Vorteil gegenüber den Kurfürstlichen erlangt.

[p. 231] [scan. 281]


1
2. Zweifel, ob es ohn offension der Kayserlichen sich practiziren laßen
2
wolt. Nassau hat mit befrembdung mitgeteilt, daß Wittgenstein vor allen
3
anderen Longueville hat begrüßen lassen; so wüsten sich auch sie Chur-
4
brandenburgische selbst noch wol zu erinnern, was zue Oßnabruck fur dis-
5
gusto zwischen ihnen und den Mainzischen umb deßwillen, daß sie die
6
visita von den Schwedischen vor den Churmainzischen empfangen, vor-
7
gangen. 3. Für die Gesamtkonferenz schlägt W im Einverständnis mit den
8
Bayern Münster vor, wo im Augenblick nur die Mainzer fehlen. Der
9
Brandenburger nimmt die Antwort ad referendum und entschuldigt die
10
Begrüßung: Wittgenstein habe schnell nach Osnabrück reisen müssen, habe
11
Longueville als alten Bekannten nicht warten lassen wollen, zumal er
12
wußte, daß dieser die sofortige Begrüßung wünschte; so sei Contarini der
13
Vorsprung abgewonnen worden und es entspreche dem Brauch an allen
14
Höfen, daß bey den visiten kein ordnung observirt, sondern wer zum
15
ersten darzu gefast, selbige auch zum ersten zu verrichten pflegte.

16
Davon Mitteilung an Nassau; Notwendigkeit der sofortigen Begrüßung
17
Longuevilles. Nassau: Will mit Volmar beraten; Anbringen Wittgen-
18
steins bei ihm ähnlich wie bei W.

19
W an Nassau: Nochmaliges Drängen wegen der Begrüßung; Nassau ver-
20
tröstet auf die Besprechung mit Volmar.

21
Anfrage bei den Brandenburgern wegen Abhaltung der Gesamtkonferenz in
22
Münster. Diese haben Bedenken, da Lengerich vereinbart ist. – Ab-
23
sprache mit den Bayern, wobei vereinbart wird, deshalb an die Mainzer zu
24
schreiben. – Mitteilung davon an die Brandenburger, die in diesem Sinn
25
an ihre Osnabrücker Kollegen schreiben wollen.

26
Buschmann bei den Bayern: Anbringen der Brandenburger. Da die
27
Bayern anschließend Wittgenstein erwarten, wollen sie mit ihm darüber
28
sprechen. Sie sind für Abhalten der Konferenz in Münster, finden auch die
29
promiscuas visitationes ihres theylß etwas bedencklich, zumaln es das an-
30
sehen hab, daß die Churbrandenburgische uberall zum ersten (wie ihnen
31
dan zu Oßnabruck von den Schwedischen auch geschehen) die ehr darvon
32
tragen wolten. Die Begrüßung Longuevilles nicht mehr zu verzögern; sie
33
wollen sich unmittelbar nach W bereithalten.

34
Da die Ksl. immer noch zögern, schickt W zu Longueville nach vorheriger
35
Benachrichtigung d’Avaux’ [...].

36
Schreiben Volmars

42
Anlage 111: Volmar an Reck 1645 VII 1.
, auf das geantwortet wird, wegen des Zögerns der Ksl.
37
habe man mit der Begrüßung Longuevilles nicht länger warten können.

38
Gegenbesuch der Vertreter Longuevilles, die W auch den Titel Altezza
39
geben.

40
Nachricht von vertrawtem orth, daß in Osnabrück die Magdeburger Ge-
41
sandten

43
Konrad von Einsiedel (1597 1668), magdeburgischer Geheimer Rat; Dr. Johann Krull
44
(1610–1668), Syndikus des Kapitels.
mit allerhand bösen und schädlichen rhatschlagen umbgehen,

[p. 232] [scan. 282]


1
gestalt dan die uncatholische sich deßen gewaltig beruhmen, wie dan auß
2
Oßnabruck hieher geschrieben sein solle, daß die Magdeburgische abge-
3
sandte gar stattliche consilia ad omnium admirationem et satisfactionem
4
fuhren, sonderlich aber auf reformation des Prager friedens tringen, und
5
also wol abzumercken, daß selbiger administrator seines herrn vatters con-
6
siliis nicht in allem beypflichte.

7
W an Wittgenstein: Begrüßung; Entschuldigung wegen Nichtannahme des
8
Besuches. Wittgenstein äußert, daß man Longueville besser entgegen-
9
geschickt
und umb die praecedenz mit dem Venediger sich geraufft hette,
10
alß dan man gesehen, welcher theyl sich manuteniren konnen.

11
Schreiben an die Mainzer

38
Anlage 112 (W an Mainzer Gesandte in Osnabrück 1645 VII 1): fehlt.
.

12
Mitteilung Nassaus: Als Vertreter der Ksl. Longueville unter Verwendung
13
des Titels Exzellenz begrüßen wollten, sind sie nicht vorgelassen worden
14
[...].

15
1645 VII 2
Sonntag Äußerung Volmars an Buschmann: Ksl. und
16
Spanier wollen an Longueville vorerst weder weiter schicken noch den
17
Besuch anbieten. Drängen auf die kurfürstliche Gesamtkonferenz, die in
18
Münster stattfinden soll.

19
Mitteilung der Bayern: Wittgenstein hat gestern bei ihnen geäußert, auch
20
die Ksl. befürworteten Besuche bei Longueville ohne Einhalten der Reihen-
21
folge; Longueville wolle die Gegenbesuche ohne Ansehen der Person in der
22
Reihenfolge der Besuche machen. Da die Bayern fürchten, die Brandenbur-
23
ger wollten wieder den Vorsprung gewinnen, möge W ohne Verzug Lon-
24
gueville besuchen. W will sich deshalb bei Nassau erkundigen. – W
25
schickt dann an Nassau, doch befinden sich bei diesem gerade die Branden-
26
burger.

27
1645 VII 3
Montag Reck/Buschmann bei den Ksl. . Diese teilen die
28
Bedenken der Osnabrücker Stände über den modus consultandi mit

40
Anlage 113–114: Projekt Köberlins über ius suffragii und modus deliberandi (Druck:
41
J. G. Meiern I S. 457 ff); Bedenken der Osnabrücker Stände über den modus consul-
42
tandi (Druck: J. G. Meiern I S. 465 ff).
und
29
bitten um Beratung mit Bayern und Brandenburgern. Der gestern von den
30
Bayern mitgeteilten Äußerung Wittgensteins widerspricht Nassau: Er habe
31
diesem gegenüber das contrarium [...] sustinirt und auf den Einwand, die
32
Kurfürstlichen könnten wegen der ksl. Bedenken in der Titelfrage nicht
33
ihre Besuche unterlassen, geantwortet, wie sie ihnen wegen der Besuche nit
34
zu rathen wißen, also wolten sie ihnen auch kein maß noch ziel setzen,
35
konden gleichwol diß unvermelt nit laßen, daß wie von Ihrer Kayserlichen
36
Maiestät sie befelcht, der herrn churfürsten hocheit und wurde ingesambt
37
und in parte sich bestens angelegen sein zu laßen, also wolten sie hingegen

[p. 233] [scan. 283]


1
verhoffen, die herrn churfürstlichen werden Ihrer Kayserlichen Maiestät
2
hohen respect, alß glieder ihres oberhaubts, in obacht zu halten genaigt
3
sein.

4
Mitteilung davon an Bayern und Brandenburger.

5
1645 VII 4
Dienstag [...]. Antwort der Mainzer

43
Anlage 115 (Mainzer Gesandte in Osnabrück an W): fehlt.
. – Mitteilung an
6
Bayern und Brandenburger. Die Bayern für Abhaltung der Konferenz in
7
Münster, wo nur die Mainzer fehlen, die ohnehin Befehl haben sollen, bald
8
hierherzukommen. Die Brandenburger antworten, man habe Nachricht,
9
daß vor allem die Ksl. in Osnabrück auf Lengerich beständen.

10
Mitteilung davon an Volmar. Dieser schlägt vor, daß die hiesigen Stände
11
hier beraten und das Ergebnis nach Osnabrück schicken.

12
Mitteilung an die Bayern: Obwohl W die Reise nach Lengerich wegen
13
seines Gesundheitszustandes ungelegen kommt, will er, da Mainzer und
14
Brandenburger darauf bestehen und weiteres Zögern schädlich ist, einer
15
Konferenz in Lengerich am nächsten Montag zustimmen. Die Bayern
16
führen gegen Lengerich die Besuche bei Longueville und die Ankunft
17
Peñarandas sowie die Befürchtung an, daß von den Fürstlichen niemand
18
erscheinen und so die Konferenz wenig Erfolg haben werde, sind aber
19
bereit, sich W anzuschließen, wenn vorher die Besuche bei Longueville erle-
20
digt sind.

21
Mitteilung davon an die Brandenburger. Diese sind einverstanden, nur
22
möge man die Brandenburger in Osnabrück benachrichtigen. Der Konfe-
23
renz in Münster hätten sich lediglich die Ksl. widersetzt, die dem Kaiser
24
bereits eine Konferenz in Lengerich angekündigt hatten und deshalb keine
25
Änderung mehr zulassen wollten.

26
Mitteilung davon an Volmar, der mit Nassau reden will.

27
Volmar an Buschmann: Ankunft Peñarandas heute. In der Instruktion für
28
Peñaranda ist den Kurfürstlichen der Exzellenztitel nicht gegeben, da man
29
bei seiner Abreise in Madrid davon noch nicht wußte; von Brüssel aus hat
30
der Gesandte um Verhaltensbefehle geschrieben, vor deren Eintreffen er
31
keine eigenmächtigen Schritte unternehmen kann, doch bleiben Saave-
32
dra
und Brun beim bisherigen Brauch. Buschmann: Daß nichts gewis-
33
sers, alß daß dieser newer einwurff den churfürstlichen herrn gesandten
34
uber alle maßen frembd vorkommen werde, wie man dan auch nit sehen
35
konne, was der conte hiebey fur bedenckens haben konne, da auch die ihm
36
ohne Zweifel im Rang vorgehenden Ksl. das Prädikat geben. So würden die
37
Kurfürstlichen entweder Peñaranda nicht besuchen oder ihm das Prädikat
38
geben, das er ihnen gibt. Volmar: Die Besuche eilen nicht, da auch die
39
Ksl. sie vor Bereinigung des Besuchsstreites mit Longueville nicht ablegen
40
können.

41
Mitteilung davon an Bayern und Brandenburger. Diese um so mehr
42
befremdet, als Saavedra und Brun angewiesen sind, sich nach den Ksl. zu

[p. 234] [scan. 284]


1
richten. Portmann fügt hinzu, man müsse auf zweierlei bedacht sein, auf
2
Erhalt des Exzellenztitels und darauf, daß man Contarini zuvorkomme.
3
Bericht über den Einzug Peñarandas [...].

4
Schreiben an die Mainzer zur Beförderung der Lengericher Konferenz

40
Anlage 116 (W an Mainzer Gesandte in Osnabrück 1645 VII 4): fehlt.
.

5
Anfrage Portmanns: Ist zuerst Peñaranda oder der schon länger hier be-
6
findliche Bischof von Herzogenbusch zu begrüßen? [...].

7
1645 VII 6
Donnerstag Anfrage bei den Bayern: 1. Titularstreit mit
8
Peñaranda; 2. Besuche bei Longueville. Antwort: 1. Die Beilegung durch
9
Volmar, der davon Anregung getan hat, oder bei Saavedra mit dem Hin-
10
weis zu versuchen, daß die übrigen spanischen Gesandten den Titel gäben;
11
man werde nicht verhüten können, daß Contarini die Begrüßung vorher
12
verrichtet wird, doch hat das keine Bedenken, wenn man ihm nur mit dem
13
Besuch zuvorkommt. Peñaranda ist als Hauptgesandter vor dem Bischof
14
von Herzogenbusch zu besuchen, zumal dieser sich beim Einzug Peñaran-
15
das zum ersten Mal öffentlich gezeigt hat. 2. Mit den Besuchen bei Longue-
16
ville ohne weiteres Zögern morgen zu beginnen, nachdem man die Ksl. in
17
Form der Mitteilung, nicht Anfrage, in Kenntnis gesetzt hat; sonst ist zu
18
befürchten, daß Contarini, der über den Titel Altezza mit den Franzosen in
19
Verhandlung steht, den Kurfürstlichen zuvorkommt.

20
Mitteilung davon an den Brandenburger

41
Wohl Portmann, da nach Weggang Wittgensteins auch Heiden 1645 VII 4 kurzfristig
42
verreist war; im Folgenden ist dann wieder von ‚Brandenburgern‘ die Rede.
. Dieser schließt sich in beiden
21
Punkten an, nur soll man sich sofort unmittelbar an Saavedra wenden. In
22
Abwesenheit seiner Kollegen kann er Longueville nicht besuchen, doch
23
genügt es, wenn einige Kurfürstliche Contarini zuvorkommen.

24
Buschmann bei Volmar (da Saavedra, zu dem er eigentlich sollte, nicht zu
25
sprechen war): Wird Peñaranda lieber sein, daß Begrüßung und Besuch
26
unterbleiben oder daß ihm eben daß tractament, so er den churfürstlichen
27
anthuen würde, zurugkgegeben werde? Volmar: Die Besuche eilen
28
nicht, da Peñaranda krank ist und die Ksl. erst die Angelegenheit Longue-
29
ville
bereinigen müssen. Entsprechend dem seinerzeit von den Ksl. gegen-
30
über
den Kurfürstlichen benutzten Ausweg können die zur Begrüßung
31
Geschickten den Titel Exzellenz geben, wogegen Volmar sich bei Peña-
32
randa
zu erwirken traut, daß dessen Bediente ihn auch gegenüber den
33
Kurfürstlichen gebrauchen.

34
Mitteilung davon an Bayern und Brandenburger. Die Bayern sind einver-
35
standen, meinen aber doch, man solle bei Saavedra die Sache endgültig zu
36
regeln versuchen. Die Brandenburger fürchten, daß einem Vorgriff Conta-
37
rinis nicht genug vorgebaut sei, und regen an, ob nicht die Ksl. zu ersuchen
38
seien, bis zur Regelung der Sache ihre Besuche bei Peñaranda auch zu ver-
39
schieben. Sie nehmen davon Abstand, als eingewandt wird, die Ksl. könn-

[p. 235] [scan. 285]


1
ten von den Kurfürstlichen das gleiche hinsichtlich der Besuche bei Longue-
2
ville

41
2 fordern] an Bayern/Köln 1645 VII 7/8
fordern [...].

3
Durch unauffällig eingezogene Kundschaft erfährt W, daß bisher nur
4
Mediatoren und Ksl. Peñaranda haben begrüßen lassen.

5
[...]

6
1645 VII 8
Samstag D’Avaux/Servien an W: Bitte um Interposi-
7
tion Ws, da die Ksl. heute Peñaranda besuchen wollen und Longueville
8
jeden Besuch der Ksl. ablehnen wird, wenn die Ksl. ihn, der zuerst gekom-
9
men ist, nicht vorher aufsuchen.

10
Anfrage bei Volmar ohne Erwähnung des französischen Schrittes: Stel-
11
lung
Peñarandas zu Volmars Vorschlag; wer hat sich bisher zum Besuch
12
angemeldet? Volmar: Da Peñaranda sich nicht wohl befindet und auch
13
lieber die Resolution aus Spanien abwarten will, sollen vorerst die Besuche
14
eingestellt bleiben, wie er gegenüber Buschmann schriftlich näher ausge-
15
führt
hat. Zur Begrüßung haben Chigi und Contarini, und zwar letzterer
16
vor ihnen, geschickt, zum Besuch hat sich noch niemand angemeldet. Den
17
Ksl. ist für heute nachmittag die Zeit bestimmt, doch sollen die Franzosen
18
deshalb unzufrieden sein; zu erwarten, ob diese daraufhin die Forderung
19
nach dem Titel Altezza aufgeben. Kaiserlicherseits hat man einmal an
20
Longueville geschickt und ist schlecht behandelt worden, man hat kein
21
ursach, sich hierumb ferner zu bekummern, es were dan, daß die Franzosen
22
anderst sich bezeigeten, und die sach etwas wieder redressirten.

23
Noch bevor diese Nachricht an W kommt, wird Volmars schriftliche Ant-
24
wort an Buschmann eingereicht: Peñaranda hat durch Saavedra seinen
25
guten Willen gegenüber den Kurfürstlichen und den Wunsch nach vertrau-
26
ensvoller Zusammenarbeit ausgedrückt; da er bald positive Antwort aus
27
Madrid erwartet, schlägt er vor, bis dahin die Besuche zu verschieben.

28
Buschmann an Volmar: Anbringen von d’Avaux/Servien. Vorschlag, daß die
29
Ksl. Longueville zuerst besuchen und ihn in tertia persona Vestra Celsitudo
30
Illustrissimus Dominus Dux anreden, womit er zufrieden sein soll. Vol-
31
mar
: Diesen Vorschlag hat ihm d’Avaux durch eine dritte Person auch
32
gemacht; er hat bei Saavedra angefragt, ob die Spanier damit einverstan-
33
den
sind, da ihnen der Besuch vorher angekündigt war.

34
Mitteilung der Bayern: Gleiches Anbringen der Franzosen wegen des
35
Besuchs der Ksl. – Ähnliche Mitteilung der Brandenburger. – Bericht
36
Buschmanns: Antwort Volmars. – Mitteilung davon an Bayern, Branden-
37
burger
und d’Avaux. Dieser dankt mit dem Zusatz, er verpühre woll, daß
38
I. H. G., wie auch die herrn Churbayerische dießer sachen sich eyfferig an-
39
nehmmen, und gleich sie darauß, wie auch allen anderen actionen, wie
40
getrew und auffrichtig sie es meineten, abzusehen hetten, also wurden solche

[p. 236] [scan. 286]


1
proceduren bey künfftigen tractaten pro Germania und daß hauß Bayeren
2
guete effectus produciren. Er schlägt vor, daß die Ksl. an ihn eine Ent-
3
schuldigung
schicken, sie könnten wegen fehlender Ermächtigung zum Ge-
4
brauch
des Titels Altezza Longueville nicht aufsuchen, obwohl ihm der
5
Besuch zuerst gebühre, wollten Peñaranda aber nicht warten lassen und
6
durch die Umstellung kein Präjudiz begehen.

7
W, dem dieser Weg noch leichter erscheint, läßt Buschmann entsprechend
8
an Volmar berichten. Volmar: Die Spanier bestehen darauf, daß Peña-
9
randa
zuerst besucht wird. Auf seinen Einwurf, sie hätten nur Anspruch
10
auf den Besuch zu der verabredeten Zeit, zumal Longueville die visita
11
nicht wegen praerogativ, sondern erster ankunfft halber gegeben wurde,
12
hat Saavedra nur geandtworttet, alß das es die Spanier also nicht verstehen
13
köntten. Unnd ihnen endtlich lieber, wan ie eines von beenden sein soltte, die
14
Frantzosen alß Spanier zue offendiren. Der neue Vorschlag Buschmanns
15
scheint ihm unbedenklich; er will davon Nassau berichten, betont jedoch,
16
daß nach dem bisherigen Verhalten Longuevilles die Ksl. nicht verpflichtet
17
seien, ihm die Visite anzubieten.

18
Mitteilung an d’Avaux. – Buschmann bei den Bayern: Haltung der Spa-
19
nier wegen des Exzellenztitels. [...].

20
Brasset bei W: Abschied wegen seiner Abreise nach Holland

42
Brasset war zum französischen Residenten in Den Haag ernannt worden.
.

21
W an Longueville: Anmeldung des Besuches. Longueville berichtet dabei, er
22
habe Contarini die Visite vor den Kurfürstlichen abgeschlagen und ihm nur
23
freigestellt, mit Chigi zur Behandlung von Geschäften zu kommen. [...].

24
1645 VII 9
Sonntag W/Kölner bei Longueville, der W als gleichrangig
25
behandelt. Begrüßungen. Beteuerungen des Friedenswillens. Longueville:
26
Schuld der Spanier am Krieg. Gestern haben die Mediatoren den Franzosen
27
zu verstehen geben, daß sie sich getrauwten, wan ahn seythen der crohn
28
Franckreich man zue einem anstandt der waffen nicht ungeneigt, alßdan
29
solches von dem Kayser, und der crohn Spanien gleicher gestalt zu erlan-
30
gen. Er und ermelte seine collegen hetten sich darauff erclehrt, daß das
31
armistitium sie keinen wegh zum frieden zue sein beduncke, dan die Spa-
32
nier solche ahrt haben, daß wan eß umb ihre sachen schlecht stehe, sie nur
33
zeitt und weill, damitt sie ihre vires unterdeßen colligiren können, zue
34
suchen pflegten, dardurch sie aber zum frieden, alß welchen sie, wan sie
35
nicht extreme gedrucktt, nicht begehrten, viellweniger veruhrsacht. Eß
36
wurde ihnnen doch den Frantzosen gebühren, die conditiones solches armi-
37
stitii und auff waß für eine zeitt selbiges ansehen, auch waß darunter be-
38
griffen zu vernehmen, dehme vorgangen, hetten sie es ihren alliirten vorzu-
39
haltten, deren gedancken darüber zu erförderen, und demnegst ahn ihre
40
königin zu gelangen. I. H. G. haben dießes puncti halber sich mitt ihme
41
zu vertieffen darumb bedenckens getragen, auff daß es nicht daß ansehen

[p. 237] [scan. 287]


1
gewinnen möchte, alß thette man dießerseyts die Frantzosen bitten,
2
zumahl sie dadurch desto mehr und stercker ahn sich zu haltten ursach
3
gewinnen würden, sondern habens blößlich dabey bewenden laßen, daß
4
ihres wißens wedder ahn die Kayserlichen noch churfürstlichen von den
5
mediatoribus ichtwas gebracht, sie woltten aber sowoll vor ihr haubtt dem
6
werck nachdencken, alß mitt anderen churfürstlichen sich darauß bespre-
7
chen. Negst dießem hatt er ein discurs von den churfürsten des reichs
8
und wie hoch dieselben bey der crohn Franckreich in consideration wehren,
9
angefangen, dabey vermeldent, daß umb eines churfürsten willen (womit er
10
auff Trier gedeutet) der krieg zum ersten angefangen, und könne Franck-
11
reich einmahl nicht geschehen laßen, daß die churfürsten also umb ihre
12
freyheit gebracht, unnd dem Kayser offen stehe, sich deren und des reichs
13
mittelen zue mißbrauchen; so seye es auch fast dahin kommen, daß den
14
churfürsten die freye wahll benohmmen, und sie gleichsamb genöthigt, die
15
Kayserliche crohn continuirlich bey einem hauß zu laßen. Hierauff
16
replicirten I. H. G., daß gleich wie die churfürsten keineswegs schuldich in
17
der election iedereitt bey einem hauß zu bleiben, also würde es auch wieder
18
deroselben freyheit sein, wan ihnen wollte verbotten werden, auß demjeni-
19
gen hauß, wo sie es dem reich pro rerum circumstantiis nützlich ermeßen,
20
einen Romischen Kayser ihres gefallens zu erwehlen. Er Longeville
21
andtworttete, sie begehrten den churfürsten ihre libertet der wahll nicht zu
22
benehmmen, suchten aber daß solche libertet nicht nominalis, sondern realis
23
sein möchte, dafür es aber nicht gehaltten werden könne, wan man derge-
24
staldt bey lebzeitten des Kaysers zue der wahll eines Römischen königs
25
schreyte, weyln man woll wiße, waß alßdan für artificia, die succession bey
26
des Kaysers posteritet zu erhaltten, gebraucht würden, indehme der einer
27
minis, der ander persuasionibus dahin gebracht, zue zeitten auch die con-
28
siliarii auff allerley weiß gewönnen, ihren hern etwas einzurahten, so dero-
29
selben wahren und rechten interesse schädlich und zuewider; es würde
30
aber wenigstens einmahl eine interruption sein müeßen, wan man anderst
31
dafürhaltten und glauben sollte, daß die churfürsten bey einem hauß prae-
32
cise zu bleiben nit obligirt. Alß nun I. H. G. hierauff zu verstehen
33
geben, daß einmahl die catholischen churfürsten ihre stimme nimmer einem
34
uncatholischen würden geben wollen, der catholischen häußer in Teutsch-
35
landt aber gahr wenig, und man dahero bey dem hauß Oisterreich zu blei-
36
ben gleichsamb woll genöthigt, hatt er alßbaldt darauff replicirt, daß die
37
Churfürstliche Durchlaucht in Bayern zum Kayserthumb qualifiziert gnugh,
38
und hetten dieselbe mitt ihrem hohen verstande und vorsichtigkeit (wan sie
39
darzue wehren erwehlet worden) daß reich in seine vorige harmonei leicht-
40
lich wieder bringen konnen; so wehre auch der hertzog von Newburg
41
catholisch, und möchten villeicht andere fürsten, wan sie spührten, daß
42
nicht eben daß reich bey dem hauß Osterreich bleiben müeste, sondern sie
43
auch dazue glangen könten, sich zum catholischen glauben villeicht desto
44
leichter disponiren laßen, wie es dan umb die Kayserliche crohn ein solches

[p. 238] [scan. 288]


1
ding, daß mannicher, damitt er dieselbe auff sein haubtt bringen könne, der
2
religion halber woll so gahr scrupulos nicht sein dörffte. Frühere Eroberun-
3
gen
Spaniens; was dieses mit dem Recht der Waffen seit Karl V. Frank-
4
reich
genommen hat, wie Neapel, Navarra, Mailand, Artois und Flan-
5
dern
, kann Frankreich jetzt mit demselben Recht zurückfordern. I. H.
6
G. haben hierauff replicirt, daß sich hier de iustitia et iniustitia armorum
7
sowoll itziges alß vöriger kriegen nicht disputiren ließe, dan man damit
8
nimmer zum endt kommen würde, giengen sie und das reich auch die auß-
9
lendische sach nichts ahn, sondern hette dahin allein zu sehen, waß für ein
10
expediens und mittel zue hin- und beyleggung dießer irrungen zu erfinden,
11
wobey sie dan ihn duc de Longeville hochvernunfftig consideriren ließen,
12
daß das gluck wanckel, und derjenige, dem solches heutt favorabel, morgen
13
leichtlich fallen köntte, und hingegen welche etwas under sich und zue-
14
rugkkommen, durch eine eintzige occasion sich leichtlich wieder erschwin-
15
gen könten, derowegen man dan nimmer den bogen zue hart spannen
16
müeste [...].

17
1645 VII 10
Montag Konferenz der kurfürstlichen Gesandten in Len-
18
gerich. Vormittagssitzung (siehe APW III A 1, 1 S. 159ff).

19
[...]. Vor Beginn der Nachmittagssitzung Gespräch Ws mit dem ihm von
20
früher bekannten Dr. Fritze: Auf die Frage, ob Brandenburg sich zur Ab-
21
tretung
Pommerns verstehen werde, beteuert Fritze, sie seien instruiert und
22
hätten auch Oxenstierna gesagt, das sie nit einen hoff abtretten wollen;
23
daruber hette der Ochsenstern sich verwundert; sie aber fragten nit dar-
24
nach, dan es weder publico imperii bono noch privato electoris geschehen
25
khonte; alß I. H. G. sagten, man miesste salvo honore das unziffer nit selb-
26
sten an den pelz sezen, sagt er eben diß seie es, das die exteri nur in das
27
reich sich zu sezen gedeckten; Curbrandenburg konte sich darzu nit ver-
28
stehen, dan allemal wan Schweden feindlich in das reich kommen wollte,
29
miesten des churfirsten landen zum ersten alßdan leiden; khlaget dar-
30
nach wie ubel sie noch in der Markh von den Schweden tractiert wur-
31
den, das sie umb den churfirsten auch solche recompens nit verdient.
32
2. Alß I. H. G. sagt, es seie zum besten das wir im reich zusamen und alle
33
exteros darauß hiellten, sagt er, ia freilich, und seie woll zu practicieren
34
dan die stend und er einander ainß sein miessten; die evangelische lassen
35
ihnen nit vorstehen, das die catholische sie gar vertilgen und auß dem reich
36
iagen wollen, hingegen weren sie gegen die catholische auch nit gemaint.

37
I. H. G. andwortteten, also seie es, hundert jar hetten die catholische und
38
evangelische mit einander gelebt, miesste noch lenger sein, und hette man
39
dißhalber die vertrag und reichsconstitutiones allerseits zu hallten. Wel-
40
ches er mit ia beandtwortet. [...]

41
Nachmittagssitzung (siehe APW III A 1,1 S. 173ff). Im Anschluß erinnert
42
W die Mainzer daran, die anwesenden Ksl. zu informieren. Bei der im
43
Stehen gehaltenen Umfrage begründet W seinen Antrag damit, daß man

[p. 239] [scan. 289]


1
etwaige Erinnerungen dann morgen berücksichtigen könne; die Information
2
soll durch die ordentlichen Deputierten Mainz und Bayern erfolgen. Bayern
3
stimmt zu, Brandenburg mit dem Anhang, daß die Deputation keine Reli-
4
gionssachen betreffe.

5
W bei den Ksl., denen er während der Sitzung seinen Besuch hatte anbieten
6
lassen; wegen Ankunft der Deputierten wird das Gespräch bald abge-
7
brochen.

8
1645 VII 11
Dienstag Vor der Sitzung trägt W den Mainzern vor:
9
Da Longueville über einen Waffenstillstand gesprochen hat und sich des-
10
halb bei W erkundigen wird, ist es sinnvoll, diesen Punkt heute auch zu
11
behandeln. Die Mainzer lehnen ab, da sie darüber vorher mit den Ksl. spre-
12
chen müßten.

13
3. Konferenz der kurfürstlichen Gesandten (siehe APW III A 1, 1 S. 186ff).
14
Nach der Sitzung dringt W nochmals in die Mainzer, sich bald in Münster
15
einzufinden.

16
Rückreise zusammen mit den Bayern. Kurz vor Münster trifft man
17
Volmar. W: Longuevilles Äußerungen zum Waffenstillstand; da
18
andere Bedenken hatten, ist dieser Punkt in Lengerich nicht zur Sprache
19
gekommen. Er sehe nicht, wie ein generale armistitium, weyln dazue die
20
Kayserliche und churfürstliche instruirt, zue difficultiren, sonderlich da
21
ihro bewust, daß der konig von Spanien gegen Ihre Kayserliche Maiestätt,
22
daß er gleichfalß damitt zuefrieden, sich vernehmmen laßen, also sich die
23
Spanische gesandten nicht würden opponiren konnen. Welches der herr
24
Volmari wahr zue sein affirmirt. Wabey I. H. G. movirt, wan ihro von
25
dem Longeville die revisita gegeben, ob nicht thuenlich, daß man sage, es
26
were weder an die Kayserliche noch churfürstliche bis dato nichts gelangt,
27
undt dafern es geschehe, undt man die rationes et fundamenta hören würde,
28
stünde nicht zu zweifeln, eß werde dasjenig, waß zu beforderung des frie-
29
dens immer dienlich, gern eingangen undt angenommen werden. Welches
30
dem Volmari woll gefallen.

31
1645 VII 12
Mittwoch [...] Domdechant von Verden

40
Johann Christoph Tserclaes von Tilly, Domdechant von Verden, Verdener Rat, Hof-
41
meister Bergaignes.
bei W. Als er
32
auf die unterlassenen Visiten der Kurfürstlichen bei Peñaranda kommt,
33
verweist W darauf, daß die Spanier selbst für die Verschiebung bis zum
34
Einlangen ihrer Resolution waren und sich deshalb nicht, wie der Dom-
35
dechant
andeutete, zurückgesetzt fühlen können. Auf den Einwurf, der
36
Exzellenztitel der Kurfürstlichen sei eine nicht vorhersehbare Neuerung
37
gewesen, erwidert W, es werde schon seit Januar darüber verhandelt, und
38
gibt einen Überblick über die Entwicklung dieser Frage. Und seye zu be-
39
thawern, daß eben von den Spaniern den herrn churfürstlichen (deren sie

[p. 240] [scan. 290]


1
sich doch sowoll in bellicis alß tractatibus pacis zue ihren vortheill gebrau-
2
chen wollen) dergestalt, und zwar in so geringer sach disgusto anzuthuen,
3
kein schew getragen würde. Daß nun hingegen auch die Spanische von den
4
herrn churfürstlichen auff gleiche weiß tractirt, und nicht mehrer mit dem
5
titul geachtet würden, hetten sie niemandt alß sich selbsten zue imputiren.
6
Bergaigne, mit dem es keine Titulaturschwierigkeiten gibt, hat er nur
7
deshalb noch nicht besucht, weil er secundus in ordine. Domdechant:
8
Außer der gemeinsamen hat Bergaigne wie Peñaranda noch eine Einzelvoll-
9
macht
; Peñaranda wird vielleicht bald wieder abreisen und Bergaigne
10
Primargesandter werden.

11
Nachricht anderwertsher: Peñaranda betont seine Vorrangsstellung gegen-
12
über Saavedra; Rangstreit zwischen Bergaigne und Saavedra; Castel Ro-
13
drigo auf seiten Bergaignes.

14
1645 VII 13
Donnerstag Landsberg bei Chigi: Lengericher Konferenz.
15
Bedauern Chigis über den ksl.-französischen Streit wegen des Titels
16
Altezza.

17
Domdechant von Verden bei W: Bergaigne bestürzt über den Inhalt der
18
gestrigen Unterredung; Bitte um Information im venezianischen Präze-
19
denzstreit
; Wunsch nach einer inoffiziellen Zusammenkunft mit W. Der
20
Domdechant meint, wenn man schon mit Peñaranda nicht verhandeln könne,
21
möge man es wenigstens mit den übrigen Spaniern tun. W: Biß dato
22
hetten sie ahn die churfürstlichen nichts gebracht, noch sie in langer zeit
23
visitirt, so wüsten auch sie keine materi, auß deren mitt ihnen hette tractirt
24
werden können; ihro soltte aber die occasion allezeitt lieb sein. Er: Eß
25
köntten die Spanier a consultationibus nicht excludirt werden. I. H. G.:
26
Ihr schuldt selbst seye es, dan die Spanische gesandten, so vorhin alhier sich
27
befunden, hetten allein plenipotentz in generali, die negotia Hispanica zu
28
respiciren; zum deputationsthag auch in dem fürstenrhadt andere speciales
29
deputati, alß der praesident von Lutzenburch

40
Peter von Weyms (1610 1650), Ratspräsident im Herzogtum Luxemburg; er traf
41
inkognito 1645 VII 19 in Münster ein.
, benennet, und seye eben
30
davon auch zue Lengerich vorgefallen, daß Oisterreich und Burgund mitt
31
der abordnung so langh cunctirten. W bejaht die Frage, ob der Erzbischof
32
von Cambrai am Fürstenrat teilnehmen könne, sieht aber Schwierigkeiten
33
wegen fehlender Konfirmation und

39
33 Regalienverleihung [...]] am Rande: an Köln/Bayern 1645 VII 14/15
Regalienverleihung
[...]

34
1645 VII 14
Freitag Anfrage bei d’Avaux: Besuche Longuevilles bei
35
Chigi und Contarini; haben die Ksl. vor dem Besuch bei Peñaranda zu den
36
Franzosen geschickt? D’Avaux: Die Entschuldigung ist veranlaßter-
37
maßen geschehen. Die Kontakte Longuevilles mit den Mediatoren waren
38
keine Formalvisiten.

[p. 241] [scan. 291]


1
Volmar bei W : Bericht der Mediatoren über ihre Verhandlungen mit den
2
Franzosen wegen eines Waffenstillstandes; die Franzosen haben sich zu-
3
nächst
auf die noch ausstehenden Erklärungen ihrer Verbündeten bezogen,
4
gestern aber abgelehnt; damit sehen die Mediatoren keine Aussicht mehr.
5
Die Ksl. haben auf ihre und der Kurfürstlichen Bereitschaft zum Stillstand
6
verwiesen, über die französische Erklärung wollen sie mit den Kurfürst-
7
lichen
beraten. Die Mediatoren ließen das dahingestellt, betonten aber, man
8
solle nach der klaren Absage nicht mit weiteren Bemühungen ihrerseits
9
rechnen.

40
9–14 Contarini – werden] am Rande: omittantur ahn Churcollen
Contarini hat erwähnt, wegen der Religionsgravamina würde

10
Schweden sich wohl damit zufrieden geben, wenn die im Prager Frieden
11
gesetzte Frist von 40 Jahren vom Friedensschluß an gerechnet werde;
12
damit glauben auch die Franzosen Protestanten und Katholiken gleicher-
13
maßen
gerecht zu werden. Auf Wunsch der Mediatoren soll diese Erklä-
14
rung
noch geheimgehalten werden. Von Sachsen über den Kaiser für seine
15
Gesandten erbetenen Pässe haben die Franzosen ihnen zugestellt, die
16
Schweden mit der Begründung abgelehnt, daß Sachsen im Präliminarver-
17
trag
und Reichsabschied nicht erwähnt sei, im Krieg mit ihnen stehe
18
und bei den Verhandlungen nit viel guts fir sie thuen würde. Dazu
19
wollen Nassau/Volmar nach Osnabrück schreiben, Sachsen sei in den
20
Generalgeleitsbrief eingeschlossen, 1641 sei trotz Deputation auf Mainz,
21
Köln und Brandenburg den übrigen Kurfürsten die Teilnahme ausdrücklich
22
freigestellt worden, Sachsen gehöre zu der von den Kronen besonders ein-
23
geladenen
Reichsdeputation; im übrigen erteile auch der Kaiser Pässe für
24
noch im Krieg gegen ihn Befindliche, bei Ausschluß von den Verhandlun-
25
gen
dürfe Sachsen gegen den Frieden protestieren. Frage des Entgegen-
26
schickens
bei Ankunft der Mainzer in Münster. W: Bei öffentlichem
27
Einzug Entgegenschickung durch die Kurfürstlichen, ob auch durch die
28
Ksl., alß welche mit denselben unum corpus constituirten, sei zu überlegen.
29
Mitteilung an Bayern und Brandenburger. Beide bedauern die französische
30
Entscheidung zum Waffenstillstand; doch fügen letztere an, es möge vil-
31
leicht zu befurderung des wercks dienlich sein, weylen sonst die tractatus
32
durante armistitio nit so eiffrig möchten getrieben werden. Die Verweige-
33
rung
des Passes für Sachsen halten beide für ungerechtfertigt; wegen des
34
Entgegenschickens halten die Bayern für besser, daß die Ksl. es mit Rück-
35
sicht
auf die anderen Mächte unterlassen, die Brandenburger wünschen es,
36
da Ksl. und Kurfürstliche unum corpus constituirten [...].

37
1645 VII 15
Samstag W und Bergaigne bei den Clarissen. Versiche-
38
rung
der spanischen Friedensliebe und der Absicht, eine vertrewliche gute
39
correspondenz mit den herrn churfürsten und catholischen stenden des

[p. 242] [scan. 292]


1
reichs zu fuhren. Castel Rodrigo über den Exzellenzstreit erschrocken und
2
der Meinung, man solle die Kurfürsten zufriedenstellen. Peñaranda hat
3
jedoch Weisungen einholen müssen. Beziehung der spanischen Gesandten
4
zueinander. Bergaignes Erhebung zum Erzbischof von Cambrai; sie ist vom
5
König durch bloße Nomination, vom Kapitel unerachtet eines Verbotes des
6
Statthalters auch durch Wahl vorgenommen worden. [...] Auf die Frage,
7
ob er die übliche Session im Fürstenrat haben könne, antwortet W, er sehe
8
nach Erhalt der päpstlichen Bestätigung und der Regalien keine Schwierig-
9
keit
.

10
1645 VII 16
Sonntag Mitteilung d’Avaux’: Longueville wird mor-
11
gen
mit den Gegenbesuchen in folgender Reihenfolge beginnen: D’Avaux,
12
Servien, Portugal, W, Bayern, Brandenburg, Savoyen [...]. Es ist ihnen
13
sammetlich commission zukommen, mit den churfürstlichen alle vertrew-
14
liche gute correspondenz und communication zu pflegen, und mit I. H. G.
15
wie auch den herrn Churbayerischen absonderlich [...]. W bemerkt in
16
der Antwort, er wisse von keinem portugiesischen Gesandten.

17
Mitteilung d’Avaux’: Die Mediatoren haben heute wieder auf einen Still-
18
stand
gedrungen. Zwar weiß man aus den bisherigen Gesprächen, daß W
19
und die Bayern gleicher Meinung sind, welche zue befurdern sie ihres
20
theylß auch gern cooperiren wolten, allein verdürben die Spanische inten-
21
tiones alles, und kondten sie auch von ihren alliirten, die zum armistitio
22
durchauß nit inclinirten, nicht abstehen. Übergang von La Mothe und Mar-
23
dyck

39
Mardyck in Flandern deckte Dünkirchen und war 1645 VII 10 von den Franzosen
40
erobert worden; nachdem die Spanier es 1645 XII 4 durch einen Überfall wieder-
41
gewonnen hatten, fiel es 1646 VIII 25 endgültig in französische Hand.
, Verluste der Spanier in Katalonien. Den Titel Altezza wollen die
24
Mediatoren für die Dauer der Verhandlungen jetzt zugestehen und auch
25
andere Gesandte dazu bewegen.

26
1645 VII 17
Montag [...] Longueville bei W in Beisein Landsbergs
27
und Buschmanns. W: Befremdet über die Verweigerung der Pässe für
28
Sachsen. Longueville: Daß die Schweden eben solche nicht verweigeren
29
woltten, darumb aber damitt zuerugkhieltten, daß von seythen Ihrer Kay-
30
serlichen Maiestät dem Ragozzi die passaportus difficultirt würden.

31
Worauf I. H. G. geantwort, das disparitet seie, Cursachsen gehöre essen-
32
tialiter zum reich und disen tractaten, Ragozzi aber gienge das reich nichts
33
an. Longueville: La Mothe, Mardyck, Katalonien; französische Frie-
34
densliebe
trotz dieser Erfolge. Herzog von Lothringen, für den beßer seye
35
keine öhrter in seinem gewaldt mehr zu haben, weylen er doch, alßlangh er
36
sie habe, nur glegenheit suche, wie er selbige verliehren könne [...].

37
Hierauff ist ihme replicirt worden, daß man nicht zweiffelen kontte, es
38
wehrde dem hertzogen sein landt und leuthe wieder restituirt werden, zu-

[p. 243] [scan. 293]


1
mahln ihre articuli propositionis deßen selbsten meldung thuen, und alles in
2
den standt wiederumb zue setzen begehren, wie es anno 1618 gewehsen.

3
Worauff er lachent zur andtwortt geben, daß sie der meinung gahr nicht,
4
daß dem hertzogen der circuitus, darauff sie in ihrer proposition gedeuthet,
5
gahr nicht gehörig; so wiße man auch ohnedaß nicht, wehme Lotharingen
6
eigentlich zustehe, weylen er und seine gemahlin noch darumb stritten

32
Ob in Lothringen männliche oder weibliche Erbfolge galt, war seit dem Tod Hg. Karls II.
33
(1364–1431) umstritten. Hg. Heinrich II. (1563–1624) hatte testamentarisch zugunsten
34
seiner älteren Tochter Nicolea (1608–1657) verfügt. Deren Gatte Hg. Karl IV. (1604–
35
1675) beanspruchte die Herrschaft als nächster Agnat nach dem Verzicht seines Vater aus
36
eigenem Recht. Frankreich neigte zeitweise zur Unterstützung der Rechte der Herzogin,
37
die seit 1634 getrennt von ihrem Gatten in Paris lebte.
.
7
doch habe Frankreich keine Ursache, sich der Herzogin anzunehmen, da
8
das Land dem Herzog ex capite feloniae genommen worden sei

38
Unbestreitbar französisches Lehen war nur das ‚Barrois mouvant‘, doch wurden unter
39
Richelieu auch Ansprüche wegen des eigentlichen Lothringen geltend gemacht.
und sie
9
behaupten könne, daß dadurch ihrem Recht nichts vergeben sei [...].
10
Zuletzt hatt er sich auch erbotten, zue I. H. G. offters zu kommen, aber
11
daß solches ohne gepräng und caeremonien geschehen mögtte [...].

12
Gobelius bei W. Lengericher Schluß. Kurfürstlicher Exzellenztitel. Gobe-
13
lius bezieht sich auf seine Instruktion und seine Mitstände, verspricht aber,
14
sein Bestes zu tun.

15
Bayern bei W. Auf Befehl des Kurfürsten bringen sie vor: 1. Kurfürstlicher
16
Exzellenztitel. 2. Altezza für Longueville. 3. Contarini möge von den Fran-
17
zosen keine Visite gegeben werden, bis er auch den Titel Altezza gibt. 4.
18
Contarini von der Mediation in Osnabrück fernzuhalten und Schreiben
19
deswegen an Dänemark. 5. Nähere Erläuterung der Propositionspunkte,
20
besonders wegen der Satisfaktion. W: Meinung zu den vorgetragenen
21
Punkten. Äußerungen d’Avaux’, Bergaignes, Longuevilles. – Liste der in
22
Münster und Osnabrück eingetroffenen Gesandten

40
Anlage 117: Legati exteri qui ad tractatus pacis hactenus comparuerunt (in Münster und
41
Osnabrück).
.

23
1645 VII 18
Dienstag Schreiben der Mainzer

42
Anlage 118 (Mainzer Gesandte in Osnabrück an W): fehlt.
. – Mitteilung an Bayern
24
und Brandenburger.

25
1645 VII 19
Mittwoch Konferenz der kurfürstlichen Gesandten (siehe
26
APW III A 1,1 S. 194ff).

27
Mitteilung an die Ksl. : Mainzer Schreiben und darauf beschlossene Ant-
28
wort
. Die Ksl. billigen sie in allen Punkten und meinen, man werde
29
Straßburg nicht von den Verhandlungen ausschließen können [...] Da die
30
Franzosen durch die Mediatoren auf eine Antwort zu ihrer Proposition
31
drängen, umb so viell mehrer dan den punctum consultationis in richtig-

[p. 244] [scan. 294]


1
keitt zu bringen nöthig. Sie haben den Mediatoren erklärt, die Resolution
2
zur französischen Proposition in den nächsten Tagen aus Wien zu erwarten.
3
Auf das Drängen der Mediatoren, sich zu den sehr allgemein gehaltenen
4
Punkten der Proposition näher zu erklären, haben die Franzosen versichert,
5
es solle in substantialibus nichts geändert werden, wegen Satisfaktion und
6
Assekuration würden sie sich nach Eingang der ksl. Erklärung äußern. Auf
7
erneutes französisches Drängen wegen des Passes für Rákóczy haben sie
8
auf die Entscheidung des Kaisers verwiesen, die wohl kaum positiv sein
9
wird [...]. Auf die Beschwerde bei den Mediatoren, Longueville möge auf
10
sein militärisches Gefolge in Münster verzichten, da sonst Ksl. und Spanier
11
dergleichen auch einführen müßten, ist versichert worden, Longueville habe
12
es wegen der Kosten ohnehin abschaffen wollen [...].

13
1645 VII 20
Donnerstag Mitteilung der Bayern: Bergaigne hat seine
14
Ankunft notifizieren lassen. Sie wollen ihm nach W die Visite geben.

15
W: Bei ihm noch keine Notifikation, wohl weil er gestern ausgefahren
16
war.

17
Mitteilung an Bayern und Brandenburger: Schreiben an Mainzer

40
Anlage 119 (W an Mainzer Gesandte in Osnabrück): fehlt.
. Gestrige
18
Mitteilungen der Ksl.

19
Mitteilung der Brandenburger: Auf die Notifikation hin haben sie Bergaig-
20
ne begrüßen lassen und, da Wittgenstein nach Osnabrück muß

41
Abreise nach Osnabrück 1645 VII 22.
, sich für
21
heute Termin für die Visite geben lassen; sie haben geglaubt, W habe seinen
22
Besuch schon gemacht. W: Weder er noch die Bayern haben ihren
23
Besuch gemacht, man muß auch auf die Ksl. Rücksicht nehmen. – Den-
24
noch findet die brandenburgische Visite

39
24 statt.] an Bayern/Köln 1645 VII 21/22
statt.

25
1645 VII 21
Freitag Krebs (Bayern) bei W. Confusion mit den visiten
26
und revisiten beym bischoffen zu Herzogenbusch [...]. Dazu Bericht
27
Landsbergs: Auf Erkundigung beim Domdechant von Verden wegen Unter-
28
lassung der Notifikation wurde ihm versichert, es sei zweimal an W ge-
29
schickt worden, dieser aber sei nicht anzutreffen gewesen. Bergaigne ließ
30
Landsberg darauf zu sich kommen und erklärte, er habe die Entschuldi-
31
gung und Notifikation durch den Domdechanten verrichten lassen wollen,
32
stehe aber wegen der Titulatur an, denn nachdem er W bei der privaten
33
Zusammenkunft neulich als Reichsfürsten Illustrissimam Celsitudinem
34
tituliert habe, hätten die anderen spanischen Gesandten darauf verwie-
35
sen, daß nach ihrer Instruktion ein Unterschied zwischen Ksl., Königlichen
36
und Kurfürstlichen zu machen sei; er glaube, daß die Schwierigkeit sich bei
37
Gebrauch des Deutschen umgehen lasse. Als Landsberg ahndete, daß Bran-
38
denburg vor Köln und Bayern vorgelassen worden sei, bezog Bergaigne

[p. 245] [scan. 295]


1
sich darauf, daß nach seiner Information die Visiten in der Reihenfolge der
2
Anmeldungen stattfinden sollten; so habe er sich auch bei Contarini vor
3
den Ksl. zur Revisite angemeldet, was diese akzeptierten, da Contarini vor-
4
her den Besuch gemacht habe; allerdings habe er doch Bedenken, Contarini
5
vor den Ksl. zu besuchen.

6
Schreiben an den Domdechanten im Namen Landsbergs: Wenn schon Con-
7
tarini vor den Kurfürstlichen besucht wird, bestehen weniger Bedenken,
8
wenn er auch den Ksl. vorgezogen wird. Der Domdechant antwortet, er
9
werde selbst zu W kommen.

10
Fortsetzung des Gespräches mit Krebs: Wie man klarlich abzunehmen, daß
11
die Spanische die churfürstlichen den Venetianischen understehen nachzu-
12
sezen, sondern auch chur- [und] fursten des reichs und dero abgesandten
13
den titul und praedicat zu disputiren, indeme der bericht eben iezt einge-
14
langt, daß der herr bischoff den Kayserlichen die revisita heut, und gleich
15
drauff dem Venetianischen gegeben, und dan daß nit allein contra ordinem
16
von den churfürstlichen Brandenburg die visita angenommen, sondern auch
17
gegen brauch die revisita, ehe alle die visita abgelegt, beym Veneto und
18
andern angefangen. Und der vorschlag geschehen, daß man ex parte Chur-
19
collen und Churbayern sich sobald wegen der visita nicht angeben, sondern
20
noch eine drey oder vier wochen, und biß etwa underdeßen dem conte
21
Pinneranda die resolution von hoff zukommen, abwartten möchte. Was
22
den titulum anlangete, kondte man gar nit sehen, mit was raison demjeni-
23
gen fursten oder stand des reichs sein angebuhrender titulus, der ihme sonst
24
ye und alle weg,

37
24 auch – gegeben] nachträglich gestrichen
auch von Ihrer Maiestät selbst gegeben umb deswillen daß
25
er sich bey diesen friedenstractaten mit ein oder ander commission dem ge-
26
meinen wesen zum besten beladen laßen, gewaigert oder benommen sein
27
solte; weyln den sachen aber durch der Teutschen sprach gebrauchung in so
28
weit fir dismall abgeholffen, so hetts dabey sein bewenden. Daß schließlich
29
verglichen sein solte, die visiten und revisiten absque ordine promiscue zu
30
thun, davon wiße man ex parte der curfirsten nit, seye auch bißherzu
31
anderst observirt und habe dises der herr graff von Naßaw newlich selbst,
32
wie der graff von Wittgenstein von ihme, alß wan er sichs nicht misfallen
33
laßen, außgeben, expreßlich contradicirt und wiedersprochen. Mitteilung
34
eines Mainzer Schreibens mit Konzept des Lengericher Gutachtens an den
35
Kaiser

38
Anlage 120 (Mainzer Gesandte in Osnabrück an W): fehlt.
.

36
Kreditive der Gesandten von Weimar und Anhalt

39
Anlage 121–122: (Kreditiv des sachsen-weimarischen Gesandten): fehlt; Kreditiv der
40
Herzöge August, Ludwig, Johann Casimir und Friedrich von Anhalt auf Milagius 1645
41
VI 20/30. – Dr. Georg Achaz Heher (1601–1667), Gesandter von Sachsen-Weimar,
42
Gotha und Eisenach; Dr. Martin Milagius (1598 1657), Kanzler; beide in Münster
43
seit 1645 VII 17.
.

[p. 246] [scan. 296]


1
Anfrage bei Nassau: Bergaignes Behauptung über die Reihenfolge der
2
Besuche. Nassau hat von einigem vergleich oder abredung nit gehört,
3
nur daß er bißher gesehen, der sich zum ersten anmeld oder die visita
4
geben, daß selbiger auch zum ersten mit der revisita zugelaßen, gleiches dan
5
also I. H. G. mit den Franzosen observirt hetten. Die Ksl. haben Bergaigne
6
besucht, als er sich noch inkognito hielt, doch wurde es von ihm als Formal-
7
visite
gewertet. Als er anfragte, ob er Contarini zuerst die Revisite geben
8
könne, haben sie widersprochen.

9
1645 VII 22
Samstag Domdechant von Verden bei W: Notifikation
10
der Ankunft Bergaignes. W: Wird mit dem Besuch wegen Störung der
11
Reihenfolge noch etwas warten. Befremdet, daß die herrn chur- und für-
12
sten von den Spaniern bey diesen coniuncturen nicht mehrers beobachtet, ja
13
sie ehender zue deprimiren gedacht wurden, allerseiz churfürstliche wurden
14
es ahn ihre herrn principales, auch I. H. G. ahn andere reichsfursten, zu-
15
malen allen geist- und weltlichen dadurch praeiudicirt, behorend zu gelan-
16
gen, und zue berichten nicht underlaßen.

17
W bei Chigi. Bey deme inter caetera vorgefallen, wie man auß den grava-
18
minibus kommen moge, und dan de propositione coronarum, daß selbige
19
ehestens vorgenommen werden mochten. Beym ersten haben I. H. G.
20
selbsten gewünscht, daß ein mittel dazu zu finden,

40
20–23 welches – sollen] am Rande: omittatur ahn Curcolln
welches der herr nuncius
21
zu sein vermeint, daß die im Prager schluß außgesezte 40 jahr zu hinlegung
22
des stritts wegen der geistlichen gütter erst constituta pace, wie iüngsthin
23
gemeldet, anfahen sollen. Ad 2. daß bey diese wochen erwarttenden anhe-
24
rokunfft der Churmainzischen gelegenheit sein wurde den consultationibus
25
einen anfang zu machen und davon zu reden. Hierbey haben I. H. G. ihme
26
hern nuncio von dem Lengerischen concluso parte geben. Welches er gern
27
vernommen, und gar nottig erachtet, alle catholische stend zue animiren,
28
und zur abordnung der uncatholischen zu erinnern, gleich man catholischer
29
seits sich wol vorzusehen und zu wachen hette. Hat auch darbei vermeldet
30
das er neben dem Veneto nochmaln quaesitis occasionibus mit den Franze-
31
sischen vom armistitio handlen wolle, maßen I. H. G. ihne animirt und
32
motiven gemacht [...].

33
1645 VII 23
Sonntag Zur Verhütung weiterer Verwirrung beschlie-
34
ßen W und die übrigen Kölner, Bergaigne die Visite zu geben. Hinsichtlich
35
Contarinis hält man sich deshalb für gesichert, weil die Ankunft nicht vor-
36
her notifiziert worden war, die Anmeldung zum Besuch mehrere Tage ver-
37
schoben wurde und man Contarini, wenn er doch diesen Akt für sich
38
anzieht, die umgekehrte Reihenfolge bei Longueville vorhalten kann. –
39
Mitteilung an die Bayern, die sich dieser Meinung anschließen.

[p. 247] [scan. 297]


1
1645 VII 24
Montag Mainzer Schreiben, übermittelt durch Löben

42
Anlage 123 (Mainzer Gesandte in Osnabrück an W): fehlt.
. –
2
Konferenz der kurfürstlichen Gesandten (siehe APW [III A 1,1 S. 200ff] ).

3
Anmeldung zum Besuch bei Bergaigne. – Mitteilung davon an die Bayern.

4
1645 VII 25
Dienstag W und Nassau / Volmar bei den Jesuiten :
5
Gestriger Brandenburger Vortrag

44
Vgl. APW III A 1,1 S. 200ff.
. Worüber die Ksl. zum hochsten be-
6
frebdet, und vermeldet, daß mans beym concluso billich zu laßen, und der-
7
gleichen einwurff, die allein zu der sachen verlengerung angesehen, nicht
8
attendiren. Es seye das ungereimbste zumutthen von der weldt, die Schwe-
9
den zue den conferentien mit einzuladen, und von den vorgehenden consul-
10
tationibus communication zu thun, und scheine daß sie sich solchergestalt
11
mit dem Romischen Kayser gleichsamb in einen stuhl zu setzen gedächten,
12
in dergleichen unpillige zumutthungen wurden sie nimmer willigen konnen.
13
Daß die consultationes alhier zue Munster pillich und nit zu Oßnabruck
14
anzustellen, laß sich damit gnugsamb behaubten, daß zum deputations- und
15
also der reichsstendt convent der locus Munster von Ihrer Maiestät und
16
den stenden beliebet, welches dan die Churbrandenburgische selbst mit
17
guttbefunden. Und bleibe es bey Munster in alle weg, es were auch ein
18
ordinari vel extraordinari aut conventus communis verglichen, inmaßen
19
modus den locum nicht ändern kondte, weylen derselb sonderlich und vor
20
Oßnabruck capax gnug 2. Musten die tractaten ahn dem orth sein, wo
21
maior negotiorum moles, gestalt zwischen dem reich und den Schweden zu
22
Oßnabruck allein von den Teutschen sachen, hiengegen aber hier mit den
23
Franzosen, Spaniern, von den Teutschen, Italianischen und Niederlandi-
24
schen zu handlen stunde, doch möchte man sich vernehmen laßen, daß dan-
25
noch Collen und Bayern, auch anderen gleichfalß bevorstunde nach Oßna-
26
bruck abzuordnen, sie glaubten aber schwerlich, daß solches sowol die
27
Schweden alß die protestirende stend gern werden sehen. Was 3. das alle-
28
girte praeiudicium und die praecedenz zwischen Franckreich und Schweden
29
anlangete, obwolen regnum Gothorum vetustate prius, so hab man doch
30
damit sich nit zu bekummern, sondern dieses zu vermelden, daß der con-
31
ventus sowenig ein alß der andern cron zue gefallen angestelt, sondern
32
allein auf den orth gesehen worden, deßen man sie allezeit auch wol gar
33
schrifftlich versichern kondte; wan auch locus aliquis intermedius dazu
34
bequehm, wurde selbiger ebensobald alß dieser eligirt worden sein. 4.
35
Wegen der Schwedischen commination, wegzuziehen, und die tractatus zu
36
verlaßen, hette man sich deßen bey den Franzosen, mediatoren und der
37
ganzen welt zue beklagen, daß umb solcher nichtigen ursach willen durch
38
sie die Schweden das negotium pacis in stecken gepracht. Mit der intima-
39
tion pro 5. so den stenden von dem Lengerischen concluso geschehen sollen,
40
einzuhalten, und die Churmainzische zu erinnern, ihre anherokunfft noch
41
zu differiren, weren sie der meinung, daß wan sie Churmainzische lengst,

[p. 248] [scan. 298]


1
wie sie gesolt und befelcht gewesen, sich anhero begeben, daß vielen hän-
2
deln, auch villeicht dieser iezigen difficultet vorkommen werden konnen,
3
mochte ihnen also vielmehr zu schreiben sein, daß sie lenger nicht cuncti-
4
ren, sondern ehestes tages sich her verfugten, und noch vor die geschlossene
5
intimation den stenden thetten. Und hetten die Schweden darzu nichts zu
6
sagen, es liese sich leicht nachschlagen, wie es einzig darumb angesehen, das
7
werck zu remoriren und die stende voneinanderzuhalten, gleich sie dan
8
auch vermerckten, daß die Franzosen ahn dem Lengerischen [concluso]
9
kein gefallen hetten, auß forcht der stende nahere zusammentrett- und ver-
10
ainigung. W: Will diese Gedanken, die mit denen der Kölner überein-
11
stimmen
, bei der Session berücksichtigen. Und kerne ihro dabey dieses noch
12
frembd vor, daß die Churbrandenburgische sich so unwissend anstelleten,
13
sowol wegen der den Schweden hiervon gegebener nachricht, alß sonsten,
14
da doch fast einerley rationes und argumenta von den Schweden und ihnen
15
iüngsthin zu Lengerich und iezo gebraucht werden, die verträwlichkeit
16
zwischen ihnen seye gar zu groß, und werde man deßhalber noch künfftig
17
ubel gnug drahn sein. Sonsten hetten die cronen die propositiones von sich
18
gestelt, und nun anderst nicht zu thun, alß der resolution darauf zu er-
19
warten, und gehe sie der modus consultandi, und auf was weiß man sich
20
solcher andwort vergleichen werde, nicht ahn, und geschehe die zusammen-
21
kunfft alhier weder in favorem der cron Franckreich, noch in contemptum
22
der cron Schweden, sondern stehe den stenden frey, wie und wo sie sich ver-
23
samblen und von des reichs notturfft deliberiren wollen.

24
Konferenz der kurfürstlichen Gesandten (siehe APW III A 1,1 S. 203ff).

25
W bei Bergaigne. Spanische Friedensliebe. Bedauern Peñarandas über Ver-
26
zögerung
der Antwort wegen des Exzellenztitels. Entschuldigung Bergaig-
27
nes
wegen der Protokollfehler mit seiner Unerfahrenheit als Ordensmann.
28
Angebot vertraulicher Zusammenarbeit mit den Kurfürstlichen unerachtet
29
der Titulaturschwierigkeit. Schlechte militärische Lage mit andeutten, obs
30
nit dahin zu richten, daß eine rechte zusammensezung und gleichsamb eine
31
newe liga inter catholicos et regem Hispaniarum sonderlich mit dem haus
32
Baiern angestelt. W: Befremdet über die spanischen Protokollschwie-
33
rigkeiten
; es werde auf diese weiß den feinden und uncatholischen occasion
34
gegeben, zu discurriren und zu frolocken, daß dergestalt die catholische
35
getrewe reichsstände von den vornehmen ministris gering geachtet. Die
36
ligam anbelangendt, wisse man was fur stattliche dienst die vorige dem
37
reich, hauß Osterreich und allgemeinen catholischen wesen gelaistet, dan-
38
noch hette selbige bey theyls ministris ein monstrum sein, und, gegen auf-
39
gerichteten vergleich und der interessenten vorwissen, cassirt werden
40
mußen, wie aber solches ausgeschlagen, und von tag zu tag die sachen zu-
41
ruckgangen, bedorffe keines remonstrirens. Nach solcher ligae aufhebung
42
hetten Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Collen und I. H. G. seitther
43
anno 1635 auff allen reichs- und andern conventibus durch schreiben und
44
sonst umb eigene defension und verfassung im Westvalischen crais und mit

[p. 249] [scan. 299]


1
andern benachtparten craisen dem gemeinen wesen zum besten vielfaltig
2
urgirt und getrieben, es habe aber niemalß solch loblicher intent platz
3
finden wollen. Was dieserthalb in Praband vorgangen, seye ihm nicht un-
4
bekand, indem ahn Spanischer seithen (maßen der Savedra noch unlengst
5
gedacht) nit thunlich gehalten worden, den provintzen dergleichen defen-
6
sion zue gestatten, solch principium auch ahm Kayserlichen hoff einge-
7
fuhrt, dadurch die gute intention zur zuesammensezung bis dato
8
verhindert, und nur diffidenzien causiert worden. Der herr bischoff
9
gedachte hierauff, daß solches eine grose faute und iezige ruinam veruhr-
10
sacht, man werde aber de remedio gedencken müßen. I. H. G.: Daß die
11
zeitten, die circumstantien und possibilitet sich mercklich geändert. Deme
12
er hinzugesezt, auch wol die diffidenz mehrers gewachsen. So I.H.G. wahr
13
zu sein vermeldet, und daß nur gar zuviel bekand, wie die Spanier in allem
14
ihren vortheyl suchen, es gehe auch andern, wie es woll, es bezeuge solches
15
die mit Hessen fovirte neutralitet

40
Vgl. unten S. 290.
gnug, die den Hessen deren eigenem Be-
16
kenntnis
nach erst die Eroberung der linksrheinischen Gebiete ermöglicht
17
hat. Bei der Passauer Konferenz

41
Vgl. oben [S. 2 Anm. 15] .
sei mit Zuziehung eines bevollmächtigten
18
spanischen Vertreters ein genauer Feldzugplan beschlossen worden, welches
19
mit der Gottes hulff einen guten effectum wurde gehabt haben, wan dem
20
concluso von den Spanischen eingefolgt, und nicht so viel das aug auf das
21
privatinteresse geschlagen hetten. Er bekhend, daß vielen trewen mini-
22
stris solche proceduren nit gefallen, es weren aber underschiedliche Spani-
23
sche generales und ministri, auch theyls auß dem reich, die nacher Madrill
24
correspondirten, informirten und grose anschläg zu thun vermeinten, dar-
25
nach wol resolutiones genommen, die dem gemeinen weesen nit so dienlich;
26
hielte aber anietzt, weylen die gesandten hier, und so wol intentionirt. auch
27
der konig ohn deren vorwissen nicht leicht etwas statuiren werde, daß der-
28
gleichen nit zu besorgen, und ob nit die gedancken auf vorgemelte zusam-
29
mensezung zu schlagen. I. H. G.: Es were gut zu tendiren, auch mehr
30
zu wunschen alß zu hoffen, aber beßer sein mochte, allerseitz mit ernst und
31
eyffer auf den frieden zu tringen, zumalen sich das werck mit gewalt so
32
wenig im reich alß Spanien, bey des feindes habendem grosem vortheyl,
33
und hingegen dieserseits gar zu sehr abgenommener mittelen, wurde durch-
34
trucken laßen und der conatus sehr gefehrlich sein [...].

35
Schreiben an die Mainzer

42
Anlage 124 (W an Mainzer Gesandte in Osnabrück 1645 VII 25): fehlt.
: Heutiges Conclusum; Mahnung zu schneller
36
Herkunft.

37
1645 VII 26
Mittwoch Volmar bei W : Köberlin und der Württem-
38
berger

44
Wohl Andreas Burkhardt.
haben sich ihm gegenüber für den Lengericher Beschluß ausgespro-
39
chen
, wobey der Wirttembergische sich gar eiffrig bezeigt. Heute hat

[p. 250] [scan. 300]


1
Köberlin (wie er vom Württemberger erfahren) mitgeteilt, daß die hiesigen
2
Brandenburger das Lengericher Protokoll an Rosenhane gegeben habe, von
3
dem es an Oxenstierna und die Franzosen und über Osnabrück an die hiesi-
4
gen
Protestanten gekommen sei

39
Mit Anlage 125: Inhaldtt deß zu Lengerich dinstags den 11/1 Julii anno 1645 gemach-
40
ten schlusses (Druck: J. G. Meiern I S. 510 ).
. [...] . Zu merken, daß die meisten Stände
5
von Osnabrück herüberkommen würden, wenn erst die Mainzer hier sind
6
und die Beratungen beginnen. W: Gestrige Sitzung. Gestriges Mahn-
7
schreiben
an die Mainzer. Demnegst auch vorgefallen, was fur selzame
8
sachen von den Churbrandehburgischen, alß daß man die Schwedische mit
9
zur conferenz ziehen, und von dem was geschloßen parte geben solt, auf die
10
bahn gebracht, auch daß sie gern sehen [...], daß man Magdeburg und
11
Hessen gar zu den consultationibus im fürstenrhat admittiren solt, und die
12
manier dergleichen sachen zu proponiren gebrauchten, daß es nur relative
13
alß von andern herruhrend vorprächten, da ihnen doch billich gebuhren
14
thette, solche handl gleich zu wiedersprechen, und nit dergestalt ad referen-
15
dum anzunehmen, womit nur zeit verlohren, und mißverstendnus erweckt
16
wurde [...].

17
Ankündigung der Mainzer Ankunft für übermorgen. – Vorschlag an Bay-
18
ern und Brandenburger: Beibehalten der bisherigen Ordnung beim Einzug,
19
so daß erst Ws Kutsche mit allen Hauptgesandten, dann die Mainzer mit
20
den Sekundargesandten und schließlich die bayerische und brandenburgi-
21
sche fahren. Beide einverstanden [...].

22
Schreiben der Mainzer

41
Anlage 126 (Mainzer Gesandte in Osnabrück an W): fehlt.
– Mitteilung an die Bayern.

23
1645 VII 27
Donnerstag [...] W an Nassau / Volmar: Den nach
24
Osnabrück reisenden Franzosen das Lengericher Conclusum und die schwe-
25
dischen Einwürfe mitzuteilen, damit sie zur Beförderung der Beratung über
26
ihre Proposition die Schweden umstimmen. Die Ksl. wollen dieses überneh-
27
men.

28
Heher/Milagius bei W. Besonders letzterer für schnelle Durchführung des
29
Lengericher Beschlusses.

30
Bergaigne bei W. Curialien.

31
Schickung an die Mainzer nach Lengerich zur Absprache ihres Einzuges

42
Anlage 127: Memorial Ws für Heinrich Horn 1645 VII 27.
.

32
1645 VII 28
Freitag Mitteilung Nassaus: Die Erinnerungen wegen
33
der schwedischen Einwürfe gegen das Lengericher Conclusum sind bei den
34
Mediatoren vorgebracht worden, die sie an die Franzosen weiterleiten
35
wollen. Nach Mitteilung der Ksl. in Osnabrück geht der Widerstand von
36
Brandenburg aus. Wie ist es mit dem Entgegenschicken beim Mainzer Ein-
37
zug
zu halten? W: Daß sowol negstmal zu Lengerich alß iüngst alhier
38
gnugsamb abzunehmen gewest, daß Churbrandenburg sambt den Schweden

[p. 251] [scan. 301]


1
etwas anders intendiren müßen. [...]. Das Entgegenschicken wollen die
2
Kurfürstlichen den Ksl. anheimstellen, gesprächsweise ist vorgekommen,
3
nachdem Köln, Bayern und Brandenburg diese Ehre erwiesen worden ist,
4
könne eine Änderung, auch wenn Mainz einverstanden ist, bei Sachsen
5
Schwierigkeiten verursachen; zudem sei gegenüber den Ausländern die De-
6
monstration
der ksl.-kurfürstlichen Gemeinsamkeit

43
6 angemessen] am Rande: an Bayern/Köln 1645 VII 28/29.
angemessen.

7
Mitteilung der Mainzer: Im wesentlichen mit Ws Vorschlägen einverstan-
8
den, nur soll nach dem Brandenburger Beispiel in Osnabrück ihre Kutsche
9
als erste benutzt werden oder andernfalls sichergestellt sein, daß die Ein-
10
holung der Trierer und Sachsen mit ihrer Kutsche geschieht.

11
Mitteilung an Nassau, der antwortet, die Ksl. wollten entgegenschicken,
12
nur müsse man sehen, daß dann nicht andere folgten; wegen der Mediato-
13
ren und Spanier keine Besorgnis, doch mit den Franzosen möge W sich des-
14
halb in Verbindung setzen. W: Kein Grund für die Franzosen vorhan-
15
den, da Kaiser und Kurfürsten Glieder eines Reiches sind.

16
Mitteilung an d’Avaux: Es werden außer den Kurfürstlichen nur die Ksl.
17
alß welche zue dießem corpore gehörig entgegenschicken. Deßwegen er
18
d’Avaux sich bedanckt.

19
St. Romain bei W (gegen 12 Uhr): Die Franzosen wollen entgegenschik-
20
ken
. W: Dankt für die zugedachte Ehre, doch möge man es wie beim
21
Einzug Longuevilles dabei belassen, daß die empfahung allein von den
22
nationalen oder die de eodem corpore vel collegio weren, zue geschehen.

23
St. Romain: Es gibt keine Vereinbarung, sie haben lediglich zur
24
Vermeidung von Streit zwischen Venedig und den Kurfürstlichen um
25
Unterlassung des Entgegenschickens gebeten. Dem hat Peñaranda dann
26
folgen müssen. W warnt vor Erneuerung des alten Streites und er-
27
bietet sich, auch die Ksl. von ihrem Vorhaben wieder abzubringen.

28
St. Romain: Es mochte schicken und underlaßen, wer da wolle, pliebe
29
bey ihnen einmal fixum und firmum, daß sie schicken wolten, weyln
30
zu vermercken, daß was anders darhinder verborgen seye. I. H. G.:
31
Sie kondten bona conscientia wol sagen, daß sie nichts wüsten. Die
32
herrn churfürsten hetten mit niemandts einige competenzen, nur was vor
33
wenig jahren von den Venedigern newerlich movirt worden seye. Aniezo
34
befinden sich die Churfürstlichen gesandten so numeroß und starck, daß sie
35
bey ihrem rechten und befugnus, wans nottig, wol würden manuteniren
36
konnen. Auff welches der St. Romain ridendo abermaln wiederholet,
37
daß einmal fixum et firmum bey ihnen pleib, die endgegenschickung zu
38
thun. Alß nun I. H. G. sehen, daß die Franzosen bey ihrer mainung
39
persistirt, haben sie dem St. Romain endtlich anderst nichts zur andtwortt
40
geben konnen, alß daß diß eine sach, welche sie allein nicht, sondern auch
41
ubrige churfürstliche gesandten concerniren thette, mit denen es dan com-
42
municirt werden solte.

[p. 252] [scan. 302]


1
Anfrage Heidens wegen der Sitzordnung in der Kutsche mit auf Gleich-
2
behandlung von Bayern und Brandenburg abzielenden Änderungsvorschlä-
3
gen, die aber als undurchführbar abgelehnt werden.

4
Botschaft an die Mainzer: Wegen der Schwierigkeiten mit den Franzosen
5
mögen sie vorerst den Einzug nicht fortsetzen.

6
Reck bei Chigi: Bitte um Interposition bei den Franzosen. Chigi: Zu
7
verwundern, wie man so leichtlich von den conclusis dörffte aussezen. Die
8
Franzosen hetten 4 augen, weren in allen sachen sehr unbestendig und
9
wanckelmütthig, kond mit ihnen gar nit außkommen, daß er sich auch
10
dieserthalb der sachen nit würde konnen annehmen.

11
Mitteilung der Situation an Bayern, Brandenburger und Ksl.

12
Nochmalige Schickung an die Franzosen. Longueville bleibt dabei, sie wür-
13
den unmittelbar nach Abfahrt Ws ihre Kutsche folgen lassen. – Da es in-
14
zwischen 3 Uhr ist, läßt W wieder ausspannen und die Vorbereitungen zum
15
Einzug absagen. – Mitteilung an die Ksl.: Soll man zur Aufrechterhaltung
16
der früheren Vereinbarung die Mainzer veranlassen, morgen früh inkognito
17
einzuziehen? Auch die Ksl. sehen darin den einzigen Ausweg, ein Wie-
18
deraufleben des venezianischen Präzedenzstreites zu vermeiden.

19
Mitteilung Heidens: Wenn keiner seiner Vorschläge annehmbar ist, wird er
20
in der eigenen Kutsche fahren, da er eine Abstufung gegenüber Bayern
21
nicht hinnehmen kann. W: Daß man unter den herren churfürstlichen
22
die Ordnung schon wisse. Wan er den platz hab, welchen der graff von
23
Wittgenstein, wan er selbst gegenwerttig, werde er sich nichts zu beschwe-
24
ren haben.

25
St. Romain bei W, mit vielem protestiren, daß man die anerpottene konig-
26
liche ehr dergestalt dedignirte, daß man deßhalber ausspannen laßen und
27
gar nit endgegenschicken wolte, maßen ihm seine principalen anbefohlen,
28
solches I. H. G. zu remonstriren, und daß deßen sie sich gegen I. H. G. und
29
andere churfürstliche sich nit versehen hetten. Es werde groß disgusto ver-
30
uhrsachen und vielleicht geschehen, daß umb deßwillen die Churmainzische
31
pro legitimis legatis wie andere churfürstliche nicht dorfften gehalten wer-
32
den, gleich dan hiervon nacher Pariß umbstendlich wurden referieren
33
müßen. Endzwischen blieben sie noch in der beraitschafft, hetten auch
34
underschiedliche vorm thor, welche aufpasten, daß wan gleich die ein-
35
kombst incognito geschehen solt, sie dannoch endtgegen schicken und, wan
36
die churfürstliche oder Kayserliche nit endtgegenkehmen, die Churmainzi-
37
sche auß ihrer in die Franzosische gutschen heben und also zue deroselben
38
quartier pringen und allein beglaiten wolten. Deme haben I. H. G. mit
39
abermaligen gegenremonstrationibus zu anderm zu verlaitthen gemaint, mit
40
andeutten, daß solches gar nit zum affronto oder wie mans andern mocht,
41
gemeint, sondern I. H. G. hetten die Mainzische nohtwendig avisiren
42
musen. [...] Wisten wol, daß sie und die andern churfürstliche solche be-
43
zeichnende affection den principalen hochstens ruhmen und sich auch gegen

[p. 253] [scan. 303]


1
den gesandten gebürlich bedancken würden. Ist aber bey vorigem ge-
2
plieben.

3
Mitteilung an Bayern und Brandenburger, daß aus dem einzug heut nichts
4
werden konne. – Kölner Legationssekretär

44
Mathias Lintz.
zu den Mainzern: Darstellung
5
des Sachverhalts und Vorschlag des Einzuges all’incognito. Da die Mainzer
6
eine mündliche Besprechung darüber für nötig halten, reitet Krebs unbe-
7
merkt
mit zurück in die Stadt, während Cratz die Kutsche wenden und das
8
Nachtquartier aufsuchen läßt. – Eine halbe viertelstund hiernach kamen
9
der drey Franzosischer plenipotentiarien in dreyen guttschen mit 6 pferden
10
und zimblichem comitat von dienern hienaußgeschickte, welche wolgemel-
11
ten hern graven Cratz biß ahns nachtsquartier nachgefahren, die compli-
12
menta verrichtet, demnegst umb halb 8 wiederumb hereinkommen, der her
13
graff Cratz aber draußen, wie er vorgehabt, verplieben. Inzwischen pro-
14
testiert
St. Romain auch bei Bayern und Brandenburgern.

15
D’Avaux, den W um eine Unterredung noch vor seiner Abreise gebeten
16
hatte, gegen 6 Uhr bei W. Klage über die Absage des Mainzer Einzuges, mit
17
weittläuffigem anführen, daß sie dieienige wehren, welche des reichs chur-
18
und fürsten respectiren und ehren wolten, hingegen machten die Spanier
19
die difficultet dan in diesem, dan jenem. So mache Peñaranda neue Schwie-
20
rigkeiten
in der Titelfrage, nur desto mehrers der herren churfursten autho-
21
ritet zu supprimiren, hingegen aber sui regis dignitatem zu eleviren und zu
22
erheben. Den nahmen solt es zwarn pro monarchia nit haben, es ziehleten
23
aber all ihre sachen pro dominatu Caesaris, Hispani et domus, welcher pro
24
placitu geführt. Peñaranda gibt vor instruiert zu sein, nicht nur den Kur-
25
fürstlichen
den Exzellenztitel zu verweigern, sondern auch den Reichsfürsten
26
den Titel Altezza oder Celsitudo. Die Franzosen wollen sich post Caesare-
27
anos in ihrem rang und ordnung halten und werden schicken, auch wenn die
28
Ksl. es unterlassen. Peñaranda will die Absprachen Saavedras und Bruns
29
über das Zeremoniell nicht anerkennen und meint, die Franzosen müsten
30
auß ihrer ordnung durch die disordre und confusion mit den visiten, gleich
31
wie mit dem endgegenschicken beschehen, gepracht werden. Dahero die
32
Franzosen ihres theylß auf die ordnung desto mehrers sehen und halten
33
musten, darauß sie sich dan durch der Spanier gesuechte confusion und un-
34
ordnung durchauß nit pringen laßen, massen sie schon vor etlich dagen das
35
conclusum gemacht, das sie den Churmainzischen endgegenschickhen wol-
36
len, wie auch den Trierischen und Sachsischen. Der Pinneranda seye nun
37
schon so viell wochen hier, ohne daß bißdato die visita nicht verrichtet,
38
gebe sonsten die audienz und admittirte zur visita ahm bett, als wans der
39
konig in Spania selbst were. Die Kaiserliche hetten ihne tali modo und so
40
voreilet visitieret allein zum despect der Franzosen, auch mit ihrer selbst
41
aigner und des Kaisers schlechter reputation, indeme sie in so langer zeit
42
und etlichen wochen von ihm nit hinwieder visitiert worden. Die Kaiser-
43
liche machten mit dergleichen sachen schlechte confidenz und praeparativa

[p. 254] [scan. 304]


1
ad pacem. Was die difficultet zwischen den churfürstlichen und Venetia-
2
nern anlangen thette, deßwegen habe man sich dißmalß nichts zu befahren,
3
sondern wurde der Venetus keine schickung vermutthlich thun, da sich son-
4
sten die hern churfürstliche des medii wiederumb, wie vor diesem bei der
5
Curbairischen und Brandenburgischen einholung beschehen, gebrauchen
6
kondten. Wobey, als I. H. G. erinnert, wan ein tertius kommen würde, wie
7
es alßdan zu machen, sagte er de Avaux, alßdan werde sich schon ein mittel
8
finden. Sie hielten die herrn churfürstlichen sowol alß die Venetianer fur
9
ihre gute freund, und eben darumb seye der duc de Longeville ohne end-
10
gegenschickung hereinkommen und habe der Pinneranda, so nit mehr alß
11
er, billich dergleichen thun müßen. Welches ebenergestalt dem duc de
12
Medina, wan er kombt, gebuhren wurde. Solte er auch das endgegenschik-
13
ken begehren, wurde er umb soviel mehr der Spanier schlechte affection zu
14
den herrn churfürsten darthun und bezeigen. [...] Wiederholung des Vor-
15
wurfs
, daß die Ksl. sich mit den Spanischen partheyisch mächten, [...], hett
16
ein seltzames ansehen, daß sie mehrern respect auff die Spanier alß das
17
reich trügen. Hiervon hat sich der discursus auf das Lengerische con-
18
clusum flectirt, und I. H. G. begert, daß die herrn Franzosen sich zu deßen
19
manutenirung bey den Schweden interponiren möchten, zuemalen ja die
20
exteri den reichsstenden keine novam formam consultandi würden vor-
21
schreiben und dadurch die andwortt auff die propositiones selbst auffhal-
22
ten wollen. Die materia gehore zu den tractatibus, worzu man aber, so lang
23
die forma verhindert würde, nicht schreitten konne. Der d’Avaux re-
24
plicirte, die emulatio seye zwischen ihnen und den Spaniern, es musten sie
25
aber desto fleisiger aufmercken, daß selbige nit auch inter colligatos ipso-
26
rum einschleiche. Sie weren woll zufriden, das zu Oßnabruck die reichs-
27
stend zusammen khommen, wollten dishalber mit den Schweden nit com-
28
petieren. Und alß I. H. G. vermeldete, das man vor disem de loco tertio
29
geredt hette, aber keinen bequem finden kundten, zudeme hetten sie die
30
status ad loca tractatuum selbsten beschriben. Vermeinte er, obs nit
31
noch zu thuen, wobei er Telgte und Warendorf vorschlägt, die W beide als
32
ungeeignet ablehnt. Worauff der d’Avaux, daß man gleichwol dahin
33
würde bedacht sein müßen, wie den Schweden einige satisfaction moge
34
gegeben werden, und ob nit ein mitl, das die electorum et civitatensium
35
collegia allhie, principum aber zu Oßnabruck weren. W: Den Reichs-
36
satzungen
zuwider, auch mit großen Verzögerungen bei Re- und Korrela-
37
tionen
verbunden. Es hetten die Schweden sich ganz nicht zu beschweren.
38
dan obschon die Churmainzische von Oßnabruck iezo anher kommen, so
39
seyen doch neben Churbrandenburgischen von selbiger gesandschafft allein
40
intuitu Suecorum einige hinderlasen und dannoch dabenebenst bewilliget,
41
daß eine absonderliche deputation, von deren sie alle nachricht haben kon-
42
nen, dorthin nach Oßnabruck verglichen. Daß aber die zusammenkunfft
43
der stende in specie hier zu Münster geschehen solle, darahn seyen die Fran-
44
zosen selbst ursach, indem sie solches zu Franckfurt urgirt und die stende

[p. 255] [scan. 305]


1
anhero beschrieben. Er sagte, sie sehen woll, das die Kaiserliche partey
2
die maiora machen werde bei den vorhabenden consultationes. Fragten
3
darauff I. H. G., ob sich die Franzosische mit den außgelassenen schreiben
4
und urgirung der stende nit selbst ihrer intention zuwieder gethan, zue-
5
malen die Churmainzische, wie sie sagen, gar zu gutt Spanisch, so gleichwol
6
im churfürstencollegio das directorium fuhret, gleich dan auch Osterreich
7
im fürstlichen, ob ihnen nit solches nachzudencken gewest, gleich auch nach
8
der hand die status mediati noch darzu von ihnen begert werden. Dar-
9
auff der d’Avaux, muste bekennen, daß es geschehen, und hetten nit ur-
10
sach, sich wider andere in hoc passu zu beschweren. I. H. G. sagten,
11
sowoll sie alß die Kayserliche und mediatores hetten ihnen vill difficulta-
12
tes vorgesagt, welche sich mit villheit der stend bezaigen wurden. Sie hetten
13
billich glauben sollen. Wan es auch geschehen, hette man iez schon einen
14
friden, dan vast ein ganzes jar wegen ihres außschreiben und convocieren
15
der stend, auch deren erwartung verflossen, nicht gehandlet, und ihnen
16
dannoch keine satisfaction iez seie. Er fiele darauff auff die proposi-
17
tion, was endtlich darauß werden würde. Sie hetten vernommen, daß den
18
Kayserlichen die andwortt schon zukommen, die aber also beschaffen, daß
19
es, wans deren nach gehen solte, noch lange tractatus geben werde. I. H.
20
G. haben assecurirt, daß Ihro davon nichts wissend, und urgirt, wohin dan
21
solche resolution ziehlen solte. Auf welches der Avaux in specie, daß sie
22
nur zwen oder drey puncten ad tractatus wolten kommen laßen, alle ubrige
23
aber damit, alß wan sie die cronen nit anginge, ablainen. I. H. G.: Es
24
seye nicht ohn, daß viele sachen darinnen, daruber sie nicht iudices sein
25
konden. Im reich habe man auream bullam, constitutiones und lobliches
26
herpringen. Der 18. articul melde von ab- und zuthun ihrem belieben nach,
27
welches weittlauffigkeit nach sich ziehen thette. D’Avaux: Daß sie
28
in substantialibus nichts ubrig hetten, wurden auch auf vielen conditionibus
29
endtlich so gar hart nit bestehen. Alß in specie cum electione regis Roma-
30
norum seie die intention nit, den electoribus libertatem eligendi zu bene-
31
men, sondern nur das nit de eadem domo, von deme der Kaiser seie, besche-
32
hen sollte ad fugiendam hereditariam successionem. Und wurden dardurch
33
electores ihr libertatem villmehr tali modo bezaigen. [...] Auf Ws Frage:
34
Er will innerhalb von zwei Tagen nach Osnabrück reisen. W: Bitte um
35
Verwendung bei den Schweden, von denen in rebus religionis so gar keine
36
resolution zu erhalten, wegen Gehrde, des katholischen Gottesdienstes in
37
der Stadt Osnabrück und eines Passes für den Paderborner Weihbischof.
38
Der Pfarrer von Neuss ist zum dritten Mal vertrieben und wartet hier
39
schon Wochen; die im Erzstift gefangenen Geistlichen werden in Neuss
40
festgehalten. Hierauff andworttete er de Avaux seuffzend, daß ihm
41
dergleichen zue hören herzlich wehe thue. Er habe seith seiner anwesenheit
42
in Teutschlandt in diesem punct zur remediirung allemal trewlich cooperirt,
43
erpiethe sich auch darzu in den specificirten puncten noch ferners darzu
44
und wolle es beynebens dahin richten, daß sich der Neussischen sachen der

[p. 256] [scan. 306]


1
duc de Longeville und Servient bey der landgravin nachmaln starck anneh-
2
men, gleich er dan auch hoffentlich von Oßnabruck in den ubrigen puncten
3
gute satisfaction mitpringen werde. [...]

4
In Begleitung des Kölner Legationssekretärs trifft Krebs (Mainz) ein. Über
5
seine Frage, wie die sachen am besten anzugreiffen, damit einestheylß die
6
Franzosen kein disgusto darab schöpffen, anderntheylß auch den herren
7
churfürsten wegen des Venetianischen iezt oder künfftig kein praeiudicium
8
zuegezogen werden möcht, soll morgen eine kurfürstliche Gesamtberatung
9
stattfinden.

10
1645 VII 29
Samstag Konferenz der kurfürstlichen Gesandten (siehe
11
APW A 1,1 S. 209ff).

12
[...]. W und die Kölner bei Nassau/Volmar . Bericht über den Verlauf seit
13
gestern. Zu d’Avaux’ Bemerkung über die ksl. Antwort auf die Proposition
14
berichtet Volmar, sie wüßten nur, daß in Wien darüber beraten werde und
15
auch Kurbayern gehört werden solle; vermutlich beziehe d’Avaux sich auf
16
eine private Äußerung Volmars gegenüber Contarini, daß in die Proposi-
17
tion
viele sachen eingerucket, welche vor die coronas nicht, sondern die
18
stende des reichs gehörig, und von den exteris, wan libertas imperii in acht
19
genohmmen werden solle, nicht könne disputirt werden. W: Sowohl
20
mit Rücksicht auf die Franzosen wie wegen ihrer eigenen Stellung haben
21
die Mainzer Bedenken gegen den Einzug all’incognito. Man will die Fran-
22
zosen
nochmals bitten, es bei der gestrigen Begrüßung außerhalb der Stadt
23
bewenden zu lassen, aber auch dann, wenn sie darauf nicht eingehen, den
24
offiziellen Einzug vornehmen. Bitte an die Ksl., unvermerkt Erkundigungen
25
über die Absichten Contarinis einzuziehen. Welches die herrn Kayser-
26
liche darumb bedencklich gehaltten, daß erst dadurch, wan man viell
27
davon movirte, ihme Veneto zum schicken würde anlaß geben. Vermainten
28
auch besser gewesen zu sein, das man ad Gallos nit geschikht hette. I. H.
29
G. vermeldeten, das die herrn Kaiserlichen solches begert hetten; zuedem
30
hette der Avaix gesagt, das sie diss conclusum wegen den Churmainzischen
31
endgegenzuschikhen, schon vor etlichen dagen gemacht hetten. Nach
32
gesonderter Beratung die Ksl.: Hetten verhoffet, es solle die einmahl ratio-
33
one nationalium gesetzte regul gehaltten worden, und man vielen inconve-
34
nientien dardurch entgangen sein, besorgten aber, weylen die Frantzosische
35
so starck darauff bestehen, man werde den einzugh in so weit auff vörige
36
weiß geschehen laßen müeßen, doch stünde zu gewahrten, waß die Frantzo-
37
sen auff die guetbefundene andeuthung sich erclehren mögtten, wiewoll sie
38
nicht dafür haltten, daß viel damitt werde zu richten sein, sondern die
39
Frantzosen dabey haltten werden, und diente nur zu merer der curfirstli-
40
chen endschuldigung das sie aus dem angefangenen modo nit schreiten
41
wollen. Von Ihrer Maiestät hetten sie befelch, den churfürstlichen gleich
42
den andern alberait geschehen, entgegenzuschicken. Caesar seye cum colle-

[p. 257] [scan. 307]


1
gio corpus imperii, und respectirte dieselbe vermogh der güldenen bullae,
2
wie sie dan in specie diß privilegium haben, daß, wehr die churfürsten lae-
3
dire, reus criminis laesae maiestatis seye, gleich alß die offensa Ihrer Maie-
4
stät selbsten angethan. Sie woltten zwarn hierinnen den Spanischen un-
5
gehrn praeiudiciren, weylen sie gleichwoll inter saxa et sacra begriffen,
6
müsten sie das ihrige thuen, und dafür haltten, daß gleich den Spanischen
7
ihr abbleyben für ohnnachtheylig biß dato gehaltten, es auch vor daßmahl
8
ohne praeiuditz sein könne. Waß den Venetianischen belangtt, seyen sie
9
nicht der meinung, daß er schicken werde, sonderlich, da der herr nuncius
10
selbst, und andere nicht schicken würden, welches den Spanischen mitt zur
11
consolation gereichen möchte. Die notification müeste bey dem Veneto
12
underlaßen bleiben, sonsten man denselben zum schicken gleichsamb neces-
13
sitiren würde. Kayserlichen theilß hetten sie desto mehrer ursach ihren be-
14
felch nachzukommen, damitt sie bey dem gemeinen man in den rueff nicht
15
gerahten mögtten, alß hetten sie die electores abandonirt, unnd den Frant-
16
zosen übergeben, wie die formalia gelautet.

17
Hinzu Krebs (Mainz): Wiederholung der Bedenken gegen den Einzug all’
18
incognito. Beschluß: Einholung um 4 Uhr in der Form, daß die kur-
19
fürstlichen Prinizpalgesandten zusammen fahren und die Kutschen der
20
Sekundargesandten nur folgen, wenn Contarini nicht schickt. Ksl.: Die
21
meisten Schwierigkeiten gegen den Lengericher Beschluß kommen in Osna-
22
brück von den Brandenburgern selbst. Zulassung der Stadt Straßburg, die
23
argumentiert, sie habe sich aus Not neutral halten müssen und den Prager
24
Frieden nicht annehmen können, aber nie die Waffen gegen den Kaiser er-
25
hoben; die Ksl. sind instruiert, die Stadt nicht als Feind zu betrachten.

26
W.: Die Kurfürstlichen haben entschieden, sich in dieße fragh noch zur
27
zeitt nicht zu vertieffen, und gehöre dießer punct ad collegium civita-
28
tum, welche zue Regenspurg selbst bedenckens gehabtt, den Straeßburgi-
29
schen gesandten zuzulaßen, also stünde es biß dahin ahn, und verdiene man
30
auff solche weiß keinen unnöthigen undanck.

31
W an d’Avaux: Nochmalige Bitte, es bei der gestrigen Begrüßung bewen-
32
den zu lassen und nicht entgegenzuschicken. D’Avaux will mit Longueville
33
und Servien beraten.

34
St. Romain bei W: Die Franzosen werden entgegenschicken; befremdet,
35
daß man wegen Spanien die Ehre ausschlagen will. W: Daß sie dieße
36
abbittung anderst nicht außdeuthen müesten, alß in veritate gemeint, man
37
woltte disseits gehrn in conclusis, und wie von ihnnen selbsten angefangen,
38
verpleiben. Er St. Romain replicirte, daß er anderst nicht in befelch
39
habe, alle gutschen wehren eingespannet, wartteten nur, biß die zeitt her-
40
ahnkehme, welche sie von I. H. G. hiemit vernehmmen woltten. Die ihme
41
hinwiederumb angedeutet, daß die abrehd auf 4 uhren gefallen.

42
Mitteilung davon an Ksl. und Kurfürstliche. – W fährt mit Haslang Cratz
43
entgegen, während der Begrüßung kommt auch der Brandenburger. Alle
44
vier fahren dann in der von W vorgesehenen Ordnung in Ws Kutsche,

[p. 258] [scan. 308]


1
unterwegs schließen sich die Vertreter der Ksl. und Franzosen an. Letztlich
2
ohnweith von der stadt ist in der Saphoyschen gutschen der abgeschicktte
3
cavalier im vollen iagen anglangt, und von demselben gleichfalß gebüh-
4
rendt complimentirt worden. Weitere Beschreibung des Einzuges [...].

5
1645 VII 30
Sonntag W bei den Mainzern. [...] . Information in Pro-
6
tokoll
- und Titulaturfragen. Auf die Bemerkung, Wittgenstein tituliere
7
Bergaigne Fürstliche Gnaden, antwortet W, das hette er thuen mögen nach
8
seinem belieben, wir catholische miesten aufmerkhen, das ante confirma-
9
tionem apostolicam und erthailte Kayserliche regalia keiner dergestallt er-
10
kennt und ad sessionem gelassen wurde, da eben durch diß mittl die un-
11
catholische innhaber der stiffter ausser dem firstenrath und sonsten gehall-
12
ten weren worden [...]. Wegen der Visiten haben die Ksl. noch neulich er-
13
klärt
, sie könnten niemand außer Chigi den Vortritt lassen; deshalb muß die
14
Reihenfolge eingehalten werden. Wegen Frankreich und Spanien empfiehlt
15
er, den vorzuziehen, welcher zum ersten schicktt, und die maiste ehr erwey-
16
set, inmaßen Franckreich zwey thag hindereinander gethan, welches in con-
17
sideration zu haltten, damitt kein disgusto vorgienge. Die Nachricht, die
18
Trierer seien unterwegs, nimmt W zum Anlaß, auf baldigen Beginn der
19
Beratungen zu dringen. Warauff die Churmeintzische, daß die herrn
20
Brandenburgische bey ihrem abzugh von Oßnabrugk sich noch ahm
21
maisten dem Lengrischen concluso wiedersetzet, und nicht wißen köntten,
22
waß sie alda darauß noch machen würden. I. H. G.: le mehr man ihn-
23
nen zeitt laße, ie mehr böse consilia von ein- und anderen werden suggerirt
24
und admittirt; wan Churmeintz alß ertzcantzlar sein officium thuen, und
25
die stend zusahmenkommen ließe, daß zue den consultationibus würcklich
26
geschritten, werden die von Oßnabrugk schon herbeykohmmen, und sich
27
selbst nicht außschließen laßen wollen, und müeste daß werck allein mitt
28
rechtem ernst und bestendigkeitt angefangen und continuirt werden [...], in
29
bedencken, daß waß man im Augusto, Septembri, und Octobri bey den trac-
30
taten nicht werde erheben oder anbinden, daß solches die künfftige zeitt
31
nicht geschehen könne; zumahln sonder zweifell die Frantzosen den win-
32
ter über wiederumb auff eine newe campagnia, und die mittell dazue bey-
33
sahmenzubringen, gedencken würden. Die herrn Churmeintzische hiel-
34
tens, negst beschehener dancksagung für daß erinneren, fur guett, andt-
35
wortteten aber darauff frigide et timide, daß, wie es scheint, sie nicht
36
gehrn, nisi omnibus consentientibus, etwaß darzu thuen woltten, welches
37
alßdan auff ein langes annoch woll hinaußstehen möchte [...].

38
1645 VII 31
Montag W und Nassau/Volmar bei den Jesuiten. Be-
39
richt über das Gespräch mit den Mainzern. Bitte, die Ksl. mögen diese
40
auch zu schnellem Beginn der Beratungen auffordern [...].

41
Bayern bei W: Schreiben Kurbayerns betreffend die Satisfaktion und fran-
42
zösische
Werbungen, wobei Krebs erwähnt, nach Aussage Contarinis woll-

[p. 259] [scan. 309]


1
ten
die Franzosen sich über die Satisfaktionen bald mit den Schweden in
2
Osnabrück besprechen. W: D’Avaux’ Äußerungen zur ksl. Proposi-
3
tion
und Volmars Erläuterung; nach Nassaus Angabe haben bei Wolken-
4
stein

42
Georg Ulrich Gf. von Wolkenstein (1584–1663), Reichshofrat, Gesandter Österreichs,
43
dem mit Salzburg das Fürstenratsdirektorium zustand; in Münster seit 1645 VII 19.
schon mehrere protestantische Stände auf Durchführung der Lenge-
5
richer
Beschlüsse gedrängt. Wan man nun zuesahmenkommen, wie etwan
6
noch gegen den sambstag zu geschehen, köntte von dießem puncto in pro-
7
position gebracht werden, meineten aber anfangs, daß man sich zue keiner
8
satisfaction einzulaßen, weyln man sich sonsten gleichsamb schuldich geben
9
würde, desto mehrer, daß ihre vorgebende intentio belli libertas statuum
10
seye, dah man doch daß contrarium erfahren thue; wan nun hernegst noch
11
darauff bestanden, würde zeitt gnug zu fragen sein, waß dan ihre praeten-
12
sion seye, hieltten nicht, daß die herrn mediatores würden zugeben, daß
13
daß reich waß zurugklaßen soltte. Daß die mediatores aber auch sich der
14
proposition annehmmen, und zwischen den Kayserlichen und Frantzösi-
15
schen ein medium tentiren soltten, müsten sie zweiffelen, sonderlich, weyln
16
man solche proposition alberait zwey monat langh in henden gehabtt.

17
Hinzu Krebs (Mainz). Gemeinsame Beratung (siehe APW III A 1,1
18
S. 213f).

19
W an Chigi: Die Besuchsanmeldungen bei den Mainzern beginnen, diese
20
möchten aber Chigi gern den Vortritt lassen. Chigi: Er hat sich gerade für
21
morgen anmelden lassen. Bei den Franzosen hat er auf Abstellung der Reli-
22
gionsbeschwerden gedrungen.

23
1645 VIII 1
Dienstag Gobelius / Köberlin gegenüber Buschmann:
24
Osnabrücker Stände noch nicht mit Abhaltung aller Konsultationen in
25
Münster einverstanden; entweder soll jedem freistehen, an welchen Ort er
26
schickt, oder Kurfürsten- und Städterat an dem einen, Fürstenrat am ande-
27
ren Ort tagen. Darüber ist eine schriftliche Erklärung der Osnabrücker in
28
Arbeit; bei der Beratung hat Magdeburg das Direktorium geführt, Baden-
29
Durlach und Hessen-Kassel sind zugelassen worden.

30
Krebs (Mainz) bei W: Unmittelbar nacheinander haben sich Chigi, Ber-
31
gaigne und Longueville anmelden lassen. Da W wegen des spanisch-franzö-
32
sischen Präzedenzstreites Bedenken hat, von sich aus über die Reihenfolge
33
zu entscheiden, soll eine Gesamtberatung stattfinden.

34
Chigi an W: Anfrage wegen der Visite bei den Mainzern, die auf die An-
35
meldung
so freddamente begegnet und geandtworttet, daß er nicht wiße
36
worahn er seye. W: Bericht über die Mainzer Anfrage.

37
Mitteilung an die Mainzer: Anfrage Chigis; Notwendigkeit, ihn noch heute
38
zur Visite zuzulassen.

39
Mitteilung Volmars: Peñaranda hat Resolution aus Spanien erhalten, wo-
40
nach er den Kurfürstlichen den Exzellenztitel geben wird, so daß die Be-
41
suche stattfinden können. – Mitteilung davon an die Bayern.

[p. 260] [scan. 310]


1
Konferenz der katholischen kurfürstlichen Gesandten (siehe APW III A 1,1
2
S. 217ff).

3
St. Romain bei W: Klage über die Mainzer, die auf Anmeldung zur Visite
4
intricat und seltsamb geandtworttet. Dabei hat sich gezeigt, daß es um
5
Rücksichten auf Spanien geht. Die Franzosen wollen Chigi und den Ksl.
6
den Vortritt lassen; sollten aber die Ksl. die Spanier vorlassen, werde es
7
Verwicklungen geben. W: Will den Mainzern berichten, dabeneben im
8
vertrauwen vermeldent, daß villeicht die merita gegen Churmeintz so hoch
9
nicht consideriren möchten, weyln ihme die Frantzosen landt und leuthe
10
abgenohmmen, keine renthen abfolgen, unnd ihnen gleichsamb in exilio
11
verpleiben thetten. Warauff der St. Romain, daß der krieg hierahn
12
allein nicht schuldich, sondern wiße man gahr woll, wie die Spanische mitt
13
den pensionen so lange jahren hero den churfürsten auff ihre parthey
14
ziehen. Alß darauff I. H. G. gedacht, warumb sie auch nicht derglei-
15
chen thetten, und ihme, woh nicht gantz sein landt und leuthe, doch theilß
16
der taffelrenthen ihme, dem thumbcapitel und geistlichen nicht abfolgen
17
ließen? Andtworttete er, daß es mitt den einkömpsten, wie er haltte,
18
wohl practizirliche sachen, allein müesten sie zuvor sehen, wie sich die ge-
19
gesandten, und sonderlich in dießem passu und ingressu verhalten wür-
20
den.

39
20–22 (Hiervon – geäußert.)] am Rande: [...] emaneant
(Hiervon Mitteilung an die Mainzer, die berichten, dergleichen
21
und noch grober habe St. Romain sich bei den Bayern und Brandenburgern
22
geäußert.) W: Klagen über Rabenhaupts Verhalten im Erzstift Köln.
23
Contributiones zu fordern, und mit manier zu erzwingen, seye einem feind
24
nicht zu verüblen, dergestalt aber zu mordbrennen, die gefangenen ahn
25
ketten zu schlagen, sey mehr Turckisch als christlich. Bitte um Schreiben
26
der Gesandten an Rabenhaupt und die Landgräfin [...].

27
1645 VIII 2
Mittwoch Volmar und Buschmann bei den Kapuzinern:
28
Die Spanier bestehen darauf, vor den Franzosen bei den Mainzern zugelas-
29
sen zu werden. Contarini verwundert über die Forderungen Frankreichs
30
beim Mainzer Einzug und mit dem Einzug unzufrieden, wofür er W die
31
Schuld gibt.

32
Mitteilung der Bayern: Die Franzosen bestehen auf dem Vorrang vor
33
Spanien.

34
Mitteilung an die Mainzer: per generalia das Gespräch mit St. Romain.
35
[...].

36
1645 VIII 3
Donnerstag Mitteilung Nassaus: Ankunft des burgundi-
37
schen Gesandten

40
Peter von Weyms; vgl. oben [S. 240 Anm. 1] .
. Bitte um Mitteilung an die Kurfürstlichen. W: Ver-
38
weist für künftig auf das Mainzer Direktorium.

[p. 261] [scan. 311]


1
Mitteilungen der Bayern und Brandenburger: Gleiche Ankündigung Nas-
2
saus auf Begehren Saavedras.

3
Longueville an W: Dank an W und die Kurfürstlichen wegen Interposition
4
bei Mainz.

5
Mitteilung der Mainzer: Ankündigung des burgundischen Gesandten durch
6
Nassau. W: Verwundert, zu was end dergleichen notification et qui-
7
dem tali modi, da vom graffen von Wolckenstein, welcher doch alß des
8
erzhauß Osterreich abgesandter ihme vorgehet, und schon von guter zeit
9
sich hier befindet, nichts berichtet, geschehen. Bitte um Nachricht, falls den
10
Mainzern von der dabei geführten Absicht etwas zukommen sollte.

11
1645 VIII 4
Freitag Mitteilung der Bayern: Longueville hat anzeigen
12
lassen, die Franzosen müßten gegen die Mainzer Absicht, den Spaniern den
13
Vorrang zu geben, einige remonstration thuen, was aber nicht auf die übri-
14
gen
Kurfürstlichen gemeint sei. Bei einem Besuch hat er erklärt, Spanien
15
schicke nach Wien, um den Kaiser vom Frieden abzumahnen und eine neue
16
Liga

41
16 anzubieten [...]] an Köln/Bayern 1645 VIII 4/5
anzubieten
[...].

17
Mitteilung der Bayern: Volmar hat wieder angedeutet, Peñaranda werde
18
nun den Exzellenztitel geben. Sie haben gefragt, ob er in seinem Hause
19
auch die rechte Hand gebe und zur Kutsche geleite.

20
Krebs (Mainz) bei W: Sie werden wegen der Visiten von beiden Seiten und
21
von den Ksl. so bedrängt, daß sie sich in Wien beklagen wollen. Sie sehen
22
nur den Ausweg, niemanden zum Besuch zuzulassen. W: Sie kondten
23
sich gegen beyde theyl wol endschuldigen, daß sie sich zu gering achteten,
24
einen oder andern dieser koniglichen partheyen in ihren praetentionibus
25
zue praeiudiciren, oder auch daß sie dieselbe zu disgustiren gedächten, son-
26
dern lieber, maßen sie deßen auch befelcht, bey aller occasion beyde nach
27
muglichkeit zue verehren, und gebuhrend zu respectiren. [...]. Diesemnegst
28
urgirten I. H. G., daß man wenigstens under sich churfürstlichen negst
29
montag zusammenkommen möchte, welchen falß sie auch bey den Franzo-
30
sisch- und Spanischen sich desto beßer mit den negotiis würden endschuldi-
31
gen, und der visiten und ceremonialien endschlagen konnen. Worauff
32
der Churmainzische, dieses sey nicht ohn, und hetten sie auch außerdem ein
33
und anderß den churfürstlichen hern abgesandten zu proponiren, und auß
34
dem Lengerischen schluß und daruber auffgesezten guttachten ein ganzes
35
zue machen, inmaßen dan auch der herr Volmari starck darauff tringe.
36
[...].

37
1645 VIII 6
Sonntag Anfrage bei den Bayern: Antwort Volmars
38
wegen der Besuche bei den Spaniern. Bayern: Noch keine Nachricht.

39
Guardian der Observanten bei W: Die Spanier befremdet, daß auf die Er-
40
klärung wegen des Exzellenztitels die Kurfürstlichen sich noch nicht zum

[p. 262] [scan. 312]


1
Besuch angemeldet haben. W: Man erwartet noch die Erklärung wegen
2
der übrigen Punkte [...].

3
1645 VIII 7
Montag Mitteilung der Mainzer: Die Ksl. wünschen eine
4
Besprechung über die ihnen von den Mediatoren mitgeteilten Punkte.

5
Domdechant von Verden bei W: Andeutung, daß Peñaranda den Besuch
6
Ws erwarte. W: Die Frage des Exzellenztitels betrifft ihn persönlich
7
nicht, doch hat er mit Rücksicht auf die anderen Kurfürstlichen den Besuch
8
bisher unterlassen müssen. Auf den Einwand, der Titel sei inzwischen zuge-
9
standen
, verweist er auf die bayerische Anfrage, und daß also die mora
10
dieser seitthen nicht. Der Domdechant erklärt, von dieser Sache nichts
11
zu wissen.

12
Konferenz der Ksl. mit den kurfürstlichen Gesandten (siehe APW III A
13
1,1 S. 222ff).

14
Volmar auf Anfrage Ws: Positive Antwort der Spanier auf die Anfrage der
15
Bayern; auf Ws Anregung hin will er Wolkenstein erinnern, die köln-war-
16
tenbergischen Stifter und Bayern zu der beabsichtigten Konferenz der Fürst-
17
lichen in Münster zu laden.

18
Mitteilung Volmars: Schriftliche Erklärung Peñarandas über das Zeremo-
19
niell gegenüber den Kurfürstlichen. – Mitteilung davon an die Bayern mit
20
dem Zusatz, W wolle nun Peñaranda besuchen.

21
An Wolkenstein: Begrüßung; Bereitschaft der köln-wartenbergischen Stif-
22
ter zur Teilnahme an den fürstlichen Zusammenkünften [...].

23
An Peñaranda: Begrüßung; Anmeldung des Besuches. [...].

24
1645 VIII 8
Dienstag [...]. Mitteilung an die Brandenburger: Beab-
25
sichtigter Besuch bei Peñaranda. Heiden sieht sich als Sekundargesand-
26
ter zur Visite nicht imstande und will an Wittgenstein

40
Abgereist 1645 VII 22.
nach Osnabrück
27
berichten.

28
W / Kölner bei Peñaranda. Complimenten [...]. – Besuch der Bayern
29
und der Mediatoren bei Peñaranda.

30
Ansage Wolkensteins zur morgigen Zusammenkunft der Fürstlichen, die
31
jedoch keine formalzusammenkunfft, sondern allein gleichsamb eine privat-
32
conferenz sein soll. – Absprache des Votums der köln-wartenbergischen
33
Stifter.

34
1645 VIII 9
Mittwoch Als W auf Anfrage bei Wolkenstein erfährt,
35
daß Bayern nicht zu der fürstlichen Zusammenkunft geladen ist, läßt er
36
daran erinnern, worauf Wolkenstein das Versehen entschuldigt und die
37
Bayern benachrichtigen läßt.

38
Konferenz der fürstlichen Gesandten in Münster (siehe demnächst APW
39
III A 2)

41
Mit Anlage 129–131: Summarischer Begriff des Lengericher Schlusses (Druck: J. G.
42
Meiern I S. 508 f.); Schluß der Osnabrücker Stände (Druck: J. G. Meiern I S. 521ff );
38
Kreditiv der Osnabrücker Stände auf Johann Müller 1645 VII 24/VIII 3 (dieses mit
39
Nr. 128; zwischen 131 und 132 ohne Nummer: Referat Brömsers 1645 V 9, Druck: C.
40
W. Gärtner V S. 56f.).
.

[p. 263] [scan. 313]


1
1645 VIII 10
Donnerstag Peñaranda bei W. Curialia [...].

2
1645 VIII 12
Samstag Konferenz der kurfürstlichen Gesandten (vgl.
3
APW III A 1,1 S. 229–232).

4
1645 VIII 14
Montag Vulteius bei Buschmann. Auf die Klage, daß
5
Hessen-Kassel nicht zu der fürstlichen Zusammenkunft gezogen worden
6
sei, antwortet Buschmann, man wünsche sehr, daß die Landgräfin selbst
7
zue ihrer session und stimm im furstlichen Collegio sich qualificiren und
8
bequehmen mocht, darzu aber vornemblich die niederlegung der waffen
9
gehorig, dan er Vulteius vernunfftig leicht zu ermessen, daß so lang sie
10
selbst die waffen in handen und also pars ipsa sey, mit welcher de deposi-
11
tione armorum zue tractiren, sich nit wol schicken konne, daß ihr der fraw
12
landgraffin votum super ipsis pacis conditionibus zuegelaßen. So seye auch
13
bekandt, daß sie mit den frembden coronen noch in confoederation und
14
bundnus begriffen, also mit denselben ein corpus constituire und mit ihnen
15
zu rhat gehe. Imo wer in der proposition selbst eine satisfaction fur sie die
16
landgraffin praetendirt, so würde sie ja, wa von allem solchen gered und
17
gehandlet, zu erscheinen undt den auschlag darüber zu geben nit praeten-
18
diren können oder wollen. Auff welches der Vulteius, daß zwar nit
19
ohn, daß die landgraffin mit den frembden coronen confoederirt, solches
20
seye aber nur dahin angesehen, damit das reich wieder zu seinem vorigen
21
und behorlichen standt gerathen möge. Wie dan gewißlich, wan hiervon
22
red sein werde, nit werde underlaßen zu erweisen, daß sie eine Teutsche
23
fürstin seye, hoffe auch darin noch wol etwas zu vermögen. So halt er auch
24
nit dafür, daß die stend des reichs alhier alß eine parthey zu erscheinen
25
gedencken, sondern vielmehr zuzusehen, daß bey den tractaten zu des
26
reichs nachtheyl nichts vorgehen möge. Dan sonsten, wan nemblich die
27
stende sich zur parthey machen wolten, nothwendig erfolgen mußte, daß
28
die frembde cronen sich wieder dieselbe undt das reich fur feind erklehrten.
29
Von dergleichen er seines theylß noch nichts vernommen, sondern allein die
30
hostilitet wieder das haus Osterreich und etliche andere particular stend,
31
die würcklich die waffen fuhrten, gemeindt seye. Weylen nun dieser
32
discurß etwas weitt aussehend, und sich inn solchenn particular gespräch
33
nit erledigen laßen weit, so hatt bemelter canzler Buschmann bloß allein die
34
necessitet, die man Ihrer Kayserlichen Maiestät und etlichen churfursten
35
und stenden des reichs, sich in defension zu sezen, extorquirt, angezogen;
36
und wan andererseits solche offension cessirte, werde man auch der defen-
37
sion sich ferner zu gebrauchen kein ursach haben.

[p. 264] [scan. 314]


1
1645 VIII 15
Dienstag Mitteilungen der Mainzer

36
Anlage 132: Extrakt (Mainzer Osnabrück an Mainzer Münster) 1645 VIII 14; Anlage
37
133 (Extrakt der Mainzer): fehlt.
. – Krebs (Mainz)
2
bei W: Ist seine Reise nach Osnabrück

38
Gemäß Beschluß des Kurkollegs 1645 VIII 12 ( APW [III A 1,1 S. 229ff] ).
noch sinnvoll, nachdem die heute
3
mitgeteilten Nachrichten zeigen, daß kaum Hoffnung auf Erfolg besteht?

4
W: Schon deshalb, damit den Brandenburgern und andern furstlichen
5
gesandten der geschepfter böser wahn, alß wan nemblich jene nur executo-
6
res der hiesigen churfürstlichen conclusorum, diesen aber die collegialschluß
7
tanquam praecepta obtrudirt werden wolten, zue benehmen. Wird sonst
8
nicht viel erreicht, kann man sich dann doch entschuldigen, alles zur Zu-
9
sammenbringung
der Stände getan zu haben.

10
1645 VIII 16
Mittwoch Abreise Ws in das Stift Osnabrück, da wäh-
11
rend der Verhandlungen in Osnabrück in Münster nichts zu tun sein wird.

12
1645 VIII 20
Sonntag Gespräch Longuevilles mit einem Hofjunker
13
Ws: Bedauern über den langsamen Fortgang der Verhandlungen wegen des
14
daraus für die Religion entstehenden Schadens; zu wünschen, daß in
15
zeitten, und so lang sie die Franzosen noch der Schweden mächtig, und
16
selbe in ihrer hand hetten, zue den sachen gethan wurde. [...].

17
1645 VIII 21
Montag Buschmann bei Volmar. Dieser sieht die Ur-
18
sache für die Verzögerung der Verhandlungen hauptsächlich im Streit der
19
Stände über den modus consultandi, muß aber zugeben, daß auch die ksl.
20
Antwort auf die Proposition noch nicht vorliegt, die erst durch Kurz mit
21
Bayern beraten werden soll

39
Zu den Verhandlungen des Reichsvizekanzlers Kurz in Münschen Ende August vgl.
40
F. Dickmann S. 241, 553. H. v. Egloffstein S. 43, 47, K. Jacob S. 35, 68; ksl. Re-
41
sponsion
mit den bayerischen Zusätzen (Druck: C. W. Gärtner V S. 678ff).
. Empfiehlt zur Beilegung der Religionsfrage
22
Verlängerung der im Prager Frieden gesetzten Frist. Buschmann: Außer
23
um die geistlichen Güter geht es um mit der Frist nicht zu erledigende Fra-
24
gen wie Anerkennung der Reformierten. Volmar will die Entscheidung
25
darüber den Lutheranern überlassen. Im übrigen befürchtet er die größte
26
Schwierigkeit in der Pfälzer Frage, da Frankreich, wenn auch indifferent
27
oder Bayern geneigt, sich doch den Schweden und Protestanten als seinen
28
Verbündeten nicht widersetzen werde. Buschmann: Wegen der Kur ein
29
Vergleich zu erhoffen, das Land habe Bayern gegen Erstattung der dem
30
Kaiser vorgestreckten Gelder schon längst zurückzugeben versprochen.

31
Volmar: Die Erstattung wird schwerfallen, zu weiteren Gebietsabtretungen
32
wird der Kaiser nicht bereit sein. Zum Ausgleich Spanien–Frankreich,
33
ohne den Frankreich wohl auch den deutschen Frieden nicht schließen will
34
und der ohne die von Spanien bisher verweigerten Landabtretungen nicht
35
möglich scheint, gibt Volmar als seine persönliche Meinung an, Spanien

[p. 265] [scan. 315]


1
könne Roussillon und die Franche Comté abtreten, wenn Frankreich auf
2
die Unterstützung der Katalanen und Portugiesen verzichte.

3
1645 VIII 22
Dienstag Buschmann bei Bergaigne. Bereitschaft Spa-
4
niens
zum Frieden etiam cum aliquo dispendio suorum dominiorum.

5
1645 VIII 23
Mittwoch Buschmann bei d’Avaux. Auf dessen Klagen
6
wegen Verzögerung der Antwort auf die Proposition betont Buschmann die
7
Friedensbegierde Deutschlands, das nun so viele jahr das theatrum gewest,
8
darauff diese comoedi gespielt, dadurch dan alle landen ins verderb ge-
9
bracht, und were uber daßelbig noch dieses zum hochsten zu bethauren,
10
daß die catholische religion vieler ortthen so ein großen abbruch darunter
11
erlitten. Religiöser Charakter des Krieges, der aus dem Restitutionsedikt und
12
dagegen geschlossenen Leipziger Bundes entstanden ist, weshalb man sich zu
13
der cron Franckreich soviel weniger der hostilitet wieder die catholische
14
parthey versehen hette. Jetzo ruhre auch die hinderung, daß man zu der
15
handlung selbst nit schreitten kann, von den herren Franzosisch und
16
Schwedischen gesanden selbst her, indem sie den stenden ein zanckeyßen
17
ratione modi consultandi vorgeworffen, und nun etliche hie zu Munster,
18
andere aber zu Oßnabruck sein wolten. Daruber man sich allem ansehen
19
nach schwerlich undereinander werd vergleichen konnen, und scheine, daß
20
die uncatholische auff die Schweden eine solche große confidenz, ihre prae-
21
tendirte religionsgravamina durch sie durchzutreiben, gesezt, und dero-
22
wegen von denen sich nit separiren wolten. Hingegen wüsten die catholi-
23
schen nit, ob und weßen man sich hac in parte zu den Franzosen zu ver-
24
laßen; imo müste man sich viel mehr des gegenspiels besorgen, weylen sie in
25
ihrer eigenen proposition alles in den stand, warin es anno 1618 gewest,
26
wieder gesezt haben wolten, welches dan dieses auch implicite in sich be-
27
greiffe, daß die catholische alle wieder sie, auch gegen den austrücklichen
28
inhalt des religion friedens beschehene usurpationes nachgeben und darzu
29
still schweigen müßen. Des de Avaux replica war darauff, daß sie bey
30
ergreiffung der waffen auf das Kayserliche edict durchauß kein reflexion
31
gehalten, sondern hetten sich durch andere politische ursachen, indeme sie
32
durch das hauß Osterreich vilfaltig und unpilliger weiß lacessirt, benotthi-
33
get befunden. Der stend strittigkeit ratione modi consultandi ginge sie nicht
34
ahn; wurde bey den stenden selbst stehen, sich daruber zu vergleichen und
35
weren sie Franzosen ihres theyls indifferent, ahn welchem orth die stend
36
beyeinander kehmen. Wenn die hiesigen Stände sich zur Reise nach Osna-
37
brück
erböten und die Osnabrücker sähen, daß dort nicht unterzukommen sei,
38
würden letztere um so eher nach Münster folgen. In ihrer Proposition wird
39
Wiederherstellung des Standes von 1618 mit der Klausel ‘exceptis iis super
40
quibus hisce tractatibus aliter conventum fuerit‘ gefordert. Er rät in der
41
Religionsfrage zu einer Suspension auf 40 Jahre vom Friedensschluß an.
42
Die Schweden und uncatholische stend, wan man disseits sich etwas hart

[p. 266] [scan. 316]


1
hielt, damit vermuthlich wol zufrieden sein wurden; zu ihnen Franzosen
2
hetten einmal die catholische sich alles guten zu versehen, man wurde aber
3
davon nit lautt schreyhen, noch sie in die diffidentz und gealosie bey den
4
Schweden sezen müßen. Spanien wird entweder die früher gegenüber
5
Frankreich gemachten Eroberungen zurückgeben oder sich gefallen lassen
6
müssen, daß Frankreich jetzt gleichfalls seine Eroberungen behält.

7
Buschmann bei Vulteius, der mitteilt, nach Bericht Scheffers beständen die
8
Osnabrücker Stände auf Beratung an beiden Orten und würde man sich
9
eines modi conferendi inter status utriusque loci zu vergleichen haben
10
müßen. Buschmann: Zu bethauren, daß die stend iezo, da doch menig-
11
lich necessitatem erkennt, ihnen selbsten zu deßen befurderung hinderlich,
12
zumalen menniglich leicht erkennen kondt, was ein solcher tractandi modus
13
fur umbschweiff und verlengerung gebrauch. Offenbar fürchten die Prote-
14
stanten
, daß die Katholiken nicht über die Religionsgravamina verhandeln
15
wollen, und halten sich deshalb an die Schweden. Nach seiner Meinung
16
sind die Katholiken bereit, auf Wunsch der Protestanten sogleich alßbald
17
daruber in underredung sich einzulaßen; es wurde aber gleichwol auch auf
18
solchen fall eine notturfft sein, ahn einem orth zusammenzukommen.

19
Vulteius: Um einen beständigen Frieden zu schließen, muß man zwar
20
die Gravamina behandeln, obs aber sogleich iezo, ehe man die tractatus
21
quoad reliqua quae ad pacem cum exteris spectent etwas mehrers solidirt,
22
sich schicken wurde, muß er anstehen, weylen die frembde cronen dadurch
23
in gealosie, alß wolten die stend mit ausschließung ihrer sich vereinpahren,
24
gesezt werden.

25
1645 VIII 25
Freitag Bericht Krebs’ (Mainz) über seine Verhand-
26
lungen
in Osnabrück

40
Vgl. ksl. Protokoll über die Osnabrücker Verhandlungen mit Krebs 1645 VIII 18–24
41
(Druck: C. W. Gärtner V S. 835ff), W. Becker S. 218ff.
: Die Brandenburger waren nicht bereit, zusammen
27
mit Mainz bei den Fürstlichen wegen Herüberkunft nach Münster oder
28
ad locum tertium zu verhandeln, da bei Annahme der Osnabrücker Vor-
29
schläge
längere Verhandlungen unnötig und andernfalls vergeblich sein
30
würden. Bei einer gesonderten Besprechung hat Fritze geäußert, die Schwe-
31
den
würden unerachtet aller Gegengründe die Abreise der Stände als
32
für sie schimpflich nicht zulassen; zudem schienen sie zu fürchten, daß in
33
Münster Magdeburg, Kassel und Durlach ausgeschlossen würden, während
34
sie die Session Ws im Fürsten- und Bayerns im Kurfürstenrat nicht dulden,
35
bei Behandlung der Pfälzer Frage sogar Köln ausschließen wollten. Krane
36
hat Lampadius

42
Dr. Jakob Lampadius (1593–1649), braunschweig-lüneburgischer Geheimer Rat und
43
Vizekanzler (vgl. R. Dietrich S. 163ff).
, welcher das ruder vornemblich mit fuhren helfft, zu ge-
37
winnen
versucht, der aber lediglich mit anderen über die vorgeschla-
38
gene
Konferenz an drittem Ort zu reden bereit war. Wittgenstein hat sich
39
bei den zunächst wechselnden Nachrichten über den Ausgang der Schlacht

[p. 267] [scan. 317]


1
bei Nördlingen

34
In der Schlacht bei Alerheim 1645 VIII 3 hatten die vereinigten Franzosen und Hessen
35
gegenüber den durch westfälische Kreistruppen verstärkten Bayern das Feld behauptet,
36
aber nicht den Durchbruch nach Bayern erreicht (vgl. F. W. Barthold II S. 519ff).
sehr bestürzt hinsichtlich eines Sieges der Bayern bezeigt
2
und geäußert, er könne mit Reputation nicht in Osnabrück bleiben, da
3
Bayern dann die Kur behalten werde, er aber auf Restitution der Pfälzer
4
instruiert sei. Nach Mitteilung Lambergs dringt Brandenburg beim Kaiser
5
auf Einräumung der Festung Hamm

37
Lippefestung in der Grafschaft Mark, nach vorheriger hessischer Besetzung 1636 von
38
ksl.-bayerischen Truppen unter Götz erobert.
, wobei viele fürchten, daß er sich mit
6
den Hessen endlich gar coniungiren, und also von Holland biß ahn Hessen
7
unum continuum mit occupirung des ganzen craises und endzwischen gele-
8
gener landen machen dörfften.

9
1645 VIII 26
Samstag Gobelius an Buschmann: Müller (Kulmbach)
10
berichtet, die Osnabrücker Stände blieben bei ihrer Resolution, wollten
11
weder hier noch an drittem Ort darüber verhandeln, sondern die hiesige
12
Gegenerklärung erwarten und dann über Anstellung der Korrelationen
13
zwischen beiden Orten beraten.

14
1645 VIII 27
Sonntag W aus Fürstenau zurück. – Mitteilung an
15
Chigi, Nassau, Mainzer und Bayern.

16
1645 VIII 28
Montag Volmar bei W

39
Vgl. APW [III C 2,1 S. 417] (zu 1645 VIII 26).
. Er berichtet über die Osna-
17
brücker Verhandlungen wie Krebs; die Ksl. halten darüber eine Beratung
18
der hiesigen Stände für nötig. [...].

19
Bayern bei W. Auf Befehl des Kurfürsten bringen sie vor: 1. Notwendig-
20
keit des Verbleibens der westfälischen Truppen bei der bayerischen Armee

40
Vgl. J. Foerster S. 269f.
,
21
Bitte um entsprechende Einflußnahme Ws auf die Kreisstände. 2. Hilfe Ws
22
zur Abstellung französischer Werbungen im Kreis durch Bönninghausen

41
Lothar Dietrich Frhr. von Bönninghausen (um 1598–1652), ehemals ksl. General, warb
42
1645 für Frankreich im westfälischen Kreis (vgl. H. Lahrkamp, Bönninghausen).
.
23
3. Absprache der Voten für die Beratung der Osnabrücker Antwort. 4. Ver-
24
tretung des beurlaubten Krebs bei den Sessionen durch einen münsterischen
25
Rat. W: 1. Die Abforderung der Kreistruppen so lange nicht ratsam,
26
wie die Hessen in Oberdeutschland stehen, 2. Will nähere Nachrichten ein-
27
ziehen. 3. Hat mit den Kölner Räten das Votum noch nicht besprochen,
28
meint aber, daß es angesichts des Osnabrücker Widerstandes besser sei, ali-
29
quo quamvis difficili modo alß garnit ad tractatus zu kommen. 4. Merfeldt
30
ist schon beauftragt. [...].

31
1645 VIII 29
Dienstag Konferenz der Ksl., kurfürstlichen und fürst-
32
lichen Gesandten .

33
[...]

[p. 268] [scan. 318]


1
1645 VIII 31
Donnerstag Kurfürsten- und Fürstenrat

35
Vgl. Protokoll Kurfürstenrat APW [III A 1,1 S. 236ff] , Protokoll Fürstenrat demnächst
36
APW III A 2. Mit diesem Tag beginnen die regelmäßigen Sitzungen der Reichsräte;
37
Einzelverweise im Folgenden gewöhnlich nur für die in den APW schon publizierten
38
Sessionen.
. [...]

2
Landsberg bei Chigi. Kölner Koadjutorie

39
Vgl. oben [S. 123 Anm. 1] .
. Klage Chigis wegen mangelnder
3
Unterrichtung durch die Ksl. über den Verhandlungsstand. Er will die
4
Franzosen mahnen, noch vor Abreise Oxenstiernas

40
Oxenstierna war in Münster 1645 VIII 30–IX 4.
in diesen zu dringen,
5
damitt den reichsstenden ihr herbrachter modus consultandi nicht pertur-
6
birt, sondern man desto schleüniger und bestendiger zue den sachen schrey-
7
ten mögtte. Landsberg: Differenzen unter den Ständen selbst. Chigi:
8
Werbungen in Stralsund und den Hansestädten. Man muste dahin geden-
9
cken, daß noch vor dem October mit den tractaten ein guter und sicherer
10
anfang gemacht, sonsten nichts gewissers, alß daß die Franzosen abermal
11
auf newe praeparatoria zu kunfftiger campagnia das aug halten, und man
12
das folgende jahr anderst nichts alß krieg zu gewartten haben werde.

13
1645 IX 1
Freitag [...] – Mainzer Ansage zum Fürstenrat für mor-
14
gen. W rät auch zur Sitzung des Kurfürstenrates, damit man sehe, wie den
15
Brandenburgern der Gedanke einer Schickung aller Stände an beide Orte
16
zu nehmen sei, und man zugleich die Re- und Korrelation vornehmen könne.

17
1645 IX 2
Samstag Gespräch Buschmanns mit Volmar: Von den Pro-
18
testanten
unterstützte Magdeburger Ansprüche auf Session und Direk-
19
torium
im Fürstenrat, darin man catholischen theylß noch zur zeit keinen
20
weg zur vermittelung finden kond; wan ihnen solches angienge, sie alberait
21
die aufhebung des catholischen vorbehalts fur eine richtige und geschlossene
22
sach halten würden. Volmar: Darauf angesprochen, haben die Magde-
23
burger
erklärt, Österreich in Osnabrück das Direktorium überlassen zu
24
wollen. Auf den Einwand, es gehe um die Session überhaupt, bestanden sie
25
darauf, daß es damit bei den Friedensverhandlungen eine andere Bewand-
26
nis
als auf sonstigen Reichsversammlungen habe. Eine weitere Diskussion
27
haben die Ksl. als im Augenblick undienlich vermieden. – Kurfürsten-
28
und
Fürstenrat .

29
Landsberg/Buschmann bei den Franzosen. Bedrückung der Geistlichen
30
durch die hessischen Garnisonen in Neuss, Kempen und Linn unter dem
31
Vorwand der Kontributionszahlung, wobei aber der haß und neid der reli-
32
gion die vornembst und meiste ursach, zumal die Geistlichen nie mit der
33
Kontribution belastet gewesen sind. Verantwortlichkeit Frankreichs, das
34
Hessen die genannten Orte eingeräumt hat

42
Vgl. oben [S. 39 Anm. 4] .
. Durch willkürliches Anset-

[p. 269] [scan. 319]


1
zen
der Kontribution kann Hessen alle Geistlichen vertreiben und den
2
katholischen Gottesdienst unterdrücken. Sorge des Kurfürsten, daß durch
3
die Forderung des Standes von 1618 in der französischen Proposition die
4
seitherigen Fortschritte der Katholiken rückgängig gemacht und die Prote-
5
stanten
im Besitz der gegen den Religionsfrieden vorgenommenen Usurpa-
6
tionen
bestätigt werden. Deshalb läßt der Kurfürst die französischen Ge-
7
sandten
ersuchen, bei der Landgräfin auf Einstellung aller Verfolgung der
8
Geistlichen, unter welchem Vorwand sie auch geschehe, zu dringen und bei
9
den Religionsverhandlungen die katholische Sache gegenüber Schweden zu
10
vertreten. Franzosen: Der Landgräfin haben sie schon ihr Mißfallen
11
über derartige Vorfälle bezeigt und wollen sich für die tatsächliche Abstel-
12
lung
weiter verwenden; zu ihrer Proposition wiederholen sie den Hinweis
13
auf den Vorbehalt anderer Vereinbarungen bei den Verhandlungen. Dis-
14
kussion
über den religiösen Charakter des Krieges; Restitutionsedikt, Leip-
15
ziger
Bund. Die Franzosen erklären ihr Eingreifen als Abwehr wieder des
16
hauß Osterreichs unbilliche zunöttigung. Krieg um Mantua; man habe ver-
17
hindern
müssen, daß Österreich sich der Kräfte des Reiches gegen Frank-
18
reich
bediene. Nach fernerer einfuhrung, daß das hauß Osterreich wol off-
19
ters und grober, wan ihr ratio status also erfordert, der religion praeiudi-
20
cirt, beharren die Franzosen darauf, daß einmal der Kayser in den terminis
21
legum et constitutionum imperii sich halten müßte, und wurde auch sonder-
22
lich das imperium nit perpetuo apud eandem domum, alß welches ob
23
potentiam suam allen vicinis suspect, bleiben müßen, und beger die cron
24
Franckreich anderst nicht, alß daß sowol in Teutschland alß Italien ein
25
yeder stand bey seiner frey- und hoheit gehandhabt werden möge. Und
26
gleich wie auf solchen fall die stend selbsten gluckselig, also konden auch
27
sie der cron Franckreich dabey ruhig und ohn forcht sein. Kölner Memo-
28
riale
, betreffend Paßgesuche und die Prozession zum Kreuzberg

37
Anlage 137–138: kurkölnisches Memorial betr. Pässe für den Weihbischof von Pader-
38
born, Klagen des Pfarrers von Neuss, Übergriffe gegen die Geistlichen am Niederrhein,
39
Salveguardien innerhalb der Propstei Bonn; kurkölnisches Memorial betr. Pässe für Wil-
40
helm Moons, Franz von Weix, Arnold von der Horst, Prozession zum Kreuzberg bei
41
Bonn, Passierscheine für Bacharacher Wein, Freilassung des Ferdinand von Weix.
.

29
1645 IX 3
Sonntag [...] – Gespräch Buschmanns mit Müller / Lam-
30
padius
/Oelhafen

42
Als Mitglieder der Osnabrücker Ständedelegation seit Ende August 1645 in Münster
43
(vgl. APW [III A 1,1 S. 242 Anm. 1] ).
, wobei Buschmann vorschlägt, daß man sich gewisser
31
deputirten, die ein und andern orts verpleiben (gleich wie vom churfürst-
32
lichen collegio vor diesem auch schon geschehen), von yeder banck verglei-
33
chen und im übrigen den andern stenden frey und heimbstellen möge, die
34
ihrige, wo ihnen selbsten beliebig, abzuordnen. Welcher vorschlag
35
ihnen dan nit so gar ubell eingangen, sie auch demselben nachzudencken
36
sich erpotten. Notwendigkeit der Beilegung der Gravamina, zumal danach

[p. 270] [scan. 320]


1
die frembde cronen sich in die reichssachen zu mischen kein ursach mehr
2
haben wurden. Wobey sie dan den geistlichen vorbehalt gar starck zu be-
3
streitten anfangen, mit dem vorgeben, daß weylen selbiger fast der schwer-
4
ste punct under allen, derselb auch nohtwendig vor allen ubrigen seine rich-
5
tigkeit wurde erlangen mußen. Worauf der canzler Buschman, negst
6
erholung dem den catholischen bey diesem punct aus dem religionfrieden
7
selbst zustatten kommender fundamenten, ratione compositionis in den
8
generalibus verplieben, daß den catholischen seines dafurhaltens nicht
9
zuwieder sein werde, sich mit den protestirenden der hinlegung halber in
10
guttlich- und freundliche conferenz, wan anderst ahn der gegenseithen man
11
auch zu gutlichen schiedlichen wegen sich weisen laßen wolt, zue tretten.

12
Neben selbigem punct haben sie auch sonderbarlich hoch angezogen, daß
13
das justizi wesen vorab ahm Kayserlichen hoff nothwendig in ein andere
14
formb gebracht werden muße, dan auf die iezige weiß man sich im reich
15
ahn seitthen der protestirenden keines unpartheyischen rechtens zu getro-
16
sten haben konne.

17
1645 IX 4
Montag [...] – Fürstenrat; Beschluß einer bestimmten
18
Deputation von geistlicher und weltlicher Bank an beide Kongreßorte

35
Mit Anlage 139: ksl. Protokoll über die Osnabrücker Verhandlungen 1645 VIII 19–24
36
(Druck: J. G. Meiern I S. 563 ff).
.

19
1645 IX 6
Mittwoch Treffen Haslang mit W / Landsberg / Busch-
20
mann. Da der Reichsvizekanzler Kurz zu Verhandlungen über die ksl. Ant-
21
wort auf die Propositionen in München ist und Kurköln mitgeteilt hat, daß
22
die Kölner Gesandten ein Gutachten über die Propositionen ausarbeiten
23
sollen, wird dieses zur unmittelbaren Weiterleitung nach München erbeten.
24
Nochmalige Bitte um vorläufigen Verbleib der Kreistruppen in Bayern.

25
W: Trotz mehrfacher Beratungen wegen Verhinderung einzelner Depu-
26
tierter noch kein endgültiges Gutachten erstellt. Wegen der Kreistruppen
27
Verweis auf sein Schreiben an Kurbayern.

28
1645 IX 7
Donnerstag Buschmann bei Volmar: Die ksl. Resolution
29
auf die Proposition zur Mitteilung an die Stände eingetroffen. Volmar will
30
zur Beratung mit den dortigen Ksl. über die Herausgabe morgen nach
31
Osnabrück.

32
1645 IX 8
Freitag Die bei der gestrigen Konferenz

37
Gemeint die im Diarium nicht erwähnte Konferenz der katholischen kurfürstlichen
38
Gesandten 1645 IX 7 ( APW [III A 1,1 S. 261ff] ).
verlesene Antwort
33
an die Ksl. ratione modi consultandi wird geprüft und mit Anmerkungen
34
den Mainzern zurückgegeben.

[p. 271] [scan. 321]


1
1645 IX 9
Samstag [...] – Haslang und W: Auf Befehl Kurbayerns
2
Diskussion der ksl. Antwort auf die französische Proposition, wobei die
3
Hauptberatung ausgestellt bleiben soll, bis man sieht, ob die den Ksl. zuge-
4
gangene
Fassung mit der von Kurbayern übersandten übereinstimmt. Bitte
5
um die Kölner Meinung, ob 1. der Einschluß Spaniens in den Frieden zu
6
erwähnen sei, 2. die Auslassung des Majestätstitels in der Antwort die
7
Kronen verletzen werde, 3. nit wegen der satisfaction mehrer und deutt-
8
lichere anregung zu thun? Beym ersten ist dafur gehalten, daß ohne
9
große offension, was wegen der Spanier alberait gesezt, nit wol werde
10
außzulaßen sein, sonderlich da ihrer gar in der Schwedischen proposition
11
selbst meldung beschicht und man ihnen alß sociis belli den frieden billich
12
nit zu mißgonnen. Und wiewoln die Franzosen solches auf die weiß nit
13
zugeben, sondern ad particulares tractatus werden schreitten wollen,
14
köndte es doch dahin genommen werden, daß Ihre Maiestätt sie solchem
15
nach, alß ihren alliirten, wie auch vermuthlich Spanien vice versa Ihre
16
Maiestätt, in den machenden frieden werden wollen einschließen. 2. Damit
17
zu begründen, daß die Antwort immediat vom Kaiser kommt; im Friedens-
18
projekt
kann der Titel gesetzt werden. Wegen der satisfaction pro 3. hiel-
19
ten, daß es fur daßmal bey demienigen, so in der andwort deßhalber
20
vorsehen und hinzugesezt, sein verpleibens wol haben kont, zumaln die
21
cronen leicht werden erachten, daß man ihnen die praetendirende satisfac-
22
tion nicht werde gleichsamb endgegentragen und soviel aus der responsion
23
ersehen, daß man davon zue handlen nicht ganz ausschlagt. [...]

24
[...]

25
1645 IX 11
Montag Fürstenrat. – Anfrage der Mainzer: Wegen des
26
Exzellenztitels Bedenken gegen die ihnen im Fürstenrat aufgetragene Über-
27
mittlung der Antwort auf die ksl. Proposition an die Osnabrücker Stände.

28
W: Weylen man der Oßnabruckischen erklehrung, nach beschehener rela-
29
tion des Braunschweig- und statt Nurnbergischen, ehester tagen uber hie
30
gemachten schluß erwarttend, diese hinuberschickung aber sie darin irr
31
machen und verlangerung veruhrsachen würde, daß sie beßer hielten, mit
32
der communication solcher schrifft einzuhalten.

33
W bei Chigi. Dank für die Hilfe zur Erlangung des breve apostolicum
34
impositionis silentii in der Kölner Koadjutoriesache. Erfolglosigkeit der
35
Bemühungen bei den Franzosen in Religionssachen; Gehrde. Lage der
36
Katholiken in der Grafschaft Lingen, die kirchlich bis 1583 zu Osnabrück
37
gehört hat. Entgegen den bei der Neutralisierung 1623/33 und Besitznahme
38
durch Oranien gegebenen Versprechen sind die katholischen Geistlichen
39
verdrängt worden, während die Bevölkerung, wenn sie den Gottesdienst in
40
den benachbarten spanischen Orten besuchen will, dort als feindlich behan-
41
delt
wird. Bitte um Interposition bei den Staaten und den Spaniern. Diffe-
42
renz
zwischen den hiesigen und Osnabrücker Ständen wegen des modi con-
43
sultandi; falls nicht bald ein Vergleich zustande kommt, wollen die Ksl. die

[p. 272] [scan. 322]


1
Antwort auf die Propositionen unter Vorbehalt späterer Erinnerungen durch
2
die Stände übergeben. Welches dem herrn nuncio gar wol eingangen, und
3
gern vernommen, daß man ex parte Caesaris et electorum solchen ernst und
4
eiffer zu befurderung des friedens erscheinen laß. Longueville hat er auf
5
Klagen über Verzögerung des Friedens durch den Kaiser und Spanien ge-
6
antwortet
, Franzosen und Schweden trügen wegen Berufung der Stände
7
selbst die Schuld, worauf Longueville den Kurfürsten vorwarf, sie maßten
8
sich unzulässige Vorrechte an und spielten dabei mit dem Kaiser zusam-
9
men
, der mit ihnen seine Absichten besser als mit allen Ständen durchsetzen
10
zu können glaube. W: Diese Argumente stehen schon in den Schreiben
11
an die Frankfurter Stände, sie sind vermutlich Longueville von Lampadius
12
jetzt nahegebracht worden. Chigi: Wegen der angeblichen Verschlep-
13
pungstaktik
Spaniens hat er Longueville erinnert, daß vor Ankunft der
14
Staatischen die Franzosen selbst nicht verhandeln wollten. Einen wegen der
15
Türkengefahr von den Franzosen angebotenen Stillstand zur See haben
16
die Spanier abgelehnt, da die französische Seemacht der ihrigen nicht gleich
17
ist; sie fürchten, daß die Franzosen die Truppen dann an Land gegen die
18
Spanier einsetzen, da sie sich zu ihrer Verwendung gegen die Türken nicht
19
erklären wollen. – [...]

20
[...]

21
1645 IX 13
Mittwoch Konferenz der ksl. und der katholischen kur-
22
fürstlichen Gesandten .

23
W bei Bergaigne. Situation in der Grafschaft Lingen. Bönninghausen. Ber-
24
gaigne will Peñaranda entsprechend berichten, nachdem Bönninghausen
25
vorgegeben hat, er begebe sich mit Wissen Kurkölns und Ws in französi-
26
schen Dienst.

27
Unter dem Vorwand einer Reise nach Osnabrück begibt Longueville sich
28
mit großem Gefolge aus der Stadt, kehrt aber abends still zurück. Es zeigt
29
sich später, daß Bönninghausen so aus der Stadt gebracht, bei Albersloh von
30
einem hessischen Konvoy erwartet und nach Lippstadt geleitet worden ist.

31
1645 IX 15
Freitag W bei Longueville / Servien. Erstlich hat der duc
32
de Longeville occasion gemacht, abermalen de monarchia Austriaca und
33
dem dominat im reich starck anzuziehen, und daß das haus Osterreich die
34
Kayserliche dignitet solchergestalt usurpire, daß es sich nur zu groß-
35
machung seiner des reichs macht gebrauchen thette. W: An den augen-
36
blicklichen
Zuständen ist Frankreich mit seinen Feindseligkeiten gegen die
37
Stände selbst schuld; im Frieden werde man ad illos terminos schon
38
wieder kommen konnen, daß einige conscriptiones militum, contributionum
39
und dergleichen ohne bewilligung der stend nicht geschehen mögen. Ser-

[p. 273] [scan. 323]


1
vien
: Mit den constitutionibus im reich seye den sachen allein nit geholffen,
2
es muste eine andere assecuration da sein, nachdem der Kaiser den Mantua-
3
nischen krieg nit allein ohn der churfursten und stend willen und einrathen,
4
sondern gar ipsis contradicentibus angefangen. I. H. G. sagten, sie er-
5
innerten sich, daß in ihrer proposition eben diß enthalten, man wüste aber
6
von anderer assecuration nit, sondern müsten sie specificiren, was fur eine
7
assecuration sie dan weitters haben wolten, und were gutt, daß es bald
8
geschehe. Auff welches der Servient, es werde anderst nit zugehen, alß
9
lang man einen Kayser vom hauß Osterreich habe, und subiungirte der duc
10
de Longeville, daß zu verwundern, daß die churfursten diß höchste kleinod
11
nit beßer in obacht nehmen und sich selbst ahn ein hauß binden und
12
daßelbe erblich machen, was in ihrer handt anderen zu geben stunde.

13
I. H. G. Sie seyen einmal übell informirt, daß hauß Oisterreich praeten-
14
dire ahn daß reich selbst nicht, daß es erblich sein oder gemacht werden
15
sollte, weniger daß die herren churfürsten gedencken werden, dieses klein-
16
ods sich zue priviren. Longeville: Es währen so viell modi und practi-
17
quen der Spanier, die wenige churfürsten dazue zu berrhaden und zue
18
induciren, daß daßelbe nun so lange iahren dabey verblieben. I. H. G.:
19
Die uhrsach, warumb so viell Kayser vom hauß Oisterreich gewehsen,
20
hetten sie ihnen vor dießem in anderen discursibus underschiedtlich ange-
21
deüthet; mit Ablehnung der Wahl 1630

40
Zum Scheitern der Wahl Ferdinands III. auf dem Regensburger Kurfürstentag 1630 vgl.
41
M. Ritter III S. 461.
haben die Kurfürsten ihre libertet
22
genugsamb bezaigt. Longeville: Modernorum electiones Imperatoris [!]
23
seyen nur eine formalitet, man wiße doch, ehe man ad conclave komme,
24
[...] waß für ein Kayser eligirt würde, wie sich dan die Spanier selbst be-
25
rühmbten, daß sie es solcher gestaldt practizirt und getrieben. Und setzte
26
der Servient hinzue, daß gahr zu viell, auß einem hauß Oisterreich so viele
27
nacheinander zu nehmen, man müeße den faden einmahl abschneiden und
28
daß reich dadurch in seine libertet wiederumb setzen. W: Wechselnde
29
Wahlen nach Rudolf I.; mehrfache Wahlen aus dem gleichen Haus begrün-
30
den
heute ebensowenig ein Erbrecht wie bei Karolingern und Ottonen.

31
Longueville: Nachricht, daß Terranova

42
Diego de Aragón Tagliavia y Pignatelli (gest. 1674), duque de Terranova, principe de
43
Castelveterano, spanischer Gesandter in Wien seit Herbst 1645.
in Wien eine newe ligam inten-
32
dire, welches kein anzaigh zu frieden seye, in specie seye auch dergleichen
33
vor mitt Bayeren. Hierauff sagten I. H. G., hiervon wußten sie nicht,
34
glaubten es nicht, und sehen auch nicht, waß für eine liga und mitt wehme
35
auffgerichtet werden könne. Auf welches Servient: Eben mit Chur-
36
bayern, und der duca Terranova anspinnen thette, keinen frieden im reich
37
zu machen ohne mittbegreiffung des königs in Spanien. Wan man sich an
38
solche Spanische consilia haltten und sich selbiger händel thailhafft machen
39
wollte, köntte man nicht absehen, wie der fried im reich zu erlangen.

[p. 274] [scan. 324]


1
I. H. G.: Daß doch ie und allezeit ihr vorgeben gewehßen, einen general-
2
frieden zu machen. Welches der Longeville mitt ja beandtworttet,
3
allein sehe man, daß es den Spaniern mitt dem frieden zumahlen kein
4
ernst. I. H. G.: Sie hetten öffters erwehnet, inmaßen sich der d’Avaux
5
und Servient noch wohl erinneren würden, daß die herren churfürsten und
6
daß reich nicht ursach hetten, noch gedacht wehren, in frembde händel sich
7
einzumischen. Der Servient replicirte, er wußte sichs woll zu besinnen,
8
werde allein darumb gesagtt, daß man sich von den Spaniern nicht solle
9
verführen laßen, sonderlich dah man sihet, wie es ihnen so übell ergehe
10
unnd wie sie einen ohrt nach dem andern verliehren. Sie würden noch wohl
11
mitt ihnen pacisciren, und dannach umb daß reich sich nicht viell bekümme-
12
ren. I. H. G.: Dieß seye nicht ohne, der könig von Spanien seye abso-
13
lutus und werde bäldter alß man im reich zum frieden gerathen können,
14
zumahln bey ihme stünde, daßjenig waß er biß dato beseßen, zue cediren,
15
zu verschencken, oder fallen zu laßen wie er wolle. Alß zum exempel, er
16
könne sein ius auff die graffschafft Rossilion, Catalonien etc. resigniren.

17
Auff welches der Servient hinzusetzet: daß königreich Navarra. I. H.
18
G.: Also liberal woltten sie auß eines anderen seckel nicht bezahlen. Wuß-
19
ten auch nicht, ob und waß sie gedacht fallenzulaßen, sondern sagten es
20
allein zum exempel, kontten sie aber versicheren, daß biß dato ahn einigen
21
nichts glangt worden. Servien: Spanien sucht zwischen dem Kurfürsten
22
von Bayern, der Kurfürstin und Herzog Albrecht Mißtrauen zu schaffen,
23
damit beim Tod des Kurfürsten die Witwe gegen den nächsten Agnaten bei
24
Österreich Hilfe suche

41
Kurfürstin Maria Anna (1610–1665) war die Schwester Kaiser Ferdinands III.; der
42
nächste Agnat und Vormund in der Kur beim Tode Maximilians wäre Kurfürst Ferdi-
43
nand von Köln gewesen, der jedoch 1640 zugunsten seines jüngeren Bruders Albrecht
44
verzichtet hatte (vgl. J. Foerster S. 389).
. W: Hat das gute Verhältnis zwischen dem
25
Kurfürsten und Albrecht vor zwei Jahren in München selbst erlebt, zudem
26
steht Kurköln als älterer Bruder noch vor Albrecht, so daß die Spanier mit
27
solchen Machenschaften nichts gewinnen würden. Es seye aber dieses, wie
28
man leyder erfahre, daß wan man nicht einigk, alßdan alles übell auff-
29
nehme und viele sachen nur suspicire und imaginiere, dergestaldt gehe es
30
mitt den Franzosen und Spaniern und würden sie selbst bekennen müeßen,
31
daß verscheidene sachen von ihnen ohne grundt und fundament, wie man
32
hernachmahlß selbst gesehen, auch alhie suspicirt werden. Warauff der
33
Servient gelachet, mitt vermelden, daß zwarn solches nicht ohne, sie hetten
34
aber dießes waß ietz gemelt vom gewißen ohrt, und daß solche practiquen
35
in specie erst newlich angefangen, vor welchen leüthen sich Bayern gahr
36
woll zu achten hab. I. H. G. wiederholeten, daß sie zumahln nicht
37
sehen, waß für ein fundament solches außgeben haben noch für einen effec-
38
tum operiren werde. Alles aber rühre her auß der ewigen aemulation und
39
discordia zwischen beeden crohnen Franckreich und Spanien, ohnangesehen
40
ihrer so nahe bluetverwandtnuß. Servient: Im gantzen reich habe die

[p. 275] [scan. 325]


1
crohn Franckreich mitt niemandts solche große confidentz alß mitt Bayern
2
und dannoch schlugen sich die freünde auch woll mitteinander. Welches
3
I. H. G. reassumirten, daß zwar unter sich guette freünde zueweylen auch
4
uneins würden und einer dem andern uhrsach gebe, daß der ander, wan er
5
ihme alß feyndt zue nahe komme, zuschlagen müeße. Servient: Beßer
6
wehre es, daß man allezeitt guete freünde geplieben wehre. I. H. G.:
7
Wan man ex parte Franckreich in principiis, welche der vorige könig
8
anfangs gehabtt, verblieben, wehre es ad illos terminos nicht gerahten, zu-
9
mahln der abgelebtter könig nicht allein die beschehene translation der
10
chur sehr recommendirt und befördert, sondern sich auch gahr zuer catho-
11
lischen liga bekennen wollen. Wavon er aber durch andere considerationes
12
baldt darnach abgewichen. Servient: Der könig habe woll enderen [!]
13
müeßen, daß so gahr keiner von den catholischen fürsten sich gegen den
14
Kayser erclehren wollen. I. H. G.: Ein jedder Teüttscher, er seye dießer
15
oder der anderer religion, wan er sein auffrichtige Deütsche pflicht und
16
schuldigkeitt in acht nimbtt, werde sich gegen den Kayser alß sein ober-
17
haubtt und deme er pflicht und homagia geleistet, nicht erclehren können
18
oder wollen. Daß aber dergleichen von thailß uncatholischen geschehen
19
und von beeden crohnen dergestaldt fomentirt worden, müeße man dahin
20
und zu ihrer verandtworttung bey Gott und der posteritet gestellt sein
21
laßen. Und wiße man hingegen, daß wan nur daß geringste mitt schreyben
22
oder in andere weghe in Franckreich, nicht eben gegen den könig, sondern
23
nur den cardinaln Richelieu vorgangen, man sogleich crimen laesae maie-
24
statis darauß gemacht [...]. Warauff der Servient replicirt: Er sage
25
nicht, daß man gegen den Kayser alß Kayser, sondern alß gegen einen vom
26
hauße Oisterreich sein solle. I. H. G.: Dieße distinction verstunden die
27
Teütschen also nicht, und hetten sie die Frantzosen biß dato deß proscri-
28
birten pfaltzgraffen (der ebendergleichen distinctiones gebraucht) actiones
29
für rebellisch erkennen müeßen, wie dan alle unpartheyische anderst nicht
30
würden judiciren können. Auff welches beede still geschwiegen und
31
endtlich der duc de Longeville groß contestiren wegen Franckreichs begyrd
32
und guetter intention zum frieden gemacht. Warauff I. H. G.: Ahn der
33
guetten intention hab man nicht gezweiffelt, weniger daß ein christlicher
34
und catholischer könig gern sehen soltte, daß so viell christenbluth ver-
35
goßen würde; man sehe aber auch, wie langh es mitt behandlung des frie-
36
dens sich verziehe. Wir Teütschen hetten den brauch, daß wir den wohrten
37
nicht glaubtten, wan man den effectum nicht sehe. Der Longeville
38
replicirte, daß es ahn ihnen nicht ermanglen thette, die proposition hetten
39
sie schon lengst von sich geben, und ietzo allein der andwortt erwahrtte-
40
ten. W: Verzögerungen bis zur Herausgabe der französischen Proposi-
41
tion
und Streit um den Beratungsmodus durch Berufung aller Stände.
42
Es seye aber, Gott lob, damitt nunmehr so weith gebracht, daß man
43
hoffnung habe, die instehende woche mitt den deliberationibus einen
44
anfangk zu machen und ihre propositiones vorzunehmen. Longeville:

[p. 276] [scan. 326]


1
Carolus V. und Ferdinandus I. hetten hiebevohr die trennung der stend
2
allein zu ihren und ihres haußes vorthaill gemacht, sich auch solcher un-
3
einigkeitt der stende dieße jahren hero dern successores meisterlich ge-
4
braucht, und waß sie nicht durch die catholische richten können, solches
5
durch die uncatholische directe vel indirecte auch in praeiudicium religionis
6
catholicae, in specie wie mit dem Prager schluss, fur die handt genohm-
7
men. I. H. G.: Es seye freylich woll zu erbahrmen, daß die uncatholi-
8
sche stend dergestaldt in religione vertretten würden; die histori seye clahr,
9
und zaige gnugsamb, waß Carolum V. und Ferdinandum I. gezwungen,
10
den Paßawer vertrag einzugehen, wan sie nicht von anderen außländischen
11
auch catholischen dergestaldt mitt kriegsmacht beträngt worden, hette man
12
derzeitt exurgentem haresim reprimiren, und die stend in beßerer concordi
13
haltten können. Servient: Die vereinigung der stend werde man noch
14
woll tentiren können und müeßen. I. H. G.: Solches werde kein ohn-
15
mögliches dinck sein, wan man allein dahin sehe, daß der Passawer vertrag,
16
von dehme alle diffidentz und uneinigkeit entspringe und herrühre, von der
17
anderen seythen gehalten wehrde, und den uncatholischen die chron
18
Franckreich keine mehrere assistentz gegen die catholische laisten, und daß
19
gleich, wie Franckreich durch die union mitt in- und außlendischen un-
20
catholischen, die catholische ruinirt und veriagt, also anietzt mitt ihrer
21
praesentz und assistentz bey den tractaten den catholischen desto mehr
22
beystandt thette, damitt man ad illam aequitatem et regulam iustitiae im
23
reich wiederumb glangen mögtte. Auff welches der Longeville aber-
24
mahln eine lange sermon geführt, daß einmal sein könig und die gantze
25
crohn Franckreich nicht gedencke, einigen vortheyll den uncatholischen
26
gegen die catholische zu thuen. I. H. G.: Vor dießem hab der Servient
27
sie offters versichert, daß die crohn Franckreich gegen die catholische reli-
28
gion directe nichts zu thuen gemaint, worahn es aber allein nicht gelegen,
29
sondern wan also, wie bißhero, die catholische dergestaldt supprimirt,
30
werde ebensowoll die catholische religion undertrucktt, und bliebe die ver-
31
andtworttung einmahl, es geschehe directe vel indirecte, nicht auß. Ser-
32
vient: Die uncatholische in Teütschlandt gantz außzurotten oder sie mitt
33
gewaldt der waffen zu vertilgen, seye eine pur lauthere unmöglichkeitt,
34
man müeße suavi modo mitt ihnen umbgehen, dan einmahln gewiß, daß
35
durch den krieg mehrer catholische abfallen alst uncatholische bekehrt wer-
36
den. Hingegen wan der frieden getroffen, und man ihnen guete instructio-
37
nes geben, würden ihrer viel mehr zu den catholischen glauben gebracht
38
werden, wie man deßen vivum exemplum mitt den Hugonotten in Franck-
39
reich habe, daß deren sich mehr zur catholischen religion, alß dah man
40
zuvor starcke krieg mitt denselben geführt, begeben. I. H. G.: Biß dato
41
seye keinem catholischen in gedancken kommen, daß man alle uncatholi-
42
sche auß dem reich vertreiben soltte, sondern begehre man allein observan-
43
tiam deß religion- und Prager friedens, und daß dasjenige, waß dawieder
44
vorgenohmmen, redintegrirt, und daßjenige, so den catholischen entzogen,

[p. 277] [scan. 327]


1
restituirt werden möge. Und hetten sich auch die uncatholische mehrers
2
nicht zu beclagen, sondern die catholische, alß dehnnen sie sich, nachdem
3
mitt rechtem fueg das religionsedict publicirt, wiedersetzet, und wieder sie
4
die waffen ergriffen. Den Hugenotten sei nach Eroberung von La Rochelle

40
Nach der Eroberung von La Rochelle (1628) und Niederwerfung Rohans wurde im
41
Frieden von Alais (1629) den Hugenotten die freie Religionsausübung gemäß dem
42
Edikt von Nantes bestätigt, im übrigen aber ihre privilegierte Stellung beseitigt.

5
daß exercitium, die officia und dergleichen benohmmen, auch alle geistliche
6
gefälle, güeter, beneficia, decimae und waß sie deren immer gehabtt, den
7
catholischen wiederumb restituirt [...] und sehen sie nicht, wan es sie die
8
Frantzosen mitt der religion also auffrichtig, wie nit zu zweiffeln, meinen,
9
wie es anderst bey dießer handlung ergehen werde können. Servient:
10
Es sei in Passau und Prag den uncatholischen mehrer nachgegeben alß sie
11
die Frantzosen iehmahln zu thuen gedacht hetten. Waß nun die Kaysere
12
ihnnen gegeben und eingeraumbt, köntte man ihnnen directo nicht wieder-
13
umb nehmmen. I. H. G.: Waß den Paßawer vertrag anbelangt, daß-
14
wegen seye nicht zu disputiren, im Prager frieden auch positive nichts ver-
15
geben, sondern allein tolerative ad certos annos außgestellet. Servient:
16
Man müeste ietzt alles auffheben, und fomitem belli beyseythenschaffen.

17
I. H. G.: Es trungen die uncatholische desto starcker darauff, weylen
18
durch assistentz der Frantzosen und Schweden und wegen der alliantz mitt
19
denselben die catholische dergestaldt herunder gebracht, in hoffnung, noch
20
größeren vortheill bey dießen tractaten zu erlangen. Der Servient
21
brache dieße materi ab und sagtte, wan allein ein rechter ernst zum frieden
22
beim Kayser und Spanier sich zaigen thette, damitt nicht mehrer ungele-
23
genheit ihnen sowoll alß dem catholischen wehßen darauß entstehe, zu-
24
mahln man sehe, wie die Schwedische wapffen überall prosperirten, auch
25
der krieg in Dennemarck ietzo sich geendiget

43
Durch den Frieden von Brömsebro 1645 VIII 13 (Druck: Sverges Trartater V 2
44
S. 595ff).
; imgleichen wie Gott die
26
Frantzosische wapffen gegen Spanien und daß hauß Oisterreich täglich seg-
27
nete, und sie hingegen nur einen ohrt nach dem anderen verliehren thet-
28
ten. I. H. G.: Die tractaten mitt den Spaniern gienge das reich nicht an,
29
zweiffelten aber nicht, es werde sowoll der Kayser alß Spanien die von
30
ihnnen angezogene motiven fur sich selbsten vernunfftig consideriren und
31
empfinden konnen. Die Friedensliebe des Kaisers erscheint auch daraus,
32
daß er die Propositionen der Kronen in allen Punkten beantwortet hat,
33
worüber seine Gesandten nun mit den Ständen verhandeln. Servien:
34
Müsen bekennen, daß sie eine zeitt hero mehrere lust zum frieden a parte
35
Caesaris verspührt hetten, es wehre aber unlaügbahr, daß vor dießem und
36
biß dato von interessirten ministris durch der Spanischen practiquen viell
37
darin verhindert worden, da er dan zimblich starck über die Spanische
38
ministros heraußgefahren. I. H. G.: Es seye alles dieß mehrer pro sus-
39
picione alß facto zu achten, und [...] würden sie und ein jedder verstendi-

[p. 278] [scan. 328]


1
ger leicht erachten können, daß Ihre Majestätt den täglichen verlust und
2
underdruckung der catholischen religion selbst gnugsamb apprehendirt.

3
Servient: Es mächten aber die Spanische sich allezeitt guette hoffnung,
4
daß das gluck umbschlagen und sie alßdan beßere conditiones pacis erlan-
5
gen können. Under solcher hoffnung aber giengen ihr sachen mehr und
6
mehrers zurugk, und verliehren sie eins nach dem anderen. I. H. G.: Sie
7
köntten weyters nicht sagen, alß waß sie sehen und wusten. Eß werde auch
8
die Kayserliche antwort ein weith anders zu erkennen geben, wie sie ver-
9
nemmen. Longeville: Man werde sehen müeßen, wie die resolution falt,
10
sie köntten sich nicht imaginiren, daß die Spanier werden zugeben a parte
11
Caesaris et imperii frieden einzugehen, daß sie sich nicht mitt darin mi-
12
schen. I. H. G.: Die Spanier gehöreten wegen der Niederländischen
13
provincien, Burgund, mitt inß reich. Servient hierauff: Daß sie dieses
14
woll wusten, allein woltten sie auch andere sachen, so außer den reich, mitt
15
darin ziehen. I. H. G.: Man werde müeßen der antwortt abwahrtten,
16
alßdan sie hoffentlich viell ander- und beßere gedancken schepffen werden,
17
und woltten I. H. G. ihnen in vertrauwen nicht bergen, daß alle catholische
18
mitt verlangen wahrtteten, wie sich die Frantzosen in religionssachen bey
19
den tractaten werden bezaigen, und ob sie bey den tractaten den uncatho-
20
lischen directe vel indirecte mehreren beyfall werden geben wollen. Und
21
alß darauff der duc de Longeville vermeldet, daß sie nach mögligkeitt pro
22
catholicis dabey thuen woltten, sagtten I. H. G., daß man in zweiffell stehe ob
23
sie auch viell würden thuen können; dan sie den uncatholischen die wapffen
24
und daß spiell so weith in die hand geben, daß sie vermuhtlich und sonder-
25
lich die Schweden vielleicht nicht viell nach ihnnen fragen. Oder aber, daß
26
sie die Frantzosen per aliquam rationem status politici bedenckens haben
27
mochten, sie die Schweden zu offendiren, wie man dan in specie mitt der
28
pfarr Gehrden unnd anderen wegen Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zue
29
Colln etc. schon vorlengst unnd noch iüngsthin vorbrachten puncten und
30
deßwegen eingebenen zwey underschiedtlichen memorialien

44
Vgl. oben [S. 269 Anm. 1] .
[...] gesehen
31
[...]. Die Franzosen versprechen, den Paß für den Paderborner Weih-
32
bischof
bei den Schweden auszuwirken; wegen des Pfarrers von Neuss
33
haben sie von Rabenhaupt eine solche spitzige andtwortt erhalten, daß sie
34
ihm nicht wieder schreiben wollen, doch hat die Landgräfin die Befreiung
35
von Kontribution und Einquartierung schon verfügt. W erbittet eine
36
beglaubigte Abschrift und einen Paß, damit der Pfarrer zurückkehren
37
kann. Wegen der gefangenen Geistlichen im Erzstift Köln wollen die
38
Franzosen nochmals mit den Hessen reden, die zuerst argumentiert
39
haben, die Geistlichen widersetzten sich insgesamt der Kontribution und
40
die Pfarrer suchten in den Dörfern auch die Untertanen davon abzu-
41
halten
, wogegen W einwendet, daß bei Festsetzung der Abgaben des
42
Klerus die Pfarrer kein Mitspracherecht hätten und in den Dörfern welt-
43
liche
Beamte mit der Kontribution befaßt wären [...]. Auch in den

[p. 279] [scan. 329]


1
übrigen Punkten der Memoriale erklären die Franzosen sich zur Hilfe
2
bereit, doch merkt W, daß sie von den petitis gantz nicht gewust und
3
nicht einmahl die vor dißem ubergebne memorialia gelehßen, gleich dar bey
4
jedden punct ein den andern nur angesehen. Und wie der Servient ver-
5
meldet, hab sie der d’Avaux bey der vor dießem beschehenen visita zue
6
sich genohmmen und seyther davon nichts vorbracht [...].

7
[...]

8
1645 IX 18
Montag Kurfürsten- und Fürstenrat . – Haslang bei W:
9
Meinung Kurbayerns 1. zum Beschluß wegen Aufteilung der Reichskolle-
10
gien

43
Vgl. W. Becker S. 223f.
, 2. wegen des durch Session und Direktorium Magdeburgs entstehen-
11
den
Präjudiz für die Religion, 3. wegen Zulassung von Hessen-Kassel und
12
Baden-Durlach sowie 4. der Stadt Straßburg zu den Sessionen, 5. wegen der
13
von Schweden versuchten Ausschließung Ws, 6. wegen eines Kollegial-
14
schreibens
zur Beförderung der Abordnungen von Trier und Sachsen, 7.
15
wegen der Brandenburger Äußerungen hinsichtlich Ausschluß von Köln
16
und Bayern bei den Pfälzer Verhandlungen. W: 1. Daß wie ihnen
17
Churbayerischen selbsten bewust, res nicht mehr integra [...]. Sollte man
18
aber nun hernegst, wie ohne daß reservirt worden, gelegenheit haben
19
können, die protestirende zue einem anderen modo zue disponiren, werde
20
man schon sich deßhalber ferner nichts ermangelen laßen. 2.–4. mit Kur-
21
bayern
einig. 5. Seye nicht ohn, daß I. H. G. der bericht geschehen, alß wan
22
die Schwedische in discursu von ihrer exclusion sich vernehmmen haben
23
laßen soltten, hetten aber davon seythero weyther nichts vernommen. Wie
24
deme nun, seyen sie nicht bedacht, einigerley gestaldt sich ihres iuris wegen
25
ihrer dreyer stiffter zu begeben, sondern mehrers dabey omni meliori modo
26
zue manuteniren, thetten sich aber in alle wegh gegen Ihre Churfürstliche
27
Durchlaucht deren ihren gesandten gnädigst anbefohlener assistentz under-
28
thänigst höchlich bedancken. Ad 6. haltten daß gnädigst guetbefundene
29
erinnerungsschreyben ahn Churmaintz und Sachßen ebenfalß gahr nöthig
30
unnd guett, unnd woltten nicht underlaßen, davon bey erster session, in
31
voto meldung zu thuen, nicht zweiffelent, er her Churbayerischer solches
32
zue secundiren belieben werde. Wie ungereimbt pro 7. und vorzeitig der
33
Churbrandenburgischen erclehrung in negotio Palatinatus seye, habe men-
34
niglich leicht zu erachten, mitt waß fundament solches geschehen, da so-
35
gahr der pfaltzgraff selbst seine Churfürstliche Durchlaucht zue Colln
36
mehrmahlen ersucht, die sachen zue gueten außschlag beförderen zu
37
helffen, zugeschweigen, daß er dieselbe a tractatibus zue excludiren die ge-
38
dancken gehabtt haben solle; und hette es sonsten mitt Churbrandenburch
39
ob paritatem rationis, und der nahen anverwandtnuß halber eben eine
40
gleiche meinung.

41
[...]

[p. 280] [scan. 330]


1
1645 IX 20
Mittwoch Kurfürsten- und Fürstenrat .

2
1645 IX 21
Donnerstag Kurfürsten- und Fürstenrat . Dabei kommen
3
auf Vorschlag Ws die Vertreter der katholischen Kurfürsten überein, bei
4
den Mediatoren Gegenvorstellungen gegen die durch die Franzosen bei
5
Contarini eingegebenen Informationen Magdeburgs, Kassels und Durlachs
6
zu erheben. Das Bedenken der Mainzer, sie hätten Chigi die Visite noch
7
nicht gegeben, beseitigt W damit, daß auch Longueville vor den offiziellen
8
Visiten mit Verhandlungen begonnen habe. Mit den Bayern allein verein-
9
bart
W, deshalb auch bei den Franzosen Vorstellungen zu erheben; die
10
Mainzer sollen wegen der Visitenfrage nicht zugezogen werden, zumal die
11
Franzosen sich in ihrem Beisein also nicht alß gegen I. H. G. und ihnnen
12
von Haßlang, mitt dehnen sie offters communicirt, expectoriren möchten.

13
W bei d’Avaux. Empfehlung der die Kölner Stifter betreffenden Punkte.
14
Auf Wunsch d’Avaux’ werden die Hessen berührenden Punkte in einem
15
besonderen Memorial zusammengestellt, das heute an die Landgräfin gehen
16
soll

42
Anlage 140: Memorial für die französischen Gesandten (Zusammenfassung der die Hessen
43
betreffenden Klagen des Erzstifts Köln).
. W: Session Magdeburgs und Kassels. D’Avaux: Gestern haben
17
die Franzosen bei Contarini um die Zulassung gebeten. Die inconvenientien
18
mitt Magdeburch erkenneten sie gahr woll, sed quod rogati rogarent, müste
19
er gestehen, daß von underschiedlichen uncatholischen in specie von Braun-
20
schweig Lüneburgischen difficultirt unnd gezweiffellet, daß die catholische
21
deß gaistlichen vorbehalts wegen [...] nicht weychen würden. Auch in
22
Frankreich werden bei Nichtbestätigung durch den Papst vom König ein-
23
gesetzte
Administratoren zu Klerusversammlungen nicht zugelassen, ob-
24
wohl
sie katholisch sind. Noch weniger wehren hier dieße Teütsche die
25
rechten bischoffe zue achten oder zuzulaßen, gleich dan auch der Venetus
26
gahr woll vermercken können, daß von ihnnen Frantzosischen dieße
27
recommendation nicht gahr eyfferig gemaint gewehsen. Dah man auch nur
28
in hoc passu ex parte Caesaris et statuum bestendig bliebe, würde es keinen
29
irthumb geben. Alß viell aber Hessen anbelangen thette, müsten sie sich
30
derselben eyfferig annehmmen, auch davon nicht wohl absehen köndten,
31
mitt vermelden, alß I. H. G. ihme dagegen allerhandt remonstrationes ge-
32
macht, daß sie dazue nicht leicht würden stillschweigen, wie auch sie Hes-
33
sische der gantzlichen mainung wehren, ihr intent zu erlangen. Warahn
34
auch sie Frantzosische desto weniger zweiffeln thetten, indehme man von
35
seythen Ihrer Majestät und des reichs mitt convocation der reichsstend
36
zwarn große difficulteten gemacht und starcke rationes opponirt, dannoch
37
zueletzt gewichen und weichen müeßen. Warauff I. H. G. geandtwor-
38
ttet, daß einmahln in dießem passu salva reputatione nicht gewichen werden
39
könne; waß aber biß dato geschehen und nachgeben, solches hette man

[p. 281] [scan. 331]


1
allein den crohnen zue ehren, und zue contestirung der begyrd zue allge-
2
meinen frieden gethan, und habe man ia freylich biß dato so viell nach-
3
geben, daß es zueletzt anderst nicht sein könne und man ahn sich haltten
4
müeße; bevorab weylen man sehe, daß täglich mehr newe remorae von
5
ihrer seythen vorgebracht, und habe man sich woll zu verwunderen, daß
6
die Frantzosen dergestaldt der ketzer im reich sich annehmmen, wadurch
7
die catholische supprimirt und die religion mitt der zeitt gäntzlich vertilget
8
werden dörffte. Warauff er: Die crohn Franckreich, welches er in
9
hochem vertrawen vermelden woltte, seye intentionirt, auch er und andere
10
seine beede collegen gäntzlich dahin bedacht wehren, daß wan man nur den
11
frieden iez getroffen und alßdan ihre alleantz mitt den uncatholischen
12
cessierte, die crohn Franckreich mitt den catholischen im reich (außer
13
Oisterreich, dehme sie doch im nichts trauwen köndten) eine alleantz
14
machen unnd dadurch sie wiederumb in beßeren flor setzen köntten, wie sie
15
sich dan bey den gravaminibus religionis nicht einmischen würden. Und
16
weylen er angedeüthet, daß seine collegen ihnen in dießem fall etwas sus-
17
pect hieltten, auch anietzt, waß zwischen I. H. G. und ihme vorgangen,
18
werden wißen wollen, ists dahin gestellet und verglichen, daß dieße an-
19
sprach allein der Neüsischen sachen halber geschehen.

20
1645 IX 22
Freitag Vertreter von Kurmainz, Kurköln und Kurbayern
21
bei Chigi und bei Contarini (vgl. demnächst APW III A 4, 2).

22
1645 IX 23
Samstag Mitteilung Longuevilles: Man möge wegen der
23
Magdeburger und Kasseler Session keine weythere difficultet machen.

24
W: Will deshalb mit den Bayern selbst zu Longueville kommen.

25
Konferenz der katholischen kurfürstlichen Gesandten mit den Kaiserlichen
26
(vgl. demnächst APW III A 1, 2).

27
W/Haslang/Reck bei den Franzosen. W: Über die Mediatoren haben die Ver-
28
treter
der katholischen Kurfürsten ihre Einwände gegen die Session Magde-
29
burgs
und Hessen-Kassels schon dargelegt, man will aber auch mit den Fran-
30
zosen
selbst darüber confidenter reden. Die Rechte des jetzigen Administra-
31
tors
von Magdeburg gründen sich auf den Prager Frieden, in dem Session und
32
Votum außer bei Kreistagen ausdrücklich aberkannt worden sind

40
Verzicht auf die Session bei Reichs- und Deputationstagen im Prager Frieden:
41
Friedenspacten S. 93.
; beides
33
widerspricht dem geistlichen Vorbehalt, der wie der Prager Frieden noch
34
Verhandlungsmaterie bilden wird, dem aber nicht präjudiziert werden
35
darf. Hessen-Kassel bildet eine Partei mit den Kronen und nimmt auf
36
deren Seite an den Friedensverhandlungen teil. Longueville: Es handelt
37
sich um einen extraordinari conventus; Hessen wegen seiner Verbindung
38
mit Frankreich auszuschließen, sei für die Krone schimpflich. W: Man
39
hat die Franzosen frühzeitig gebeten, sie möchten sich in dießer sachen mit

[p. 282] [scan. 332]


1
den Heßen, warin ihnen so verschiedene unwiederlägliche rationes zu-
2
wieder, nit vertieffen und darnach endlich per punto d’honore nemen. Als
3
mit dem Kaiser nicht ausgesöhnt, kann Hessen zu Session und Votum nicht
4
zugelassen werden; da bei der Versammlung, auch wenn es ein extraordina-
5
rius conventus ist, ein Reichsschluß gemacht werden soll, darf man a for-
6
malitate et legibus ad hoc requisitis nit abweichen. Mit einem Deputations-
7
tag
haben die Franzosen sich nicht zufriedengeben wollen, der Kaiser hat
8
nun alle gehorsamen Stände berufen. Trotz Verteilung auf zwei Orte hat
9
der vergliechener modus consultationum et negotiorum concludendorum
10
keine formb des deputation- noch craiß- sondern eines reichstags; quartum
11
aliquod genus contra consuetudinem et leges imperii zu machen, das würde
12
der handlung und intendirter schlußversicherung nit bevorstehend sein.
13
[...] Die Admission Hessens ist auf dem letzten Reichstag durch förmlichen
14
Beschluß abgelehnt worden

42
Zur Frage der Admission Braunschweig-Lüneburgs und Hessen-Kassels auf dem Regens-
43
burger Reichstag 1641 vgl. K. Bierther S. 135ff.
; da Hessen seither die Versöhnung mit dem
15
Kaiser wegen seines Bündnisses mit den Kronen abgelehnt hat, hat es seine
16
Partei selbst gewählt, wobei es biß zu anderwertiger erklerung zu ihrer der
17
Frantzosen selbst eigner reputation zu laßen. Hieruber haben beide
18
graven d’Avaux und Servient nebenst dem Longeville successive angefan-
19
gen zu reden und vor und nach dieße motiven und rationes vorgebracht:
20
1. Man hette alhie solche difficulteten nit zu machen, nachdemahln die
21
Magdeburgische und Heßen zu Oßnabrück albereits im fürstenrhat zuge-
22
laßen worden. 2. Heßen wehr kein feindt des Kaißers als Kaißers noch des
23
reichs; sie stünden pro libertate et imperii statu conservando, hetten zwarn
24
einige beschwerden gegen das regimen und consilia Austriaca, die das impe-
25
rium haereditarium machen und potentiam suam cum oppressione statuum
26
et libertatis extendiren wollen, sie wehren aber derentwegen für keine
27
feinde zu halten; man solte in den reichsprotocollis nachsehen, was andere
28
für beschwernüßen und klagten gegen den Kaiser und die Spanische con-
29
silia eingeführt. Anno 1630 hette Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Baye-
30
ren selbsten sich beschwerten verschiedener sachen halber, und wehre dan-
31
noch nit hostis Imperatoris et imperii. Plures bonum posse habere finem et
32
in mediis ad illum obtinendum non convenire, Hassos de iniusto bello non
33
condemnandos et idcirco cum 〈nutu〉 Gallorum excludendos. 3. Es wehre ie
34
woll eine frag, ob nit licite die waffen gegen den Kaiser zu ergreiffen, wel-
35
cher contra libertatem et leges handle und also gleichsam selbst hostis
36
imperii were. Wobei verscheidene sachen ratione consiliorum Hispanicorum
37
vorgerücktt, und daß indeme a modo isto regendi, welchen hoc saeculo
38
Rudolphus und Matthias imperatores gebraucht, abgetretten, auch zu
39
anfang des Bohemischen kriegs von dem Koning von Franckreich erwie-
40
ßene liebe und affection nit allein nitt erkantt, sondern solches nachdenck-
41
liches ombragi gegeben worden, daß sie nohtwendig zu versicherung ihres

[p. 283] [scan. 333]


1
status und erhaltung der Teutschen libertet die waffen ergreiffen müßen.
2
Die catholische chur- fürsten und stande, welche sich ietzo wegen des kriegs
3
beclagten, hetten mit den Frantzosen, den Spannischen und Austriacis zu
4
gefallen, nit wollen zu thun haben. 4. Man solte auß den geklagten kriegs-
5
ubelen nuhn sich selbsten ohne fernern auffhaltt helffen, und alle stände de
6
communi imperii et patriae bono, ihrem habenden recht nach, mittconsul-
7
tiren laßen. Solches erforderten die praeliminartractaten, der sachen Wich-
8
tigkeit und eines jedern standts dabei habendes interesse, verscheidenen
9
mahln wiederholend, daß Hassi für keine feinde zu halten und dieselbe in
10
dieser ihrer praetension, darbei der cron Franckreich reputation mit ver-
11
sirte, nit konten verlaßen. Warauff ihnen hinc inde wiederumb geant-
12
wortet, sie wolten doch nit in hoc passu ihres konigs und der cronen reputa-
13
tion allegiren noch behaubten, daß die Heßen pro libertate et statu imperii
14
stünden. Man müßte in allen sachen den anfang und verfolg consideriren.
15
Lgf. Wilhelm hat von Schweden das stifft Paderborn per solemnissimum
16
actum zu mannlehen empfangen und die reversales geben, daß extincta sua
17
Wilhelmi linea masculina der stifft Paderborn der cron Schweden ein wie-
18
derheimbgefallenes und eröffnetes lehen sein solle

39
Die endgültige Fassung (Mai/Juni 1633) seiner mit Schweden geschlossenen Donations-
40
verträge Sverges Traktater V. 2 S. 72ff, 77ff.
. Ob dieses nuhn sei,
19
statum imperii zu conserviren oder totaliter auch fundationes Caroli Magni
20
darbei zu invertiren, das würden sie selbsten erkennen konnen. Wehr son-
21
sten feindt zu nennen sei, das würde ex ipsis actionibus et operibus zu
22
iudiciren sein. Es wehren die actiones der Heßen also beschaffen, daß keine
23
hostilitates alicuius belli zu benennen, die sie nit geübt hetten und darmitt sie
24
nit noch täglich umbgingen. Verwüstungen im Erzstift Köln. Es würde ein
25
seltsamer modus sein und ansehen gewinnen, daß man dergleichen partes,
26
da sie in einer handt einen brandt feurs, mit der andern das blütige schwert
27
in theils stände hertzen gleichsamb stecken hetten, mitt und neben sich in
28
consilio soll sitzen und votiren laßen. Beim Deputationstag zu Speyer 1594
29
haben die Protestanten Kardinal Andreas von Konstanz ausschließen
30
wollen, weil er in den Niederlanden gegen ihre Glaubensgenossen Krieg
31
führte

41
Andreas von Österreich (1558–1600), Kardinal 1576, Bf. von Konstanz 1589, von
42
Brixen 1591. Da er 1598/99 stellvertretender Statthalter in den Niederlanden war, ist
43
wohl der Deputationstag zu Speyer 1600 gemeint (so im kurkölnischen Votum 1645 IX
44
20, vgl. APW III A 1,1 S. 295).
; man sehe daraus, wie es dohmals Heßen selbsten zu suchen gewißt.
32
Wan die cron Franckreich so gar auff ihren respect gehen und darin punc-
33
tuel sein wölte, so solten sie darauff sehen, daß die Heßen die mitt ihnen
34
gemachte confoederationsarticuln quoad catholicam religionem conservan-
35
dam hielten. Klagen aus Neuss. Da man nuhn zugleich causam Dei, religio-
36
nis et ecclesiarum vor sich hette, da solte man den punctum honoris eifferen
37
und nit in sachen anbinden, dahin er nit gehörig noch mit einigem nützen
38
und rechtt bestehen kan. Die Osnabrücker Zusammenkünfte ohne Ansage

[p. 284] [scan. 334]


1
des Mainzer Direktoriums sind nur privatae conferentiae. Solte sich auch
2
einer, so in dem statu alß Magdeburg und Heßen ist, unberuffen eigen-
3
thedtlicherweise eintringen, damitt würde weitters nichts gewonnen, alß
4
daß man sich darüber zu beschweren und zu beklagen. Die praeliminar-
5
tractaten hetten de hac forma et modo consilii tenendi nit einmahl gedachtt
6
noch etwas geschloßen, der partheien sichere beisammenkunfft und salvi-
7
conductus wehren vergliechen, und hetten sie die Heßen als confaederati
8
adversae partis darautt auch die salvos conductus ad comparendum erhal-
9
ten; illud beneficium illos debere coronis, daß sie dergestalt frei zugelaßen,
10
und wehre selbiges anders nit alß ad tractandum non vero ad sedendum in
11
consilio cum statibus, contra quos partem adversam constituunt, zu verste-
12
hen. Was angedeutet worden, Hassos de iniusto bello non condemnandos,
13
darbei wehren verscheidene sachen zu consideriren; dieserseit würde es nit
14
movirt, wan aber die herren Frantzosische plenipotentiarii darauff die ex-
15
clusion nehmen wolten, so müßten sie gleichfals gedencken, daß man nit in
16
admissione der Heßen deroselben procedurn und waffen an seiten Ihrer
17
Kayserlichen Majestät und der reichsstände iustificiren und alle fideles
18
status, so gegen sie zu stehen gezwungen worden, condemnieren konte. Bei
19
den praeliminaribus hette sichs außgewiesen, daß man mitt dergleichen
20
quaestionen nit vorttkommen konnen, und hetten sie die herren Frantzoßen
21
alhie zu Münster ihre erste ubergebene vollmacht wieder zurücknehmen
22
und enderen laßen müßen, weilen sie iustam causam belli sich zuschreiben
23
und den unglimpff cum iniustitia causae auff Ihre Kayserliche Majestät
24
und das reich schieben wollen. Sie alß in publicis wollerfahrene und ver-
25
stendige wüßten woll, daß man mitt dergleichen quaestionen keine frie-
26
denshandlung vorttsetzte; abstrahendum esse ab istis, und wan es in dem
27
stand gelaßen würde, warin es bei dem letzt zu Regenspurg gehaltenen
28
reichs- wie auch deputationtag zu Franckfurt gesetztt, so hetten die Heßi-
29
sche sich nit zu beklagen, alß lange sie sich selbsten nit mitt verwerffung
30
der Kaiserlichen gnaden und accomodation von den andern reichsstenden
31
sessione und voto separiren und außschließen theten. Was die Beschwerden
32
anderer Stände angeht, wehre solches alles secundum leges ipsas imperii et
33
capitulationes inter Caesarem, electores principes ac status imperii zu ver-
34
gleichen und zu entscheiden, ohne daß man darzu ein so viel christenbluts
35
vergießendes schwert zücken und zu solchen extremis schreiten und sich
36
darbei verlauffen und gleichsamb cum ipsis legibus et statu imperii verlie-
37
ren solte. Man redete viell von den Spanischen consiliis et Austriacorum,
38
dieses wehren keine sachen, zu dern iustification man erschienen; de inten-
39
tione exterarum coronarum wolte man auch nit iudiciren, man hette ein
40
exempel mit des stiffts Paderborn belehnung allegirt. Von Franckreich
41
mögten auch allerhandt opiniones sein, indeme sie gnugsamb versichert,
42
daß kein catholischer chur- oder fürst mit den Spanischen, auch wer es
43
auch wehre, würde einig sein, wan sie contra statum et libertatem imperii
44
handleten; deme danoch unangesehen würden die catholische von ihnen

[p. 285] [scan. 335]


1
verfolgtt, von landt und leuht außgesetztt, alles cum tali effectu, wan es
2
schon praeter intentionem sein mögte, daß die protestirende solchen vor-
3
theil gewinnen, warauß sie zu volliger untertrückung der catholischen
4
durch der cron Franckreich auctoritet und machtt nit wiederumb zu setzen.
5
Solten derwegen etwas billig zurückdencken, und sich an dem spiegelen,
6
daß sie albereits mitt einer von ihnen selbsten bekanter sachen, daß es wie-
7
der den praeliminarschluß wehre, die in dem stifft Oßnabrück vacirender
8
pfarr restitution nit erhalten noch den clagten zu Neuß oder andern ortern
9
nec prece nec minis remediiren konten. Die Frantzosische herren ministri
10
hetten gar zu wiedrige impressiones von Ihrer Kayserlichen Majestät fried-
11
liebender intention und consiliis, irreten derwegen in vielen sachen; und
12
würde man schon die proposition haben, wan sie nitt mit dergleichen un-
13
nöhtigen einwürffen es remorirten, wie dan gleichwol deme unangesehen
14
die proposition den montag, gliebts Gott, von den Kaiserlichen gesanten
15
geschehen würde. Es wehre sonten auß dießen von ihnen gefürhten discurs
16
und allegationen pro Hassis, so viel abzunehmen, daß, wan die Heßen ses-
17
sionem et votum erhielten, so würden auch die Pfältzische und andere sich
18
darzustellen baltt gedencken. Warauff die Frantzoßen ihre vorige dis-
19
cursus resumirt und sonderlich darin behaubten wollen, Heßen wehre für
20
keinen feindt des Kaisers und des reichs zu halten; es wehren verschiedene
21
reichsstände, alß die fürsten von Lüneburg und Würtzburg selbsten, damit
22
sie in keiner feindtschafft begrieffen, sie hetten auch mitt dem Kaiser alß
23
Kaiser keinen krieg, Austriacorum et Hispanorum consilia pro libertate
24
imperii communibus viribus impugnari. Mitt dem pfaltzgraffen hette es
25
eine andere beschaffenheit, derselb wehre banno declaratus hostis gewesen.
26
Dergleichen sententz wehre noch nit uber Heßen gesprochen. Wan landt-
27
graff Wilhelm mit empfangung des stiffts Paderborn zu lehen gesundiget,
28
das cessirte itzo nach seinem thodt, man müßte bei den friedenshandlungen
29
nitt vindicatiff sein und dergestaltt in extremis nitt bestehen; in Franck-
30
reich wehren exempla, daß man pro bono publico regni anders in derglei-
31
chen sachen geurtheilt und verfahren. Er duc de Longeville selbsten hette
32
die waffen in Franckreich ergrieffen, Perrone und anderer mehr importi-
33
render platzen sich versichertt

43
In der Erhebung des Hochadels gegen Luynes 1619/20 führte Longueville den Aufstand
44
in der Normandie und Pikardie.
, alß man darauff von beruhigung des
34
konigsreichs consultirt, hette er den consiliis beigewohnet und solche decla-
35
rationem erhalten, daß seine actiones zum besten des königs wehren außge-
36
deutet worden. Warauff ihnen der unterscheidt der sachen cum pluri-
37
bus incidentiis et circumstantiis et ex ipsa natura rei nebenst deme remon-
38
strirt, daß er ante examinationem causae et controversiam plane composi-
39
tam alsolche königliche resolution nit erhalten hette, welches er auch ge-
40
standen hat. Es hette bei diesem krieg im reich eine andere beschaffenheit,
41
und hette sowoll der auffgerichteter landtsfried alß andere leges imperii
42
gnugsamb die declaration gegen das Heßische verfahren in sich begrieffen,

[p. 286] [scan. 336]


1
und wolte sich zumahln nit gebüren, daß die annoch wenig anwesende
2
stände Ihrer Kayserlichen Majestät wegen der Heßischen admission ein
3
anders einrhaten oder ihres theils zulaßen solten, alß was auff algemeinem
4
reichstag zu Regenspurg von allen stenden für gut befunden wehre. Von
5
den hertzog von Lünenburg oder andern reichsstenden, damit die Heßen in
6
keiner feindtschafft begrieffen, wehre zumahln nit zu argumentiren; es
7
wehre reichskündig, daß etliche stände sich neutral hielten, theils darunter
8
verschönet, theils aber mit aufflagung der contributionen und einnehm-
9
mung ihrer häuser und stätte, wie Newburg, ubel tractirt, Wirtzburg wie es
10
der stifft vor diesem erfahren, dergleichen würde ihnen von den Heßen bei
11
ersehendem fürtheil und glegenheit begegnen. Sie die Frantzosen hetten
12
mehr ursach, die Heßen von ihrem unbefugten begehren abzumahnen alß
13
sich dern anzunehmen, damit die sache nit in weiter deliberation kommen
14
und anlaß gegeben würde, die reichsprotocolla zu erfüllen und der posteri-
15
tet zu bezeugen, wie daß sie bei diesem kriegswesen cum inversione status
16
imperii, quod ratione Paderborn satis clarum et probatum, verfahren.

17
Die Frantzosische herren plenipotentiarii haben das Paderbornische ex-
18
empel ungehrn, soviel man vermerckt, gehort und ihre displicentz darbei
19
bezeigtt, es aber damit entschuldigen wollen, daß mit des landtgraff Wil-
20
helms thodt die sache und der fehler verstorben. Darauff ihnen tenor
21
investiturae, und wie gern die Heßen dießen sommer die statt Paderborn
22
wieder occupirt und nebenst ihnen wol bewußten consiliis und anschlägen
23
zu gemüht geführt. Und alß sie auff die rationes und fundamenta dieser-
24
seits, so ihnen außführlich vorbrachtt, bestendigerweise nit antworten kon-
25
nen, und ihnen die bedeutung inter caetera beschehen, daß man bei einer
26
alsolchen fundirter sachen expreßen befelch hette, die excludendos nit
27
zuzulaßen. So haben sie einstendigst begehrt, man mögte doch ihr
28
begehren und anbringen dergestaltt uberschreiben, damit sie und die Heßi-
29
sche einige satisfaction haben konten, nitt zweiffelend, es würde an hiesi-
30
gem berichtt viel gelegen und woll anders einzurichten sein. [...] Ge-
31
andtwortet, man wiste nit, was man für rationes finden solte, Ihre Chur-
32
fürstliche Durchlaucht wie dan auch andere zu enderung ihrer gegebenen
33
befelch in hac causa Hassiaca zu bewegen, alß lange sie mit feur und
34
schwert saeviirten. Die Landgräfin hat offen erklärt, daß ihro iure belli das
35
plenum ius in ecclesiasticis et temporalibus in hac diocaesi Monasteriensi
36
angewachsen; wan man nuhn, wie es sich gebürte, rechtt berichten und
37
schreiben solte, so würden die bereits einkommene befelche nit geendert
38
werden. Es wolten doch die herren plenipotentiarii etwas mehrers in sich
39
gehen und den catholischen ohne das gnugsamb betrangten ständen die
40
Heßen und andere nit mehr uber den halß ziehen. Als beim Abschied
41
Longueville erwähnt, sein Schwager Enghien

42
Louis II. de Bourbon (1621–1686), duc d’Enghien, seit 1646 prince de Condé; 1645
43
Führer der zur Unterstützung Turennes aus den Niederlanden herbeigeführten französi-
44
schen Armee.
liege schwer verwundet in

[p. 287] [scan. 337]


1
Straßburg, antwortet W, daß er und andere Frantzosische plenipotentiarii
2
darahn selbst schuldig, zumaln wan das von den mediatoren vorgeschlagene
3
armistitium ex parte Franckreich acceptirt, wurde nicht allein der duc de
4
Anguin nicht verletzt noch mit kranckheit befallen, sondern auch vieler
5
christen bluths unvergoßen sein plieben. Warauff er I. H. G. starck an-
6
gesehen und gesagt, daß es wahr. Er konne aber bezeugen, daß er unnd
7
seine collegen darzu nit ubel intentionirt gewesen, und habe allein ahn ihr
8
alliirten der mangel gestanden. Auff welches I. H. G., daß eben auch die
9
Schweden diese andtwortt auf zuefragenn von sich geben und auff die
10
Frantzosen die schuldt lagen thetten.

11
1645 IX 24
Sonntag W und die Bayern treffen beim Spazierenfahren
12
auf die Mediatoren. Bericht über das gestrige Gespräch mit den Franzosen.
13
Gegen die Behauptung, Hessen führe Krieg nicht gegen den Kaiser als
14
Kaiser, sondern gegen das Haus Österreich, wird zusätzlich die hessisch-
15
spanische
Neutralität

39
Vgl. unten [S. 290] .
angeführt. Als Contarini die Zulassung Hessens und
16
Magdeburgs in Osnabrück erwähnt, legt W die dort fehlenden Bedingun-
17
gen
für die gültige Berufung des Fürstenrates dar. Bitte Contarinis um
18
Mitteilung der ksl. Resolutionen und sonstiger Beschlüsse an die Mediato-
19
ren
, zumahln die Frantzosen iedeßmahlß alles, was vorgienge, sowoll im
20
chur- alß fürstenrhadt, erlangen und ihnnen dan und nun vorbringen thet-
21
ten, wavon sie dan nicht wißten, waß recht oder unrecht. W will deshalb
22
mit den Mainzern reden. – Weyms bei W.

23
1645 IX 25
Montag

34
23–27 Französischer – Bayern ]: gestrichen. Bei den Eintragungen dieses Tages handelt
35
es sich offenbar um konzeptartige Bruchstücke, die durch eine andere (nicht vorhan-
36
dene) Fassung ersetzt bzw. in sie eingefügt werden sollten.
Französischer Gesandtschaftssekretär

40
Lt. APW [III C 2,1 S. 434] hieß er Blanck; gemeint wohl der Gesandtschaftssekretär
41
Joseph Boulengier.
bei W: Klage
24
Longuevilles wegen Ausschluß Hessens von der Eröffnung der Proposition

42
Am 25. September war in Münster und Osnabrück die ksl. Proposition vorgetragen wor-
43
den (vgl. APW [III A 1,1 S. 322ff] ).
,
25
Bitte um Unterredung mit W und den Bayern. W: Verweis auf die vor-
26
gestern vorgetragenen Argumente, hessisch-spanische Neutralität.

27
W / Reck bei den Bayern.

37
27–34 Man – geben] am Rande: Haec inserantur ad communicationem cum Bavaro
38
25. Septembris.
Man will morgen den Franzosen gemeinsam
den
28
kurtzen bescheidt geben, was sie verschiennenen Sambstag mit ihnen wol-
29
meintlich conferirt, das wehre auß sonderbarem vertrawen, darzu sich die
30
Frantzosen so offt erbotten, geschehen, nit aber der meinung, daß beide
31
Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Coln und Bayern diese movirte Strei-
32
tigkeit zu disputiren gedechten. Man hat nur zur Verhütung von Weite-
33
rungen
Informationen geben wollen.

[p. 288] [scan. 338]


1

36
1–3 W – kann] am Rande: Haec inserantur ad communicationem cum Volmari 25. Sep-
37
tembris.
W bei Volmar , der die in Aussicht genommene Antwort billigt. W regt
2
eine schriftliche Zusammenstellung der Gründe in der hessischen Sache an,
3
die man bei weiterem Drängen der Franzosen Contarini zustellen kann.

4
1645 IX 26
Dienstag Franzosen bei W / Haslang. Longueville: Klage,
5
daß unangesehen ihrer beschehener remonstrationen und bitten die Heßi-
6
sche bei der proposition außgeschloßen wehren; hetten auß lieb und be-
7
gierde des friedens dagegen nichts vorgenohmen, der hoffnung, man würde
8
nuhn inßkünfftig bei den consultationibus die Heßen a sessione et voto nit
9
außschließen und eine mehrere reflexion auff die cron Franckreich machen.
10
Am Deputationstag hat Hessen-Darmstadt mit Vollmacht von Kassel teil-
11
genommen
, das jetzt selbst die Session wahrnehmen will. W trägt die
12
mit Bayern vereinbarte Antwort vor; am Deputationstag hat Darmstadt
13
proprio iure, non substitutorio Cassellensium nomine teilgenommen, indem
14
es in die früher von Kassel wahrgenommene Stelle des Hauses Hessen ein-
15
gerückt
ist. Als die Franzosen wieder ausführlich für Kassel zu argumentie-
16
ren
beginnen und drängen, man könne es nicht von Themen ausschließen, die
17
das ganze Reich betreffen, während es bei Beratung eigener oder kurköl-
18
nischer
Sachen freiwillig fernbleiben wolle, wird geantwortet, die Hessen
19
hätten an den Propositionen der Kronen mitgewirkt. Daß sie nuhn a parte
20
imperatoris gleichergestaltt mitt zu rhat gehen wolten, das wehre eine
21
sache, welche man nit begreiffen noch mit raison praetendiren konte, sie
22
müßten sich hierin an eine parthei halten und die praeliminartractaten und
23
passeporten in keinen wiedrigen verstandt torquiren; und wan sie vermein-
24
ten, daß ihnen bei dieser exclusion wehe geschähe, so hetten sie es sich selb-
25
sten zuzuschreiben, daß sie offters angebottene und selbsteignerweise be-
26
gehrte Kaiserliche gnad und außsöhnung mit dem vorwandt endlich ver-
27
worffen, könten ihre confoederirte vor dem gemeinen friedenschluß nit
28
verlaßen. Was sonsten für eine sententz uber die Heßen ergangen, das
29
wehre auß dem Prager friedenschluß zu ersehen, und bei allen von anfang
30
deßen publication vorgangene tractaten sie sonderlich darauff bestanden,
31
daß dieße reservatio et exclusio ab amnistia cassirt würde. Bei den Maintzi-
32
schen tractaten

39
Die Verhandlungen führten zum Mainzer Vertrag 1638 VIII 21, der vom Kaiser zu-
40
nächst nur mit Einschränkungen in den religionspolitischen Klauseln, 1639 VII 25
41
jedoch in ziemlich unveränderter Form (Druck: J. Dumont VI 1 S. 176ff) ratifiziert
42
wurde; vgl. H. Brockhaus S. 17ff.
bekente die landtgravin noch heutige stundt selbsten, daß
33
sie von Ihrer Kayserlichen Majestät erhalten, was sie begehrt; deme dan-
34
noch unangesehen pliebe sie bei ihren vorigen procedurn und feindsehlig-
35
keiten, daß sie sonsten gegen Ihre Kayserliche Majestät gewesen, darüber

[p. 289] [scan. 339]


1
hatt man die bekentnuß gnug bei itzo gemelten Maintzischen tractaten.
2
[...] Die landgravin hette sich in ihren selbst eignen auffgesetzten conditio-
3
nibus gegen Ihre Kayserliche Majestät und respective Ir Majestät ihro und
4
den ihrigen alle Kayserliche gnaden, huld, schuz und schirm anerbotten.
5
Wan sie deme nachkeme, so würde den sachen baltt geholffen sein, es
6
schiene aber, daß von dergleiche innerlichen beruhigung des reichs die herren
7
Frantzosen ein abschewen hetten. Sie haben in Den Haag die Evakuation
8
verhindert, zu der sich die Landgräfin nit ungeneigt bezeigt

41
Zu den Verhandlungen über eine Evakuation des westfälischen Kreises in Den Haag 1642/
42
43 vgl. J. Foerster S. 217ff; die Aussicht für einen Beitritt der Landgräfin war jedoch
43
geringer, als W hier zugibt, und hing jedenfalls von der Anerkennung ihres Militärstatus
44
in Westfalen ab (vgl. J. Foerster S. 233f).
, und damit der
9
Kirche und letztlich auch sich selbst geschadet, denn Neuss und Gehrde
10
zeigen, daß sie gegenüber Schweden und Hessen keine Autorität mehr
11
haben. Dieses, wie ihnen vormahls gesagtt, wehre disreputirlich und schäd-
12
lich, hett auch darauß abzunehmen, daß, wan die Heßen und Schweden
13
noch weiters ihr glück vorttsetzen solten, wenig stima von ihnen machen
14
würden. Diesem allem unangesehen, seind die plenipotentiarii bei ihrer
15
erinnerung und bitt bestehen plieben, man konte die Heßen ein- oder
16
etlichemahl zulaßen, würden sich vielleicht damit contentiren und darnach
17
selbsten außbleiben, mitt wiederholung ihrer vorigen motiven und daß
18
Heßen keine feinde des reichs wehren. Auff welches letzte mit wenigen
19
repliciert, illos esse hostes imperii qui statum imperii invertant, daß die
20
Heßen solches gethan, solches wehre ihnen mit dem Paderbornischen exem-
21
pel vor augen gestellt. Welches der d’Avaux reassumirt, si hostis
22
imperii sit, qui statum imperii invertit, tunc quoque imperatorem hostem
23
imperii esse, cum statum imperii invertat. Und alß hierauff begehrt wor-
24
den, mögte ad particularia, warauff er solches bedeutete, kommen, ist er in
25
istis generalibus geblieben und von den kriegsbeschwerden und exactionibus
26
contributionum, darüber sich die stände beschwerten, viell geredet. Und der
27
conte Servient dabei gesetzt, es wehren auch stände des reichs, welche sich
28
wegen der contribution uber Churbayern hochlich beschwerten. Wel-
29
ches der von Haslang alsobalt resumirt mit dem vermelden, wißte nit, war-
30
umb einiger sich bei ihnen den Frantzosen deswegen zu beklagen, hett aber
31
woll ursach, wegen des unchristlichen brennens, raubens und schadtthaten,
32
welche itzo noch täglich von ihren volckern vorgienge, sich zu beschweren.
33
Von Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht volckern würde man dergleichen
34
nit sagen konnen, würde eine unordnung und beschwerd vorgebracht,
35
deßen remediirung hetten Ihre Churfürstliche Durchlaucht jederzeit sich
36
angelegen sein laßen. Mit den contributionibus hette es eine weitt andere
37
beschaffenheit alß sie es außdeuteten, und ließen sich der Heßen waffen
38
und actionen dergestalt nit vergleichen, daß man darauß solche argumenta
39
nehmen und conclusiones erzwingen wolte. Da die Franzosen die hessisch-
40
spanische
Neutralität damitt entschüldigen wollen, daß die Heßen zu

[p. 290] [scan. 340]


1
anfang des kriegs mögten vermerckt haben, es ihrem estat nit dienlich zu
2
sein, mit der Spanischen parthei sich abzuwerffen, so hatt man ihnen auch
3
[...] berichten müßen, daß die Heßen von anfang ihres kriegs mit den Spa-
4
nischen in feindtschafft gestanden, hetten aber, alß das letzte armistitium
5
in disen landen gemachtt, die Spanische mit eingeschloßen, und alß sie die
6
waffen wieder an der Sale gegen Ihre Kayserliche Majestät und die reichs-
7
volcker emploiirt und den stillstandt auffgehoben, damit sie desto sicherer
8
andere fürsten und stande dieß- und jenseit Rheins bekriegen mogten, den
9
stillstandt der waffen und die neutralitet mit den Spanischen continuirt

39
Der Dortmunder Waffenstillstand 1638 III 3 war durch die Verbindung der hessischen
40
Armee mit Baner im Mai 1640 beendet worden; obwohl die Lgfin. für Westfalen die
41
Fortsetzung anbot, gingen die dortigen ksl.-bayerischen Truppen wieder zu Kampfhand-
42
lungen über, während die Spanier auch weiterhin direkte Zusammenstöße mit den
43
Hessen vermieden (vgl. J. Foerster S. 146, 178f, 188, 287).
. Es
10
wehren dieses so klare sachen, daß es alle unpassionirte leichtlich erkennen
11
konnten, und weiln so viel von den Spanischen consiliis geredet würde, alß
12
wan der krieg von ihnen fomentirt würde, so wolten sie die herren Frantzo-
13
sen doch eingedenck sein, welchergestalt der verstorbener konig den chur-
14
fürsten von Saxen mit anerbietung, ihme ein mehrers zu erhalten alß ihme
15
Ihre Majestät versprochen, von dem frieden und vergleich abgemahnet.
16
[...] Heßen wurde von ihnen auch noch abgehalten, und hette es das an-
17
sehen, daß sie auff die von ihnen selbst improbirte vindict ihre consilia
18
richten, da man sich dieserseits von solcher passion umb liebe des friedens
19
befreyet wißte. Es bestünde aber solches nit darin, daß man mit hindtanset-
20
zung der reichsordnung und der Kaiserlichen authoritet und hochheitt,
21
welche nit in persona alicuius principis et familiae, sed in ipso statu et
22
maiestate imperiali bestünde, die Heßen vor dem außsöhnung admittiren
23
solte. Es wehren ihnen zu Regenspurg ehr gnug geschehen, wolten sie etwas
24
pro bono publico vorbringen und bezeigen, daß sie des reichs wolfahrt und
25
der christenheit beruhigung zu befürderen gedechten, so könten sie es ange-
26
ben, man würde schon dem Regenspurgischen modo nach sie anhoren und
27
sich zu erkleren bedacht sein. Wie es nuhn nachtt worden und die
28
Frantzosen bei ihren principiis geblieben, haben sie dabei mit wiederholung
29
ihrer bitt und erinnerung den abschiedt genohmen, in particulari colloquio
30
aber, so absonderlich in dem auffstehen einer mit dem andern a part noch
31
gehalten, sich allerseits vernehmen laßen, daß sie von den Hessen dieser
32
sachen halber stindlich so starck importuinirt würden, daß sie sich dero-
33
selben annehmen müßten. Sagte auch der Longeville zue I. H. G., man solte
34
nur sehen daß ietzt frieden wurde, sie wolten hernegst denn catholischen
35
beßer assistirenn.

36
1645 IX 27
Mittwoch Absprache mit den Bayern, wonach Reck im
37
Namen beider Gesandtschaften die Ksl. und Mediatoren über die letzten
38
Gespräche informieren soll.

[p. 291] [scan. 341]


1
Reck bei Chigi. Dieser erfreut, daß man sich also bestendig und behertzt in
2
einer so gerechten sach bezeige; er seines theilß, so viel Heßenn und das
3
interesse der catholischenn anginge, trette auß dem officio mediationis
4
und stellete sich alß partem da; wie er dan solches denn Frantzosen noch
5
gesteren gesagt, indeme er den Venetum, alß diese materie mit ime tractirt,
6
auf sein begehren accampagnirt. Dabei hat er den Franzosen, die ihren
7
Eifer für die Religion rühmten, vorgehalten, daß durch ihre Teilnahme am
8
Krieg die Kirche bisher nur gelitten habe. Wegen Hessen würden sie gern
9
ein temperamentum sehen unnd mit einem oder annderen actu admissionis
10
sich woll [...] contentiren laßen, worüber Contarini vermitteln soll.

11
Reck: Die Frantzosen gingen auf ihren respect, so muste man hierinnen
12
auch imperatoris et imperii interesse wol consideriren, und wehre admissio
13
Hassorum pro una vel duabus vicibus kein temperamentum, alß lang sie nit
14
außgesohnet, sondern wurde dadurch ein solcher bruch in der reichsordt-
15
nung unnd gegen Ihrer Kayserlichen Majestät authoritet geschehen, daß eß
16
viele unersetzliche böse consequentias nach sich ziehen wurde. Wan ie etwas
17
in specie pro aliqua satisfactione Gallis danda geschehen solte, so were
18
genug, wan man mit den Heßen nach dem Regenspurgischen modo sich
19
gubernirte. Dieses des Heßen begehren hette ein gar weites außsehen, unnd
20
wan sie die admission erhieltenn, so wurden sie die waffen alios condem-
21
nando iustificirenn und den punctum von innen begehrter satisfaction unnd
22
recompens zu behaupten gedenckenn. Chigi hält für richtig, daß auch
23
Contarini informiert wird, am besten durch die Ksl., und ermuntert Reck,
24
er möge seinetwegen den Kayserlichen herren gesandten wol sagen, daß sie
25
nur bestenndig pleiben solten.

26
Reck bei Volmar , hinzu später Nassau. Nassau berichtet, Contarini habe
27
gestern mitgeteilt, die Franzosen blieben dabei, daß wie beim Passauer Ver-
28
trag
auch jetzt alle Stände zugelassen werden müßten, andernfalls dürfte
29
Hessen den Kongreß verlassen und Frankreich sich mit ihm solidarisch er-
30
klären
. Nassau hat geantwortet, die Drohung befremde ihn, da Hessen bei
31
den Verhandlungen seine Sache vorbringen und durch Annahme der frühe-
32
ren
ksl. Erklärung die Akkomodation erlangen könne; der Paßawischer
33
vertrag wurde hiebey ubel allegirt, unnd wan es endtlich bey so unbegrün-
34
deter ursach den Frantzosen belustete, die tractaten zu abrumpiren, so wur-
35
den sie Ihrer Majestät nit verdencken, daß sie per manifestum der gantzen
36
weit dieser sachen beschaffenheit zu erkennen geben. Mit Volmar wird ver-
37
einbart
, daß Freitag die Ksl. den Mediatoren darlegen, daß kein tempera-
38
mentum in admissione, quamdiu landtgravia in isto statu persistit, zue
39
finden. Eß wehre sonsten wol zu sorgen, daß der Venetus, so in allem mit
40
den cronen die sachenn zu bilanciren gedachte, indeme es bekennet, daß
41
authoritas Caesaris in exclusione Hassorum erhalten wurde, solches zu ver-
42
mittelen gedencken mogte, damit Ihre Kayserliche Majestät den vortheil
43
unnd authoritet allein nit erhielten, dahero einer gueten circumspection und

[p. 292] [scan. 342]


1
bestendigkeit vonnotthen. Nachricht, daß St. Romain in Osnabrück die
2
Schweden zum Widerstand gegen den Ausschluß Hessens bewegen sollte,
3
wozu diese sich, da sie die Sache für unbillig halten, nur widerstrebend be-
4
reitgefunden
haben.

5
[...]

6
1645 X 1
Sonntag Konferenz der ksl. und der katholischen Gesandten
7
(vgl. APW III A 4, 1 S. 1ff).

8
1645 X 2
Montag Mainzer Anfrage: Soll, da morgen abend Wittgen-
9
stein kommt, für den folgenden Tag angesagt werden? W: Besser zu-
10
nächst von ihm und aus den von Osnabrück erwarteten Schriftstücken
11
die Meinung der Protestanten wegen Magdeburg und Hessen-Kassel zu ver-
12
nehmen.

13
Volmar bei W: Besuch der Ksl. bei den Mediatoren; sie haben erklärt,
14
solange Hessen mit Frankreich im Bündnis stehe, könne es nicht zu den Ses-
15
sionen
zugelaßen werden; lasse Frankreich daran den Kongreß scheitern,
16
zeige es, daß es den Frieden nie gewollt habe. Damit aber die Hessen sich
17
soviel weniger zu beklagen, so wer man erpiethig, sie per deputatos, wie zue
18
Regenspurg auch geschehen, in ihren anliegen und vorträgen zu hören.
19
Diesen Vorschlag hat auch Contarini, welcher sonsten nuwlich gar starck in
20
dieser sachen gered, gut aufgenommen. Letztlich hat der Volmari abermal
21
erwehnung gethan, daß eine hohe notturfft sein wolle, auß mittel der
22
catholischen furderlichst eine abordnung nacher Oßnabruck zu thun.

23
Hinzu Krane

41
In Münster seit 1645 X 1.
. Wiederholung seines Berichtes bei der gestrigen Session.
24
Vertraulich haben die Vertreter von Darmstadt und Hamburg ihre und
25
anderer Lutheraner Verwunderung über die ksl. Erklärung wegen der Re-
26
formierten
zum Ausdruck gebracht, da doch zu verhoffen gestanden, es wurde
27
dawieder von seithhen der Augspurgischen confessionsverwandten meisten-
28
theylß den catholischen beyfall geben worden sein. 2. Notwendigkeit
29
katholischer Präsenz in Osnabrück, zumaln die uncatholische gegen die
30
Kayserliche sich vernehmen laßen, daß sie mit den catholischen in vielen
31
sachen eins, nur daß etliche vorstimmende einer anderen mainung, deren
32
vota zu impugniren sie nit ursach hetten, aber wol in ein und anderm der
33
catholischen contrari votis beyfall geben konden und wolten. 3. Nach
34
Straßburg fordern Bremen und Hamburg die Zulassung; die Ksl. wollen sie
35
ihnen als Reichsstädten, nicht als Hansestädten, zubilligen; die früheren
36
Einwände Dänemarks und des Administrators von Bremen gegen die
37
Reichsstandschaft wollen die Ksl. von sich aus nicht aufgreifen. 4. Wolken-
38
stein
macht trotz wiederholter ksl. Befehle Ausflüchte, nach Osnabrück zu
39
gehen, wo er um seine Sicherheit fürchtet. W möge auf ihn und andere
40
Katholiken einwirken. Da von den Protestanten erst Altenburg, Lauen-

[p. 293] [scan. 343]


1
burg
, Weimar, Ansbach, Anhalt, Braunschweig, Darmstadt und Mecklen-
2
burg

40
Vgl. die Aufstellung APW [III A 1,1 S. 328] (1645 IX 25), in der jedoch der damals in
41
Münster befindliche Vertreter für Ansbach / Kulmbach fehlt.
in Osnabrück anwesend sind, kann man ihnen leicht das Gegengewicht
3
halten, wenn außer Österreich noch einige Katholiken kommen.

4
1645 X 3
Dienstag Mitteilung der Franzosen: Gefangennahme der
5
Frau des unter Bönninghausen dienenden Oberstleutnants Spongla

42
Jakob Spönla, vgl. Lahrkamp, Bönninghausen S. 340.
; Bitte
6
an W um Abhilfe als Landesherr. W: Richtigstellung von Einzelheiten,
7
die Freilassung ist auf seine Mahnung und nach Rückfrage bei Velen schon
8
erfolgt. [...]

9
1645 X 4
Mittwoch Mitteilung der Mainzer: Gespräch der Ksl. mit
10
den Mediatoren (vgl. APW III C 2, 1 S. 441f).

11
St. Romain bei W. Befremden über den Ausschluß einiger Stände; Oxen-
12
stierna
hat seine Proposition erst nach dem Versprechen der Stände
13
abgelegt, daß vor weiteren Beratungen diese Sache geregelt werde

43
Vgl. W. Becker S. 226f.
. Man
14
kennt die Gegenargumente, doch schlagen Schweden und Franzosen
15
als Auskunftsmittel Reversale vor, wonach die Zulassung für andere
16
öffentliche Reichsversammlungen kein Präjudiz sein soll. 2. Es ist ein con-
17
ventus extraordinarius. 3. Zusage der Osnabrücker Stände gegenüber den
18
Schweden. 4. Der Kaiser hat nie die Stände berufen wollen, 5. auch ihnen
19
insgemein das ius suffragii disputirt, den hievorgemelten aber solches aniezt
20
ganz benehmen wollen. 6. Und obwoln gesagt werden möcht, daß solches
21
von etlichen stenden geschehen, so weren doch diese tractatus zue dem endt
22
nit angesehen, daß die stend gleichsamb nur des Kaysers rhät sein und
23
nichts thun solten, alß was ihm wol gefiele; gerade daß die übrigen ohne
24
Rücksicht auf iura et libertatem imperii bedingungslos den Wünschen des
25
Kaisers gefolgt seien, habe die ausgeschlossenen Stände zu den Waffen getrie-
26
ben
. 7. Man hat auf Berufung der Stände bestanden, damit sie sich, wan der
27
Kayser sich ad aequas conditiones nit geben wolte, interponiren und pro
28
bono imperii die notturfft erinnern mochten, dahero sie billich mehr ex
29
aequitate alß affectu zu procediren hetten. Die Sache ist dadurch noch
30
schwerer geworden, daß sich beyde crohnen dergestaldt interessirt befin-
31
den, daß sie salva reputatione nicht weichen köndten [...]. W: Wehn in
32
specie dan die herren Frantzösische vermainten übell excludirt zue sein und
33
zue admittiren, nachdem sie früher die Zulassung Straßburgs mit dem
34
Argument verfochten haben, daß die Stadt sich gegen den Kaiser mitt er-
35
greiffung der waffen nicht feynd, sondern iederzeitt neutral bezaigt?

36
St. Romain: Es seye nicht ohn, daß rationes von dießer seythen vor-
37
bracht, es seye aber anietzt daß seyther gethanes versprechen und der cro-
38
nen reputation pillich in consideration zu ziehen. Alß aber I. H. G. nach-
39
mahln urgirten, wehn sie dan sub eadem classe comprehendirt haben

[p. 294] [scan. 344]


1
woltte, hatt der St. Romain darauff gelachet, aber mitt der andtwortt zu-
2
rugkgehaltten. Warnach I. H. G. vermeldet, sie kondten woll erachten,
3
obgleich er Magdeburch nicht nennen woltte, so würde doch auch deßen
4
admission von den Frantzosen gehrn gesehen werden. St. Romain:
5
Ihme seye nur auffgeben, wegen der exclusion in genere erinnerung zu
6
thuen. I. H. G.: Weylen dan Magdenburch, wie sie vor dießem sich ver-
7
nehmmen laßen, 1. loco gesetzet, woltten sie nimmer glauben noch hoffen,
8
daß die Frantzosische solche zumahln unbilliche praetension behaubten
9
wollen. Er St. Romain: Daß es sein müste, dan die Schweden davon
10
nicht weichen würden, auch den catholischen durch die reversales gnug-
11
samb vorgesehen. I. H. G.: Eß seye sich woll höchstens zu verwunderen,
12
daß man ietzo mitt dergleichen praetension herahnkomme, da doch seyther
13
anno 1566 bey deß ersten Lutherischen administratoris zue Magdeburgh

41
Joachim Friedrich von Brandenburg (1546–1608), Administrator von Magdeburg 1566–
42
1598, Kf. 1598.

14
zeitten biß auff dieße stund bey einigem reichs- oder publicis conventibus
15
sich iemahln wegen Magdeburch angeben, weniger reversales angebotten
16
worden, warzue doch der Magdenburgische inhaber anno 1586 woll ursach
17
gehabtt, als am 13. Juli bei seinem Erscheinen alle Geistlichen, Bayern, Jülich
18
und Sachsen den Fürstenrat verließen. Auf seine Erklärung, er habe nicht
19
Session und Votum durchsetzen, sondern nur einige Punkte vortragen wol-
20
len
, wurde ihm bedeutet, das könne er auf anderem Wege, worauf er nicht
21
wieder erschienen ist

43
Gemeint ist, wie die Tagesangabe VII 13 zeigt, der Regensburger Reichstag 1594 (vgl.
44
M. Ritter II S. 121).
. St. Romain: Er laße alles dahin gestellet, dieß
22
seye ein conventus extraordinarius und also dergleichen comparation hieher
23
nicht geltten köntte. W: Erläuterung der drei im Reich üblichen Ver-
24
sammlungsformen
, von denen die Kreistage hier nicht in Frage kommen,
25
der Deputationstag von den Franzosen abgelehnt worden ist und auf ihr
26
Drängen die Stände in der für Reichstage üblichen Form beschrieben worden
27
sind. Die wenigen anwesenden Stände können keine neue Beratungsform ein-
28
führen
. Die Franzosen würden auch hernechst damit villeicht nit verwart
29
sein. Und seie woll wunderlich, daß sie alleweil sagen, daß ihr intention
30
seie conservandi imperium in suo statu et libertate, und doch taglich sich
31
bemiehen, novitates einzufieren, ia gar constitutiones zu endern et quasi
32
formam imperii zu mutieren. Der St. Romain: Daß der underschiedt in
33
dehme seye, daß anietzt alle könige und potentaten auß gantz Europa
34
alhier und zue tractiren hetten. Ad 2. I. H. G.: Dieß seye abermahln
35
ein principium, so sie nicht verstünden, zumahln der Frantzosen erclehrung
36
allezeitt dieße gewest, daß sie mitt dem reich absonderlich, auch mitt Spa-
37
nien wegen der Hollender, item wegen Portugal absonderlich tractiren
38
woltten, dehme man sich a parte Caesaris et imperii gehrn bequehmen [...].
39
Weyln dan nun Ihre Majestät und das reich die Teütsche sachen allein con-
40
cerniren, man auch mitt den Frantzosen und Schweden allein zu tractiren

[p. 295] [scan. 345]


1
gemaint, warumb dan nicht dießer conventus consuetus und imperialis sein
2
solle. Die Verhandlungen über den Mantuaner Frieden haben 1630 auch
3
nicht die Form des Kurfürstentages beeinträchtigt

43
Zu den Verhandlungen mit Frankreich über Mantua auf dem Regensburger Kurfürsten-
44
tag 1630 vgl. oben [S. 4] .
. Ad 3. Von der, seinem
4
andeuten nach, beschehener versprechung wüsten die hier anwehsende
5
stend nichts, zumahln mitt ihnen darauß nichts communicirt, weniger sie
6
darein bewilliget hetten noch den dortigen zugestanden zu thuen, außer
7
daß man die nachricht hab, daß alß von einigem dem Ochsenstirn die
8
versprechung geschehen, solches die andere auch mitdeputirte selbsten
9
empfunden und expresse gemeldet, daß ihnen davon nichts bewust ge-
10
wehsen. Warauff, alß der St. Romain, daß sie solches hernachmahln appro-
11
birt hetten, sagtten I. H. G., daß solches damahln geschloßen sein müste,
12
alß er von hier dorthin geschicket und so eyfferige remonstrationes deßhal-
13
ber geschehen. Warüber er gantz roth worden; und meldeten I. H. G. fer-
14
ner, daß solch von ihnnen beschehene proceduren die hir anwehsende zu-
15
mahln nicht binden köntte. Ad 4. Wiederholeten I. H. G., wie es mitt dene
16
außschreyben hergangen, und daß es allein ahn dehm gewest, daß die
17
Frantzosen, wie man leider gnugsamb eine zeitt erfahren, iderweyll novita-
18
tes herfürgebracht und niemahln ad rem ipsam schreyten wollen. Und seye
19
dieß, wie vorgemelt, bey dem praeliminarvergleich die intention nie geweh-
20
sen. Ad 5. Geschehe Ihrer Kayserlichen Majestät mitt solcher imputation
21
zumahln ungüetlich, welches dan darauß gnugsamb erhellen thette, daß alß
22
von ihnnen Frantzosen hiervon erstens auff die bahn gebracht und die
23
stendt durch ihr zuschreyben auffgewecket, Ihre Majestät beim deputation-
24
thag zue Franckfurt solches proponiren und consultiren laßen, auch dar-
25
auff alßbaldt, alß auff die translation der reichsdeputation geschloßen,
26
willfährig sich resolvirt. Ad 6. Seye dieß ein großer titul, dan in specie die
27
herren churfürsten in den reichsconstitutionibus deß Kaysers gehaimbste
28
und innerste consiliarii vor schon so viell hundert iahren genennet worden,
29
und seye billich, daß das haubtt cum corpore von den vorfallenden sachen
30
redd, und dießes iehnem mitt rhatschlägen an handt gehe. Worauff er:
31
Es habe aber bey ihnnen dieße mainung gehabt, daß nicht wie bißhero der
32
Kayser die reichsstendte an sich züghe und dergestaldt mitt ihrem beyfall
33
den constitutionibus imperii wiederhandlet würde. I. H. G.: Haec nimis
34
generaliter dici, und seye dergleichen von ihnen Frantzösischen vor dießem
35
auch movirt, dah aber anderst nicht vorpracht werden können, alß daß die
36
contributiones absolute außgeschrieben würden, warzue aber die Frantzo-
37
sen selbst mitt ihren adhaerenten, dagegen daß reich nothwendig quoque
38
modo conserviren müeßen, ursach geben. Ad 7. Weylen Ihre Kayserliche
39
Majestät dergestaldt allergnädigst sich erclehrt, so stehe zu hoffen, daß die
40
stendt, wan sie nicht mitt fleiß verhetzet oder wegen privat habenden
41
interesse mitt den außwendigen verblendet werden, sich mitt solcher Kay-
42
serlicher resolution, alß welche in omni aequitate et iustitia bestünde, baldt

[p. 296] [scan. 346]


1
vergleichen werden. Und köntten I. H. G. hiebey ihme anzudeüten nicht
2
underlaßen, daß die gantze weldt in Italia, Teütschlandt und anderwehrts
3
sage und schreybe, daß auß allem clahrlich zu sehen, daß den crohnen, son-
4
derlich Franckreich, zum frieden kein ernst seye und nur selbigen in
5
mundt führen thetten, oder doch nur einen frieden zue verkleinerung Ihrer
6
Kayserlichen Majestät und der stendten underdruckung begehrten. Zu-
7
mahln bißherzue all von ihnnen movirte difficulteten nur zuer verlenge-
8
rung mitt fleiß gesuchte sachen gewest, dergleichen sie contra constitutio-
9
nes, consuetudines et patrias leges gewißlich nicht herfürbringen würden,
10
wan ihnnen die fortsetzung der tractaten ein rechter ernst wehre. Man habe
11
sich ratione Magdeburch desto mehrer zu verwunderen, daß sie in Franck-
12
reich selbst mitt ihren oeconomicis oder episcopatuum administratoribus
13
saecularibus, ob sie gleich catholisch, anderst verfahren, und selbige zur
14
session nicht zulaßen thetten; dan wie sie nunmehr die reichsachen wisten
15
und wissen kinden, so weren uns Teutschen auch die sachen in Frankreich
16
nit unbekant. Abgesehen von anderen Bedenken werden auf der geistlichen
17
Bank Österreich, Salzburg, Burgund, Cambrai, Besançon und Deutsch-
18
meister
nicht Magdeburg den Vorrang lassen, auch W selbst wird als Fürst
19
nicht weichen, auf der weltlichen Bank Bayern seinen Vorrang behaup-
20
ten
. Warüber der St. Romain gantz erstummet, und folgents darzu
21
anderst nichts zu sagen gewüst, alß daß dießes kein conventus ordinarius,
22
sondern ein extraordinari werck seye. Auff welches I. H. G. nachmaln:
23
Daß man dießes nicht gestendigh sein köntte, thette auch ohne daß nichts
24
zur sachen, dan sie gleich auch andere gaistliche, auch weltliche fürsten
25
ihme Magdenburgischen inhaberen etiam in privatis conventibus nicht wür-
26
den nachgehen, zumahln sie denselben wedder im redden noch schreyben
27
dafür erkenneten, und ietzt soltte er in publico zugelaßen werden? Eß
28
würde damitt dem hertzogen von Newburch wehe und unrecht geschehen,
29
welcher so viell iahr den titulum wegen der Gülischen landen geführt, und
30
in possessione gewest, als unbelehnt aber Sitz und Stimme wegen Jülich
31
nicht erhält. Als St. Romain anführt, daß Kurbrandenburg vor Erhalt
32
der Regalien auf dem letzten Reichstag votiert habe, weist W auf das
33
unterschiedliche Herkommen besonders bei den weltlichen Kurfürsten hin;
34
zudem habe es in diesem Fall einige streythigkeit oder bedencken nicht ge-
35
habtt. Wüsten einmal nicht, waß sie zue dießen sachen sagen soltten, daß
36
die Frantzosen den ketzeren dergestaldt in allem favorisirten und deren
37
intention, so dahin gerichtet, die uncatholische inhabere der ertz- und stiff-
38
ter contra omnem antiquitatem zue underdruckung der catholischen in
39
rhadt und possession zu setzen und den anderen veris et legitimis episcopis
40
et principibus, so viell ahn ihnnen, gleich zu haltten, solchergestaldt beför-
41
deren thetten. Sie kondten dießen procedendi modum von einer so catholi-
42
schen crohn und mitt der ministrorum continuirlichen contestiren zu con-
43
servation des catholischen wehsens nicht zusahmenreihmen. Beim Abschied
44
wiederholt W, er könne als Fürst und Gesandter wegen Magdeburg nicht

[p. 297] [scan. 347]


1
weichen, ebenso verhalte es sich wegen Hessen. Die Gründe habe man nach
2
Osnabrück mitgeteilt, aber einige solida argumenta in contrarium noch
3
nicht gesehen, auch nicht beygepracht werden können. Daß aber dabey die
4
crohnen ihr interesse und respect so hoch anziehen, da könne er leicht er-
5
achten, daß man vice versa des Kaysers und des reichs reputation mitt
6
mehrern fuegen anzuziehen hab. I. H. G. hetten ihnnen schon vor etlichen
7
thagen die bedeüthung gethan, daß sie dießen punctum also nicht nehmmen
8
müesten, damitt man nicht hernegst auff keiner seyten wieder zurugk
9
könne. St. Romain: Eß seye nicht ohn, daß man auff dießer seythen
10
rationes vorgebracht, die sie aber also nicht apprehendirten. I. H. G.:
11
Daß man ihre motiven pro ratione et aequitate zu sein nicht capiren kön-
12
ne. Er St. Romain: Also werde man einen iudicem haben müeßen.

13
I. H. G.: Die herren mediatores müsten sich, ein- und andern thaill capa-
14
cem zu machen, interponiren.

15
1645 X 5
Donnerstag Die Brandenburger verweigern, wie schon am
16
Dienstag, die Ausfertigung der an Sachsen und Trier beschlossenen Kolle-
17
gialschreiben

39
Vgl. APW [III A 1,1 S. 347] (Zusammenkunft der katholischen kurfürstlichen Gesandten
40
1645 IX 30).
mit der Begründung, sie müßten die Ankunft ihrer Kollegen
18
abwarten.

19
1645 X 7
Samstag Mitteilung an Chigi: Schreiben der Osnabrücker
20
Stände, die auf Admission Magdeburgs und Hessens bestehen

41
Kurfürstliche Gesandte Osnabrück an kurfürstliche Gesandte in Münster 1645 IX 30
42
(Druck: J. G. Meiern I S. 662 ff); fürstliche Gesandte in Osnabrück an fürstliche Ge-
43
sandte in Münster 1645 IX 28 (Druck: J. G. Meiern I S. 657 ff).
; die hiesigen
21
Stände wollen nicht weichen. Mittwoch oder Donnerstag sollen die Haupt-
22
konsultationen
an beiden Orten beginnen. Chigi: Es gingen die sachen
23
dergestalt kalt und langsamb her, erst wenige Katholiken sind erschienen.
24
Erfreut, daß W nach Osnabrück deputieren will; er halte es summum
25
necessarium, weylen offtmalen durch die discursus familiares bey den
26
wiederspenstigen mehrer guts alß per formalitates illas collegiales gerichtet
27
würde. Ye lenger ye mehr kom ihme status catholicorum, wan er der un-
28
catholischen sonderlich der Schweden große macht considerire, gefährlich
29
vor. Also daß wo nicht anderst zu den sachen gethan und sowol von Chur-
30
collen und Bayern auch andern eheßt furderlich nacher Oßnabruck abge-
31
ordnet werde, er desperationem totius vor augen sehe, da alßdan denen, so
32
darahn schuldig, eine sehr große verandwortung aufliegen wolle. Thette
33
I. H. G. instendig ersuchen, von der vorhabenden abordnung nicht außzu-
34
sezen, sondern ohn einigen anstand endweder den dhombprobsten von der
35
Reck oder Paderbornischen canzlern, welche beyd viri periti, auch wie er
36
höre, bey denen zu Oßnabruck prae reliquis grati, hinuber zu verordnen;
37
auch Krebs (Bayern) zur Herüberreise zu bewegen, zuemalen numerus
38
catholicorum alhier eben so groß nicht vonnöthen, weilen die verpleibende,

[p. 298] [scan. 348]


1
wan deren gleich nur etliche, continuam assistentiam ab ipsis mediatoribus
2
haben würden, welches alldorten manglen thett. Man möchte doch die
3
sumptus in re tanta nicht consideriren, weniger propriam commoditatem
4
bono publico vorab religionis, warzu einen yeden conscientia so hoch abli-
5
giren thett, nit vorziehen. Wan ihme heut mandatum zukehme, sich hien-
6
uberzuebegeben, und hoffnung wer, daß es was gutes wurde verrichten
7
konnen, wolt er die resolution auf morgen gewißlich nit verschieben. Es sey
8
gleichwol zu bethauren, daß auff der cronen propositiones die andwort erst
9
nach dreyen monathen einkommen und dem ansehen nach noch wol ein
10
oder anderthalb, biß die stende undereinander deßhalber verglichen, hien-
11
streichen werden, wadurch sonder zweiffel veruhrsacht, daß nit allein die
12
underthanen in Franckreich, sondern die ganze welt dieser seithen, alß wan
13
man zum frieden kein lust, imputiren werd. Man habe ursach uber uhrsach,
14
das friedensnegotium mit ernst anzugreiffen, wolle man nit totum Roma-
15
num imperium una cum religione interiren sehen. Menniglich seye in den
16
gedancken gewest, es würden die progressus Turcici den Franzosen zu
17
anderm anlaß geben haben, es zeige sich aber hingegen, daß sie sich zumal
18
nichts dadurch commoviren laßen, sondern viel mehrers de floridis armis
19
Gallorum ubique und iezt wegen des mit Chursachsen vorgangenen Konigs-
20
marckischen tractas

40
Schwedisch-sächsischer Neutralitätsvertrag 1645 IX 6 (Druck: J. Dumont VI 1
41
S. 325f).
hochlich gloriirten. Man habe sich wol vorzusehen
21
und nicht zuviel zue trawen, sondern gleich auf der andern seitthen ge-
22
schehe, in beßere verfaßung zu stellen, da es dan dem Kayser ahn mittelen,
23
wan man nur wolt, nicht wurde ermanglen. Ein und ander furst in Italia
24
hette sich zue herschiessung gewisser summa gelds gegen ein stuck lands im
25
reich offerirt, wie er dan wist, daß einer zu solchem end anderhalb millio-
26
nen bahr liegen habe. Vor allen dingen aber wolte er I. H. G. die hienuber-
27
befurderung einiger catholischen auf Oßnabruk recommendirt und sie dar-
28
umb gebeten haben. Der Abgesandte versichert, W werde abordnen
29
und habe andere Bischöfe deshalb gemahnt, Köln wolle in Osnabrück
30
einige seiner Stifter vertreten lassen, auch der von Bayern für den Fürsten-
31
rat
bestimmte Vertreter dürfte nach Osnabrück zu bringen sein. Chigi:
32
Mahnt zur Eile, damit man noch vorm winter der cronen responsion auf
33
die Kayserliche erklehrung haben kondte, anderst würde in den praepara-
34
toriis bellicis hinc inde noch weitters verfahren und dan abermal kunffti-
35
ges jahr der ausschlag mehr den waffen alß tractaten gelaßen werden. [...]

36
[...]

37
1645 X 10
Dienstag Bayern bei W. Vortrag auf Befehl des Kurfür-
38
sten
: 1. Dieser weiter der Meinung, die Erwähnung Spaniens in Art. 3 der
39
ksl. Responsion sei auszulassen. Die Pfälzer Sache nicht durch Erwähnung

[p. 299] [scan. 349]


1
gleichsam zur Verhandlung anzubieten, wiewohl man, wenn die andere
2
Seite sie vorbringt, ihre Behandlung nicht ablehnen wird. 2. Mitteilung der
3
Mainzer Bedenken zur ksl. Antwort: Bei Erwähnung der Stillstandsver-
4
handlungen
klarzustellen, daß die Hauptverhandlungen weitergehen; die
5
Behandlung der Gravamina entsprechend dem Frankfurter Beschluß auf
6
den 1. Mai 1646 zu verschieben; das Versprechen Feuquières’ von 1634 zu
7
erwähnen, daß Frankreich außer der Freiheit der Stände vom Reich keine
8
Satisfaktion begehre

41
Isaac Manassès de Pas (1590–1640), marquis de Feuquières, Marschall, 1634
42
französischer Vertreter auf der Tagung des Heilbronner Bundes in Frankfurt; vgl.
43
J. Kretzschmar II S. 534ff.
. 3. Zur Vermeidung von Zeitverlust durch den Ad-
9
missionsstreit
Übergabe der ksl. Antwort an Franzosen und Schweden, die
10
dann die Stellungnahme der Reichsstände abwarten können. W: 1. Die
11
Erwähnung Spaniens nicht mehr zu ändern, es stehe aber darauff zu er-
12
wartten, ob die Franzosen und uncatholische solches unberuhrt laßen wer-
13
den, undt werde es die intention bey ein oder anderm ohninteressirten stand
14
nicht haben, sich in die Spanische händel einzumischen [...]. In der Pfälzer
15
Sache wird Köln sich ganz nach Bayern richten. Ad 2. Seye dieser passus
16
von den hiesigen Kayserlichen in effectu auf den verstand gerichtet. Beym
17
zweytten membro ratione gravaminum stunde W sehr ahn, ob davon inzo
18
dergestalt zu moviren, zuemalen die protestirende diesen punctum vor allen
19
andern, wie es scheint, vorgenommen haben und zu andern sachen vorher
20
nit schreitten wollen, da dan solches, wan der terminus ins kunfftigen jahr
21
hienaußgestelt, große verlengerung geben würde. Das dritte quoad satis-
22
factionem Gallorum kondte zwarn zu seiner zeit, weiln die resolutiones
23
alberait ubergeben, bey vorgemeltem articulo 13 in acht genommen werden,
24
es stunde aber zu besorgen, die cron Franckreich werde seitther dem bey so
25
vielen glucklichen progreßen solche intention geändert haben und dabey
26
zue bestehen nit gedencken. 3.

39
26 Wegen] am Rande: Haec describantur etiam ad Dominum Craen per extractum
40
protocollarem
Wegen Übergabe der ksl. Antwort war W

27
derselben Meinung, doch beunruhigt ihn, daß Wittgenstein/Löben den Ksl.
28
den gleichen Vorschlag mit dem Zusatz gemacht haben, es möchten alßdan
29
die coronen sehen, wie sie mit den stenden auch eins wurden. Welches I. H.
30
G. auß vielen ursachen sehr bedencklich vorkehme, dan 1. wurden die
31
stendt vom Kayser alß ihrem oberhaubt separirt, da biß dato niemaln
32
erhört, daß der Kayser seyne erklehrung, auch die stende absonderlich ohne
33
vorgangene vergleichung, vorauß in so wichtiger sachen von sich geben. So
34
falle ihro auch pro 2. dieses bey, was unlengst der St. Romain gegen sie ge-
35
dacht, daß die stende nicht pro consiliariis Caesaris, sondern zu dem end
36
hier sein solten, daß wan der Kayser der coronen billichmeßige conditiones
37
nicht acceptiren wolt, sie die stend ihnen darzu erinnern bewegen und
38
halten solten. Und eben darumb pro 3. thetten die protestirenden dießen

[p. 300] [scan. 350]


1
conventum pro extraordinario halten, damit sie mit dergleichen novitäten
2
zu durchpringung ihres intents in damnum catholicorum et futura praeiudi-
3
cia heranzukommen einigen schein haben möchten. 4. Hab man gewißlich
4
zuzutrawen, daß die Franzosen und Schweden tali casu mit den congregir-
5
ten stenden offentlich utrobique ad partem, novo et inaudito exemplo,
6
tractiren und denselben gegen Ihre Kayserliche Majestät und der autoritet
7
und hoheit gefährlicherweiß ihre gewohnliche unbegründte klagten mehrers
8
in die ohren hangen, dadurch selbige gegen Ihre Majestät noch weitters
9
auffwigglen, auch under den stenden selbst grosere uneinigkeit stifften
10
würden. 5. Auch ohn allen zweiffel alhier die Hessisch- und zu Oßnabruck
11
die Magdeburg nebenst mehr andern außgeschlossenen stenden zu erschei-
12
nen von ihnnen beruffen, ab welchem dan allers gegen dem respect zu Ihre
13
Kayserliche Majestät wieder die reichsconstitutiones und die vernunfft
14
fallen wurde, so auf diese weiß den coronen gleichsamb ultro, was sie
15
periculose hactenus gesucht, ahn die hand geben thette etc. Und seye I. H.
16
G. einmal dieser rhat und anschlag umb desto mehrer, daß er von den
17
Churbrandenburgischen herruhre,

39
17 verdächtig] am Rande: huc usque ad Craen.
verdächtig. Bayern: Befinden zwarn
18
die angeführte considerationes gutt, es seye aber nur dieß, daß man sich
19
großer zeitverlierung zu befahren habe. I. H. G. andwortteten, daß sie
20
es dahin gestelt sein ließen, aber nicht sehen konden, daß nit diese besor-
21
gende und rationabiliter nit auspleibende gefehrlichkeiten dem reich meh-
22
rers schaden solte. [...]

23
1645 X 11
Mittwoch Krebs (Mainz) bei W. Die Brandenburger haben
24
gegen die ihnen wieder zugestellten Schreiben an Sachsen und Trier und
25
gegen die Antwort an die Kurfürstlichen in Osnabrück

40
Gemäß dem Beschluß des Kurfürstenrates 1645 X 5 ( APW III A 1,1 S. 348ff); vgl.
41
W. Becker S. 243f.
vorgebracht: 1.
26
Das Konzept ist nicht mit den Osnabrücker Ständen abgesprochen. 2. Über
27
den Ausschluß Magdeburgs kann nicht ohne die Osnabrücker Stände ent-
28
schieden
werden, zumal es um einen conventus extraordinarius geht; die
29
hessische Frage gehört allein vor den Fürstenrat. 3. Die Osnabrücker
30
Schreiben sind tendenziös wiedergegeben, den dortigen Ständen wird Ver-
31
zögerung
vorgeworfen, den Brandenburgern die Unterstützung Magdeburgs.
32
4. Mit den Schreiben an Trier und Sachsen greift man in das Berufungs-
33
recht
des Kaisers ein. 5. Die Schreiben sind ihnen ohne vorherige Beratung
34
schon mundiert zugestellt worden. Die Ksl. haben den Mainzern folgende
35
bei ihnen vorgebrachte Beschwerden der Brandenburger mitgeteilt: 1.
36
Schreiben an Trier und Sachsen, die dergestalt imperiose abgefast und ein-
37
gerichtet, alß von Ihrer Kayserlichen Majestät selbsten nicht geschehen.
38
2. Vorwürfe gegen sie in dem Schreiben an die Kurfürstlichen in Osna-

[p. 301] [scan. 351]


1
brück
; man habe alhier ohne vorgangene communication mit den zu Oßna-
2
bruck consultirt und conclusa gemacht contradicentibus Brandenburgicis
3
und mit den furstlichen gegen genommene abred re- und correferirt, wel-
4
ches zur Separation ursach gebe. Man wolle auch zu den deliberationibus in
5
andern sachen schreitten, ehe der punctus admissionis Magdeburg und Hes-
6
sen erledigt, solches, wan es geschehen solt, were sich einer ruptur zu besor-
7
gen. Die Ksl. haben von den Mainzern nähere Angaben über diese Schrei-
8
ben
, über das deshalb in Aussicht genommene Verfahren und etwas mehrer
9
eröffnung und communication von demjenigen, was vor und nach geschlos-
10
sen, besonders über die gegen die Admission zusammengetragenen Argu-
11
mente
, gefordert. Die Mainzer haben ihr Vorgehen bei Abfassung der Schrei-
12
ben
als im Reichsbrauch herkömmlich begründet; die Schreiben selbst wur-
13
den
von den Ksl. gebilligt, doch soll das Schreiben nach Osnabrück nur Bröm-
14
ser
zur Nachricht mitgeteilt werden, da die Brandenburger es kennen. Wegen
15
der begerten communication der conclusorum sey nit brauchlich, alles was
16
under den churfurstlichen vorgehet und geschloßen wird, zu communiciren.
17
Waß aber die zu papier gebrachte rationes antreffe, damit hetten sie die
18
herren Kayserlichen zu beschweren darumb nit vonnötthen gehalten,
19
weylen er selbige schon vorhin auf des hern Volmari tisch liegen gesehen.
20
Rimedia zu suggeriren habe man biß dato dieserseiz nicht ermanglet, was
21
nur immer zu fortstellung der consultationen dienlich befunden, und haffte
22
es nur ahn denenn zu Oßnabruck, und wie die difficultet ratione excluso-
23
rum ausm weg zu raumen. Dazu baten die Ksl., auch W möge Vertreter
24
nach Osnabrück schicken, damit das österreichische Direktorium nach Ein-
25
zelermahnung
der Stände durch die Ksl. die Admissionsfrage proponieren
26
könne, wobei man mit Hilfe von Darmstadt, Mecklenburg und vielleicht
27
auch Braunschweig sich durchsetzen zu können hofft. W: Wegen des
28
Schreibens an Sachsen (die Trierer Gesandten sind bereits unterwegs) hat
29
man sich durch Brandenburg nicht irren zu lassen; solche Erinnerungen
30
sind üblich und noch beim Deputationstag an Brandenburg ergangen. Ob
31
nun aber das iezige concept also imperiose [...] verfast, konne man den
32
begriff selbst wol reden laßen; so wusten auch I. H. G. nit, worinn man die
33
Churbrandenburgische in dem nach Oßnabruck aufgesezten schreiben zu
34
denigriren sich understanden. Daß man aber in der sachen selbst die nöttige
35
rationes angefuhrt, wurden sie mit fugen nicht ubel deuten konnen, weniger
36
finde sich, daß man hier zu abseithigen conclusis geeylet, sondern yedeß-
37
malß die anwesende Churbrandenburgische in ihren votis, wie herkom-
38
mens, gern gehört und vernommen. Daß man aber zwischen den hiesigen
39
und zu Oßnabruck anwesenden churfürstlichen gesandten eine absonder-
40
liche correlation unvonnöthen gehalten, seye der vernunfft selbst gemeß,
41
weylen zu Oßnabruck keine gesanden befindlich, die nit auch zugleich ihre
42
collegas alhie zur stell haben, und wurden selbige zweiffelßohn underein-
43
ander also zu correspondiren wissen, daß von ihnen hier und zu Oßna-
44
bruck keine disparia vota gefuhrt wurden, welchenfalß dan die correlatio-

[p. 302] [scan. 352]


1
nes zue nichts anderst, alß vergeblicher verzogerung dienlich sein wurde.
2
Und ob nun wol die herren Kayserlichen gesandte zugleich die anzeig
3
gethan, daß die Churbrandenburgische von ihnen nicht begehrt, dieses den
4
ubrigen churfürstlichen vorzuhalten, so wolte doch gleichwol die notthurfft
5
erfordern, daß ihnen hinwiederumb die anzeig, was es umb diese der Chur-
6
brandenburgischen gefuhrte beschwerd fur eine bewandtnus hab, geschehe,
7
sie auch zugleich ersucht werden möchten, ihnen Churbrandenburgischen
8
solche gleichsamb motu proprio und alß wan sie mit den ubrigen churfürst-
9
lichen sich darüber von selbst in discurß eingelaßen zue remonstriren. Kur-
10
köln
hat bereits den Hildesheimer Kanzler

38
Dr. Joachim Stein (gest. 1649), Hildesheimer Rat und (seit 1643) Kanzler, kurkölnischer
39
Geheimer Rat (vgl. APW [II C 2 S. 288 Anm. 5] ; J. Foerster S. 6, 11).
nach Osnabrück beordnet, auch
11
W selbst will bald dorthin abordnen. Daß aber sonsten den herren Kayser-
12
lichen die communicationes einiger hie vorgehender sachen vorenthalten,
13
wisten I. H. G. sich nit zu erinnern, wie dan auch die nacher Oßnabruck
14
geschlossene schreiben sambt denn rationibus non admissionis der Magde-
15
burg- und Hessen Casselischer (alßwelche im furstenrhat offentlich verlesen
16
worden) den herren Kayserlichen keineswegs haben verborgen sein konnen,
17
weylen der Osterreichisch mitabgesandter Goll

40
Dr. Johann Wilhelm Goll (1598–1672), oberösterreichischer Vormundschaftsrat und
41
Vertreter der Tiroler Linie, Gesandter für Österreich neben Wolkenstein und Richters-
42
berger; in Münster seit 1645 VIII 7.
, so die direction der expe-
18
dition fuhret, mit dem hern Volmari in einem hauß wohnet. Hierauf
19
hat der Dr. Krebß geandtworttet, daß sie Churmainzische alberait den
20
herren Kayserlichen diese erinnerung gethan, sie wurden sich aber nicht zu-
21
wieder sein laßen, solches nachmaln und zwarn sonderlich zu dem end zu
22
wiederholen, damit die herren Kayserlichen den herren Churbrandenburgi-
23
schen die behorliche gegenremonstration thun und selbige dadurch verspuh-
24
ren mögen, daß man nit zu allen dingen so gleich stillschweigen konne.

25
Krebs (Mainz) bei Buschmann: Klage des brandenburgischen Sekretärs bei
26
den Mainzern, daß in Abwesenheit Wittgensteins Heiden nicht den Exzel-
27
lenztitel
erhalte wie in Osnabrück Brömser. Auf die Antwort, Heiden sei
28
weder Standesperson noch, wie jetzt Brömser für Osnabrück, Hauptge-
29
sandter
, hat der Sekretär gedroht, falls man Heiden das Prädikat verwei-
30
gere
, würden die Brandenburger es auch den anderen Kurfürstlichen nicht
31
geben. Dabei ist er trotz der Warnung geblieben, daß so in das mit so
32
großer mühe erstrittenes praedicatum nun erst wiederumb ein loch gemacht
33
werden dörfft [...].

34
1645 X 12
Donnerstag Fürstenrat.

35
1645 X 13
Freitag Chigi bei W. Klagen über die wenig friedensbereite
36
Haltung der Franzosen. Italienische Angelegenheiten.

37
1645 X 14
Samstag Bergaigne bei W. – [...]

[p. 303] [scan. 353]


1
1645 X 15
Sonntag Kurfürsten- und Fürstenrat . – [...]
2
Mitteilung an Chigi: Heutige Session. Chigi: Die Mediatoren wollen sofort
3
nach Übergabe der ksl. Responsion bei den Franzosen auf eine schnelle Ant-
4
wort drängen.

5
1645 X 16
Montag Konferenz der Deputierten des Fürstenrates mit
6
den Vertretern von Lübeck und Weimar

34
Dr. David Gloxin und Dr. Georg Achaz Heher. Nach APW [III A 1,1 S. 366] war statt
35
Gloxin der Anhaltiner Gesandte Milagius beteiligt.
. – Übergabe der ksl. Responsion an
7
die Mediatoren . – Die wegen des spanisch-französischen Präzedenzstreites
8
verschobene erste Visite der Mainzer bei W findet statt. – [...]

9
1645 X 17
Dienstag Da die Mainzer Heiden den Exzellenztitel nicht
10
geben, verweigern die Brandenburger ihn auch Cratz, worüber die Mainzer
11
sich bei den Ksl. und den übrigen Kurfürstlichen beschweren wollen.

12
Notifikation des Trierer Einzuges für morgen. – W verabredet mit den
13
Mainzern, daß die Kurfürstlichen die Stadt getrennt verlassen und sich
14
außerhalb treffen wollen.

15
1645 X 18
Mittwoch Einzug der Trierer Gesandten

37
Hugo Friedrich Frhr. von Eltz-Blieskastel-Rodendorf (1597–1658), Domherr in Mainz
38
und Trier; Lic. Johann Anethanus (1594–1668), kurtrierischer Geheimer Rat und
39
Kanzler; die beiden übrigen Trierer Gesandten, Offizial Johann Dietrich Breuer und
40
Dr. Hermann Adolf Scherer, sind in dem Bericht nicht erwähnt.
, denen außer den
16
Kurfürstlichen die Ksl. und Franzosen entgegenschicken. – Gratulation an
17
Nassau wegen Empfang des Goldenen Vließes.

18
1645 X 19
Donnerstag Kurfürsten- und Fürstenrat .
19
Buschmann bei Volmar. Auf die Bitte um Mitteilung der ksl. Absichten in
20
der Admissionsfrage versichert Volmar, daß sie anders nit befelcht alß sol-
21
cher admission sich bestendig zu wiedersezen. Übergabe der ksl. Responsion.
22
Die Antwort wollen nach Auskunft der Mediatoren die Franzosen und
23
Schweden in den nächsten Tagen in Münster besprechen. Die Mediatoren
24
haben sich beklagt, daß den Ksl. vertraulich mitgeteilte französische Äuße-
25
rungen
zu den Religionsgravamina weiterverbreitet worden sind. Die Ksl.
26
haben nach Herausgabe der Responsion die Franzosen besuchen wollen, doch
27
hat Longueville den in der Titulaturfrage vorgeschlagenen Kompromiß
28
abgelehnt, so daß der Besuch unterbleiben mußte. Wie nun der canzler
29
Buschmann hiervon auf die materialia tractatuum kommen und sonderlich
30
den punctum satisfactionis, der intention, sich der eigentlichen Beschaffen-
31
heit, wie es mit änderung der Kayserlichen responsion, sonderlich in den
32
zwischen Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht in Bayern unndt dem graffen

[p. 304] [scan. 354]


1
Kurz zu Munchen verglichenen passibus

38
Vgl. oben [S. 264] .
hergangen, zu erkündigen, wobei
2
er von Äußerungen der Schweden und Franzosen ausgeht, sie forderten
3
keine territoriale Entschädigung. Hat der Volmari darauf geandwort-
4
tet, daß zwarn er auch vernommen, daß dergleichen von den Franzosen in
5
privatis discursibus ausgesprengt werden, man hette aber fast gewissere
6
nachricht, daß sie so ledigerdings zu weichen mit gedächten, und sonderlich
7
ihr absehen auf die dem hauß Osterreich im Elsaß und Preisgaw zustehende
8
landen gerichtet haben solten. Wan ihnen nun darzu hoffnung gemacht,
9
were leicht zu gedencken, daß die Schweden nit geringer sein, sondern fur
10
sich Pomern außzubehalten, sich bearbeiten wurden; dafern dan solchen-
11
falß das hauß Osterreich dem churfursten von Brandenburg auch dafur mit
12
den Schlesischen landen, andern stenden auch in andere weg satisfaction
13
thun solte, wurde demselben endlich garnichts ubrig bleiben. Alß nun
14
hierauf der canzler Buschmann erwehnet, daß es zwar ahn dem noch nit
15
sey, daß man yedem theyl von den frembden cronen so gerad mit solchen
16
ansehenlichen landschafften endgegegehen solte, es hette aber doch viel-
17
leicht auch nit schaden konnen, ihnen in der responsion die hoffnung eini-
18
ger recompens sogleich vor der hand nit abzuschneiden, und daß man sich
19
eben darumb etwas befrembdet, daß ermelte responsion nit auf die maß,
20
wie der reichsvizekanzler Kurz nahmens Ihrer Kayserlichen Majestät zu
21
Munchen verlaßen, alhie publicirt, sondern in etlichen puncten verändert.

22
Hatt der Volmar gleich fur sich auf sein schreibtisch gegriffen und die ori-
23
ginalarticulos responsionis, wie sie vom Kayserlichen hoff kommen, vorge-
24
zeigt, bey welchen dan zwarn die marginalia, so zu Munchen fur gutt ange-
25
sehen, befindlich, von Ihrer Majestät aber diese wort austrucklich darunter
26
gesezt gewesen: additio haec omittenda et rationes in litteris ad serenissi-
27
mum electorem Bavariae deducendae, und hetten sie Kayserliche sich prae-
28
cise in terminis ihrer instruction ohne einigen zusatz oder abzueg gehalten.

29
[...]

30
1645 X 21
Samstag Kurfürsten- und Fürstenrat . – Erste Visite der
31
Ksl. bei Longueville.

32
1645 X 22
Sonntag Re- und Korrelation zwischen Kurfürsten- und
33
Fürstenrat . – [...]

34
1645 X 23
Montag Ksl. und Bayern bei W (vgl. APW III C 2,1
35
S. 457f). Dabei bemerken die Ksl., auch etliche Katholiken im Fürstenrat
36
begännen in der Admissionsfrage zu weichen, so Bamberg und Konstanz.
37
Die Franzosen wüßten davon und glaubten, die Mehrheit der Fürstlichen

[p. 305] [scan. 355]


1
an beiden Kongreßorten für sich zu haben. Sicher wer es sonsten, daß wan
2
man bey dieser resolution disseits bestehen und solches den anwesenden
3
Osnabruckischen deputirten anzeigen wurd, daß alßdan furerst eine Sepa-
4
ration under den stenden erfolgen würde. So hat der Lübecker

40
Dr. David Gloxin.
schon
5
Volmar erklärt, wenn die münsterischen Stände einfach auf ihrer Meinung
6
beharrten, würden die Protestanten in Osnabrück für sich die anliegenden
7
Fragen beraten und den Katholiken anheimstellen, ebenfalls getrennt vor-
8
zugehen
. Dergleichen separation nun were eine solche sach, die sie Kayser-
9
liche nicht wenig und fast ebenso hoch alß die auffstoßung der tractaten
10
selbst apprehendirten, zumaln solche viel bose und hochschadliche conse-
11
quenzien nachfuhren würde. Antwort nach Beratung Ws mit den Bay-
12
ern
: Ohne Mainz und Trier können Köln und Bayern keine endgültige Er-
13
klärung
abgeben, doch liegen von beiden Kurfürsten keine anderen Befehle
14
vor, alß auf den vorigen, daß nemblich weder Magdeburg noch Hessen
15
zuzulaßen, zu bestehen. Ob aber nun man lieber das werck ganz aufstoßen
16
alß davon abweichen solt, solches seye ein sehr schwere frag, warauff man
17
noch in specie nicht instruirt, zumal beide Kurfürsten sich anderst keine ge-
18
dancken zu machen gehabt, alß daß die frembde cronen sowol alß die Augs-
19
purgische confessionsverwandte stend auf solche ansehentliche diesseits
20
militirende rationes sich nit opinatriren würden. Man will berichtet und
21
bittet dazu um die eigenen Gedanken der Ksl. Ksl.: Sie haben mit den
22
Trierern schon gestern darüber gesprochen und wollen es heute auch mit
23
den Mainzern tun, die darauf eine Gesamtberatung der Katholiken veran-
24
lassen
können. Sie selbst haben noch keine anderen Weisungen, als daß die
25
Admission nicht zu bewilligen sei, und erwarten morgen die Antwort auf
26
ihren Bericht über die Schwierigkeiten bei Eröffnung der ksl. Responsion.
27
Weylen aber eins von diesen beyden wurde erfolgen, daß nemblich end-
28
weder die tractatus sich ganz zerschlagen oder aber under den stenden eine
29
trennung (welches fast ebenso schlim alß das vorig) zu erwartten, und dan
30
sie sich erinnern, daß bey dero mit dem herrn graffen Kurzen zu Munchen
31
gehaltenen conferenz Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern der mai-
32
nung gewest, daß ein hohe unumbgengliche notturfft, etiam quacumque via
33
frieden zu machen, zumaln pure et simpliciter unmuglich, den krieg lenger
34
zu continuiren, so wolte fast erfolgen, daß man dergleichen obstacula quo-
35
vis modo auß dem weg raumen musse.

36
[...]

37
1645 X 25
Mittwoch Konferenz der katholischen Stände . – Anfrage
38
der Mainzer: Wie ist, wenn die Pfalz-Neuburger eintreffen, deren Legiti-
39
mation für Jülich zu behandeln, gegen die Brandenburg schon im voraus

[p. 306] [scan. 356]


1
protestiert hat?

37
Wegen des rechtlich noch nicht entschiedenen Jülicher Erbstreites zwischen Brandenburg
38
und Pfalz-Neuburg.
W stellt seine Antwort für die nächste Zusammenkunft in
2
Aussicht.

3
1645 X 26
Donnerstag Mitteilung der Mainzer: Auf Anfrage entspre-
4
chend dem bei der gestrigen Konferenz gefaßten Beschluß, ob die Deputier-
5
ten des Kur- und Fürstenrates ihr Ersuchen unmittelbar bei den Kronen
6
und den Mediatoren vorbringen können, haben die Ksl. erklärt, es möge
7
über sie geschehen. Die Deputierten von Pfalz

39
Joachim Camerarius (1603–1687), kurpfälzischer und schwedischer Rat; Dr. Jonas
40
Meisterlin, pfalz-simmerischer Rat; Philipp Streuff von Lauenstein (gest. 1647); in
41
Münster seit 1645 V 18.
haben einen Protest gegen
8
die bayerische Session im Kurfürstenrat einlegen wollen, den die Mainzer
9
mit der Begründung zurückgewiesen haben, sie müßten erst mit den übrigen
10
Kurfürstlichen reden.

11
[...]

12
1645 X 28
Samstag Gobelius bei W: Bamberg und Würzburg haben ihm
13
befohlen, wegen Admission Hessens auf einen Vergleich einzugehen, doch
14
will er, bevor er das öffentlich tut, mit W und anderen Katholiken sich unter-
15
reden
. Im Gespräch hat er es dahin gestellet, daß das vorhin vorgeschlage-
16
nes temperamentum mitt Hessen, nemblich nur daß sie den communibus et
17
mere politicis beiwohnen, von den militaribus aber und denjenigen sachen,
18
so die landtgraffin in particulari angehe, zue amplectiren. Wegen Magde-
19
burg
hat er noch keinen Befehl; wenn es aber zu der Alternative kommt, ob
20
man für daßmahl hierinnen etwas nachgeben oder aber erwartten solle, daß
21
endwedder die tractaten sich zerschlagen oder aber eine separation under
22
den stenden erfolgen, so könne er anderst nicht vermeinen, alß daß sein
23
gnädiger fürst bei so gestaltten sachen, da man kein mittel den krieg zu
24
continuiren, bälder auff daß erst werde incliniren. – [...]

25
1645 X 29
Sonntag Buschmann und Anethanus bei den Mainzern.
26
Pfälzer Protestation. Einigkeit in der Ablehnung. Zur Begründung schlägt
27
Anethanus vor, den Pfälzern zu bedeuten, sie hätten sich, wenn sie etwas
28
anbringen wollten, mündlich an die Deputierten des Kollegs zu wenden.

29
Buschmann: Daß man sie so gleichsam auffordere, um Audienz nachzu-
30
suchen
; der kurtziste weeg were, daß die herren Churmaintzische simpli-
31
citer und für sich selbst dem Pfaltzischen secretario, wan sich derselbe
32
wiederumb angeben wurde, zu andtwortten, daß sie sich nicht zu erinneren,
33
daß dergleichen protestationes iemahln unangesehen der vielen under-
34
schiedlichen von etlichen und 20 iahren her gehalttenen churfürstlichen
35
collegialconventen insinuirt, weniger vom directorio angenommen, und
36
woltten also sie Churmeintzische verhoffen, man ihro auch dießmahl damit

[p. 307] [scan. 357]


1
verschonen werde. Wie sie Pfaltzische auch dan darumb desto beßer in
2
ruhe würden stehen können, weilen man sich erinnere, daß letzmahln zue
3
Wien die Pfaltzstreittigkeitt zue anderwerttiger reassumption der befange-
4
nen güetlichen composition außgestellet und verwießen worden, deßen man
5
dan allerseits pillich zu erwartten. Die Mainzer wollen die Ablehnung
6
nicht allein verantworten und schlagen als Antwort vor, da Köln und
7
Brandenburg als interessiert gelten könnten, wollten Mainz und Trier die
8
Ankunft der Sachsen abwarten. Buschmann: Daß sichs mitt solcher
9
endschuldigung nicht woll thuen laßen würde, dan erstlich Ihre Churfürst-
10
liche Durchlaucht zue Colln sich zur parthey nicht würden machen noch
11
künffig davon außschließen laßen, wie sie dan bei letztmahliger composi-
12
tionshandlung zue Wien notorie von den Pfaltzischen selbst zur mittinter-
13
position guetwillig angenommen und erkendt. So dörfften auch villeicht
14
Ihre Churfürstliche Gnaden zue Maintz darinnen mehr pro parte, alß
15
Churcoln gehaltten werden, weiln bekandt, daß Churcolln kein eintzig
16
dorff, so von den Pfaltzischen besprochen werde, besitze; hingegen aber
17
von Churmaintz die gantze Bergstraß angefochten werde, derhalben es dan
18
ein gantz bedenckliches ding, daß man disseits den eingangk selbst machen
19
woltte, einen oder anderen churfürsten von dießen negotiis zue excludiren,
20
und möchte es auch zweiffelsohn den Brandenburgischen, alß welchen die
21
Pfaltzische nichts verbergen, frembd vorkommen, daß man sie ihrer unge-
22
hört partiales erclerte. So were es auch nicht wenig bedencklich, daß die
23
herren Churmeintzische die endschuldigung auff das gantze collegium
24
legtten, dan solchenfalß die Brandenburgische urgiren würden, daß man
25
dießen punct in offentlicher collegialversamblung in proposition bringen
26
sollte, da würde es dan abermahln anderst nichts, alß lauter disputat und
27
fernere verbitterung abgeben, indeme nicht zu zweiffelen, daß die Chur-
28
brandenburgische auff acceptirung dießer protestation, unterm vorwandt,
29
alß wan solche niemaldten schädlich sein köntte und daß protestiren
30
menniglich erlaubtt, tringen würden; und wan etwa die Pfaltzische dieße
31
ihre protestation herumbtragen und allen churfürstlichen gesandten ad
32
partem insinuiren wollen, so werde man ex parte Churcollnischer kein groß
33
bedencken tragen, sie simpliciter obgesetztermaßen abzuweißen. Die
34
Mainzer bleiben bei ihrem Einwand und sind nur bereit, dilatorisch zu ant-
35
worten
, sie müßten berichten und sich aus den Kollegialakten informieren.

36
1645 X 30
Montag Krosigk/Vulteius bei den Ksl. (vgl. APW III
37
C 2,1 S. 462ff). – [...]

38
[...]

39
1645 XI 3
Freitag Vorantwort der Schweden auf die ksl. Responsion

40
Anlage 149: Schwedische Vorantwort auf die ksl. Responsion 1645 X 20/30 (Druck:
41
J. G. Meiern II S. 11 ff).
.

[p. 308] [scan. 358]


1
1645 XI 4
Samstag Kurfürsten- und Fürstenrat . – Vor der Sitzung
2
Buschmann bei Volmar. Bitte um Information über die Haltung des Kai-
3
sers
zu der heute anstehenden Frage der Pässe für Mediatstädte und Unter-
4
tanen
. Volmar: Außer der Responsion liegt kein besonderer Befehl vor;
5
aus ihr ergibt sich, daß dem Kaiser, wan sich darahn die tractatus stoßen oder
6
aufhalten solten, nicht zuwieder, daß die mediati, welche sich bey diesem
7
werck in specie interessirt halten mochten, hieher verglaithet wurden [...].
8
Daß man nun aber von solcher in responsionibus begriffenen erklehrung
9
abweichen solt, wiße er nicht zu rathen, hingegen wurde sich auch nicht
10
thun laßen, der frembden cronen petitum simpliciter zu verwaigern, weylen
11
zu besorgen, daß sie dadurch anlaß zu aufhebung der tractaten suchen und
12
nehmen und bey vielen stenden darin beyfall finden werden. Wan aber ein
13
mittlerer weg zu treffen, were wol nit undienlich, [...] wan den Schweden
14
ahn hand mochte gegeben werden, daß sie diejenige, welche sie zu den trac-
15
taten verglaitthet haben wollen, vermog der Kayserlichen erklehrung iezt
16
zu benennen, yedoch die hand eben nicht gebunden sein solt, hernegst,
17
wan sich andere mehr angeben, solche gleichergestalt namhafft zu machen.

18
Nach der Umfrage im Kurfürstenrat Gespräch Buschmanns mit Wittgen-
19
stein

39
In Münster 1645 X 30–XI 9.
. Dieser skeptisch über den Erfolg der jetzt publizierten Amnestie

40
Aufhebung des effectus suspensivus der durch ksl. Edikt 1641 VIII 20 publizierten, mit
41
dem Stand von 1627 für geistliche und 1630 für weltliche Güter am Prager Frieden
42
orientierten Generalamnestie (vgl. K. Bierther S. 145ff) durch ksl. Edikt 1645 X 10
43
(Druck: J. G. Meiern II S. 4 ff); vgl. APW III A 1,1 S. 381ff.
,
20
weylen darinnen nicht nur nachdenckliche clausuln befindlich, sondern
21
auch auf die Regenspurgische amnistiam de anno 1641 sich beziehe, in wel-
22
cher ebensoviel limitationes und restrictiones beschehen, daß dadurch der
23
zweck nicht werde erreicht werden [...]. Wie das gold, wan es nicht pur, zu
24
der medicin nicht dienlich, also wurde auch solche unlauttere amnisti zum
25
frieden wenig ersprießlich sein. Wie dan auch diejenige, denen von ihren
26
abgenommenen land und guttern noch etwas ermanglet, nimmer under-
27
laßen wurden, wo sie nur konden und mochten, sich anzuhencken und
28
dadurch diese motus zu underhalten, auch wol newe zu erwecken, dahero
29
ihnen beduncke, einen noch viel bluttigeren krieg, alß yemalen geweßen,
30
vor augen zu sehen. Als Satisfaktion fordert Schweden nun ganz Vor-
31
pommern
, wofür es Brandenburg andere Länder verschaffen will. Der
32
canzler Buschmann andwort ridendo, ob sie dan Seiner Churfürstlichen
33
Durchlaucht Ingermanland oder Carellen oder ein andere provinz in
34
Schweden dafur abtretten wolten. Replicirte der graff von Wittgen-
35
stein, dafur wollen die Schweden die herren catholische sorgen laßen, sie
36
Churbrandenburgische wurden aber soviel dagegen wehren helffen alß
37
muglich.

[p. 309] [scan. 359]


1
1645 XI 5
Sonntag Mitteilung an Chigi, Nassau und die Bayern, daß
2
W angesichts des Stockens der Verhandlungen in der Admissionsfrage
3
für einige Tage in das Stift Osnabrück reisen will. Chigi: Klagen, daß
4
noch immer so wenig geistliche Stände erschienen sind. Antwort: W hat
5
verschiedene oberdeutsche Bischöfe zur Abschickung erinnert, auch von
6
einigen daraufhin Kommission erhalten

38
Bis Anfang November 1645 war W von Augsburg, Eichstätt, Regensburg und dem
39
Landgrafen von Leuchtenberg beauftragt worden; bis Ende 1645 kamen Chur und Ell-
40
wangen hinzu.
. Seine und die Kölner Vertreter
7
sind zur Abreise nach Osnabrück bereit, man wartet nur, daß Österreich
8
dort das Direktorium übernimmt, da man sich dem Magdeburger Direkto-
9
rium
katholischerseits nicht fügen kann. Chigi etwas vehement, daß ja
10
nicht zu dulden, daß wegen eines privati suchenden commoditet das ganze
11
catholische und reichswesen in gefahr kommen solte, deponendam et remit-
12
tendam potius esse personam talem [...]. Er begreiffe das praeiudicium mit
13
der Magdenburgischen session ye lenger ye mehr, und wurde beßer zehen
14
dergleichen alß Hessen Cassel alß einem Magdeburgischen die session zu
15
gestatten sein, zumalen dieses allein disreputirlich, jenes aber nebenst die-
16
sem hochstgefehrlich und von sehr schädlicher böser consequenz sey, worin
17
ihn ein Verzeichnis aller Stände, die wie Magdeburg die Session fordern
18
könnten, bestärkt. Er will mit Contarini reden und, wan alle dieße exclusi
19
votum erlangen solten, damnum ecclesiae zu demonstriren nicht under-
20
laßen. Ws Vertreter erinnert an die Bedeutung der Stadt Köln als
21
katholisches Direktorium im Städterat und dankt für die von Chigi über-
22
nommene
Erinnerung an die Stadt. Auf seine Bitte will Chigi auch an
23
Aachen schreiben, mit anerpiethen, daß I. H. G. in dießem und dergleichen,
24
was sie nur ihme ahn hand geben wurden, er gern assistiren und, was er nur
25
vermöchte, dem gemeinen und sonderlich religionweßen zum besten mit
26
beytragen helffen wolte. – Deputation der Reichsstände bei den Ksl. . –
27
[...] – Abreise Ws.

28
1645 XI 6
Montag Fürstenrat. – [...]

29
1645 XI 7
Dienstag Buschmann bei Burkhardt. Dieser erklärt, er
30
habe in Voraussicht der Schwierigkeiten die Magdeburger Abschickung
31
mit besturzung und leidweesen vernommen; da sich nun die Kronen der
32
Sache annehmen, sieht er kein Mittel, als daß die Katholiken mit anerpotte-
33
nem reverß sich dißmal contentiren möchten. Eile ist nötig, da die Osna-
34
brücker
Stände mit Übersendung ihrer Stellungnahme zur ksl. Responsion
35
teilweise nicht länger warten und den Katholiken anheimstellen wollen, ob
36
und was sie ihrestheilß von sich geben. So wurde es zue einer offentlichen
37
separation under den stenden beyderley religion außschlagen, die ihm sei-

[p. 310] [scan. 360]


1
nestheylß grause, wan er ahn solche Separation gedencke, alß darauß
2
anderß nichts dan uberauß schadliche consequentzien erfolgen konnen, und
3
würde, si semel alea iacta fuerit, so leichtlich nicht wieder zu ändern sein.
4
Unzufriedenheit mit der Amnestie wegen des Vorbehalts für die interessier-
5
ten
Stände. Klage über bayerische Einquartierungen in Württemberg.

6
1645 XI 8
Mittwoch Buschmann bei Vulteius/Krosigk. Auf die Be-
7
schwerde
über den Ausschluß Hessens von den Beratungen: Da sie sich zur
8
Partei gemacht und in der französischen Proposition eine Satisfaktion ver-
9
langt
haben, werde ihnen ia nicht wol anstehen, selbsten auch ihr votum
10
darueber abzugeben. Hierauf replicirten, daß wan solcher punct vor-
11
kehme, sie alßdan gern abstehen wolten. Waruber man dan von der satis-
12
faction selbst zu reden angefangen, und haben sie dafur gehalten, daß ein-
13
mal ein vergebliche hoffnung sey, der Franzosen und Schweden also ledig-
14
lich et sine satisfactione per tractatus loßzuwerden, das werck aber ferner
15
auß dem krieg, wan schon alle stend im reich undereinander eins, zu er-
16
sezen, werde billich auch bedencklich und in erwegung des großen vor-
17
theylß, so die cronen im reich haben, nit ohne gefahr sein. Marburger
18
Sache

35
Im Streit um die Erbschaft Lgf. Ludwigs III. von Marburg (1537–1604) war durch
36
Reichshofratsurteil 1623 IV 11 wegen Verletzung der testamentarischen Bestimmungen
37
über Aufrechterhaltung der Augsburger Konfession die bisher von Moritz von Kassel
38
(1572–1632; Lgf. 1592–1627) innegehabte Hälfte samt den Nutzungen seinem Vetter
39
Ludwig V. von Darmstadt (1577–1626) zugesprochen worden. Bei der Übergabe des
40
Marburger Anteils 1624 und der durch Vergleich über die finanziellen Forderungen 1627
41
erfolgten Abtretung weiterer Gebiete an Darmstadt war Kurköln als ksl. Kommissar
42
beteiligt gewesen.
; da ohne rechtliches Gehör gegen Kassel entschieden worden ist,
19
muß ihnen bei den Verhandlungen Recht geschaffen werden, oder sie wer-
20
den
es durch die Waffen suchen. Andeutung, Kurköln habe sich in die
21
Sache verwickeln lassen. Buschmann: Köln ist als benachbarter Kur-
22
fürst
lediglich dem ksl. Befehl auf Durchführung des Urteils nachgekom-
23
men
und hat für sich dabei weder nuz noch schaden zu gewartten gehabt.
24
Im übrigen handelt es sich um eine innere Angelegenheit des Hauses Hes-
25
sen
, mit der man hoffentlich nicht die Friedensverhandlungen aufhalten
26
werde. Hessen: Mit dem Urteil ist die Exekution nichtig, an die bisheri-
27
gen
Abmachungen kann Kassel sich als vi et metu extortae nicht binden
28
lassen. Wan man auch hier de depositione armorum reden wolt, würde man
29
de compositione huius causae, ohn welche sie zu jenem schwerlich würden
30
verstehen konnen, zugleich mit handlen müßen. Sie haben auch der iezt
31
publicirten amnesti meldung gethan und fast ein gespött darauß getrieben,
32
daß selbige abermaln mit gefehrlichen clausulen involvirt, womit aber dem
33
werck nit geholffen sein würde, sondern noch anderst dazu gethan werden
34
müste. – [...]

[p. 311] [scan. 361]


1
1645 XI 9
Donnerstag [...] – Buschmann bei Richtersberger

35
Dr. Leonhard Richtersberger, niederösterreichischer Regimentsrat, mit Wolkenstein
36
gekommen, reiste zur Wahrnehmung des österreichischen Fürstenratsdirektoriums am
37
9. November nach Osnabrück.
. Dieser
2
erklärt, seine Abreise nach Osnabrück beruhe auf keinem neuen Befehl; er
3
wolle sehen, wie die sachen sich alldort anließen, und weyln er nicht dafur
4
hielte, daß man sogleich zusammenzukommen, so wolt er bey den visiten
5
und sonsten die gemütther scrutiren und nach befinden die sachen anstellen.

6
Trierer bei Reck/Buschmann. Auf Befehl des Kurfürsten sollen sie die
7
Kölner auffordern, mit ihnen zusammen bei den Ksl. wegen Übergabe
8
Ehrenbreitsteins an Kurtrier vorstellig zu werden

38
Mit Anlage 150–151: Kurtrier an Kurbayern 1645 X 28; 2 Extrakte.
, nachdem Kurköln ihnen
9
erklärt hat, er könne angesichts der ksl.-trierischen Abmachungen nicht von
10
sich über die Festung verfügen

39
Der französische Kommandant Saludie hatte 1637 unter der Bedingung kapituliert, daß
40
Kurköln Ehrenbreitstein als Depositum annehme und nur dem Kurfürsten von Trier
41
oder dessen Nachfolger ausliefere (vgl. H. Lahrkamp, Werth S. 66ff). Durch die von
42
Kurtrier bei seiner Freilassung aus ksl. Haft eingegangenen Bedingungen war nach
43
Kölner Auffassung diese Voraussetzung geändert.
. Reck/Buschmann: Wollen Weisungen
11
einholen, wisten aber sonsten wol, daß Ihre Churfürstliche Durchlaucht von
12
dieser vestung anderst nichts alß nur mühe, sorge und verdruß gehabt und
13
zweifelßohn dieselbe yedeßmals, wan Ihre Majestät nur den geringsten
14
wunck geben und dan Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht landen darauß
15
ohne gefahr und uberlast sein, gern wieder abtretten werden.

16
[...]

17
1645 XI 11
Samstag Oelhafen

44
In Münster seit 1645 XI 8.
bei Buschmann: Die Osnabrücker
18
Stände haben ihn ersucht, zur Beilegung des Admissionsstreites zu mahnen;
19
andernfalls werde es zur Trennung der Stände kommen, nachdem die
20
Expedition des Bedenkens zur ksl. Responsion bisher von solchen, qui mitioris
21
sunt consilii, verhindert worden ist, damit vermittelst der vorhin schon be-
22
liebsten mixtur der catholischen und Augspurgischen confessionsverwand-
23
ten ahn beyden orthen communicato consilio das werck angegriffen und
24
also under den stenden beßere einigkeit erhalten werden möcht. Er kondt in
25
vertrawen nicht verhalten, daß viel under ermelten stenden, welche solche
26
separation nicht hoch achten und fast darauf tringen thetten, under dem
27
vorwand, daß ohnedas bey abhandlung der gravaminum man ex natura rel
28
in partes tretten müste, solche gravamina aber den maisten theyl der ubri-
29
gen materiae propositionis ahn sich ziehen thetten. Er aber seinestheylß
30
hette ein abschew davon, wol erachtend, was solches fur ein grundstein zu
31
verbitterung der gemutther und genzlicher divulsion legen werde. 2. Da die
32
Behandlung der Gravamina unvermeidlich ist, mögen die Katholiken auch
33
zur Zeitersparnis ihre Meinung schon zu Papier bringen. 3. Da die Schwe-
34
den
vor Bewilligung des Geleits für die Mediatstände nicht verhandeln

[p. 312] [scan. 362]


1
wollen, muß bei den Ksl. auf eine Resolution gedrungen werden. Busch-
2
mann
: Wie ungutlich nicht nur den catholischen, daß man in ipso limine in
3
die admission wieder das herkommen abnöttigen wolle, sondern auch dem
4
gemeinen weesen gar schädlich darahn geschehe, daß dadurch die gemeine
5
friedenshandlung prolongirt. Es stunde aber doch deßen uneracht zu hof-
6
fen, daß man sich eines mittelß darin werde vergleichen konnen, und also
7
eine unnoth sein, daßwegen zu einer separation sich zu erklehren [...]. Den
8
punctum gravaminum aber betreffend, wurde seines ermessens die schrifft-
9
wechßlung zu nichts anderß alß weitterung dienen; die fundamenta utrius-
10
que partis weren vorhin gnugsamb bekandt, es wurde aber vornemblich
11
darahn liegen, daß man annehmbliche media compositionis treffen kondte.
12
Wegen der Mediatstände ist ein Kompromiß vorgeschlagen, den die Ksl.
13
den Schweden mitteilen werden und mit dem diese vermutlich zufrieden
14
sind . Oelhafen: Daß mit den beyden letztern ers dahingestelt sein ließe,
15
des ersten halber aber werde das werck vornehmblich in celeritate bestehen,
16
dan nit allein die stend zu Oßnabruck fast mit ungedult auf die erklehrung
17
wartten, auch bey lengerem verzug besorglich von der schon weitt gelang-
18
ten resolution ferner nit zu divertiren sein, sondern habe es das ansehen,
19
daß die Schwedische darumb ihre herueberkunfft (bey welcher sie sich mit
20
den Franzosen zu vergleichung der replic auf die Kayserliche responsion
21
veranlast) bißherzu außgestelt. Bei längerem Zögern können sich weitere
22
Administratoren angeben und die Kronen die bisher auf Magdeburg be-
23
schränkte
Admission auch für diese fordern. Buschmann: Was die
24
frembde cronen und daß den stenden zu Oßnabruck die hand gleichsamb
25
gebunden belanget, leichtlich zu gedenken were, daß selbige sich dieser sach
26
nur darumb angenommen, weyln sie verspuhrt, daß ihnen dieselbe zu
27
underhaltung der dissidiorum under den stenden nuzlich, solche dissidia
28
aber das einzige nutrimentum und substantz ihrer waffen werden. Wan
29
aber Magdeburg und andere zu Oßnabruck anwesende stende von dießem
30
unbillichen anmutthen ultro abstehen, wurden sie von den Schweden zu
31
erscheinen nicht genöttiget werden konnen. Betreffend die befahrende Sepa-
32
ration der stende, werde den Augspurgischen confessionsverwandten da-
33
durch ebensowenig nuzens alß den catholischen endstehen, weylen darmit
34
beyden cronen Franckreich und Schweden nur ein gutes spiel gemacht
35
wurde, die sich aber des praetextus libertatis lenger nit, alß biß sie ganz
36
meister sein, bediehnen werden, und demnegst in gleichmeßiger gefahr be-
37
griffene undertrucken. Er andworttete quoad 1., daß wan die Magde-
38
burgische selbsten pure abstehen und favori suo ultro renunciirten, er wol
39
glaub, daß alßdan die Schweden sich ihrer nit wurden annehmen, wozu
40
aber die Magdeburgische nit zu pringen weren. Quoad 2. erkendte er selbst
41
wol, daß die separatio keinem theyl nuzlich sein werde, dahero er selbe
42
desto lieber verhuttet sehen wolt, es seyen aber auch andere stend, sonder-

[p. 313] [scan. 363]


1
lich die Niedersachsische, welche die gefahr so hoch nicht apprehendirten.
2
Hierneben hat er angedeuttet, daß obwoln von dem Osterreicnischen direc-
3
torio iezo der Doctor Richtersperger nacher Oßnabruh sich begebe, so wur-
4
den doch dadurch die consultationes in kein andern stand gebracht werden
5
konnen, dan die Oßnabruckische alberait simpliciter under einander ge-
6
schlossen, daß ehe und bevor die Magdeburg unnd Hessen Casselische ses-
7
sion zur richtigkeit kommen, sie aut ansagen der Osterreichischen zu rhat
8
nicht erscheinen wolten. Und werde also bemelter Dr. Rittersperger, wan er
9
dieserthalb die resolution nit mit hinuberpring, doch keinen nuzen schaffen
10
konnen, alß etwa das werck durch gute vertrostung ad partem bey einem
11
und andern dahin zue underbawen, daß die resolution ratione separationis
12
vermitten pleibe.

13
1645 XI 12
Sonntag Reck/Buschmann bei Longueville. Kurkölnische
14
Weintransporte durch das Gebiet der französischen Armee. Auf den Vor-
15
wurf
, mit der Admissionsfrage verzögere man die Verhandlungen, geben
16
die Kölner zu bedenken, obs catholischenseithen also leicht fallen wolt, den
17
Magdeburgischen die session zu verstatten, da sie solches von anfang der
18
religionsänderung bißherzu zu suchen ihnen nit hetten einbilden dorffen,
19
und hetten die catholische vielmehr die hoffnung gehabt, daß die cron
20
Franckreich hierin denselben balder die hand biethen alß wieder sie streben
21
wurd. Gestalt dan dieses ein sach, darin Ihre Churfürstliche Durchlaucht
22
zu Collen noch einiger anderer catholischer furst im reich mehr alß die cron
23
Franckreich oder einiger ander außwertiger catholischer potentat nit inter-
24
essirt [...] und also hierunder kein anderß interesse alß solius religionis
25
versire, welches aber billich der cron Franckreich mit anderen catholischen
26
gemein sein solt. Longueville: 1. Der jetzige Kongreß kein Reichstag;
27
2. den Katholiken wird nichts genommen, durch den Revers ihr Rechts-
28
standpunkt
sogar grundsätzlich anerkannt. Wan man alhie von anfang das
29
werck mit den Hessen Casselischen so starck nit geeiffert hette, würden sie
30
Franzosische kein ursach gehabt haben, sich der Magdeburgischen anzuneh-
31
men, nun hetten sie aber zu erhaltung ihres intents mit den Schwedischen
32
sich verbinden müßen, ihnen auch der Magdeburgischen halber die hand zu
33
biethen. Er hette nun fast in allen sachen wargenommen, daß man disseits
34
die resolutiones yedeßmals alßdan erst faße und von sich geb, wans nicht
35
mehr zeit seye. Dafern noch zue dem werck in zeiten gethan, und ein end
36
auß diesem streitt gemacht, wie es dan einmal sein muß, auch sie nicht wei-
37
chen konden oder wolten, so würde noch zu verhütten stehen, wie er dan
38
seinestheyls sich dafur verpflicht, daß außer der Magdeburgischen von den
39
ubrigen inhabern der stiffter keiner mehr admittirt werden sol. Dafern man
40
aber das werck noch lenger verschiebe, und andere sich auch angeben oder
41
eintringen wurden, hette man leichtlich zu gedencken, daß es mit deren
42
wiederhienaußweisung ebenso schwer alß mit der Magdeburgischen her-
43
gehen werde. Der Kaiser soll an Kursachsen und den Administrator ge-

[p. 314] [scan. 364]


1
schrieben
haben

43
Vgl. unten S. 315 Anm. 1.
, doch besagt des ersteren Antwort wenig, und wenn der
2
Administrator verzichtet, werden die Schweden, weyl sie nun einmal die
3
hand angeschlagen und die zuruckstellung fur ein schimpf achten, ahn
4
deren stell yemandt anderst intrudiren und dabey handhaben [...]. Er ver-
5
nemme zwar, daß yemandts von Osterreichischen hienuber nacher Oßna-
6
bruck verraist, konne aber versichern, daß man dißelben auf ebensolche
7
weiß, wie alhie den Hessen Casselischen geschehe, werde müßig sitzen
8
laßen. Dem Hause Österreich sei umb den frieden kein ernst sondern nur
9
division zu machen. Nachdem Frankreich nur gemeinsam mit den General-
10
staaten
mit den Spaniern verhandeln wollte, haben diese den Staaten Son-
11
derverhandlungen
unter sehr günstigen Bedingungen nahegelegt und Ora-
12
nien
das Herzogtum Geldern geboten, sind aber nach Münster verwiesen
13
worden. Kölner: Daß ye numehr die fortsezung der tractaten ahn nie-
14
mandts als ihnen den Franzosischen hafften könd, weylen Ihre Majestät
15
sich uber alle puncten cathegorice erklehrt und die replica bey ihnen be-
16
stünde. Longueville: Daß das werck so schleunig sich nit thun laßen
17
wolt, die Kayserlichen hetten auch bedenkzeit gnug genohmen, und musten
18
sie erst mit den Schwedischen daruber mehrers vernehmen, deren sie dan zu
19
solchem end ehestens alhie gewerttig. Die Kayserliche responsion finden sie
20
Franzosische sonsten so bewandt, daß solche mehr anzeig zum newen krieg
21
alß zum bestendigen frieden gebe, weylen Ihre Majestät sich der Spani-
22
schen sachen darin nit abthun, auch den herzogen von Lottringen mit ein-
23
geschloßen haben wollen. Hierauf ist replicirt, daß Ihre Majestät sich
24
der Spanischen sach wieder Franckreich anderst und weitter, alß sie Fran-
25
zosen anderer außwerttiger cronen oder regenten wieder das reich, nicht
26
annehmen wurden, sondern nur begern, daß alles da pari gehen möcht. Mit
27
Lottringen aber sey es ye die hochste billichkeit, daß Ihre Majestät fur den-
28
selben spreche, weylen er occasio auxiliorum [!], die er Ihr Majestät und dem
29
reich gelaist, von seinen landen vertrieben. Und wurden die herren Franzo-
30
sische solches umb sovil weniger befrembden konnen, weylen sie sich ihrer
31
alliirten in allen stucken so starck und eiffrig annehmen, ihre proposition
32
auch selbsten mit sich pringe, daß alles in den stand worin es anno 1618 ge-
33
weßen, wieder gesezt werden solt. Hierauf hatt er zwar des ersten
34
puncten halber nichts gesagt, sich aber starck auf das Lottringische wesen
35
gelegt, vermainent, daß ratio disparitatis darin bestunde, daß erstlich der
36
Lottringische krieg aus einem andern grund herruhre, und dan 2. Lottrin-
37
gen sich mit Franckreich per transactionem iuratam verglichen hab

44
Zuletzt im Vertrag von Paris 1641 III 29, vgl. oben [S. 16 Anm. 4] .
, welche
38
er hernacher nach seinem eigenen sinn wieder gebrochen. Es ist ihm
39
aber darauff geandworttet worden, daß sich kein andere causa belli quam
40
quod partes Caesaris amplexus fuerit befinde, die transaction aber auch
41
auß ihr der Franzosischen eigen argumentis kein bestand haben wurde,
42
weyln sie sich befleißen, ebendergleichen sachen, so im reich schon lengst

[p. 315] [scan. 365]


1
sopirt, wieder hier auf die bahn zu pringen. Wie man dan in specie verneh-
2
men, daß die zwischen beyden Hessen Cassel und Darmstettischen linien
3
abgeurtheylte und hernegst durch uberaus starcke transactiones verglichene
4
sachen wieder von newem ad compositionem gezogen werden wolten.
5
Nochmalige Bitte um Unterstützung der katholischen Interessen. Wel-
6
ches er zwar versprochen, nichtsdestoweniger aber doch die erinnerung mit
7
einlauffen laßen, daß dem hauß Osterreich umb die religion nicht allemal
8
so starck, als der praetextus mit sich pring, zu thun seye, zumalen bekand,
9
daß die Augspurgische confession a Carolo V. nur zu dem end zugelaßen
10
worden, daß wieder die cron Franckreich der krieg desto hefftiger fort-
11
gesezt werden konnen. So man doch ex hac parte wieder invertirt und
12
dafur gehalten, daß eben darumb, weyl die cron Franckreich sich damals
13
der protestirenden angenommen und wieder den Kayser den krieg anfan-
14
gen, man zu dergleichen einwilligung genottigt worden. – [...]

15
1645 XI 13
Montag Buschmann bei den Bayern: Da Kronen und Pro-
16
testanten
so stark auf der Magdeburger Session bestehen, ist Kurköln der
17
Meinung, daß man auß der noth endlich wol eine tugend mach und ex
18
pluribus malis minus werde erwehlen müßen. Wobey man sich doch gleich-
19
wol durch ein wolverfasten bundigen reverß gegen kunfftige schadliche
20
nachfolg aufs beste zu versichern und in acht zu nehmen hette. Hierüber
21
sollen die Kölner mit den Bayern und dann den übrigen Katholiken spre-
22
chen
. Bericht über die Gespräche mit Longueville und Oelhafen. Bay-
23
ern
: Ihre Befehle lauten noch, auf der exclusion zu bestehen, deme sie dan
24
ihrestheyls inhaeriren musten, andern stenden aber dasjenig, was sie gutt-
25
befinden, zue eroffnen nicht benehmen könden. – Protokolle und ksl.
26
Schreiben an Kursachsen und Magdeburg

41
Anlage 152–154: Protokollextrakt der ksl.-mainzischen Konferenz 1645 XI 9 betr.
42
Admissionsfrage; Protokoll der Mainzer in Osnabrück 1645 XI 11, 12; Kaiser an Kur-
43
sachsen 1645 X 23, Kaiser an Administrator von Magdeburg 1645 X 23.
.

27
1645 XI 15
Mittwoch Gobelius und Buschmann bei den Kapuzinern:
28
Bamberg hat befohlen, gegen den angebotenen Revers die Magdeburger
29
Admission zuzulassen, damit die Verhandlungen nicht weiter verzögert
30
werden. Oelhafen ist hauptsächlich deshalb nach Münster gekommen, um
31
mit Württemberg und Kulmbach den Osnabrücker Aufsatz über die Propo-
32
sitionen der Kronen und die ksl. Responsion zu besprechen.

33
Köberlin bei Buschmann: Burkhardt hat Befehl erhalten, zu den übrigen
34
Protestanten nach Osnabrück zu gehen, da beim Stocken der Verhandlun-
35
gen
seine Anwesenheit in Münster nutzlos sei. Burkhardt, der die Separa-
36
tion der stend in summo horrore hette und biß dato, soviel er Köberle ver-
37
mercken konnen, sein absehen dahin noch alzeit gerichtet gehalten, daß die
38
harmonia imperii conservirt pleiben möcht, were nicht bedacht, auf solchen
39
befehl sogleich fortzuraisen, sondern wolle zunächst die Gegenargumente
40
berichten. Köberlin meint, man müsse in der Magdeburger Sache schnell zu

[p. 316] [scan. 366]


1
einem Ende kommen, da sonst weder der Revers noch der Ausschluß weite-
2
rer
Administratoren zu erhalten sei. Die Katholiken müßten sich auf die
3
Gravamina vorbereiten, zumal die Protestanten ihre Bedenken dazu schon
4
fertiggestellt haben sollen. Buschmann: Daß diß lezter ein vernunfftige
5
erinnerung sey und er nit underlaßen wolte, dienlicher orthen davon erweh-
6
nung zu thuen. Die admission aber belangt, hetten Ihre Churfürstliche
7
Durchlaucht zu Collen sie dero gesandten befelcht, mit den ubrigen catho-
8
lischen abgesanden vertrewlich zu communiciren und von denselben zu ver-
9
nehmen, was sie allerseiz in befelch haben, sonderlich aber, ob sie vermai-
10
nen, daß sine praeiudicio religionis catholicae diß anmutthen gewilligt wer-
11
den kann, wozu sie die Rückkehr Ws abwarten müssen. – [...]

12
1645 XI 16
Donnerstag Konferenz der katholischen Stände .
13
[...]

14
1645 XI 18
Samstag Mitteilung der Mainzer: Schreiben des Kaisers an
15
Gesandte in Münster

39
Anlage 156 (Extraktschreiben Kaiser an ksl. Gesandte Münster): fehlt.
. – Auf die Nachricht, daß in der Admissionsfrage
16
ein endgültiger Beschluß gefaßt werden soll, kehrt W von Wiedenbrück
17
zurück. Festlegung des Kölner Votums.

18
1645 XI 19
Sonntag Konferenz der katholischen Stände . Mitteilung
19
des Beschlusses an die Ksl .

20
Mitteilung an Chigi: Heutiger Beschluß. Chigi begrüßt die dabei gemachten
21
Vorbehalte und rät, auf die von den Franzosen schon vorher angebotene
22
Versicherung zu dringen, daß keine weiteren Administratoren zugelassen
23
werden sollen. Die Mediatoren wollen nun auf den sofortigen Beginn der
24
eigentlichen Verhandlungen dringen. Er hat an Aachen geschrieben und
25
von der Stadt Köln die Zusage der baldigen Schickung erhalten, wobei sie
26
sich über das Straßburger Direktorium beklagt hat, das jedoch durch ihr
27
Säumen verschuldet worden ist. – [...]

28
1645 XI 20
Montag [...] – Bayern bei W. Proposition im Auftrag des
29
Kurfürsten: 1. Admissionsfrage, 2. Schreiben Kurbayern an Kaiser 1645 X
30
29 wegen der gefährlichen militärischen Lage. 3. Gegen Behandlung der
31
Pfälzer Frage in Osnabrück. 4. Da Trauttmansdorff die Schweden in
32
Osnabrück besuchen wird, sollen die Kurfürstlichen nach Versicherung
33
wegen des Zeremoniells desgleichen tun. 5. Anfrage wegen des von den
34
Franzosen an Kurtrier geschickten Unterhändlers. W: 1. Da Kronen und
35
Protestanten sich nicht von ihrer Forderung abbringen ließen, hat man zur
36
Vermeidung der Spaltung der Stände das geringere Übel wählen müssen,
37
zumal einige Katholiken dazu ausdrücklich instruiert waren. Der Kurfürst

[p. 317] [scan. 367]


1
wird hoffentlich die Notwendigkeit einsehen, nachdem er selbst, daß man
2
omnibus modis frieden machen solt, erinnert hat. Noch Schwierigkeiten
3
wegen des Reverses zu erwarten. 2. Dank für die Mitteilung. 3. Angesichts
4
des protestantischen Drängens wird die Sache wohl behandelt werden
5
müssen, und zu fall die beraiz in so weith formirte Separation statuum inter
6
se durch nachgebung der admission des Magdeburgischen nicht wurde ver-
7
hindert werden konnen, seyen deretwegen von den uncatholischen gefehr-
8
liche sachen zu besorgen [...]. 4. Einziges Bedenken gegen die Besuche, daß
9
Oxenstierna in seinem Hause die Präzedenz nicht zugestehen will; man will
10
sich bei den Ksl. erkundigen, die gestern bei Salvius

43
In Münster 1645 XI 16–26.
waren. 5. Auf Begeh-
11
ren
Chigis soll Kurtrier vor Verletzung des mit dem Kaiser geschlossenen
12
Vergleichs gewarnt werden; ob noch andere Aufträge vorliegen, ist unbe-
13
kannt
.

14
Bericht Buschmanns: Burkhardt hat sich bei ihm 1. über das Conclusum in
15
der Admissionsfrage beschwert; die größte Schwierigkeit wird machen,
16
daß der Administrator als Fürst des Hauses Sachsen aufgerufen werden
17
soll, was dieser als Verzicht auf seine Ansprüche nie eingehen wird. 2.
18
Baden-Durlach und Nassau-Saarbrücken sollen sich im Gegensatz zu
19
Kassel vorher dem Kaiser unterwerfen und den Prager Frieden annehmen;
20
Bedenken, weil der Frieden lapis offensionis und die cronen hierzu ihre pro-
21
curatores nicht werden sein wollen, zumaln auch derselbe von theyls sten-
22
den limitato modo, von theyls aber garnicht acceptirt, die coronen auch
23
solchen selbst noch impugnieren, und werde sich bey den tractaten schon
24
zeigen, ob dieser Prager schluß ex toto vel parte in esse pleiben soll oder
25
nicht. Oblgleich von den Kayserlichen die interpretation beschehen, selbi-
26
gen nur so weith, alß er bey den tractaten unverandert gelaßen wurde, an-
27
zunehmen, so sey es doch ein vergebliches begehren, und werde derselb
28
schon hernegst, wan der fried geschlossen, in dem stand, wie er gelaßen,
29
von yedem acceptirt werden müßen. [...]

30
Nassau bei W. W: Beschwerde Burkhardts; Versicherung, daß es die mai-
31
nung nit gehabt, daß die praecavirung im receß exprimirt werden solt, son-
32
dern daß es das Osterreichische directorium beym auffruffen beobachten
33
möcht, erinnert worden. So seye auch beym zweytten die restrictio auf den
34
Prager frieden nit gemacht, inmaßen dan die Wirttenbergischen gegen ein
35
und anderß movirte rationes nit unerheblich. Nassau: Sie haben den
36
Protestanten heute das Conclusum mitgeteilt und wol mit verwundern ver-
37
merckt, daß sie darahn kein volliges begnugen gehabt. Hingegen haben die
38
Hessen sich zufrieden gezeigt. Beschwerde von Kulmbach/Württemberg/
39
Nürnberg bei den Mainzern über das Conclusum [...] . Besuch der Ksl. bei
40
Salvius (vgl. APW III C 2,1 S. 477ff).

41
Anfrage bei den Mainzern: Schwedisches Besuchszeremoniell. Antwort:
42
In Osnabrück haben die Schweden ihnen nur im Gehen den Vorrang gelassen.

[p. 318] [scan. 368]


1
Protestantische Proteste gegen Conclusum. [...] Pfälzer Protest; nach ihrer
2
Meinung werden dieser und andere Proteste von ihnen am besten einfach
3
angenommen und zum Archiv gegeben, aber nicht zur Diktatur gebracht.

4
Anfrage bei Nassau: Schwedisches Besuchszeremoniell; Bitte um Unterstüt-
5
zung bei den Kronen, daß nach Beilegung der Admissionsfrage mit den
6
eigentlichen Verhandlungen begonnen wird. [...].

7
1645 XI 21
Dienstag Mitteilung von Gobelius: Mit den hiesigen Pro-
8
testanten verglichenes Konzept des Magdeburger Reverses, das mit einigen
9
Korrekturen zur offiziellen Eingabe über das Mainzer Direktorium zurück-
10
gestellt wird

38
Anlage 157: Münsterische Fassung des Magdeburger Reverses (Druck [ lückenhaft]:
39
J. G. Meiern II S. 73 f).
.

11
Schütz

40
Dr. Justus Sinoldtgen. Schütz (1592–1657), hessen-darmstädtischer Vizekanzler und
41
Gesandter; in Münster seit 1645 XI 8.
bei W. Bemühungen Hessen-Kassels, den Marburger Vergleich mit
12
Hilfe der Franzosen umzustoßen [...] . Da Schütz morgen nach Osna-
13
brück
will, um den Schweden seine Sache zu empfehlen, bittet W ihn, dort
14
auch für die Vereinigung der Stände zu wirken; Klagen über die mit der
15
Admissionsforderung vorgebrachte Separationsdrohung. Dieses hat der
16
abgesandter reassumirt und sich endschuldiget, daß er anfenglich, wie diese
17
sach zu Oßnabruck vorkommen, nicht dabeygesesen. Nachgehendts alß er
18
vermerckt, daß sie bey ihrer mainung unbeweglich bestünden, und es zu
19
einer separation under den stenden sich veranlast, hette er sowol mundlich
20
in loco alß auch von hier auß schrifftlich zu deroselben verhuttung erinne-
21
rung und respective reservation und protestation eingewendet. Sehe auch
22
nit, wie die conventiones allda under einem solchen directorio, so niemalen
23
erkendt worden, von den catholischen fur ein reichsconclusum werde wol-
24
len gehalten werden, seinestheylß werd er sich lieber hieher begeben, alß in
25
tali statu et discordia dortten zu verpleiben. Von seinem gnädigen fursten
26
und hern

42
Georg II. von Hessen-Darmstadt (1605–1661), Lgf. 1626.
sey er befelcht, absque respectu religionis darahn zu sein, daß
27
gutes vertrawen und einigkeit under den stenden gestifftet und erhalten
28
werde, deme er der schuldigkeit, alß ein getrewer diener und patriot werde
29
nachkommen.

30
1645 XI 22
Mittwoch Köberlin/Burkhardt bei W. Allerley discursus.
31
sus.

32
Mitteilung Nassaus: Trauttmansdorff will vor seinem Einzug einige Tage
33
in Wolbeck bleiben. W: Will sich wegen Beschaffenheit des Hauses
34
erkundigen.

35
1645 XI 23
Donnerstag Mitteilung an Merfeldt: Vorbereitungen in
36
Wolbeck. – Eltz bei W. Privatsachen.

37
[...]

[p. 319] [scan. 369]


1
1645 XI 26
Sonntag W bei Nassau. Admissionsfrage. Nassau: Die
2
Magdeburger erklären, lieber den Kongreß verlassen als den Revers in vor-
3
liegender
Form annehmen zu wollen. W: Daß doch dieser reverß von
4
den uncatholischen selbsten were offerirt und angepotten. Worauf er
5
der herr graff, daß, soviel er verstunde, wegen Magdeburg eben nichts
6
movirten, nur daß damit andern dergleichen stiffter inhabern sie nicht
7
praeiudiciren konden oder wolten. I. H. G.: Dieses möcht seine conside-
8
ration zwar haben, vermeinden aber, wan die durch den reverß suchende
9
assecuration von den coronen und andern protestirenden stenden gegeben,
10
daß man sich eben der Magdeburgischen so hoch nicht zue bekümmeren.
11
Werde dahinstehen, was fur eine schrifftliche erklehrung von Oßnabruck
12
kommen möge, darauf man sich alßdan diß orts haben vernehmen zu
13
laßen. Einmal aber konne weitters von seithen der protestirenden nichts
14
begert, weniger aber catholischentheylß bewilliget werden, sie auch andern-
15
falß ia nur gar zuviel würden zu verstehen geben, daß einigen rechten lust
16
zum frieden und fortsezung der tractaten nicht haben, sondern under die-
17
ßem continuierlichen praetendiren was anderß gesucht werde. Nassau:
18
Hessen-Kassel zufrieden, auch Durlach unterwirft sich, aus den Äußerun-
19
gen
von Salvius aber geht hervor, daß Schweden noch immer nach Pom-
20
mern
strebt. Auf den Einwurf, Brandenburg werde sich ohne Entschädi-
21
gung
nicht abweisen lassen, also zu wunschen, wan ein land zu finden, wel-
22
ches nullius were, habe er Salvius replicirt, daß fur Pommeren Churbran-
23
denburg ein stifft eingeraumbt werden muste, deme sich gleichwol die
24
Franzosen bißherzu opponiret, und ferner lachend subiungirt, daß woll
25
landschafften weren, so niemanden zugehörten, gleich die stiffter, welche
26
die catholische praetendirten und nit hetten, darahn aber die catholische
27
den uncatholischen nichts gestunden, also diese landen nullius weren. Und
28
habe doch auch Churbrandenburg Pomeren biß dato nit gehabt und nur ge-
29
dencken muste, alß wan die herzogen von Pomeren noch im leben. [...] Für
30
Hessen-Kassel forderte Salvius einige recompensa von geldt und assecuratio
31
etlicher plätz im stifft Paderborn und Munster pro pacis securitate sowie die
32
Rückgabe von Marburg. Die Pfälzer Erben müßten ihre Länder zurück-
33
erhalten
, wegen der Kur werde sich ein mittel per alternativam oder octa-
34
vum electoratum finden lassen. Dagegen meint Contarini, daß bei Rück-
35
gabe
des Landes die Kur uneingeschränkt bei Bayern bleiben könne. Die
36
Franzosen fordern das Elsaß, wie das Haus Österreich es besessen hat. Aus
37
den Religionsgravamina ist nach Salvius zu kommen, si catholici indulse-
38
rint, uti possidetis, ita possideatis, und daß solches aut nunc aut nunquam
39
geschehen muste. Auf den starken Widerspruch der Ksl. hat Salvius geant-
40
wortet
, daß man anfangs viel begehren muße, es werde sich bey der hand-
41
lung doch schon finden, wie mans in diesem oder jenem miteinander werde
42
eins sein und under sich vergleichen konnen. In den Erblanden müsse der
43
durch teuer erkaufte Privilegien gesicherte Religionsstand von 1618 wieder-

[p. 320] [scan. 370]


1
hergestellt
werden. Auf die Frage nach Trauttmansdorffs Einzug berichtet
2
Nassau, da die Spanier sich keinesfalls davon ausschließen lassen wollen,
3
habe man vorgeschlagen, daß er inkognito käme. – [...]

4
W bei den Mainzern. Nachdem Brömser die hiesige Resolution und den
5
Reversentwurf in Osnabrück mitgeteilt hat, erwarten sie das Ergebnis der
6
dortigen Beratungen. Mit W der Meinung, daß bei Weigerung Magdeburgs
7
genug sey, wan die cronen und ubrige protestirende die begerte assecuration
8
von sich geben. W: Drängen auf eine Deputation zur Zusammenstellung
9
der katholischen Gravimina. Die herren Churmainzische aber endt-
10
schuldigten sich mit den continuirlichen occupationibus [...], erpotten sich
11
aber doch, gegen morgen nachmittag zur abermaligen conferenz bey den
12
patribus cappucinis ansagen zu laßen. Da alßdan I. H. G. mainung nach
13
diese beyde puncta zu beobachten, 1. waß auf des gegentheylß gravamina, so
14
sich hernegst zeigen würde, zu andwortten, 2. wie man sich mit den disseit-
15
thigen gravaminibus also [...] gefast zu machen, damit keine mora den ca-
16
tholischen konne imputirt werden, wavon man iezo zue reden habe. Die
17
herren Churmainzische musten gestehen, daß die notturfft seye, die sachen
18
und wie oben gedacht vorzunehmen. Bitte um Unterlagen, da ihr Archiv
19
infolge der Kriegsereignisse zerstreut ist. Wegen der Pfälzer Protestation
20
haben sie Befehl erhalten, die Verantwortung nicht auf sich allein zu
21
nehmen, sondern die Sache im Kurfürstenrat zu proponieren. W: Daß
22
dieses certissima occasio sein werde, newe dissension und altercation im
23
churfürstlichen collegio zu erwecken und anzurichten, zumalen leicht zu er-
24
achten, daß die Churbrandenburgische allen dißseits pro non acceptatione
25
dieser protestationschrifft vorpringende rationes werden contradiciren und
26
selbige zu refutiren understehen, welches ein groß und weittlauffiges dispu-
27
tat veruhrsachen wirdt, und doch Churmainz den undanck, wie sie es nen-
28
neten, auff ein oder andern seitthen nicht endfliehen konnen. Denn wenn
29
etwa nach Abtritt Bayerns Brandenburg und Trier gegen Köln stehen, müsse
30
Mainz den Ausschlag geben und, wenn Brandenburg und Köln auch abtreten,
31
mit Trier allein entscheiden. Deshalb besser in alten terminis und bey dem-
32
jenigen, so vor diesem ebendergleichen protestation halber fur gutt gehal-
33
ten, ex parte des Churmainzischen directorii zue verbleiben. Zumindest die
34
Antwort auf das Schreiben Bayern an Mainz in dieser Sache abzuwarten,
35
was die Mainzer zusagen. Der Durlacher Gesandte

42
Johann Georg von Merkelbach (gest. 1680).
wollte bei ihnen seine
36
Vollmacht übergeben, die zurückgewiesen wurde, weil sie nur die Ein-
37
ladung
der Kronen und nicht die ksl. Berufung erwähnt. Da man sie auch
38
nicht provisorisch akzeptieren konnte, fragen die Mainzer, wie man sich in-
39
zwischen
bei den Sitzungen verhalten soll. W: Bis zum Eintreffen rich-
40
tiger
Vollmachten der Zutritt nicht zu gestatten, womit zu ihrer Beibrin-
41
gung
desto mehrers angetrieben wurde [...].

[p. 321] [scan. 371]


1
W bei den Bayern. Heutige Gespräche. Anregung Kurbayerns, obs nit bey
2
den Franzosen und Schweden zu richten, daß des Konigsmarcks und Wran-
3
gelß

40
Carl Gustav Wrangel (1613–1676), Gf. von Salmis, schwedischer Feldmarschall, als
41
Nachfolger Torstensons 1646–1648 Oberkommandierender der schwedischen Armee in
42
Deutschland.
vorhabende progressus und vornemblich hinaufmarche, alß welches
4
dem frieden verhinderlich, eingestelt pleiben möchten, daruber sie I. H. G.
5
gedancken und wie es ahn die ubrige catholische zu pringen, zu vernehmen
6
begert. W: Zweifel, wie diese von Churbayern so gutt und wol ge-
7
meinte intention (die hochstens zu wunschen were) zu erheben sein werde,
8
zumaln man weiß, daß weder die Franzosen noch Schweden biß daher uber
9
alle angewendte muhe und vielfaltiges sollicitiren in einigen anstand oder
10
moderation der waffen niemalen gehelen wollen und alleweyl auf diesem
11
principio bestanden, daß der Kayser und assistirende zum frieden kein lust
12
et per continuationem armorum darzu angetrieben werden musten [...].

13
Bayern: Longueville hat bei ihnen erklärt, daß auß dieser friedenshand-
14
lung ein yedweder etwas muste ziehen, und zwar der Kayser und hauß
15
Osterreich das konigreich Boheimb erblich ohne kunfftige bestrittene elec-
16
tion behalten kondte, die cron Schweden das herzogthumb Pomern, hin-
17
gegen dem churfürsten von Brandenburg ein ander stuck landts, Hessen
18
Cassel Marpurg, die Franzosen das Elsaß, wie es und was das Hauß Ost-
19
reich vorhin darinnen besessen, Churbayern den electoratum und das land
20
ob der Enß etc. Alßdan wan gleich andere recompenz oder erstattung prae-
21
tendiren möchten, wurde man doch solche, alß minorum gentium abweisen,
22
und derentwegen lenger sich nit auffhalten laßen, sondern einen durch-
23
schlag zum frieden machen mußen. 2. Hab er der chur und deßwegen mit
24
der alternativ, oder auction des numeri electorum vorseyenden mittelen red
25
gefuhret; 3. der protestirender stend suchen wegen anrichtung noch zweyer
26
anderer gericht im reich, neben dem iudicio camerae et aulico, beregung
27
gethan. Und wie ihme darauf replicirt worden, was der cron Franckreich
28
darahn gelegen, wan 2, 4, oder gar 8 tribunalia (womit die exteri nichts zu
29
schaffen hetten) wurden angerichtet, und daß solches auf allgemeinem
30
reichsconventu von allen stender beliebt und verglichen werden muste, hab
31
er solches wahr zu sein vermeldet, und damit von dieser materi abgefallen.
32
Ferners hab er Longeville der tractaten selbst dahin gedacht, daß damit so
33
gar nit fortzukommen; die Schwedische hetten die Kayserliche responsionem
34
hienein nacher Schweden geschickt, und darauff alle tag der erklehrung
35
erwartten thetten, demnegst alßdan under sich beyde coronen in loco tertio
36
alß zu Lengerich wurden zusamenkommen, die replicam vergleichen, und
37
sich damit alspalden vernehmen laßen. – [...]

38
1645 XI 27
Montag [...] – Volmar bei W: Bericht über seine Gespräche
39
mit Salvius und Longueville (Inhalt vgl. APW II A 2 S. 597–604). – [...]

[p. 322] [scan. 372]


1
1645 XI 28
Dienstag W bei Chigi. [...] Dieser zeigt sich unzufrieden,
2
daß die sachen a parte catholicorum so schläfferig hergehen und diejenige,
3
welche in dem fürsten und stättrhat das directorium fuhren sollen, noch nit
4
zur stelle, welches den uncatholischen zue denen sich anmaßendem prae-
5
iudiciis und irrungen desto mehrer gelegenheit gebe. Bezeigte er sich auch
6
ab dem nit zum besten contentum daß die resolution wegen des Magdebur-
7
gischen pro admissione genommen. I. H. G. haben sich zwarn bey einem
8
und andern die intention zu expliciren beflissen. Er herr nuncius aber
9
beklagte sich, daß bey den catholischen so gar keine durchgehende einig-
10
oder auch bestendigkeit, da man billich von den uncatholischen, was fur ein
11
eiffer und einträgtigkeit under ihnen, ein exempel nehmen solt. Berichtet
12
vertraulich, daß es die Franzosen bey dem termino de anno 1630 nicht
13
laßen, sondern aufs jahr 1618 extendirt haben wolten, da 1630 die catho-
14
lische viel stiffter vi armorum besessen. Wan sie nun solten bewilligen, daß
15
solche den haereticis bleiben möchten, concurrirten sie formaliter ad
16
malum. Was aber die catholische anno 1618 nit gehabt und gleichwol ein
17
oder das ander durch sie per exceptionem noch erhalten, darahn geschehe
18
dem catholischen weesen directe desto großere dienst.

19
1645 XI 29
Mittwoch [...] – Trauttmansdorff trifft inkognito ein.
20
Da er ganz in der Nähe wohnt, stattet W ihm abends inkognito einen Höf-
21
lichkeitsbesuch ab. Hiervon benachrichtigt, schicken auch die Bayern zur
22
Begrüßung.

23
1645 XI 30
Donnerstag Mitteilung der Mainzer: Die Ksl. stellen den
24
Kurfürstlichen frei, nach den Mediatoren oder nach den Kronen Trautt-
25
mansdorff zu besuchen. W: Besser nach den Kronen, da Contarini dann
26
nicht den Kurfürstlichen unmittelbar vorangeht. – [...]

27
W/Reck bei Servien. Gratulation zur Geburt von dessen Sohn. Klage über
28
die den Frieden verzögernden Einwürfe der Kronen. Bisher hat man in
29
allem nachgegeben, zuletzt in der Admissionsfrage und mit dem Angebot,
30
daß Mediatständen, die sich bei den Ksl. angeben, der Paß nicht verweigert
31
werde. Wenn die Kronen noch mehrere einwürff und remoras herbeyziehen
32
solten, müßte die ganze erbare weit iudiciren, daß es nur lauttere auffzüeg,
33
und ihnen niemaln ernst gewesen, einen frieden in der christenheit zu stiff-
34
ten. Servien: Beteuerung ihrer Friedensliebe; daß wegen der Mediat-
35
stände
die Franzosen weiters viel nit wurden urgiren, vom Salvio aber ver-
36
nommen hetten, daß es von den Schweden pro punto di honore angezogen
37
werde, und sie solche gelaidtsbrieff zu begehren kein unrecht, sondern die
38
praeliminaria in allem wollen adimplirt und vollzogen haben. Mit fernerm
39
vermelden, wan nur der generalpaß gegeben, daß die Schweden selbigen
40
zurucklegen und außer 2 oder 3, so sich bißhero angeben, zu keinem andern
41
verstehen wolten. Ad quod I. H. G.: Daß es dan ia zu bethauren, daß
42
umb solcher punctilien und unnuzer hinderhaltung willen ein so blütiger

[p. 323] [scan. 373]


1
krieg in der christenheit so lang fovirt werde. So er Servient bejahet,
2
mit vermelden, daß man frieden machen muste, weyln der Turck anfing,
3
sich ins spiel zu mischen. Türkische Kriegsvorbereitungen. Worauf
4
I. H. G.: Hiervon seye schon vorm jahr gesagt; wan ihrerseits die gute con-
5
silia angenommen, hette man beraiz frieden und wurde der Turck so weit
6
alß leider beraiz nit kommen sein. Man muße zu den sachen anderst thun,
7
mangle allein ahn der coronen, zumaln der Kayser sich weit einmal gnug
8
erklehrt hette. Servient: Es seye nicht ohn, daß der Kayser zimblich
9
weit sich heraußgelaßen und uber 3 oder 4 puncten mehr nit ubrig. In
10
puncto assecurationis, seittemal man solche von ihnen gleichfals werde be-
11
gehren, wolten sie propositiones acceptabiles dergestalt machen und mittel
12
vorschlagen, daß man sich darüber leicht werde vergleichen konnen. In
13
puncto satisfactionis wurde zwarn auch von der assecuration mit einlauf-
14
fen, yedoch davon sich noch wol werde reden laßen. Ratione gravami-
15
num meldeten I. H. G., beßer zu sein, daß deren die coronen sich nit an-
16
nehmen, alßdan ihnen auch desto weniger verandwortung wurde obliegen,
17
und den catholischen kein ferner beschwer zuegezogen, weyln solche secun-
18
dum leges imperii ohn ihr einred schon konte verglichen werden, hingegen
19
aber sub protectione coronarum allein die catholische getruckt und betrangt
20
würden. Worauf Servient, er wolte zwen finger auß seiner hand, die
21
hand selbst geben, daß die catholische ihre petita erhalten mochten, förchte
22
aber, es werde mit den stifftern hart halten. I. H. G.: Sie Franzosen
23
hetten billich ursach, vor allem sich der stiffter, welche Carolus Magnus
24
Kayser und konig in Franckreich gestifftet, bey den catholischen zue erhal-
25
ten sich angelegen sein zu laßen, maßen sie auch solchen titulum per suam
26
auctoritatem leicht würden zue behaubten haben. Und weren neben Mun-
27
ster, Paderborn, Oßnabruck und Minden (welche in der catholischen han-
28
den, und weylen die capitula catholisch in kein disputat zu ziehen, auch die
29
bischoffe keine contradictores hetten) annoch der erzstifft Brehmen,
30
Lubeck, Verden, und Halberstatt, welche bemelte 8 stiffter Carolus Magnus
31
fundirt. Magdeburg, Ratzenburg und dergleichen musten auch wieder zue-
32
ruckkommen, weyln noch in allen capitula, so ihr ius biß dato noch conser-
33
virt hetten, und were nit wie mit Naumburg, Meißen und Merseburg, wel-
34
che Chursachsen, wie auch Brandenburg und Havelberg, welche Churbran-
35
denburg zue taffelgüttern gemacht, und es damit, ob sie gleich contra pacta
36
Passavica ad pias causas nicht verwendet worden, und mit fugen repetirt
37
werden konden, grosere difficultet haben würde. So weren auch stifft und
38
clöster, wo Luttherische canonici und munch weren, maßen deren I. H. G.
39
underschiedliche benennet, wobey die fursten einig interesse nicht haben,
40
sondern wan schon solche in den catholischen landen gleich mit uncatholi-
41
schen besezt, den fursten dadurch nichts abgehe, nur daß alles in odium
42
religionis geschehe, damit keine catholische daselbst geduldet werden. In
43
Straßburg ist bis zum Aussterben der lutherischen Mitglieder das Kapitel
44
zeitweise nach Konfessionen getrennt gewesen und danach 1630 notorie und

[p. 324] [scan. 374]


1
ex contractu den catholischen der stifft wieder heimbgefallen

38
Bei Beilegung des Straßburger Bistumstreites durch den Vertrag von Hagenau 1604 XI
39
22 wurde der katholische Charakter des Stiftes und Kapitels anerkannt, den noch
40
lebenden protestantischen Kapitularen aber ein Teil der Einkünfte zugesprochen (vgl.
41
M. Ritter II S. 157).
, dahero sie
2
Franzosen yedes stiffts conditiones consideriren und demnegst leicht mitl
3
finden konten, den catholischen hiebey großern dienst und danck zu thun,
4
alß daß man den statum in genere et absolute ad annum 1618 zu reducirn
5
sich verlautthen läst, und sie bey diesem passu moderate et caute zu gehen,
6
sich billich befleißigen solten. Es musten auch bey diesen stifftern die men-
7
ses Papales in vigore bleiben, und was dergleichen mehr zu consideriren.

8
Welcher discurß dem Servient wol eingangen, maßen der sich die vorge-
9
schlagene media gefallen laßen. In der Pfälzer Frage versichert Servien,
10
daß die Kronen Bayern die chur abzusprechen niemaln gemeind, die landen
11
aber wurden den kindern, deren noch 5 bruder ubrig, nicht also endzogen
12
werden konnen, und würde sich auch diese sach noch wol voneinander-
13
pringen laßen. Dem Pfalzischen gesandten hab er noch dieser tagen gesagt,
14
der zu viel begehr, bekom desto weniger oder gar nichts, wurden sich con-
15
tentiren mußen, was sie bekommen konnen, die zeit gebe darnach schon
16
mehrer [...]. Also durch heyraht und andere mittel die pfalzgraffen mit
17
der zeit auch wieder haben, was sie iezt nit erlangen kondten. Auff
18
welches I. H. G.: Daß wegen der landen Churbayern sich schon vorlengst
19
erklehrt, mit der chur aber werd es hoffentlich bey iezigem statu verpleiben
20
müßen. Weßwegen der conte Servient nochmaln hochlich contestirt
21
und zue cooperation sich erpotten.

22
Anfrage Wittgensteins

42
In Münster Mitte November – XII 16.
wegen der Besuche bei Trauttmansdorff. Wieder-
23
holung der den Mainzern gegebenen Antwort.

24
Trauttmansdorff bei W in Erwiderung des gestrigen Besuches. Auf die Be-
25
merkung
, wurde ungern sehen, daß man mit ausschliesung Spanien frieden
26
machen solte, antwortet W: daß solches, wans ein generalfried soll genennd
27
werden, je billich, weyln aber die Franzosen ohne bewilligung undt zuthun
28
der Hollander mit den Spaniern nit tractiren wollen, die Hollander aber
29
außplieben, so scheine es, daß beyde sowol die Franzosen alß Staden ihre
30
bey voriger campagna in den Niederlanden gehabte gluckliche progreß
31
kunfftig zu prosequiren gedacht seyen. Der her graff affirmirte es zwar,
32
hetten aber auch etliche viel thausend man daruber verlohren, die sie
33
sobald nit wieder würden richten konnen. Quoad satisfactionem, sagen
34
I. H. G., wurde er herr graff, auf wehm sowol die Franzosen alß Schweden
35
bestehen, schon vernommen haben. Er von Trauttmanstorff: Daß der
36
Franzosen begehren zumal unbillich, dergleichen nie erhört, auch selbiges
37
land unschuldigen kindern zustendig

43
Die vorderösterreichischen Lande waren im Besitz der Erzherzöge Ferdinand Karl (1628–
44
1662) und Sigismund Franz (1630–1665), für die ihre Mutter Claudia de’ Medici (1604–
45
1648), die Witwe Erzherzog Leopold V. (1586–1632), bis 1646 die Regentschaft führte.
, so daß hauß Osterreich etlich hun-

[p. 325] [scan. 375]


1
dert jahr in posseß gehabt, und wurden sie dabey mit raison nicht bestehen
2
konnen oder wollen. So werde auch mit der Schweden praetendiren Chur-
3
brandenburg so leicht nicht zuefrieden sein. I. H. G.: Der Schweden
4
mainung nach solte Churbrandenburg ahn deßen statt einiges stifft erblich
5
eingeraumbt werden, so aber die Franzosen nit zugeben, I. H. G. auch nim-
6
mer verhoffen wolten, daß Ihre Kayserliche Majestät darin würden con-
7
sentiren. Und obwolen die Franzosen dahin gingen, daß wan ye eine recom-
8
penß zu thun, etwas von den Schlesischen landen hingegen zu cediren, wur-
9
den doch Ihrer Kayserlichen Majestät die catholische (wie man zu sagen
10
pflegt) nit ausm seckel rathen, wan die stiffter nit in die außgab wolten
11
gesezt werden, und seye, I. H. G. mainung nach, das fundamentum zue be-
12
haubten, daß zwarn umb ein land so viel nit zue thun, weyln es aber res
13
Deo dicatae, catholici dadurch die vota verliehren, die uncatholische hin-
14
gegen mehr mittel bekommen die catholische zu undertrucken, so stehe alles
15
dieserthalb auch in politicis wol zue bedencken. Und einmal gewiß, wan die
16
stiffter nit wehren, daß die catholische religion durch das hauß Osterreich
17
nit allein im reich, sondern auch in den eigenen erblanden nicht wurde
18
conservirt werden konnen. Welches der herr graff gestehen mußen,
19
aber weitter sich nit heraußlaßen wollen. Vermeldete demnegst, wan inner-
20
halb 4 wochen die coronen sich nit beßer zue den tractaten wurden an-
21
schicken, daß darauß zu schließen, daß sie zum frieden keinen lust, alßdan
22
nicht sehe, was man lenger alhie beysammen zue verpleiben hab. Wor-
23
auff I. H. G., seyen der mainung mit, wan zwischen hie und Ostern, ehe die
24
campagna wiederumb angangen, das werck nit eine andere gestalt gewinne,
25
darauff man starck werde tringen müßen, daß sie diß jahr wie das vorig
26
dem gluck noch weitter werden abwartten wollen. Alß hiernach der
27
herr graff gedacht, vernommen zue haben, daß die cronen weitter nichts
28
schrifftlichs tractiren wollen, welches darumb desto gefahrlicher, weyln sie
29
alles nach ihrem gefallen werden beßer rescindiren und retractiren kon-
30
nen. Sagten I. H. G., daß sie solches also nit nehmen oder hoffen wol-
31
ten, sondern damit die sachen mit langer schrifftwechßlung nit protrahirt
32
würde, einen punct nach dem andern aufzusezen und seinen endtlichen aus-
33
gang zue geben. Der herr graff hienwieder, daß es solchergestaldt beym
34
Prager schluß gehalten, daß die materiae in certa puncta distribuirt, ein
35
punct nach dem andern vorgenommen, was geschlossen, zu papier gebracht
36
und zusammengetragen. I. H. G.: Daß dieses der herren mediatoren,
37
Kayserlichen, auch churfürstlichen abgesandten intention yederzeit gewe-
38
sen. Es gedachte auch der her graff, daß er im durchraisen zu Nurn-
39
berg, Franckfurt und Collen diese stätt zur abordnung ihrer deputirten
40
starck animirt, die sich darzu willig erpotten und des bißherigen verzugs
41
die endschuldigung dahin eingewendet, daß doch bißhero nichts alß mere
42
praeliminaria weren tractirt worden. Befürchtet Schwierigkeiten mit den
43
Franzosen wegen der Visiten, da er die Spanier zuerst vorgelassen hat und

[p. 326] [scan. 376]


1
den Titel Altezza nicht geben kann; man müsse sehen, wie den sachen zu
2
thun, weyln er yemandts zu disgustiren nicht herkommen.

3
Auf Anfrage von d’Avaux versichert W, daß mit Trauttmansdorff reine
4
Privatbesuche gewechselt worden seien.

5
[...]

6
1645 XII 2
Samstag Konferenz der katholischen Stände . – [...]

7
1645 XII 3
Sonntag [...] – Erste Visite der Kölner bei Trauttmans-
8
dorff
.

9
Mitteilung an Chigi: Gestern beschlossen, unter Verwerfung des Osnabrük-
10
ker
Entwurfs auf dem hier verfaßten Revers zu bestehen. Chigi: Daß
11
wol darahn geschehe, auf vorigem concluso zue bestehen, ahn genzlicher
12
retractirung aber noch beßer. Schließt sich der Meinung Trauttmansdorffs
13
an, daß man ohne weitere Formalitäten ad rem ipsam gehen solle, hingegen
14
aber auch nit dienlich, wan man innerhalb etlich wenig monaten andere
15
naigung bey den cronen verspuhrte, lenger alhier beysammen zu verpleiben.

16
1645 XII 4
Montag [...] – Wittgenstein/Wesenbeck

37
Dr. Matthäus Wesenbeck (1600–1659), kurbrandenburgischer Kammergerichts- und
38
Regierungsrat, kurbrandenburgischer und pommerscher Gesandter. Vgl. ADB XLII
S. 758–761 .
bei W. Wesen-
17
beck
: Der geistliche vorbehalt muste cassirt sein, anderst kein bestendiger
18
niemaln werde zu treffen sein. Sie improbirten selbsten et ultro modum
19
procedendi der uncatholischen zu Osnabruck, indeme Magdeburg alß inter-
20
esse habens praesens seie und directorium habe: sie konten fir keine formal-
21
consilia hallten, sondern nur privatos conventiones oder conventicula. Er
22
Wesembecius hette ihnen solches in congregationibus selbst offt gesagt, und
23
were ihnen lieb, daß er darvon absein, dan es nit verandwortlich. Witt-
24
genstein
: Will abwarten, ob Trauttmansdorff hier mit den Kurfürstlichen
25
verhandeln will, und dann nach Osnabrück zurückgehen. Auf die Bemer-
26
kung
, man müsse Brandenburg für Pommern eine Entschädigung geben, hat
27
er Trauttmansdorff geantwortet, Brandenburg werde sich darzu nie verste-
28
hen, batte auch die Kaiserlichen, solle doch nit so liberal mit anerbiettungen
29
sein, dan dardurch Sueci nur desto fester bei ihrer praetension bleiben wur-
30
den. [...]

31
[...]

32
1645 XII 6
Mittwoch Revisite Trauttmansdorffs bei den Kölnern.
33
Gegenseitiges Erbieten guter Zusammenarbeit. Trauttmansdorff: Damit die
34
Zeit nicht nutzlos verstreicht, hält er für nötig, den Mediatoren mitzuteilen,
35
wie weit der Kaiser bei der französischen Satisfaktion zu gehen bereit ist:

[p. 327] [scan. 377]


1
endgültige Zession der Bistümer Metz, Toul und Verdun; Pinerolo; Schlei-
2
fung
von Moyenvic. Wovon er nottig erachtet, I. H. G. und ubrigen Chur-
3
colnischen zu dem end eröffnung zue thun, damit sie den sachen nit nur
4
ihrestheylß reifflich nachdencken, sondern auch zue begebender gelegenheit
5
in ihrem discurß und consultationibus sich darnach richten, sonderlich aber
6
den Franzosen die gedancken, so sie etwan auf das Elsaß und Breußgaw
7
gesezt haben möchten, desto beßer benehmen helffen konden. Dan es ein-
8
mal umb eine solche einbildung, daß sie nemblich solche landen einbehalten
9
wolten, ein vergebliches ding sey, wie es dan auch in sich ein gar ungerech-
10
tes anmutthen, daß man den Insprickischen pupillen, welche bey absterben
11
ihres hern vatters noch kaum reden konnen, von dero hern vattern die cron
12
Franckreich auch niemalß belaidiget, ihre landen solte vorendhalten wol-
13
len. Undt habe die erzherzogin noch erst newlich geschrieben, daß sie lieber
14
sich und ihre kinder sacrificiren laßen und auf dem alltar verbrend sehen
15
wolt, alß deren von 600 jahren zugehoriges patrimonium zuruckzulaßen.
16
Es würde nun aber das vornembste sein, daß die stend under sich in einen
17
verstand gebracht, wozu sonderlich die erledigung der gravaminum dien-
18
lich. I. H. G. andwortteten hierauf, daß sie ganz willig und gern der-
19
gleichen ferner abreissung vom reich verhütten helffen wolten, in materia
20
gravaminum auch wol bekennen musten, daß die erledigung hoch zu wün-
21
schen, es werde aber auch dahin stehen, wie weit man unverletzten gewis-
22
sens darin gehen konne, und sehr schwer fallen, die geistliche stiffter also in
23
die außgab zue sezen. Er her graff replicirte, daß seines dafurhaltens
24
wieder das gewissen nit sein werde, diejenige stiffter, welche man vorhin
25
nicht hab unnd beraiz Luttherisch sein und die man auch ohne das nit er-
26
langen konne, zuruckzulaßen. Man werde aber allerseiz dahin sehen
27
mußen, daß man das werck mit vergeblicher zeitverliehrung nicht aufziehe.
28
Dan wan man sich auf mangel befelch oder andere endschuldigungen refe-
29
riren und legen wolte, dorffte es vom gegentheyl fur einen bruch aufge-
30
nommen und gedeuttet werden. So haben die Ksl. auch die jeweils von der
31
anderen Seite abgelehnte münsterische und osnabrückische Fassung

43
Vgl. unten [S. 329 Anm. 2] .
des
32
Magdeburger Reverses geprüft und befunden, daß in dem Oßnabruckischen
33
zwar einige unpaßirliche clausulen endhalten, denen aber gleichwol mit
34
einiger elisionibus oder litturis und zuesezen noch wol zu helffen, inmaßen
35
sie dan solches unvorgreifflich verrichtet [...].

36
Trierer bei W: Das inzwischen von Kurköln gemachte Angebot völliger
37
Entledigung des Ehrenbreitsteiner Depositums hat Kurtrier angenommen,
38
gleichzeitig aber um Abführung der jetzigen Besatzung und Übergabe an
39
ihm untergebene Truppen gebeten. Sie sollen die Kölner um Unterstützung
40
bitten. W: Kurköln hat das Depositum nur ungern und unter dem
41
Druck der damaligen Lage übernommen und das absehen yederzeit dabey
42
gehabt, daß die einraumung Seiner Churfürstlichen Gnaden, wan sie bey

[p. 328] [scan. 378]


1
dero erzstifft wieder angelangt, geschehen soll, inzwischen schon die be-
2
sazung ihrer pflicht erlaßen, auch Ihrer Kayserlichen Majestät von Chur-
3
tryers ansinnen zugeschrieben [...], worauf die resolution wurde zu ge-
4
wartten stehen. Trierer: Das Kapitel hat die Bemühungen Kurkölns
5
immer anerkannt, der Kurfürst befürchtet bei weiterem Zögern französi-
6
sche
Anschläge gegen die Festung und dringt deshalb auf sofortige Abfüh-
7
rung
der Besatzung. Ebenso dringt man bei den Spaniern auf Abtretung
8
Hammersteins

36
Kurtrierische Festung am Mittelrhein, 1645 in der Hand ksl.-niederländischer, seit 1646
37
lothringischer Truppen.
. [...]

9
1645 XII 7
Donnerstag Konferenz der katholischen Stände . – [...]
10
– Pfarrer von Neuss bei W: Da alle bisherigen Bemühungen keinen Erfolg
11
hatten, war er in diesen Tagen wieder bei den Franzosen, die sich erneut
12
entschuldigten, aus Kassel keine Antwort auf ihr Schreiben erhalten zu
13
haben. Schließlich haben sie ihm ein Schreiben an Rabenhaupt gegeben, mit
14
dem er sich auf Ws Gutbefinden nun nach Neuss begeben wird

39
Anlage 160: Französische Gesandte an Rabenhaupt 1645 XII 3.
. [...]

15
1645 XII 8
Freitag [...] – Vertrauliche Mitteilung: Schreiben von
16
Lampadius nach Münster

40
Anlage 161: Lampadius an (anonym) 1645 XI 26/XII 6 mit beigelegtem Extrakt eines
41
Schreibens Vorburgs 1645 XII 7.
.

17
1645 XII 9
Samstag W bei den Bayern. Schreiben des Lampadius,
18
welches ganz gefehrlich und darauß desto nöttiger befunden worden, auff-
19
zumercken, daß man sich bey admission des Magdeburgischen ad sessionem
20
et votum mit dem reversal wol vorsehe und versichere. W: Vertrauliche
21
Mitteilung, die Osnabrücker Stände hätten von Richtersberger gefordert,
22
daß in Ws Namen niemandts, under was schein auch solches geschehe, dort-
23
hin zum fürstenrhat moge verordnet werden, mit bedeutten, daß darzu die
24
cron Schweden durchauß nit verstehen wolle. Man vermutet, daß Schwe-
25
den
argumentiert, es habe Ws Stifter in seiner Hand, obwohl es für das
26
ebenfalls besetzte Pommern Brandenburg die Stimme läßt und W einen
27
Teil von Osnabrück noch innehat. Man beschließt, vorerst das Wissen um
28
die Sache zu dissimulieren und Richtersberger per tertium ahn die hand zu
29
geben, daß er deßhalber ahn I. H. G. nicht zu gelangen hette, in bedencken
30
dadurch nur mehrer diffidenz under den reichsstenden, alß von deren
31
theylß diß ungereumbte einstrewen herfließe [...] erweckt werden dörfft.
32
Und ist sonsten diese zumutthung desto ungereimbter und gegen alle raison
33
gehalten, daß man ex parte catholicorum allen, auch mediatstenden, sogar
34
auch rebellen, fur welche andererseits die passaporten urgirt worden, die
35
erscheinung hier und zu Oßnabruck zugegeben. Bayern: Ihnen wird die

[p. 329] [scan. 379]


1
Session im Osnabrücker Fürstenrat bestritten, weil Bayern dann im Kur-
2
und
Fürstenrat inter deputatos ordinarios bei den Re- und Korrelationen
3
sei. Sie zweifeln, ob deshalb Dr. Ernst

37
Dr. Johann Ernst (1604–1667), bayerischer Hofrat; im Oktober 1645 als bayerischer
38
Fürstenratsvertreter entsandt. Vgl. APW [III A 1,1 S. 323 Anm. 3] .
, wie vorgesehen, herübergehen
4
kann, und wollen bis auf weitere Befehle die Sache ebenfalls dissimu-
5
lieren
. W: Daß diesergleichen impertinentien sich nit einbilden, weniger
6
approbiren konden, und seye wol nichts zu zweifflen, daß solches dahin
7
angesehen, damit in abwesen der Churbayerischen gesandten alß herzogen
8
die protestirende den Magdeburgischen auf der weltlichen banck vornahn
9
und ad primum locum pringen, auch zu den re- und correlationibus deputi-
10
ren kondten, wadurch den catholischen noch mehrer praeiudiz und gefehr-
11
liche consequentzien wurde zugezogen.

12
Mitteilung der Mainzer: Von den Ksl. geänderter Revers mit Protokoll-
13
extrakt, Schreiben an die Deputierten nach Osnabrück und Beglaubigungs-
14
schreiben

39
Anlage 162–165: Protestantische Form des Magdeburger Admissionsreverses (Druck:
40
J. G. Meiern II S. 71 ) mit Änderungen der Ksl.; Extrakt des ksl. Protokolls 1645 X 26
41
über die Verhandlungen mit den Mediatoren in der Admissionsfrage (vgl. APW III
42
C 2,1 S. 461ff); Konzept der Instruktion für die münsterischen Deputierten nach Osna-
43
brück; Konzept des Kreditivs für die münsterischen Deputierten.
.

15
1645 XII 10
Sonntag [...] – W bei Trauttmansdorff, um ihm vor der
16
Abreise nach Osnabrück die Anliegen seiner Stifter zu empfehlen. Trautt-
17
mansdorff
: Man müsse sich vor allem über die Religionsgravamina einigen,
18
wobei man der stiffter und geistlichen jurisdiction [...] quoad praeteritum
19
sich zue begeben und in futurum des geistlichen reservats halber desto
20
mehrer sich zu versichern. [...] Haben I. H. G. ihme zu verstehen
21
geben, wie schwer und unverandwortlich sein wolle, solcher geistlichen
22
jurisdiction in perpetuum sich zue begeben. Und sagte der Paderbornische
23
canzler, ob nit noch beßer ad certum aliquem terminum zu gehen und lieber
24
zue gestatten, daß auch ebensolang und lenger nit der geistlich vorbehalt in
25
vigore verpleib. Welches der her graff von Trauttmanstorff sich nit
26
mißfallen laßen und vermeldet, daß er der herren churfürstlichen gutt-
27
achten deßhalber und sonsten gern vernehmen und, wie das werck vonein-
28
anderzupringen, cooperiren wolte. 2. Wegen der gegen die reichsstätt
29
führender beschwerden ist pro medio vorkommen, daß die halbscheid der
30
kirchen yeder der catholischen religion und Augspurgischen confession
31
mochten eingeraumbt werden. Dagegen aber vom graffen von Trautt-
32
mansdorff movirt worden, daß die statt Nürnberg umb der einziger St.
33
Jacobs den catholischen nach dem Paßawischen vertrag abgenommenen
34
kirch vor diesem so viel zue thun gemacht, daß die damalß verordnet gewe-
35
ste deputirte von den bürgern gleichsamb des todtschlagens, dalß sie solche
36
resolution mitpringen solten, betrohet worden. 3. Der Schwedischen

[p. 330] [scan. 380]


1
satisfaction ist under andern auch dahin erwehnung geschehen, daß, alß
2
dem Salvio vorgehalten, wie sich offters vernehmen laßen, daß keines fuß-
3
breitts vom reich begerten, solches von ihme darauff genommen, und auß-
4
gedeuttet, daß was sie zur satisfaction praetendirten, vom reich nit ab-
5
gehen, sondern gleichwol dabey pleiben solt. Es hatt aber der herr graff
6
von Trautmanstorff anderst darzu nicht gesagt, alß daß ers, was sie im
7
schild führen, bey seinem dorthin verraisen nacher Oßnabruck bald ver-
8
nehmen wolt, besorge nit wenig, daß zwischen den Schweden und Branden-
9
burg dieser punct ein beraiz abgered und verglichene sach seye. 4. Die
10
Franzosische satisfaction anbelangendt, hetten Ihre Majestät sich wegen der
11
3 stiffter Metz Tull und Verdun, daß nemblich selbige mit der volligen
12
jurisdiction der cron Franckreich, wan es curfirsten und stend guett befan-
13
den, gelaßen werden soll, erklehrt, auch durch ihn den herren mediatoren
14
beraitz angedeuttet; imgleichen pro 2., daß ihnen zu einem paß in Italien
15
Pingerola bleiben, 3. Moyenvicq geschleifft, auch noch 4. zu Breysach die
16
nuewe fortificationes demantelirt werden mochten. Darauff zu vernehmen
17
stunde, ob die Franzosische plenipotentiarii befelch haben, sonsten sie ihnen
18
zeit, selbigen einzuholen, geben wolten. Und ob sie sich wol auf das Elsaß
19
mochten gedancken machen, sey doch solches lautter umbsonst, und wur-
20
den Ihre Majestät nit zugeben konnen, daß den Inspruckischen pupillen ihr
21
600jahriges patrimonium solte endzohen werden. Zumaln daß ohnedaß
22
auch dadurch gantz Lottringen und andere herrschafften von den Franzo-
23
sen wurden inclavirt sein. 5. Alß auch der amnisti red vorgefallen,
24
haben I. H. G. zue fragen anlaß genommen, ob der terminus usque ad
25
annum 1618 solte retrotrahirt werden mußen. Worauff der herr graff,
26
quod non und daß Ihre Kaiserliche Majestät nit weichen wurden, geand-
27
worttet, sondern daß, wan einer oder der ander sich in particulari solte
28
angeben, selbige vernommen und muglichste satisfaction geben werden solt.
29
6. Quoad negotium Palatinatus, alß I. H. G. davon und in specie de medio
30
octavi electoris meldung gethan, ist solches vom herrn graffen von Traut-
31
manstorff fur ein sehr schwer und wichtig bedencken gehalten und schier
32
mehr auf die alternativam geziehlet, mit andeutten, daß selbige dem bey
33
iungst zu Wien uber die Pfalzische sach vorgangenen handlung sich befun-
34
denen Englendischen gesandten Roe

42
Sir Thomas Roe (1581–1644), englischer Unterhändler in der Pfalzfrage auf dem
43
Regensburger Reichstag 1640/41 und in Wien 1641/42; zu den Verhandlungen vgl.
44
oben [S. 16 Anm. 5] .
auch vor andern mediis eingangen
35
und nach iez regierende Churfürstliche Durchlaucht auf den curprinzen zu
36
bewilligen offeriert, gestalt er dan gegen ihn von Trautmanstorff selbst
37
gedacht hab, mit dieser formalien: non è poca cosa di dare la prerogativa a
38
una razza, che dura cent anni. Demnegst sagten I. H. G. weitter, die
39
sachen wurden sich wegen der landen auch noch wol voneinanderpringen
40
laßen, zumaln Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern deßhalber sich
41
schon vorlengst erklehrt, und were die praetension mit Ihrer Kaiserlichen

[p. 331] [scan. 381]


1
Majestät wegen der vorgeschossenen sum gebuhrend liquidirt. Worauf
2
der herr graff von Trauttmanstorff, Ihre Majestät wurden sich mit Chur-
3
bayern ratione hypothecae oder der zahlung halber anderst alß schon ge-
4
schehen nicht einlaßen, der konig von Engelland habe sich iungsthin zu
5
Wien auff eine million reichstaler herzugeben erklehrt. Und alß I. H. G.
6
vermeldet, daß dieses gegen die praetendirende summa ganz nit proportio-
7
nirt oder erklecklich, vermeinte er, daß der pfalzgraff und andere wurden
8
sehen müßen, wie satisfaction zu thun, und weyln schwer sein wolle, so
9
viele millionen auf einmal beyzupringen, zweifflete er nit, Ihre Churfürst-
10
liche Durchlaucht in Bayern zue disponiren sein werden, gegen einen theyl
11
der forderung ein stuck landts von der Pfalz erblich anzunehmen und das
12
ubrig ahn geld, und biß zu volliger abbezahlung ein theyl landts pro hypo-
13
theca einzubehalten, welches allerseiz das erträglichste sein werd. 7.
14
Gedachten I. H. G. der fur die Hessen praetendirenden satisfaction, und
15
daß man in vermutthung stehe, solche mit einem stuck geldts sich werde
16
richten laßen. Worauff er von Trautmanstorff, daß ihr absehen auf
17
Marburg, sich doch noch wol mit einem wenigern begnugen laßen dörfften,
18
dadurch aber das Caßelische hauß, so sich a tempore Caroli V. allezeit
19
wiedrig und Franckreich alliert bezeigt, desto mächtiger würde. Circa
20
finem liese er sich vernehmen, er wurde bald scrutiren, wo es mit dem frie-
21
denswerck hinaußwolle, in specie mit der satisfaction, und alßdan solchem
22
nach nicht lang diß orts sich auffhalten. Wurden sie noch wol andere ret-
23
tungsmittel und ehender derselben sich bediehnen, da es ihnen dan umb eine
24
viermeyl wegs lands wurde zu thun sein, alß in der Franzosen unbilliches
25
begehren mit dem Elsaß zu condescendiren. – [...]

26
1645 XII 11
Montag Konferenz der katholischen Stände .
27
Bayern bei W: Da Kurbayern ye lenger ye mehr verspuhren thette, daß die
28
cronen ganz und zumal keinen lust zum frieden, sondern ihr intentum mit
29
den waffen außzuefuhren, und diese tractatus bloß und allein zum schein
30
angesehen, zumal Oxenstierna und Salvius persönlichen Gewinn aus der Ver-
31
längerung
des Krieges zögen, ist der Kf. der Meinung, daß auf andere mittel,
32
und zwarn auf verainigung der reichsstende, gedacht werden muße, damit
33
per hoc die cronen ad aequas conditiones desto mehrers stringirt werden
34
möchten. Von einem sehr hohen ort sey ihnen der bestendige bericht gesche-
35
hen, daß außer ieztgemelter der stende verainigung kein fried im reich zue
36
hoffen, wie sie dan auch nachricht haben, daß zu Pariß wegen des herrn
37
graffen von Trauttmanstorff gegenwart, und daß er auf solch der stend
38
union sehen werde, starcke apprehension gemacht werd. Wolle also nur in
39
modo bestehen, wie mans der gravaminum halber eins werden konne. In
40
politicis seye man schon zimblich weitt gangen; in ecclesiasticis werde man
41
auch sehen mußen, was im gewissen verandtworttlich. Des hern graffen
42
von Trautmanstorff intention gehe auch dahin, und seye Churbayern mit

[p. 332] [scan. 382]


1
verlangen erwarttendt, wie sich das werck von ihm wolle erheben laßen,
2
erpiethen sich zu aller guten cooperation, was allein dem gewissen und reli-
3
gion nicht zuwieder. Gegen sie seye der von Trautmanstorff so weit schon
4
heraußgangen, daß die bedencken zu hoff beraitz aufgesezt; daruber die
5
stende zue vernehmen, und wohin mans mit der protestirenden gravamini-
6
bus werde pringen konnen. Das meist werde wegen des catholischen reser-
7
vats, 2. der geistlichen jurisdiction und 3. des iuris emigrandi zue thun sein.
8
Ad 1. hab der herr graff von Trautmanstorff vermaint, wan sie auf den
9
geistlichen vorbehalt verzeyhen, daß alßdan auch disseits der stiffter halb
10
nichts zu moviren. Ad 2. daß das ius emigrandi freyzulaßen. Ad 3. Seye
11
nicht ohn, daß sie die iurisdictionem ecclesiasticam und die visitationes in
12
denen inhabenden landen gern wolten abgeschafft sehen. Her Volmar hab
13
in einer ihnen iungst gegebener visita wegen der geistlichen gütter diesen
14
vorschlag gethan, man mochte catholischentheyls zuegeben, daß die prote-
15
stirende im besitz der geistlichen gütter, biß die religion miteinander ver-
16
glichen, verpleiben solten, ob solches erträglich oder aber die jahren auf 60,
17
80 hienauß zu verstrecken? Sie hetten ihme dagegen movirt, es wurden die
18
protestirende besorglich sessionem fur die possedirende stiffter haben
19
wollen oder doch wenigstens fur die 3 oder 4 administratores. Welches
20
zwar res politica zu sein scheine, es lauffe aber dannoch die geistlichkeit
21
mit under, daß es dahero groß praeiudicium religionis catholicae causiren
22
könne. Begehrten I. H. G. gedancken bey einem und andern zu verneh-
23
men. Buschmann: Kölnerseits erkennt man gar wol, daß biß dahero die
24
dissidia statuum den frieden gehindert, wan auch solche nit gewesen, die
25
sach so weit nit würde kommen sein. Auf dem letzten Reichstag ist deshalb
26
die Amnestie publiziert, die Erörterung der Gravamina aber von den Frie-
27
densverhandlungen
getrennt und auf eine andere Zusammenkunft verwiesen
28
worden. Zu wunschen, daß es dabey sein verpleibens behalten möcht. Wie
29
man aber sehe, daß die anderwertliche verweisung der gravaminum nicht
30
wolle von den außwertigen cronen zugeben werden, sondern davon in den
31
propositionibus meldung geschehen, worauf Ihre Majestät in affirmativam
32
sich resolvirt, so besorgen I. H. G. und ubrige Churcolnische selbst wol, daß
33
man diese materiam vorzunehmen also nicht werde endfliehen konnen, son-
34
dern ad media sich einlaßen, und erstlich von den uncatholischen, was dan
35
ihr begehren, vernehmen müßen. Zwarn seye nicht ohn, daß man catho-
36
lischen theyls auch, und zwarn meistens gravirt sich befinde, dannoch aber,
37
wie gemelt, zu wünschen wer, daß man der handlung pro nunc, weyln es
38
dem friedensnegotio nit geringe hinderung pringen wird, endtubrigt pleiben
39
köndte. Gestriges Gespräch mit Trauttmansdorff. Bayern: Bedenken
40
Trauttmansdorffs zur achten Kur: 1. Widerspruch zum Reichsrecht, Not-
41
wendigkeit
der päpstlichen und kurfürstlichen Zustimmung, 2. paritas
42
votorum, 3. drei Kurfürsten aus einem Haus. Sie haben argumentiert: 1.
43
Die Zeitumstände erfordern die Änderung der Goldenen Bulle, 2. bei Stim-
44
mengleichheit
kann vielleicht eine Stimme doppelt zählen, 3. die Differenz

[p. 333] [scan. 383]


1
zwischen beiden Linien bekannt, Köln ein Wahlfürstentum, bei Aussterben
2
einer Linie kann es wieder zu der alten Zahl kommen. Ferner zu beachten,
3
daß so auch ein Reichsvikariat katholisch wird. Churbayern inclinire zur
4
alternativ ganz nicht, zumaln solche zwischen beyden linien vor 300 jahren
5
auch verglichen

35
Im wittelsbachischen Hausvertrag von Pavia 1329 VIII 4.
, die Haydebergische aber habe nicht gehalten, welches
6
dan nur zu abermaligem krieg würde gerathen mußen. Vor diesem habe der
7
herr Vollmar auch darauf bey den hern mediatoribus geäuget, deßwegen er
8
aber einen verweiß von hoff und befelch empfangen, solches alßbalden
9
wieder zue revociren.

10
1645 XII 12
Dienstag Krebs (Mainz) bei W. Abschied vor Abreise
11
nach Osnabrück. Befehl von Kurmainz, sich mit acceptirung der unlengst-
12
hin vom Pfalzischen secretario anerpottenen protestation nicht zu vertief-
13
fen, sondern alles in dieser Sache mit Köln und Trier abzusprechen. Der
14
geistlichen Güter halber sind sie instruirt, solche den uncatholischen durch-
15
auß nit nachzugeben, noch was anders in praeiudicium catholicae religionis
16
einzugehen, dabey Churmainz, wie er wol wisse, bestendig verpleiben
17
werdt, gestalt sie dan auch wegen der Magdeburgischen admission pure auf
18
die negativam, maßen von ihnen mehrmaln in votis angedeuttet, instruirt
19
und befelcht seyen. – Beglaubigungsschreiben Raigerspergers

36
Anlage 166 (Kurmainzer Kreditiv auf Raigersperger): fehlt. – Dr. Nikolaus Georg
37
Raigersperger (gest. 1652) kurmainzischer Kanzler und Gesandter, Reichshofrat; in
38
Münster seit 1645 XII 10.
.

20
1645 XII 13
Mittwoch Raigersperger bei W: Er soll in allen Sachen,
21
besonders der Pfälzer Frage, eng mit Köln und Bayern zusammengehen und
22
auf Rettung der bedrängten Stifter Kf. Ferdinands und Ws sehen. W:
23
Daß wegen Oßnabruck und Minden mit fugen einige difficultet nit gemacht
24
werden konne, wegen Verden auch beym Prager schluß solche remonstra-
25
tion beschehen, daß Chursachsen selbst I. H. G. durch einen nebenreceß diß
26
stifft zugehörig zu sein gebillichet. Die Ansprüche des Administrators von
27
Bremen lassen sich mit guten Gründen widerlegen. Mit Verden und Halber-
28
stadt
werde Churmainz seine ganze metropolim zu unsterblichem rhum,
29
maßen Hildeßheimb beraiz auch restituirt, wieder zusammengebracht und
30
den catholischen assecurirt haben.

31
[...] – Mitteilung der Bayern: Äußerungen Trauttmansdorffs zu den ihm
32
neulich in der Pfälzer Frage übergebenen Punkten

39
Anlage 167: Wolmainende erinnerung, was bei vorstehender vergleichung des Pfälzi-
40
schen weesens sonderlich der churwürde halber in acht zu nehmen und für mitl zu er-
41
greiffen sein möchten.
. Relation der Ksl. in
33
Osnabrück an Kaiser 1645 XII 7

42
Anlage 168: Ksl. Gesandte in Osnabrück an Kaiser 1645 XII 7 (Druck: APW [II A 3 S. 21ff] ).
. – [...]

34
[...]

[p. 334] [scan. 384]


1
1645 XII 16
Samstag [...] – Nassau bei W. Bericht über die Ver-
2
handlungen
der Ksl. mit den Mediatoren (vgl. APW III C 2 S. 492–498,
3
498–501). – [...]

4
1645 XII 17
Sonntag W bei Chigi. Dieser äußert, da die Kayserlichen
5
ministri gegen den im reich herkommenen modum viele sachen, sowol die
6
religion alß politica betreffend, ohne vorhergehende communication mit
7
chur-, fursten und stenden aus sich resolvirten, seines bedunckens gar gutt
8
sein wolte, wan die Churfürstliche Durchlaucht in Bayern, alß welche bey
9
Ihrer Kayserlichen Majestät viel vermögten, yemandts ahm Kayserlichen
10
hoff hetten, damit wan ainige resolution genommen werden wollten oder
11
genommen worden, allmal Ir Churfürstliche Durchlaucht alsbalden berich-
12
tet und dieselbe an ihre gesanten allhie mit bevelch gelangten, damit einem
13
und andern sowol alldort alß hier per mediatores und andere gesandten in
14
zeitten vorgebawet werden könne. Er selbst hat Trauttmansorff, als dieser
15
die Stellungnahme der Reichsstände zu Metz, Toul und Verdun für später
16
in Aussicht stellte, die bei den Mediatoren liegende Verantwortung darge-
17
stellt
, wenn diese jetzt das Angebot weitergäben und die Stände dann
18
anders entschieden. Dahero gutt, das werck vorhero zu uberlegen und biß
19
nach genommener resolution mit der anzeig zuruckhalten. Bisher haben die
20
Ksl. in allen Fragen, besonders wegen Verhandlungsort, Zulassung der
21
Stände, Geleit der Mediatstände und Freilassung Kurtriers, erst lange
22
Schwierigkeiten gemacht und dann doch nachgegeben; die Freilassung Kur-
23
triers
ist bekannt geworden, als Chigi in Verhandlungen über dessen Unter-
24
bringung
in Ferrara bis Ende der Friedensverhandlungen gewesen war. Auf
25
welche weiß aber gar schwerlich negotiiren. Er nuncius hette sich getrawt,
26
gegen dergleichen resolution die vestung Philipspurg von den Franzosen
27
freyzumachen. Im Prager schluß sey in vielen sachen auch gar liberaliter
28
durchgangen, wans auf solchen schlag hier geschehen solt, wurden nit allein
29
von Ihrer Heiligkeit die excommunicationes uber diejenige, welche darahn
30
schuldig, nicht auspleiben, sondern wurde ein und ander de facto excom-
31
munication incurrieren, und obgleich iezt ein oder der ander nit viel dar-
32
nach mochte fragen, so möcht es doch umb etlich wenig jahr zu thun sein,
33
daß die verandworttung bey Gott geschehen muße, und konte mit denen
34
catholischen, welche zu dergleichen künfftig cooperirten, ebensowenig alß
35
mit denen würcklich excommunicirten umbgehen. In einem Schreiben an
36
die Franzosen haben die Holländer von der papisten zu Munster abgötterey
37
gesprochen; er hat es den Franzosen fein deutlich in die naß gerieben, aber
38
bey diesen leuthen alles surdis fabula. Der Nuntius in Paris

42
Bagno.
ist ein 70jahri-
39
ger guter frommer man, der alles glaubt, was ihme auch yeder alldort nur
40
sagte, und hin und wieder schriebe, aber darauff nichts erfolgete. Gleich er
41
dan schon underschiedlich mal anhero berichtet von genommenen resolutio-

[p. 335] [scan. 385]


1
nen zu fortsezung dieser tractaten, auch in sachen de religione betreffendt.
2
Auf Bagnos letzte Mitteilung, die Königin und die vornehmsten Minister
3
wollten das geringste, so der religion zuwieder, nicht gestatten, hat Chigi
4
ihm mit dem Vorgehen Turennes, Gehrde, Neuss und insgesamt 14 Punkten
5
das Gegenteil bewiesen mit dem Begehren, diese Antwort den Ministern zu
6
zeigen. Facilitatem hominis und was darauf zu halten, hab er nacher Rom
7
underschiedlich remonstrirt, auch Ihre Hailigkeit zur mutation, wan sichs
8
allein einigergestalt derzeit thun laßen wolt, ganz geneigt weren, und
9
begert, daß mans doch Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Bayern auch
10
avisiren möcht, damit sie es wissen und nicht zuvil trauten. Auf Ws Nach-
11
frage
: Die Spanier säßen nun so lang hier, und konne man aber nicht das
12
geringste mit ihnen handelen ob absentiam Hollandorum. Er fahre zu ihnen
13
etwan alle 14 tag oder 3 wochen allein ex mera compassione den Pinne-
14
randa zu besuchen. Das harte Vorgehen Torstensons gegen die Geistlichen
15
in Österreich hat man den Franzosen vorgehalten, es weren aber selbige
16
dadurch soweith nit movirt, daß sie zur remediirung auch die geringste
17
anzeig oder verlaß geben hetten.

18
Mitteilung Nassaus: Französische Klagen über die Behandlung Eduards
19
von Braganza und spanische Gegendarstellung.

20
Leuchselring

39
Dr. Johann von Leuchselring, Syndikus der Stadt Augsburg; über die von ihm vertrete-
40
nen Stände vgl. APW [III A 4,1 S. 91 Anm. 2] .
bei W: Hat Kommission von 15 Reichsstädten und den Gra-
21
fen von Fürstenberg, ihretwegen auch das Direktorium bei den schwäbi-
22
schen Grafen. Wenn Bayern wegen Mindelheim, Wiesensteg und Haag
23
deputiert, kann die schwäbische Grafenstimme den Katholiken zufallen. –
24
[...]

25
1645 XII 18
Montag Deputatio ad gravamina . – Schreiben Busch-
26
manns

42
Buschmann war mit Krebs (Mainz) 1645 XII 14 nach Osnabrück gereist und kehrte XII
43
26 zurück.
1645 XII 17: Nach Absprache mit den Mainzern ist das Konzept
27
des Reverses

44
Anlage 169 (Konzept des Magdeburger Reverses): fehlt.
Österreich und Würzburg zur Durchsicht, ihr Beglaubigungs-
28
schreiben unter Umgehung Magdeburgs Sachsen-Altenburg gegeben wor-
29
den, worauf am Montag eine Konferenz mit den Protestanten stattfinden
30
soll. Nach Mitteilung Kranes wehren die Brandenburger sich gegen Abtre-
31
tungen in Pommern, auch wenn ein Äquivalent geboten wird. [...]

32
Bayern bei W: Vom Kaiser hat Kurbayern eine vor ungefähr zwei Mona-
33
ten
von Volmar in der Pfälzer Sache den Mediatoren übergebene Schrift
34
erhalten, in der wegen der Kur den bayerischen Absichten zuwiderlaufende
35
Vorschläge gemacht werden, die Forderung der 13 Millionen in Zweifel
36
gezogen und Bayern der Kurtitel verweigert wird. Auf Beschwerde
37
Kurbayerns ist Volmar zum Widerruf aufgefordert worden. Sie haben
38
Befehl, Volmar das Mißfallen des Kurfürsten und in specie dieses anzu-

[p. 336] [scan. 386]


1
deutten, daß er aus diesem sein Volmars affection und intention genug-
2
samb verspuhren und anlaß haben wurde, wan von dem Pfalzischen nego-
3
tio alhier gehandlet werden solt, alßdan gegen seine person austrucklich zu
4
excipiiren. Darauf hat Volmar ihnen gegenüber beteuert, die Schrift in der
5
besten Absicht für Bayern den Mediatoren allein zur Unterrichtung über-
6
geben
zu haben. Die Mediatoren haben versichert, die Schrift nicht weiter-
7
gegeben
zu haben. Die Ksl. haben den Bayern vorgeschlagen, daß die Kur
8
zunächst bei den Nachkommen Maximilians bleiben und dann zwischen
9
der Wilhelmischen

40
D. h. den übrigen Nachkommen von Wilhelm V. (1548–1626, Hg. 1579–1597), dem
41
Vater Maximilians.
und Heidelberger Linie alternieren könne. Bayern neigt
10
jedoch nicht zur Alternation und zieht eher eine achte Kur für Pfalz vor.
11
Da die deshalb nach Wien überschriebenen Argumente dort nicht richtig
12
verstanden worden sind, soll ein eigener Vertreter die Sache dort mündlich
13
verhandeln. Alß dabey obmonirt, daß es wegen des 8. electoratus der con-
14
sequenzen willen bey Chursachsen und andern bedenckens abgeben mocht,
15
sagten sie Churbayerische, daß der zeiten iezigen beschaffenheit nach ein
16
anderß zu hoffen, zumaln aber habe man sich der Pabstlichen Heiligkeit,
17
auch Churmainz, Collen und Tryer zu versichern. Auf die Franzosen, wie
18
der herr Venetus außtrucklich erwehnt habe, sey kein facit zue machen,
19
sondern es wurden dieselbe sich ganz passivi verhalten und weder pro noch
20
contra sich bezeigen. [...] W: Die Vorschläge wegen der Maximilia-
21
neischen
Linie und der achten Kur noch geheimzuhalten, bis man die Mei-
22
gung
Maximilians kennt. Bericht über das Gespräch mit Chigi. Bayern: Bei
23
ihnen die gleichen Äußerungen Chigis wegen des Pariser Nuntius, Chigi seye
24
auch under andern quoad hosce tractatus in denen gedancken gewest, daß
25
viel ahn des herrn graffen von Trauttmanstorffs negotiation zu Oßnabruck
26
gelegen; zwischen dem reich und Franckreich mache er sich zwarn noch
27
gutte hoffnung, mit Spanien aber sehe er kein mittel und gebe es fast gantz
28
verlohren, wan es in praesentia der Hollender sich nit anderen sollte.

29
Weitere Informationen wegen der venezianischen Präzedenz an Trautt-
30
mansdorff
zu geben, wie Köln bei Bayern angeregt hatte, hält W für un-
31
tunlich
, da dieser das Wesentliche aus den 1641 gegebenen Berichten kennt
32
und es nicht angebracht ist, den Venetum, den man derzeit bey gutem
33
willen zu halten, vorn kopf zu stoßen. [...] Wan aber davon vorkommen,
34
wolten sie ihme von Trautmanstorff suggeriren, die fundamenta vom
35
Churmainzischen directorio zu begeren, und alßdan collegialiter das ihrige
36
gern dabey thun, damit hierinnen allein nicht der undanck auf Churcollen
37
oder Bayern kommen möchte. Verlautete Herreise der Königin von Polen

42
Luisa Maria Gonzaga (1611–1667) war 1645 XI 6 in Paris durch Prokuration mit
43
Kg. Wladislaw IV. Sigismund Wasa von Polen vermählt worden und befand sich auf
44
der Reise nach Polen.

38
und Pfalz-Neuburgs. Auswechslung der westfälischen Kreistruppen in Süd-
39
deutschland
gegen hiesige bayerische Neuwerbungen. Schreiben Buschmanns.

[p. 337] [scan. 387]


1
1645 XII 19
Dienstag Deputatio ad gravamina . – Brandenburger
2
Sekretär bei W: Empfehlung der brandenburgischen Interessen für die Zeit
3
von Wittgensteins Abwesenheit

33
Wittgenstein war 1645 XII 16 nach Osnabrück abgereist und wollte für etwa 2 Monate
34
in in die Grafschaft Wittgenstein gehen.
.

4
Mitteilung Nassaus: Einzug Trauttmansdorffs in Osnabrück und erstes
5
Gespräch mit den Schweden; außer für Erfurt und Stralsund wollen diese
6
kein freies Geleit für Mediatstände fordern, wohl aber für ihre Offiziere,
7
wogegen Trauttmansdorff keine Bedenken hatte. Frage einer neuen schwe-
8
dischen Vollmacht nach Krönung der Königin [...].

9
Trierer bei W. Antwort Kurkölns wegen Ehrenbreitstein: Er habe das
10
Depositum nur zum Nutzen des Reichs und des Erzstifts Trier sowie zur
11
Sicherheit seiner eigenen Lande übernommen und entlasse die Besatzung
12
gern wieder ihrer Pflicht gegen ihn. Trierer: Nochmaliger Dank des
13
Kapitels an Kurköln; ihr Ansuchen schloß jedoch auch ein, die Auswechs-
14
lung
des Kommandanten beim Kaiser zu unterstützen. W: Trauttmans-
15
dorff
hat ihm versichert, beim Kaiser dafür eingetreten zu sein und an
16
einer Trier zufriedenstellenden Erklärung nicht zu zweifeln. Bitte der
17
Trierer um Unterstützung wegen Abführung der spanischen Garnison in
18
Hammerstein. W verweist auf die bisherigen Kölner Schritte und ver-
19
spricht
, bei Gelegenheit bei den Ksl. und Spaniern zu mahnen, während er
20
ohne ausdrücklichen Befehl hierin nicht selbständig vorgehen kann. Im
21
Zusammenhang mit den Friedensverhandlungen erwähnen die Trierer, daß
22
die Protestanten zu den Gravamina fast alle geringe, auch particular und
23
privatsachen [...] ziehen wolten, in specie auch die in camera zwischen
24
Churtryer und dem graffen von Wittgenstein wegen Freysperg strittige
25
sach

35
Burg und Amt Freusburg waren kurtrierische Lehen der Grafen von Sayn und kamen
36
1602/1606 durch Kauf bzw. als erledigtes Lehen an Kurtrier, wogegen die Wittgen-
37
steiner Linie des Hauses Sayn und Kurpfalz wegen eigener Lehnshoheitsansprüche
38
Protest erhoben. Vgl. W. Fabricius S. 359ff.
. W: Auch die rechtlich entschiedene Hachenburger Sache

39
Die Herrschaft Hachenburg hatte Kurköln, nachdem sie 1606 beim Aussterben der Alt-
40
sayner Linie des Hauses Sayn an den mit der Erbtochter verheirateten Gf. Wilhelm III.
41
von Sayn-Wittgenstein (1569–1623) gekommen war, beim Tod von dessen Enkel Lud-
42
wig (1626–1636) als erledigtes Lehen des Erzstiftes eingezogen und an W gegeben.
43
Dagegen erhoben Ansprüche die Schwestern des letzten Grafen, vertreten durch ihre
44
Mutter Luise Juliana von Erbach (1603–1670), sowie die nicht von der Altsayner Linie
45
abstammenden Grafen von Sayn-Wittgenstein.
will
26
Wittgenstein wieder aufgreifen. Wurd aber beyderseiz ganz nicht rhatsamb
27
gehalten, mit dergleichen privatsachen sich bey dießem friedensnegotio zu
28
beladen, zumaln sonst, wan res iudicatae solchergestalt wiederumb solten
29
umbgestoßen werden, in große weittlauffigkeit gerathen und alhier viel zeit
30
von jahren damit hinpringen müste, welches absonderlich der zeit gar nicht
31
dienen werde. [...]

[p. 338] [scan. 388]


1
1645 XII 20
Mittwoch Deputatio ad gravamina . – Malinckrodt bei
2
W: Aufrechterhaltung der Ordnung im Bereich der Domfreiheit.

3
1645 XII 22
Freitag Schreiben Buschmanns 1645 XII 21: Schwierig-
4
keit wegen des Reverses, da Magdeburg nicht auf den Titel Erzbischof und
5
Primas verzichten will und auf der weltlichen Bank den Platz vor Bayern
6
beansprucht. Im ersten Punkt hofft man noch auf einen Ausgleich, im
7
zweiten ist die Session zwischen beiden Bänken vorgeschlagen, von den
8
Protestanten bisher aber nur ad referendum genommen worden.

9
Mitteilung Raigerspergers: Nachricht der Mainzer in Osnabrück 1645 XII
10
19, wonach bei Ankunft der Königin von Polen Contarini bei ihr vor den
11
Kurfürstlichen die Visite erhalten dürfte. Daher halten sie mit Trauttmans-
12
dorff für besser, daß die Kurfürstlichen sich der Visite enthalten, wozu Ws
13
Meinung erbeten wird. – [...]

14
1645 XII 23
Samstag Da W sich wegen der Visite nicht gesondert er-
15
klären möchte, schlägt er nach Abstimmung mit den Bayern eine Kollegial-
16
beratung vor, die am Nachmittag stattfinde .

17
1645 XII 26
Dienstag Relation Buschmanns: Magdeburger Admis-
18
sionssache. – Nassau bei W.

19
Servien bei W: Nach Beilegung der Schwierigkeiten wegen Admission Magde-
20
burgs
und der Pässe für die Mediatstände werde ohne weittere hindernus zu
21
den sachen geschritten werden und darauß seines konigs und aller ihrer eiff-
22
rige begierd und intention zum frieden erscheinen konnen. Sinnlosigkeit
23
spanisch-staatischer Sonderverhandlungen. Zur näheren Absprache der vom
24
Reich zu fordernden Satisfaktion wird Oxenstierna morgen nach Münster
25
kommen. Trauttmansdorffs Vorschlag mit Metz, Toul und Verdun unzurei-
26
chend
. Zwar soll Trauttmansdorff gegenüber den Schweden sich auch wegen
27
Pinerolo geäußert haben, es seye aber nit wenig zue verwundern, daß die
28
Kayserlichen solcher sachen gedencken möchten, darahn doch der Kayser
29
nichts hette, auch nit einmal bey allen Savoyischen kriegen und vorgangenen
30
handlungen das geringste wegen einigen rechtens oder ansprach vorpracht,
31
weniger zue der auffgerichten vergleichen gezogen worden. Alß darauff I. H.
32
G., daß Pignorola feudum imperii, sagte er, das recht so der Kayser darahn
33
zu haben vermaint, konte der cron Franckreich ebensowol alß den Spaniern
34
mit dem, so sie in Italia ahn sich pracht, geschehen, gelaßen werden, solches
35
aber seye fur keine und weniger fur eine gnugsambe recompentzen und
36
satisfaction zue achten. Was der graff ferner dem Oxenstirn wegen demo-
37
liirung Breysach angedeut, seye wol lächerlich, nachdemaln dieser plaz nit
38
in Kayserlichen sondern ihr der Franzosen gewalt seye, consequenter die

[p. 339] [scan. 389]


1
demolition bey ihrem guttbefinden selbst stehe. Von deme nahmen
2
I. H. G. ursach zu fragen, was doch dan der cron Franckreich praetension
3
eigentlich seye? Warauf der Servient: Sie hetten alles jehnseith Rheins
4
biß ahn Tryer ein, woltens also innenbehalten. Welches I. H. G. dahin
5
beandworttet, sie wolten nicht dafur halten, daß solches der cron Franck-
6
reich oder einigem trewen ministro ernst sein konne, zuemalen es ganz kein
7
mittel zum frieden, auch den bißherzu mit außlaßung der schreiben ad
8
imperii status und sonst vorgebenen principiis zuwieder were. Was dieses
9
fur eine libertet der stend, die sie allezeit in der feder und gefuhrt, sein
10
solle, Mainz, Tryer, Collen Pfalz, und also 4 churfursten under sich zu
11
ziehen? Der Servient sagt hienwieder ridendo, er muste bekennen, daß
12
dergleichen große stätt alß Mainz und andere schwer sey zu manuteniren,
13
das Elsaß aber, soviell Osterreich biß dato darahn iure et dominio gehabt,
14
werden sie praetendiren, misten ebensowol reichsfursten alß die Spanier
15
sein, die sich ratione circuli Burgundici meisterlich gebrauchten, auff den
16
diaetis ein stand da, den andern dort ahn sich zu ziehen. Auf welches
17
I. H. G.: Eben wenig kondten sie dieses glauben, indem sie euserlich so
18
große begierd zum frieden bezeigten, und doch solches medium, so zu er-
19
langung des friedens garnicht accomodabel, solten vorschlagen und behaub-
20
ten wollen, und daß bey einem christlichen konig die intention, solche junge
21
fursten, die mit dem krieg nichts zue thun gehabt, ihrer hereditet unschuldi-
22
gerweiß zu endsezen. Das Elsaß gehorte des erzherzogs Leopoldi erben, und
23
wurden sie sich erinnern, was vor diesem dem abgelebten erzherzogen Leo-
24
poldo fur offerten, sogar mit dem Kayserthumb geschehen, die prinzen
25
wurden in solche alienation nimmermehr willigen. Da Servien sich unwis-
26
send
stellt, führt W aus, dieses Angebot sei kurz vor dem Tod des Erzher-
27
zogs

43
Erzherzog Leopold V. starb 1632 IX 13.
zur Verhinderung der Wahl des jetzigen Kaisers gemacht worden.

28
Er Servient aber pliebe beym vorigen, meldent, man habe den Spaniern
29
vom reich absque diminuitione imperii so viel gelaßen, deßgleichen nun
30
auch ihnen, die sich ebensogutt alß die Spanier hielten, geschehen kondt,
31
und dadurch dannoch das reich nit verringern. Wie man dan auch alßdan
32
pro conservandis imperii iuribus mit ihnen wegen des Elsaß schon wurde
33
genugsamb capituliren und conditioniren konnen. W: Den Wert solcher
34
Zusagen Frankreichs zeigen der Regensburger Vertrag und die gegen die
35
Rechte des Reiches gerichtete Einrichtung des Parlaments in Metz. Hierauf
36
alß abermal von ihme Servient mit vielem exaggerirt, wie sonderlich
37
Franckreich der reichsstende libertet suchen thett, dagegen aber von I. H. G.
38
remonstrirt worden, daß solches in dem gebrauchenden medio den catho-
39
lischen die uncatholische durch starcke assistenz uber den haltz zu ziehen
40
und sich, auch ihren statum selbst in scheinbare gefahr zu sezen, gar weitt
41
fehlete, wodurch dan veruhrsacht, daß die catholische, weyln sie sich, meh-
42
rer desolation zue verhüetten, mit den außländischen nit coniungiren kond-

[p. 340] [scan. 390]


1
ten, sondern ahn Ihrer Kayserlichen Majestät allein hielten, viel contra
2
ipsas imperii leges mit den schweren contributionibus ertragen und ausste-
3
hen müsten. Sagte er, mit dem reich muste man frieden machen und
4
solches wegen der Spanier nicht underlaßen, quoad statum politicum werde
5
mans wol eins sein oder doch eins werden konnen, in puncto religionis habe
6
man den alten regulis nachzugehen. Worauf I. H. G.: Wan man den
7
alten regulis und religionfrieden recht nachginge und selbige nicht anderst,
8
zu der catholischen religion hochsten nachtheyl, außlägen und in einen
9
andern verstand umbsezen thette, wurde auß den sachen leicht zue kommen
10
sein. Negst diesem hat der Servient den discurß dahin gezogen, daß sie
11
mit den Schwedischen, soviel ihre confoederation anginge, allerdings einig,
12
sich auch ihrer trew gegen sie wol versichert hielten, und dahero wol zufrie-
13
den weren, daß die Schwedische vorhin mit der [!] Kayserlichen in puncto
14
satisfactionis verglichen. Der circulus Burgundicus, deßen autoritet und
15
vortheyl die Spanier auf reichstägen sich verscheidenerley mißbrauchten,
16
sey lapis offensionis; Carolus V. hette Artois und Hennegaw, so Gallicum
17
Belgicum genendt gewest und weder dem reich noch Spanien yemaln ge-
18
hört, von Franckreich bekommen, alsobald mit den Niederländischen pro-
19
vincien incorporirt, circulum Burgundicum vom reich eximirt und dannoch
20
daselbe obligirt, daß auß deßen mittelen dem Burgundischen craiß zu assi-
21
stiren seye. Von dieser materi seind I. H. G. wiederumb auf den punc-
22
tum praetensae satisfactionis kommen, und gesagt, daß Franckreich einigen
23
titulum habe, was sie von den Spanischen villeicht praetendiren möchten,
24
alß daß sie, was sub Francisco I. nachgegeben, wiederhaben wolten. Nun
25
hetten sie aber ahns Elsaß zumal kein ansprach, und wan sie daselbe mit
26
gewalt der waffen zu erzwingen gedencken solten, würde darauß keine be-
27
stendige versicherung des friedens erfolgen, indeme hernegst ihrem exempel
28
nach dergleichen ansprach wiederumb würde gemacht werden. Welches
29
Servient distinguirt, daß sie das Elsaß mit gewalt nit begerten, man solt es
30
ihnen auß gutem willen geben, da alßdan die ratio repetendi cessirte.

31
Hierdurch haben I. H. G. abermaln ursach genommen zu remonstriren,
32
wie unverandwortlich es seye, mit den Franzosischen waffen die catholi-
33
sche zu dem vergleich ratione ecclesiarum et ecclesiasticorum bonorum zu
34
zwingen. Und alß der Servient hiervon auf die Pfalzische sach kom-
35
men und vermeldet, daß mit Churbayern die cron Franckreich guter
36
freundschafft weren und dannoch die exercitus alle jahr sich tapffer mit-
37
einander herümbschlügen. Haben I. H. G. Churbayerns hierbey haben-
38
de displicenz contestirt und dem Servient zu bedencken geben, obs nicht
39
zeit, sich zu wehren, wan man einem solche gäst mit so starcken betrohun-
40
gen und anderwerz verspuhrten würckungen ins hauß schicken und selbiges
41
ganz umbkehren wolte. Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Bayern hetten
42
in Franckreich keine volcker geschickt, sie wurden aber hingegen von ihnen
43
den Franzosen starck angegriffen und musten sich derentwegen, alßlang
44
man ihren friedlichen consiliis kein gehör geben wolte, nohtwendig weh-

[p. 341] [scan. 391]


1
ren. Der Servient hat hierauf der cron Franckreich gute affection gegen
2
Bayern abermalß wiederholet und angezeigt, daß ratione Palatinatus alhie
3
einiger vorschlag mit der alternation geschehen sein solte, welches sie ihres-
4
theylß zu thun bedenckens gehabt hetten. I. H. G. aber haben ihm ex-
5
plicirt, daß dieses allein discursus privatus sein musten, und Ihre Kayser-
6
liche Majestät noch keiner andern intention, weniger Churbayern darzu
7
einigergestalt sich verstehen werde. Wobey der Servient wiederumb
8
der cron Franckreich gute zuenaigung zu Ihrer Churfürstlichen Durch-
9
laucht, unangesehen dieselbe sogar mit Osterreich alliert, cum hac compa-
10
ratione wiederholet, daß der pfalzgraff mit ihnen gleichsamb confoederirt
11
und sie sich dannoch mehrers Churbayern alß seiner des pfalzgraffen affec-
12
tionirt bezeigten. Welches I. H. G. damit beandtworttet, man kondte
13
Ihre Churfürstliche Durchlaucht eben wie den vorigen konig in Franck-
14
reich von dem hauß Osterreich benennen, weyln sie beyde Austriacas ge-
15
habt und hetten

41
Vgl. oben S. 274 Anm. 3 und [S. 8 Anm. 18] .
, und würde die cron Franckreich bekennen, daß bey einer
16
solchen koniginnen regierung sie bey ihrem statu nit ubell gefahren. Sonsten
17
würden, der Franzosen selbsteigener bekendtnus nach des haußes Oster-
18
reich bediehnte wol wissen, daß Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern
19
kein herr seye, der von einem andern hauß dependentz nehme.

20
W bei den Bayern: Bericht Buschmanns. Vertraulich zur Hand gebrachter
21
Extrakt der protestantischen Gravamina

42
Vgl. unten [S. 344 Anm. 1] .
. Gespräch mit Servien.

22
1645 XII 27
Mittwoch W bei Nassau. – W bei Volmar. Bericht über
23
das Gespräch mit Servien. Volmar: Verteidigung des Rechtes der Inns-
24
brucker
Erzherzoge. Den Mediatoren zufolge behaupten die Franzosen,
25
daß underschiedlich zu Oßnabruck anwesende stend die transportation des
26
Elsaß ahn Franckreich nicht unpillichten und daß sie ihre mainung von
27
theyls underschrieben beraiz inn handen hetten. Deme hetten sie Kayser-
28
liche zur andwort geben, daß sie solches nimmer glaubten, vielmehr katho-
29
lische
und unkatholische Stände instruiert zu sein erklärten, daß den coro-
30
nen zur praetendirender satisfaction ahn land und leuthen nichts bewilligt
31
werden solt. W: Daß wo immer muglich vom reich nichts dismembrirt
32
werden solle, deßgleichen man sich dan auch ex parte der geistlichen chur-,
33
fursten und stende zue versehen, daß von den erz- und stifftern ichtwas
34
veralienirt noch den catholischen ahn ihren iuribus praeiudicirt werde. Und
35
alß dabey er Volmar auf verainigung der stende under sich gefallen, sagten
36
I. H. G., daß diese intention zwarn gutt, und hielte man von seitthen der
37
catholischen stende solches ein gar nuzlich und nohtwendiges ding, allein
38
seye mans mit einander ratione modi, mediorum et temporis nicht eins,
39
zumaln die uncatholische auff Ihrer Majestät intention mit undertruck-
40
oder schmäherung der catholischen geistlichen stend zu pringen, seye ganz

[p. 342] [scan. 392]


1
kein medium ad pacem vel unionem, und werde der effectus gar gewiß
2
nicht zu erheben, weder von Gott genad zu hoffen sein, so wenig alß man
3
post pacificationem Pragensem erfahren. Der herr Vollmar replicirte,
4
man muste dannoch sehen, wie zum frieden und allerseiz beruhigung
5
dermaln zu gelangen. Dem Kayser Rudolpho hab der beruhmbte doctor
6
Pistorius

42
Dr. Johann Pistorius (1546–1608), ksl. Rat, Generalvikar von Konstanz, Propst in
43
Breslau (vgl. ADB XXVI S. 199ff ).
ein guttachten ubergeben, warinnen er vermaint, pro con-
7
scientia et religionis catholicae augmentatione zu sein, daß die un-
8
catholische ad praebendas et dignitates catholicorum episcopatuum et
9
vice versa die catholische auf denen von den acatholicis besitzenden stiff-
10
tern admittirt würden, wodurch selbige stiffter zum ersten wiederumb
11
recuperirt werden kondten. I. H. G. wolten diß fur kein gute maxi-
12
mam, sondern balder dafur halten, daß dadurch der geistliche vorbehalt
13
in mercklich praeiudiz und gefahr gesetzt, ad libertatem credendi im
14
reich, consequenter zu genzlicher exterminirung der catholischen religion
15
thur und thor eröffnet würde, auff welche weiß man alle tag zum frie-
16
den, wan es ein frieden zu nennen, gelangen kondte [...], dan solches
17
kein rechter fried, der sich nit mit sowol in religion alß reichssachen auf die
18
posteros deriviren laßen wird. Welches er Vollmar, daß man ad futura
19
tempora mit zu gedencken, wahr und nottig zu sein vermeldet. Und
20
fragten I. H. G., ob er wol vermain, wan den uncatholischen schon alle
21
mugliche satisfaction gegeben, daß sie dadurch auf Ihrer Majestät seitthen
22
und zur zusammensezung mit den andern stenden werden zu pringen sein.
23
Ihrestheyls musten sie gar sehr darahn zweifflen, 1. wegen der alliantz und
24
intelligentz etlicher stend mit den coronen, die gegen ihre intention und
25
willen nimmer thun würden, 2. des privat und heimblichen interesse; die
26
Landgräfin und ihre vornehmsten Minister erhalten große Summen, in den
27
meisten Reichsstädten ist der eine oder andere Ratsverwandte und Syndi-
28
kus
von den Kronen abhängig, und wan solches nit, würden gegenwertige
29
tractatus lengst anderst gangen sein. Die obligation der uncatholischen
30
stend gegen die coronen sey daher desto großer, daß sie vermainen, auch
31
getrawen, durch ihre assistenz ein mehrers alß sonsten zu erlangen.

32
Volmar gibt zu, daß underschiedliche pensionarii im reich sich befinden
33
mochten, nachdem aber in specie die landgraffin zu Hessen Cassel und
34
deren ministri dero bey Franckreich habende pensiones ebensowol tempore
35
pacis genießen werden, so seye auch zu vermutthen, daß die fürsten, deren
36
ministri corrumpirt, dergestalt sich werden verlaithen laßen, und wan die
37
stend im furstenrhat recht zusammensezten und solche pensionarios ihrer
38
pflichten erinnerten, werde sich viel dergleichen verhindern laßen. Wor-
39
auf I. H. G., wan solches geschehe, mochte man undereinander zu beßerer
40
intelligenz gerathen, das werck aber scheine darauß desto beschwerlicher,
41
daß Ihrer Majestät und der catholischen und getrewer stend intention

[p. 343] [scan. 393]


1
vorhero behorend nicht recht concertirt, indeme von seitthen Ihrer Kay-
2
serlichen Majestät den mediatorn, auch den coronen und uncatholischen
3
selbst propositiones und offerta beschehen, ehe daruber die getrewe stend
4
gehort. Über Metz, Toul und Verdun ist vorher nicht einmal das Kurkolleg
5
gehört worden. 2. Entgegen den Regensburger Beschlüssen von 1636 ist
6
den Protestanten die Beteiligung der Katholiken an der Geldentschädigung
7
für Schweden angedeutet worden. 3. Ihnen ist die Behandlung der Reli-
8
gionsgravamina
auf dem Kongreß in Aussicht gestellt worden. Und gehen
9
beraiz von ein und anderm uber solch procedere allerhand klagten, die
10
sagen, was man dergestalt alhier zu machen habe, alß allein, was den
11
coronen proponirt, zu approbiren. Desgleichen sich auch vor diesem bey
12
Prager frieden sowol catholische alß uncatholische stend beschwerd, und
13
daß solchenfalß die kostbare gesandtschafften beßer verpleiben kondten.
14
4. Trauttmansdorff äußert, im Reichshofrat werde überlegt, wie weit den
15
protestantischen Gravamina nachgegeben werden könne, ohne daß andere
16
Stände bisher davon Nachricht haben. Volmar: Daß was geschehen, alles
17
unvorgreifflich seye, und hetten sonst sowol die herren mediatores alß
18
coronen nachgefragt, ob mit den beschehenen offerten die stände zuefrie-
19
den. Denen zur andwort geben, daß es nur resolutiones Caesaris, und man
20
daruber noch der stende mainung zu vernehmen hab. Alß I. H. G. hie-
21
bey vermeldet, cui bono dan solche propositiones geschehen, wan die stende
22
nicht darmit einstimmen, und ob nicht solchenfalß große disreputation
23
sowol Ihre Majestät alß die stende und das reich, alß wan sie zum frieden
24
kein lust, werden auffheben, und dan aller undanck auff die Kayserlichen
25
geschoben werden. Sagte er Volmar, daß zu erwartten stehe, was der
26
herr graff von Trautmanstorff bey einem oder andern werde negotiirt
27
haben, davon er bey seinem wiederkommen sonder zweiffel relation thun
28
werd, so alßdan den stenden unverhalten pleiben solt. [...]

29
[...]

30
1645 XII 29
Freitag [...] – Anfrage bei d’Avaux: Wird Oxen-
31
stierna Kölnern und Bayern seine Ankunft mitteilen, den Besuch annehmen
32
und dabei die hier üblichen Formen beobachten, nachdem Salvius neulich
33
entsprechende Anregungen nicht aufgenommen, von Ksl. und Spaniern
34
aber den Besuch angenommen hat? D’Avaux verspricht zu vermitteln.

35
Chigi bei W: Mahnung zur Abwehr jansenistischer Einflüsse an der Uni-
36
versität Köln anläßlich der Einführung der Oratorianer.

37
1645 XII 30
Samstag Mitteilung von d’Avaux: Aus Zeitgründen
38
wird Oxenstierna diesmal keine Besuche annehmen können, will aber,
39
wenn eben möglich, W noch empfangen. – Mitteilung an die Bayern. Da
40
keine Notifikation erfolgt, unterbleibt der Besuch.

41
Bericht Landsbergs: Besuch Oxenstiernas bei Nassau. Als Grund seines
42
Besuches hat Oxenstierna Absprachen über den weiteren Verhandlungs-

[p. 344] [scan. 394]


1
modus
angegeben und dazu vier Vorschläge gemacht: 1. Zusammenkunft
2
der Beteiligten an einem Ort, 2. Verhandlung durch Schreiben, 3. durch
3
Deputierte, 4. durch die Sekretäre. Die Ksl. haben 1 und 2 als zu umständ-
4
lich
, 3 und 4 wegen der Gefahr von Mißverständnissen abgelehnt und Fort-
5
setzung
der Verhandlungen über die Mediatoren empfohlen. Oxenstierna
6
hat auf Fertigstellung der katholischen Schrift zu den Gravamina gedrun-
7
gen
, deren Behandlung unumgänglich sei, und zum geistlichen Vorbehalt
8
gemeint, daß übertretende Bischöfe ihre Stifter wenigstens auf Lebenszeit
9
behalten sollten. Die Ksl. haben eingewandt, daß solches also nit herkom-
10
men und dergleichen große confusion gebähren werde. [...]

11
Bericht Buschmanns: Die Protestanten haben ihre Gravamina den Ksl.,
12
dem Mainzer Direktorium, den Schweden und zur Mitteilung an die Fran-
13
zosen
Vulteius zugestellt. Vor Erhalt der Gravamina wollten die Schweden
14
ihre Replik nicht herausgeben. Nach vertraulicher Mitteilung Trauttmans-
15
dorffs
sind die Schweden bereit, ohne Vermittler mit den Ksl. zu ver-
16
handeln
. Zur Pfälzer Frage hat Trauttmansdorff zu Buschmann geäußert,
17
Bayern lehne die Alternation ab, die achte Kur mache Schwierigkeiten,
18
man habe sich mit einem oder andern vorschlag nicht zu ubereylen, verhof-
19
fend, die sachen dahin zum besten sich wurden richten laßen, daß die chur
20
bey der ganzen Wilhelmischen lini perpetuirt, auch die Oberpfalz iure
21
pignoris dem hauß Bayern, so lang biß die forderung der 13 millionen
22
erlegt, pleiben solle. Die Schweden sprechen jetzt von einer Pommern,
23
Schlesien, Teile Mecklenburgs und 6–7 Stifter umfassenden Satisfaktion,
24
vermutlich um damit auch Äquivalente für Brandenburg zu gewinnen. –
25
[...]

26
Mitteilung Chigis: Lösung des Herzogs von Lothringen vom Bann wegen
27
seiner Doppelehe

41
Hg. Karl von Lothringen war seit 1637 IV 2 mit Beatrix de Cusance (1614–1663)
42
verheiratet, doch hatte der Papst die Trennung seiner ersten Ehe mit der in Frankreich
43
lebenden Herzogin Nicolea von Lothringen nicht anerkannt.
.

28
Bayern bei W: Kurbayern sieht, daß der Kaiser den Frieden hauptsächlich
29
durch Trennung der Protestanten von den Kronen zu erreichen sucht. Zue
30
besorgen, daß solche abziehung anderst nicht, alß cum magno detrimento
31
der catholischen religion werde geschehen konnen; zumalen die protesti-
32
rende leichtlich mercken konnen, daß ein yeder theyl umb sie buhle, und sie
33
dahero sich theur zu machen anlaß nehmen werden. Derowegen wol zu
34
bedencken stunde, daß weilen man einen weg wie den andern ohne der
35
frembden cronen satisfaction den zweck des friedens nicht erlangen,
36
sondern wan schon die stend under sich allerdings ainig, man erst mit den
37
frembden coronen einen newen krieg werde anfangen mußen, ob dan nicht
38
beßer auf solche satisfaction bedacht zu sein. Und hielten Seine Churfürst-
39
liche Durchlaucht eine notturfft, daß die catholische chur- und furstliche

[p. 345] [scan. 395]


1
abgesandte ingesambt oder durch einen ausschuß den Kayserlichen gesand-
2
ten die notturfft remonstriren und sie ersuchen und erinnern möchten,
3
gleich alspald den frembden coronen, so gut man werde konnen, in puncto
4
satisfactionis zu begegnen. Das Angebot mit Metz, Toul und Verdun un-
5
zureichend
. Möglichkeit eines spanisch-französischen Sonderfriedens, wa-
6
durch dan Teutschland der ganzer last des kreigs ubern halß gezogen
7
würde. Derowegen beßer in zeiten in causis prophanis mit den frembden
8
frieden zu stifften, alß vorerst dispendium religionis zue leiden und dan-
9
noch folgendts zue solchen mittelen zu schreitten. W: Daß dieses eine
10
hochvernunfftige erinnerung, Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht auch fur
11
solchen in religionssachen bezeigende sorg und eiffer von allen catholischen
12
billich hoher danck gebühre. Dieweyln es aber iezo auf dem beruhe, daß
13
die Franzosen und Schweden ihre haubterklehrung von sich geben und man
14
darauß vernehmen wird, wohin sie mit ihrer satisfaction endt- und eigent-
15
lich ziehlen, so werd den catholischen stenden die materia selbst ahn hand
16
geben, sich dieserthalb mit den Kayserlichen in underredung einzulaßen
17
und die notturfft vor augen zu stellen. Inmittelst aber hielten I. H. G.
18
beßer hiemit in rhue zu stehen, den zweiffelsohn die Kayserlichen doch
19
alles auf solche der frembden coronen erwarttende erklehrung hinweisen
20
und man mit dieser erinnerung nichts außrichten wurde, dan den unglimpff
21
einzulegen, alß ob die stend gern sehen wolten, daß Ihre Kayserliche Maje-
22
stät mit hinderlaßung ihrer landen den frieden dem reich erkauffen solten.

23
1645 XII 31
Sonntag Nassau bei W.

32
23 [...]] am Ende: Womit das 1645 te jahr exspirirt, Gott geb genad und segen zum
33
bestendigen guten frieden gegen iezt antrettend künfftigs. M. L.
[...]

24
1646 I 2
Dienstag Konferenz der katholischen Stände . – Antwort
25
Kursachsens

35
Anlage 1 (Kursachsen wegen Abordnung seiner Gesandten): fehlt.
. – [...]

26
1646 I 3
Mittwoch Konferenz der katholischen deputatio ad
27
gravamina . – [...]

28
1646 I 4
Donnerstag Antrittsbesuch Giffens

37
Johann von Giffen (gest. 1656), Rat und Gesandter Erzherzog Leopold Wilhelms,
38
vertrat für ihn Deutschorden, Straßburg, Passau, Halberstadt, Hersfeld, Murbach,
39
Lüders, Hohnstein, ferner den Johanniterorden und Andlau.
.

29
Volmar bei W. Oxenstierna hat den Ksl. vorgeschlagen, künftig mündlich
30
zu verhandeln. Sie haben gebeten, daß die Antwort auf die ksl. Responsion
31
noch schriftlich erfolge, danach könne der Vortrag der Parteien bei den

[p. 346] [scan. 396]


1
Mediatoren mündlich geschehen, wobei durch Unterzeichnung das Proto-
2
koll zu bestätigen sei; in Osnabrück könne Trauttmansdorff mit den
3
Schweden direkt verhandeln. Klagen Oxenstiernas wegen Einschränkung
4
der Amnestie, besonders in Württemberg und den Erblanden. Man hat
5
geantwortet, der Kaiser könne ebensowenig wie Schweden sich in den eige-
6
nen Landen Vorschriften machen lassen. Für Württemberg könne die Zu-
7
rückweisung der Amnestie, durch die auch der Kaiser sich gebunden habe,
8
bei einem für den Kaiser günstigen Kriegsverlauf gefährlich werden. Zur
9
Beilegung der Religionsgravamina hat Oxenstierna vor allem die Auf-
10
hebung des geistlichen Vorbehalts gefordert. Die Ksl. haben sich auf den
11
Passauer Vertrag berufen, während gegen den angeblichen damaligen Pro-
12
test der Gegenseite gegen den Vorbehalt der aktenkundige Verlauf der
13
Verhandlungen spreche; zudem sei der Vertrag mit dem geistlichen Vor-
14
behalt von den Protestanten unterschrieben und mit ihrer Zustimmung
15
dem Reichskammergericht als Entscheidungsnorm zugestellt worden;
16
schließlich sei die rechtliche Bedeutung eines solchen Protestes fraglich,
17
da der Vertrag einseitige Konzessionen der Katholiken betreffe und diese
18
dafür die Bedingungen festlegen konnten. [...] Rückkehr Trauttmans-
19
dorffs vermutlich nach Übergabe der schwedischen Replik. Wittgenstein
20
hat unter Berufung auf die Amnestie bei Trauttmansdorff die Rück-
21
gabe Hachenburgs gefordert, ist aber auf den in Wien anhängigen Prozeß
22
verwiesen worden, über den W auf Volmars Bitte nähere Auskunft gibt.

23
Longueville bei W. Versichert auf Ws Klagen über den Zeitverlust, die
24
Replik solle übermorgen ausgeliefert werden. W: Daß zu verhoffen,
25
gleich wie die hayligen drey konig dem kindlein Jesu annehmbliche ge-
26
schänck mit gold gethan, auch zur nachfolg sie Franzosische mit angeneh-
27
men sachen würden herfurkommen. Longuevillus ridendo subiecit, es
28
muste auch von weyrauch und myrrhen was darmit sein. I. H. G. hin-
29
wieder, myrrhen hab man von Franzosen eine zeit her nur gar zuviel
30
bekommen, iezt nun golt et quae grata essent verhoffen wolt. Ad
31
quod Longueville, die mira wurde sein divisio replicae in vier haubtpunc-
32
ten, worauff sie die ubrige reduciren wolten. Dabey I. H. G. in hohem
33
vertrawen angedeut haben wolt, daß die Schweden auf Oßnabruck und
34
Minden sehr starck bestanden, endlich aber auf ihr der Franzosen Opposi-
35
tion bey den stifftern Bremen, Halberstatt und Verden gelaßen. War-
36
auf f sie hinwiederumb vermeldet, wolten nicht hoffen, der Franzosen mai-
37
nung zu sein, daß die Schweden solche stiffter zu behaubten gedencken sol-
38
ten, auch solche ohnedas, sozusagen, mitten im reich und ihnen gantz abge-
39
legen weren. Der Longeville aber, solches wurde von Schweden ge-
40
schehen, damit Churbrandenburg loco Pommern satisfaction zue geben.

41
Alß I. H. G. gefragt, woher die Schweden auff Verden praetension
42
machen kondten, da doch selbiger stifft eiusdem naturae mit Oßnabruck
43
und Minden? Sagt er Longeville, weiln sie es dem prinzen von Denne-
44
marck abgenommen. W: Dieser hat es unrechtmäßig erworben und ist

[p. 347] [scan. 397]


1
von den Landständen für die dabei gemachten Aufwendungen entschädigt
2
worden

44
Vgl. oben [S. 70] .
.

3
Hinzu Reck/Buschmann. Nähere Ausführungen, daß alle verandtwort-
4
tung, dafern man catholischer seits etwas der religion zu nachtheyl einwilli-
5
gen müste, auf die cron Franckreich fallen würde. Warauff er Longe-
6
ville replicirt, daß billich vor allen dingen das gewissen in acht zu nehmen,
7
im ubrigen aber riethe er, solche streitigkeiten nach beschaffenheit der
8
iezigen zeiten, so gut man konne, beyzulegen. Und werde man spuhren, daß
9
dadurch der religion vielmehr alß durch fortsetzung des kriegs genuzt
10
würde. Wie aber weitter in ihn getrungen, wan nun die protestirende
11
mit solchen mitteln, die im gewissen zu verandworten, nicht zufrieden sein
12
wolten, weßen man sich dan zu der cron Franckreich ex parte catholicorum
13
zu versehen. Hatt er darauff cathegorice nichts geandworttet, sondern es
14
bloßlich bey dießem bewenden laßen, daß sie Franzosen erst sehen musten,
15
wie sich Ihre Kayserliche Maiestät hierbey bezeigen, und weßen dieselbe
16
sich erklehren würden. Und ob man ihme auch weitlauffig zu gemuth
17
gefuhrt, daß einmal die catholische in diese gegenwertige angustias durch
18
die Franzosische waffen getrieben, daß im wiedrigen es ahn mittelen, die
19
protestirende a la ragione zu pringen, und sie in terminis des religionfrie-
20
dens, welcher fur die catholische klärlich strebe, zue halten, nit ermanglet
21
haben würde. Hat er doch alle schuld auf f Ihre Kayserliche Maiestät und
22
das hauß Osterreich, alß welches die Franzosen durch anfangung unpilli-
23
chen kriegs mit gewalt ins spiel gezogen, gelegt, und daß ermeltes hauß
24
Osterreich, wo nur die geringste ratio status herfurschiene, causam religio-
25
nis, auch die geistliche stifft und gutter zuruckzulaßen, kein groß bedenk-
26
kens mache. Mit den Schweden ist verabredet worden, die Repliken in vier
27
Punkte zu gliedern: 1. Rechte der Reichsstände einschließlich der Amnestie,
28
2. Satisfaktion der Kronen, 3. Assekuration, 4. Durchführung des Friedens.
29
Die Franzosen wollen ihre Replik den Mediatoren mündlich eröffnen und
30
nur kurze Notizen über die einzelnen Punkte beigeben, die sie auch an die
31
Reichsstände bringen wollen. Dabei besteht die Schwierigkeit, daß sie
32
wegen Zeremoniellfragen weder mit Mainz noch mit Österreich als den
33
Direktoren der beiden Kollegien verhandeln können. Scharfe Kritik der
34
Franzosen an den Mainzern, die trotz zweimaligen Entgegenschickens die
35
Visite nicht in ihrer gepuhrenden ordnung annehmen wollten, warinnen sich
36
dan der churfurst von Mainz nicht alß ein churfurst, sondern alß ein Spa-
37
nischer pensionarius erwiesen. Alß lang nun dieser fehler nicht reparirt,
38
konten sie die Mainzische nit fur churfürstliche gesandten erkennen, und
39
wurde Churmainz diesen den Franzosen erwiesenen affronto, inmaßen dan
40
Seine Churfürstliche Gnaden solches alberait empfinden thetten, noch in
41
viele wege zu entgelten haben.

42
W: Nachdem die Spanier sich zuerst zur Visite angemeldet hatten, haben
43
die Mainzer, weil sie sich nicht in den Präzedenzstreit mischen wollten,

[p. 348] [scan. 398]


1
lieber ganz auf die Besuche verzichtet. Longueville bleibt dabei, daß
2
die ihnen beschehene iniuria auf solches weiß, wie sie begangen, reparirt
3
werden müsse, daß nemblich die Churmainzische ihnen den Franzosen vor
4
den Spaniern die visita geben. [...]

5
Buschmann bei Saavedra und bei Brun. Die Spanier wollen den staatischen
6
Abgesandten, die man bald erwartet, die gleichen Ehren wie den anderen
7
Gesandten

43
7 erweisen] an Köln/Bayern 1646 I 5/6
erweisen.

8
1646 I 6
Samstag Köberlin bei W. [...] Klage über den Anspruch des
9
Rotaauditors Peutinger, hinsichtlich der Einkünfte seines Konstanzer
10
Kanonikates den residierenden Domherren gleichgestellt zu werden. W:
11
Im Interesse der Vertretung deutscher Angelegenheiten die Anwesenheit
12
von Deutschen an der Kurie nützlich, auch wenn der Unterhalt den Stif-
13
tern
beschwerlich ist. [...] Worauf sich der discurß, remonstrando wie
14
einig die uncatholische, Lutherische und Calvinische undereinander, ad
15
publica flectirt, indem man sehe, daß sie nichts achten thetten, was sie auch
16
von den Schweden leiden müsten, sondern dadurch die catholische zu
17
undertrucken und ihre praetensiones durchzupringen verhofften, deßglei-
18
chen einsambkeit woll under den catholischen zu wunschen, aber es seye
19
zumal kein zuesammenstehen under ihnen, maßen sich dan in hoc congressu
20
genugsamb thette außweißen, daß die geistliche sowohl nit ubereinstim-
21
meten, alß auch diese gegen die weltlich sich bezaigten. Ohn seye zwar
22
nicht, daß die Kayserliche, Churbayerisch und Westvalische kriegsvolcker
23
beschwernus mit sich fuhren, und daß wol ursach daruber zu klagen sein
24
möcht, daß man aber deßhalber sich separirn, und den uncatholischen, ihres
25
gefallens, was unßer vorfahren nimmermehr gedacht, nachgeben und ein-
26
willigen, und a causa communi, propter privatum, zue hochstem nachtheyl
27
und schaden der religion, aussetzen solte, sey den principiis politicis
28
zuwieder, und hernegst bey Gott und der werthen posteritet uberschwer zu
29
verandwortten. Pace constituta cessire dergleichen trangsal mit der gelegen-
30
heit von sich selbsten. Falß man auch, so Gott verhütte, zu keinem frieden
31
solte gelangen, wurden sich schon andere mittel finden, den unordnungen
32
und beschwerden zu remidiiren. Welches der abgesandter nicht wieder-
33
sprochen, und damit der discursus sich geändiget.

34
1646 I 7
Sonntag Mitteilung an Raigersperger: Vorwürfe Longuevil-
35
les
wegen der unterlassenen Besuche. Raigersperger: Er sollte occasione
36
negotiorum die Franzosen aufsuchen und sie besänftigen, ist aber abge-
37
wiesen
worden. Da Franzosen wie Spanier sie bedrängen, müssen sie sich
38
noch zur zeiten zwischen beyden halten. Auf Ws Drängen soll für
39
morgen eine Zusammenkunft angesagt werden, wobei Raigersperger
40
zunächst die Beilegung des Streites mit den Fürstlichen über den Exzellenz-
41
titel
für nötig hält und andeutet, daß Mainz und Trier nicht sehr darauf
42
bestehen würden.

[p. 349] [scan. 399]


1
Anfrage bei Chigi wegen des Besuches der Franzosen bei den Mediatoren.

2
Chigi: Da er den Franzosen die Zuziehung Rosenhanes abgeschlagen hat,
3
tragen die Franzosen die Replik zunächst in Gegenwart Rosenhanes und
4
der Hessen bei Contarini vor und werden mit diesem dann zu ihm kom-
5
mem
. Die Franzosen wollen damit die Zuziehung ihres Residenten bei
6
Eröffnung der Replik in Osnabrück erreichen. Soviel er verspuhr, wurden
7
die Franzosische aurum, thus et omnia begehren, aber nichts geben, daß er
8
ahn erlangung des friedens große ursach zu zweifflen, zuemaln, wan er
9
alles uberlegt, man iezo viel weitter davon alß vorm jahr seye. Die
10
Schweden hetten so viele orth im reich ein, wie er auß der landchart erse-
11
hen, und iezo ein so formidablen exercitum auf beynen. Er hab lenger alß
12
vorm jahr in hochster confidentz und gehaimb gerathen, daß man ex parte
13
Caesaris et imperii sich in mehrer verfassung stellen möcht, auch darzu
14
mittel durch hern Vollmar ahn hand geben laßen, maßen er auch solches
15
ahn Kayserlichen hoff bericht zu haben vermeldet, seye aber weniger alß
16
nichts darauf geschehen, und besorge er dahero bey solcher ossitantia Ger-
17
manorum eine totaleversion cum summo catholicae religionis dispendio. Er
18
rithe noch, und begert es von I. H. G. gehoriger orthen zu urgiren, daß
19
doch die gefahr mehrers apprehendirt und dagegen beraitschafft gemacht
20
werden, saltem daß man sich in conscientia exoneriren und ab infamia illa,
21
daß die Teutschen ihr beruhmbt heroysch herz ganz fallen laßen, liberiren
22
möchte.

23
Mitteilung von beiden Unterredungen an die Bayern. Wegen des Exzellenz-
24
titels erklären diese, nur ihren bisherigen Anweisungen folgen zu können
25
und über weitere Vorschläge erst berichten zu müssen.

26
1646 I 8
Montag Kurfürstenrat – [...] – Mitteilung Nassaus: Con-
27
tarini hat über die Eröffnung der Replik berichtet

41
Vgl. APW III C 2,1 S. 516; die Repliken der Kronen waren 1646 I 7 mündlich den
42
Mediatoren bzw. den ksl. Gesandten in Osnabrück eröffnet worden; vgl. J. G. Meiern II
S. 182ff , 200ff , C. W. Gärtner VII S. 374ff.
; diese soll jetzt zu
28
Papier gebracht und morgen den Ksl. zugestellt werden. Die Franzosen
29
bleiben bei der Forderung nach dem Elsaß. W erbittet den Text für morgen
30
kurzfristig zur Kenntnisnahme.

31
Mitteilung an die Bayern. Diesen hat Volmar zusätzlich mitgeteilt, die
32
Hessen hätten sich bei den Ksl. zu besonderen Verhandlungen angegeben,
33
doch wolle man ohne Vorwissen Trauttmansdorffs die dazu begehrte Voll-
34
macht nicht herausgeben.

35
[...]

36
1646 I 10
Mittwoch Anfrage bei Nassau wegen der französischen
37
Replik, der schwedischen Replik und der für heute angekündigten Ankunft
38
der staatischen Gesandten. Nassau: Die schriftliche Fassung der Replik
39
ist von Longueville, der sie bestätigen soll, noch nicht zurück. Aus Osna-

[p. 350] [scan. 400]


1
brück keine Schreiben gekommen, vermutlich weil Trauttmansdorff sie selbst
2
bereits gestern dort erwarttete; es soll die Replik am Sonntag eröffnet
3
worden und das petitum uber alle maß scharpff sein. Da sie nach Erhalt
4
der französischen Replik sofort nach Osnabrück reisen, wollen sie die
5
Begrüßung der Staatischen bis zur Rückkehr verschieben. Sie sind angewie-
6
sen, sich dabei nach dem Herkommen zu richten, doch wird man sich ange-
7
sichts der veränderten Lage wol hierin in die zeit schicken mußen, worüber
8
sie mit Trauttmansdorff reden wollen. Die Spanier haben sich ihm gegen-
9
über auf ein Gespräch hierüber nicht eingelassen. – Mitteilung an die
10
Bayern. – [...]

11
Anfrage bei den Mainzern, die wegen Behandlung der staatischen Gesand-
12
ten
eine Kollegialberatung für nötig halten, auf Kölner Anregung wegen
13
der brandenburgisch-staatischen Bindungen aber einer vorherigen Beratung
14
der katholischen Kurfürsten zustimmen. – Auf Anfrage der Mainzer ant-
15
worten
die Trierer, man hab es beim altten stylo zu laßen und die gesandten,
16
wan sie keine standtspersonen, ’der hochmogenden Herren Staden hochan-
17
sehenliche gesandten, hochgeerte herrn‘ etc. zue tractiren, mitt der salutation
18
der notification zu erwartten, alßdan von übrigen zu reden, wan sie herein
19
(der mäinung auch die herren Churbayerische weren), noch zeit sein werde.

20
1646 I 11
Donnerstag Mitteilung der Franzosen: Nachdem die
21
Replik den Mediatoren übergeben ist, möge W befördern, daß noch heute
22
Deputierte des Kurkollegs zu ihnen kommen, mit denen sie über die Replik
23
reden wollen. Und bemühten I. H. G. sie hiermit, weiln sie wohl wüsten,
24
daß die Churmainzische inen nicht allerdings woll intentionirt und dahero
25
dies ihr begeren besorglich verhindern möchten. W: Will die Mainzer
26
unterrichten, die man als Direktorium nicht übergehen kann. Darauf
27
wird geantwortet, man habe auch an die Mainzer geschickt.

28
Mitteilung an die Bayern. Bei diesen ist das gleiche Ansuchen geschehen.
29
Auf die Frage, ob die schriftliche Fassung der Replik den Mediatoren
30
zurückgegeben sei, hat der französische Vertreter sich nicht geäußert.

31
Buschmann bei den Mainzern, wo rationes pro et contra vorkommen und
32
sonderlich dahin zu sehen nöttig gehalten, damit alle disgusto und unwillen
33
bey den Franzosischen gesandten verhüettet werden möchte. Da bei den
34
Mainzern eine Deputation aus allen Reichsräten und zwar, wie besonders
35
betont wurde, von beiden Religionsparteien verlangt worden ist, wird eine
36
Zusammenkunft aller anwesenden Stände für nötig gehalten.

37
Chabot bei W. Klagen, daß Savoyen trotz unbestreitbarer Reichsstand-
38
schaft von den Mainzern nicht zum Fürstenrat berufen werde. W: Vor-
39
aussetzung dafür: 1. Eingabe spezieller Beglaubigungsschreiben beim Direk-
40
torium, 2. Beschreibung durch den Kaiser. Auf die Beschwerde, daß letzteres
41
nicht geschehen sei, erinnert W daran, daß auch hinsichtlich des Exzellenz-
42
titels der Kaiser jedes Entgegenkommen wegen noch nicht nachgesuchter Be-
43
lehnung verweigert habe. Chabot: Die Abhängigkeit von Frankreich hat

[p. 351] [scan. 401]


1
bisher die Nachsuchung der Belehnung nicht gestattet; im Zusammenhang
2
mit den Friedensverhandlungen will man sie erbitten. Stellung der Mitglie-
3
der des Hauses Savoyen zu Frankreich.

4
Bergaigne bei W. Als W erklärt, von der den Ksl. noch unbekannten fran-
5
zösischen
Replik auch nichts zu wissen, erwähnt Bergaigne Nachrichten,
6
wonach die Franzosen die chur- und fürsten, wie die formalia geweßen, in
7
des Longeville hauß citirt hetten. Bericht Ws über den Verlauf.

8
Ksl. bei W : Da die heutige Forderung der Franzosen zweiffelßohn zue
9
keinem andern end angesehen, alß die stend von Ihrer Kayserlichen Maye-
10
stät zu separiren, das Gutachten von 1636

38
Vgl. oben [S. 11 Anm. 2] .
aber von Verhandlungen des
11
Kaisers mit Assistenz der Reichsstände ausgeht, es auch in sich nit nur
12
wieder das herkommen im reich, daß dieienige potentaten, so bey den sten-
13
den anpringens zue thun, selbige zu sich in ihre wohnung erfordern solten,
14
sondern ihnen gebührte, ahn den orth, wo die stend sich zu versamblen
15
pflegen, zu erscheinen, und dan nichts gewissers, alß daß der Venetus sich
16
dieses actus, wan die churfürstlichen abgesandte dahin willigen solten, zu
17
seinem vortheyl stattlich bediehnen wurde, zumaln wan er von den Franzo-
18
sen zu sich beruffen, ihnen gar gewiß nicht werde deferiren, so hetten sie
19
nicht umbgehen mögen, solches I. H. G. zue remonstriren, und trugen auch
20
vorhin keinen zweiffel, dieselbe solche motiven wol zu erwegen nicht
21
underlaßen haben, auch in dieser sach sich also bezeigen werden, damit
22
vorbedeutte inconvenientien verhüttet, und hierunder sonderlich Ihrer
23
Kayserlichen Mayestät, auch des Romischen reichs hoheit und respect in
24
acht genommen werde. W: Will bei der Beratung der Stände die
25
Erinnerung der Ksl. in behörender consideration halten. – Reichsräte . –
26
Mitteilung des Ergebnisses an Chigi, da W fürchtet, die Franzosen würden
27
sich bei den Mediatoren beklagen. – Von Chigi verlangen die Franzosen,
28
daß die kurz vorher zurückgestellte Replik heute nicht den Ksl. übergeben
29
wird, worauf die schon festgesetzte Zusammenkunft abgesagt werden
30
muß. –

31
Mitteilung an Bayern und Mainzer. Die von diesen mit dem Ergebnis der
32
Kollegialberatung zu den Franzosen geschickten Protokollanten wurden
33
von den Gesandten nicht vorgelassen, sondern von dem Sekretär Stenglin

40
Jérémias Jacques Stenglin, Sekretär Longuevilles.

34
damit abgefertigt, er werde ihr Anbringen referieren.

35
Einzug der staatischen Gesandten

41
Johan van Matenesse und Adriaan Pauw (1585–1653), heer van Heemstede, für Hol-
42
land; Barthold van Gent, heer van Meynerswijk, für Geldern; Johan de Knuyt (1587–
43
1654) für Zeeland; Frans van Donia für Friesland; Adriaan Clant tot Stedum (1600–
44
1666) für Groningen; Godart van Reede, heer van Nederhorst, für Utrecht; Willem
45
Ripperda für Overijssel.
, denen die Franzosen und Portugiesen
36
entgegenschicken.

[p. 352] [scan. 402]


1
1646 I 12
Freitag Mitteilung von Chabot: Als er bei Servien Ws Ent-
2
täuschung
erwähnte, daß trotz französischer Zusagen Schweden die Stifter
3
Osnabrück, Minden und Verden verlange, hat dieser sich attonito bezeigt
4
mitt vermelden, daß weiln ein anders mitt inen alhier abgeredet und con-
5
certirt, er es nicht glauben köntte. W beruft sich auf Nachrichten aus
6
Osnabrück; es zeige sich, wie er den Franzosen schon mehrfach angedeutet
7
habe, daß durch sie die uncatholische und in specie die Schweden derge-
8
staldt erhoben und denselben alles in die hand gespielt würde, daß sie
9
understunden waß sie woltten, auch gegen die cron Franckreich selbst [...]
10
schlechten respect zeigen.

11
Notifikation der Ankunft der staatischen Gesandten. – Mitteilung an die
12
Bayern, denen bei der Notifikation von den Staatischen der Exzellenztitel
13
gegeben worden ist.

14
Gesandte der Stadt Köln

41
Constantin von Lyskirchen (gest. 1670), Bürgermeister; Dr. Gerwin Meinertzhagen,
42
Syndikus; in Münster seit 1645 XII 22.
bei W. Der aus Osnabrück gekommene Vertreter
15
von Kolmar

43
Johann Balthasar Schneider (1612–1658), Syndikus der Stadt Kolmar.
hat sich bei ihnen verwundert gezeigt, daß man wegen der
16
Deputation an die Franzosen Schwierigkeiten mache, da doch solches zue
17
Oßnabrugk ohne nachdencken geschehen, welches dan dahero bey den
18
Frantzosen, wie er vermerckt, desto mehrern disgust abgeben. W: Ab-
19
gesehen
davon, daß er aus Osnabrück keine Nachricht habe, sei nicht wenig
20
zu verwundern, daß etzliche wenige stende alda nur ex affectu et privato
21
interesse solchergestaldt des reichs authoritet und respect zurugksetzen und
22
den übrigen alhier großes praeiuditz, wie bereits geschehen, causirt, da sie
23
doch ebensowohl behuetsamb hierinnen zu gehen und wenigstens vorhero
24
mitt den ubrigen communication zu pflegen hetten.

25
Anfrage bei Chigi wegen der französischen Replik. Chigi: Die Fran-
26
zosen
wollen die Mitteilung an andere noch nicht zulassen. Köntte eigent-
27
lich noch nicht wißen, waß an deßen verzögerung ursach sein möchte,
28
ob vielleicht die Frantzösische plenipotentiarii einigen fernern berichts
29
von Oßnabrugk erwartten oder aber wegen verweigerter deputation sich
30
offendirt befinden möchten. – Mitteilung an die Bayern.

31
Burkhardt bei W. Beschwerde über das Direktorium im Fürstenrat, daß
32
mitt den votis et conclusis nicht, wie es sein sollte, und herkommens ver-
33
fahren würde, worauß dan nur confusiones endstehen werden; 2. das die
34
re- und correlationes nicht in pleno sondern allein per deputatos geschehen;
35
deßgleichen er auch vernohmmen, daß an die Frantzosen der stendt
36
resolution wegen begerter deputation behörent nicht referirt worden wehre.

37
1646 I 13
Samstag Anfrage der Mainzer: Exzellenztitel für die staati-
38
schen Gesandten; nähere Information in der hessischen Sache, da die
39
Gesandten gestern ihre Vollmacht eingeliefert haben. W: Unter der
40
Voraussetzung, daß die Staatischen Mainzern wie Bayern den Exzellenz-

[p. 353] [scan. 403]


1
titel geben, besteht keine Ursache, ihn umgekehrt zu verweigern. Wegen
2
Zulassung Hessens zu den Sessionen will er sich nach Durchsicht der Voll-
3
machten äußern.

4
Mitteilung an die Bayern: Mainzer Anfrage, Nachrichten Chigis. Ein von
5
den Bayern wegen der schwedischen Replik an Trauttmansdorff geschickter
6
Kanzellist hat neben einem summarischen Bericht über die Postulata die
7
Antwort erhalten, die Replik sei noch nicht kollationiert; sie sei ohne den
8
französischen Residenten am Sonntag eröffnet worden, wobei Trauttmans-
9
dorff
die schwedischen Forderungen als seltsam bezeichnet und an Gegen-
10
vorschlägen
geäußert habe: Amnestie in der 1641 beschlossenen Form,
11
Sonderverhandlungen über die Pfälzer Sache und die Gravamina; über die
12
Satisfaktion müsse er mit seinen Kollegen in Münster sprechen. Insgesamt
13
meinen die Bayern, die sachen seyen aldort in solchen gueten terminis, daß
14
zu verhoffen, dießen monat über den weg zum frieden, woh nicht von den
15
uncatholischen stendten waß hinderliches eingestrewet, maistenthailß ge-
16
bahnet zu haben.

17
Begrüßung der staatischen Gesandten. – Mitteilung an die Bayern.

18
St. Romain bei W: Die Forderung wegen Deputation der Stände ist offen-
19
sichtlich
mißverstanden worden; die Gesandten wollen des reichs aestima-
20
tion und der stendt authoritet und respect nicht mindern und haben grund-
21
sätzlich
auch kein Bedenken, selbst vor ihnen zu erscheinen. Da sich aber
22
die Replik nur mündlich mitteilen läßt, hätten sie keinen andern modum,
23
der sich in publico ohne ungelegenheit beßer füegen wollen, nicht zu er-
24
dencken gewust. Sie hetten sincere und auffrichtig kein ander absehen
25
gehabtt, alß die sach den stendten vorzupringen und zu befördern, wobey
26
ob sie wohl pilliche ursach gehabt, die Churmäintzische abgesandte zu
27
praeteriiren, dannoch, ihrer aufrichtige intention zue contestiren, hetten sie
28
zue denselben gleich andern churfürstlichen geschickt und allerseits guete
29
vertröstung bekommen, und wie sie solches gern vernommen, sich erclert.
30
Daß nun darauff andere resolution gefaßet, seye durch die österreichische
31
practiquen sonder zweiffel geschehen, hingegen dan man sie Frantzösische
32
deßen vorhero advertirt, möchten sie auf ein anders mittel bedacht sein
33
können, ietz aber sehen sie nicht, warumb inen hierin weniger alß den
34
Schweden zu Oßnabrugk, an welche dergleichen deputation geschehen,
35
wiederfahren sollte. W: Er vernehme ungern, daß alles, was dießerseits
36
so guet, aufrichtig und Teutsch gemäint, dergestalt wolle aufgenommen
37
werden. Es seien ein und andern orts die sachen nicht recht oder ungleich
38
eingenommen. So ist das Begehren bei Köln auf eine Deputation des Kur-
39
kollegs
, bei Trier auf beide Religionsparteien aus dem Kurkolleg, bei Mainz
40
auf alle drei Reichskollegien gerichtet gewesen, also daß das petitum
41
ratione deputationis noch auch zue waß intention solche angesehen, nicht
42
abgenommen werden können, welches dan auch so viel die frembde geweh-
43
sen, weiln die deputation von beeden religionen waß newes in praeiudicium
44
ordinariorum deputatorum und zum disputat under den stendten ursach

[p. 354] [scan. 404]


1
geben würd, weiln die uncatholische ebensoviell alß der catholischen wur-
2
den adiungirt haben, welches dan fast alle, oder doch die mäiste stendt
3
würde getroffen haben. Sonsten hab man dafur gehaltten, daß beßer, auch
4
den Frantzösischen plenipotentiariis zur mehreren ehren würde gereichig
5
sein, sie in publico praesentibus omnibus anzuhören, gleich solches den
6
Kayserlichen und allen königlichen biß dato, auch anno 1630 zue Regens-
7
purg den Frantzösischen ambasciadorn monsieur Lyon

43
Charles Brulart de Léon. Vgl. oben [S. 7] .
selbst wiederfahren,
8
benebenst auch daß bedencklich gehaltten worden, auff dieße weiße die
9
Frantzösische replicam ehender alß die mediatoren und die herrn Kayser-
10
lichen selbst zu empfangen, zumaln solche nach geendigter consultation den
11
Kayserlichen noch nicht communicirt worden. Auff welches er nach-
12
maln wiederholet, daß wan sie davon vorhero nachricht gehabt, sich auf
13
andere weg würden gelenckt haben, ietzo aber wollten, waß den Schweden
14
geschehen, ebenfalß verhoffen, zue anderer occasion würde inen nicht zu-
15
wieder sein, in publico ihr vorpringen zu thuen, itzo aber erfördere dießes
16
wie gedacht eine absonderliche communication; so hetten sie auch den
17
respect gegen die herren Kayserlichen gar wohl beobachtet, indeme den-
18
selbigen die eröffnung vorhero, und gleich darauff den stendten geschehen
19
solle. Ob nun wohl I. H. G. hierauf vermeldet, daß der aufsatz erst
20
vorgestern abendt finita consultatione den mediatoribus zugesteldt, hatt
21
doch ein anders sustiniren, I. H. G. aber deßwegen mitt ihme in disputat
22
sich nicht einlaßen wollen. Hiebey meldete der St. Romain, daß dieße
23
ietzige sich begebende difficultet remoram causiren werde, also er nomine
24
totius legationis bitten thette, daß man die sachen anderst überlegen und
25
förderist I. H. G. dieß der Frantzösischen petitum befördern woltten, mit
26
vermelden eben dergleichen bey übrigen churfürstlichen gesandten vorprin-
27
gen würde, mitt nachmaliger contestation, daß anderst, alß wie gedacht,
28
und gar nichts gefehrliches darunter gesucht würde. Fuhr demnegst mitt
29
etwas alteration herauß, man habe wohl aufzusehen, daß ihrer cron von
30
den catholischen nicht geringer alß Schweden von den protestirenden unter
31
augen gangen werde, anderst die Frantzosen ursach hetten, sich selbiger
32
parthey desto mehrers anzunehmen. Welches letzter I. H. G. per
33
generalia, und dahin beandtworttet, daß weylen hiervon ebenfalß fernere
34
instantz bey andern churfürstlichen gesandten gemacht werden solle, werde
35
man vermuthlich hierüber abermalß zusammenkommen, und daß werck
36
auf einer seyten sowohl alß der andern keine sonderbar difficultet haben,
37
zumahln man sie zu hören nicht abgeschlagen, auch darzue der modus usi-
38
tatus vorhanden, und ohnedas bei wehrenden diesen tractaten noch ver-
39
schiedene consultationes ultro zue den Frantzösischen plenipotentiarii ge-
40
schehen würden, nur hab es vor ietz etwas bedencken gehabt, daß es gleich-
41
samb per citationem et commando begert worden. Darwieder er conte-
42
stirt, das es die mainung nicht gehabt, und muste man solche minutias auf

[p. 355] [scan. 405]


1
seiten setzen. Keine minutias, sagten I. H. G., suchte man dießerseits, son-
2
dern das alles bey den altten privilegiis, immunitatibus, und gepräuchen ver-
3
pleib, dagegen sich die herren plenipotentiarii nicht würden zu beschweren
4
haben; und were vielen sachen beßer geholffen, wan nicht ex parte
5
coronarum dergleichen novitates et minutiae wehren bißhero begert und
6
gesucht worden. – Mitteilung an die Bayern, damit diese gleichförmig ant-
7
worten
können.

8
W bei Nassau/Volmar . Empfehlung der Interessen seiner Stifter in
9
Osnabrück. Gespräch mit St. Romain. Ksl.: Gespräch mit den Media-
10
toren

42
Abweichende Fassung APW [III C 2,1 S. 518f] .
; Contarini hat zugestanden, auch er würde sich von Longueville
11
nicht zu den Franzosen zitieren lassen. Auf Contarinis Einwand, die Fran-
12
zosen bezögen sich auf die Deputation der Stände an die Schweden, haben
13
die Ksl. nachgewiesen, daß nach den Protokollen eine solche Deputation
14
nicht stattgefunden hat, vielmehr die Schweden es dabei bewenden ließen,
15
daß die von ihnen zunächst gewünschte Teilnahme reichsständischer Depu-
16
tierter bei Eröffnung ihrer Replik im ksl. Quartier unterblieb. Lediglich
17
vorher war eine Deputation bei Oxenstierna, um die Antwort auf einen vor
18
den Ständen geschehenen Vortrag in der Admissionsfrage zu überbringen

43
Vgl. W. Becker S. 231.
.
19
Also iezig der Frantzosen begeren eine newerung und zu der sachen ver-
20
zogerung angesehen seye. Die Ksl. haben den Mediatoren angedeutet, daß
21
sie ihre Reise nach Osnabrück nicht verschieben könnten, doch sei für die
22
Nachsendung der französischen Replik gesorgt, falls sie inzwischen ausge-
23
händigt werden dürfe.

24
Mitteilung der Mainzer: In Osnabrück hat der Altenburger Gesandte
25
gegenüber Krebs erklärt , von den katholischerseits erwogenen Vorschlä-
26
gen, die Religionsverhandlungen in Münster oder abwechselnd bzw. nach
27
Materien getrennt an beiden Orten vorzunehmen, sei keiner durchführbar,
28
zumal die Schweden die Gravamina als Teil ihrer Verhandlungen
29
betrachteten. Das Mainzer Direktorium möge daher die Vorlage solcher
30
Vorschläge verhindern, damit die Verhandlungen bald in Osnabrück
31
beginnen könnten. Obwohl ihm vorgestellt wurde, daß schwerlich alle
32
Katholiken nach Osnabrück kommen oder diese wichtigen Punkte sich
33
durch Deputierte regeln lassen könnten, blieb er dabei, daß die Ablehnung
34
von Osnabrück nur zu weitläufigem Schriftwechsel führen würde. Brömser
35
läßt erinnern, daß in den katholischen Gravamina auch die Beeinträchti-
36
gung der Religionsfreiheit des benachbarten Reichsadels durch Kurpfalz er-
37
wähnt werde.

38
Mitteilung der Bayern: Bei Vorsprache von St. Romain sind beiderseits die
39
gleichen Argumente wie bei W gebraucht worden. Hinsichtlich der Reise
40
der Ksl. nach Osnabrück hat St. Romain geäußert, die Franzosen seyen der

[p. 356] [scan. 406]


1
Schweden schon genugsamb versichert, daß selbige ohn sie nichts verbind-
2
liches tractiren

42
2 würden] an Köln 1646 I 13
würden.

3
1646 I 14
Sonntag W bei Chigi. Dieser vermutet als Grund des
4
Verbots zur Weitergabe der Replik die Unzufriedenheit der Franzosen mit
5
der Antwort der Stände wegen der Deputation und glaubt, man werde auf
6
die Rückkehr Rosenhanes warten müssen, der eilig nach Osnabrück gereist
7
ist. W sieht den Grund in der Nichtzuziehung des französischen Resi-
8
denten
in Osnabrück, der auch deshalb bei den Schweden unbeliebt ist, weil er
9
sich den Rang eines Gesandten beilegen will; daher zwischen den Franzosen
10
und Schweden etwas disgusti seye, den zu accomodiren das werck aufgescho-
11
ben und der praetext mit deren von den stenden verwaigerten deputation
12
genommen würde. Chigi stimmt zu, daß dieses mit der deputation zum
13
vorwand dienen müße. Es konten aber einmal die Franzosen solche evoca-
14
tionen statuum auf keinerley weiß mit raison behaubten; doch werde man
15
sehen müßen, wie ihnen dieser praetext durch glimpffliche mittel zue be-
16
nehmen. Welches ihre gedancken, sagten I. H. G., ebens auch, weshalb er
17
heute zu Longueville will. Als auf die Frage nach dem Inhalt der fran-
18
zösischen
Replik Chigi sich mit dem Verbot zur Weitergabe entschuldigt,
19
trägt W die ihm zugekommenen Informationen vor, zu denen Chigi jeweils
20
Stellung nimmt: 1. Trotz Einspruch der Mediatoren bleiben die Franzosen
21
bei der Klausel ‘salvo iure addendi’. Chigi: Die Franzosen berufen sich
22
darauf, daß die Klausel auch in der ksl. Responsion enthalten ist. Als man
23
ihnen mit dem Hinweis, daß ihre Proposition dazu den Anlaß gegeben
24
habe, die beiderseitige Streichung vorschlug, haben sie abgelehnt. Sie wollen
25
auch nicht versichern, daß keine neuen Punkte aufgebracht werden, wenn
26
bei den abgehandelten die Klausel entfällt. 2. Die Replik enthält viele
27
Ausführungen zur Rechtfertigung des Krieges. Chigi: Die Mediatoren
28
haben deshalb viel Zeit mit den Franzosen verloren und beabsichtigen
29
nicht, diese Ausführungen den Ksl. oder anderen weiterzugeben. 3. Es
30
wird auf dem Verbot ksl. Hilfe für Spanien bestanden. Chigi: Die
31
Franzosen argumentieren, daß auch von ihnen die Lösung ihrer Bünd-
32
nisse
verlangt wird. Die Mediatoren haben dargelegt, daß nicht nur
33
solche Forderungen von den Franzosen zuerst aufgebracht worden sind,
34
sondern auch der Kaiser als Reichsoberhaupt und das Reich nie ein
35
förmliches Bündnis gegen Frankreich eingegangen sind, vielmehr die Stän-
36
de
gegen ihren Willen in den Krieg gezogen wurden. Auf die Frage,
37
warum der Kaiser nicht, wie es anderen Ständen gegenüber Frankreich und
38
Schweden freistehen soll, als Erzherzog Bündnisse eingehen dürfe, haben
39
die Franzosen geantwortet, daß er in ea qualitate [...] mit Spanien in con-
40
foederatione wol verpleiben kondte. 4. In allem soll der Zustand von
41
1618 wiederhergestellt werden. Chigi: Die Franzosen argumentieren,

[p. 357] [scan. 407]


1
daß sie dadurch religioni catholicae per exceptionem der stiffter mehr guts
2
thun kondten alß reducendo die sachen ad annum 1628, 1629 vel 1630 (auf
3
welche er nuncius und Venetus bey den Franzosen vorschlagsweiß getrun-
4
gen hetten), da sie ad malum positive, wan die andere stiffter zuruckplie-
5
ben, consentiren thetten. Er hat ihnen zu gemuht gefuhrt, quod exceptio
6
non possit maior esse regula, sondern regula billich praevaliren solte, nebens
7
mehr andern gegen sie militirenden rationibus, es hette aber nichts verfan-
8
gen wollen. 5. Die Franzosen bestehen auf Abhandlung der Religions-
9
gravamina
. Chigi: Sie haben sich trotz aller Umstimmungsversuche
10
darauf berufen, daß die gravamina causa et origo belli, so nohtwendig weg-
11
genommen werden müßte. 6. Verbot der Wahl eines römischen Kö-
12
nigs
. Chigi: Man hat vergeblich dargelegt, daß der Kaiser, soweit da-
13
mit
der gänzliche Ausschuß Österreichs erreicht werden soll, nie zustimmen
14
wird. W: Die Franzosen versichern, daß die Forderung alß nit sondern
15
dahin gemeind sey, damit nit bey vivente adhuc Imperatore vorgehenden
16
wahl auß denen vielfaltig bekenden praeiudiciis noch kunfftig fernere con-
17
fusiones und ungelegenheiten contra libertatem et iura statuum et electorum
18
imperii sich begeben möchten. Chigi: Darauf hat man die Franzosen
19
gefragt, ob dan sie uber die churfursten den pedanten oder schulmeister
20
machen, auch die churfursten solches würden leyden wollen. 7. In der
21
Satisfaktionsfrage erbieten sich die Franzosen zur Rückgabe ihrer Erobe-
22
rungen
in Kurmainz, Kurtrier und Kurpfalz, wenn dergleichen auch von
23
allen anderen Seiten geschehe, insbesondere die Pfälzer Besitzungen den
24
antiquis et legitimis dominis sive eorum heredibus restituiert würden.

25
Chigi: Es ist die conditio der gegenrestitution allein in genere absque
26
restrictione auf dießen oder jenen gestelt worden. W: Daß man ihre
27
intention leicht konne abnehmen, solches aber dem vorigen anerpiethen und
28
offerten der Pfalz halben ganz nicht gemeß seye. Worauf der her nun-
29
cius die schulter zuckendt, daß es freylich also, und habe man darauß leicht
30
abzumessen, was kunfftig dergleichen wortten und zusag zu trawen,
31
welches sich bey der handlung selbst, und ob der Franzosen dergestalt
32
Churbayern wurden zusezen wollen, zeigen würde. Alß hierbey I. H. G.
33
gedachten, daß die Franzosen in diesen drey gemelten churfurstenthumb
34
wenig orth innen hetten, consequenter es großer restitution, gleich sonsten
35
mit Lottringen und andern landen nicht bedorfft, sagte der herr nuncius,
36
daß sie in hoc passu orationem longam gefuhrt, was fur tapffere leuth die
37
cron Franckreich bey diesem krieg verlohren, wie viel millionen goldts
38
spendirt, auch ihren statum zue underschiedlichen malen in hazart gesezt
39
hetten, und dahero sowol iure belli alß gentium alles was sie possedirten
40
innen behalten kondten, auß welchem abzunehmen, daß durch obbedeut
41
anerpiethen die Franzosen ein gahr großes zu thun vermainen. W:
42
Französische Satisfaktionsforderungen auf Unter- und Oberelsaß, die
43
Waldstädte, Sundgau, Breisgau, Zabern, Philippsburg samt Unterhalt der
44
Garnison durch die umliegenden Orte, Kommunikationslinie nach Frank-

[p. 358] [scan. 408]


1
reich
und Lothringen, alles unter Anerkennung der Oberhoheit des Reiches
2
und unter den Rechtstiteln der bisherigen Besitzer, ferner Bezahlung ihrer
3
Truppen, Aussetzung der lothringischen Restitution zu anderen Verhand-
4
lungen
, ein Defensivbündnis der Reichsstände mit Frankreich und Schwe-
5
den
gegen jede künftige Verletzung des Friedens. Welches solch schwere
6
postulata, die einzugehen uberschwer, ja unmuglich sein wurden. Chigi:
7
Daß es freylich schwere petita, wolte aber doch verhoffen, beym cursu
8
tractatuum das werck sich anderst geben und die Franzosen beßer erhand-
9
len laßen würden. Sonsten seye auch obgemelten offerten noch dieses bey-
10
gesetzt, daß sie dasienige, was vom hern graffen von Trautmanstorff wegen
11
Metz, Tull und Verdun, item mit Pignorola ultro angepotten, fur bekand
12
auff- und annehmen, welche uberflußige promptitudinem des herrn graff
13
von Trautmanstorffs er so wenig alß der Venetus gern gesehen hetten, zue-
14
malen nun iezt, da dieses und anderß mehr a parte Caesaris vorherauß,
15
man desto beschwerlicher mit den Franzosen werde dingen und handlen
16
konnen. Trotz ihrer Bedenken hat Trauttmansdorff jedoch auf dem Ange-
17
bot
bestanden.

40
17–25 Klagen – Bonna. [...]] am Rande: omittuntur ad electorem Bavaricum.
Klagen von Deputierten des Kölner Klerus gegen die Stadt

18
Köln. Xantener Sache. Des hauses Bayern und in specie Churcollens, auch
19
des hern coadiutors gutter und trewer diener seye er zwarn, gedulte sich
20
auch und leide deßhalber so lang er konne, einmal aber hette er große ur-
21
sach, sich, wie ihme von den ministris begegnet worden, zue beklagen,
22
wolte es dannoch biß in Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht selbst gegen-
23
wart einstellen, wiße gar wol, wie in diesem und anderem Ihrer Churfürst-
24
lichen Durchlaucht rei veritas ob privata interesse verhalten würde [...].
25
Certo che io e la sede apostolica siamo trattati male a Bonna. [...]
26
W mit Reck/Buschmann bei Longueville. Klage über die Ablehnung der
27
Deputation, zumal die Franzosen vermaint, den stenden hiedurch eine ehr,
28
daß sie nemblich von ihrer intention nachricht geben mochten, zue erwei-
29
ßen. W: Man hat nicht verweigert, mit den Franzosen in conferenz zu
30
tretten, es were aber nur diß dabey in consideration gefallen, daß die her-
31
ren Kayserlichen die replic selbst noch nit gehabt, und es also ihnen frembd
32
vorkommen würde, wan die stend sie anteveniren wolten. Sodan auch were
33
es eine sach, dabey die stende sich sammetlich gern einfinden wurden,
34
dahero sie Franzosische lieber in pleno vernehmen wolten. So were aber
35
bräuchlich, daß wan bey den stenden dergleichen anpringens in pleno zue
36
thun, daß solches ahn dem orth, wo sich die stende zu versamblen pflegen,
37
geschehe. So haben es die ksl. Gesandten mit der ersten Proposition, 1630
38
Frankreich, 1636 Polen und 1642 Dänemark gehalten

41
Zur französischen Gesandtschaft 1630 vgl. oben S. 7, zur polnischen 1636 (Ossilinski)
42
vgl. H. Haan S. 120; dänische Gesandtschaft bei den Verhandlungen über die Pfälzer
43
Frage 1642 in Wien, vgl. oben S. 16 Anm. 5.
. Longueville:
39
Die Franzosen weigern sich nicht grundsätzlich, vor den Ständen in pleno

[p. 359] [scan. 409]


1
zu erscheinen, haben aber angesichts der Beschaffenheit ihrer Replik eine
2
Konferenz für besser gehalten. W: Daß bey den stenden auch endlich
3
der conferenz halber keine difficultet sein würde; daß sie aber darzu ahn
4
ihr der Franzosen hauß evocirt werden solten, würde etwaz bedenckens ab-
5
geben. Wan nun sie Franzosische den Kayserlichen die replic außfolgen lie-
6
ßen und demnegst den stenden, wie solche conferenz vorzunehmen, heimb-
7
stelleten, oder in publico ihre generalproposition thetten und dan den sten-
8
den heimbgeben, wan und wie sie fernere erleutterung von ihnen vernehmen
9
wolten, wurde man zweiffelßohne eine abordnung zu thun nit difficul-
10
tiren. Auf welches der duc de Longevill sich erpotten, mit seinen col-
11
legis hierauß zu reden, underdeßen aber nehme ihn wunder, daß, nach-
12
demal zu Oßnabruck von den stenden die deputation von den Schweden
13
unwaigerlich geschehen, daß ihnen alhie zu Munster dergleichen verwaigert
14
würde. I. H. G., man hette die nachricht, daß die deputatio zu Oßna-
15
bruck ex corpore omnium statuum auch nit geschehen, gestalt weder die
16
Churmainzische noch das Osterreichische directorium davon einige Wissen-
17
schaft hetten, sondern bloß und allein drey auß den protestirenden, von
18
denen es gesonnen worden, sich eingestelt. Worauff er, daß die catholi-
19
sche pillich ebensolche confidenz zu ihnen Franzosen, alß die protestirende
20
zu den Schweden erzeigen solten. I. H. G. replicirten, es mochte viel-
21
leicht von den catholischen dafur gehalten werden, daß die Schwedische
22
den protestirenden mehr ursach zu solcher confidenz, alß sie Franzosische
23
den catholischen geben, wie dan under andern I. H. G. sich hochlich zue
24
beklagen, daß obwoln von ihme duc de Longeville vor wenig tagen sie die
25
sichere vertröstung empfangen, daß beyde stiffter Oßnabruck und Minden
26
ihro nicht solten disputirt werden, so hetten sie doch bericht, daß die
27
Schweden nach dero alhie mit den Franzoßen ratione replicae gehaltener
28
conferentz nun auch ermelte beyde stiffter under andern loco satisfactionis
29
praetendirt. Worauf der herzog geandworttet, daß sie zwarn hierin den
30
Schweden sich starck wiedersetzt, und weren diese beyde stiffter wieder
31
ihren wissen und willen in die Schwedische forderung mit gepracht, sie
32
hetten sich aber gegen denselben erklehrt, daß, alß viel Bremen und Verden
33
belangete, solche beraiz in uncatholischen, nemblich des prinzen von Den-
34
nemarck handen, sie zwarn sich passive in der begehrung halten kondten,
35
wegen Oßnabruck Minden und Halberstatt aber sie ex professo ihnen zu-
36
wieder sein, und nicht zulaßen wolten. I. H. G. haben sich hierauf
37
bedanckt, und die fundamenta all ihrer 3 stiffter eiffrig remonstrirt, auch
38
noch ferner zu thun sich erpotten, mit begehren, daß doch die Franzosen in
39
hoc et similibus passibus sich nicht ubereylen, sondern rechten bericht ein-
40
nehmen mochten. Hierauf ist man auf der Franzoßen praetendirende satis-
41
faction kommen, und ihnen die exorbitantien ihrer forderung, wie auch die
42
unbillichkeit, daß die unschuldige erzherzogliche pupillen

43
Vgl. oben [S. 324 Anm. 3] .
des ihrigen be-

[p. 360] [scan. 410]


1
raubt werden sollen, zu gemuth geführt. Worauf er geandworttet, daß
2
sie vom reich nichts, sondern ihre satisfaction vom hauß Osterreich, alß
3
davon sie offendirt worden, begerten, und wolten solche landen vom reich
4
in eadem qualitate, wie sie Osterreich gehabt, auch noch mehrers alß sie
5
gethan, recognosciren und tragen, und wurde auch bey Ihrer Kayserlichen
6
Maiestät stehen, wan sie die pupillen unschuldig erkenneten, dafur ander-
7
werttige satisfaction auß dem ihrigen ihnen wiederfahren zu laßen. Wie
8
nun diese materi lang controvertirt worden, hatt er endlich sich dahin ver-
9
nehmen laßen, daß eben der cron Franckreich umb solche landen so hoch
10
nit zue thun, sondern daß sie darumb dieselbe in handen zue behalten
11
sucheten, damit sie eines bestendigen friedens inskunfftig so viel beßer ge-
12
sichert, und wan darzu andere mittel zue finden, mochten sie vielleicht auff
13
dieser forderung eben so hart nit bestehen. – [...]

14
W an die Brandenburger: Da Franzosen und Spanier bei den Staatischen
15
die Visite abgelegt haben, mögen sich die Brandenburger, damit man
16
Contarini zuvorkommt, erkundigen, ob in Abwesenheit der Ksl. die Kur-
17
fürstlichen unmittelbar folgen könnten. – Wenig später melden die Bran-
18
denburger, Contarini habe sich bereits angemeldet und für morgen einen
19
Termin erhalten. Daraufhin hält W für richtig, daß die Kurfürstlichen die
20
Rückkehr der Ksl. abwarten und nach diesen die Visite verrichten . [...]

21
1646 I 15
Montag Giffen bei W. Schwedische Forderungen auf Hal-
22
berstadt
. W: Solange die schwedische Replik nicht offiziell veröffent-
23
licht
ist, wird man nichts tun können, sonsten billich alle catholische stend
24
hieruber zu imploriren, auch die uncatholische der unbillikait wol zu infor-
25
miren. Er will, wie schon bei Longueville, auch bei d’Avaux und Servien
26
wegen der Stifter vorstellig werden und Halberstadt dabei erwähnen.

27
W bei den Bayern. Gestrige Gespräche mit Longueville und Chigi; schwedi-
28
sche
Ansprüche auf die Stifter; Erörterung mit den Brandenburgern über
29
die Besuche bei den Staatischen. Da nach seinem Eindruck Longueville die
30
begerte deputation eben so hart nicht behauptet, will W bei d’Avaux und
31
Servien sehen, wie auß den sachen und zue der replik dermaln zu kommen,
32
dan ja nicht zu verandtworten seye, daß dergestalt die zeit verzehrt werden
33
müste. Die Bayern vergleichen sich mit W und bitten ihn, bei den
34
Staatischen zu erfahren zu suchen, wie sie Bayern titulieren, da sie zwar
35
den Exzellenztitel gegeben, die Erwähnung des Kurfürsten aber noch um-
36
gangen
haben.

37
Deputatio ad gravamina . Dabei soll Buschmann den Mainzern und Trie-
38
rern
vorstellen, die Franzosen beschwerten sich, von den Katholiken mehr
39
crud und härber alß vom andern theyl die Schweden behandelt zu werden;
40
ob nicht ein mittel, daß den Franzosen per tertios ahn hand gegeben,
41
endweder negst außlifferung der replic eine conferenz daruber, mentem

[p. 361] [scan. 411]


1
ipsorum zu vernehmen, in genere zu begehren oder aber die communication
2
der replic usitato modo per deputatos Caesareanis et per hosce statibus
3
geschehen möge, und daß solchen falß die stend visis replicis auß sich motu
4
proprio eine deputation ahn die Franzosen vergleichen möchten. Welche
5
mittel sie sich gar wol, jedoch das lezt zum besten gefallen laßen, nur müsse
6
darüber vorher mit den Prinzipalgesandten gesprochen werden. Die
7
Bayern, bei denen W diese Nachricht erhält, stimmen zu.

8
Mitteilung der Brandenburger: Für Verschiebung der Besuche bei den
9
Staatischen bis zur Rückkehr der Ksl. oder, wenn diese sich verzögert, für
10
die Unterbrechung der Reihenfolge durch Vortritt einiger Fürstlicher.
11
[...]

12
W bei d’Avaux. Schwedische Forderung auf Osnabrück und Minden.

13
D’Avaux bestätigt, daß diese nicht der mit Oxenstierna getroffenen Ab-
14
rede
entspricht und die Franzosen sonderlich der stiffter Oßnabruck, Min-
15
den und Halberstatt wegen ihre bewilligung nicht geben kondten, sey auch
16
ihrer confoederation zuwieder, daß catholische bischöffe ihrer stiffter
17
solten destituirt, und in der uncatholischen handen gelaßen werden.
18
Ratione Bremen und Verden, alß welche stiffter die uncatholische vor
19
ietztgemelter ihr gemachter confoederation innen gehabt, kondten sie sich
20
also nit, wie sie pro bono affectu religionis sonsten wol intentionirt weren,
21
absonderlich auch wegen des konigs in Dennemarck und deßen mit Schwe-
22
den getroffenen friedens

39
Im Frieden von Brömsebro 1645 VIII 13 war vereinbart worden, daß Bremen und
40
Verden direkt mit Schweden Friedensverhandlungen führen sollten.
, opponiren, wie fur Halberstatt, Oßnabruck und
23
Minden beraiz geschehen und noch weitters geschehen solte, I. H. G. ver-
24
sicherend, daß bey letzter mit dem Oxenstern gehaltenen conferenz derent-
25
halb der duc de Longeville und conte Servient also eifferig und bestendig
26
sich bezeigt, daß ihme etwas darzu zu sagen die gelegenheit benommen, bey
27
welcher resolution man Franzosischer seitz pleiben würde, und ihre displi-
28
cens den Schweden noch ferners erweisen. Hielte auch eben diß die ursach
29
zu sein, daß Mr. La Bard

41
Jean de La Barde (1603–1692), baron de Marolles, französischer Resident in Osnabrück
42
1645–1646.
der Schwedischen replics eröffnung, weylen
30
nemblich selbige mit begehrung der stiffter, gegen alhie genommener abred,
31
geändert, nicht beywohnen wollen, mit erbiethung ferners alle gute officia
32
darbey zue thun, und andeutten, man kondte wol offenlich davon reden,
33
und andere wissen laßen, daß die Franzoßen diese beyde stiffter andern
34
nachzugeben nicht gemaint wehren, wobey gleichwol die behutsambkeit zu
35
gebrauchen und seiner person dabey nit zu gedencken, dan dadurch sonsten
36
die sachen in viele weg werde konnen laedirt werden, auch ihme benommen,
37
seinen guten willen dabey zu bezeigen, dieses exempel dabey anführendt,
38
daß wegen des geistlichen vorbehalts seine opinion pro bono catholicorum

[p. 362] [scan. 412]


1
etwas unzeittig von andern referirt und publicirt worden were. In sei-
2
ner
Antwort bittet W auch für Verden und führt aus, das Kapitel habe
3
freiwillig einen Katholiken postuliert, der König von Dänemark im
4
Lübecker Frieden seine Ansprüche auf dieses wie auf die anderen Stifter
5
aufgegeben, sein Sohn sei erst 1636 eingedrungen

43
Vgl. oben [S. 70] .
. Welches der d’Avaux
6
wol apprehendirt und zue guter cooperation sich erpotten. Zur Deputation
7
führt d’Avaux aus, man habe die abschlägige Antwort um so weniger
8
erwartet, als auf seinen Rat die Kurfürstlichen erst gesondert angesprochen
9
und von ihnen keine Einwände erhoben worden seien. W: Keiner
10
konnte von sich aus eine endgültige Antwort geben, zumal jedem bedenck-
11
lich geweßen, alß gleich vors haubt die negativam zu geben. Wan aber von
12
ihro ad partem confidenter die mainung begert worden, hetten sie geraten,
13
solche zumutthung zu underlaßen. Unterschiedliche Form des Anbringens
14
bei Mainz, Trier und Köln; Schwierigkeit einer konfessionell gemischten
15
Deputation, weylen die deputati ordinarii in allen dreyen collegiis catho-
16
lisch. Berichtigung wegen der angeblichen. Deputation an die Schweden in
17
Osnabrück. Man habe aber auch in der andwort keine negativam gegeben,
18
sondern vielmehr sie Franzosische damit zu ehren gedacht, daß sie in pu-
19
blico et pleno angehört worden wie ausländische Gesandte in anderen Fäl-
20
len
. Als nun hierauf der conte d’Avaux gegen diese der stend consi-
21
derationes nichts zu sagen gewust und ihme lieb zu sein vermeldet, einige
22
media, wie auß den sachen zu kommen, zu vernehmen, haben I. H. G. den
23
vorschlag wie gestern beym duc de Longeville wiederholet, und dabey
24
annectirt, zum fall ihnen bedencklich, ihre proposition in pleno erstlich zu
25
thun, und daß darauf nachgehendts von den stenden eine deputation
26
geschehe, mochten sie die replic den Kayserlichen per mediatores uber-
27
lieffern laßen, die Kayserlichen aber solche den stenden communiciren,
28
oder auch sie Franzosische selbst jedem churfürstlichen apart, wie es mit
29
der proposition observirt worden, oder dem Churmainzischen directorio ein
30
exemplar davon zuschicken. Dann können die Stände zwecks weiterer In-
31
formation
eine Deputation beschließen, wadurch mit allerseiz reputation
32
auß den sachen zue kommen und die stende außer dem verweiß, daß sie
33
ante Caesareanos die replic empfangen, sein wurden. Welchen vor-
34
schlag der de Avaux nicht improbirt, nur darbey vermainet, daß die stende
35
von ihnen die replicam immediate und nicht a Caesareanis empfangen
36
möchten. Darauff I. H. G., also kondte der erste modus observirt,
37
dadurch aber separatio statuum ab Imperatore vel corporis a suo capite
38
nicht müste gesucht werden. Waruber er d’Avaux, daß es die intention
39
nicht habe, hoch contestirt, und beklagte dabey, daß man davon anfangs
40
nichts hette avisirt. Sie begerten fur sich nicht, gedächten auch nit zu ge-
41
statten, daß wieder die Kayserliche hoheit, des reichs und der stende digni-
42
tet ichtwas solte vorgenommen werden. Dieses seye die mainung wol, wan

[p. 363] [scan. 413]


1
ers in confidentia recht solte sagen, daß nit eben alles per manus Caesarea-
2
norum den stenden müste communicirt werden. Will Ws Vorschlag mit sei-
3
nen
Kollegen besprechen und regt an, ob nit die stende bey den mit ihnen
4
Franzosen anstellender conferenz die replicam nachmaln von ihnen, wie-
5
woln sie solche a Caesareanis empfangen, begeren mochten. Wobey aber,
6
alß I. H. G. remonstrirt, daß solches bey den Kayserlichen das absehens
7
würde gewinnen, es hette man ahn deren den stenden beschehenen com-
8
munication ein mißtrawen, hatt er solches gleichfalß apprehendirt, und
9
endlich, pro more, von guter ihrer intention undt liebe zum frieden wieder-
10
holet, welches gelegenheit geben, vom puncto satisfactionis zue reden.

11
Und gaben ihm I. H. G. zue bedencken, was fur ein ansehen diß zum
12
frieden, daß in satisfactionem solche postulata geschehen, womit ganz und
13
zumal nit auffzukommen; wan man der Schweden mit ihr der Franzosen
14
praetension considerire, werde sich befinden, daß fast bey die 30 fürsten-
15
thumber, so die coronae exterae sich zue appropriiren vermainen, begert
16
wurden. Welches der d’Avaux lachend beandworttet, Schlesien seye
17
doch nur ein ducatus, bekenne wol, daß es viel verscheidene fürstenthumb
18
in sich hielte, sie die Franzosen begerten vom reich nichts, wolten das
19
Elsaß, wie es andere gehabt, vom reich recognosciren, hetten sich auch zu
20
abstattung der reichsanlagen erpotten, wolten nicht exempt sein, wie die
21
Osterreichische ihre habende provincias zue schaden des reichs eximirten.
22
Der cron Franckreich seye vom hauß Osterreich viele damna zugefüget,
23
und hette die vorige occasiones in acht zue nehmen gewust, dagegen müste
24
aniezt etwas reparation und genügen beschehen. Worueber discursus pro
25
et contra gegeben. Alß auch dabey der gravaminum religionis red vorge-
26
fallen, hat der d’Avaux in confidentia summa bekendt, daß er in zehen
27
iahren vor diesem sowol nicht alß die zeit uber alhier vermerckt und pene-
28
trirt hette, daß es den uncatholischen und maxime den Calvinisten so viel
29
nit wegen des status et libertatis imperii (zu deßen erhalt- und rettung die
30
cron Franckreich die waffen ergriffen hetten) alß ihre gravamina religionis
31
zue undertruckung der catholischen durchzutringen. Er wolte trewherzig
32
gepetten und erinnert haben, es mochten doch die catholische in demienigen
33
den Franzoßen, was sie vor und nach billich begeren würden, sich nit also
34
wiederig bezeigen, sondern mit beßerer manier undt confidentz alß bißher
35
endgegengehen und den uncatholischen die gelegenheit nit also laßen, daß
36
sie den danck allein bey ihnen verdiehnten; welches dahin nit angesehen,
37
daß die catholische, maßen sie Franzoßen solches auch nit begerten, etwas
38
wieder Ihre Kayserliche Mayestät und das reich thun solten, sondern daß
39
sie, ihrem beywohnenden hohen verstand nach, als vorsichtiglich sich
40
guberniren und umbgehen möchten, damit, wie erst vermeldet, die unca-
41
tholische den danck bey den coronen nicht allezeit verdiehneten. Ihme und
42
andern, welche pro bono catholicorum gern ihr bestes thun und gute officia
43
leisten wolten, würden dadurch mittel konnen ahn hand gegeben werden,
44
etwas mehrers, alß bißhero geschehen, zu verrichten. [...].

[p. 364] [scan. 414]


1
1646 I 16
Dienstag Portmann bei W. [...] Bericht Ws über die Vor-
2
schläge
wegen der Deputation. Portmann will darüber mit Heiden reden
3
und stellt dessen Zustimmung in Aussicht; vermaine sonsten in alle weg,
4
daß davon collegialiter werde proponirt und ein formlicher schluß wie her-
5
kommens gemacht werden.

6
Mitteilung an die Mainzer mit der Anregung, die Stände für morgen zu
7
berufen. Die Mainzer halten vorher eine Sonderberatung der katholischen
8
Kurfürstlichen für nötig und bestätigen, daß in Osnabrück die Replik allein
9
den Ksl. eröffnet worden sei. – [...]

10
W bei Servien. Dieser versichert, man habe sich wegen Aufnahme von
11
Minden, Osnabrück und Halberstadt in die schwedische Replik schon be-
12
schwert
. Auf Ws Frage, warum nicht auch wegen Verden, antwortet er, da
13
es wie Bremen schon vorher in protestantischer Hnad gewesen sei. Man
14
habe noch nit consentirt, daß dieselbe die Schweden oder uncatholische
15
haben solten, dieses aber wol zugeben, daß davon in proposition ge-
16
bracht und handlung darueber gepflogen werden köndt. Wan es auch der
17
Kayser bewilligte, wie in dem Prager schluß beschehen, konten sie es nit
18
hindern, werden aber darzu nit cooperiren, sondern sich nur passive halt-
19
ten. I. H. G.: Alß nun die Schweden solch ihr begehren solten wollen
20
behaubten, I. H. G. aber dagegen sich opponirten, ob ihnen die Franzosen
21
mehr alß ihro und den catholischen favorisiren und assistiren würden? Sie
22
praetendirtens fur sich eben so groß nit, sondern wan man eines catholi-
23
schen successoris gesichert, hetten sie kein bedenckens, morgen ahm tag ihr
24
habendes ius zu resigniren. Anderer gestalt aber seyen sich deßelben zue
25
begeben in ewigkeit nit gedacht, auch bona conscientia die schäfflein, so
26
von Gott und der hochsten obrigkeit ihro anvertrawet, in der wölffen
27
rachen nit kommen laßen kondten. Außerdem sonsten groß disceptation
28
deßhalber zu haben kein ursach sey, zumaln es das geringste stifft in ganz
29
Teutschland, thette in allem auch zu guten zeiten jährlichs nicht uber 10
30
oder 12 000 thlr., hette nur 1 statt, 1 residenz oder ambt hauß, und 1 vom
31
adl. Woruber der conte Servient sich verwundert, mit abermaligem
32
vermelden, daß sie nit gedacht, positive den uncatholischen einig stifft zu
33
geben, vom Kayser aber seye denselben alberait vertrostung beschehen, ja
34
gar zu behalten durch den Prager frieden bewilliget. Wan hie dergleichen
35
geschehen solt, seye die schuld nit ihr (zumaln sie sich passive darin halten
36
wurden), sondern des Kaysers. Worauf I. H. G., daß im Prager schluß
37
durch einen nebenreceß dieser stifft ihro reservirt

43
Vgl. J. Foerster S. 52f.
, bey deme sie Ihre
38
Kayserliche Maiestät auch gern wurden manuteniren, und stunde nur bey
39
ihn Franzosen sich disfalß ihrer ebenmeßig anzunehmen, welches sie und
40
alle catholische desto mehrers verhoffen und pitten thetten, weylen dieser
41
stifft zum Westvelischen craiß notorie gehorig, und alle darin gelegene
42
fürstenthumb der catholischen religion zugethan; were auch kein suffra-

[p. 365] [scan. 415]


1
ganeat nacher Bremen, sondern Mainz. Grundlosigkeit der dänischen An-
2
sprüche
. Auf die Frage, ob das capitul zu Verden nicht uncatholisch, sagten
3
I. H. G., der meiste theyl. Wan sie auch abgehen solten, ius eligendi episco-
4
pum beym capitul vermög des Prager schlußes sein wurde, also acatholici
5
sich auch nit zu beschweren hetten. Aber sie hofften zu Gott, bey fuhrender
6
regierung in kurzem maiorem capituli partem catholisch zu haben, wo-
7
durch alßdan dieser stifft den catholischen ewig pleiben konne; welches
8
von ihnen Franzosen wol zu consideriren, und in gehaimb zu halten
9
were. Dießem nach hat es de publicis und in specie von der begerten
10
deputation zu reden gelegenheit geben, wobey I. H. G. dasienige hin und
11
wieder in effectu repetirt, was deßhalber beym duc de Longeville und
12
d’Avaux vorkommen, und wie sie vermerckt, daß vom Servient ein puncto
13
di honore auß diesem werck gemacht werden wolle, haben sie dafur und
14
daß man doch die sach nit mehrers exacerbiren wolte, underschiedlich
15
gepetten, weylen sonsten das corpus imperii gleichfalß auf den respect se-
16
hen, dadurch aber das werck desto mehrers vulnerirt und insanabel gemacht
17
wurde werden. Jetzt were auß den sachen noch woll zue kommen, seye
18
sonst dasienige, warauf die Franzosen sich fundiren, daß nemblich den
19
Schweden die deputatio wiederfahren, irrig, und auß ungleicher infor-
20
mation hergeflossen, und weylen sie dan offters contestiret, daß keine novi-
21
tates suchen wolten, so geschehe niemandts kein ungleich. Auf welches
22
der Servient bekennen mußen, daß man pillich dahin zu sehen, damit diese
23
difficultet mehrers nicht movirt, oder extendirt wurde. Wie er sich dan er-
24
potten, noch heut mit dem Longeville und dem Avaux deßhalber zu reden.
25
Sagte darbei, das ein Passauischer gesandter

42
Johann von Giffen.
hie angelangt, were vom erz-
26
herzog deputirt, welcher 16 vota haben solle, und also leicht zu erachten,
27
wie die Oesterreichische practiciren. Darauf I. H. G. ihme den un-
28
grundt mit bestand remonstrirt, indeme dießer abgeordneter nur wegen
29
Teutschmeister, Passau, Straßburg, Halberstat, Murbach und Hirschfeld zu
30
votiren kommen were. Darauf sagte er, Hirschfelt seie doch strittig

43
Beansprucht von Hessen-Kassel, vgl. unten S. [454] .
.

31
I. H. G. andworteten, der erzherzog und die catholische hetten sich
32
dessen noch nit begeben. Weiters, als der discurs kham, das im Passau-
33
wer vertrag versehen, daß ein herr die underthanen reformieren konte,
34
sagte er, es sei schwer, ob diß nit aufzuheben, das kein theil reformiren
35
khonte. Ist ihme aber gar woll mit villem begegnet und remonstrirt
36
worden, das solches ruina religionis catholicae were. Uber dieß sagt er,
37
das das edictum vill unruhe und unwillen causirt, weiln solches dem
38
Passauer vertrag und constitutionibus imperii zuwieder were. Daruber
39
ihme totum contrarium durch lange deduction, auch punctorum singulorum
40
enumerationem demonstriert worden, das er sich gar sadisfatto bezaigt hat.
41
Bayern bei W. Bericht über die französischen Äußerungen zur Deputation.

[p. 366] [scan. 416]


1
Der von Mainz vorgeschlagenen Sonderberatung stimmen die Bayern zu.
2
– Mitteilung an die Mainzer.

3
1646 I 17
Mittwoch Konferenz der katholischen kurfürstlichen Ge-
4
sandten. Da es scheint, daß die Franzosen bereit sind, vor den Ständen zu
5
erscheinen, und dadurch der Streit am besten beigelegt werden könnte,
6
übernimmt W entsprechende Erkundigungen. Dann soll die endgültige Ent-
7
scheidung in einer weiteren Beratung getroffen werden.

8
Servien bei W. Dank für Ws Bemühungen in der Deputationsfrage. Die
9
Franzosen sind einverstanden, daß die Replik durch die Ksl. den Ständen
10
mitgeteilt wird, wobey sie sich den wolten versehen, daß die stend per
11
deputationem aliquam ihre weittere considerationes undt fundamenta bey
12
einem und andern punct vernehmen wurden, und man also nunmehr zum
13
werck selbst schreitten konne. W: Will den übrigen Kurfürstlichen ent-
14
sprechend
berichten und hofft, da per hoc diese remora seine abhelffung
15
habe, [...] man werde künfftig mit dergleichen einwurff und irrungen auß-
16
pleiben. [...] Worauf der Servient nachmaln contestirt, daß alles sin-
17
cere und aufrichtig von ihnen gemeint sey und man bey den tractaten
18
selbst, daß sie con ragione procediren thetten, sehen würde.

19
Nassau bei W. Bittet im Namen Trauttmansdorffs um unverzüglichen
20
Beginn der Religionsverhandlungen in Osnabrück und um Übergabe der
21
Antwort auf die protestantischen Gravamina. W: Man sei circa hoc
22
negotium in 3 puncten noch nicht verglichen, und zwarn erstlich gehe der
23
sambtlichen catholischen mainung dahin, daß man muglichst zu sehen, ob
24
nit diese materi sich iuxta conclusa imperialia

42
Vgl. oben [S. 182] .
wolte außstellen und ahn
25
sein orth verschieben laßen. Weylen man aber auch, pro 2., in sorgen stehen
26
müße, daß die wiederige parthey nicht werde ablaßen, sey man zwarn in
27
arbeit, eventualiter sich auch disseitz mit der gegennotturfft gefast zu
28
machen, warzu aber desto mehrer zeit vonnöthen, daß man sich auf vor-
29
bedeut reichsconclusum verlaßen, hingegen aber die protestirende, alß
30
welche bey dieser occasion einen vortheil von den catholischen zu erzwingen
31
vermainen, parati erschienen, ohnedas daß man auch catholischen theylß
32
eins worden, daß ein ieder uber diese wichtige materi, was zu thun, bey
33
seinem principalen sich instruiren laßen solte. Welches dan ihres theylß,
34
auch, wie sie wusten, von andern referirt, und hetten von Ihrer Churfürst-
35
lichen Durchlaucht darzu mit negster post vertrostung empfangen, also
36
schwer sein, auch den gesandten unverandwortlich fallen wolte, sich in re
37
tanti momenti zu ubereylen, da doch auch sonsten vom herrn graffen von
38
Trautmanstorff bey seinem hierwesen davon andere alß diese generalanre-
39
gung, daß man nemblich sich tandem super hac gravaminum materia werde
40
in handlung einlaßen müßen, nicht beschehen. So sey man auch tertio ex
41
parte catholicorum quoad locum der mainung gar nit, daß man sich mit

[p. 367] [scan. 417]


1
den protestirenden in dießem werck zu Oßnabruck solte einlaßen, sondern
2
endweder hier, oder doch alternatim hier und dort. Es seye nit wenig be-
3
schwerlich, daß dergleichen ex parte Caesaris den uncatholischen also in
4
mund und ahn die hand geben werde, gleich in diesem und mehr andern,
5
alß mit bewilligung des Calvinismi, 2. daß die catholische zur Schwedi-
6
schen satisfaction mit concurrirn müsten, 3. mit offerirung der stiffter
7
Metz, Tull und Verdun, geschehen, ohn daß daruber die catholische stend
8
gefragt, weniger gehort worden. Es wurde sich solcher gestalt nit, wie beym
9
Prager frieden, da man ohne der stend zuziehen verfahren, thun laßen.
10
Stehe auch dahin, ob dergleichen zum frieden ausschlagen, und catholischen
11
theylß man darin, falß dergestalt freygebig die stiffter in praeiudicium
12
catholicorum hingeworffen werden wolten, werde consentiren konnen oder
13
wollen, welcher modus dan dem reich bey den exteris, daß die stend gleich-
14
samb nur pro forma anhero citirt und anwesend, schlechten respect geben
15
werde. So vom hern graffen von Naßaw wol apprehendirt, und nur
16
auf beforderung der catholischen gegengravaminum getrungen, und sich
17
erpotten, den hern graffen von Trautmanstorff, daß man damit in arbeit,
18
hinwieder zue beandwortten. Bericht über die Beilegung des Depu-
19
tationsstreites
, womit die morgige Übergabe der Replik erreicht ist.

20
Nassau erklärt sich mit der Regelung einverstanden; die Schweden haben
21
sich über den Streit sehr verwundert und über die lange Zurückhaltung der
22
Replik durch die Franzosen unzufrieden bezeigt. Auf das Zumuten, die
23
Verhandlungen ebenfalls so lange ruhen zu lassen, hat Oxenstierna dem
24
französischen Residenten erklärt, man könne gern die Antworten der Ksl.
25
und der Stände auf ihre schon vor Tagen übergebene Replik abwarten.

26
Mainzer bei W. Erfreut über den Ausgang des Gespräches zwischen W und
27
Servien. Auch sie haben von Nassau die Forderung Trauttmansdorffs
28
wegen der Gravamina gehört. Auf Raigerspergers Äußerung, daß man die
29
sachen sein graffen von Trautmanstorffs begehren nach werde befurdern
30
mußen, erwähnt W seine gegenüber Nassau erhobenen Einwände, welches
31
gemelter Churmainzischer canzler nur damit beandworttet, man werde
32
davon noch reden konnen.

33
Mitteilung der Erklärung Serviens an die Bayern und an Chigi.

34
1646 I 18
Donnerstag Anfrage bei Nassau wegen der Besuche bei den
35
Staatischen. Nassau: Der Besuch der Ksl. kann erst nach Volmars
36
Rückkehr

41
Nassau/Volmar waren 1646 I 14 nach Osnabrück gereist; Nassau war 1646 I 17
42
zurückgekehrt, Volmar folgte I 18.
stattfinden, wovon W benachrichtigt werden soll. – Mitteilung
37
der französischen Erklärung an die Brandenburger.

38
W bei Chabot. Dieser beschwert sich, daß die Spanier den Staatischen im
39
Zeremoniell große Zugeständnisse machen, ihm aber den gebührenden Titel
40
abschlagen. Auf die Frage, ob er Kenntnis von der französischen Replik

[p. 368] [scan. 418]


1
habe, nennt er nur die Forderung nach dem Elsaß und nach ksl. Pässen
2
und Vollmachten für Verhandlungen mit Portugal. – [...] – Mitteilung
3
der französischen Replik

36
Anlage 2 (französische Replik): fehlt; vgl. oben [S. 349 Anm. 2] .
durch die Ksl.

4
1646 I 19
Freitag Auf Anfrage Ws Mitteilung der schwedischen Re-
5
plik

37
Anlage 3 (schwedische Replik): fehlt; vgl. oben [S. 349 Anm. 2] .
durch Volmar. – Mitteilung Nassaus: Sie wollen übermorgen die
6
Staatischen besuchen und den Exzellenztitel geben.

7
Bergaigne bei W. Der Papst hat ihm Cambrai unter Aufhebung der könig-
8
lichen
Nomination und der Wahl des Kapitels übertragen; Bitte um Rat
9
wegen Wahrung der Rechte des Kapitels. W empfiehlt, die Übertra-
10
gung
vorerst anzunehmen, damit das Stift nicht länger erledigt bleibt, und
11
die Anerkennung der Wahl später zu betreiben. Bergaigne: Dazu um so
12
eher bereit, als in der Grafschaft Cambrai die nur dem Bischof zustehenden
13
Eide bereits für Spanien verlangt werden. Auf die Frage, woher die so ge-
14
schwindte correspondenz und einigkeit der Spanier mit den Holländern
15
komme, berichtet er, daß er auf Befehl des Königs seit zwei Jahren mit
16
Oranien und den Staaten in Verbindung stehe. Nachrichten über die span-
17
nische
Entscheidung in der Titelfrage und wegen der ersten Besuche.

18
W: Klagen der Savoyer über die Behandlung durch Spanien. Ber-
19
gaigne will Erkundigungen einziehen und mit Peñaranda darüber reden.

20
1646 I 20
Samstag [...] – Anethauns bei Buschmann. Die Franzosen
21
haben sich beklagt, daß die Trierer sich nicht wie die anderen Kurfürst-
22
lichen wegen Verweigerung der Deputation entschuldigt haben.

23
Mitteilung an die Bayern: Besuch der Ksl. bei den

35
23 Staatischen] am Rande: an Köln 1646 I 20
Staatischen.

24
1646 I 21
Sonntag [...] – W bei Longueville. Nach Gratulation zur
25
Geburt von Longuevilles Sohn

38
Jean Louis Charles d’Orléans, geb. 1646 I 7, gest. 1694 II 4.
zur Friedensfrage: Vor diesem hette
26
Franckreich gegen die reichsstende zum offtern durch gesandten sich
27
erklehrt, daß vom reich nichts begehren thetten, jetzt nun werde es mit der
28
so hoch gespannenen forderung zu der cron Franckreich versicherung (wie
29
es gedeuttet wird) gar zu weit hinaußgesezt, wan darzu dasienige genom-
30
men, so die Schweden praetendiren, wurde solches ein großer theyl des
31
Romischen reichs sein. Wobey der Longeville zu remonstriren sich
32
beflissen, daß ihr der Franzoßen replic und begehren zu befurderung des
33
friedens ziehlend, man muste gedencken, was fur große anlagen von ihnen
34
ahn geld, gutt und blutt geschehen, und in was gefahr das konigreich und

[p. 369] [scan. 419]


1
deßen status gesetzt worden. Gerade heute hat er Nassau den underschied
2
des damahligen status, alß Franckreich keine recompenz begert haben
3
möcht, und des iezigen remonstrirt; offtmal geschehe, daß im spiel einer
4
seiner parthey geldt lehnete, und gleichwol, was das spiel geb und verspieh-
5
let würde, einer den andern contentiren müste. Ahn seitthen des Kaysers
6
und Spanien habe man den krieg gar zu lang continuirt, die Franzosen erst
7
unbefugter ding angefogten und zu dießer kriegsungelegenheit undt kosten
8
genöttiget, dahero eine satisfaction zu erstatten pillich. Umb geldt seye es
9
ihnen nicht zue thun, hetten auch auff land und leuth so groß absehen nit,
10
alß auff ihr selbsteigene und des reichs stende versicherung, welche in
11
ihrem begehren bestünde. Die consilia Hispanica, wavon der iezige Kayser
12
sich ganz laße binden und einnehmen, seyen ihn gar zu wol bekandt, die
13
würden keine ruhe haben, wan sie die commoditeten und vortheyl gleich
14
zuvor mit dem Elsaß behalten solten. Dem reich wurde durch das Elsaß
15
nichts endzogen, zumaln Franckreich daßelbe ab imperio cum oneribus,
16
gleich andern stenden, zu recognosciren erpiethig. Vom hauß Osterreich
17
seye die cron Franckreich bey diesem krieg hart beleidiget, und vor diesem
18
durch Carolum V. [...], dahero sie ursach anietzt, da Gott ihre waffen bey
19
dieser gerechten sach mit glucklichen progressen segnete, sich deßen gegen
20
das hauß Osterreich zu bediehnen, und mangle dem Kayser ahn mitlen
21
nicht, den Leopoldischen erben andere satisfaction zue thun. Erschöpfung
22
Frankreichs und der Reichsstände durch den Krieg. Wan Ostereich in das
23
Elsaß wiederumb gesezt, wurde daßelb mit Spanien, nachdem die waffen
24
wieder abgelegt, schon etwas finden, ihren gegen Franckreich gefasten
25
wiederwillen außzugießen, durch hinlaßung des Elsaßes, und was von
26
Franckreich dabey begert, wurde ihn ihr forze gebrochen und necessirt,
27
Franckreich in ruhe und die reichsstende bey ihrer libertet zue laßen.

28
Eine Bemerkung Longuevilles, solange die Kaiser nicht von Spanien sich
29
abhängig gemacht hätten, seien sie in gutem Verständnis mit Frankreich
30
und den Reichsständen gewesen, greift W auf, um die Unschuld der
31
leopoldinischen Erben darzulegen. Es hieße allezit, daß vom reich nichts
32
begert werde, und diese herrn und das hauß Osterreich ia reichsglieder und
33
stend seyen, die also nicht in die außgab zu setzen. Zur versicherung,
34
warauff Franckreich meistens deutte, weren noch wol andere mittel, alß die
35
hinlaßung des Elsaß, und wurden zwarn ex parte Franckreich rationes vor-
36
gepracht, hingegen aber auch ex altera parte wolbegrundete trifftige rationes
37
in contrarium, und hab er Longevill diese Osterreichische fürsten offter
38
selbst auch noch iezo geruhmbt. Darauff er, Franckreich beklage allein,
39
daß sie sich den Spanischen consiliis also selbst underwerffen, und iezo zur
40
Kayserlichen gehaimen rhatsbediehnung keiner admittirt würde, welcher
41
den Spanischen nicht obligirt, oder ihnen folgen muste. I. H. G.: Wan,
42
seinem andeuten nach, das mißtrawen und gar offenbare feindschafft gegen
43
Ihre Kayserliche Maiestät undt dero lobliches erzhauß in Teutschland
44
daraus endstanden, werd demselben bono modo noch wol vorzukommen

[p. 370] [scan. 420]


1
sein, die extrema aber, mit vorendhaltung land und leuth, wurden zue stiff-
2
tung guten vertrawens nicht dienen. Man sey zusammen, einen bestendigen
3
frieden zu machen, darzu werde schlechte befurderung pringen, der vorigen
4
kriegen beygelegte streittigkeiten von newem zu disputiren. Für die Hand-
5
lungen
Karls V. kann nicht das von Ferdinand I. und der steirischen Linie
6
abstammende jetzige Haus Österreich verantwortlich gemacht werden, von
7
Erzherzog Leopold haben die Franzosen bey seinen lebzeiten selbst
8
geruhmbt, daß er mit dem Teutschen krieg nichts zu schaffen gehabt, die
9
seine junge fursten seyen auch unschuldig, und kondten sie wegen Caroli V.
10
handlungen nicht beschuldiget werden. Longueville: D’Avaux ist im
11
Besitz eines Bündnisvertrages der Erzherzogin Claudia mit Spanien,
12
wodurch sie sich der consiliorum und des kriegs theylhafft gemacht. Mit
13
dem hauß Osterreich sey es nun ein ganz Spanisch weeßen, die Spanische
14
begierd uber andere zue herschen und zu regiren sey gar zu groß, dahero sie
15
dan den Mantuanischen krieg unrechtfertig angefangen. Der kayser Ferdi-
16
nand der ander hette den Bohaimbisch krieg und nachgehendts, welches
17
ihme von Franckreich wol gegönnet, das gluck gehabt, deßen mann sich
18
aber ubernommen und durch die Spanier, die alles under sich zu pringen
19
gedächten, zu einer solchen unpillichen weitterung in Italien, Teutschland
20
und gegen Franckreich verlaithen laßen, daß Gott selbst augenscheinlich
21
gestraffet. Worauff geandworttet, es taxirten die politien und scriben-
22
den nit die Spanier so eigentlich in cupiditate illa dominandi et regendi,
23
sondern wurde insgemein dafur gehalten, daß davon alle potentaten etwas
24
participirten, welches secundum regentium inclinationes et ministrorum ac
25
temporum occasiones, sich dan ahn einem, dan ahn andern orth mehr her-
26
furthetten. Einmal muste man den Spaniern zue ihren ewigen glori das
27
zeugnus geben, daß sie bey dem Truchseßischen krieg mit großen unkosten
28
und hindansezung anderer obgelegener expeditiones getrewe assistenz im
29
erzstifft Collen pro religione et imperio erwießen, die eroberten Städte
30
ohne Entschädigung dem rechten herrn wiederumb eingeraumbt, Franck-
31
reich nehme iezt einen andern modum vor. [...] Den Mantuanischen krieg
32
hetten chur-, fursten und stende nicht approbirt, es were aber mit zuziehung
33
des churfürstlichen collegii ein fried gemacht, den Franckreich nach-
34
gehendts wieder verworffen

43
Zum Regensburger Vertrag 1630 vgl. oben S. 4 Anm. 2 .
. Es bezaigten die Franzosen bey ihrer lezt be-
35
gehrenden recompens wol recht, que les charitez estrangères sont tousjours
36
pour s’emparer de ce qu’elles font mine de secourir. Welches der
37
Longeville mit lachen in etwas wahr zu sein bekendte, doch die opinion von
38
Franckreich abzuwenden damit gesucht, daß sie das Elsaß nur zu ihrer ver-
39
sicherung vorbedeuter ursachen und umbstende halber begerten und solches
40
bey dem reich laßen wolten. I. H. G. meldeten, daß sie der Franzosen
41
vorgeben und postulata nicht köndten zusammenreymen, sie, wie auch die
42
Schweden, sagten, daß sie mit den stenden des reichs keinen krieg fuhrten,

[p. 371] [scan. 421]


1
und doch begerten, dieselbe ihrer landen zue endsezen, gleich sie Franzoßen
2
mit Philipspurg und der linea communicationis, welches sine privatione et
3
praeiudicio eines und andern standts nit abgehen würde; Schweden beger
4
Pommern, ein theyl Mecklenburg, und etliche stiffter. Worauff der duc
5
de Longeville: Philippsburg begerten nur in poßeß, dem reich selbst zum
6
besten. Die linea communicationis kondte klein genug gemacht werden, daß
7
sie deßwegen keines unzimblichen begerens zu beschuldigen. Wolte man,
8
wie sie ihres theylß desiderirten, frieden haben, muste man gestalten sachen
9
nach recht darzuthun; wolte aber das hauß Osterreich den krieg noch ein
10
iahr zwey oder drey continuiren, weren sie damit auch gefast, und würden,
11
was die zeit ferners gebe, alßdan abwartten. Alß I. H. G. hierauff, daß
12
dergleichen resolutiones schlechte anzeig zum frieden geben. Con-
13
testirte der duc de Longevill nachmalß, daß sie einen, aber versicherten frie-
14
den begerten. Beym abschied haben I. H. G. ihm der stiffter und
15
catholischen religion sach recommendirt, darauff er sich erpotten, dabey zu
16
thun, was sie alle thun kondten, mit begehren, was man von ihnen Franzosen
17
vermainen und begehren möcht, daß sie den catholischen zu dienst thun
18
kondten, solches nit gleich den Kayserlichen gesandten zu offenbaren, dan
19
selbe den Spanischen so gar weren ergeben, daß ihnen Franzosischen zu
20
nachtheyl, und sie mit den protestirenden fürsten in mißtrawen, haß, und
21
feindschafft zu pringen, alßpald denselben davon communication thetten.

22
Hierauf replicirten I. H. G., daß diß ein irrig und schadliche suspicion.

23
Und der Longevill beym hinaußgehen hinwieder lachendt zu erzehlen
24
angefangen, wie die Spanische alhier die Stadische gesandte bey der revisita
25
stattlich mit einem banquet empfangen, tractirt und einen süßen mund
26
gemacht, damit sie ihren bosen willen gegen Franckreich ferners ohnbehin-
27
dert außgießen möchten, es wurde ihnen aber nicht glüecken, sondern sie
28
nur ihrem eigenen schaden nachgehen.

29
W mit Reck/Buschmann bei Nassau/Volmar. Auf Ws Frage nach dem
30
Verlauf in Osnabrück verweisen die Ksl. auf das bereits zugestellte Proto-
31
koll
der ksl.-schwedischen Konferenz, das wegen der ksl. Antworten, die in
32
der den Ständen sonst mitgeteilten Fassung ausgelassen sind, geheimzu-
33
halten
ist. I. H. G. stiffter belangendt, erinnerten sie sich gar wol, was die-
34
selbe ihnen vor ihrem verraißen dernthalben zu gemüth geführt, deßen
35
weren sie auch bester gestalt eingedenckt geweßen, und würden sowol ihre
36
herrn collegae zue Oßnabruck, alß auch sie kunfftig im verfolg allermug-
37
lichst dahin trachten, daß I. H. G. solcher ihrer stiffter halber nichts nach-
38
theyliges zuewachßen möge, immaßen sich auch dahin der herr graff von
39
Trauttmanstorff erklehrt und im besten anerpotten. [...] Die Protestanten
40
haben bei Trauttmansdorff umb furderliche componir- und vergleichung
41
der gravaminum gar starck und instendig angehalten, der ihnen die ver-
42
tröstung geben, daß er seines theylß darumb erinnerung zu thun nicht
43
underlaßen wolte, und thetten sie nun auch I. H. G. gebuhrend ersuchen,
44
daß sie ahn ihrem orth darahn sein wolten, damit solch werck ehest zu

[p. 372] [scan. 422]


1
mehrer facilitir- und befurderung des friedens möge vor die hand genom-
2
men werden. W versichert, die katholischen Stände seien eifrig bei der
3
Zusammenstellung ihrer Gravamina, weylen aber darahn die befurderung
4
des friedens allein nicht, sondern guten theylß [...] ahn dem gelegen, daß
5
die replicae coronarum vor die hand genommen und die darin endthaltene
6
schwerwichtige puncta nacheinander erorttert würden, so wolle die noht
7
erfordern, solche materi dem negotio gravaminum vorzuziehen, oder doch,
8
wie mans zum besten befunden wird, eins mit dem andern alternative vor-
9
zunehmen. [...] – Auf Anfrage bei den Brandenburgern wird mitgeteilt,
10
die staatischen Gesandten beanspruchten alle den Vorrang vor den kur-
11
fürstlichen
Sekundargesandten, bei der Revisite auch vor den Haupt-
12
gesandten
. – Auf Anregung der Brandenburger findet dazu eine
13
Konferenz der kurfürstlichen Sekundargesandten statt .

14
Auf Nachfragen der Staatischen entschuldigt W, daß der zu ihnen
15
geschickte Kölner Vertreter von sich aus den Exzellenztitel ausgelassen
16
hat.

17
Mitteilung der Mainzer: Portmann will morgen wegen der Sekundar-
18
gesandten mit den Staatischen verhandeln.

19
1646 I 22
Montag Konferenz der deputatio ad gravamina . – Mit-
20
teilung der Brandenburger: Die Staatischen bestehen darauf, daß alle ihre
21
Vertreter Hauptgesandte sind und den kurfürstlichen Sekundargesandten
22
nicht weichen können. Auf den Hinweis, daß dann erst an die Kurfürsten
23
selbst berichtet werden müsse, haben sie eine Verschiebung der Besuche
24
vorgeschlagen. – W entschuldigt mit Katarrh den für heute angesetzten
25
Besuch bei den Staatischen, die in höflicher Form die Entschuldigung an-
26
nehmen. – Mitteilung der Staatischen: Sie sind mit dem ihnen von W an-
27
gebotenen Zeremoniell zufrieden und wollen ihm die gleichen Ehren geben,
28
die er von den Franzosen erhält.

29
Bayern bei W: Der Kurfürst hält für das beste Mittel zum Frieden, daß
30
furderlichst und vor allen dingen dern von den coronen praetendirenden
31
satisfaction ihre erledigung zu geben, und nach demselben die gravamina
32
religionis zu tractiren und zue vergleichen, zuemaln die zeit der campagnia
33
wieder herzunahe, der ausschlag ganz ungewiß, und sonder zweiffel alßdan
34
die satisfaction wegen damit angewendeter unkösten noch desto hoher und
35
harter gespanen werden würde; welcher punctus satisfactionis von den
36
Kayserlichen ebensowol alhier, alß zue Oßnabruck mit den Schweden
37
geschicht, sich wurde tractiren und vornehmen laßen, wozu ihnen d’Avaux
38
sein Einverständnis angedeutet hat. Auch die Mainzer für Vorziehen der
39
Satisfaktionsfrage, desgleichen zielt nach Mitteilung Maximilians Kurköln
40
darauf. I. H. G. und ubrige Churcollnische gaben hierauff zur andwort

[p. 373] [scan. 423]


1
daß zumaln uberflüßig und unvonnöthhen, gegen sie Ihrer Churfürstlichen
2
Durchlaucht auffrichtige intention und begierde zum frieden zu contesti-
3
ren, dan solche ihnen und aller welt vorhin bekand und wissig seye. Anlan-
4
gend aber, ob der punctus satisfactionis vor den gravaminibus zu erorteren
5
rhatsamb und dienlich, müsten sie nit wenig anstehen, und hetten zwarn die
6
Churfürstliche Durchlaucht zu Collen gnädigst anbefohlen, dahin zue
7
sehen, wie mit den coronen in puncto satisfactionis ein ganzes zu machen,
8
aber dabey nicht exprimirt, ob solches den gravaminibus vor- oder nach-
9
gehen solte. Ihres theylß kondten hierinnen desto beschwerlicher eines
10
eigentlichen sich endschließen, zuemaln sich auch deßhalber zwischen den
11
Kayserlichen und den stenden diese diffidenz verspühren ließ, indeme von
12
den Kayserlichen die sorg getragen würde, daß wan die gravamina compo-
13
nirt und geschlichtet, alßdan die stende, sonderlich die uncatholische, desto
14
liberaler in puncto satisfactionis gegen die coronen, alß durch welche den-
15
selben zu solcher richtigkeit geholffen, in praeiudicium des hauß Oster-
16
reich heraußgehen dörfften, hingegen aber die catholische stende sich zu
17
befahren haben, wan der punctus satisfactionis erst vorgenommen, und den
18
coronis, in specie aber Franckreich wegen des Elsaß und anders opposition
19
gemacht, daß man alßdan Kayserlicher seiths, die Schweden und uncatho-
20
lische stende zu obligirn und zu gewinnen, mit hinlaßung der stiffter, und
21
nachsehung der geistlichen gravaminum umb da mehr freygebig verfahren
22
werde. Eben darumb dan, daß die handlung von den Kayserlichen ad par-
23
tem angestelt, vielen stenden nit wenig nachdencklich, zumaln man sich zu
24
erinnern, was fur eine procedur von den Kayserlichen beym Prager frieden,
25
mit offerirung der catholischen und sonderlich geistlichen gutter, unerfragt
26
der stend, gleich auch von graffen von Trautmanstorff mit den dreyen
27
stifftern Metz, Tull und Verdun noch erst iüngst allhie geschehen,
28
gebraucht worden. Dahero I. H. G. und ubrige Churcolnische unmaßgeb-
29
lich fur das beste hielten, daß man in beyden stücken, der satisfaction,
30
sambt andern in der replic endthaltenen puncten, und gravaminum pari
31
passu zu verfahren; wan auch ye die Kayserlichen mit den cronen ad
32
partem handlen wolten, wurde doch das negst und nöttigst sein, daß vorher
33
uber den punctum satisfactionis, wie weit man gehen und auf was weg das
34
werck zu richten und man sich einzulaßen, zwischen den Kayserlichen und
35
stenden abgered und verglichen werde, anderst gar gewiß disputen, große
36
confusion und disgusti zwischen Ihrer Maiestät und den stenden nicht wer-
37
den außpleiben, indeme, wan die Kayserische den coronen etwas abschla-
38
gen und impossibel gemacht, oder auch respective zusagten oder vertrö-
39
stung geben, hingegen solches die stende nicht approbiren, oder auch respec-
40
tive thunlich befinden möchten, das ganze odium und unwillen von den
41
Kayserlichen oder coronen auff die stende gewalzet werden wolte. Wie
42
nun die herren Churbayerische hierbey ihres gnädigsten hern intention
43
wegen des Elsaß angedeuttet, sagten I. H. G. und ubrige Churcolnische, daß
44
es mit dießen passu eben die obgemelte beschaffenheit haben werd, dan

[p. 374] [scan. 424]


1
Churbayerns mainung, daß den Franzoßen damit zu condescendiren, gehe
2
in affirmativam, andere churfursten aber, maßen man schon vernommen,
3
quod non, wie dan gar nit zu vermutthen, daß Churmainz contra volun-
4
tatem Caesaris, oder auch Churbrandenburg, umb des exempelß mit Pome-
5
ren willen, darzu verstehen, noch die Kayserliche ratification daruber er-
6
folgen werd. Also wan gleich nomine Churcollen und Bayern in ihren votis
7
auff die affirmativam gangen werden solt, hingegen man der intention der
8
fürstlichen

42
8–9 (bey – wurde)] am Rande: omittatur
(bey denen diß werck von den Kayserlichen müglichst under-
9
bawet wurde) nit gesichert, werde doch damit nichts außgerichtet, das
10
odium aber starck auff sich gezogen. Und dorffte von Kayserlicher seitthen
11
und andern, auch wol catholischen stenden besorgentlich das argumentum
12
boni publici causa, der Pfalzischen strittigkeit halber desto mehrers hin-
13
wieder gebraucht werden, daß selbige sach von in- und außländischen
14
uncatholischen pro unica belli fomite allezeit werde außgeschryen und vor-
15
gerupffet. Alß nun hierauf sie Churbayerische replicirt, daß wegen der
16
landen Seine Churfürstliche Durchlaucht alberait sich erklehrt hette, quoad
17
dignitatem aber zue weichen nit gedächten, andwortteten I. H. G. und die
18
Churcolnische, daß sie der mainung in alle weg auch seyen und verplieben
19
würden, nur was vorgemeld dahin wolmainend geschehen seye, daß besorg-
20
lich durch vorzeitige außgebung des voti ratione des Elsaßes die erwehnte
21
difficultates und obiectiones gegen Churbayern von freund und feinden
22
dörfften movirt werden. Weren dahero in hoc passu dieser mainung, daß
23
man vorher bey andern, sonderlich uncatholischen stenden, wohin die incli-
24
nation dißfalß gehe, sondern möchte. Kondten auch ihres theylß zuvor
25
ohnedaß weder publice noch bey einem oder dem andern privatim der
26
Elsassischen oder andern zur satisfaction praetendirenden landen halber
27
ohne special und außtrucklichen befelch sich so wenig affirmative alß
28
negative heraußlaßen, und zwarn solches Churbayern und dero hochlob-
29
lichem hauß selbsten zum besten. Und möchten ihnen dabey nicht vorent-
30
halten, daß die Kayserlichen alberait gar hoch sich beschwerden, welcher-
31
gestalt sie Churbayerische sich solten haben vernehmen laßen, daß wan den
32
Franzosen mit dem Elsaß gewillfahrt, man innerhalb wenig tagen zum
33
frieden wurde gelangen konnen, welches sie dahin auffnehmen, daß man
34
dadurch vermeint, ihnen also gleich die landen abzusprechen, oder den un-
35
danck nit erfolgten friedens, alß den sie damit allein hinderten, zuzuschie-
36
ben. Hierauff haben I. H. G. annectirt, daß underschiedlich wunder nehm,
37
und nicht zusammenpringen kondten, daß die noth so groß, und die un-
38
muglichkeit den krieg zu continuiren gemacht und contestirt werde, und
39
hingegen das Elsaß, wan auch die Franzosen mit andern mittelen sich nit
40
contentiren laßen wolten, nicht wolle weggelaßen,

43
40–41 auch – werden] am Rande: omittatur ad Bavarum
auch von Churbayern
41
electoralis dignitas quovis modo manutenirt und behaubtet werden.

[p. 375] [scan. 425]


1
1646 I 23
Dienstag Konferenz der deputatio ad gravamina. – Dr.
2
Ernst

36
Vgl. oben [S. 329 Anm. 1] .
bei W. Mitteilung seiner morgigen Abreise nach Osnabrück.

3
1646 I 24
Mittwoch Kurfürstenrat . – Konferenz der deputatio ad
4
gravamina.

5
Auf die Nachricht Volmars, der Administrator von Bremen und Verden
6
wolle wegen seiner Stifter in Schweden Sonderverhandlungen führen, läßt
7
W den Franzosen ein Memorial über Verden

38
Anlage 4 (Memorial Ws betreffend Verden): fehlt.
zustellen. Alle drei Gesandten
8
versichern W ihrer Unterstützung. Longueville fügt hinzu, man hoffe,
9
daß Schweden auf diesen Stiftern nicht bestehe; dann könne der Admini-
10
strator mit Bremen abgefunden werden und W Verden zurückerhalten.

11
D’Avaux äußert vertraulich, der Administrator werde in Schweden
12
wohl auf die Friedensverhandlungen verwiesen werden, die Franzosen
13
würden sich für alle drei Stifter Ws einsetzen. Von den Schweden selbst
14
hetten sie die nachricht, daß sie beyde stiffter Oßnabruck und Minden ex
15
professo nit praetendirt, sondern occasione ihnen von den Kayserlichen in
16
vorgangener conferenz gegebener anlaß, indeme von ihnen Kayserlichen,
17
auff begeren zur satisfaction Bremen und Pommern, vermeldet, daß
18
solchen falß dem inhaber andere satisfaction hinwieder geschehen müste,
19
und alß darauff von den Schweden replicirt, dafür würde man den Kayser
20
sorgen laßen, hetten die Kayserlichen solches wiedersprochen, und diese
21
contentirung auf die Schweden auß andern landen verwießen, da der
22
Oxenstern ridendo subnectirt gehabt, ergo müste es von denen stifftern,
23
welche sie, die Schweden, in handen hetten, geschehen. Concludirte dem-
24
negst der d’Avaux, welches er gleichwol in vertrawen anvermeldt haben
25
wolt, daß der Schweden mainung nit, maßen dieselbe mit ihnen Franzoßen
26
alhier abgered und verglichen, die auf diese stiffter gemachte praetension
27
zue behaubten. Servien fügt hinzu, gerade berichteten die Hessen,
28
Melander

39
Peter Melander (1585–1648), Gf. von Holzapfel, 1633–1640 hessischer Generalleut-
40
nant, dann ksl. General, vgl. ADB XIII S. 21ff. ; führte als Nachfolger Geleens 1645–
41
1647 das Oberkommando der westfälischen Kreisarmee. Vgl. J. Foerster S. 270f.
habe im westfälischen Kreis alle Exekutionspässe aufheben
29
lassen, weshalb die Landgräfin ebenso handeln müsse. Da so die Stadt
30
Münster blockiert werde, müsse man sich bei den Mediatoren beschweren.
31
W möge sich der Sache gleichfalls annehmen.

32
1646 I 25
Donnerstag Deputatio ad gravamina. – [...]

33
1646 I 26
Freitag [...] – Mitteilung Nassaus: Die Hessen wollen die
34
ihnen als Verhandlungsvollmacht zugestellte Erklärung nicht akzeptieren,
35
weil darin ihre Trennung von Frankreich erwähnt ist. In Osnabrück drängt

[p. 376] [scan. 426]


1
man auf die Verhandlungen über die Gravamina. Darauf ihme ange-
2
deutet, daß in begreiffung der gegennotturfft die catholische per deputatos
3
diese wochen uber fast alle tag und zwarn vor- und nachmittag beysamen
4
gewest, werde gar nicht gefeyret, es seye aber das werck weitlauffige und
5
wichtig, warzu zeit gehör. Die catholische hetten auf den Franckfurter
6
schluß, daß auf ander orth und zeit die gravamina vorgenommen werden
7
solten, ihr absehen gehabt, dahero sich nicht, gleich von der andern seit-
8
then geschehe, gefast gemacht. Welches der herr graff bejahet, mit nach-
9
maliger wiederholung, daß er verhoff, wenigstens innerhalb 8 tagen die
10
communication den Oßnabruckischen werde geschehen

33
10 konnen] am Rande: an Köln 1646 I 27
konnen.

11
[...]

12
1646 I 29
Montag Reichsräte . – Hessische Satisfaktionsforderun-
13
gen

35
Anlage 5 (Hessische Satisfaktionsforderungen): fehlt.
.

14
1646 I 30
Dienstag Konferenz der katholischen Stände. – Konferenz
15
der deputatio ad gravamina.

16
1646 I 31
Mittwoch Konferenz der katholischen Stände . – [...]

17
1646 II 1
Donnerstag Trierer bei W. Mit der Erklärung Kurkölns,
18
der genauen Erfüllung des Depositionsvertrages wegen Ehrenbreitstein
19
stehe der von Kurtrier mit dem Kaiser geschlossene Vertrag entgegen, gibt
20
Kurtrier sich nicht zufrieden. [...] W antwortet unter Betonung der bei
21
Übernahme des Depositums auf den Nutzen Triers gerichteten Motive
22
Kurkölns; Kurfürst Ferdinand müsse sich an den ihm vom Kaiser vorge-
23
legten Vertrag mit Kurtrier halten, habe als weiteres Entgegenkommen die
24
Besatzung des Eides gegen ihn ganz erlassen, factum tertiorum zu prae-
25
stiren, könne ihm nicht zugemutet werden. Sich deshalb – wie angedroht
26
– in der Pfälzer Frage, der Religionssache oder anderen Reichsangelegen-
27
heiten zu entziehen, hat Kurtrier keine Ursache.

28
1646 II 2
Freitag W bei den Spaniern. Da durch Vertrag mit Castel
29
Rodrigo dem Herzog von Lothringen Hammerstein eingeräumt werden
30
soll, damit er von dort den Unterhalt seiner Truppen aus Köln, Lüttich,
31
Stablo, Jülich und der Eifel gewinne, läßt Kurköln vorstellen: Damit wer-
32
den
die Feinde an den Rhein gezogen, die Untertanen zu einer Erhebung

[p. 377] [scan. 427]


1
wie im Bauernkrieg veranlaßt und die Zusicherungen des Kaisers gegenüber
2
den Kreisständen

36
Bei Einrichtung der westfälischen Kreisdefension hatte der Kaiser versichert, daß der
37
von ihr unterhaltenen Armee das ganze Kreisgebiet vorbehalten sein sollte. Vgl.
38
J. Foerster S. 204, 231ff, 260.
verletzt, während man bey diesen zeiten billicher und
3
vielmehr dahin trachten solte, wie man chur- und fursten besser tractiren
4
und zu einmutiger zusammensetzungh vielmehr alß zur separation ursach
5
oder anleitung geben möchte. Durch Schreiben an Castel Rodrigo möge die
6
Überlassung Hammersteins und jegliche Kontributionserhebung aus dem
7
westfälischen Kreis verhindert werden. Peñaranda: Hierüber nicht
8
informiert; zu dem Schreiben bereit. Auf Ws Frage muß er zugeben, daß
9
Lothringen in spanische Dienste getreten ist, woraus W schließt, daß dann
10
Castel Rodrigo die Verantwortung für die Überlassung des Platzes nicht
11
schwer fallen werde. Rechtmäßigkeit der Erhebung des Hammersteiner
12
Zolles durch die spanische Besatzung. Spanische Besatzungsrechte im Erz-
13
stift
Trier.

14
W bei den Ksl. . Sie sind zur Verwendung in der Hammersteiner Sache bei
15
den Spaniern und bei Trauttmansdorff bereit. Nachrichten über die
16
spanisch-staatischen Verhandlungen.

17
1646 II 3
Samstag Mitteilung der Mainzer: Verschiebung der Sitzun-
18
gen
in Osnabrück wegen Erkrankung Raigerspergers. Die schriftlich be-
19
gehrten
und vor drei Tagen dem Direktorium zugestellten Erläuterungen
20
Ws zur Antwort auf die protestantischen Gravamina sind von iederman
21
[...] woll erinnert gehalten, insonderheit wegen angegebener specialiteten
22
und casuum, welche bey den tractaten, wie I. H. G. selbsten vermeinten,
23
billig mundtlich in obachtt zu nehmen wehren.

24
Mitteilung der Ksl.: Die Spanier wünschen die auf Ws Wunsch von ihnen
25
vorgebrachten Punkte schriftlich. Darauf läßt W ein entsprechendes
26
Memorial

40
Hierzu wohl die im Text nicht erwähnte Anlage 6 (Memorial wegen Hammerstein):
41
fehlt.
den Ksl. zustellen . [...].

27
1646 II 4
Sonntag Volmar bei W. Vom österreichischen Direktorium
28
hat Trauttmansdorff erfahren, bei den hiesigen Beratungen werde erwogen,
29
1. die Ksl. zu ersuchen, die französische Satisfaktion bey zeiten zu behan-
30
delen, 2. unter dem Vorwand näherer Erläuterungen über die Replik an die
31
Franzosen zu deputieren. Trauttmansdorff ist befremdet, da er 1. doch
32
albereits daßienige, was er von Ihrer Maiestätt den Franzosen zu offeriren
33
in befelch gehabt, von sich gesagt, und ein mehrers nit zu thun wuste. Wan
34
mit denselben noch weiters solte gehandlet werden, wurde furerst eine not-
35
turfft sein, daß die stendt sich untereinander vergleichen und entschließen

[p. 378] [scan. 428]


1
theten, wohero solche satisfaction zu nehmen, und demnegst Ihrer Maie-
2
stätt daruber ein gutachten eroffneten. Bey dem 2. ginge ihme zu gemuth,
3
daß wan dergleichen deputation zu den Französischen geschehen solte, es
4
fast das ansehen gewinnen wolte, alß gedächten die stendt absonderlich sich
5
mit ihnnen in tractaten einzulaßen, und gleichsamb von Ihrer Kayserlichen
6
Maiestätt zu separiren, da doch das churfürstliche collegialgutachten de
7
anno 1636

43
Vgl. oben [S. 11 Anm. 2] .
dahin gangen, daß die stendt Ihrer Kayserlichen Maiestät bey
8
den tractaten assistentz, Ihre Maiestät aber dieselbe hauptsachlich fuhren
9
sollen. Zudeme vernehme man, daß under anderen auch daruber von den
10
Frantzosen erleuterung zu begehren vorhabens, was under dero von ihnnen
11
in der replica gesetzter linea communicationis zwischen Philipßburgh und
12
Franckreich verstanden. Dafern nun solches geschehen solte, wurden die
13
Frantzoßen außer allen zweifell die vermutungh schöpffen, daß man diß-
14
seits ihnnen das vorige auser solcher linea anbegehrte landt und leuthe
15
schon tacite einwilligen und nachgeben thete. Derowegen sie dan nicht
16
umbgehen konnen, solches alles I. H. G. und ubrigen Churcollnischen,
17
gleichwie sie den herren Churmaintzischen und Churbayerischen alberaitz
18
gethan, zu gemuth zu fuhren, mit dem begehren, darahn zu sein, damit
19
diese inconvenientien verhuetet werden möchten. I. H. G. andtworte-
20
ten, daß es bey den stenden quoad punctum satisfactionis die meinungh gar
21
nit gehabt, alß thete man gern sehen oder Ihrer Kayßerlichen Maiestät und
22
dero loblichen hauß gönnen, daß sie von ihren landen etwas zurucklaßen,
23
und eben dadurch den frieden zuwegh pringen solte, sondern es seye nur
24
dahin verstanden worden, sintemahln ietzo die Schwedische und Frantzosi-
25
sche replic zur haubtsachlichen consultation proponirt, daß immittelst, da
26
die stendt der ubriger puncten halber in rathschlagung begriffen, sie herren
27
Kayserliche mit der negotiation in puncto satisfactionis also fortfahren und
28
die Frantzoßen von der ubermäßigkeit ihres anbegehrens dergestalt herab-
29
pringen möchten, damit hernach, wan alles ander geschlichtet, das werck
30
sich an selbigem passu allein nit stoßen thete, und seye also dieser vor-
31
schlagh nur zur beschleunigung der sachen, keineswegs aber Ihrer Maiestät,
32
. dero hauß, oder einigen andern standt zu nachtheil angesehen geweßen.
33
2. Bei Ablehnung der ursprünglich von den Franzosen geforderten Depu-
34
tation
hat man sich eine spätere Abordnung zwecks näherer Erkundigung
35
vorbehalten. Da sich bei Beginn der Beratung über die Replik jetzt zeigt,
36
daß ettliche puncten zimblich obscur und general, hette man vermeint, zeit
37
zu sein, solche deputation vor sich gehen zu laßen, und sonderlich bey sol-
38
cher occasion ihnnen den Frantzoßen die exorbitantz ihrer postulatorum
39
rechtt zu gemuth zu fuhren, wabey man dan vermeint gehabtt, Ihrer
40
Kayserlichen Maiestät viel mehrers gehorsambste und treweste dienst, alß
41
ettwas zum nachtheil zu thun, zumahln unschwer zu gedencken, daß wan
42
die Frantzosen spuren, daß die stendt ahn solchen ihren postulatis gantz

[p. 379] [scan. 429]


1
kein gefallens tragen, sie alßdan in sorgen stehen mueßen, daß es mit deren
2
hinaußtruckungh so gar leicht nicht fallen werde. Weiln nun gleichwoll sie
3
herrn Kayßerliche dem beschehenen andeuten nach, mitt den ubrigen chur-
4
fürstlichen gesandten auch hierauß geredet, so wurde dahin stehen, was die
5
fernere consultationes hierin geben wurden, underdessen I. H. G. der sachen
6
auch ihres theylß nachdencken wolten.

7
Longueville bei W. Dank für Ws Gratulation, wobei Longueville bemerkt,
8
er wolle seinen Sohn später zur Erlernung der Sprache nach Deutschland
9
schicken. Worauf I. H. G. post curialia lachendt geandtwortet, daß der
10
sohn in Teutschland zwarn willkom seye, nichtt aber armirt, wie vor die-
11
ßem der herr vatter gethan, kommen muste. Ille replicabat, imo er solte
12
armirt kommen, nit zwarn widder Teutschlandt, sonder Ihrer Kayserlichen
13
Maiestät widder den Turcken zu assistiren, unnd deroselben dasienige, was
14
ihro legitime zustehe, widder recuperiren zu helffen. I. H. G. andtwor-
15
teten eß wurden Ihre Kayßerliche Maiestät fur erst lieber sehen, daß man
16
ihro daßienige was sie noch haben, ruhig unnd mit frieden laße. Nach
17
diesem thete er duc de Longueville der religionsgravaminum meldung, und
18
erinnerte, daß man catholischen theilß mit der außandtwortungh eylen
19
wolte. Qua occasione I. H. G. die materia gravaminum ettwas berurt
20
unnd endtlich ihme diesen vorhalt gethan, was die Frantzoßen bey diesem
21
werckh thun wolten, wan die catholische stendt sich resolvirten, ihnnen das
22
gantze werck in die handt zu geben, ihr gewissen also damitt zu beschwe-
23
ren, daß sie darin verfahren solten, wie sie es vor Gottes angesicht und dem
24
iungsten gerichtt zu verandtworten gedächten. Waruber er gelachet
25
und vermeldet, daß solches eine frage seye, die nachdenckens bedurfftig, eß
26
hetten aber sonsten die vorige Kayßer schon den uncatholischen viele
27
sachen eingeraumbt, welche sie Frantzoßen zu ändern, noch auch, wo es
28
zweifelhafftig, zu declariren vermöchten.

29
1646 II 5
Montag W bei Volmar. Bericht in der Schaumburger Frage:
30
Die Grafschaft ist nach 1090 vom Stift Minden dem Grafen von Schaum-
31
burg
als Mannlehen gegeben worden. Nach Erlöschen des Hauses hat 1640
32
das Kapitel mit Vollmacht Ws Besitz ergriffen, doch setzte sich dann
33
Schweden mit dem Anspruch durch, daß es das Stift Minden, zu dem
34
Schaumburg gehöre, in seiner Hand habe. Die Witwe

39
Elisabeth von der Lippe (1592–1646), Witwe Georg Hermanns von Holstein-Schauen-
40
burg und Mutter des 1640 XI 25 verstorbenen letzten Grafen Otto V.
hat am ksl. Hof
35
gegen W geklagt und von Schweden die Restitution verlangt, dort aber
36
nur ein Dekret erhalten

41
Anlage 7 (Dekret der schwedischen Regierung für die Gräfin von Schaumburg):
42
fehlt.
, in dem der Anspruch des Stiftes ausdrück-
37
lich
vorbehalten ist. In Wien ist zuletzt ein für W im ganzen gün-
38
stiges
Urteil

43
Anlage 8 (Reichshofratsurteil in Sachen Osnabrück ./. Gräfin von Schaumburg): fehlt.
gefällt worden. Volmar: Die Witwe hat ihm eine aus-

[p. 380] [scan. 430]


1
führliche
Darlegung ihres Rechtsstandpunktes eingegeben. Sie will ihre
2
Beschwerden gegen W bei den Friedensverhandlungen vorbringen und
3
hat auch Einwände gegen das Urteil. Er hat eingewandt, die ksl. Ge-
4
sandten
seien ad tractatus pacis publicae anhero verordnet und nicht
5
gemaindt, auch nicht darzu instruirt, actiones privatas zue vergleichen,
6
weniger dasienig, so im rechten erkendt, zue hindertreiben. Zur Be-
7
handlung
der Repliken gibt W zu, daß es a parte der stendt sehr langsamb
8
hergehe, welches daher kehm, daß man erstlich in locis separatis et dissidis
9
die tractaten fuhren muß, und dan 2. daß man, sonderlich die catholische
10
und weniger die churfürstliche, was Ihrer Kayserlichen Maiestät intention
11
in ein oder andern puncto, nicht wisse. Sie hetten vermaint, bey ankunfft
12
des graffen von Trautmanstorffs wurde vel in communi, oder wenigst ad
13
partem davon andeuttung beschehen sein, dan ia de reputatione Caesaris
14
gar nicht, daß sie einer, und die stende einer andern mainung, welches zue
15
hochster verkleinerung bey den außwerttigen coronen, auch zu deßen gar
16
schlechten nuzen gereichig sein könne. Wan man auch zue allem, was ahm
17
Kayserlichen hoff fur gut gehalten, nur solte ia sagen, hette es der stende
18
gegenwart bey den tractaten nicht bedörfft; dergleichen modus beym
19
Prager frieden auch gebraucht, waruber sich gleichwol viel, auch von
20
catholischen stenden beschwerd und noch beschweren thetten. Bey der
21
ersten ursach des langsamben verfahrens hab man die difficultet gleich
22
anfangs vorgesehen. Auf den hiesigen Beschluß super modo consultandi
23
replicas

43
Vgl. APW [III A 1,1 S. 427ff] (1646 I 29).
erwartet man seit zehn Tagen die Osnabrücker Antwort; fällt sie
24
nicht konform aus, muß erneut beraten werden, während die Zeit ver-
25
geht
. Volmar: Auch die Ksl. haben diese Schwierigkeit vorausgesehen,
26
wüßten aber nicht zu helfen, wan nit die stende fur sich selbst ein andere
27
resolution ergreiffen. Das ander, nemblich unio intentionis Caesareae mit
28
der stende hielten sie selbst fur eine große notturfft, meldendt, gleichwol in
29
vertrawen, daß weder der graff von Naßaw, noch er die eigenhandige in-
30
struction nie gesehen, noch Ihrer Maiestät eigentliche intention vom graffen
31
von Trautmanstorff vernommen hetten. Wobey I. H. G., daß gleichwol
32
selzam, solche resolution, alß mit den dreyen stifftern, und auffnehmung
33
der Calvinisten im reich, ohne vorgehende communication mit den stenden
34
zu fassen, da sich doch das ganze reich so lange iahr biß dato zue allezeit
35
opponirt. Auff welches der herr Vollmarn, daß die mit den Calvinisten
36
genommene resolution vorher zue München mit Churbayern concertirt und
37
guttbefunden, ob dergleichen wegen der dreyer stiffter geschehen, kondte
38
er nicht wissen. I. H. G. reassumirten wegen der dreyer stiffter, daß
39
deßwegen Lottringen und andere nicht unbillich sich beschwerden; und
40
seye wol zue bedencken, solch ansehenliche lehnstücke, und der stende
41
dependenz also der cron Franckreich hinzuewerffen. Mit der Franzosischen
42
satisfaction ratione Elsaß und anders haben die herren Kayserlichen selbst

[p. 381] [scan. 431]


1
gehalten, sich nicht zu ubereylen, und in ienem wirfft mans also leicht hin-
2
weg. Volmar: Trauttmansdorff hat das Angebot ganz allein und gegen
3
die Bedenken der Mediatoren durchgesetzt, die übrigen Gesandten haben
4
nachträglich nichts mehr ändern können. Alß I. H. G. vermeldet, daß
5
gleichwol gutt sein wolte, die puncten, so von Ihrer Maiestätt und dem
6
hauß Österreich immediate dependiren, alß ratione des Elsaßes, zu resol-
7
viren, andtworttete der herr Volmar, es were alberait resolvirt, und konte
8
einmal auß den angezogenen wichtigen ursachen nit geschehen. W: Die
9
Franzosen argumentieren, da ihnen das Elsaß am gelegensten, könne der
10
Kaiser die leopoldinischen Erben anders entschädigen. Volmar: Es seye
11
nit muglich, auch ganz und zumal unbillich, daß der Kayser und das hauß
12
Osterreich ihre landen solten weggeben, und zu wunschen, daß nit ex parte
13
statuum den coronis anlaß oder vertrostung in specie auf das Elsaß
14
gegeben, und also fruhezeitig mit dem puncto satisfactionis geeylet würde.

15
I. H. G. replicirten, daß viele der mainung, wan man in puncto satisfac-
16
tionis mit den coronen eins, daß der fried alßdan desto leichter folgen und
17
viele difficulteten in ein und anderen cessiren würden. Wegen Kurtrier und
18
in anderen Sachen hat der Kaiser, während die Kurfürsten beständig blie-
19
ben
, nach langem Sträuben doch nachgegeben, und seye woll zu conside-
20
riren, ob man den frieden mit vergleichungh des puncti satisfactionis auch
21
nicht promoviren wolle, und ob man die so offt geklagte unmöglichkeit
22
belli continuandi werde ersetzen können, dabey auch andeudent, daß viele
23
der meinung, der herr graff von Trautmansdorff werde von Ihrer Kayser-
24
lichen Maiestät dergestalt instruirt sein, daß an diesem puncto der frieden
25
sich nicht zerschlagen möchte. Er Volmari: I. H. G. wolten ihme sicher-
26
lich glauben, daß der herr graff von Trautmansdorff weder ihme noch
27
anderen Kayßerlichen von solcher instruction parte geben, und konte sich
28
solches auch nicht einbilden, und finge darauff gleich ahn von der vor-
29
geweßener deputation ad Gallos zu reden, daß nemblich sie Kayßerliche,
30
insonderheit der herr graff von Trautmansdorff anderß darauß nicht be-
31
finden konten, alß daß den Frantzoßen dardurch nur mehrer anlaß zu
32
einem und anderen gegeben wurde. I. H. G. repetirten, was gesteren
33
von den stenden hierin abgeredt worden. Volmar: Von Wolkenstein ist
34
zunächst anders berichtet worden, nach Einsicht in das von Goll über-
35
schickte
Fürstenratsprotokoll hat Trauttmansdorff eine mehrere satisfac-
36
tion bekommen, betawreten aber zum höchsten, daß etliche von den catho-
37
lischen stenden nicht allein sehr kleinmutig, sondern uberall die unmüglich-
38
keit, den krieg zu continuiren, vorwendeten und dardurch dem feindt hoch-
39
mütig und die tractaten schwerer mächten, da doch sicher und gewiß, wan
40
die cronen von ihrem unbilligen begehren mit Elsaß, der chur- und derglei-
41
chen nit abstehen, daß auch der krieg nicht auffhoren werde. I. H. G.
42
bekenten gleichfalß, daß Churbayern in ewigkeit die churwurde von
43
seinem loblichen hauß nicht nehmen laßen wurde.

44
W bei Bergaigne. Gratulation zur Beendigung des Informationsprozesses

[p. 382] [scan. 432]


1
wegen Cambrai. Bergaigne: Frage der Session im Reich, wozu auch
2
drei seiner Vorgänger ohne die Regalien zugelassen worden sind. W:
3
Da die protestantischen Administratoren wegen Nichterhalt der Regalien
4
ausgeschlossen sind, soll man diese Fälle besser nicht bekannt machen, son-
5
dern
beim Kaiser die Regalien zu erhalten suchen, sofern Spanien es nicht
6
verhindert, das aber jetzt zur Vermehrung seiner Fürstenratsstimmen wohl
7
weniger Schwierigkeiten als sonst machen wird. Andernfalls sei ein indul-
8
tum administrandi auf 1, 2, oder mehr iahren, welches so viel auffsehens
9
nicht machen wurde, zu erhalten. [...] Erste spanisch-staatliche Besuche,
10
fortdauernde Verhinderung französisch-spanischer Besuche durch Zere-
11
monialschwierigkeiten
. Geringe Fortschritte der französisch-spanischen
12
Verhandlungen, da Frankreich auf Abtretung aller eroberten Gebiete
13
besteht. Peñaranda hat sich bei Castel Rodrigo über die ohne Befragen
14
der Gesandten wegen Hammerstein vorgenommenen Maßnahmen und die
15
Annahme Lothringens zum General gegen Frankreich beschwert.

16
D’Avaux bei W. Diskussion der spanisch-französischen Verhandlungen
17
anläßlich Ws Besuch bei Bergaigne. Dabei erwähnt W, Bergaigne wolle, so-
18
bald die Bulle wegen Cambrai eingetroffen sei, unerachtet der sonstigen
19
Titulaturstreitigkeiten für seine Person die Franzosen besuchen. [...]

20
D’Avaux: Ob nicht paldt die deputati statuum bey inen dem veranlaßen
21
nach sich würden angeben. W: Die hiesigen Katholiken haben die Depu-
22
tation
beschlossen, an einer etwaigen Verzögerung oder Verhinderung sind
23
die Franzosen selbst schuldig. D’Avaux: Ksl. und Österreicher suchen
24
die Deputation zu verhindern. W: Er hat früher vor der Berufung der
25
Stände und dann ihrer Aufteilung auf beide Kongreßorte die Franzosen im
26
eigenen Interesse gewarnt. Jetzt muß man den Beschluß erst nach Osna-
27
brück
schicken und, wenn von dort keine Zustimmung kommt, neu ver-
28
handeln
. D’Avaux: Die Aufteilung mußte gegen den Wunsch Frank-
29
reichs
den Schweden zugestanden werden [...], subnectirend, daß sie der
30
deputation statuum mitt verlangen erwartteten, wie auch waß der stendten
31
mainung auff ihre replic und sonderlich in puncto satisfactionis. Zwischen
32
denselben und der cron Franckreich bedörffte es keinen mediatoris, zumaln
33
sie mitt inen in ungueten nichts zue schaffen hetten. I. H. G. replicir-
34
ten, daß mans mitt inen in hoc principio, daß nemblich die stendte und das
35
reich an inen Frantzosen keinen feyndt haben, gantz nicht einig, und könt-
36
ten sich diejenige, denen sie vel inmediate, oder durch ihre alliirte landt
37
und leute abgenommen, verschenckt, oder ruinirt, sich zumaln keiner
38
freundtschaft gerümen. Quoad modum consultandi wunsche man selbst
39
einen schleunigen, sonderlich a parte catholicorum. Wegen der satisfaction
40
müsten sie zweifflen, ob gewihrige andtwortt von den stendten erfolgen
41
werd, zumaln sie die gewiße nachricht hetten, daß die uncatholische gantz
42
nicht gern sehen, daß inen Frantzosen das Elsas oder andere landen vom
43
reich eingeraumbt worden sollen. Welches er d’Avaux auch vernom-
44
men zu haben vermeldet, es seye aber darumb also beschaffen, daß sie

[p. 383] [scan. 433]


1
ungern eine solche starcke assistenz pro catholicis sehen woltten, hingegen
2
aber würde inen gar nicht zugegen, ia lieb sein, den Schweden landt und
3
leute zur desto starckerer assistentz contra catholicos, umb dieselbe desto
4
ehender und leichter gäntzlich zu vertilgen, einzuraumen. Alß darauff
5
I. H. G. gar eigentlich und gewiß vernommen zu haben vermeldet, daß die
6
Schweden niemaln landt und leute zu begeren gewillet, sondern erst her-
7
nacher, alß die Frantzosen gantze landtschafften praetendiren dörffen,
8
auch sich verlauten haben laßen sollen, wan die Franzosen davon ab-
9
wichen, sie auch ihres theilß darauff nicht bestehen woltten, sagte er
10
d’Avaux auff Latein: ipsi fallunt; I. H. G. aber, wan sich die Frantzosen
11
erclerten, gleich vor dießem den stenden der dreyer craißen geschehen, daß
12
sie vom reich nichts praetendirten, würde sich, wer fallirte, paldt zaigen.

13
Auff welches der d’Avaux allein gefraget, ob dan auch die catholische
14
nicht gern sehen, daß Franckreich das Elsas verpliebe. Deme I. H. G.
15
hinwieder geandtworttet, den Kayser und das hauß Österreich belangent,
16
werde es, wie sie schon öffters gehört, pro impossibili gehaltten, ratione
17
anderer catholischen köntten sie in vertrawen ihme nicht pergen, daß bey
18
denen, mitt welchen sie noch geredet, gantz keine inclination befinden.

19
Waruber er die schulder gezogen, und nachdeme er ein zeitlangh in ge-
20
dancken still geseßen, vermeldet, ob dan keine möglichkeit, das die catholi-
21
sche die guete intention zue ihrer assistentz apprehendiren köntten, es
22
geschähe inen in deme ungleich, daß sie so viell soltten praetendiren, dan
23
Basel, Straeßburg, Abtey Murbach, und waß dergleichen, sie darunder
24
nicht verstunden, sondern allein das Elsas cum iuribus, wie es das hauß
25
Österreich über ein- oder andern standt praetendirt und excercirt. So hab
26
sich auch wegen Philipsburg der bischof zu Speyr

42
Philipp Christoph von Sötern, Kf. von Trier.
eben so hoch nicht zu
27
beclagen, dan ihme alle iurisdiction, renten und gefälle verpleiben soltten.

28
I. H. G.: Eben dießes seye kein modus, die stendt zu devinciren, und
29
thetten sich in specie die reichsstette, deren 9 unter die landtvogtey gehörig,
30
gar hoch beclagen, daß man sie gleichsamb dem könig in Franckreich
31
undergeben woltte. Worauf er, daß die Frantzoßen kein mehrer ius
32
über sie, alß Österreich gehabt, praetendirten. I. H. G.: Sie woltten
33
ihme ihre gedancken vertrewlich enddecken, wie es mitt den sachen be-
34
wandt. In Metz, Toul und Verdun wird seit einiger Zeit die alte Rechts-
35
stellung
geändert, im Elsaß neuerdings gegen die alten Privilegien ver-
36
fahren
, wegen Philippsburg zeigt das Beispiel der von staatischen Truppen
37
besetzten kurkölnischen Stadt Rheinberg

43
Stadt im Niederstift Köln, zuerst spanisch, seit 1633 staatisch besetzt.
, wie die Rechte des Landesherrn
38
von Jahr zu Jahr eingeschränkt werden. Darauf er anderst nicht, alß
39
daß sie keine Hollender weren. I. H. G., daß aber die Frantzosen
40
mechtig. Sagte er lachend, daß es wahr, und wiederholete, köntten sich
41
nachmaln nicht genug verwundern, daß die catholische dießes intentum

[p. 384] [scan. 434]


1
impugniren soltten, da doch per hoc sie drey so ansehenliche häußer alß
2
Osterreich, Franckreich, und Bayern zur assistentz haben köntten, welches
3
dan die churfürsten am Rhein sonderlich lieber sehen soltten. I. H. G.:
4
Daß letzte stünde dahin, ob die politica zuließe, daß anstatt eines ertz-
5
herzogen von Osterreich im Elsaß ein mechtiger könig am Rhein sein soltte,
6
deßwegen sie dan alberait allerley discursus vernommen hetten. Waß die
7
assistentz anlangt, wan es den Frantzosen sonsten damit ernst, köntte den
8
catholischen, wan sie angefochten, und hülff begeren würden, in tempore
9
allezeit, maßen dan itzo den uncatholischen geschehe, assistirt werden. Die
10
obige landen weren maistens catholisch, der unrat aber, wie man gesehen,
11
ex septentrione et circulo Saxonico inferiore herkommen, dadurch auch die
12
stiffter, welche Carolus Magnus fundirt, mehrentheils von den ketzern ver-
13
schluckt. Es köntte aber herunderwerts viell mehr auß den dreyen stifftern
14
Metz, Tull und Verdun, wan die Frantzosen nur sonsten woltten, succurrirt
15
werden, köntten sich gantz nicht imaginiren, daß den Frantzosen ernst, bey
16
ihren postulatis zu bestehen, verstünden auch nicht, waß mitt der linea com-
17
municationis gemaint seye, wie lang oder breit solche sein solle, und wurden
18
sich dadurch einmahl die reichsstendte, so solche linea treffen wurde, sich
19
högstens zu beschweren haben, auch sehr große difficulteten abgeben.

20
Warauff er allein, daß man hiervon noch tractiren köntte. I. H. G.
21
replicirten, die Frantzosen bildeten den catholischen vor, daß sie deren so
22
große freundt, und guete correspondentz mitt inen zu haltten gedächten; es
23
bezaige aber das werck bißhero ein anders, falß aber von denselben anders
24
sich, sonderlich bey den tractaten bezeigt und zue beßerer confidentz anlaß
25
geben wurde, möchte man auß den sachen beßer kommen können. Sie
26
hetten ihme vor dießem mehrmaln zu verstehen geben, daß die confidentz
27
gegen unß schlecht, indeme sie die suspicion hetten, daß die catholische
28
stendte mit dem Kayser, Spanien, und hauß Österreich gar zue starck ver-
29
bunden, consequenter alles, waß sie denselben anvertraweten, dorthin
30
offenbarten, und also sie sich ob der verhofften confidentz betrogen befin-
31
den, welches doch gleichwohl in sich anderst bewandt, hingegen aber dießes
32
viellmehrers wahr und zu beclagen, daß alles von ihnen der cron Schweden
33
und Hessischen abgesandten, waß von den catholischen herrürete, revelirt
34
und entdeckt würde; wan die Frantzosen mitt den catholischen fein rund
35
verführ- und handleten, würde den sachen beßer geraten sein. Er: Sei-
36
nes theilß hette er zue wünschen, und soltte an ihme nicht mangelen. Fiele
37
dcmnegst abermaln auff das vorig, daß er nicht apprehendiren köntte,
38
warumb die catholische, sonderlich die am Rhein geseßene, nicht gern sehen
39
soltten, daß die Frantzosen einige landen im reich innen bekehmen.

40
I. H. G.: Dießes were leicht zu ermeßen, und hetten sie es zum theill
41
bereits angedeutet, und weren die underthanen selbsten starck endgegen.

42
Warauff er, daß man nach den underthanen nicht viell fragen, wedder sie
43
darin hören müeße. I. H. G.: Ob er dan vermaine, daß solchen falß,
44
wan die underthanen dergestaldt unwillig gezwungen, der fried langen be-

[p. 385] [scan. 435]


1
standt haben könne. Auff welches er im vertrawen gefragt, wie dan
2
I. H. G. vermainten, daß im reich fried zu treffen, und den coronis wie auch
3
den uncatholischen satisfaction zu geben sey? I. H. G. gaben darauff
4
zur andtwortt, den Schweden woltten sie außer der vor dießen bewilligten
5
geldtsumb nichts geben. Auff zufragen, waß dan den uncatholischen
6
stendten, andtwortteten I. H. G., daß sie inen solches selbst iudiciren laßen
7
woltten, und ob mitt hinwerffung der stiffter inen zue satisfacirn. Zum
8
högsten wurden sie mitt extension deren im Prager schluß verwilligten iahren
9
uti possidetis sich contentiren müeßen. Welches der d’Avaux selbst fur
10
ein guetes mittel, auß den sachen zu kommen, gehaltten, und zur coopera-
11
tion sich anerbotten. Wobey gleichwohl, sagten I. H. G., noch condi-
12
tiones, daß nemblich solches auff die güeter und sachen, so anno 1555 noch
13
in catholischen handen gewehsen, zu verstehen, gesetzet werden müsten,
14
zumaln folgents mitt einem und andern reichsstandt pacta particularia
15
auffgerichtet, die aber von den uncatholischen nicht gehaltten, welches
16
gleichwohl, wie verglichen, in seinem vigore verpleiben müeßen. So der
17
d’Avaux für pillich erkendt, und daß sich deßen der gegentheill mit fuegen
18
nicht werde beschweren können. Fragtte danegst, wie es mitt der catholi-
19
schen gegengravaminibus bewandt. Warauff I. H. G., daß die disseitige
20
fundamenta zusammengetragen und den uncatholischen stendten, auch inen
21
Frantzösischen erster tagen eingehendigt werden soltten. Auff weiters nach-
22
fragen, waß man sich der gesuchter newer parlamenten oder dicasterien
23
resolviren werde, andtwortteten I. H. G., soviell sie vermerckten, würde
24
solcher punct auff einem reichstag, alß wahin er gehörig, erörtert werden
25
müeßen. Welches der d’Avaux gleichfalß fur das beste gehaltten, mitt
26
vermelden, daß coronae nicht darwieder sein würden, woltte nur gepetten
27
haben die sachen allerseits zu befördern, sonderlich quoad punctum satis-
28
factionis. I. H. G., daß in hoc puncto die resolution leicht zu nehmen,
29
zumaln die postulata dem reich unmöglich, und wie gedacht zue hinge-
30
bung landt, leute catholisch und uncatholisch selbst gantz nicht inclinirten;
31
daß beste seye, daß die cronen außer dem reich verplieben, alßdan es kein
32
disputat under den stendten noch aemulation zwischen den coronen selbst
33
abgeben werde. Der d’Avaux: Er muste bekennen, daß es das beste
34
were; auß ihren underschiedtlichen propositionspuncten seyen 4 capita
35
gemacht, wan die stendt einen den vormittag und den andern den nach-
36
mittag vornehmen, oder allen tag einen, were auß den sachen baldt zu kom-
37
men. I. H. G.: Es hielten aber die puncta gar viell in sich, auch die vota
38
verscheiden, dabey underschiedtliche affectus und interesse, gleich sie dan
39
beraits zuvor erwehnet, waß es für remoras abgebe, mitt den stendten zu
40
Oßnabrugk zue communiciren. Fragten dabey, wan er dan vermaine, daß
41
man zum frieden zu gelangen, obs auch noch dießes jahr. Darauff er
42
von ia, und noch lang ante finem anni, sonderlich mitt dem reich, wanß
43
nicht durch Österreich verhindert würde. Dießem nach haben I. H. G.
44
ihme der deputirten cleri Coloniensis suchen recommendirt, und nachmaln

[p. 386] [scan. 436]


1
repraesentirt, welcher gestaldt von ihren alliirten die religion undertruckt
2
würde, [...] und hetten sie herren Frantzösische sich billig einen großen
3
scrupulum conscientiae zu machen, daß sie die orter, welche sie ienseit
4
Rheins occupirt, darnach den Calvinisten eingeraumbt, und dardurch die
5
catholische religion dergestaltt ubell tractiren und undertrucken ließen.
6
Daruber sahe er conte d’Avaux gegen himmel und vermeldete mit einem
7
großen seuffzer, daß ihme sein hertz wehe thete, wan er dergleichen horen
8
muste, aber er konte es allein, wie gern er auch wolte, nicht remediiren.

9
I. H. G.: Sie wusten woll, daß nicht alle Frantzosische ministri hieran
10
schuldt hetten, meldeten nur von diesen, daß selbige eine große verandt-
11
wortung bey Gott dem allmechtigen auff sich laden thetten. D’Avaux
12
erbietet sich zu weiteren Bemühungen in dieser Sache und beteuert, als W
13
ihm von dem Reichshofratsurteil gegen die Witwe von Schaumburg berich-
14
tet
, daß er allezeit ad partem capituli etiam ad invidiam aliorum eiferig
15
wehre gestanden, gratulirte derohalben I. H. G. von erlangter sententz und
16
sonderlich, daß ein solch vornehm stuck und landt wiederumb wurde zu
17
der catholischen religion gebrachtt werden.

18
1646 II 6
Dienstag Brun bei W. Wegen Hammerstein ist mißbilligend
19
an Castel Rodrigo geschrieben worden. W: Nach heutigen Nachrichten
20
sind bereits lothringische Truppen eingezogen. Brun versichert
21
nochmals, die Gesandten hätten davon nichts gewußt; Peñaranda hat das
22
Abmahnungsschreiben auch unmittelbar an den König geschickt, um sich
23
der Verantwortung für Verwicklungen zu entledigen.

24
Dr. Rottendorfer

40
Dr. med. Bernhard Rottendorfer (1594–1671), Stadtarzt und Ratsherr in Münster.
bei W. Trauttmansdorff läßt W erinnern, er möge doch
25
den Frantzößen nicht zu viel vertrawen, dan sie theten I. H. G. wegen ihrer
26
stiffter viel zusagen und versprechen, hetten aber bey den Schwedischen
27
gantz kein ansehen und authoritet. Er herr graff thete I. H. G. verspre-
28
chen, daß er ihro ihre drey stiffter bey diesen tractaten erhalten wolle,
29
und wolte iederman versichern, daß dieienige stendt, welche auff die Frant-
30
zosen gar zu viel baweten, sehr wurden gegen hoffnung betrogen werden,
31
dan dardurch nur ein separatio statuum zu befahren, und vermutlich
32
gesucht werde, damit dem gemeinen weesen nichts gedient wehre. Er herr
33
graff von Trautmansdorff hette albereits mit den Schweden die sach zimb-
34
lich weith gebracht, und trawete baldt mit ihnnen zurechtzukommen, wan
35
man nur mit den gravaminibus nit so langsamb umbgienge, und dadurch
36
den Schwedischen sowoll alß uncatholischen stenden satisfaction gebe. –
37
[...]

38
1646 II 7
Mittwoch Kurfürsten- und Fürstenrat

41
Vgl. APW III A 1,1 S. 441ff.
. – Buschmann /
39
Krebs (Bayern) bei Nassau / Volmar

42
In APW [III C 2,1 S. 541] zu 1646 II 6 eingeordnet.
. Da Trauttmansdorff merkt, daß die

[p. 387] [scan. 437]


1
stendt und sonderlich Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern eine
2
sonderbahre begierde trugen, das friedenswerck beschleunigt zu sehen,
3
durch die ständischen Beratungen aber das haubtwerck nur schwerer wurde
4
gemachtt werden, will er seine gedancken, und sonderlich warumb er ver-
5
meine, daß auff die von ihme befangene weiße in den sachen ferners zu
6
verfahren, [...] gern mit umbstenden eroffnen. Und weiln er so gleich ietzo
7
nit woll ab- und hieher kommen konne, so wehre sein begehren, daß sie
8
beide cantzler Buschmann und Dr. Krebs auf einen tag zu ihme nacher
9
Osnabrugk sich erheben wolten. Beide antworten, sie zweifelten nicht,
10
daß die Hauptgesandten die Reise erlauben würden, zu der sie selbst bereit
11
seien.

12
Da W aus Dr. Rottendorfers Bericht zu ersehen glaubt, daß Trauttmans-
13
dorff zu einer Konferenz mit den Bayern in Lengerich neigt, ist er auf die
14
Relation Buschmanns hin bereit, sich dort selbst einzufinden. Da eine
15
Anfrage bei den Ksl. aber ergibt, daß Trauttmansdorff im Augenblick
16
Osnabrück nicht verlassen möchte, bleibt es bei der Abordnung von Busch-
17
mann und Krebs.

18
1646 II 10
Samstag Volmar bei W. Erzherzog Leopold Wilhelm hat
19
Trauttmansdorff dahin zu wirken beauftragt, daß W seine Truppen dem
20
veldmarschalcken von Melander gantz untergeben möge. W: Das
21
gleiche Begehren ist auch an ihn direkt gerichtet worden, auß unbegrunde-
22
tem, wie zu vermercken gewest, Seiner Durchlaucht von ein oder anderm
23
gethanen bericht, da seine Truppen in der gleichen Weise wie den früheren
24
Kreisgeneralen und gemäß der vom Kaiser bewilligten Kreisverfassung
25
Melander untergeben sind

38
Dagegen forderte (und erhielt von Kurköln) Melander die unmittelbare Unterstellung
39
der Mediattruppen unter seinen Befehl. Vgl. J. Foerster S. 290f.
. Und sehen I. H. G. nit, wie der iezige veldmar-
26
schalck ein ander- oder mehrers zu praetendiren oder sich zu beschweren
27
hab, umb desto weniger, daß sie ihre manschafft yedeßmalß auf begehren
28
williglich hergeben, so noch 800 Mann für den letzten Feldzug in Bayern
29
und Böhmen. Im übrigen sind diese Truppen zur Sicherung seiner Plätze
30
geworben, für Aufgaben jenseits des Rheins oder außerhalb des Kreises
31
kann man ksl. Immediattruppen verwenden

40
D. h. diejenigen ksl. Immediatregimenter, aus denen die westfälische Kreisarmee zur
41
Hälfte bestand.
. Es gedächten I. H. G. sich
32
einiger diensten nicht zu endziehen, versehen sich aber auch, daß mans bey
33
dem, was den reichsconstitutionen und mehrmalß gegebenen Kayserlichen
34
erklehrung gemeeß, werde verpleiben laßen, gleich sie dan auf diese maß
35
Ihre Erzfürstliche Durchlaucht hienwieder zue beandtworten willens. [...]

36
[...]

37
1646 II 12
Montag Kurfürstenrat .

[p. 388] [scan. 438]


1
1646 II 13
Dienstag Bericht Buschmanns

43
Mit Krebs (Bayern) in Osnabrück 1646 II 11–13.
: Vorgestern hat Trautt-
2
mansdorff
ihnen im Beisein der übrigen Ksl. folgende Punkte, die sich nicht
3
schriftlich hätten abhandlen lassen, vorgetragen: Erstlich seye es ietzo ahn
4
deme, daß man in dem puncto amnistiae handlete, und muste es einmall
5
bey dem zu Regensburg durch den reichsabschiedt geschlossenen termino a
6
quo sein verpleiben haben, von der Pfaltzischen sach aber absonderlich
7
geredt und gehandelet werden. Bey welcher dan erstlich die churwurde in
8
consideration käme, zu deren componirung underschiedtliche mittel vor
9
diesem in vorschlag gebrachtt. Es theten aber die Churfürstliche Durchlaucht
10
in Bayern simpliciter auff dem octavo electoratu bestehen; nun wehren
11
zwar dieserthalben Ihr Kayserlicher Mayestätt allerhandt bedencken zu
12
gemuth gegangen, es hetten aber dieselbe ietzo auch pure darin gewilligt,
13
und wurde dahero ahn Ihrer Maiestätt dieß werckh lenger nicht hafften.
14
Weiln aber hierdurch eine enderung in der gulden bull geschähe, so wurde
15
der sämbtlichen chur-, fursten und stende bewilligung darzu erfordert wer-
16
den, und wolte darowegen er gern vernehmmen, was die herren Chur-
17
bayerische solches zu erlangen fur adminicula hetten, ob sie nemblich daß
18
werck ein und andern orts albereits underbawet. Er hette zwar etliche
19
mahll einen anwurff bey underschiedtlichen von den protestirenden gethan,
20
keiner sich aber herauß laßen wollen, nur daß Dr. Gloxinus stadt Lubecki-
21
scher deputirter unlengster tagen, nachdem er auff die Pfältzische resti-
22
tution pure getrungen und von ihme grafen hingegen geandtwortet worden,
23
daß auff solche weiße auß denen sachen gar nicht zu kommen, mit diesen
24
worten heraußgefahren: Daß auch die stende endtlich umb Churbayern
25
willen sich lenger nicht ruiniren laßen wolten. Dann hat man die Haltung
26
der einzelnen Kurfürsten besprochen: Die katholischen würden Bayern
27
nicht von der Kur ausschließen wollen; nachdem bei den Wiener Verhand-
28
lungen
Pfälzer und Engländer die Alternation vorgeschlagen haben, wird
29
Pfalz um so eher mit der achten Kur einverstanden sein, die lediglich in der
30
Präzedenz eine Minderung seiner Stellung bedeutet. Brandenburg wird sich
31
Pfalz anschließen und dessen Anhänger im Fürstenrat an sich ziehen
32
können. Nach Meinung der Ksl. soll dieser Vorschlag von den Bayern an
33
die Mediatoren gebracht und von diesen sowoll den Frantzoßen alß
34
Kayserlichen gesandten wie auch dem Churmaintzischen directorio gleich-
35
samb motu proprio tanquam medium pacis et concordiae an handt gegeben
36
und dadurch anlaß genommen werden, das werck in consultation zu ziehen.
37
Diesen Vorschlag haben Buschmann und Krebs zu referieren übernom-
38
men
. Zweitens hette der herr graff von Trautmansdorff vermeldet, daß
39
neben der chur auch der Pfältzischen landen halber ein mittel getroffen
40
werden muste, und wurde fast kein anderß sein, alß daß der pfaltzgraff ea
41
lege et conditione zu der chur und Underpfältzischen landen admittirt
42
wurde, daß er die Oberpfaltz der Churfürstlichen Durchlaucht in Bayern

[p. 389] [scan. 439]


1
iure pignoris oder ein theil davon erblich in abschlag deroselben schuldt-
2
forderungh uberlaßen muste. Hierauff habe der Dr. Krebs negst
3
widderholung dieser schuldt beschaffenheit angezogen, daß Ihre Chur-
4
fürstliche Durchlaucht sich an niemandts alß ahn Ihre Kayserliche Maje-
5
stät, dero die gelder vorgestreckt worden, zu halten oder weisen zu lasen
6
gedächten. Der herr graff von Trautmansdorff aber hinwieder geandt-
7
wortet, daß es keine andere meinungh, alß daß Churbayern solte und muste
8
schadtloß gehalten werden, daß aber Ihre Mayestät dero Oberosterreichi-
9
sche landschafft widder dafur herlaßen, und dem pfaltzgraven, der alles
10
schadens ein ursach geweßen, die Oberpfaltz damit befreyen solte, darzu
11
wurden Ihre Mayestät nimmer verstehen, und nachdemahln es dan auch
12
Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern gleich gelten wurde, woher sie
13
ihre bezahlung erlangten, so begerte er nur, daß man mit ihnnen Kayser-
14
lichen ministris hierin di concerto verfahren wolle, damit die sache bey dem
15
pfaltzgraven nicht schwerer gemachtt. Drittens seye er graff uff den
16
punctum satisfactionis kommen, vermeldendt, daß er vernehme, alß ob
17
man gern sehen solte, daß er sich in illo puncto sonderlich gegen die
18
Frantzosen etwas nähender heraußlaßen möchte. Nun wuste er aber darin
19
weiters, alß bereits geschehen, nichts zu thun, dan wan man vermeinen
20
wolte, daß Ihre Mayestät (da Chursachßen schon die Laußnitz hinweg
21
habe) der cron Schweden die Schlesien, Churbayern das landt ob der Ens,
22
den Frantzosen das Elsaß abtretten solte, wurde es nur umbsonst und ver-
23
geblich sein, und Ihre Mayestät lieber alles ubrig auffsetzen. Krebs: Sie
24
haben mehrfach Befehl erhalten, den Kaiserlichen, wie unmuglich den
25
Krieg zu continuiren, und wie nothwendig dahero seye, zum frieden zu
26
eilen, auffs beweglichst zu gemuth zu fuhren. Wan nun Ihre Mayestät zu
27
der satisfaction nicht verstehen wolten, so möchte Churbayern auffs
28
wenigst gern berichtet sein, was fur mittel, darzu zu gelangen, ubrig.
29
Darauff der graff geandtwortet, das rechte mittel wurde sein, wan man
30
diesseits all auß einem mundt reddete, dan auf solchen fall die Frantzosen
31
schon weichen wurden, indem ihnnen aber anderorten (wie sie sich dan
32
dessen berhumbten) hoffnungh gegeben, wurde das werck nur schwer ge-
33
machtt. Der Dr. Krebs habe replicirt, sie Churbayerische hetten den
34
Frantzosischen niemaln hoffnung gemachtt, bey den Kayserlichen aber
35
konten sie auß habendem befelch, deßwegen erinnerung zu thun, nicht
36
umbgehen, waruber er dan ferner und zwar zimblich starck in den grafen
37
getrungen, sich zu eroffnen, was Ihre Mayestät in puncto satisfactionis
38
endtlich zu thun gemeint. Er herr graff habe geandtwortet, er wehre nicht
39
befelcht, solches ihme Dr. Krebsen zu sagen, wolte negotiiren wie ein guter
40
und getrewer minister und hoffte noch vor der campagna den frieden zu
41
erhandelen, im widrigen fall stunde es dahin, ob man denn gegentheylen in
42
etwas weichen möchte. Die catholische hetten in puncto gravaminum ihre
43
andtworth (die er sonst gar woll und vernunfftig gestelt funde) zu lang
44
auffgezogen, und die zeitt damit vergeblich hingehen laßen, man wurde

[p. 390] [scan. 440]


1
aber nun mit ernst darin zur handtlung schreitten mußen, wie dan die pro-
2
testirende starkh darauff trungen, und ihn mehrmahls versichert, daß wan
3
die gravamina verglichen, alßdan der punctus satisfactionis nicht sonder-
4
lich schwer fallen wurde, sondern sie es dahin zu pringen getraweten, daß
5
die Schweden mit einem geringen und leidentlichen sich contentiren solten.
6
Wie dan sie protestirende ihnnen im widrigen, wan die stendt erst under
7
sich recht verglichen, die armada mit papier (nemblich durch mandata
8
avocatoria der vasallen und underthanen) zu grundt richten könten. Alß
9
man nun hierdurch wegen der gravaminum sowoll quoad modum tractandi
10
alß ipsa materialia weiter in discurs gerathen, habe der graff gänzlich
11
dafur gehalten, daß die handtlungh unumbgänglich zu Osnabrugk angestelt
12
und die catholische dazu etliche gewisse persohnen mit instruction depu-
13
tiren musten. Und ob ihm hern graffen zwar darwidder die bedencken, so
14
den catholischen hiebey zu gemuth gehen, remonstrirt, seye er doch darauff
15
bestanden, daß aller versuch vergeblich sein, und nur die zeit verlohren
16
gehen wurde, dan die Schweden, alß welche diesen punct von anfang in
17
ihrer proposition angefuhrt, nimmer zulaßen wurden, daß die handtlungh
18
von ihnnen ab- und nach Munster gezogen wurde, derowegen er dan nicht
19
rathen konte, daß man sich catholischen theyls länger damit auffhalten
20
solte, zumahln doch der ohrt wenig zue den sachen thuen, und man zu
21
Osnabrug ebendaßienig was zu Munster wurde sagen können. Die sache
22
aber an sich selbsten belangendt, vermeinte er daß die protestirende mit
23
einem modo suspensorio von einer gewissen zahll iahren sich in den meisten
24
stucken woll wurden befriedigen laßen, und erinnerte er nachmahln gantz
25
starck und ernstlich, dieß werck möglichst zu beschleunigen, dan sobaldt
26
darin ein außweg gefunden (so er in 14 tagen geschehen zu konnen ver-
27
hoffte) wehre er endschlossen sich alsobaldt auff Munster wieder zu
28
begeben, und die handtlung mit den Frantzosen auch ferner fortzutreiben.
29
Diesem nach habe er her graff auch angedeutet, waß maßen er berichtet,
30
alß wurde er beschuldigt, viel gethan zu haben, daß er ohn vorwissen oder
31
gutachten der stendt den Frantzosen Metz, Toul und Verdun pro satisfac-
32
tione angebotten, welches ihme dan desto frembder vorkommen, weiln in
33
Ihre Mayestät so starck getrungen wurde, mit ihrer erklerung in puncto
34
satisfactionis lenger nicht an sich zu halten, und aber ehe der stendt gutach-
35
ten daruber eingeholt werden konnen, eine uberauß lange zeitt wurde sein
36
erfordert worden. Eß seye auch der Chursachsischen gesandten meldung,
37
ob und wan nemblich dieselbe ankommen wurden, vorgefallen, und ist der
38
her graff der meinung geweßen, sie wurden ihre abreiße mit fleiß so lang
39
verschieben, biß der punctus amnistiae erledigt, damit sie wedder Ihre
40
Mayestät noch ihre religionsverwanten zu offendiren, auch so wenig fur
41
alß widder den Prager frieden zu reden genötigt werden.

[p. 391] [scan. 441]


1
1646 II 14
Mittwoch Reichsräte

43
Vgl. APW III A 1,1 S. 470ff.
. – Bayern bei W / Buschmann.
2
Trauttmansdorff hat expresse sich vernehmen laßen, daß ohne richtig-
3
machung des puncti amnistiae, und vergleichung der gravaminum zu
4
keinem frieden zu gelangen. Under andern was die amnistiam behindere,
5
seye vornemblich das negotium Palatinatus, wegen des Boheimbischen
6
weesens werde es so große difficultet nicht haben, zuemaln solche sachen
7
res iudicatae et transactae. Beym puncto gravaminum hab er so viel zu ver-
8
stehen geben, daß Ihrer Mayestät intention nicht, die stifft in perpetuum
9
hinzuelaßen, sondern gingen deroselben gedancken auf eine gewisse anzal
10
von iahren, jedoch daß darmit graduatim zu verfahren. Wobey, alß die
11
nachfrag beschehen, wan die protestirende, wie nit zu zweifflen, fur die ex-
12
cludirte inhaber der erz- und stiffter sessionem et votum wurden begeren,
13
wie man solches praeiudicium werde konnen abwehren, habe der her graff
14
geandtworttet, daß er in den sorgen gleichfalß begriffen, es werde
15
deßwegen starcke instanz gemacht werden, vermaine aber nur wegen et-
16
licher, und daß ubrig auf einen reichstag sich werde verschieben laßen.
17
Quoad negotium Palatinatus habe der her graff von Trautmanstorff zu
18
vernehmen begert, ob ex parte Churbayern man gesichert, daß per maiora
19
die intention sich werde erheben laßen, darauff er Dr. Krebß zur andtwort
20
geben, sie machten sich die hoffnung quod sic, und zwarn erstlich im chur-
21
furstenrhat tragen sie das feste vertrawen zu Churmainz, ahn Churcollen
22
seye nit zu zweifflen, Churtryer hab bey seinem durchreißen zue München
23
vertröstung geben, dato aber seyen die abgesandten noch nit instruirt, zu
24
Chursachsen, wan dero gesandten gegenwertig, hab man gute hoffnung,
25
Churbrandenburgs inclination aber zur gegenseithen sey vorhin bekandt,
26
also im churfurstenrhat pro Churbayern die maiora sich wurden finden;
27
im furstlichen collegio hette Churcollen und I. H. G. fur sich und ver-
28
trettungsweiß bey 16 vota, darauff wenigers nit guter verlaß zu stellen,
29
und würde man ex parte Churbayern einen und andern auß den fürst-
30
lichen noch weitters begrüßen. Quoad dignitatem gehe Churbayern auff
31
perpetuam exclusionem der pfalzgraven, wan auch solches nit zu erhal-
32
ten, sondern ad media das werck kommen müste, hetten sie zur alter-
33
nation ganz keine beliebung, sondern wurden bälder zum octavo electoratu
34
mit rathen und bewilligen. Weylen aber nun solchen falß die furstlichen
35
das ihrige darzu wurden reden wollen, so werde die frag sein, wie das
36
werck zu incaminiren, und durch wehn der vorschlag auf die bahn zu prin-
37
gen. Churbayern seye in denen gedancken, daß es endweder mittelst der
38
herren mediatorn oder des churfürstlichen collegii, welches ohnedas auch
39
nebenst Dennemarck die interpositionem in hoc negotio schon vor diesem
40
ubernommen, zue geschehen, und stehe dahin, was zum practicabelsten ge-
41
halten. Wan das lezter, warauf zum meisten gedeuttet, weren die Chur-
42
mainzische zu ersuchen, das werck in proposition zu pringen, und wan erst-

[p. 392] [scan. 442]


1
lich auf der exclusion der pfaltzgraven in perpetuum bestanden, folgendts
2
von Churtryer oder Collen das medium mit dem ocatavo electoratu vorge-
3
schlagen werden kondte, alßdan sichs ahn die herrn mediatores und durch
4
dieselbe ad Gallos wurde pringen laßen. Falß aber dienlicher gefunden, daß
5
der vorschlag von den herrn mediatorn selbst erstlich herkehme, stünde zu
6
bedencken, von wehm die erinnerung bey ihnen deßhalben zu thun, ihres
7
theylß müsten zweyfflen, ob dem Veneto allerdings zu trawen, und ob
8
rhatsamb, daß die erwehnung von ihn Churbayerischen geschehe, und wol-
9
ten also lieber sehen, und darumb pitten, daß I. H. G. und herren Chur-
10
colnische hierinnen Churbayern die ehr thun möchten. Nachdemaln dan
11
Seiner Churfürstlichen Durchlaucht nit zuendtgegen, daß diese Pfalzische
12
sach alhier und zwarn je ehender je lieber in handlung gezogen werde, so
13
mochten I. H. G. resolution gern vernehmen. Der Kurfürst hat ihnen darzu-
14
legen
befohlen und auch selbst an Kurköln geschrieben, er könne nicht be-
15
greiffen, daß man diß orts so gar keinen willen habe, uber den punctum
16
satisfactionis zue deliberiren, da doch nur gar zu gewiß und sicher, daß
17
außer der satisfaction die coronen in güte nicht werden weichen, zur gewalt
18
auch kein mittel vorhanden, und wurde beßer sein, ein stuck zuruckzu-
19
laßen, alß alles ubrige vollendts darahnzugeben und zu verliehren. Und
20
nachdemaln einige sich vernehmen ließen, daß die mittel zur resistenz sich
21
noch wol wurden finden, so mochten Ihre Churfürstliche Durchlaucht gern
22
in specie berichtet sein, woher dan und von wehm solche zu hoffen. Halten
23
aber sonst, da man genugsamb vorhin des Römischen reichs zustand wisse,
24
daß bey Gott und im gewissen verandwortlicher, in profansachen alß in
25
denn so die religion concernirt, worauff die protestirende starckes facit
26
macheten, nachzugeben. Da ein Teil der Protestanten ihm angedeutet hat,
27
nach Erledigung der Gravamina könne man durch gemeinsame
28
Avokatorien die schwedische Militärmacht erschüttern, drängt Trauttmans-
29
dorff
nun auf Religionsverhandlungen. Dagegen will er sich über die Satis-
30
faktionen
nicht herauslassen und hofft, nach Beilegung der Gravamina und
31
der Pfälzer Frage die Stände so weit gegen die Kronen einigen zu können,
32
daß noch vor Beginn der Kampangne würckliche apparenz zum frieden
33
herfurscheinen solte. Da nach Bayerns Meinung der fried mit contentirung
34
Franckreich und Schweden zu erlangen, Trauttmansdorff hingegen die
35
vereinigung der stend negst componirung der gravaminum und der Pfalzi-
36
schen sach fur das beste mittel haltet, wird auch hierzu die Meinung Ws
37
erbeten. W: 1. Die Amnestie ist im hiesigen Kurfürstenrat so weit
38
abgehandelt, daß dieser seitthen nichts zue imputiren, es were dan, daß die
39
protestirende mit fleiß ansam, das werck auffzustoßen, suchen wolten. Im
40
Fürstenrat gehen an beiden Orten 23 Stimmen auf die unbegrenzte Am-
41
nestie
, die Mehrheit ist für die 1641 beschlossene Form. Den Einwand, daß
42
in einer die Religion mitbetreffenden Frage kein Mehrheitsbeschluß gelte,
43
hat Salzburg damit beantwortet, was die religion angehe, seye ad punctum
44
gravaminum gehörig, und das ubrig res mere politicae, und kondte man

[p. 393] [scan. 443]


1
salva reputatione weitter nicht gehen. Wegen der angehefften condition,
2
daß von theylß sach absonderliche consultation und handlung angestelt
3
werden solt, seye vom Osterreichischen directorio in der anher beschehenen
4
relation nichts gemeldet, dahero gutt befunden, von hier auß davon zue
5
berichten. 2. In der Pfälzer Sache soll man zunächst auf dem Mülhausener
6
Beschluß

40
Auf dem Mülhausener Kurfürstentag 1627/28 war nur die Rückgabe eines zum Unter-
41
halt dienenden kleinen Teiles der Lande an die Pfälzer vorgesehen.
bestehen, folgendts auf restitution der ältern wittib und
7
pfalzgraff Ludwig Philipßen

42
Elisabeth von England (1596 1662), Witwe Friedrichs V.; Ludwig Philipp (1602–
43
1655), Bruder Friedrichs V. von der Pfalz, seit 1649 Pfalzgf. von Simmern.
, tandem auf die ganze Under- und endtlich
8
auf die Oberpfaltz gegen erlagung der praetendirenden geldforderung sich
9
erklehren. Ratione dignitatis vermeinten, daß man sich circa media anfangs
10
nicht zu ubereylen, sondern auf der exclusion, vermog des Mulhausischen
11
conclusi, welches Chursachsen mit beliebt, zue beharren; beym octavo elec-
12
toratu indeme dadurch aurea bulla mutirt werden muste, sehen sie große
13
difficulteten vor, dabey der furstenstand das seinig mitzusagen, und werde
14
viel ahn dem gelegen sein, wie man sich derselben pro intentione zu ver-
15
sichern, dabey allerhand zu befahren, zumaln vor dießem ein und ander
16
sich verlautthen laßen, daß wegen des haußes Bayern exaltation sie ihre
17
landen nicht in compromiß sezen kondten. Und obwoln Churcollen mit ihro
18
obhabenden votis 16 und nebenst denen 8 Austriacis in der zal 24 machen
19
und sich deren pro noch mehrere finden würden, so sorgen doch, es werden
20
die maiora jenerseitz nicht wollen gestattet werden. Wan nun dieses mittel
21
nicht solte gehen, stehen soviel da mehrer ahn, ob auch alßdan mit der
22
alternation fortzukommen. Quoad modum, wie der vorschlag zu geschehen,
23
vermeinten beßer per mediatores, dan im churfürstlichen collegio die Chur-
24
tryerische nicht instruirt, Churcöllen, wie man auf der andern seithen vor-
25
geben wirdt, interessirt, Churbrandenburg wiederig intentionirt, und Chur-
26
sachsen noch nit gegenwertig. Es werde sich aber davon beßer alßdan reden
27
laßen, wan man erst sieht, daß der gegentheyl zue handlung lust tragt.

28
Welches sich die herren Churbayerischen gefallen laßen, dabenebenst
29
aber vermeldet, daß Churbayern dem hern graffen von Trautmanstorff
30
rescribirt, mit dem medio 8. electoratus allzulang nit ahn sich zu halten.

31
Worauff I. H. G., daß sie gleichwol nit rhatsamb befinden kondten, die
32
media also fruhezeittig von der hand zu geben. Wobey sie erinnert, weyln
33
dasjenige, so in hoc negotio beym graffen von Trautmanstorff vorkommen,
34
ad referendum genommen, daß das guttachten uberschrieben, darinnen daß
35
einmal diß werck mit der amnisti durchzutringen, ein lautter unmuglich
36
und vergebliches ding, und also diese mainung semel pro semper benommen
37
und abgeschnitten, und zugleich begert werden mocht, die andere parthey
38
ad tractatus zu disponiren. Quod similiter placuit. Das dritte,
39
die gravamina anreichendt, seyen die andwort und gegenfundamenta

[p. 394] [scan. 444]


1
abgefast und ubergeben

43
Katholische Gegengravamina (Druck: J. G. Meiern II S. 539ff ), beschlossen 1646 I 31,
44
den Protestanten übergeben 1646 II 8 (vgl. APW [III A 4,1 S. 96ff] ).
, und werde quoad tractatum ipsum der her
2
graff von Trautmanstorff schon dirigiren. Inzwischen kann man Kompro-
3
mißvorschläge
überlegen, zur Vermeidung ihres vorzeitigen Bekanntwer-
4
dens
aber in einer möglichst kleinen Deputation. Ratione loci müßten, zu-
5
mal
Trauttmansdorff nicht allein unterhandeln will, catholische in mehrer
6
anzal zu Oßnabruck sich befinden. Ihrestheylß seyen wegen Verden
7
mercklich interessirt, kondten von der handlung nit absein, gleichwol auch
8
zu Oßnabruck cum reputatione nicht erscheinen, noch in der nähe, weyln
9
die clöster und adeliche häuser daherumb alle ruinirt, sich nit aufhalten.
10
Auf der protestirende contestation pro 4., sorgen, werd wenig zu bawen
11
sein, zumaln dergleichen offter geschehen, in specie hetten ihrertheylß, daß
12
von religionssachen nichts alhier wolte movirt werden, Churbayern ver-
13
sichert, wie aber solches von denselben gehalten, gebe der gegenwertige
14
augenschein nur garzuviel. Diesem nach seind vom ubrigen die discursus
15
pro et contra gefallen. W: Schreiben der Staaten an Kurköln wegen der
16
westfälischen Kreisdefension. Bayern: Angesichts der türkischen
17
Kriegsvorbereitungen hat Contarini den Franzosen abermals inducias, bis
18
die campagnia voruber, vorgeschlagen, benebenst ob man nit underdeßen
19
die principaliste puncten ad pacem hier mochte zur richtigkeit befürdern,
20
welches denselben, wie zu verspuhren gewest, nicht ubel were eingangen,
21
und seye umb deßwillen der d’Avaux nacher Oßnabruck, trage aber die
22
sorg, weyln die Schweden iezt in solcher positur, und so viel volcks auff
23
beynen, sie werden darzu schwerlich verstehen. Die Bayern haben Chigi
24
erklärt, daß zur Beförderung des Friedens zu den sachen anderst müste
25
gethan sein, sonsten alles fur desperat zu achten, dan einmal zu weitterer
26
continuation des kriegs weder rhat noch mittel. Es hette aber der herr
27
nuncius gepetten, daß man ye dergleichen nit möchte ruchtbar werden
28
laßen, dan er seine seel (wie die formalia gelauttet) zu pfand setzen wolt,
29
daß den Franzosen kein angenehmer zeittung vorkommen, und sie darauff
30
eigentlich und gewiß erst alles im reich vollendts zu debelliren und zu sub-
31
iungiren gedencken wurden, und habe der. Venetus gerathen, lieber sich
32
starcker außzugeben, man muste ihnen die zeen beßer weißen, anderst
33
wurde das intentum weniger erhalten. Es nehme sie wunder, daß Chur-
34
bayern nit lengst uber Rhein gangen, und den Touraine, da er doch uber
35
etlich thausend nicht, nacher Franckreich getrieben, welches zur revolte
36
unzweiffelich wurde außgeschlagen, und man inner 4 wochen zeit den
37
frieden haben konnen. Als nochmals die Pfälzer Frage und die Schuld-
38
forderung
Bayerns gegen den Kaiser zur Sprache kommt, erklären die
39
Bayern in confidentia, daß Seine Churfürstliche Durchlaucht eben so gar
40
die extrema nicht würde zu behaubten gedencken, sondern, wan sie wegen
41
der chur versichert und sonsten der zahlung halber realiter et cum effectu
42
vertrostet, wurden sie sich umb etwaz weisen laßen.

[p. 395] [scan. 445]


1
1646 II 15
Donnerstag Fürstenrat. – Buschmann bei Volmar und bei
2
Bergaigne: Hammerstein von Lothringen bereits eingenommen; dem Kur-
3
fürsten von Köln, der sich an den Kaiser gewandt hat, ist die Nachricht
4
zugekommen, Castel Rodrigo habe den spanischen Botschafter in Wien

32
Terranova.

5
angewiesen, allen Änderungswünschen entgegenzuwirken. Volmar ver-
6
spricht ein Schreiben der Gesandten an den Kaiser, Bergaigne will bei
7
Peñaranda Schreiben an Castel Rodrigo und Terranova erwirken.

8
Ein pfälzischer Bedienter erscheint bei den Trierern mit einem Protest
9
gegen die Teilnahme von Mainz, Köln, Burgund und Darmstadt bei den
10
Pfälzer Verhandlungen, da sie parteiisch seien, und wird abgewiesen.

11
1646 II 17
Samstag W bei Chigi. Dieser berichtet, daß zum armistitio
12
aniezo etwas merere anzeige und hoffnung, gestalt der conte d’Avaux umb
13
deßwillen die Schwedische plenipotentiarios darzu zu permoviren nacher
14
Oßnabruck verraist seye

33
D’Avaux war 1646 II 11 nach Osnabrück gereist und kehrte 1646 II 20 nach Münster
34
zurück.
, und werde bey seiner wiederzueruckkunfft die
15
verrichtung zu vernehmen stehen. W: Die Antwort auf die protestanti-
16
schen
Gravamina ist ausgeliefert und soll demnächst in lateinischer Fassung
17
den Mediatoren und den Franzosen zugestellt werden. Um den Franzosen
18
das gewissen in etwa zu ruhren und sie zue mehrer assistenz den
19
catholischen in diesem beschwerlichen werck zu erinnern, ist eine Schrift

35
In den Akten Ws nicht vorhanden.

20
zusammengestellt worden, zu der man Chigis Urteil erbittet. Chigi: In
21
der Satisfaktionsfrage mit den Frantzosen so gar nit fort- oder außzukom-
22
men. Er muste mit ihnen ye lenger ye behuetsamber umbgehen, zumal man
23
in Franckreich alle occasion suchen thue, mit dem Pabst in mehrere diffi-
24
dentz und händel zu gerathen. Barberinische Wirren

36
In der Auseinandersetzung Innozenz X. mit den Nepoten seines Vorgängers hatte
37
Frankreich die Protektion über letztere übernommen. Vgl. L. von Pastor XIV 1
38
S. 41ff.
. W: Seine An-
25
sprüche
auf die drei Stifter und auf Schaumburg. Klage über die Vertrei-
26
bung
des vom Dompropst

39
Johann Werner von Leerodt, Dompropst von Osnabrück 1643, Domherr in Minden.
eingesetzten Pfarrers in Wallenhorst

40
Ort bei Osnabrück. Das Patronatsrecht über die Pfarrei lag beim Osnabrücker Dom-
41
propst; der bisherige katholische Pfarrer war im Januar 1646 gestorben.
durch die
27
Schweden und seine Ersetzung durch einen Protestanten.

28
Mitteilung Bergaignes: Schreiben Peñarandas wegen Hammerstein

42
Anlage 9–10 (Castel Rodrigo an Peñaranda); Castel Rodrigo an Hg. von Lothringen:
43
fehlt.
.

29
1646 II 18
Sonntag Giffen bei W. Halberstadt. Klage über Zurück-
30
setzung durch den bayerischen Sekundargesandten in Ws Haus, was mit
31
Giffens unvermutetem Erscheinen entschuldigt wird.

[p. 396] [scan. 446]


1
Brun bei Buschmann: Entschuldigungsversuche wegen Hammerstein;
2
Schreiben Castel Rodrigos an Kurtrier in dieser Sache

33
Anlage 11 (Castel Rodrigo an Kurtrier): fehlt.
.

3
Ksl. bei W : Da Kurtrier bei den Spaniern auf Abtretung Hammersteins
4
gedrungen hat, haben diese die Festung dem Herzog von Lothringen als ksl.
5
General bis auf weitere Verfügung des Kaisers übergeben. W: Den
6
Katholiken beschwerlich, daß die Gravaminaverhandlungen ganz in Osna-
7
brück stattfinden sollen: Vorschlag, daß die Protestanten ihre media com-
8
positionis durch die Ksl. oder unmittelbar den Katholiken in Münster über-
9
geben und diese auf die gleiche Weise antworten. Ksl.: Der Verhand-
10
lungsort ist ihnen an sich gleich, da aber die Protestanten auf Osnabrück
11
bestehen und es Zeitverlust zu vermeiden gilt, haben sie den Vorschlag vor-
12
bringen müssen; sie verwerfen Ws Vorschlag nicht, wollen dazu aber die
13
Erklärung sämtlicher Katholiken hören.

14
1646 II 19
Montag Konferenz der katholischen Stände .

15
1646 II 20
Dienstag Trauttmansdorff hat W durch Buschmann
16
andeuten lassen: Ihm wird zu unrecht nachgesagt, er habe die schwedische
17
Forderung auf Osnabrück und Minden gern gesehen, und wurde der
18
effectus mitpringen, daß er das eußerist mit wolle anwenden, damit
19
I. H. G. dero stiffter sammetlich pleiben mochten, wiewoln er sorgte, daß
20
es mit dem stifft Verden hart halten werde. Wegen Oßnabruck und
21
Minden aber vermaine er, daß die Schweden weichen werden, jedoch hab
22
es das ansehen, daß ihnen der appetit wegen Minden und sonderlich
23
solchem stifft heimbgefallene graffschafft Schaumburg halber wachßen
24
thue, auff welche graffschafft, dem verlautt nach, der Oxenstern selbst das
25
aug halten wolte. Antwort Ws mit Darlegung seiner Rechte

36
Anlage 12 (W an Trauttmansdorff 1646 II 20): fehlt; OSN 108.
. Anbrin-
26
gen
der Hammersteiner Sache auf Befehl Kurkölns

37
Anlage 13 (W an Trauttmansdorff 1646 II 20): fehlt; OSN 108.
. Ws Antwort an den
27
Erzherzog wegen Unterstellung seiner Truppen

38
Anlage 14: (W an Erzh. Leopold Wilhelm): fehlt (Begleitschreiben W an Trauttmans-
39
dorff 1646 II 20, OSN 108).
.

28
Oldenburger Gesandter

40
Wohl Dr. Hermann Mylius von Gnadenfeld (1600–1657), Oldenburger Geheimer Rat.
bei W: Oldenburger Neutralität; Weserzoll; Ant-
29
wort per generalia. – [...]

30
1646 II 21
Mittwoch Kurfürsten- und Fürstenrat . – Mitteilung
31
Wittgensteins

42
Aus Osnabrück gekommen 1646 II 19.
: Muß in Landesangelegenheit die staatischen Gesandten auf-
32
suchen. W: Selbst wenn Wittgenstein den Besuch allein verrichtet,

[p. 397] [scan. 447]


1
weicht man damit in der Frage der kurfürstlichen Sekundargesandten. Ent-
2
sprechend dem letzten Beschluß hat er bei Kurköln angefragt und Befehl
3
erhalten, hierin nicht nachzugeben. Auf die Mitteilung, einer der
4
staatischen Gesandten habe vertraulich angedeutet, man werde den Kur-
5
fürstlichen hierin nachgeben, bittet W, die Brandenburger möchten sich
6
noch genau vergewissern; er selbst werde die Staatischen dann auch be-
7
suchen.

8
Ankündigung des Besuches bei den Staatischen. Abrede über den Gebrauch
9

40
9–11 Der – ‚Celsitudo‘] am Rande: omittatur ad Bavarum et Coloniensem.
Der staatischerseits vorgeschlagene Titel ‘Gratia
10
Principalis’ wird als unlateinisch abgelehnt; auf die Bemerkung, W erhalte
11
von den Franzosen ‘Celsitudo’, wird versichert, er solle mit den gleichen
12
Ehren wie von den Franzosen behandelt werden. [...]

13
Begehren der Franzosen: Die Stände mögen nicht, wie sie beabsichtigen
14
sollen, mit Behandlung der übrigen Punkte der Replik warten, bis über die
15
erste Klasse ein allseitiger Beschluß vorliegt. W: Auf Wunsch der
16
Kronen ist heute beschlossen worden, alle Punkte der Replik nacheinander
17
vorzunehmen , nachdem man mit Rücksicht auf die Protestanten zunächst
18
auf Abschluß der Beratung über die erste Klasse in Osnabrück gewartet
19
hatte. Der in Münster gefaßte Beschluß der Deputation an die Franzosen
20
ist in Osnabrück nicht gebilligt worden, also die schuld des verwaigerns der
21
catholischen nicht, hetten auch I. H. G. und ubrige Churcolnische dasienige,
22
weßen sie die herren Franzosische vertröstet, beobachtet und zu werck ge-
23
richtet.

24
Rückantwort der Franzosen: Nach dem heutigen Beschluß sind ihre
25
geplanten Vorstellungen bei den übrigen Kurfürstlichen unnötig, doch
26
möge W diesen ihre Meinung andeuten. Die Protestanten haben in Osna-
27
brück
d’Avaux erklärt, sie sähen an sich die Deputation an die Franzosen
28
gern und widersetzten sich nur, weil die Stände in Münster den Beschluß
29
ohne sie gefaßt hätten und dabei die Satisfaktionsfrage behandeln wollten,
30
was sie vor Beantwortung der Gravamina ablehnten. W: Man will die
31
entsprechenden Schriftstücke den Franzosen zustellen, worauß sie hiesiger
32
stend aufrichtige intention, und den unfüg der Oßnabruckischen klarlich
33
ersehen würden. Und geschehe auch den hiesigen in dem, daß man ohne sie
34
conclusa abfasse, ungleich, sondern seye jedeßmalß, ehe man, was gutt-
35
befunden, ad effectum bracht, ihnen zu eroffnung ihrer mainung commu-
36
nicirt, gleich dan auf ihr erinnerung, ad quemcunque tandem finem solche
37
beschehen, die deputation biß dato verplieben. Und werde sonsten nicht
38
befinden, daß dieser- oder jenerseiths vom puncto satisfactionis zu tractiren
39
in gemelden resolutionibus einige erwehnung geschehen.

[p. 398] [scan. 448]


1
1646 II 22
Donnerstag Fürstenrat. – Mitteilung an Chigi und Nach-
2
frage
wegen der geplanten Erinnerungsschrift an die Franzosen. Chigi:
3
Er findet sie gar glimpfflich und gleichwol penetrant, keine Bedenken;
4
Bitte um Mitteilung der katholischen Gravamina. Die Franzosen unwillig
5
über das lange Verweilen Trauttmansdorffs in Osnabrück; er hat den Ksl.
6
geraten, daß man also mit beyden cronen verfahren und handlen möchte,
7
damit nicht eine oder die andere dadurch zu unwollen oder gealosia möcht
8
permovirt werden. Bitte um entsprechende Erinnerungen Ws.

9
Wittgenstein bei W. Bitte um Unterstützung wegen Pommern, wo Branden-
10
burg
von Schweden und Frankreich bedrängt wird; auch Polen, Dänemark
11
und die Generalstaaten sehen die Gefahr der Überlassung an Schweden,
12
letztere fürchten um die Freiheit ihrer Schiffahrt. W: Zur Unter-
13
stützung
bereit; es were aber zu bethawren, daß obwoln genugsamb
14
von anfang erinnert und vorhergesagt, daß es den Schweden umb die
15
beruhmbte Teutsche libertet so hoch nit zue thun, alß ein stück vom reich
16
zue reißen, dannoch solches von iemand apprehendirt oder geglaubt werden
17
wollen, und wans auch noch iezo den Staden von Holland umb ihr vor-
18
geben ein ernst, würde es bey ihnen stehen, dem reich in der that dahin zu
19
assistiren, daß diß der Schweden vorhaben hindertrieben würde, hetten
20
auch von anfang denselben allen vorschub under der hand nicht dergestalt
21
leisten sollen. Wittgenstein: Man hette nie vermaind, daß ein solch an-
22
begehren von den Schweden geschehen, oder daß sie dabey beharren solten,
23
wie sie dan auch jederzeit das contrarium assecurirt, er habe den Hollan-
24
dern auch eben dergleichen propositum de assistentia gethan, die aber dar-
25
auff replicirt, daß solang mit prudenz und glimpff etwas richten oder
26
ändern konten, sie darzu des gewalts sich nicht gebrauchen. Wie Trautt-
27
mansdorff
seine Herrschaften in Württemberg

41
Sie stammten aus der württembergischen Konfiskationsmasse, auf die Hg. Eberhard III.
42
bei seiner Aussöhnung mit dem Kaiser hatte verzichten müssen.
kraft der Amnestie zurück-
28
gegeben
hat, möge W auch Hachenburg dem Hause Wittgenstein restituie-
29
ren
. W: Im Unterschied zu jenen hat Hachenburg mit dem Krieg und
30
der Amnestie nichts zu tun, es ist eine particularis causa iustitiae, worüber
31
der Ausgang des Prozesses am Reichskammergericht zu erwarten ist.

32
Wittgenstein: Kurköln hat die Herrschaft mit Gewalt eingenommen,
33
daher ist zunächst der Stand von 1630 herzustellen, danach kann der
34
Rechtsweg beschritten werden. W: Kurköln hat das Lehen rechtmäßig
35
eingezogen, danach ist es ihm übertragen worden; ohne Kurköln kann er
36
lediglich die rechtliche Entscheidung erwarten. Und wan alle dergleichen
37
particularstreittigkeiten und rechtssachen hieher ad tractatus gezogen
38
werden solten, wurde man deren nimmer ein end erwartten konnen. Die
39
Witwe

43
Luise Juliane von Erbach, Witwe des Gf. Ernst (1594–1632) von Sayn-Wittgenstein-
44
Homburg.
selbst hat das Reichskammergericht angerufen; die Sache nun von
40
dar wegzunehmen und den coronis exteris zu ihrer judicatur zu

[p. 399] [scan. 449]


1
undergeben, seye gegen die Teutsche libertet, auch wieder die vernunfft
2
selbst. Wittgenstein: Kurköln hetten gegen ansehenliche reichsgraffen
3
bekend, daß sie mit einem gläßl wein der graffen vatter graffen von Witt-
4
genstein

38
Wilhelm III. von Sayn-Wittgenstein-Homburg, Vater des Gf. Ernst.
alles verziehen hetten, also man das unrecht augenscheinlich
5
sehe. W: Dazu werde sich der Kurfürst selbst am besten erklären
6
können. Die Sache betrifft nicht ihn, sondern das Erzstift, von dessen
7
Rechten die seinen

36
7 abhängen] am Rande: an Bayern 1646 II 23
abhängen.

8
1646 II 24
Samstag Mitteilung an die Mainzer: Französische Forde-
9
rung
nach Einstellung der Re- und Korrelationen bis nach Erledigung der
10
gesamten Replik. Erinnerung, daß die Mitteilung der katholischen Grava-
11
mina
an Chigi und die Franzosen per deputatos nicht länger verschoben
12
werden möge, zumal Kurköln mehrfach auf Beschleunigung gedrungen
13
hat und bei weiterer Verzögerung die Franzosen, auch ander von der
14
wiederigen parthey ye lenger ye mehr würden eingenommen und in senten-
15
tiam suam gezogen. Uber das auch hochstgemelte Seine Churfürstliche
16
Durchlaucht auf fortstellung der deputation, alß wobey sie, durch die
17
gethane vertröstung engagirt und interessirt gemacht, starck tringen the-
18
tten, sich der obligation bey den Franzosischen plenipotentiariis zue endt-
19
ledigen. Raigersperger: Vor Eintreffen der für übermorgen erwarteten
20
protestantischen media compositionis

39
Der erste Teil der protestantischen Media (zum Geistlichen Vorbehalt) wurde 1646 II
40
24 in Osnabrück übergeben (Druck: J. G. Meiern II S. 566 ff).
die Auslieferung der Gravamina
21
nicht ratsam, es dorffte dadurch den uncatholischen gealosie und unlust
22
gemacht werden, da sie sonsten aniezt, wegen beym catholischen auffsaz
23
gebrauchten glimpffs, wol content seyen. [...]

24
Mitteilung der Trierer: Schreiben Kurtriers an

37
24 Gesandte] am Rande: an Köln 1646 II 24
Gesandte

41
Anlage 15: (Kurtrier an Gesandte): fehlt.
. – [...] – Salz-
25
burger

42
Vertreter Salzburgs waren Dr. Balthasar Zangenberger, Hofrat, Dr. Volbert Motzel,
43
Vizekanzler, Dr. Caspar Joachim Reuter, Hofrat.
bei W. Auf die Frage, ob sie die Franzosen schon besucht hätten,
26
antworten sie, daß sie weit endlegen und mit Franckreich ganz keine kund-
27
schafft hetten.

28
W bei Volmar. Information in der Schaumburger Sache. Mitteilung der
29
Schreiben an Trauttmansdorff wegen seiner Stifter und des Truppenkom-
30
mandos
. Volmar: Baldige Rückkehr Trauttmansdorffs; noch aus-
31
stehende
Mitteilung der katholischen Gravamina. W: Im kurkölni-
32
schen
Votum hat man schon an feierliche Übergabe durch Deputierte auch
33
an die Ksl. erinnert. Volmar: Er hat sich deshalb bei Raigersperger
34
beklagt, als dieser fragte, ob die Gravamina auch den Franzosen zugestellt
35
werden sollten. Dazu hat er geantwortet, daß er alß ein catholischer crist

[p. 400] [scan. 450]


1
solches nicht hette zu wiederrhaten, zumaln in diesem negotio billich aller
2
catholischen assistenz und beystand zu imploriren, alß abgesandter aber
3
von Ihrer Mayestätt sey er deßhalber weder auff ja noch nein instruirt.
4
Sonsten sagte er Volmar, er vernehme, daß die materia gravaminum dißeits
5
gar wol uberlegt und außgefuhrt, davon der Oxenstern, wie er von Oßna-
6
bruck berichtet würde, beym herrn graffen von Lamberg dergestalt zu red
7
worden, daß er nie geglaubt, daß die catholische solche fundamenta hetten,
8
müste iezt anderst vom werck alß vorhin iudiciren. Nach Mitteilung Trautt-
9
mansdorffs
haben diesem die Protestanten zunächst die Herausgabe von
10
Media verweigert, wollen sie jetzt aber innerhalb von zwei Tagen zustellen.
11
Weisung des Kaisers an Gesandte in Münster 1646 II 13 , wonach in der
12
Reihenfolge Gravamina, Satisfaktion, Amnestie verhandelt werden soll.

13
W: Amnestie inzwischen abgehandelt, Gravamina und Satisfaktion in
14
Arbeit. In specie seye circa gravamina von den catholischen churfursten der
15
punct des geistlichen vorbehalts cum dependentiis bestendig und unanimiter
16
in negativam resolvirt. Welches der herr Volmar gern zue vernehmen,
17
und benebenst vermeldet, daß von Ihrer Kayserlichen Mayestätt sie ad
18
eundem effectum underm 11. Januarii instruirt und befelcht seyen, deß-
19
gleichen auch uber andere puncta der uncatholischen gravaminum, mit dem
20
anhang, daß auff den fall, man ex utraque parte auff scheidungsmittel
21
gehen würde, sie dero allergnädigste mainung ferner uberschreiben würde.

22
Auf seine Bitte erhält W vertraulich diese Instruktion

42
Anlage 16 (ksl. Instruktion an Gesandte Münster 1646 I 11): fehlt; Druck: APW [II A 3 S. 125ff] .
. Volmar: Auf
23
Befehl der Erzherzogin Claudia hat er alle Katholiken um Unterstützung
24
wegen des Elsaß zu ersuchen; die Osnabrücker Stände waren unanimiter
25
der mainung, daß das Elsaß den Franzosen nicht zu ubergeben, obwoln der
26
d’Avaux sich dagegen alldort viel bemühet,

40
26–28 auch – uberlaßen] am Rande: omittantur ad Bavarum
auch gegen den Oxenstern sich
27
vernehmen laßen, daß Churbayern sich mit ihnen Franzosen eins befünde,
28
den Kayser zu vermögen, ihnen das Elsaß zu uberlaßen. Die Zulassung
29
Lothringens zu den Verhandlungen wird von den Franzosen immer noch
30
mit Hinweis auf die Präliminarien verweigert, obwohl der von ihnen
31
damals angeführte Grund, der Herzog habe mit ihnen schon einen Vertrag
32
geschlossen, sich als irrig erwiesen hat. Der Herzog hat nun von den Ksl.
33
begehrt, bis zu seiner Zulassung die Verhandlungen mit Frankreich ruhen
34
zu lassen, welches gleichwol sie Kayserliche gar nit rhatsamb befunden.

35
Wobey I. H. G. vermeldet, daß sichs gar nicht würde reyhmen, umb
36
einiger solchen privatsach willen die ganze tractatus publicos zue suspen-
37
diren. Volmar: Oxenstierna hat bei Trauttmansdorff Pässe für die
38
Portugiesen gefordert, nachdem Reumont bei einer Ausfahrt der Portu-
39
giesen
geäußert hat, sie würden gute Beute für eine ksl. Partei sein. Man hat

[p. 401] [scan. 451]


1
Reumont erinnert, daß Münster für alle Anwesenden neutral sei, und den
2
Schweden versichert, da das Reich mit Portugal nichts zu schaffen habe,
3
seien die Gesandten mindestens so sicher wie die Hessen, die offene Feinde
4
wären. Eine entsprechende Erklärung Reumonts gegen die Portugiesen
5
selbst wünschen die Spanier nicht. W: Daß das Portugäsische weesen
6
das reich freylich nichts angehe, erinnerten sich aber in discursu bey den
7
Franzosen vernommen zu haben, daß Ihre Kayserliche Mayestät pleni-
8
potenz vom konigen auß Spanien empfangen, seine sachen alhier mit zue
9
beobachten und zue tractiren, umb desto mehrer darumb würden die Portu-
10
gäßen auf die paßaporten tringen. Volmar: Diese Vollmacht betrifft
11
nur die spanisch-französischen Verhandlungen. In Osnabrück haben die
12
Stände nach ausführlicher Debatte, ob man sich in die spanischen Ange-
13
legenheiten
mischen solle, gar wol resolvirt, daß die quaestion vorzeittig, es
14
hetten die Franzosen mit den Spaniern wegen der Spanischen und mit den
15
Teutschen uber die Teutsche negotia zu tractiren, welches beydes gar wol
16
zugleich kondte geschehen, und kein theyl in des andern handel sich zu
17
mischen ursach habe, falß aber ein theyl mit den Franzosen verglichen, alß-
18
dan zu erhaltung allgemainen friedens sich schon selbsten zeigen werd, ob
19
eines des andern sich oder nicht anzunehmen.

20
W bei den Bayern. Wittgenstein hat sich bei den Mainzern über das bayeri-
21
sche
Votum im Kurfürstenrat und Ws Haltung wegen Hachenburg
22
beschwert sowie seine Ausführungen wegen Pommern wiederholt. Chigi hat
23
gegenüber Krebs geäußert, daß er aniezt mehrer hoffnung zum frieden alß
24
jemalen, zumalen er beßer inclination bey den Franzosen darzu verspuhren
25
thette, ahm Kayser und den Spaniern hab er nie gezweifflet, auch mochten
26
die Hollander mit einem treves auf etliche jahr lang sich bequemmen, nur
27
querulirten die Franzosische, daß der herr graff von Trautmanstorff also
28
continuirlich zu Oßnabruck verpliebe und sie alhier ganz allein sitzen ließe,
29
welches bey ihnen heimblich disgusti und sonsten allerhand gedancken cau-
30
siren thette, daß man dahero billich allerseith sein graffens heruberkunfft
31
rathen und befürdern helffen solte. Kurbayern befürchtet wegen der
32
schlechten Disziplin der ksl. Truppen eine Empörung, dahero desto mehrer
33
zum frieden zu eylen und in puncto satisfactionis den Franzosen mit dem
34
Elsaß contento zue thun. W: Man hat die Beratungen über die Satis-
35
faktion
begonnen, und werde sich in kurzem, sonderlich bey ankunfft des
36
herrn graffen von Trauttmanstorff zeigen, wohin das werck zu pringen
37
seye. Bayern: Nachdem Trauttmansdorff Pfälzer Vertretern erklärt
38
hat, ihre Sache könne nur in Fortsetzung der Wiener Verhandlungen unter
39
Zuziehung des Kurkollegs zur Sprache kommen, haben diese lediglich
40
geantwortet, sie wollten Bericht erstatten. Damit im Kurfürstenrat darüber
41
gesprochen wird, möge im kurkölnischen Votum die Sache aufgegriffen
42
werden. W: Damit nicht von Brandenburg und anderen Köln als
43
parteiisch bezeichnet werden kann, möge man lieber den Mainzern berich-
44
ten
, damit diese die Sache von sich aus in die Proposition bringen. – [...]

[p. 402] [scan. 452]


1
1646 II 25
Sonntag Weschpfennig

36
Johann Bertram von Scheidtgen. Weschpfennig (1580–1661), Pfalz-Neuburger Ge-
37
heimer Rat, bergischer Landmarschall.
bei W. Klagen über Bedrückung
2
der niederrheinischen Geistlichen durch die Generalstaaten. Da er als
3
Gesandter nach Polen geht, soll Caspars

38
Dr. Johann Dietrich Caspars, Neuburger Rat.
die Sache bei den Mediatoren, den
4
Ksl. und den Kronen weiterverfolgen, wozu Ws Unterstützung erbeten
5
wird.

6
Peñaranda bei W. Lothringen hat wegen eines Vergleiches über
7
Hammerstein an Kurtrier geschickt. [...] Der König will seiner Schwester,
8
der französischen Königin, die Formulierung eines Vermittlungsvorschlages
9
überlassen, den man jetzt erwartet. Günstige Beurteilung der staatischen
10
Gesandten, die über den Vorschlag eines Waffenstillstandes Weisungen ein-
11
holen
. Ungünstige Entwicklung für den König von England; zu befürchten,
12
daß der spiritus Calvinisticus eine rem publicam zu formiren understehen
13
werde. Auf seine Bitte sagt W die baldige Mitteilung der katholischen
14
Gravamina zu. – [...]

15
1646 II 26
Montag Kurfürsten- und Fürstenrat . – [...] – W bei
16
den Staatischen. [...] Neutralität zwischen dem Reich und den General-
17
staaten
, die von Kurköln und Kurbayern immer besonders geachtet worden
18
ist. Staatisch-portugiesische Differenzen in Brasilien. W erinnert an die
19
staatischen Interessen in der Ostsee bei der schwedischen Forderung auf
20
Pommern, wozu die Staatischen nur bemerken, ihre principaln würden sich
21
in reichssachen, gestalt sie dan darumb anhero nicht kommen, nicht
22
mischen, und werde beim reich stehen, wie sie es mit Pomern zu haltten
23
gedencken,

24
W bei Trauttmansdorff

40
Aus Osnabrück zurückgekehrt 1646 II 26.
. Dieser versichert, wegen Oßnabrugk wurde es
25
kein beschwernuß haben, auch eben wenig mitt Minden, er hab auch wegen
26
der graffschafft Schaumburg über vorigs weiter nicht vernohmmen. Mitt
27
dem stifft Verden, sorge er, werd es händel abgeben, dan die Schweden
28
darauff mordicus bestunden. Er köntte nicht wißen, ob darauff ein oder
29
der ander particular interesse haben möchte, der Oxenstern hab vermeldet,
30
daß es ein klein stifftlein, von welches wegen nicht viell wort zu machen
31
were. W: Eben darumb, daß es ein so schlechter stifft und durch den
32
Prager receß ihrer religion nichts abgehe, hetten sie die Schweden desto
33
weniger ursach sich darumb anzunehmen. Die dänischen Gesandten Pentz
34
und Günther

41
Christian Gf. von Pentz (1600–1651); Friedrich Günther (1581–1655), dänischer
42
Kammersekretär; für die Angabe des Jahres ist im Diarium eine Lücke gelassen; da
43
beide sich auf der Durchreise zum Kaiserhof in Bonn befunden haben sollen, wird ihre
44
Gesandtschaft nach Wien 1637 gemeint sein (vgl. G. Lorenz S. 36f.).
haben ihm früher versichert, man werde deshalb keinen
35
Krieg anfangen. Er und andere Katholiken haben den Prager Frieden desto

[p. 403] [scan. 453]


1
ehender angenommen, weylen darin etlicher stiffter wegen den catholischen
2
zu guetem disponirt, und hab der herr graff auff solchen receß, alß wel-
3
chen er selbsten auffrichten helffen, desto mehrers darumb zu haltten,
4
weiln sonsten zu besorgen, daß der mitt Dennemarck aufgerichtete
5
Lubecker vertrag gleichfalß, zu schaden des reichs, nicht wurde gehaltten
6
werden. Worauff der graff von Trautmansdorff, ja wohl Lübecker
7
Schluß, waß hette der könig in Dennemarck davon gehaltten? Offerirte
8
dabey, daß er sich ferners dieß stiffts conservation woltte angelegen sein
9
laßen. Die Ritterschaft von Minden und Osnabrück hat sich durch Oxen-
10
stierna
bei ihm wegen Religionsfreiheit gleich andern freyen reichsritter-
11
schafften angegeben, er hat sie an W als den Landesherrn verwiesen, und
12
werde er sich woll in dießem oder andern, waß I. H. G. concerniren thue,
13
wohl nichts einlaßen. Die Schweden fordern Schlesien nicht mehr, bestehen
14
aber auf Pommern, Wismar, Bremen und Verden; sonderlich woltten sie
15
von Pomern durchauß nicht ablaßen, und besorge er, weiln sie im reich so
16
vielen vortheil erlangt, man inen woll etwas davon werde laßen müeßen.
17
Er befinde die Schweden dergestalt intentionirt, daß mitt denselben wohl
18
würde -zu schließen sein, und hab der Milonius gegen den Kayserlichen
19
secretarium gedacht, wan die gesandet mitt rechter vollmacht versehen, sie
20
albereit mitt ihme graffen woltten geschloßen haben. Auf Ws Frage erläu-
21
tert
Trauttmansdorff, die Gesandten hätten zwar Vollmacht, seien aber an
22
den Kanzler Oxenstierna

42
Axel Gustafsson Oxenstierna (1583–1654), schwedischer Reichskanzler 1612.
gebunden. Auf die Frage, welche Hoffnung er
23
zum Frieden habe, antwortet Trauttmansdorff, er vermeine gentzlich, daß
24
circa Pascha in Aprill der fried solle geschloßen sein. Die Frantzosen anbe-
25
langendt, köntten sich dieselbe mitt den angebottenen 3 stifftern wohl con-
26
tentiren, und seye einmahl gar gewiß, daß sie auff ihren postulatis sonderlich
27
nicht werden bestehen. Daß maiste aber werde ratione gravaminum reli-
28
gionis zu thuen sein; er hette von hertzen gern gesehen, daß die catholische
29
gegengravamina dergestalt wohl eingesteldt, daß auch der gegentheill selbst
30
muste bekennen, daß solche fundamenta und discretion nicht verhofft
31
hetten; wan man bestendig pleib, wurde die sachen noch woll voneinander
32
zu pringen sein. Uber den geistlichen vorbehaldt hetten ihme die prote-
33
stirende einige media

43
Vgl. oben [S. 399 Anm. 2] .
zugesteldt, die zwarn etwas exorbitant und starck,
34
man müeste aber dencken, das der baum vom ersten streich nicht falle, son-
35
dern sie noch wohl beßer hinzukommen werden, und hab er solche media
36
dem Churmaintzischen directorio albereit zugesteldt. Wegen der übrigen
37
puncten hetten sie die zusag gleichfalß gethan, die vorschläge nachzu-
38
schicken. Quoad amnistiam, bestunden zwarn die uncatholische zu Oßna-
39
brugk auff dem iahr 1618, hingegen in puncto satisfactionis seyen sie einer
40
meinung durchgehents, daß den Frantzosen die begerte landen nicht zu
41
laßen. Allein seye zu betauren, daß Churbayern sowohl durch schreiben alß

[p. 404] [scan. 454]


1
der ihrigen mundtliche remonstration die sachen solcher gestaldt übereylet,
2
ia ex parte Caesaris et catholicorum daß werck eben in puncto, da man
3
tractiren und schließen sollte, so gar desperat gemacht werden wolle. Sogar
4
hette auch Churbayern geschrieben, alß wan sie zuletzt umb die chur
5
soviell nicht fragten; wan nun solches außkommen soltte, seye leicht zu er-
6
achten, waß man werde erhaltten können. Oxenstierna hat ihm gegenüber
7
nacheinander die Übertragung der böhmischen Kur auf Bayern oder Pfalz,
8
die Alternation und die achte Kur vorgeschlagen; zu letzterem hat er
9
geantwortet, daß dieß ein mittell sein mögtte. Wegen der Unterpfalz hat er
10
eine Restitution unter gewissen Bedingungen, womit er die Religion meint,
11
für möglich hingestellt; die Oberpfalz müsse wegen der bekannten Schuld
12
pfandweise bei Bayern bleiben. [...]

13
1646 II 27
Dienstag Kurfürsten- und Fürstenrat . Dabei wendet
14
Wittgenstein sich mit zwei Mitgesandten an Buschmann wegen Hachen-
15
burg
, dabey ex passione zimblich grobe charten aufgestoßen, vermeldent
16
daß er es in ewigkeit dabey nicht laßen köntte. Warnung Ws an die
17
Mainzer: Die Lütticher Stände haben Deputierte geschickt, die ohne Voll-
18
macht
Kurkölns die Session im Fürstenrat beanspruchen könnten. Raigers-
19
perger
verspricht, daß sie abgewiesen werden sollen. [...]

20
Weschpfennig bei W: Memorial wegen der von ihm berührten Klagen.

21
1646 II 28
Mittwoch Deputation der katholischen Stände an Chigi,
22
an die Ksl. und an die Franzosen zur Übergabe der Gravamina (vgl. APW
23
III A 4,1 S. 417ff).

24
Haslang bei W. Nachdem Österreich und Salzburg der Deputation an die
25
Franzosen ferngeblieben sind, wird als Grund angegeben, daß Wolkenstein
26
bei Chigi nicht den Vortritt erhalten habe und ähnliches bei den Franzosen
27
befürchte, Salzburg aber instruiert sei, sich nach Österreich zu richten. Bei
28
den Ksl. hat Wolkenstein mit Trauttmansdorff besonders gesprochen und
29
wohl das Fernbleiben verabredet. Trauttmansdorff hat Haslang berichtet,
30
die Staatischen hätten auf die Amnestie nach dem Jahre 1618 gedrungen,
31
dar ihnnen aber die unpilligkeit und unmöglichkeit und in specie daß das
32
Pfaltzische negocium durch andere mittel und tractatus beygelegt werden
33
mögte, remonstrirt worden sei. [...] – [...]

34
1646 III 1
Donnerstag Kurfürsten- und Fürstenrat . Nach der Sitzung
35
des nur von den Katholiken besuchten Kurfürstenrates erinnert W die Main-
36
zer, den Beschluß hinsichtlich des gestrigen Fernbleibens von Österreich und
37
Salzburg den Brandenburgern mitzuteilen. Pfälzer Anbringen bei Trautt-
38
mansdorff. Die Mainzer sind davon unterrichtet und fragen, ob ins-

[p. 405] [scan. 455]


1
gesamt beraten werde solle, welche Antwort den Pfälzern zu erteilen sei,
2
falls sie sich beim Direktorium angeben, und ob nicht die 1642 suspen-
3
dierte Vermittlung des Kurkollegs wiederaufzunehmen sei; dabei könne
4
man aus den brandenburgischen Voten die Absichten der Brandenburger
5
und Pfälzer ersehen. Die anwesenden Kurfürstlichen stimmen zu.

6
Staatische Gesandte bei W

42
Insgesamt vier von ihnen; namentlich erwähnt van Gent und van Reede.
. [...] Die auch im Interesse ihrer eigenen Sicher-
7
heit
liegende Befriedung des Reiches sei am besten durch eine General-
8
amnestie
mit dem Stichjahr 1618 und durch Einigung über die Satisfaktionen
9
zu erreichen. W: Es sind, wie z. B. im dänischen Krieg, von dieser Seite
10
verschiedene Amnestieangebote gemacht und von vielen auch angenommen
11
worden, so daß etwa in seinen Landen niemand mehr Forderungen hat,
12
während von den Schweden noch vielen ihre Güter vorenthalten werden.
13
Die amnistia muste nicht vor einen theil, sondern reciproca sein. Daß aber
14
solche amnistia soltte gar ad annum 1618 gezogen werden, da köntte man
15
ex parte Caesaris gar nicht sehen, wie von dem reichs solemni concluso de
16
anno 1641 abzusehen, weniger mit waß fuegen beede cronen, welche erst
17
anno 1630 auf des reichs boden kommen, die vorige sachen wieder in dis-
18
putat soltte ziehen können. Es seyen verschiedene pacta et pactata biß
19
dahero, in specie auch der Lübeckischer vertrag vorgangen, dabey sie die
20
Staden ihren abgesandten den Foppium

43
Foppe van Aitzema (um 1580–1637), staatischer Resident bei den Hansestädten 1617–
44
1636.
auch gehabt, daß nun solches alles
21
wiederumb in vorigen standt und confusion soltte gepracht werden, were
22
gar nicht zu rahten, soltte aber immittelß einer oder der ander in particu-
23
lari wiederumb beschwert zu sein vermeinen und umb die remedirung sich
24
gehöriger orten angeben, würde demselben zue seiner satisfaction mögligst
25
endgegen gangen werden; wegen dießer aber were nicht alles wiederumb
26
umb- und auf ein hauffen zu stoßen. Auf Bedenken gegen die Ausschreibung
27
von Kontributionen per maiora antwortet W, die Staaten könnten nach
28
Belieben Steuern ausschreiben, im Reich sei die Zustimmung der Stände
29
nötig; daß nun dieienige, so gegen Ihre Kayserliche Mayestätt und das
30
reich mitt den feynden offentlich gehaltten, oder der schuldigkeit nach
31
nicht assistirt, vermainen woltten, daß die andere getrewe stendt, welche sie
32
zu underdrucken gesucht, dem Kayser nicht soltten haben under die armb
33
gegriffen oder sich selbst des reichs herkommen gemeeß in defension zu
34
stellen haben, da weren sie in magno errore, und hetten sich solche selbst
35
zue imputiren, daß sie sich a consiliis imperii et libertate außgeschloßen.

36
Auf den Einwurf, daß gleichwohl eine notturfft sein woltt, die grava-
37
mina zue accomodiren und beizulegen, daß interim, so zu Passaw gemacht,
38
aufgehebt und ein bestendiger fried getroffen würde, korrigiert W, daß das
39
Interim gerade durch den Paßawer vertrag abgethan, und alles auff beeden
40
seiten hochbetewerlich verglichen worden. Die gantze difficultet aber be-
41
stunde darin, daß von den uncatholischen solch so crefftiglich clausulirter

[p. 406] [scan. 456]


1
vertrag nicht gehaltten, sondern demselben zuewieder, anderst zu geschwei-
2
gen, an ertz- und bischoflichen kirchen in die 17 an sich gezogen, und
3
anitzo zu behaltten gedächten, und noch weiters zu befahren, daß sie-noch
4
mehrers umb sich greiffen und dadurch totus imperii status immutirt
5
werden mögtte. Deßgleichen hab auch die cron Franckreich 3 stiffter Metz,
6
Tüll und Verdun dem reich endzogen, die herrn Staden hetten das
7
ansehnenliche stifft Utrecht mitt andern appertinentiis occupirt. Diskussion
8
der durch Karl V. bewirkten Veränderungen im Rechtsstand von Stift und
9
Bistum Utrecht. Darauff I. H. G. den vorigen discursum reassumirt,
10
daß wan in puncto satisfactionis den cronen in ihren petitis deferirt werden
11
soltte, zu deme von denselben über die 30 furstenthumb und landen prae-
12
tendirt wurden, ließen sie die abgesandten selbst judiciren, waß vom reich
13
letztlich pleiben würde, und sonderlich daß Pommer, Wißmar, Brehmen, in
14
quantitate (de qualitate seye kein zweiffel) woll großer und beßer alß das
15
konigreich Schweden, da sie dan nicht sehen köntten, indeme vorgeben
16
würde, daß der krieg nicht gegen das reich und deßen stendte angesehen, sie
17
dannoch solche vornehme stuck, und zwarn von ihren freunden selbst, alß
18
Churbrandenburg, abzuziehen begehren dörfften. Warauff einer von
19
den Hollendischen abgesandten, daß Franckreich vor dießem viele land-
20
schafft biß an dem Rhein gehabt. I. H. G., wan ein ieder mitt fuegen
21
wieder praetendiren kontte, waß ein ieder vor dießem gehabt, wurden
22
nicht wenig sein, so zue kurtz kehmen, auch in den Niederlanden guet vor
23
die Spanier sein. Daruber sie lachend worden, und der herr von Gent
24
vermeldet, man offerirte den Frantzosen die stiffter Metz, Tull und
25
Verdun, so sie ohne deme innen hetten. Darauf I. H. G., mitt gewaldt
26
zwarn, das reich aber hab allemahl contradicirt, und die iura deroselben,
27
wie auch der 3 reichsstetten, sich vorbehaltten. Beispiele.

28
W bei Bergaigne. Mitteilung der katholischen Gravamina zur Weitergabe
29
an Peñaranda und einer die Rechte Cambrais als Reichsstand anerkennen-
30
den spanischen Erklärung von 1560. – Deputation der katholischen
31
Stände an Contarini .

32
1646 III 2
Freitag Trauttmansdorff bei W. Wobey er der Franzosen
33
unfug und exorbitanz wegen des beschehenen anbegehrens auf die Elsaßi-
34
sche landen exaggerirt; auch die Protestanten in Osnabrück seien trotz
35
d’Avaux’ Werben dabei geblieben, daß man ihnen nichts schuldig. Gestalt
36
dan auch in sich wahr, daß das hauß Osterreich Teutscher lini keinen einzi-
37
gen fuß breitt landts in seinem gewalt habe, darauf die Franzosen die
38
geringste ansprach machen kondten. Was sie wegen Spanien so hoch
39
anziehen, gehöre hieher nicht, sondern seyen sie damit billich zu den Spani-
40
schen tractaten zu verweißen, bey welchen sie auch zweiffelßohne nichts
41
vergeßen würden. Die Schweden bestunden zwarn noch hart auff den

[p. 407] [scan. 457]


1
Pommerschen landen, wie auch den erz- und stifftern Brehmen und Ver-
2
den; hingegen opponirten sich die Churbrandenburgische gar hefftig,
3
musten aber gleichwol selbst dabey bekennen, daß ihnen die Pommerische
4
vestungen und seehafen mit gewalt zue nehmen unmuglich. Die protestanti-
5
schen
Vorschläge zum geistlichen Vorbehalt sind keine media, sondern viel-
6
mehr extrema [...], die vorschläg auf die ubrige puncten wurden
7
zweiffelßohne gleichen schlages sein, es were aber gutt, daß die catholische
8
mit ihren gegenvorschlägen sich aufs bäldigst gefast macheten.

9
1646 III 3
Samstag Konferenz der katholischen Stände . – Kur-
10
fürstenrat .

11
1646 III 4
Sonntag Longueville bei W. Äußert sich ziemblich kalt-
12
sinnig zu den katholischen Gravamina. W: Die Protestanten haben
13
zum geistlichen Vorbehalt Media mitgeteilt, die man dafur gar nicht,
14
sondern vielmehr pro extremis halten müßen. Longueville: Daß ihnen
15
solche alberait auch zuekommen, were darauf wol zue handlen. W:
16
Notwendigkeit des geistlichen Vorbehalts für den Bestand der Kirche in
17
Deutschland. Die cron Franckreich hette große ursach, mit allem ernst und
18
fleiß mit darauff zu sehen, daß diß reservatum im geringsten nicht ledirt,
19
und allen catholischen ein unersetzliches praeiudicium zugezogen würde.

20
Longueville: Daß die cron Franckreich wegen der catholischen in
21
Teutschlandt wol intentionirt und zu deren erhaltung sorgfaltig gnug, es
22
müsten aber die catholische ihnen Franzosen auch anderst begegnen und nit
23
also widrig, wie es beym puncto satisfactionis zu nit geringer verkleine-
24
rung und offension der cron Franckreich geschehen, bezeigen. I. H. G.:
25
Daß von den catholischen im reich die cron Franckreich in gebuhrender
26
consideration und stimo gehalten würde. So hat man neulich auf französi-
27
schen
Wunsch Re- und Korrelation bis nach Beratung der Gesamtreplik
28
verschoben. Longueville: Sie sehen in dieser Reihenfolge den besten
29
Weg, eroffneten nur ihr sentiment und weren berait, wie auch yederzeit
30
begiehrig gewesen, dasienige ihres theylß befurdern zu helffen, wodurch
31
der fried ahm besten und schleunigsten zu erhalten, sie befünden aber, daß
32
zu solchem zweck Ihre Kayserliche Mayestät und die stende des reichs den
33
rechten weg nicht aussähen, noch eingehen wolten, und, welches sie sonder-
34
lich zu beklagen, wolten sich die catholische auch hierin nicht weißen
35
laßen. Dieselbe hetten sich wieder alles vermutthen und versehen in puncto
36
satisfactionis also wiedrig sich bezeiget, daß es die cron Franckreich billich
37
zu empfinden, Ihre Kayserliche Mayestät sowol alß die catholische reichs-
38
stende hetten sich zu versichern, daß ohn die satisfaction, in specie das
39
Elsaß kein fried zu hoffen noch zu machen. Wan nun die catholische bey

[p. 408] [scan. 458]


1
sich selbst erkennen, daß wegen dem ihnen zustehenden und offters geklag-
2
ten beschwernußen, und noch bevorstehender größern gefahr der fried
3
nottig, so musten sie in diesem puncto satisfactionis ihre consilia anderst
4
richten, und sich nit selbsten neben mehrern weitters verlaitthen.
5
Franckreich hette große ursach es zu resentiren, und nit fur eine geringe
6
offesa zue halten, daß man in hoc puncto solche quaestiones formiert,
7
und erst zur umbfrag gestelt, ob man Franckreich auch einige satisfaction
8
schuldig. Welches er mit exaggerirt, und sich dabey sehr eiffrig und
9
commovirt bezeigt, mit dießem anhang und betrohung (die er auch bey
10
dem fast in 3 stund gewehrten discursu hinc inde öffters wiederholet), und
11
würde einmal Franckreich den krieg continuiren und alles lieber drahn
12
sezen, alß die ihnen gebuhrende und zu ihrer nottigen versicherung
13
reichende satisfaction wieder aus handen zu laßen. W: Man wolte die
14
sach [...] dergestalt nicht auffnehmen, daß solches zu der cron Franckreich
15
verschimpffung einiger gestalt gemeindt. Es weren diese allgemeine frie-
16
denshandlungen under christlichen potentaten angestelt; die ganze christen-
17
heit sey durch die waffen genugsamb enervirt und affligirt, ein christliches
18
gewissen erforderte bey einem solchen zustandt moderata et pacifica con-
19
silia, wie dan die catholische chur-, fürsten und stende ihres theylß von
20
dem rechten friedensweg undt mediis abzuweichen nit gedächten, es müste
21
aber dabey ipsa iustitia et aequitas in fundamento talium actionum summe
22
necessario nit geandert, noch einiger theyl, bey den angetroheten waffen,
23
Gottes vergeßen und sich auff das gluck, welches wandelbar, zu viel ver-
24
laßen. Bei den Beratungen der Stände ist nichts zu verkleinerung der cron
25
Franckreich vorgangen. Es muße Franckreich sein punctum honoris also
26
nehmen, daß dannoch nit alle libertet den chur-, fürsten und stenden des
27
reichs dadurch benommen und abgeschnitten würde. Sie herrn Franzosische
28
hetten selbst instendig begert, daß zu dießen friedenshandlungen alle stend
29
abordnen mochten, da nun mehrern theilß selbige zur stelle, und die consul-
30
tationes vor sich gingen, wolte man ihnen gleichsamb in allen vorschreiben,
31
und wan alles nit ad beneplacitum geschehe, sich offendirt bezeigen. Diß
32
were einmal kein modus, das reich und die stende bey ihrer libertet und
33
würde zu erhalten, noch die rechte offters beruhmbte intention zum frie-
34
den. Weltkündig sey es, daß bey allen friedenshandlungen einige propo-
35
sitiones geschehen, waruber man utrimque handelte, und per rationes in
36
aequitate et iustitia fundatas das medium pacis suchete, und also were es
37
yederzeit under christlichen potentaten [...] gehalten worden, und muste
38
man durch betrohung der waffen nicht materiam ipsam tractatuum der-
39
gestalt ändern, und von denen bescheidentlich vorgebrachten rationibus
40
undt gewohnlichen consultationibus causam offensionis et laesionis machen,
41
auch vor vollig eingenommenen grundlichen bericht die iudicia praecipi-
42
tiren. Berechtigte Ursache für Kaiser und Stände zur Beratung der
43
vorgelegten Punkte, wobei sie, wan es tractaten sein sollen, nit cum
44
violentia verborum, animorum et armorum zu denienigen ja zu sagen zu

[p. 409] [scan. 459]


1
zwingen, wa sie in contrarium wolbegründte rationes aequitatis et status
2
bey sich befünden, gleich sich dan eben in diesem puncto satisfactionis
3
bezeigt. Dan nachdem einige staisfaction praetendirt, hab man ia billich zu
4
consideriren, ob, warumb und womit man solche zu thun schuldig, und wie
5
sich bey incaminirung dieses puncten der bestendiger bericht befunden, daß
6
von der cron Franckreich durch dero königlichen abgesandten verbo regio
7
öffters versprochen, daß sie keine andere satisfaction begert, alß der reichs-
8
stende freyheit und versicherung, so hette man pro honore verbi regii und
9
der ansehentlichen gesandtschafft, welche solches uberbracht, und nach-
10
gehendts zu ehren deren, die diese der cron Franckreich intention und
11
dabey gesucht und habende glori offters wiederholet, anderst nicht
12
ermeßen konnen, alß daß die cron Franckreich selbst hierauff ein absehens
13
haben, und nicht solches iezo in wiedrigen verstandt zu der ganzen cristen-
14
heit hochschädlichen auffenthalt des friedens wurde zu behaubten
15
gedencken, sondern wie bey den tractaten wol sachen begert und proponirt,
16
davon man dannoch per aequitatem et rationes sich laße abweisen, und
17
damit die friedliebende cristliche intention bezeige. Der duc de Longe-
18
ville continuirte sein anfangs verspuhrte commotion, und andworttet auf
19
das vorhergehende, daß man in den terminis der damalß vom konig in
20
Franckreich dem reich und deßen stenden anerpottener freywilliger und
21
unendtgeltlicher hülff iezo nit mehr. Es hetten sich die selbiger zeit mit
22
Franckreich verbundene craiß und stende wiederumb abgesondert, und der
23
confoederation nicht nachkommen, darauff die cron Franckreich suo pro-
24
prio periculo et impensis die waffen dem reich und den stenden zum besten
25
(die es doch nit erkenneten) prosequirt, und den krieg so kostbarlich
26
geführt; daß aber nun die cron Franckreich, indem sie ihrem grösten feind
27
die waffen und den schärpffisten degen, welchen das hauß Osterreich
28
gegen sie in Teutschland bey possedirung des Elsaß gehabt, nachdemaln ihn
29
denselben Gott und das gluck in handen gegeben, wiederumb restituiren
30
und sich hernegst mit großer gefahr abermalß auf die gurgel setzen laßen
31
solten, seye ihnen nicht zuzumutthen. Und moche man sie frey fur solche
32
närrische leuth nicht halten, daß sie es immer thun würden, sondern ihnen
33
beßer were, ihr ganz konigreich zue hazardiren, und dafur all ihr leben
34
tapffer auffzusezen, alß den mit so vielem blut und unkosten ihrem feind
35
dem hauß Osterreich mit gewalt auß handen gerissenen schneidenden degen
36
wiederumb zu uberlieffern. Die catholische hetten ihres theilß wol auffzu-
37
mercken, und wan ihnen zu erhaltung ihres estats und catholischen religion
38
der fried nöttig, sich hierinnen gegen Franckreich nicht zu opiniastriren,
39
dan ohne uberlaßung des Elsaß sie keinen frieden machen kondten, und
40
alßlang noch ein Frantzos im ganzen konigreich ubrig, würde er solches mit
41
seinem leben manuteniren. I. H. G.: Man solte sich bey dergleichen
42
materi billich, da einen das interesse proprium und passion in viele weg
43
ubernehmen kondte, also starck nit eiffern, und alsobald die spitz des
44
degens inter christianos principes darpiethen, und gleichsamb der ganzen

[p. 410] [scan. 460]


1
christenheit wolfahrt, und der catholischen religion conservation turbato
2
animo darahn hencken, man müste sano et christiano modo alles wol uber-
3
legen und distinguiren. Versprechen des Königs bei Abschluß der Bündnisse
4
mit Reichsständen, Restitutionszusage bei Übernahme der schwedischen
5
Plätze im Elsaß, Vertrag mit der Weimarer Armee wegen Breisach. Der-
6
gleichen müsten dannoch von der cron Franckreich zu ihres konigs und der
7
nation ehr beobachtet, und keiner im reich verdacht werden, der solche vor-
8
gangene verglichene und versprochene sachen bey den tractaten gebuhrender-
9
maßen vorprächt und erinnerte. Die im Elsaß geforderten Orte sind uraltes
10
Erbgut des Hauses Österreich, die jetzigen Erben waren wie ihr Vater
11
am Krieg nicht beteiligt. Es solte er duca hiebey etwas in sich selbst gehen
12
und gedencken, ob einige ursach zu finden, wamit es salva iustitia et chri-
13
stiana charitate zue behaubten, daß die catholische, soviel von ihren votis
14
dependire, eine solche erbschafft und antheyl unschuldigen pupillen sollen
15
konnen absprechen. Die Ächtung des Pfälzers hat Frankreich gebilligt,
16
seine Erben aber will es wegen ihrer unschuld und minderjährigkeit dan-
17
noch [...] restituirt sehen. Und weylen die cron Franckreich sonderlich das
18
praetextum ihrer securitet bey der satisfaction vorschüzte, so were ihr
19
genugsame securitet bey dem von Ihrer Kayserlichen Mayestät beschehenen
20
anerpiethen, Metz, Thull und Verdun ohne weittere ansprach zu verlaßen,
21
alberait gegeben. Longeville: Sie hetten das Elsaß selbst guten theylß
22
mit ihren waffen gewonnen, und wurden sich ihres vergleichs halber mit
23
den Schweden und Weimmarischen schon zu comportiren wissen. Es hetten
24
die catholische keine ursach ihnen wegen des Elsaß zuwieder zu sein, solten
25
ihnen billich mehrer zu ihrer beßerer manutenirung im reich darzu behulff-
26
lich sein, wie es dan einmal zu conservation der catholischen religion beßer,
27
daß die Franzosen alß das hauß Osterreich (denen die catholische viel von
28
ihrem ungluck und ungelegenheit zuzuschreiben) das Elsaß in ihrem gewalt
29
behielten. Sie begerten nichts vom reich, wolten das Elsaß eodem modo wie
30
Osterreich von demselben erkennen, der catholischen interesse fleißig beob-
31
achten, und dem reich ansehenliche dienste thun, und gegen den Türcken
32
krafftiglich assistiren. Solte dieses ihr anerpiethen kein platz finden,
33
wurden sie ihres theylß auf ihnen bevorstehenden sicheren und wol
34
berahteten, durch die waffen solidirten weg bestehen, und dasienige, was
35
gegen sie vorgenommen werden solt, mit unerschrecktem gemüth erwartten.
36
Wobey die catholischen sich wol zu bedencken hetten, ob sie sich noch
37
weitters alß blindte, wie vor diesem geschehen, vom hauß Osterreich
38
wolten verlaithen laßen, und des kriegs mit annehmen. I. H. G.: Die
39
catholische folgeten in allen ihren desideriis, actionibus, gedancken und
40
gebett der allgemeinen christlichen kirchen wunsch und gepett, damit pax
41
et concordia principum christianorum mochte erhalten werden. In den
42
böhmischen Krieg haben sie eingegriffen angesichts der mit Hilfe der
43
Union in Böhmen durchgeführten und im Reich bevorstehenden Verfol-
44
gung
der Kirche. Also hetten sie gewissens halber anderst nit thun konnen,

[p. 411] [scan. 461]


1
alß auf die gegenverfassung zu gedencken und dem supremo advocato
2
ecclesiarum, ihrem Kayser, getrewlich zu assistiren. Bey allsolcher mainung
3
plieben sie noch, daß sie alles, ihren pflichten und schuldigkeit nach, pro
4
ecclesiis suis et religione catholica gedächten auffzusezen. Und wolte er duc
5
de Longeville sich doch erklehren, falß sie auß passionirtem gemüth mit
6
Ihrer Kayserlichen Mayestät, alß einem vom hauß Osterreich, und mit den
7
sammetlichen dabey interessirten erzherzogen kein frieden machen wollen,
8
ob sie dan lenger mit unverleztem gewissen nachgeben konten, daß die
9
catholische von der cron Franckreich confoederirten, mit ihr der Franzosen
10
zuthun, approbation, oder auch conniventz lenger dergestalt von landt und
11
leuthen vertrieben, und ein solch unwiederpringlicher schad den catholi-
12
schen kirchen und religion zugefuget würde. Man wolte sich eines beßern
13
zu ihnen versehen, vorab da sie die bose fruchten ihrer confoederirten
14
waffen in diesem quartiern, quoad religionem catholicam, zu ihrem eigenen
15
bethaurlich augenschein genugsamb selbsten gesehen, daß sie nicht errore
16
agnito dabey vorsezlich zue beharren, und dergestalt die unaußpleibliche
17
straff Gottes uber sich zu ziehen gedencken würden. Solte aber wieder alles
18
verhoffen die cupido regnandi et possidendi die catholische weitters zu
19
außgab und volligen oppression dargeben, so wurden sie sich zu erhaltung
20
der allein seligmachenden religion mit gutt und blutt darstellen, und sich
21
lieber alle martyrisiren laßen, alß etwas ihres theylß Gott, ihrem gewissen,
22
und der religion zuewieder einzugehen. Longeville: Er lobe die catholi-
23
sche, daß sie in demienigen, was die religion angienge, sich sorgfaltig und
24
eiffrig bezeigten, sie ihres theylß wolten darzu gern cooperiren. Es musten
25
sich aber dieselbe gegen Franckreich also wiedrig nicht bezeigen, und von
26
dem guten versicherten weg, warauff sie die catholische religion zu setzen
27
gedächten, verstoßen, noch den frieden (weylen sie bey dem krieg so
28
großen schaden empfinden) ihres theylß verhindern, wie dan einmal ohne
29
uberlaßung des Elsaß kein fried zue machen, dabey auch das reich, die
30
catholische, noch andere stend kein interesse. Es were diese landschafft also
31
situirt, daß in besitz deren das hauß Osterreich, welches, neben dero vor-
32
fahren, Franckreich so viel fraude, dolo et iniustissimo bello abgenommen
33
und vorenthalten, gar zuviel gelegenheit und occasiones uberkeme, ihre erb-
34
feindschafft gegen Franckreich weitters fortzusezen. Aragón, Katalonien,
35
Neapel, Navarra, Mailand und ein Teil der Niederlande sind den Fran-
36
zosen
mit Gewalt vorenthalten worden, jetzt dürfen sie die ihren aller
37
orten sieghafften waffen folgende nuzbarkeit undt securitet nicht auß
38
handen laßen, nicht aber ihren feinden den degen und strick gleichsamb
39
selbst in die hand geben, damit sie darnach bald kondten erwurgt werden.

40
W: Wie zu vermercken, wolle er duc de Longeville sich in dieser sach
41
gegen das hauß Osterreich gar zu starck eiffern. Es gilt, Frieden und Ein-
42
tracht
unter den katholischen Fürsten herzustellen, dabei in antiquis odiis
43
sich aufhalten und dieselbe renoviren sowie gegen der Vermittlung die-
44
nende
Schritte zu eifern, heiße die battallionen und armeen, wan sie auf-

[p. 412] [scan. 462]


1
einandertreffen wolten, zue einem verbitterten blüttigen treffen zu encou-
2
ragirern. [...] Alle die alte odia und offensiones et inimicitias coronae
3
Galliae auf Spanien und das hauß Osterreich außzugiesen und sonderlich es
4
diese pupillen – wie der Kaiser nicht aus der Linie Karls V. – endgelten
5
zu laßen, were ia unbillich und unerhört. Frankreich hat von seiner eigenen
6
Königsfamilie wol eine starcke wunde sub Ioanne et Philippo Vallesiis
7
ducibus Burgundiae

39
Johann (1371–1419), Hg. von Burgund; Philipp III. (1396–1467), Hg. von Burgund;
40
beide aus dem von Hg. Philipp II., einem Sohn König Johanns II. von Frankreich, be-
41
gründeten Hause Valois-Burgund.
empfangen, und wan dieienige von dem geblutt, nullo
8
respectu successionis, welchen die cron Franckreich etwaz zuwieder gethan,
9
dergestalt, wie es mit den pupillis Austriacis das ansehen gewint, verfolgt
10
werden sollen, so würde er duc de Longevill, der ex sanguine Vallesiorum
11
noch ubrig und herkehme

42
Die Herzöge von Longueville stammten von Johann von Dunois ab, einem illegitimen
43
Sohn Hg. Ludwigs von Orléans, und waren nach dem Erlöschen der königlichen Linie
44
mit Heinrich III. die letzten Repräsentanten des Hauses Valois.
, es eadem ratione auch zu endgelten haben.

12
Longeville: Franckreich beger der erzherzoglichen pupillen schaden nit.
13
Ihre Kayserliche Mayestät und Spanien konten und musten ihnen wol was
14
anders geben; einmal were ihnen das Elsaß, welches sie fur einen gar zu
15
spitzigen scharpffen degen gegen ihr konigreich zu sein erkenneten, den-
16
ienigen, welche sich deßen zu der cron Franckreich offension bediehnen
17
würden, nicht wiederumb inen handen zu geben. I. H. G.: Die Fran-
18
zosische nation were sehr glorioß und beruhmbt, fünden sich viele exempla
19
bey ihnen, wan man ye in metaphora eines spitzigen degens pleiben soll,
20
welcher seinem feind in duello den degen genommen, und wiederumb gege-
21
ben. Sie hetten sich von diesen iungen fürsten nichts wiederiges, noch auch
22
von Ihrer Kayserlichen Mayestät, wan nur fried gemacht, zue befahren.

23
Longevill: Die Franzosen seyen zwarn glorioß, wolten auch selbige glori
24
und darzu gereichende werck behalten, sie würden aber solche große narra-
25
they nit begehren, und denienigen das Elsaß wieder restituiren, den sie zu-
26
mal nit trawen kondten. I. H. G.: Sie verspuhrten, daß er bey seinem
27
eiffer und passion verplieb, weylen dannoch moderation zu gebrauchen,
28
und rationi plaz zu geben, wolte man verhoffen, er werde das werck bey
29
sich noch beßer erwegen, und keinem im reich verdencken, daß er die ange-
30
theilte erbschafft den Insprucksichen erben nit wolte ohne ursach laßen ab-
31
sprechen. Franckreich gienge ye und allzeit auf die securitet, die habe er
32
genugsamb ahn den zuvor benendten 3 stifftern, wie auch Pignerola. Wan
33
mans gar zu weitt cum ipsis limitibus et territorio extendiren wolt, so ge-
34
winne es ganz ein ander ansehen, und hette es speciem eines vorhabenden
35
dominats et impositionis iugi. Die Teutschen hetten niemaln ahn ihrem
36
wortt manquirt, noch Franckreich belaidigt, derentwegen sie dan keine ur-
37
sach, dergestalt die securitet weitter zu suchen, und der sonsten im frieden-
38
schluß gewohnlichen versicherung sonderlich bey den Teutschen nit zu

[p. 413] [scan. 463]


1
trawen, und weylen sie die Franzosen bey ihrer praetension also miß-
2
trawendt sich bezeigten, kondte es der Sicherheit halber so viel mehrer
3
nachdenckens bey dem reich geben. Longeville: Sie ehreten die Teut-
4
sche nation und das reich, wolten gern ein mittglied deßelben sein, bey den
5
Teutschen wohnen, und gegen den Türcken mit streitten helffen; Metz,
6
Tull und Verdun hetten sie lengst gehabt, und were das Elsaß auch eine alte
7
erbschafft vom konigreich Franckreich, wolten es dannoch, obbedeutter
8
maßen, bey dem reich laßen, von demselben erkennen, und dem reich alle
9
ersprießliche dienst erweißen. I. H. G.: Franckreich hette ein foedus
10
mit denn Turcken, wißen nit, wie bey so gestalten man sich auf Franckreich
11
zue verlaßen, oder etwas von ihnen zu erwartten, zudem weren Ihre Kay-
12
serliche Mayestät und das reich iezo mit dem Türcken in keinem krieg
13
begriffen; ohn zwarn were nicht, daß man iezt bey commotion des erb-
14
feindts christlichen nahmen wol hette auffzumercken, und in guter berait-
15
schafft sich zu halten, auch umb soviel mehr den frieden zu befurdern.

16
Longeville: Wan man a parte imperii vermeint, Franckreich muste wegen
17
commotion des Turcken frieden machen und die inhabende orthen hinder-
18
laßen, dabey würde man sich betrogen finden, sonsten unangesehen des
19
foederis Turcici kondten sie, weylen sie dem Türcken weitt endsessen, gegen
20
denselben wol ansehentliche hulfflaistung thun. I. H. G.: Wegen dern
21
vom Türcken bevorstehenden gefahr hette man eine ganz andere mainung
22
von ihnen den Franzoßen, und zwarn diese, daß sie sich nur ieziger des
23
erbfeindts commotion zu ihrem vorthel gedächten zue gebrauchen, und
24
dadurch propter necessitatem christianitati imminentem zu erhalten, was
25
ihnen sonst wol nit getraweten, man hoffe aber dabey, sie werden amore
26
christianitatis et status proprii causa, ihrem guten verstand und gewissen
27
nach, bey sich erkennen, daß sie auch kein andern theyl zu einiger despe-
28
ration nottigen, und das werck so weit verlauffen laßen würden, daß den
29
Türcken zue näheren gefährlichen nachparschafft bekommen. Wegen Metz,
30
Tull und Verdun were etliche mal meldung geschehen, wie es dan ahn sich
31
selbsten bekandt, daß sie solche des reichs importirende päß und plätze in-
32
hetten. Sie wurden sich aber auch dabey zu erinnern wissen, daß der titulus
33
nit iustus. Gegenüber einer die Restitution fordernden Gesandtschaft des
34
Reiches hat der König 1560 zugegeben, daß die benendte ortther dem reich
35
zustendig und daß die cron Franckreich sich durchauß nit zue beschweren
36
noch zuebeklagen, daß ihnen vom reich Teutscher nation etwas endzogen
37
oder vorenthalten. Worauß dan der titulus iustus pro imperio under andern
38
wol zu bescheinen, auch gnugsamb erhellet, daß Franckreich allsolche alte
39
praetension auf das Elsaß fur unpillich vieler ursachen halber erachtet hat
40
vorzupringen. Sie Franzosen vermainten, daß dem reich bey uberlaßung
41
des Elsaß nichts abginge. Dabei neben den Gründen von Billigkeit und
42
Recht aber auch zu bedenken, daß einmal der Krone Frankreich inkorpo-
43
rierte
Gebiete nicht mehr durch Vererbung an andere Familien kommen
44
können. [...] Austriaci hetten das Elsaß under ihrer ersten erbschafft ahn

[p. 414] [scan. 464]


1
sich gebracht, und wie sie per matrimonia verschiedene ansehentliche
2
successiones angetretten, so kondte es wol bey den furstlichen haußern
3
nachdencken geben, daß man davon etwas coronae Gallicae zueignen solte.
4
Securitatem praetentam hette Franckreich ahn Metz, Tull und Verdun
5
genugsamb, und konte ihnen dieselbe dabenebens dergestalt vorreden, daß
6
sie wegen des Elsaß den frieden auffzuehalten oder deßen handlung zer-
7
schlagen zu laßen keine ursach. Und wurde er Longeville, quoad anti-
8
quam Austriacorum principum hereditatem, wol wissen, daß zu schließung
9
eines bestendigen friedens die hereditates maxime pupillorum sich derge-
10
stalt nit vergeben ließen. So hat der Administrator von Bremen den Ver-
11
zicht
seines Vaters auf das von diesem für ihn erst erworbene Stift nicht
12
anerkannt

42
Zur Bedeutung des im Lübecker Frieden 1629 ausgesprochenen dänischen Verzichtes in
43
Bezug auf den damaligen Koadjutor und späteren Administrator Friedrich vgl. G.
44
Lorenz S. 16ff.
. Longeville: Wegen der cron Franckreich incorporation,
13
wan deßwegen bedenckens sein solt, konte man wol ein mittel finden, sie
14
weren auch ihrer securitet halben so blind nit auff das Elsaß oder einen
15
orth eigentlich versessen, wan ihnen andere ortthen praeter iam semel
16
oblata vorgeschlagen, wolten sie erzeigen, daß sie sich bey dem Elsaß oder
17
einem orth so eigentlich nit gedächten zu opiniatriren. Franckreich muste bey
18
diesem ietzigen progressen der waffen sich einmal auß der captivitet retten.
19
Sie sind von Spanien durch Navarra, Mailand und Flandern, auf welche Ge-
20
biete
sie selbst Anspruch haben, eingeschlossen; a parte Rheni hetten sie auch
21
die Osterreichische feinde. Wolte nun das hauß Osterreich Elsaß behalten,
22
mochten der cron Franckreich Meyland oder dergleichen darfur geben, dan
23
es ihnen ratione securitatis einmal nothig, dergleichen von den Osterreichi-
24
schen zue haben. Sonsten wiße man wol, welche lieber in ihrem konigreich
25
und zu Pariß weren, sich anderer landschafften nit viel achten, und deß-
26
wegen verscheidene verabsaumbt und verlohren. I. H. G.: Es ließe sich
27
bey diesem discurß all mehrers vermercken, wie man ausm eiffer gegen das
28
hauß Osterreich das Elsaß per forza et arma zue behaubten gedächte, und
29
were klarlich genug darauß abzunehmen, daß wan schon das Elsaß ihnen
30
Franzosen gelaßen, daß dadurch dannoch kein fried in der christenheit zu
31
erhalten, weylen sie dem hauß Osterreich Spanischer lini und der cron
32
Spanien noch weitters mit waffen zuzusezen bedacht. Longueville:
33
Beide Linien mögen sich über ein Entschädigungsangebot vergleichen,
34
also wurden sie sich auch wegen des Elsaß und frieden mit Spanien anderß
35
erklehren konnen. Alß lang solches nicht geschehen, kondten sie davon, es
36
ging auch wie es wolle, nicht abweichen, sonderlich da ietzt regierende
37
Kayser von selbigem hauß were, und genugsamb chur-, fursten und stendte
38
des reichs bey dieser allgemeinen friedenshandlung beraiz zu erkennen ge-
39
geben hetten, zudeme der Franzosen wolmainende vorschlag verworffen;
40
da die Austriaci bey dem imperio erblich verpleiben solten, und weylen sie
41
dardurch ein so großes, alß hereditatem imperii, wie dan auch die succession

[p. 415] [scan. 465]


1
im konigreich Boheimb sublata electione erhalten

42
Durch die Landesordnung Ferdinands II. 1627 V 10 war die Mitwirkung der Stände bei
43
der Thronfolge in Böhmen beseitigt worden.
, so hetten sie sich nit zue
2
beschweren, daß sie das Elsaß andern uberließen, die coronae auch wol
3
ursach zuzusehen, daß sie nit mit dem gesuchten dominat weitters in ihre
4
konigreich so bald und leicht eintringen kondten. Das imperium sey zwarn
5
iezo bey dem langwihrigen krieg enervirt, kondte sich aber bald wiederumb
6
erholen, und wan dan Franckreich frieden gemacht, möchte sich leichtlich
7
eine newe unruhe und krieg herfurthun, so weren sie zwarn Spanien genug-
8
samb gewachsen, wan aber zu gleich ein Osterreichischer Kayser des reichs
9
macht ihnen uber den halß prächte, und sich dabey des Elsaß, alß eines sehr
10
importirenden gelegenen plazes des armes zu bediehen hette, so würde ihr
11
estat in gar zu große gefahr gesezt, derentwegen sie dan beyzeiten vorzue-
12
bawen. I. H. G.: Das imperium seye bey diesen tractaten wol nit haere-
13
ditarium gemacht, und wurden die herrn churfursten ohne der außländi-
14
schen cronen vorschreiben, alß welches ihnen gar zu disreputirlich, wol
15
wissen, sich hierin zu guberniren. Mit dem konigreich Boheimb hette es weit
16
eine andere beschaffenheit, und solten sich billich alle catholische poten-
17
taten erfrewen, auch Gott dafur dancken, daß per talem successionem
18
haereditariam die catholica religio beßer stabiliirt und versichert. Daß Ihre
19
Kayserliche Mayestät bald wiederumb einen newen krieg anfangen solten,
20
deßen hette man sich nicht zu befahren, dan solches in der wahlcapitulation
21
genugsamb praecavirt. Longevill: Man sehe wol, wie es die Kayser
22
macheten. Karl V. hat aus Feindschaft gegen Frankreich den Türken freie
23
Hand gelassen. Im Krieg um Mantua hat man auch endlich weitter zu
24
gehen gedacht, und sogar einen Spanischen capellan zum Pabst machen
25
wollen. Zu verhuttung des schismatis in ecclesia und andern bey der Man-
26
tuanischen succession verübten ungerechtigkeiten habe Franckreich die
27
waffen ergreiffen mußen, Gott hette ihre gerechte sach und intention geseg-
28
net, wurde ihnen auch noch weitters beystehen. W: Bedauert den Krieg
29
zwischen Karl V. und Frankreich im Interesse der Christenheit, über die
30
Gründe wolle sich alhie nit disputiren laßen. Hinsichtlich Mantua sind ihm
31
weitere Absichten als die Regelung der Erbfolge nicht bekannt, doch hat
32
Frankreich den Frieden dann wieder gebrochen. De intentione bona werde
33
viel gesagt, man konte aber ab ipsis operibus und der würckung so darauß
34
erfolgt, sowol bey iezigen alß priori seculo von Franckreich movirten
35
kriegen, womit allezeit die protestirende in Teutschland beschützt, anderß
36
nichts urtheylen noch schließen, alß daß durch alsolcher waffen assistenz
37
und zuthun, etiamsi contra ipsorum voluntatem sit, die catholische under-
38
truckt, zu dem Passawer vertrag gleichsamb genöttiget und die uncatholi-
39
sche dergestalt in Teutschland stabilirt. Und wie darauff priori seculo die
40
straff Gottes bey der Hugenotten in Franckreich movirten schweren
41
kriegen und andern innerlichen unruhen und zufällen des konigreichs nicht

[p. 416] [scan. 466]


1
außpleiben, also hette nun auch iezt cum magno timore et tremore noch zu
2
gewarten, wan man ohne sonderliche forcht Gottes die der catholischen
3
religion so hoch schädliche waffen nicht hinlegen wolte, was darauff end-
4
lich erfolgen möchte. Longeville: Sie begerten der catholischen religion
5
nichts ubel zuzufügen, thette ihnen auch gar leid, daß sie bey diesen kriegen
6
so viel gelitten, sie solten sich nur selbst in keine weittere gefahr sezen, und
7
den Austriacis zu ihrem verderb und undergang dergestalt anhangen; es
8
seyen die catholische von der Osterreichischen servitet alß inficirt und
9
gehafftet gewesen, daß ihnen die adern müßen gelaßen, und dabenebenst
10
wol purgirt werden, sie wurden hinfuhro beßer auff sich zu mercken
11
haben, und alßdan spuhren, welcher gestalt Franckreich ihre conservation
12
würde in acht nehmen, wie sie dan auch offters fur dieselbe gern was thun
13
wolten. Indeme man aber a parte catholicorum solches den Austriacis
14
offenbahret, und dieselbe es alsobald in invidiam ipsorum, damit gegen sie
15
ihre confoederirte anzureitzen, gebraucht, hetten sie einhalten und behutt-
16
samb damit gehen müßen. I. H. G.: Die catholische Teutsche seyen von
17
einem solchen naturel nit, daß man ihnen so offt und also starck die ader
18
zue laßen, hetten auch wol bey sich kein unreines geblutt gehabt, ehrten
19
und liebten die Austriacos alß christliche catholische potentaten, welche pro
20
religione et christianitate viel gethan; ihrer privatsachen sich anzunehmen
21
und selbe zu verfechten weren sie nicht ersucht, noch darzu per servitutem
22
aliquam gezogen worden. Union, Leipziger Bund und die jetzt bei den
23
Gravamina aufgestellten Forderungen zeigen, warumb die catholische ihre
24
ligam gemacht und sich pro religione catholica et tuendis ecclesiis mit leib,
25
gutt und blutt dargestelt, hetten auch in erträglichen terminis den statum
26
catholicum pace Pragensi constituta erhalten, wan nit Franckreich die
27
Schwedische und Hessische nach dem Nordlinger treffen so verschiedenlich
28
versterckt, und ihre eigene exercitus mit occupirung der geistlichen erz- und
29
stiffter gebrauchen laßen, wobey wol zue beklagen, daß wan mans eine
30
medicin oder aderlaß nennen wolte, es eine viel zu schadliche und gefehr-
31
liche khur seye, welche noch vor wenig iahren im erzstifft Collen
32
gebraucht, wo die eroberten Plätze den calvinistischen Hessen eingeräumt
33
worden sind. Es beklagten sich die Franzosische plenipotentiarii, alß
34
wan die cron darin ledirt were, daß man in puncto satisfactionis ihrem
35
begehren bey den reichsconsiliis nicht deferirt; sie solten vielmehr darauff
36
sehen, worin zuegleich Gottes und ihres konigreichs ehr bestünde. We-
37
gen
Gehrde und Neuss haben die Franzosen das Unrecht wohl erkannt
38
und sich um Abhilfe bemüht, es plieben aber die Schwedisch- und
39
Hessische bey ihren contra catholicam religionem vorgenommenen un-
40
verandtwortlich thadtlichkeiten, und kondten die Franzosen soviel
41
autoritet bey ihnen nicht haben, daß sie ein so geringes erhielten. Was
42
wurden dan die catholische in andern mehr importirenden sachen sich
43
auff ihre assistenz zu verlaßen haben? Es seyen die catholische wol
44
ubel darahn, daß sie alß feind von Schweden tractirt und von oder

[p. 417] [scan. 467]


1
durch Franckreich so wenig erhalten köndten. Longueville gibt zu, daß
2
zu wünschen, wan einige sachen zu der catholischen auffnehmen und ver-
3
sicherung beßer weren angeordnet und zu erhalten gewesen. Ihre satisfac-
4
tion anbelangendt, derenthalb hette man ipsis inauditis nit dergestalt bey
5
den collegiis statuum alhie verfahren sollen, und damit ihre intention und
6
guter will, welche sie zu dem reich und deßen stenden trügen, beßer vorher
7
eingenommen werden mögen, hätten sie die Deputation vorgeschlagen; hoc
8
modo consultandi et procedendi trette man ihnen allzu nahe und hart auf
9
den fuß, daß sie es billich zu empfinden, und were beßer, daß die reichs-
10
stend in ipso puncto sich interponendo alß dergestalt consultando et deli-
11
berando hetten gebrauchen laßen. I. H. G.: Bey der consultation seyen
12
die Franzosen ganz nit laedirt, noch ihnen zu nahe getretten, und wan per
13
interpositionem statuum was gutes zue hoffen, so hette man darauff zu
14
gedencken, es müsten aber die herren Franzosische plenipotentiarii derge-
15
stalt in extremis nit bestehen. Longeville: Die reichsstende hetten sich
16
ahn diesem orth alberait gar zu partheyisch bezeigt, wolte Osterreich das
17
Elsaß nit laßen, so mochte Meyland oder was anders in platz gegeben
18
werden, dan sie einmal, wan fried zu schließen, zu ihrer guten versicherung
19
eine satisfaction haben müsten. Bey welchem proposito er Longeville im
20
auffstehen und außgehen des ersten zimmers verplieben, mit fernerm ver-
21
melden, wolten die catholische dem hauß Osterreich das Elsaß nit ab-
22
sprechen, so solten sie auch der cron Franckreich ihre satisfaction nit verun-
23
willigen und sich hierinnen partheyisch bezeigen. – [...]

24
1646 III 5
Montag Konferenz der katholischen Stände . – Fürsten-
25
und Städterat.

26
1646 III 6
Dienstag Mainzer bei W. [...]

27
1646 III 7
Mittwoch Deputatio ad gravamina.

28
1646 III 8
Donnerstag Kurfürstenrat .
29
[...]

30
1646 III 10
Samstag Als verlautet, die Mainzer wollten mit den prote-
31
stantischen Media

36
Der noch ausstehende Teil der protestantischen Media war 1646 III 8 in Osnabrück
37
übergeben worden; Druck: J. G. Meiern II S. 568 ff.
auch die katholischen Media zur Diktatur kommen
32
lassen, veranlaßt W, daß diese zur besseren Geheimhaltung den Hauptge-
33
sandten verschlossen zugestellt werden.

[p. 418] [scan. 468]


1
1646 III 11
Sonntag Bayern bei

42
1 W] am Rande: huc usque Bavaro
W. 1. Kurbayern befremdet, von

2
Behandlung der Satisfaktionen so gar nichts zu hören; die Ksl. würden sich
3
in dem sicher betrogen finden, daß sie vermainen, [...] wan man die gra-
4
vamina religionis erlediget, daß alßdan der coronen macht mit papier,
5
nemblich mit avocatori mandatis zuschaden gemacht werden kondt. Aus
6
Schweden sollen neue Truppen kommen, angeblich 12 000 Mann; der
7
Kanzler Oxenstierna hat geäußert, der Frieden sei noch weit, erst müsse der
8
Kaiser auch für die Zukunft geschwächt sein. In der französischen Armee
9
nur wenig Deutsche. Sie, die Gesandten, sollen den Ksl. vorstellen, ob man
10
dan alles und den rest in compromiß stellen wolle, und auf Satisfaktionen
11
drängen. Darauf hat Trauttmansdorff ihnen versichert, er wolle in zwei
12
Tagen die Mediatoren aufsuchen, hat gegen die Zession des Elsaß aber den
13
Widerstand der Schweizer, der dortigen Reichsstädte und der Protestanten
14
angeführt. 2. Sie sollen mit den Kölnern nochmals über einen Waffenstill-
15
stand
reden. Wie zue verspuhren, inclinirten die Franzosen iezo viel mehr
16
und mehrer darzu; d’Avaux hat deshalb in Osnabrück verhandelt, die
17
Schweden haben aber, weyln es militaria, sich entschuldiget, sonderlich daß
18
der Torstensohn capitoß und empfindlich, und deshalb erst an ihn geschickt.
19
[...] Contarini erbietet sich zur Unterstützung des neuen Vorstoßes. 3. Die
20
Pfälzer Sache soll ohne Verzug vorgenommen werden. Sie haben den Ksl.
21
dargelegt, daß man nicht vergeblich auf der Exklusion bestehen, sondern
22
jetzt die achte Kur vorschlagen soll. Die Ksl. müssen die Sache rechtzeitig
23
bei den Protestanten unterbauen; die Zustimmung von Sachsen, Trier,
24
Bamberg, Würzburg und Eichstätt liegt Kurbayern schon vor. 4.
25
Kurbayern empört über die aus Ws Diarium

43
Vgl. oben [S. 380] .
ersichtliche Behauptung Vol-
26
mars
, bei Beratung der Replik sei die Zulassung der Calvinisten in
27
München gebilligt worden. Sie haben Volmar anzudeutten, daß Seine
28
Churfürstliche Durchlaucht ihn und andere noch wol lehren wolten, von
29
chur- und fürsten zu reden und selbige dergestalt (iuxta formalia) zu diffa-
30
miren. W: 1. Mit der Satisfaktion ist man iezo in voller behandlung, es
31
laße sich aber das werck mit dem Elsaß gegen so viele opponenten derge-
32
stalt ie nicht treiben, worüber Kurbayern seine und der Gesandten Relatio-
33
nen
erhalten haben wird. 2. Die bisherigen Hindernisse sind bekannt, es
34
wird nun die Erklärung Torstenson zu erwarten sein. 3. Nach der im
35
Kurfürstenrat gehaltenen Beratung wird zu erwarten sein, ob der Pfalzgraf
36
den tractaten plaz geben [...] oder noch fort auf die generalamnisti und
37
der uncatholischen beyfall sein absehen richte. 4. Ein Verweis an Volmar
38
ganz nit thunlich, da das Diarium keine eine solche Reaktion verdienende
39
Äußerung enthält, bei Volmar und vielleicht auch den anderen Ksl.
40
dadurch Mißtrauen gegen die Kölner geweckt wird, die Kölner und Bayern
41
dann keine vertraulichen Nachrichten mehr erhalten und dem Kurfürsten

[p. 419] [scan. 469]


1
nicht zu raten ist, Volmar als ksl. Gesandten oder andere, absonderlich
2
solcher sachen halber, dergestalt zu abalieniren, zumal Volmars Eifer für
3
die Interessen Bayerns deutlich ist. Er wird deshalb an Kurbayern
4
schreiben; sollte der Kurfürst bei seiner Meinung bleiben, müsse er künftig
5
die Berichte an ihn etwas einziehen, auch sie Churcolnische in gesamt wol
6
bedenckens haben, eins oder anders mit ihn Churbayerischen verträwlich
7
zu communiciren. Dan man wol wüste, daß sie befelcht, alles ausfuhrlich
8
zu berichten, und mochte ein oder andern auß ihnen Churcolnischen etwa
9
auch hernegst solcher sachen halber dergleichen ungnad zugeworffen
10
werden.

11
1646 III 12
Montag Konferenz der katholischen Stände

37
Vgl. APW III A 4,1 S. 155ff.
. – W bei
12
Chigi. Nachricht über die Media, die Chigi per deputatos zugestellt werden
13
sollen; von einem vornehmen gesandten sei in discursu vorgeschlagen wor-
14
den
, den Protestanten die eingezogene stiffter auf ewig zue laßen und den
15
ubrigen rest dadurch zu versichern. Woruber der herr nuncius ganz
16
ereiffert replicirt, er wolle in ewigkeit nit verhoffen, daß ein auffrichtig
17
catholischer solches rathen, weniger eingehen werde. Will mit Trauttmans-
18
dorff
, daß ia solche principia nicht gerathen, weniger eingefolgt werden
19
möchten, ernstlich reden. W: Beschwerden wegen Gehrde, Wallenhorst
20
und der Geistlichen im Erzstift ohne Erfolg. Auch Chigi klagt, daß in
21
negotiis religionis von ihnen Franzosen zwarn viel versprochen, aber in
22
effectu biß dato nichts praestirt würde. [...] Lütticher Angelegenhei-
23
ten
. Chigi: Der Domherr Bocholtz

38
Ferdinand von Bocholtz (gest. 1669), Domherr in Lüttich.
hat ihm berichtet, Longueville und
24
d’Avaux hätten seine Bitten, die geächteten Lütticher nicht zu unter-
25
stützen
, entgegenkommend aufgenommen, Servien opponiere sich. Zu Ws
26
Bericht, ein französischer Agent arbeite in Lüttich der von Kurfürst Ferdi-
27
nand
geplanten Koadjutorwahl entgegen, erwähnt Chigi, er habe deshalb
28
mit Servien gesprochen; dieser widersetze sich der Wahl Franz von Loth-
29
ringens

39
Von einer Lütticher Koadjutorie des Kölner Domdechanten Franz von Lothringen war
40
1640 vor der Kölner Koadjutorwahl die Rede gewesen; seit Lothringen aber in Köln
41
selbst als Kandidat aufgetreten war (vgl. oben [S. 123 Anm. 1] ), gingen auch für Lüttich
42
die bayerischen Bestrebungen auf den Kölner Koadjutor Max Heinrich.
und habe auf den Einwurf, es werde wohl eher ein bayerischer
30
Prinz vorgeschlagen, geantwortet: questo è un altro, ohne Widerstand zu
31
erkennen zu geben. Klage, daß mit den Verhandlungen alles dergestalt
32
langsamb und wanckelbar hergehe. Wan man gleich einmal gute hoffnung
33
zu den tractaten schöpffen kond, kämen doch under der hand sachen und
34
solche mutationes intentionum vor, daß darauf nichts zue bawen, und
35
forchte er, das, wan den Franzosen schon alles, waß sie begern, concedirt
36
wurde, dannoch der fried nit erfolgen, sondern andere effugia et dilationes

[p. 420] [scan. 470]


1
gesucht wurden werden. Der spanische Vorschlag eines Vermittlungsange-
2
botes
der Königin von Frankreich wird von Servien als Schachzug zur
3
Unterdrückung der französischen Forderungen betrachtet; zu befürchten,
4
daß er in Paris entsprechend behandelt wird, obwohl er zuerst gesprächs-
5
weise
von Mazarin gegenüber dem Nuntius

43
Bagno.
geäußert worden sein soll. Was
6
die Teutsche sachen anlangen thette, sehe er nit, wie annoch fortzukommen,
7
sonderlich weylen sowol die Franzosen und Schweden alß die stende under
8
sich nicht ahn einem seyl ziehen. Allem ansehen nach dörffte es noch wol
9
ein langes weeßen abgeben, und die Franzosen dieser campagna gewißlich
10
außwartten wollen, zumaln der duc de Longeville erst gegen die Pfingsten
11
seine gemahlin anherokommen zu laßen willens.

12
W mit Reck bei Trauttmansdorff. Auf Drängen wegen der Satisfaktion
13
äußert dieser: Ohne die Antwort der Osnabrücker Stände, die heute
14
darüber beraten, kondte hier nicht wol verfahren werden. Auch Bayern
15
drängt, doch muß er auf die Erklärung der hiesigen Stände die Antwort des
16
Kaisers abwarten. Dieser würde ehender mit Spanien einer gewissen satis-
17
faction, außer dem Elsaß, sich vergleichen. [...] W: Vorschlag Longue-
18
villes
einer Entschädigung mit Mailand statt des Elsaß. Trauttmans-
19
dorff
: Daß solches gar zu viel sein wolt [...]. An die frühere Aussage
20
erinnert, daß noch vor Ostern geschlossen werden könne, bleibt er dabei, da
21
vermutlich die in den nächsten Tagen aus Stockholm, Paris, Den Haag und
22
Wien erwarteten Antworten nicht alle abschlägig sein würden. W: Auf
23
solche manier wurden sich die gravamina nicht laßen schlichten, wo nit von
24
den uncatholischen andere media vorgeschlagen, und sich bescheidenlicher,
25
allermaßen sie ihn herrn graffen vertröstet, vernehmen ließen. Ahn catholi-
26
scher seitthen underlaße man nichts, sondern habe man in Gottes nahmen
27
heut, zu bezeigung der begierd und lieb zum frieden, die media geschloßen,
28
welche ihme grafen zur außhendigung per deputatos eingereicht werden
29
solten, mit anhangender ersuchung, den protestirenden dabey gute remon-
30
stration zu thun, daß sie solche selbst nit schwer machen wolten, zumaln
31
diß das eußeriste wehre, so die catholische unverletzten gewissens, und
32
welches bey der posteritet verandwortlich, thun kondten. Darauf er,
33
daß er bekennen must, daß ihm die uncatholische viel ein anders vertrostet,
34
ihme aber damit iezt ganz keine satisfaction geben. Under ihren mediis
35
seyen ungereimbte sachen, und magis enormia, alß die gravamina selbst,
36
hingegen hab er auch beraiz geleßen, was der catholischen mainung, seye
37
froh daß man sich dergestalt erklehrt, es schlage mit Ihrer Kayserlichen
38
Mayestätt intention ganz ein, nur daß dieselbe in 2 oder 3 puncten etwas
39
weitters ginge, doch muste mans hiermit tentiren, wan aber solches nicht
40
zulangete, wolte er alßdan erst den Churmainz-, Coln- und Bayerischen die
41
Kayserliche intention in vertrawen eröffnen, darauß mit den ubrigen
42
catholischen weitters gered werden konne. Auf seine Frage bestätigt W,

[p. 421] [scan. 471]


1
daß die Katholiken nicht erwarteten, daß er zur Übergabe der Media selbst
2
nach Osnabrück reise, allein daß er vor sich durch schreiben und die dorti-
3
gen Ksl. auch sonsten guette eiffrige remonstrationes thun wollte, deßen er
4
sich erbotten. Alß hierauf I. H. G. weiters vermeldet, daß gar nit dien-
5
lich, wan den uncatholischen hoffnung gemacht werde, daß man dißeitz
6
weitters gehen mochte, hat der herr graff versichert, daß er sich des gering-
7
sten nicht wurde vermercken laßen. I. H. G.: Sie wolten nimmer ver-
8
hoffen, daß Ihre Mayestätt in puncto reservati ecclesiastici etwas werde
9
wollen nachgeben, darinnen wurden sie von den stenden zumal nicht konnen
10
secundirt werden, weylen es eine solche sach, die dem gewissen zuewieder,
11
und in ruinam et exterminium catholicae religionis infallibiliter vergirt.

12
Welches der herr graff von Trauttmanstorff mit nein beandtworttet, und
13
daß man sich deßen gar gewiß hette zu versichern.

14
1646 III 13
Dienstag Kurfürsten- und Fürstenrat

39
Vgl. APW III A 1,1 S. 525ff.
.

15
1646 III 14
Mittwoch W bei den Bayern. Osnabrücker Fürstenrats-
16
beschluß über die erste Klasse der Repliken; die Pfälzer Sache soll danach
17
nicht durch Sonderverhandlungen, sondern im Rahmen der Generalamnestie
18
geregelt werden.

19
1646 III 15
Donnerstag Auslieferung der katholischen Media an
20
Trauttmansdorff. – Anfrage der Mainzer: Wie mit Aushändigung der
21
katholischen Gravamina an die Schweden zu verfahren, wenn der öster-
22
reichische
Gesandte Richtersberger weiter seine Teilnahme verweigert?
23
W: Daß in alle weg den Schweden die gravamina zuzustellen, und
24
zwar ohne anstand quovis modo.

25
1646 III 16
Freitag W / Nassau / Mainzer bei den Jesuiten. Nassau:
26
Auf den spanischen Vorschlag ist aus Paris die Antwort gekommen, man
27
wolle dem König von Spanien nicht vorgreifen. W: Eine solche, nur
28
der Verzögerung dienende Antwort war zu befürchten; besser kämen die
29
Spanier mit einem Angebot heraus, über das verhandelt werden könne.
30
Nassau: Damit bald zu rechnen. [...] Mainzer: Eingabe eines
31
Memorials zwecks Abschaffung aller Zölle und Lizenten im Reich durch
32
Lübeck. Auf den Vorhalt, daß damit, weil ausdrücklich alle alten geneh-
33
migten
Zölle eingeschlossen sind, die Privilegien des Kaisers und der
34
Fürsten, von denen die Hansestädte auch ihre Privilegien hätten, angetastet
35
würden, hat der Vertreter

40
Dr. David Gloxin.
geantwortet, im reich werde es solang kein gut
36
thun, biß dahin noch eine gutte armada hieneinkomme. [...] W: Erin-
37
nert
an die Behandlung der Neuburger Memoriale bezüglich der Geist-
38
lichen
am Niederrhein.

[p. 422] [scan. 472]


1
1646 III 17
Samstag Fürstenrat.

2
1646 III 18
Sonntag Besprechung des Votums über die dritte und
3
vierte Klasse der Repliken zwischen Reck und den Bayern.

4
W bei Trauttmansdorff. In discursu soviel vermerckt, daß Ihre Mayestätt
5
wohl kein bedencken machen dörffte, der cron Schweden das erzstifft
6
Bremen zu laßen, den Protestanten die geistliche gutt ohne ansprach [...]
7
80 iahr zue indulgiren, auch wol gar hinauß, biß ein generalvergleich der
8
Konfessionen getroffen, sowie den protestantischen Administratoren, alß
9
deren etwa zum meisten 5 oder 6 und derentwegen soviel darahn nit ge-
10
legen, votum et sessio zu gestatten und die regalia zu ertheylen.

11
1646 III 19
Montag Kurfürsten- und Fürstenrat .

12
1646 III 20
Dienstag Mitteilung an Chigi: Gespräch mit Trauttmans-
13
dorff
. Welche pottschafft er herr nuncius mit verwunderung und alteration
14
vernommen, und sein eußerist dagegen einzuwenden, sich erpotten.

15
1646 III 21
Mittwoch Kurfürsten- und Fürstenrat .

16
1646 III 22
Donnerstag Konferenz der katholischen

29
16 Stände] am Rande: an Bayern/Köln 1646 III 23/24
Stände . – Depu-
17
tation der katholischen Stände bei Chigi (vgl. demnächst APW III A
18
4,2) – Deputation der katholischen Stände bei den Franzosen

33
Mit Anlage 17 (Memorial Ws betr. Gehrde und Wallenhorst): fehlt.
(vgl. dem-
19
nächst APW III A 4,2)

20
1646 III 23
Freitag Deputation der katholischen Stände bei Contarini
21
(vgl. demnächst APW III A 4,2)

22
1646 III 24
Samstag Mitteilung der Mainzer: Instruktionsentwurf für
23
die katholischen Stände in Osnabrück, Bitte um Korrektur gemäß dem von
24
fast allen Ständen angenommenen Kölner Votum

34
Vgl. APW [III A 4,1 S. 163ff] (1646 III 22).
.

25
1646 III 25
Sonntag Mitteilung der Mainzer: Absendung der korri-
26
gierten Instruktion.

27
1646 III 26
Montag Kurfürsten- und Fürstenrat. – Vertrauliche
28
Mitteilung: Den Schweden schon Pommern, Bremen und Verden von

[p. 423] [scan. 473]


1
Trauttmansdorff zugesagt. Darauf Bitte um eine Unterredung mit
2
Trauttmansdorff.

3
Trauttmansdorff bei W. Klage Ws wegen der Hingabe Verdens. Darauff er
4
etwas gestuzt und geandworttet, er wolt I. H. G. unverhalten, wie es
5
hiermit bewandt. Halb Pommern hab alberait vermaint, daß den Schweden
6
gelaßen werden kondt, auch von ieztgemelten beyden stifftern, warauff sie so
7
starck bestehen, nicht wol würden zu pringen sein. Die Stifter sollen nicht auf
8
bestimmte Zeit, sondern als Mannlehen an die Krone Schweden fallen. Ob
9
nun woln hiebey I. H. G. die wiederpart halten wollen, hatt sie doch der
10
graff nicht reden laßen, sondern vermeldet, daß doch diese landen extra
11
potestatem nostram, durch dern hingebung andere stiffter conservirt, da
12
sonsten die noch possedirende, alß Bamberg und wol alle andere verlohren
13
gehen kondten; die theologi zu Wien hetten geschlossen, daß man alle von
14
den uncatholischen inhabende stiffter in deren handen, biß ein vergleich
15
zwischen den catholischen und den Augspurgischen confessionsverwandten
16
getroffen, laßen konne. Alß I. H. G. zu vernehmen begert, wie er ver-
17
mein, daß solcher vergleich würde zu treffen sein, dan in articulis fidei
18
solche differenz seye, warinnen die catholische alß alteste und bestfundirte
19
nicht würden weichen konnen. Sagte der graff, villeicht wurde Gott
20
seine gnad geben, daß von ienen die catholische religion angenommen
21
werden mocht. I. H. G.: Solchen falß wurden alle difficulteten cessiren,
22
sey aber iuxta humanas rationes schwer zue glauben. Erinnerung an Trautt-
23
mansdorffs
bisherige Vertröstungen besonders wegen Verden. Ihres dafur-
24
haltens wurde sichs eben nit bedorffen, solcher gestalt die stiffter hinzu-
25
laßen, vorab wan den Schweden ganz Pommern, oder ein aequivalenter
26
theyl dieser stiffter gegeben wurde. Darauf der herr graff, er muste
27
bekennen, wan man solches thun wolt, daß die Schweden von den stifftern
28
würden abfallen. I. H. G.: Wan dan andere mittel verhanden, seye
29
nicht de necessitate, die stiffter zu vergeben, und den frieden damit zu
30
machen. Der herr graff: Auff den fall die Schweden nicht gedächten
31
zu weichen, sehe er kein mittel. Ob dan ihnen, fragten I. H. G., die
32
anmutthung geschehen, daß gegen einen größeren theyl von Pommern von
33
den stifftern abstehen möchten. Andworttete er von nein, sonsten er
34
nicht zweifflete, sie wurden von den stifftern abfallen, subiungendo man
35
wisse, in was noth man im reich begriffen, und daß mit dem krieg mehr
36
nicht fortzukommen. Leider, sagten I. H. G., seye es feind sowol alß
37
freunden bekandt, komme aber viel daher, daß der getrew assistirende
38
chur-, fürsten und stende eiffrige consilia nicht geachtet, weniger den viel-
39
faltigen klagten remediirt, sondern durch die uble disciplin der soldatesca
40
alles verhergt und verderbt, und damit die gemütther noch mehrer
41
abalienirt gemacht worden. Der her graff bekendte, daß ers offt lieber
42
anderst gesehen, es gingen aber bey andern, alß Churbayerischen armeen,
43
wenigers nit große unordnung vor, die derzeit also nicht kondten verhuttet
44
werden, wiewoln doch bey selbiger excercitu beßere disciplin gehalten

[p. 424] [scan. 474]


1
werde. Diesem nach sagten I. H. G., daß es zeit uber zeit, auff alle
2
thun- und im gewissen verandwortliche mittel, frieden zu machen, zu ge-
3
dencken. Eben darumb, replicirte der herr graff, hette man mit den
4
Schweden beraitz gearbeitet und tractirt. I. H. G., ob er vermein, wan
5
man gleich mit Schweden eins, daß auch fried mit Franckreich sein
6
werde? Respondebat, quod non. I. H. G., ergo müste man zu den
7
sachen, und ye ehender ye lieber thun, den Franzosen sey ihr anbegehren
8
wegen des Elsaß starck recusirt und abgeschlagen, ahn plaz deßen aber hin-
9
gegen nichts offerirt, interim verstreiche die zeit, und kerne die campagna
10
herzu. Trauttmansdorff: Gerade bieten die Spanier für das Gesamthaus
11
Hesdin, Landrecies, Damvillers und Bapaume

40
Vgl. APW [III C 2,1 S. 567] (1646 III 21).
, ferner bleibt es bei Metz,
12
Toul und Verdun. [...] I. H. G. begerten diesem nach zu wissen, was fur
13
hoffnung der herr graff sich wegen composition der gravamina machte.

14
Worauff er, die bestendige nachricht zu haben, daß anfangs die uncatho-
15
lische starcke difficulteten machen, auf der catholischen verspuhrende con-
16
structionen aber sich accomodiren wurden. Hat Nachricht, daß die Prote-
17
stanten
den Pfälzern nahelegen wollen, sich auf besondere Verhandlungen
18
einzulassen, da durch die Amnestie die Sache nicht beizulegen sei. Nach
19
diesem erholten I. H. G. vorigen discurß wegen der stiffter Bremen und
20
Verden, der herr graff aber stunde auff und nahm daruber seinen abschied.
21
W bei den Bayern. Korrektur des Mainzer Entwurfes für das kurfürstliche
22
Conclusum zu ersten Klasse der Repliken

41
Vgl. APW [III A 1,1 S. 555ff] (1646 III 28).
. Mitteilung des Gespräches mit
23
Trauttmansdorff. Die Bayern versprechen ihre Unterstützung wegen Ver-
24
den
.

25
1646 III 27
Dienstag Fürstenrat. – Mitteilung Longuevilles: Schrei-
26
ben
La Bardes, daß guette hoffnung nunmehr seye, wie er vermerckt,
27
daß die catholische mit den protestirenden sich in negotio gravaminum
28
würden vergleichen können, wozu die Franzosen helfen wollen. Geringe
29
Friedensneigung der Spanier; wenn sie nicht Navarra abtreten, will
30
Frankreich seine Eroberungen behalten.

31
W bei Chigi. Bitte um Interposition bei Trauttmansdorff wegen Bremen
32
und Verden. Chigi: Die Franzosen mit dem spanischen Angebot nicht
33
zufrieden; sie haben mit einer Erklärung geantwortet, die darauf hinaus-
34
läuft
, daß die Abtretung Navarras Voraussetzung des Friedens ist. Hin-
35
sichtlich
des Reiches bestehen sie auf dem Elsaß. Darauf I. H. G., daß
36
gleichwol sehr nötig und gut, bey den Kayserlichen deßwegen zu urgiren.

37
Welches der herr nuncius noch dieße wochen zu thuen sich erpotten, mitt
38
vermelden, es seye ohnedaß ein cordoglio, daß alles allerseits so langsamb
39
hergehe.

[p. 425] [scan. 475]


1
1646 III 28
Mittwoch Kurfürsten- und Fürstenrat .

2
1646 III 29
Donnerstag Mitteilung an die Trierer: Antwort Kurkölns
3
wegen Hammerstein und Antwort des Kaisers an Kurköln. Verabredung
4
gemeinsamer Bemühungen bei Trauttmansdorff. – Auf Nachfrage von
5
Eltz wegen eines Termines antwortet Trauttmansdorff, er wolle wegen
6
Demolierung von Hammerstein mit Blumenthal reden. – Trierer bei W.
7
Nach der Erklärung Trauttmansdorffs wird beschlossen, den Besuch einige
8
Tage zu verschieben. – [...] – Denkschrift Ws über Bremen und Verden
9
an Trauttmansdorff

38
Anlage 18–19 (Memoriale Ws wegen Bremen und Verden): fehlt.
, da dieser vermutlich mit Salvius

39
Salvius war 1646 III 29–IV 5 in Münster.
über die Satis-
10
faktionen reden wird.

11
1646 III 30
Freitag Mitteilung Trauttmansdorffs: Daß er die ihme
12
communicirte schrifft geleßen, dagegen er wohl einige rationes zu moviren
13
hette. Es weren aber I. H. G. ein reichs- und zwarn ein geistlicher fürst und
14
theologus, und hingegen er ein minister und laicus, alßo ihme nicht gepühre,
15
mitt ihro zu disputiren, es thetten sie aber pro salvanda sua conscientia
16
recht, gleich er dan selbsten auch, wan er in dießem statu were, thuen
17
würde.

18
W bei Trauttmansdorff: Hat ihn in dießer sie selbst und alle catholisch so
19
hoch angelegene sach [...] importuniren müeßen, zumaln aus der heutigen
20
Antwort seine intention nicht, weniger einen trost verspühren können.

21
Trauttmansdorff übergibt daraufhin schriftliche Bemerkungen zu der
22
Schrift Ws

40
Anlage 20 (Aufzeichnungen Trauttmansdorffs zu Ws Memorialen): fehlt.
. Hingegen haben I. H. G. alßopaldt ad singula stante pede
23
geandtworttet, auch folgendts zu papyr gepracht. Im weitern Gespräch W:
24
Wan man dergestaldt den Schweden in allem, waß sie begeren, contento zu
25
geben vermaint, warumb man sich mitt den Franzosen ratione des Elsaß so
26
lang aufhielte, da doch dießes keine gewißenssach nicht wie ienes seye?

27
Darauff der herr graff von Trautmansdorff, er woltte umb Gottes willen
28
gepetten haben, daß man das werck doch alßo nicht woltte übereylen, und
29
were man in tractaten, waß anders gegen das Elsas zu offeriren. Als W
30
andeutet, daß er von der Ablehnung des spanischen Vorschlages Kenntnis
31
hat, erläutert Trauttmansdorff, Peñaranda habe daraufhin zunächst
32
abreisen wollen, jetzt sei man dabei, auf andere weiter weg zu gedencken.

33
W: Inzwischen verliere man so viell zeitt; waß man bona conscientia
34
thuen könne und wolle, hielten nötig, fürderlichst zu thuen und kein stund
35
zu verweilen. Trauttmansdorff: Daß es daran nicht solle mangelen,
36
man wiße aber wohl, daß wangleich ex parte Caesaris alles würde gewilligt

[p. 426] [scan. 476]


1
und nachgegeben, die Franzosen doch den frieden nicht schließen, sondern
2
des außschlags der bevorstehender campagnia werden erwartten
3
wollen. [...] W: Ob dan kein fried zu hoffen? Trauttmansdorff:
4
Mitt den Schweden halte er ja. W: Ohne Frankreich wird weder
5
Schweden mit dem Kaiser noch Holland mit Spanien schließen; Schweden
6
wird zwar, wenn man es durch Hingabe Pommerns, Bremens und Verdens
7
zum Herrn der Ostsee und zwischen Weser und Elbe macht, den Frieden
8
schließen, aber nicht durchführen. Bittet nochmals, daß doch dero stifft
9
Verden oder auch andere an solche cron nicht, wedder auch vertröstung
10
darzu gegeben werd. Das intent, welches Ihre Mayestät und er herr graff,
11
die Schweden zu contentiren hetten, köntte mitt Pommern eben wohl
12
erhaltten werden, wan nemblich davon, neben dem alberaits verahnlaßten
13
theill noch so viell, alß dieße beede stiffter machen möchten, gelaßen
14
würde. Auff welches der herr graff, daß alßdan Churbrandenburg ahn
15
platz deßen wiederumb eine andere satisfaction geschehen müße, da nun
16
kein weldtlicher fürst das geringste von seinen landen würde mißen wollen,
17
würde solche satisfaction nirgent anders her, alß auß den stifftern
18
geschehen können. I. H. G. replicirten, daß hiebey zue consideriren
19
were, 1. ob inen einige satisfaction gepühre, dan ia einmaln gewiß, daß ex
20
mera gratia expectativa Caesaris er das fürstenthumb Pomeren erlangt hab,
21
solche gratia aber von Ihrer Mayestät hernegst in andere weeg köntte
22
ersetzet werden, und hab er sich desto weniger zu beclagen, weiln auch Ihre
23
Kayserliche Mayestät selbsten von ihren eigenen erblanden amore pacis
24
die Laußnitz wegkgegeben hette. Der graff von Trautmansdorff
25
andworttete, alles seye zwarn wahr, und in sich alßo bewandt, wan allein
26
Churbrandenburg darzu würde verstehen wollen. I. H. G. prosequiren,
27
daß 2. zue consideriren, wer die satisfaction zu geben hette? Daß die
28
weldtliche fürsten nichts würden wolln zurucklaßen, woltten sie nicht
29
disputirn, mußen aber vor ganz unpillich, auch unmöglich halten, daß
30
mans auff die stiffter und geistliche güeter schieben woltte, dan man ia
31
pillig erwegen soltte, waß für hülff und assistenz die geistlichen Stände dem
32
Kaiser geleistet haben und daß sie als bloße conservatores und respective
33
administratores von ihren Stiftern nichts veräußern dürfen. Und werde
34
man sich gewiß, wan das facit darauf gesteldt werden soltte, betrogen
35
finden, dan kein catholischer gegen sein gewißen sich werde zwingen laßen.
36
Alß nun hierauf der herr graff sein eußerstes, auch kein versprechung zu
37
thuen, weniger ohne verwißen der stendt zu schließen sich erpotten, haben
38
I. H. G. bey solchem propositum zu verpleiben erinnert, mitt vermelden,
39
daß dieß dasienige, waß I. H. G. und andere stendt, daß es nicht wie beim
40
Prager frieden hergehe, begeren thetten, bey welchem schluß niemandts
41
were gefragt, auch alhier die drey stiffter Metz, Tull und Verdun den
42
Franzosen dergestaldt weren offerirt worden, und ob es woll heiße, daß
43
alles ad ratificationem der stendt geschehe, so sey doch die sach vulnerirt
44
und schwer, waß nomine Caesaris bewilligt, durch die stendt zu retractiren.

[p. 427] [scan. 477]


1
1646 III 31
Samstag Mitteilung der Mainzer: Laut Mitteilung der
2
Brandenburger und Schreiben Richtersbergers sind die Protestanten gegen
3
die für heute vorgesehene Re- und Korrelation der Beschlüsse über die Re-
4
pliken
. W: Auff der protestirenden äignes begeren seye die vergleichung
5
der conclusorum guet befunden, da inen nun abermal ein anders gefällig
6
und man doch ohne ihr mittbeisein nichts würde fruchtbarliches richten
7
können, so weiße sich von sich selbst, daß darmitt ahn sich zu halten.

8
1646 IV 1
Ostern Abschiedsbesuch Saavedras.
9
[...]

10
1646 IV 4
Mittwoch W bei Chigi. Bericht über die Verhandlungen
11
mit Trauttmansdorff wegen Bremen und Verden. Chigi: Daß er sich
12
nimmer in ewigkeit versehen laßen konne, daß ex parte Caesaris man so
13
weit gehen werd. Er hat auf Ws Erinnern mit Trauttmansdorff gesprochen,
14
der sich anschließend bei Contarini über sein Drängen beschwert hat. Ihn
15
hette aber der Venetus alß genugsamb informatus wol secundirt und be-
16
deuttet, daß er seines theylß darzu nicht wolte rathen. Die Franzosen
17
haben sich auf Chigis Zusprechen erboten, sich bei den Schweden um einen
18
Verzicht auf die Stifter gegen Überlassung eines größeren Teiles von Pom-
19
mern
zu bemühen, was diesen selbst per rationes politicas lieber, auch beßer
20
sein werde. Bei den Franzosen haben die Mediatoren wieder wegen eines
21
Waffenstillstandes vorgefühlt; sie haben erklärt, es sei der achte Versuch,
22
doch wollten sie notfalls noch weitere unternehmen. Nach langen Diskus-
23
sionen
haben die Franzosen nur erklärt, sie wollten darüber mit den Schwe-
24
den
reden; die Antwort erwarten die Mediatoren heute oder morgen. Chigi
25
hat sie weiter gefragt, falß ihnen mit dem Elsaß satisfaction geschehen
26
würde (wiewoln daß solches ex parte Caesaris geschehen solte nicht sehen
27
kondten) und sie wegen der Kommunikationslinie zum Rhein im Elsaß con-
28
tento empfingen, was man sich zu ihnen hinwieder zu versehen, ob der
29
fried im reich alßdan zu erheben, [...] ob sie der christenheit gegen den
30
Türcken wenigst mit geldt ergiebig assistiren, 2. den catholischen in puncto
31
gravaminum hand biethen wolten, damit die uncatholische ihre unbilliche
32
postulata weitters nicht treiben möchten. Auff yedes hetten die Franzosen
33
mit ja geandtworttet, nur der Servient addirt, wan ihnen das ganze Elsaß
34
gefolgt würde. Gegenüber Spanien bestehen sie auf Navarra oder allen Er-
35
oberungen
; da so die Verhandlungen ganz ins Stocken kommen, haben die
36
Mediatoren Trauttmansdorff gebeten, die Spanier zu einem neuen Vor-
37
schlag
zu veranlassen, den man nun erwartet. Insgesamt glaubt Chigi, daß
38
Franzosen wie Schweden im Augenblick mehr an Krieg als an Frieden den-
39
ken
; Schweden soll zusätzlich 7500 Mann ins Feld bringen wollen. Wan
40
nun solches erfolget, müst er bekennen, daß consideratis circumstantiis der
41
status noch viel arger werden muße, und sehe er nicht, weylen so gar keine

[p. 428] [scan. 478]


1
rationes bey diesen leuthen gelten, wie mit beyden coronen eben solcher
2
eingebildeter und schier versicherter hoffnung halber fortzukommen.

3
Raigersperger und Krebs (Bayern) bei W: Trauttmansdorff hat ihnen bei
4
Übergabe der wegen der geistlichen Güter beschlossenen Erinnerung ver-
5
sichert
, in dergleichen ohne vorwissen der catholischen stende nichts zue
6
thun, und ihnen das Memorial auf Ws Denkschrift

34
Vgl. oben [S. 425] .
mitgegeben.

7
1646 IV 5
Donnerstag Gesandte von Besançon

35
Jean Wendelin Fricquet.
und Hessen-Darm-
8
stadt

36
Wohl Dr. Justus Sinoldgen. Schütz.
bei W. Letzterer berichtet, die Protestanten sähen jetzt, daß die Pfäl-
9
zer
Frage nicht über die Amnestie zu lösen sei, sie wollten den Pfälzern zu
10
Sonderverhandlungen raten, was auch Oxenstierna billige. Wegen Zulas-
11
sung
der Calvinisten gäbe es bei den Augsburger Konfessionsverwandten
12
allerhand difficulteten, Oxenstierna habe versichert, man wolle durch die
13
Erwähnung in der Replik jenen nur ihren bisherigen Stand, aber keine
14
neuen Rechte sichern, und subnectirte der abgesandte, daß hierinnen alle
15
Augspurgische confessionsverwandte gern wurden

32
15 zusammenhalten] am Rande: an Bayern/Köln 1646 IV 6/7
zusammenhalten. –
16
[...]

17
1646 IV 6
Freitag Memoriale wegen Pyrmont und Hachenburg an
18
Trauttmansdorff

37
Anlage 21–22 (Memoriale Ws betreffend Pyrmont und Hachenburg): fehlt.
. – [...]

19
1646 IV 7
Samstag Konferenz der katholischen Stände . – Vorher
20
Caspars bei W; Bericht über die Klagen der jülich-bergischen Geistlichen.

21
Mitteilung Raigerspergers: Wegen Erkrankung von Cratz soll die heute an
22
Trauttmansdorff beschlossene Deputation durch die Sekundargesandten
23
verrichtet werden. W bestimmt Drachter und läßt durch diesen die
24
Köln, Münster und Lüttich betreffenden Punkte auf Wunsch der Mainzer
25
schriftlich aufsetzen

39
Anlage 23 (Memorial Ws betreffend Religionsbehinderung): fehlt.
. – Abschiedsbesuch bei Saavedra

40
Saavedra reiste 1646 IV 9 ab.
.

26
1646 IV 8
Sonntag W bei Trauttmansdorff. Bericht über Pyrmont,
27
Hachenburg, Schaumburg

41
Anlage 24 (Memorial Ws betreffend Schaumburg): fehlt.
. Hinzu Volmar. W: Bremen und Verden.
28
Möchte daß consilium theologicum, welches (wie er graff gegen den canzler
29
Buschmann gedacht) zu Wien gestelt, und darinnen endthalten sein solt,
30
daß man die stiffter ganz konne hinweggeben, gern sehen [...]. Ist vom
31
hern graffen das lezt mit ja beandtworttet, und daß er solche consilia hab,

[p. 429] [scan. 479]


1
aber I. H. G. nit zeigen dörffte. Worauf I. H. G., daß die consilia wür-
2
den sein eingestelt, wie der casus formirt worden, möchten wenigst den-
3
selben wissen, dan wan mans darin nit eins, kondt mans auch eben wenig
4
mit den consiliis et resolutionibus eins sein. Er continuirte, daß ers nicht
5
dörffte zeigen. Gleichwoln, sagten I. H. G., werde gut sein, einander zu
6
vernehmen und capace zu machen, dan sie, auch andere stend, ia die theo-
7
logi dieser orthen das contrarium hielten, bey welcher sententz uti
8
receptissima et optime fundata sie solang, auch bey den ubergebenen ratio-
9
nibus et resolutionibus verpleiben müsten. Der her graff replicirt, man
10
kondt sich versichern, daß er zu conservation beyder vorgemelter erz- und
11
stiffter sein euserist thue, und würde der herr Volmar referiren konnen,
12
was derentwegen er noch vorgestern mit dem Salvio gered habe. Bericht
13
Volmars, der erwähnt, Salvius habe auch bei Abtretung ganz Pom-
14
merns
einen Verzicht auf die beiden Stifter für unmöglich erklärt, zum
15
Schluß auf die Gegenargumente wegen Verden hin aber etwas stillschwei-
16
gend in gedancken geseßen, daß er Volmar sich hoffnung mach, man diß
17
stifft noch mochte darauß reißen konnen

42
Vgl. die Darstellung APW III C 2,1 S. 585ff (1646 IV 4).
Trauttmansdorff: Bei Ver-
18
den
scheint es um Privatdonationen, etwa für Salvius zu gehen. W:
19
Notfalls kann man mit dem Interessierten, wie seinerzeit Dänemark mit
20
Rantzau

43
Vgl. oben S. 70.
, sich auf eine Geldentschädigung einigen. Welches der her
21
graff noch endlich wol ein mittel zu sein vermeldet. I. H. G. repetirten
22
demnegst den discursum ratione consilii theologici, mit andeutten, daß sie
23
in specie wol mochten wissen, ob darin concludirt werde, daß ein biß-
24
thumb, so mit einem catholischen bischof f und haubt versehen, gleich Ver-
25
den, hinweggegeben werden kann oder soll, absonderlich wo certa et pro-
26
xima spes, daß bey solchem stifft die futura electio in catholicum geschehen
27
und das stifft bey den catholischen stabiliirt und pleiben kondte, da von 15
28
Kanonikern 5 katholisch sind und per menses papales und sonst der numerus
29
ultra medietatem gebracht werden kann; ähnlich ist in Bremen ein gute anzal
30
katholisch. Also daß sie sich gesto weniger vorstehen laßen kondten, ob die
31
theologi, falß dergleichen sententiirt sein solle, dieser sachen behorende infor-
32
mation gehabt haben. Welches der her graff wahr zu sein und daß die spe-
33
cialiteten nicht darbey beandworttet. Weitters fragten sie, ob die theologi
34
der mainung, daß den uncatholischen sub titulo temporalis dominii seu secu-
35
laris principatus nomine in feudum bißthumb konnen gegeben werden, und
36
ob solches vom Kayser reclamantibus catholicis geschehen konne. Darauff
37
Trautmanstorff, quod sic und daß Caesar iuxta conclusum theologorum
38
ex plenitudine potestatis pacis amore solches wol thun kondte, auch votum
39
et sessionem ihnen zulassen. I. H. G.: Diß wurden sich nimmer ein-
40
bilden, und mochten dieser theologorum fundamenta et praesupposita gern
41
sehen, sie kondten ihres teils in ewikait nit darein dergestallt consentieren,

[p. 430] [scan. 480]


1
weren auch ex parte Churcoln expresse anders bevelcht und wusten die
2
maiste catholische versichert eben in solcher rechten sentenz. Trautt-
3
manstorff: Er seye ein minister, wan er thue, was ihm der Kayser befehle,
4
und der Kayser in huiusmodi ex consilio theologorum resolutiones nehme,
5
weren beyde endschuldiget; es wurden auch die Churbairische mit nechster
6
post gewiß weiter bevelch etc. in hoc passu bekommen. Was hette man nit
7
amore pacis beym Prager schluß gethan, indeme der erzherzog beyde erz-
8
stiffter Magdeburg und Bremen cedirt, iezt Hirschfeld auch werde hin-
9
geben, welcher doch so gutt catholisch und conscientioß alß einer sein
10
konne, und hetten solches damaln alle catholische, in specie Churcollen und
11
I. H. G. selbst approbirt. I. H. G.: [...] Ihres theylß kondten sich ahn
12
das exempel nit binden laßen, dan iedweder fur sich ahn iüngsten tag red
13
und andwort zu geben hab, nicht aber die schuld auf einen andern legen
14
konnen. Es hab sonsten auch mit solcher cession eine ganz andere be-
15
wandnus gegen dem, wie mans iezt vorhatt, daß beyde gedachte erz-
16
stiffter blieben bey ihrem statu fundationis et hyerarchia imperii, iure
17
electionis, der Pabst behielt seine menses, die catholische allda ihre religion,
18
und pliebe die hoffnung, daß dieselbe durch Gottes genad wiederumb ahn
19
die catholische kommen kondt, welches durch die intendirte infeudation,
20
womit alles invertirt, benommen wurde. Hinsichtlich des Prager Friedens
21
kommt es auf den Wortlaut der Annahmeerklärungen an; in seiner und der
22
Kölner sind diese und andere die religion betreffende sachen nicht appro-
23
birt, sondern nur passive nachgegeben worden

43
Vgl. J. Foerster S. 55f.
, daßgleichen auch, wie sie
24
vernehmen, von andern geistlichen stenden geschehen seye, und also die
25
verandtwortung andern aufm halß liegge, nebenst dem, daß bekandt, daß
26
underschiedliche catholische dagegen gar protestirt, auch solcher quoad
27
politica von wenig uncatholischen angenommen. Darauf der herr graff,
28
daß zwarn diß nit ohn, gleichwoln hettens auch viele approbirt; und were
29
er vor sein person der mainung das, wanß immer geschehen khondte, man
30
den uncatholischen alles, waß sie haben, ließe et cum voto et sessione in
31
perpetuum, alßdan sollte es ein rechte einigkeit seinn. I. H. G. sagten,
32
ob dan dieß nit im Passauer vertrag beschehen, waß darauf erfolgt were:
33
uber 50, 60 jar werde es nit beßer gehen, sondern die catholici sehen, das sie
34
noch merer de novo verloren hetten. Er sagte: Er mueste bekhennen,
35
das der Passauwer vertrag nit gehalten, aber es were niemaln solcher vollig
36
und recht geschlossen worden, dan catholicis allzeit das reservatum contra-
37
diciert worden were; iez aber khonte es anders gemacht werden, dan den
38
catholicis wollten die protestierende solches de futuro nachgeben. Man
39
sahe in der Schweitz, das demnach die catholische den uncatholischen alle
40
geistliche guetter gelassen, sie ietz in guetter ruehe mit einander und ainig
41
pro conservatione sui status lebten; imgleichen were es in Poln; und das
42
hauß Oesterreich were mit den Schweizern nie in ruhe kommen, wan sie

[p. 431] [scan. 481]


1
ihnen nit uber die 56 ortt, darunder auch geistliche guetter, zu ihrer dispo-
2
sition cediert hetten; und haben nun dardurch ein verainigung und assi-
3
stentz von ihnen erhaltten. Alß I. H. G. fragten, ob damaln die Schwei-
4
zer ketzer geweßen, sagt er nein. I. H. G. andwortteten, es were ein
5
großer underschidt. Es were auch anno 1635 die inductiva zu des Prager
6
friedens approbation ex parte Caesaris geschehen, daß nemblich so groß
7
emolumentum religioni catholicae durch die acquirirung underschiedlicher
8
stiffter pleiben thette. [...] Dabey aber wol zue consideriren, wie schlecht
9
solche fructus erfolgt seyen; ob der graff iez birg wollte werden? Er
10
sagte von nein; das aber der Prager schluß den intendirten zweckh nit
11
erlangt, daran weren die Franzosen schuldig, wan sie den catholischen noch
12
helffen wolten, konte wol ein anderer fried getroffen werden. I. H. G.:
13
Sie konten assecuriren, daß der duc de Longevill, imgleichen der d’Avaux
14
(Servient zwarn seye anderer humor, und auf ihn dißfalß nit gros facit zu
15
machen) underschiedlich gegen sie gedacht, daß wan allein fried getroffen,
16
die cron Franckreich hernegst cessante liga cum Suecis den catholischen
17
eiffrig assistiren wolten, nun aber seye der fried, ehe mit ihnen in puncto
18
satisfactionis ein ganzes gemacht, nicht zu hoffen, und wol zu bethauren,
19
daß ex parte Caesaris damit so lang umbgegangen werd, da doch aller
20
orthen verlautth, daß wegen des Elsaß Ihre Mayestätt die erklehrung schon
21
gegeben hab. Der herr graff: Den Franzosen seyen beraiz der district
22
zwischen zweyen flüßen in Underelsaß, Motter und Lautter, angepotten.

23
Damit weren sie aber, sagten I. H. G., nit zufrieden, sondern expreßlich
24
vorgeben, daß Franckreich das ganze Elsaß praetendirt, und davon nichts
25
zurucklaßen kondt oder wolt, da nun aber Ihre Mayestätt auf ein viel
26
mehrers gegen ihn graffen, alß offerirt, erklehrt hetten, musten sie der mai-
27
nung sein, daß man die zeit in acht zu nehmen, und wegen einstehender
28
campagnia, gefahr des Türcken und dergleichen, was man thun kan und
29
will, unverzuglich zu thun, und den frieden ob summum morae periculum
30
zue befürdern. Der herr graff: Wan Franckreich den catholischen assi-
31
stirn und deßen versicherung thun wolt, würde er sich ad ratificationem
32
Caesaris eines mehrern understehen. I. H. G.: Wolten ihm in vertrawen
33
unverhalten, daß gegen sie die Franzosen mehrmaln gedacht, mit dem
34
Kayser und den catholischen wolten sie, quoad religionem sonderlich, gern
35
vertrawlich handlen, musten aber allezeit in der diffidenz stehen (gleich sie
36
biß dato verscheidenlich erfahren hetten), man hernacher solch ihre inten-
37
tion und erklehrung den Schweden, zu stifftung diffidentz zwischen
38
beyden coronen, offenbaren werde. Wobey der her graff mit einem
39
großen eyffer, bey seiner seelen seligkeit geschworen, daß im solchem fall
40
er das silentium solcher gestalt halten wolt, daß auch seinen collegis davon
41
keine apertura geschehen solt; da auch die Franzosen ahn ihm mißtrawen
42
hetten, sey er zufrieden, daß sie solche erklehrung den mediatoren thetten,
43
dergestalt, daß selbige die Kayserlichen nur in generalibus biß nach ge-
44
schlossenem frieden vertrösten kondten. Wan man deßen versichert,

[p. 432] [scan. 482]


1
sagte der herr Volmar, wolt er seiner fürstin der erzherzogin selbst, pro
2
consensu wegen des Elsaß (den sie biß dato nit gegeben) in bonum religionis
3
catholicae zuschreiben. I. H. G.: Diß wißen sie gar gewiß, daß die
4
Franzosen ungern sehen, daß die stiffter Bremen und Verden in der Schwe-
5
den hand, sonderlich per modum feudi, kommen solten, wans aber von den
6
Kayserlichen bewilliget, ließen sie ihnen auch die verandwortung, und daß
7
bey ihnen die veranderung nit. – W bei den Bayern. Mitteilung des Ge-
8
spräches
mit Trauttmansdorff.

9
1646 IV 9
Montag W an d’Avaux: Bitte um eine Sonderbesprechung
10
vor seinem Besuch bei den Franzosen. – W/Reck und d’Avaux bei den
11
Jesuiten. Gehrde und Wallenhorst. Bremen und Verden. W: Die Franzosen
12
hätten ihre Forderung auf das Elsaß mehrfach mit ihrer und der religion
13
conservation begründet, sie versicherten, daß sie anderst nicht intendirt, alß
14
das reich und deßen angehorige stende bey ihren iuribus und freyheiten
15
erhalten zu sehen, und hätten in das Bündnis mit Schweden eine Schutz-
16
klausel
für die Religion aufgenommen. Da nun aber, der Schweden begeren
17
nach, beyde gemelte stiffter in feudum vergeben werden solten, wurde
18
natura bonorum ecclesiaticorum und der geistlichen furstenthumben totali-
19
ter mutirt und invertirt, den capitulis das ius electionis, und den catholi-
20
schen nit allein die hoffnung, wieder darzu zu gelangen, ganz benommen,
21
sondern auch ein sehr schwer verandwortliches praeiudiz und böse conse-
22
quenz darauß veruhrsacht, indeme die protestirende wegen anderer inha-
23
benden erz- und stiffter davon, daß diese alienatio a Caesare ex plenitudine
24
potestatis et catholicis statibus contradicentibus geschehen, ein schädliches
25
argumentum ziehen also wurden, daß um so eher ihnen die abgesehen von
26
der Religion in ihrer alten Verfassung belassenen Stifter bleiben könnten
27
und ein die Religion wechselnder Bischof die Regierung auf Lebenszeit vor-
28
behaltlich
der Rechte des Stiftes weiterführen könne. Wamit der geistlicher
29
reservat wurde ganz vernichtet, und es umb die catholische religion in
30
Teutschland bald genzlich gethan sein, alßdan erst Franckreich viel zu
31
spaht erkennen, was ihnen dadurch fur unersezliche gefahr zugewachsen.
32
Zuedem hab es auch in Teutschland und anderstwo die erfahrenheit leider
33
mehr dan zueviel geben, wie die uncatholische sich mit dem, was ihnen vor
34
und nach gewilligt und eingeraumbt, nicht contentirt, sondern all mehr und
35
mehr begehren dörffen, biß sie es endtlich mit gewaldt durchgetrungen,
36
auch die von ihnen selbst zum praetext nehmende libertet des gewissens zu
37
constringiren. Quoad politicas rationes sey es 1. wieder der cron Franck-
38
reich respect und authoritet, daß gegen die mit den Schweden habende con-
39
foederation der catholischen religion solche stiffter dergestalt solten end-
40
zogen werden, und liese sich hierinnen nicht argumentiren, alß wan die
41
benente konigliche erben bald außsterben kondten, da es genug Beispiele
42
für jahrhundertelange Lehnsnachfolge gibt. Zudem laße sich die natura
43
feudi auff solche geistliche furstenthumben dergestalt nit wiedmen, noch

[p. 433] [scan. 483]


1
die temporalitas dominii, sive regalia imperii, ohne total eversion deßelben
2
status, von dem statu ecclesiastico nicht separiren, maßen in der Churtrye-
3
rischen sach offters erinnert worden. 2. Sey bekand, daß von den Schwe-
4
den Pommern begert werde, auch, dem verlauth nach beraiz zur helfft
5
offerirt; solten sie nun, neben solchem grosen vorthel im mari Baltico, die
6
ostia Visurgis et Albis durch den erzstifft Bremen in handen bekommen,
7
wurden sie vieler circumstantien willen den catholischen in Teutschland
8
redoutabler, auch den Franzosen selbst mehr considerabel fallen konnen,
9
alß was zu dero behuff und auffnehmen a parte Franckreich wegen des
10
Elsaß in consideration gebracht worden. Viele exempla seyen vorhanden,
11
welcher gestalt der konig in Dennemarck sich bemuhet, im Westvalischen
12
craiß einige stiffter, alß Oßnabruck, Minden, Verden, wie auch Halberstatt
13
ahn sich zu pringen, deßgleichen auch mit Bremen beschehen. Darzu wurde
14
nun die cron Schweden durch favor der uncatholischen in Teutschland
15
leichter gelangen, und durch solche nachparschafft die furstlichen hauser
16
Braunschweig und Hessen, gleich sie vor diesem kein geld noch andere
17
mittel gespahrt, der im Westvalischen craiß gelegenen catholischen stifftern
18
desto mehrers näheren, und ihrer voreltern intention durchzutringen sich
19
befleißen, ohngehindert, was bey diesem friedensschluß möchte abgeredet
20
oder verglichen werden, und solten die vestigia billich alle catholische
21
schrecken. Solten auch die im Westvalischen craiß gelegene stiffter uber
22
dasienige, was außm Niedersachsischen, Rheinischen und Burgundischen
23
craißen durch die herzogen zu Braunschweig Lunenburg, landgraven zu
24
Hessen und staden von Holland wie nit weniger underschiedlich angren-
25
zenden graff- und herrschafften bißherzu geschehen, mit einer so mächtiger
26
in feudo perpetuirter nachparschafft noch mehrers constringirt werden,
27
wurde nicht nur den Westvalischen ritterschafft und underthanen grose
28
ungelegenheit und schad zugefugt, sondern auch die im Niedersachsischen
29
craiß gelegene stiffter Hildßheimb und Halberstatt in stetiger gefahr des
30
genzlichen verlusts, und endlich eine solche macht ratione situationis et
31
coniunctionis per directum et indirectum zu stabiliren sein, der mensch-
32
licher weiß nicht zu wiederstehen. Die schriftliche Zusammenfassung dieser
33
Gründe für Trauttmansdorff will man d’Avaux vertraulich mitteilen, mit
34
pitt, er mochte doch pro suo zelo interesse cathclicorum und diese Gottes
35
ehr und so vieler seelen hail betreffende sach allen andern considerationen
36
praeferiren und bey der cron Franckreich die consilia, seiner guten ver-
37
mogenheit nach, dahin richten helffen, daß den Schweden dergestalt keine
38
stiffter möchten uberlaßen werden. Erinnerung an die Fundation Bremens
39
und Verdens durch Karl d. Gr. D’Avaux: Wie er seines theylß die uble
40
consequenz auß solcher hinlaßung gar wol apprehendirte, also wolt er wün-
41
schen, daß dergleichen praetensiones von den Schweden nicht weren movirt
42
worden. Die von I. H. G. erwehnte rationes seyen sehr wichtig, er muste
43
bekennen, wan die Schweden darauff solten beharren (wie von solcher
44
praetension ihm gleichfalß wissend) daß es sehr praeiudicitlich sein werde.

[p. 434] [scan. 484]


1
Es sehen dergleichen einwilligung die Franzosen ungern, wie sie sich aber
2
vor diesem vernehmen laßen, kondten sich den Schweden hierin so nicht,
3
wie wegen Oßnabruck und Minden geschehen, opponiren, allermasen ihnen
4
außtrucklich bedeuttet hetten, falß auf diesen beyden stifftern beharret
5
werden solt, sie Franzosen sich de facto wiedersezen würden, weyln solch
6
begehren ihrer confoederation zuwieder. Nun es aber mit Bremen und
7
Verden eine andere beschaffenheit hett, sorgten sie desto mehrer, wolten
8
yedoch ihre officia, wie mit Verden alberait geschehen, und sie auf deßen
9
erhaltung mehr alß auf Brehmen machen thetten, gern dabey einwenden,
10
wo nit schon hierinnen die Kayserliche zuviel mochten nachgegeben
11
haben. W: Trauttmansdorff hat versichert, es solle ohne Vorwissen der
12
Katholiken hierin nichts geschehen, meint aber nicht undienlich zu sein,
13
wan die herrn Franzosische dergleichen auch erkennen wolten und den
14
catholischen darin mehrern beystand leisten. Warumb I. H. G. gleichfalß
15
pitten und sie versichern thetten, daß davon Schweden und Protestanten
16
keine fruhezeittige apertur geschehen solt. Im übrigen hat Trauttmansdorff
17
geäußert (so gleichwol amore pacis et religionis in hohem vertrawn erwehnt
18
haben wolten), wan die Kayserliche versichert, daß Franckreich sich der
19
catholischen iezt in puncto religionis und künfftig mit ernst annehmen
20
wolte, daß alßdan sie gegen dieselbe in puncto satisfactionis ratione Alsa-
21
tiae auch wol etwas mehrers, alß sie in instructione hetten, zu erklehren
22
vermeinten, in hoffnung solches Ihre Mayestätt in bonum religionis ratifi-
23
ciren würden. Volmar hat hinzugefügt, er glaube dann die Erzherzogin in
24
Innsbruck bewegen zu können, daß sie würde intuitu religionis wegen uber-
25
gebung des Elsaß consentiren. Conte d’Avaux: Religionis catholicae
26
conservationem liese er sich am hochsten angelegen sein, und wehre ihme
27
nunmehr guten theils bekandt, zu was gefehrlichen standt dieselbe in
28
Teutschlandt gerathen. Eß hette aber die konigin, der prince Condé

43
Henri II. de Bourbon (1588–1646), prince de Condé.
, wie
29
auch andere mehr (quod sub summo secreto tamen dictum esse voluit)
30
welche sich sonsten der sachen woll anders annehmen mögten, davon den
31
rechten grundtlichen bericht nicht, wusten zwarn woll, daß die religion
32
etwas gelitten, apprehendirten aber nicht, daß es also ubel in Teutschlandt
33
damit beschaffen, er seines theilß underliese nit deßwegen guten bericht
34
und erinnerung zu thun. Indeme aber andere der religion zwarn woll zuge-
35
than, gleichwoll auff eine zeitliche ehr und interesse ihr absehen vom
36
morgen bis zum abendt zu continuo gerichtet, so wurde das werck nit glei-
37
cher gestalt incaminirt [...]. Er seines theilß kerne in verdachtt, alß wan er
38
ein sonderliches interesse und promotion dardurch suchte, daß er zu der
39
catholischen religion besserer erhaltung und versicherung offters redete.
40
[...] Darin geschähe ihm ungleich, dan in Teutschlandt hette er deßwegen
41
nit zu hoffen und [...] in Franckreich [...] außer des konigs gnade neque in
42
titulis aut reditibus etwas zu gewarten. Wan er seine sachen wie sein herr

[p. 435] [scan. 485]


1
collega anstellen wolte, könte er mit mehrerm fueg in solchen verdacht
2
kommen. [...] Wenn Frankreich durch den verglichenen punctum satis-
3
factionis quoad certum statum et titulum dem reich einverleibt, kann es mit
4
anderen catholischen ständen pro religione gern bey- und zuhalten; man
5
möge bey den Kayserlichen urgiren, daß sie mit der begerten und vom
6
Kayser erklerter satisfaction lenger nicht zuruckhielten [...]. W:
7
D’Avaux wird wissen, was Kurbayern deshalb dem Kaiser geraten; da
8
diese Haltung mit Kurköln abgestimmt ist, hat er gestern Trauttmansdorff
9
zugesprochen, der sich, wie erwähnt, geäußert hat. Spanisch-staatische
10
Verhandlungen. Als beim Abschied W ankündigt, er werde heute auch die
11
Franzosen insgesamt aufsuchen, bestärkt d’Avaux ihn, er möge nur starck
12
circa religionem reden, es wehre einem woll nötig.

13
W bei den Franzosen. Osnabrücker Pfarreien. Ausführlicher Bericht der
14
Franzosen über ihre Bemühungen bei den Schweden in dieser Sache.

15
Servien: Da Salvius die Zulassung eines katholischen Priesters zuge-
16
sichert
hat, müssen die Franzosen einen punctum honoris darauß machen,
17
daß es dabei bleibt und Oxenstierna seinen Widerspruch aufgibt. Als
18
die Franzosen andeuten, daß Frankreich nach Gewährung der Satisfaktion
19
besser für die Katholiken eintreten könne, erinnert W an die Haltung von
20
Bayern und Köln; was vor und nacher in dieser materi wehre vorgefallen,
21
dasselb wurden sie woll erkennen, daß es zu keinem anderen intent
22
geschehen noch vorgebrachtt, alß daß man der sachen wichtigkeit allerseits
23
zu examiniren [...]. Er hat gestern Trauttmansdorff gedrängt, die ihm
24
möglichen Angebote nicht länger zurückzuhalten; dieser hat sich bereit
25
erklärt, bestreitet aber, wegen Breisach Vollmachten zu haben, und klagt,
26
daß die Franzosen wegen Neuenburg ihre Forderungen erweitert hätten.

43
Neuenburg am Oberrhein, Festung im Breisgau.

27
Duc de Longueville und die andere beide herrn plenipotentiarii haben
28
Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht in Bayern eifer und begierde zum frie-
29
den höchlich gerumbt, und daß sie deßwegen dieses zum guten auch einge-
30
nohmmen, und wie allezeit die cron Franckreich mit dem hauß Bayern in
31
guter verständtnus und freundtschafft gestanden, also wurde auch von
32
deroselben dero continuation, und des hochloblichen hauses aufnehmen und
33
aggrandirung gesucht, auch mit beiden herrn churfürsten vertrewliche cor-
34
respondentz gehalten werden. Ihre Satisfaktionsforderungen gehen
35
unverändert auf das Elsaß, den Breisgau und die Waldstädte, worunter
36
auch Neuenburg fällt; sie wolten aber amore pacis sich vernehmen lasen,
37
was sie meinten bey der cron zu erhalten und zu verandtworten, wan
38
nun des Kaysers resolution ihnnen angezeigt wurde, die sie doch
39
schon anderwehrts her wusten. W: Trauttmansdorff bezieht sich
40
wohl auf Schreiben aus Paris, wonach Frankreich mit dem zufrieden sein
41
wird, was in Ober- und Unterelsaß das hauß Ostereich [...] haereditarie
42
gehabt. Franzosen: Dieses konte also woll außgedeutet werden, eß

[p. 436] [scan. 486]


1
wurde aber der nuncius zu Paris

40
Bagno.
, welcher de Alsatia determinate dergestalt
2
berichtet haben mögte, nit alles wissen, noch von den ministris so vollig
3
vernohmen haben, warauf alles bestunde. I. H. G.: Sie hofften, man
4
wurde a parte Franckreich nit in extremis in allen puncten beharren, son-
5
dern bey diesen handtlungen das absehen auf der catholischen religion
6
conservation mit richten. Wiederholung der gegenüber d’Avaux gemachten
7
Ausführungen über das Elsaß und die Stifter Bremen und Verden.

8
Plenipotentiarii Galliae andtworteten dasienig, was d’Avaux sowoll in
9
genere alß particulari wegen Minden und Osnabrug bereits angezeigt, und
10
soviel man vermercken konnen, haben sie die vorbrachte rationes tam
11
quoad statum ecclesiasticum quam politicum apprehendirt, und von dem
12
secretario legationis dabeystehent fleisig annotiren laßen. Und alß der
13
conte Sevient etliche mahl repetirt, man muste frieden machen und mitein-
14
ander einig sein, haben I. H. G. geandtwortet, daß wehre notig, und der
15
rechte wegh der christenheit zu helffen, eß muste aber dieser friedt mit cum
16
dispendio tanto et praeiudicio catholicorum geschlossen, und per archie-
17
piscopatum Bremensem et Verdensem eine solche bruck gemacht werden,
18
daruber die andere ertz- und stiffter mit konten in den volligen verlust
19
gezogen werden. Alß nun darauff ratione gravaminum meldung ge-
20
schehen, hatt der duc de Longueville der catholischen compositions media
21
alß friedtliche und von einem ruhigen geist herkommende gelobt, der
22
Servient aber dieses in particulari angezeigt, wie daß die acatholici ratione
23
iudiciorum in imperio sich zum hochsten beschwerten, und auff deren ende-
24
rung starck stehen wurden. W: Die Parität im Reichshofrat ist einem
25
katholischen Kaiser nicht zuzumuten, doch will der Kaiser einige qualifizierte
26
Personen Augsburger Konfession annehmen. Die Benennung zum Reichs-
27
kammergericht
erfolgt durch die dazu berechtigten Fürsten; keiner wird
28
sich zur Benennung von Personen der anderen Konfession verpflichten
29
lassen. Eß bestunde nit das werck in praetensa paritate, sondern es wurde
30
ein anders darunter gesuchtt: Im Vierklösterstreit

41
Reichskammergerichtsurteile betr. Restitution des Klosters Christgarten durch Öttingen,
42
Frauenalb durch Baden-Durlach und Eberstein, Freigabe der Einkünfte des Klosters in
43
Hirschhorn und Schutz des Straßburger Margarethenklosters gegen Eingriffe der Stadt
44
in den Jahren 1593–1599. Vgl. M. Ritter II S. 161ff.
haben pares in religione
31
assessores das urtheil gesprochen, weyln es aber pro catholicis gefallen, da
32
hette es nit gelten mußen [...]. Eß gebe auch noch taglich die erfahrung,
33
daß kein catholischer reichsstandt etwas gegen einen uncatholischen etiam
34
in clarissima materia et iure feudali erhalten, daß nit auff das newe bestrit-
35
ten, und darauß causa communis et religionis von den uncatholischen wolte
36
gemacht werden. Die vorgeschlagene newe iudicia praeter cameram Spiren-
37
sem anzuordtnen, das wehre res altioris indaginis tam ratione sumptuum
38
quam locorum et personarum, und liese sich, wan es notig, davon beßer auf
39
einem reichstag alß alhier tractiren. Eß wehre hierunter auch etwas in prae-

[p. 437] [scan. 487]


1
iuditium catholicorum verborgen, dan indeme die nominationes assessorum
2
a certis principibus in circulis beschehen, so wurde den catholischen solches
3
under anderen sonderlich nachdencklich sein, wan es von andern intendir-
4
ter maßen damit seinen fortgangh haben solte, dan daselbsten wehren die
5
streitige ertz- und stiffter gelegen, und vor den uncatholischen solte man ex
6
parte catholicorum die actiones anstellen, oder leiden mußen. Servient:
7
Es seye mit dem iudicio aulico den stenden gantz beschwerlich, in Franck-
8
reich, da der konig absolutus, musse er das parlament in iustitzsachen ge-
9
werden laßen. Wan mans dergestalt in Teutschlandt machte, wurde ein
10
bessers vertrawen zu stifften sein und konte man ja woll für religions-
11
sachen pares numero in religione benennen [...] und in aliis dem rechten
12
seinen ordentlichen lauff laßen. Angesichts der Weitläufigkeit des Reiches
13
seien zur Entlastung von Speyer weitere Gerichte einzurichten. W:
14
Man solte frieden machen, und sich mit dergleichen sachen nit auffhalten,
15
noch darin a parte Franckreich verleiten laßen und praecipitiren, und
16
nachdemahlen sie selbsten gnugsamb tam de praeteritis quam de praesenti-
17
bus wurden erkennen konnen, daß bey all der protestirenden begehren
18
etwas zu der catholischen religion nachtheil verborgen, so muste man sich
19
desto besser vorsehen und behuetsamer gehen, und wehre ie besser auff
20
einem reichstag alß ietzo sich mit dergleichen zu occupiren. Teutschland
21
seye zwar groß, viele Fürstentümer sind jedoch von der Berufung nach
22
Speyer eximiert. Daß dort die sachen ihren gangh und lauff nit gehalten,
23
wehre von des uncatholischen administratoris zu Magdenburg movirten
24
streit

41
Seit 1588 hatte die zur jährlichen Visitation des Reichskammergerichtes vorgesehene
42
Kommission nicht mehr zusammentreten können, als turnusgemäß der Administrator von
43
Magdeburg an ihr hätte teilnehmen müssen, dessen Stimmrecht bei Reichsversammlungen
44
umstritten war.
, dadurch die visitationes camerae und revisiones liggen plieben, viel
25
verursachet. Und alß diesem negst der discursus widderumb auf die
26
gravamina gefallen, hatt der Servient, mit begehren, daß solches in geheimb
27
verpleiben möchte, referirt, daß ihme der Salvius vor diesem gesagt, er
28
hette den uncatholischen gerathen, daß sie wegen des geistlichen vorbehalts,
29
alß wavon die catholische doch nicht weichen wurden, keine sonderbahre
30
streitigkeit moviren mogten. Dieses ob der Salvius mochte willen vergessen
31
haben, so wurde er doch ihnnen zu gelegenheit daran erinneren, und muste
32
bekennen, daß die rationes, welche wegen Bremen und Verden movirt, wan
33
selbige den Schweden uberlasen werden solten, von groser consideration,
34
möchte auch wunschen, daß die Schwedische von dieser praetension abzu-
35
pringen, warzu ihres ermessens kein dienlicher mittel, weiln die Schwedi-
36
sche bishero so starck und sonderlich auf dem ertzstifft Bremen bestanden,
37
alß das ihnnen die Kayserliche etwas anders offerirten. Da Bremen ohnehin
38
protestantisch besetzt ist, könne man vielleicht Schweden die Benennung
39
eines Inhabers statt des jetzigen Administrators zugestehen, nach dessen
40
Tod das Wahlrecht des Kapitels wieder aufleben würde. Dadurch wurden

[p. 438] [scan. 488]


1
die besorgende inconvenientien und consequentzen verhuetet, und wolten
2
sie Frantzosen das euserist thun; wan nur Caesarei rem integram ließen und
3
Suecis nit zuviel einraumbten, hofften sie alles auff gute wegh einzurichten.
4
Sonsten hielten auch davor, wan gantz Pomern und Wismar der cron
5
Schweden abgetretten wurde, daß sie alsdan der benenter stiffter sich
6
wurden begeben. [...]
7
Chigi bei W. Bericht Ws über das Gespräch mit Trauttmansdorff.

8
Chigi: Wünscht, daß man das consilium theologicum bey die handt be-
9
kommen mögte, die principia köntte er nicht verstehen. Waß Bremen und
10
Verden belangt, seye solches eine indignitet, woltte nimmer hoffen, daß
11
dergleichen der Kayser sich understehen soltte, die kirchen und zwarn per
12
modum feudorum et principatuum saecularium den haereticis zue über-
13
geben. Ws Bedenken haben ihme gar wohl gefallen, er hat sie nach Rom
14
geschickt und hofft auf Weisungen, waß er deßhalber mit den Kaiserlichen
15
gesandten werde reden sollen, zweiffelte auch nicht, das solches ahn den
16
Kayser selbst zue hindertreibung geschehen werd. Es were indignitas et im-
17
pietas, er woltte bey den Franzosen, und woh es sonsten gelegenheit gebe, in-
18
sonderheit wegen Verden sich noch ferner opponiren und das seinige thuen.
19
Die Franzosen hetten inen assecurirt, daß es mitt Oßnabrugk und Minden
20
kein gefahr hab, darauf er ihnen das stifft Verden zue gleichmeßigem end
21
recommendirt, und sie sich darzue erpotten, mitt vermelden, wans aber von
22
den Kayserlichen hingeben würd, kontten sie es den Schweden nicht neh-
23
men, und würden es die Kayserliche zu verandtwortten haben. Der herr
24
nuncius ließe in discursu zimbliche hoffnung zum frieden scheinen, nur sey
25
ihme suspect, das der duc de Longueville seine gemahl

38
Anne Geneviève de Bourbon (1619–1679), Tochter von Henri II. de Condé.
anhero kommen
26
ließe, auch der Servient im quartier wiederumb zue bawen und einen gan-
27
zen newen garten angefangen, dahero er sorg, daß mans ex parte Franck-
28
reich auf den außgang der instehender campania stellen thue. – [...]
29
Deputation der katholischen Stände bei Trauttmansdorff: Bedrückung der
30
Geistlichen in Jülich-Berg.

31
1646 IV 10
Dienstag Reichsräte . – W bei Chigi. Hat das Gutachten
32
Quirogas

40
Diego de Quiroga OFM Cap (1574–1649), Beichtvater der Kaiserin Maria Anna.
zum Prager Frieden beschaffen können, weiß aber nicht, ob sich
33
hierauf die Ksl. jetzt beziehen. Chigi nach kurzer Durchsicht: Das sol-
34
ches keine fundirte opinion sein könne, inmaßen auch keine einzige citation
35
oder authoritas vel patrum vel doctorum oder anderer theologorum darinn
36
zu finden. W: Es ist bereits 1635 durch Kölner Theologen widerlegt
37
worden

41
Vermutlich gemeint das Kölner Theologengutachten Januar 1635 (vgl. J. Foerster
42
S. 34); demnach auch nicht das Wiener Theologengutachten 1635 II 16, sondern Qui-
43
rogas Stellungnahme von Dezember 1634 (vgl. K. Repgen, Kurie S. 351ff).
, alßo dieße opinio privata und in conscientia nicht tuta seye, wel-

[p. 439] [scan. 489]


1
ches der herr nuncius affirmirt. W: Um so bedauerlicher, daß es sogar bei
2
den Protestanten kursiert, von denen es einer mit dem Bemerken zitiert hat,
3
warumb alhier solche difficulteten in dergleichen sachen gemacht würden,
4
da doch die theologi und der Kayserinnen beichtvatter selbst die stiffter
5
und geistliche güeter hinzulaßen nicht nur für guet, sondern gar nötig
6
erachten thette. Auf welches der herr nuncius seuffzend gedacht, ihme
7
gienge ein stich durchs hertz, daß so gar nichts gehaimb gegen die uncatho-
8
lische verpleiben soltt, und dergleichen sachen spargirt würden, nur die un-
9
catholische gegen die catholische zue animiren.

10
W bei Trauttmansdorff. Dieser bleibt wegen der Stifter in generalibus
11
und verweist auf Volmar, der noch weiters, wie newlich, referiren könne,
12
wie starck die Kayserlichen deßwegen sich hetten angenommen. Alß
13
I. H. G. replicirt, das sie daran ganz nicht zweiffeln thetten, fiele der herr
14
graff in die red mitt vermelden, und insonderheit ihrenthalb wegen des
15
stiffts Verden, und daß hoffnung seye, solches heraußzupringen. I. H.
16
G.: Daß sie des stiffts Verden halber allein nicht redeten, dan man sonst
17
meinen möcht, alß ob es propter privatum geschehe, sondern seye die inten-
18
tion, daß sie wegen aller stiffter sorgfälttig, das dan einmaln auf solche
19
weiß per modum feudi der stiffter sich zu begeben, würde der ganze geist-
20
liche vorbehaldt fallen. Dan auf dem fall der Kayser dieße 2 stiffter der
21
cron Schweden per modum feudi cum voto et sessione zu geben vermöchte,
22
köntte auch per identitatem causae Chursachßen Magdenburg, Holstein
23
Lübeck, und ander andere güeter praetendiren, und der Kayser innen
24
solche eben so wohl geben, welches aber eine große ruina der catholischen
25
religion were. Der herr graff: Wan mans pro amore pacis nicht thuen
26
müste, woltte er sein eußerist darzue anwenden. I. H. G.: Es köntten sie
27
noch nicht dencken, waß das iüngst erwehnete consilium theologicum für
28
ein consilium sein köntte, wüsten sich des P. Quirogae, welches anno 1635
29
examinirt und wiederlegt, wohl zu erinneren, wanß dießes sein solle, würde
30
sicher darauf nicht zu bawen sein. Alß er darauf vermeldet, daß es dießes
31
nicht, sondern ein anders, sagtten I. H. G., daß des P. Quirogae scriptum
32
gar unter den uncatholischen umbgienge. Über welches er sich verwundert,
33
und daß es eine böße sach seye. I. H. G.: Umb deßwillen müste man
34
umb so viell mehr sagen, daß es ein privat scriptum, so von den catholi-
35
schen nicht approbirt, dan wiedrigen falß, wan mans ex parte catholicorum
36
selbst soltte approbiren, hetten sie unßere eigene waffen in ihren händen.

37
Der herr graff: Die impossibilitet und necessitet müeße in gewißen viell
38
endschuldigen. I. H. G.: Er möchte es ihr verziehen, dieienige so die
39
sachen ad hanc necessitatem et impossibilitatem hetten kommen laßen, wür-
40
den die erste sein, welche gegen Gott eine beschwerliche verandtworttung
41
geben müsten. Und seyen der haubtursachen, auß welchen die necessitas der-
42
gestaldt erwachßen, underschidliche: 1. Daß anno 1627 alß zue Mühl-
43
haußen im churfürsten rhadt, welcher gestaldt mitt Dennemarck und Pfalz
44
paciscirt werden sollen, geschlossen, ahm Kayserlichen hoff nicht were ein-

[p. 440] [scan. 490]


1
gefolget. 2. Daß man ohne der herrn churfürsten wißen und willen den
2
Mantuanischen krieg angefangen. 3. Daß man die intention reducendi
3
ubique religionem catholicam geendert; einen newen dominat in mari Bal-
4
tico zue Wißmar der Friedland gesucht, und alßo der könig in Schweden
5
incitirt worden. Daß, welches das clägligste, auff alles der chur-, fürsten
6
und stendt clagen, guetachten und einrahten so gar keine disciplina mili-
7
taris in so vielen iahren introducirt, und die ansehenliche mittel nicht mitt
8
gueter ordnung verwendet, sondern die landen auf einmal iederzeitt im
9
grund gleich verdorben, und sonsten mitt so unerhörten lasterlichen thaten
10
Gotts zorn nur täglich promoviren thetten; andere stendt verschonet man
11
mit contributionibus, andern liesse man neutralitatem, die wenige ubrige
12
getrue sonderlich in disem craiß miesten den lasst allein tragen; welches
13
impossibile; auß welchem man zue dießer necessitet gerahten. Herr
14
graff von Trautmansdorff: Er müeße selbst bekennen, daß alles das, waß
15
I. H. G. vermeldet, wahr, es seye aber theilß vor ihme geschehen, theilß alß
16
militaria hette er nicht zu verandtwortten. I. H. G.: Sie sagtens darumb
17
nicht, daß sie ihme die schuldt geben woltten, sondern waß passirt seye;
18
und zweifelten sie nicht, daß er alß ein verstendiger herr viell sachen gern
19
anders gesehen hetten. Der herr graff: Er woltte versicheren, daß er
20
bey dießen tractaten, warzue er nicht gezwungen, nicht werde vergeben.

21
I. H. G.: Sie woltten ihme in vertrawen nicht verhaltten, daß sie under-
22
schiedtliche discursus von ainigen catholischen vernommen. Es werde die
23
posteritet ex factis et protestationibus erkennen können, waß bey dießem
24
krieg und pacificationsweeßen in dießen iahren, und sonderlich mitt den
25
geistlichen, vorgangen, und das man in effectu nur alles auf die geistlichen
26
und stiffter schieben, und selbige in die außgab setzen wolle, in welchen
27
miseriam sie allein gerahten, daß sie dem hauß Österreich aßistirt, und bey
28
demselben bishero bestendig geplieben. Waß nun die posteri darauf urthei-
29
len werden, hette er leicht abzunehmen. Der herr graff: Waß immer
30
möglich zue enderen wollte er nicht laßen, und versichere nachmaln, daß
31
den Schweden mitt Bremen und Verden keine versprechung geschehen,
32
sondern deßhalber res noch integra, und die Franzosen noch wohl darinnen
33
negociiren, und das ihrige werden thuen können. I. H. G. referirten
34
ihme hiebey weitläuffig, waß für discurs sie deßhalber mitt den Franzosen
35
iüngsthin gehabt, und sich dieselbe erclert und erpotten. Welches er
36
graff gern vernommen und zue secundiren sich offerirt. Spanisch-nieder-
37
ländische
und spanisch-französische Verhandlungen. Zu den haubttractaten
38
imperii cum Gallis [...] sagte der herr graff, daß die Franzosen gar zuviel
39
begerten, welches in seiner macht nicht were. W: Sie behaupten, die
40
Erklärung des Kaisers zu kennen. Trauttmansdorff: Unmüeglich seye
41
es ihnen zu wißen, dan Ihre Mayestätt die resolution von eigenen handen
42
ahn Churbayern und inen geschrieben, und woltte er I. H. G. sopaldt sehen
43
laßen, waß darauff Churbayeren ahn Ihre Mayestätt geandtworttet, und
44
der communication und erclerung sich höchlich bedanckt. In specie,

[p. 441] [scan. 491]


1
sagten I. H. G., hetten die Franzosen sich laßen vernehmen, daß der Kayser
2
auff das ganze Elsas sich soltte erclert haben. Der herr graff: Damitt
3
woltten sich die Franzosen nicht contentiren, sondern darzu etwas auß dem
4
Bryßgaw haben, wavon aber in der Kayserlichen resolution nicht mitt
5
einem wortt gedacht; alßo er notwendig weiteren befelchs müste erwartten.
6
Wan die Franzosen von dießem postulato abzupringen, köntte der fried
7
leicht geschloßen werden [...]. W: Anregung der Franzosen wegen
8
Bremen. Trauttmansdorff: Er woltte sich noch weiter confidenter
9
expectoriren. Er seye nicht befelcht, ein oder anderen stifft per modum
10
feudi, vornehmblich wan solches von den catholischen nicht würde guet-
11
befunden, zu überlaßen, sondern hette er auf solche weeg, wie ietzgemelt
12
von den Franzosen vorgeschlagen, vorhin gedacht, und verhoffe er, die
13
sachen dahin zu pringen. Kirchliche Übergriffe der Staaten in Jülich-
14
Berg
. Jülicher Sukzessionsstreit. Zur Pfälzer Sache berichtet Trauttmans-
15
dorff
, die staatischen Gesandten hätten zur Vermittlung der Streitigkeiten
16
im Reich erstlich die amnistiam ad annum 1618 zu ziehen, und dan die
17
Pfalzische sach in gebührende obacht zu nehmen gepetten. Er hat an der
18
Amnestie von 1641 festgehalten und die Wiederaufnahme der Wiener Ver-
19
handlungen
vorgeschlagen, wobei hinsichtlich der Oberpfalz die bayerische
20
Schuldforderung zu berücksichtigen sei und im übrigen die achte Kur in
21
Frage komme. Letzteres haben die Staatischen als großes Zugeständnis
22
angesehen und gar content sich darüber bezeigt.

23
1646 IV 11
Mittwoch W bei Volmar. Dieser berichtet: Die Spanier
24
sind bestürzt über die ihnen heute mitgeteilte Resolution wegen des Elsaß;
25
sie klagen, daß Kaiser und Reich sie deseriren woltten, ia wan man also
26
friden machen wollte, wurde ihnen aller lasst auf den halß geschoben.

27
W: Man verließe Spanien nicht, wan sie nur aber tractiren und den
28
frieden für sich und andere auch beförderen woltten. Volmar: Fran-
29
zösische
Forderung auf Artois, Roussillon und Katalonien; nur Artois
30
gestehen die Spanier zu, wollen wegen des Restes aber die Verhandlungen
31
noch nicht abbrechen. Wegen Portugal werden die Franzosen wohl nichts
32
fordern, wenn sie sonst mit Spanien zum Abschluß kommen. Wegen
33
Schweden wiederholt Volmar die Informationen Trauttmansdorffs. Löben
34
hat sich wegen Pommern bei den Ksl. in Osnabrück beklagt und wunder-
35
liche argumenta gebraucht, doch stehen selbst die Protestanten nicht hinter
36
Brandenburg. Und hette der Braunschweigischer

42
Wohl Lampadius.
ihme Volmari in confi-
37
dentia vermeldet, alß wan sein herr und selbiges hauß lieber sähe, daß
38
durch Pomeren Brandenburg nicht so mechtig gemacht würde, dan er
39
dadurch desto mehr mittel den ganzen Ober- und Niedersachsischen craiß
40
mitt der Calvinischen religion zu erfüllen. Hette auch der Salvius gesagt, es
41
könne Brandenburg gar nicht schaden, dan der voriger churfürst

43
Georg Wilhelm von Brandenburg (1595–1640), Kurfürst 1619.
den könig

[p. 442] [scan. 492]


1
in Schweden der erste ins reich geladen hette, worüber Markgraf Christian
2
Wilhelm

36
Christian Wilhelm (1587–1665), Markgf. von Brandenburg, Bruder Kf. Johann Sigis-
37
munds, Administrator von Magdeburg 1598–1628, katholisch 1632.
in Schweden verhandelt habe; und hette der ieziger curfirst kein
3
bedencken zu haben, sie auch zue contentiren; dafern er auch den consens
4
wenigst auf halb Pomeren nicht geben würde, woltten sie ganz Pomeren
5
behaltten und sehen, ob ers inen köntte nehmen. I. H. G.: Desto mehrer
6
were inen satisfaction zu geben mitt dem anderen theill von Pomeren,
7
damitt man die stiffter salvirte. Volmari: Waß Verden betreffe, ver-
8
hoffte er; mit Bremen stünde es dahin, und hörte gern, daß die Franzosen
9
sich soviell erpotten, wan sie sich nur auch mitt eiffer darumb annehmen
10
thetten. Sie die Kayserlichen würden mitt den Schweden einmalen weiter
11
nicht gehen, und würden sagen, daß der Kayser ohne consens der catholi-
12
schen nichts thuen köntte oder woltte. Unterdeßen würden die Franzosen
13
zeitt haben, ihrem erpieten zufolg, sie ad alias rationes zue disponiren, er
14
köntte aber dabey nicht verhaltten, daß die Schweden starck darauff trün-
15
gen, damitt die amnistia ad annum 1618 gesetzet würde, und wan auch
16
schon ad annum 1627 solche erhaltten würd, so würden doch I. H. G. 3
17
stiffter gefahr außstehen. Seine Gegenargumente will W auf Volmars
18
Wunsch schriftlich formulieren.

19
Contarini bei W. Ungeschick der Spanier, die mit Preisgabe Burgunds das
20
Elsaß hätten retten können, nun jenes wegen seiner isolierten Lage aber
21
zusätzlich verlieren werden. Bis Pfingsten hält Contarini den Frieden für
22
das Reich für möglich und fragt, wan die Spanier den Franzosen kein con-
23
tento geben, waß alßdan I. H. G. vermainten, daß das reich allein schließen
24
würd. W: Wie sie anders nicht wüsten, hetten die andere anwesende
25
gesandten commission, frieden im reich zu treffen und in außlendische
26
frembde händel sich nicht zu mischen, weniger solcher wegen das reich in
27
kriegsflamm stecken zu laßen. Solches seye, sagte der Venetus, der ver-
28
nunfft und pilligkeit gemeeß, hette sich auch seines theilß niemalß anders
29
können einbilden.

30
1646 IV 12
Donnerstag Denkschrift an Volmar

38
Anlage 25 (Memorial für Volmar): fehlt.
. – Giffen bei W.
31
Mitteilung des Verhandlungsstandes wegen Halberstadt und Straßburg.

32
1646 IV 13
Freitag Trauttmansdorff bei W. Gegenseitige Mitteilung
33
von Nachrichten aus Osnabrück

39
Anlage 26 (Buschmann an W.): fehlt. – Buschmann war als Mitglied der katholischen
40
Deputation zu den 1646 IV 10 beginnenden Religionsverhandlungen mit den Prote-
41
stanten nach Osnabrück gereist.
. Zu den dortigen Religionsverhandlungen
34
meint Trauttmansdorff, man werde hoffentlich woll darauß kommen, mitt
35
dem remedio temporali, und daß man allerseits nachgebe. Er hat gestern

[p. 443] [scan. 493]


1
den Mainzern schriftlich Fragen

42
Vgl. unten [S. 444 Anm. 1] .
zugestellt, zu denen er das Gutachten der
2
vornehmbsten und vertrawesten catholischen stend zu seiner Orientierung
3
wünscht; und were man in Bayern sehr in einem großen irrthumb gewest,
4
indeme der P. Vervaux dem P. Gans

43
P. Johann Gans SJ (1591–1662), Beichtvater Kaiser Ferdinand III.
zugeschrieben, alß wan die theologi
5
Viennenses in denen gedancken werden, daß beßer were, reservatum eccle-
6
siasticum nachzugeben; welches noch nicht seye, dan er hette des P. Gans
7
sein consilium underschrieben alhier, und seye etwan ein bogen lang,
8
darüber er dan auch instruirt were. I. H. G. recommendirten ihme
9
abermaln alle stiffter und geistliche güeter, sonderlich der ihrigen interesse,
10
darzue er sich dan vielfalttig erpotten. Trauttmansdorff meint, er
11
werde von Osnabrück, wohin er morgen abreisen will, in 10–12 Tagen
12
zurück sein; dann werde er den Frieden unterschreiben und nach Wien
13
zurückkehren. [...] W: Die Franzosen werden mit dem Elsaß nicht zu-
14
frieden
sein und auf Breisach bestehen. Trauttmansdorff: Man müste
15
sie capaces machen und davon divertiren. Er hette gleichwoll nicht under-
16
laßen, dem Kayser deßhalber weiter zuzuschreiben und auch praecise
17
befelch zu begeren, solchen köntte er unter dieser zeitt bekommen, zweif-
18
fele nicht, es werde der Kayser zue erlangung des friedens sich in dießem
19
auch eußerist ercleren [...].

20
Bayern bei W. Bericht über ihre Verhandlungen mit den Ksl. und Fran-
21
zosen: 1646 IV 7: D’Avaux teilt mit, daß Frankreich mit der achten
22
Kur und pfandweiser Überlassung der Oberpfalz einverstanden ist. Wegen
23
des geistlichen Vorbehaltes will Frankreich den Katholiken beistehen.

24
1646 IV 8: Die Franzosen fordern als Satisfaktion Elsaß, Sundgau,
25
Breisgau, Neuenburg, Philippsburg, Zabern, Benfeld, die Waldstädte und
26
die Kommunikationslinie. Vorbehalte der Bayern, daß Mazarin durch
27
Vervaux die nur auf das Elsaß gehenden Äußerungen des Pariser Nuntius
28
autorisiert habe. Schließlich erklären die Franzosen, sie wollen auf Rati-
29
fikation
der Krone über beide Elsaß, Sundgau, Breisgau und Neuenburg
30
abschließen. 1646 IV 9: Mitteilung an die Ksl., worauf Trauttmans-
31
dorff
seine Instruktion verliest, die auf gradweise Abtretung des Elsaß
32
geht. Hinweis der Bayern, daß morgen die von Kurbayern für den Ab-
33
schluß
mit Frankreich gesetzte Frist abläuft, nach der sie über einen
34
Sonderwaffenstillstand zu verhandeln haben. Da bis dahin Trauttmans-
35
dorffs
Anfrage wegen Breisach nicht beantwortet sein kann, schlagen sie
36
Verhandlungen über einen allgemeinen Waffenstillstand für einige Monate
37
vor, während dessen die Antwort einlangen kann, was Trauttmansdorff
38
annimmt. 1646 IV 10: Während Servien zunächst noch vermutet,
39
Trauttmansdorff könne eine den Bayern unbekannte weitergehende In-
40
struktion
haben, erklären schließlich die Franzosen, wenn Trauttmans-
41
dorff
offiziell das Elsaß biete und wegen Breisach anfrage, daß sie alßdan

[p. 444] [scan. 494]


1
zufrieden, nit allein fur sich und die Franzosische armada ein armistitium
2
von 4 wochen generaliter einzugehen und zu befurdern, sondern auch die
3
Schweden und consequenter die Hessen dahin zue disponiren, wan hingegen
4
die Kayserliche dergleichen zue thun sich erklehren wurden. 1646 IV
5
11: Trauttmansdorff sagt das offizielle Angebot des Elsaß und die
6
Rückfrage wegen Breisach zu. W: Bericht über das heutige Gespräch
7
mit Trauttmansdorff. Frage, was fur eine mainung es mit dem armistitio
8
habe. Bayern: Daß sie befelcht, ein special armistitium mit Franckreich
9
zu tractiren und darinnen Ihre Churfürstliche Durchlaucht und dero stifft
10
und landen mit einzuschließen, und wan sie den tractaten einen anfang
11
machen würden, alßdan I. H. G. von allem parte geben solten, und mit
12
deroselben und ubrigen Churcolnischen darauß zu conferiren. Nachdem
13
aber der status iezo mutirt und auff ein general stillstand angetragen
14
würde, muste man der weittern handlung und deßen außgang erwarten. Da
15
aber sonsten diese tractaten ihren fortgang noch haben solt, wolten sie
16
I. H. G. ihre instruction hieruber außführlich communiciren und dabey
17
deroselben wie auch der andern herrn Churcolnischen abgesandten mainung
18
und erinnerungen vernehmen.

19
1646 IV 14
Samstag Fürstenrat. – Mitteilung der Mainzer: Schrift-
20
liche
Anfrage Trauttmansdorffs

40
Anlage 27 (Memorial Trauttmansdorffs betreffend die Abtretung von Kirchengut): fehlt.
41
– Vgl. die Beratung darüber 1646 IV 18 ( APW [III A 4,1 S. 196ff] ).
. – [...]

21
W und übrige Kölner bei den Mainzern. Nach Diskussion der Fragen
22
Trauttmansdorffs teilt W vertraulich mit, er habe Nachricht über folgende
23
Satisfaktionsforderungen der Landgräfin von Hessen: Amt Treffurt, im
24
Eichsfeld Bischofstein und Grevenstein, ferner Fritzlar und Naumburg;
25
angesichts der Spannungen zwischen Frankreich und Kurmainz glaube sie,
26
daß Frankreich ihr dabei deshalb keine Schwierigkeiten machen wird.

27
Nicht den Mainzer mitgeteilt wird die weitere Nachricht, die hessischen
28
Räte äußerten, daß die landgräffin von Churcollen und deßen stifftern
29
nichts bestendiges dörfften begehren oder facit darauff machen, weyln sol-
30
ches die Franzosen, alß welche sich, wie man sehe, Churcollen und Chur-
31
bayern annehmen thetten, nicht würden zuegeben.

32
Mitteilung an Gobelius: Die Landgräfin fordert von Fulda das Amt Geest.

33
1646 IV 15
Sonntag W und Bayern bei den Observanten. D’Avaux
34
hat den Bayern die gestern von den Mediatoren übergebene Resolution
35
wegen des Elsaß

42
Druck: J. G. Meiern III S. 6 , C. W. Gärtner IX S. 103ff; vgl. APW [III C 2,1 S. 599f] .
mitgeteilt; Bedingungen der Zession: 5 Millionen Reichs-
36
taler
für die Innsbrucker Erzherzoge, Unterstützung für Verbleib der Kur
37
bei Bayern in eodem gradu et dignitate wie es anietzo, Unterstützung der
38
Katholiken bei den Gravamina, Erhalt des Elsaß in dem Stand, worinnen
39
sichs tempore der Osterreichischen regierung befunden ohne einen andern

[p. 445] [scan. 495]


1
freyen reichsstand zue betruben oder zu beängstigen. Nassau hat den
2
Bayern mitgeteilt: Bei Übergabe der Resolution haben die Mediatoren
3
gefragt, nachdem sie weitlauffig vernehmen, daß wan den Franzosen mit
4
dem Elsaß ein angebott geschehe, alßdan einig armistitium auf ein zeit fur
5
ihr person schließen, auch solches bey ihren alliirten befürdern wolten, ob
6
auch solches der herrn Kayserlichen mainung seye, welches von ihnen
7
Kayserlichen mit ja beandworttet, dabey yedoch begert worden were, solch
8
ihre hieruber thuende erklehrung ehender nit von sich zu geben, biß die
9
Franzosen gegen sie deßhalber nachmaln sich vernehmen ließen. Hierüber
10
hoffen die Bayern bei den Franzosen mehr zu hören. W: Man muß sich
11
über die sehr nachdencklichen, von Trauttmansdorff den Mainzern über
12
die Gravamina zugestellten Punkte vor der Gesamtberatung verständi-
13
gen
. Bayern: Kurbayern bleibt dabei, daß auf ewig die stifter nicht
14
solten noch konten hingelaßen werden, [...] nur, da es der termini halber ia
15
anderst nicht sein konte, alßdan den 60 jahren noch 20 zu addiren, und also
16
auff 80 aufs höchste die bewilligung zu geben. Quoad sessionem et votum,
17
so fur die administratores begert würde, hetten sie diesen einbruch starck
18
zu verhütten, falß aber solches wieder verhoffen von andern zugeben wer-
19
den solte, bestens dahin zu trachten, daß solche zulaßung nicht auf die
20
weltliche banck, zue praeiuditz anderer und absonderlich des haußes
21
Bayern geschehe. W: Gestrige Mitteilung an die Mainzer. Bayern:
22
Wollen die hessischen Absichten hintertreiben helfen. – [...]

23
1646 IV 16
Montag Anregung der Mainzer: Gesamtberatung zwecks
24
klarer Fassung der Rückfragen um neue Instruktionen, die über die von
25
Trauttmansdorff mitgeteilten Punkte nötig sind. W stimmt zu.

26
Mitteilung der Bayern: Die Franzosen insgesamt mit der ksl. Erklärung zu-
27
frieden
, halten aber die Summe von 5 Millionen für zu hoch und wünschen,
28
daß die ihnen benachbarten Gebiete wie der Breisgau nicht österreichisch
29
bleiben, sondern durch Verrechnung mit den Schuldforderungen an Bayern
30
oder einen Pfalzgrafen kommen. Die Bayern haben ihnen die Bedeutung
31
der Innsbrucker Zustimmung dargelegt, wobei über die Höhe der Summe
32
vielleicht Verhandlungen möglich seien. Die zweite Forderung haben sie als
33
unbillig abgelehnt; Bayern werde seine Forderung nicht auf diese Gebiete
34
übertragen lassen, der Einräumung an einen Pfalzgrafen stehe die Gefahr
35
der Ausbreitung des Calvinismus entgegen. Auch hinsichtlich des katholi-
36
schen
Pfalzgrafen Eduard

42
Eduard von Pfalz-Simmern (1625–1663), jüngerer Sohn Kf. Friedrichs V. von der
43
Pfalz; seit 1645 katholisch und verheiratet mit Anna von Gonzaga-Nevers.
blieben sie dabei, durch dergleichen newe postu-
37
lata den frieden nicht zu remoriren, zumal auch andere considerationes
38
dabey mit unterlieffen. Am Zustandekommen des Stillstandes zweifeln sie
39
nicht, hetten sich auch die Franzosen anderst nicht vermercken lassen, alß
40
daß innerhalb wenig tagen ein universale stillstand auf etlich wochen
41
werde geschloßen werden.

[p. 446] [scan. 496]


1
1646 IV 17
Dienstag Ripperda bei W. Nachholen der Revisite, bei
2
der er abwesend war. Mit Spanien nach Rückkehr Pauws ein Frieden oder
3
Waffenstillstand innerhalb von drei Tagen möglich. Positive Haltung zur
4
achten Kur, Restitution der Unterpfalz und pfandweisen Übertragung der
5
Oberpfalz an Bayern; Nachrichten über die Mitglieder des Hauses Pfalz.
6
Krieg in England; man habe woll aufzumercken, wan das parlament die
7
oberhandt bekäm und in Teutschland nit zuvor frieden wehre, daß sie dem
8
pfaltzgraven gewißlich hulff schicken wurden, dahero gar gut wehre, daß
9
Ihre Kayserliche Maiestät und Churbayern sich dergestalt erklerten, damit
10
der pfalzgraff mögte widder restituirt werden. Erkennt an, daß Bayern
11
(dem er durchweg den Kurtitel gibt) und Köln so gute nachbahrschafft und
12
neutralitet mit ihnnen gehalten, wie umgekehrt die Staaten mit dem Reich.
13
Eß könte zwar so geradt nicht abgehen, daß nit bißweilen einige nachbahr-
14
liche mißverstendt endtstunden, sonderlich etwa mit abhollung einiger
15
geistlichen oder occupirung der kirchen, doch das wehren solche sachen nit,
16
darumb man dorffte einen krieg anfangen. W: Klagen Neuburgs.

17
Ripperda: Daß die Herrn Staden anders nichts suchten, alß was zu con-
18
servirung der aufgerichteten reversalen bey anfang des Julischen kriegs
19
gereichen thette

42
Zur katholischen Interpretation der im Anschluß an den Dortmunder Vertrag 1609 VI
43
10 von Neuburg und Brandenburg den Ständen erteilten Reversalen vgl. das Kölner
44
Votum 1646 IV 7 ( APW [III A 4,1 S. 184] ).
. [...] Daß I. H. G. sich deß friedens woll zu erfrewen,
20
weiln sie Osnabrug und Minden widder bekämen. Alß I. H. G. darauf
21
sagte, daß sie Verden auch nicht gedächten zurückzulaßen, andtwortete er,
22
ja dieselbe bekömmen doch die graffschafft Schaumburgh. I. H. G.: Daß
23
hette ihr Gott und das recht geben. Schweden selbst hat der Witwe die
24
Grafschaft abgesprochen und diese als Bestandteil Mindens anerkannt.
25
[...] Ripperda: Zur französischen Satisfaktion hat Trauttmansdorff
26
gesagt, daß sie nit gern sehen wurden, daß die Frantzosen auch diesseits
27
Rheins etwas bekommen solten, eß wehre allerseits besser, daß die limites
28
durch den Rhein abgeschnitten plieben.

29
Bayern bei W. Kurbayern will wegen Überlassung der geistlichen Güter
30
auf höchstens 80 Jahre gehen. Krebs hat über die Pfälzer Frage mit den
31
Franzosen geredet, welchen woll gefiele, daß der Salvius selbsten bekente,
32
daß der gepliebener konig in Schweden Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht
33
in Bayern selbsten den churfürstlichen titul gegeben. In puncto satisfactio-
34
nis wehre man nunmehr Gott lob weit kommen, und musten auch die
35
Frantzosen fur die catholische besser sprechen und in der Pfaltzischen
36
sachen gegeneinander habende gute intention vermercken laßen und ihre
37
meinung recht herauß sagen, da der herr graff von Trautmansdorff wurde
38
auch den Schwedischen zusprechen, daß sie dergleichen auch thun mögten;
39
hette derowegen, weiln auß der Frantzosischer gesandtschafft jemandts erster
40
tagen nacher Osnabrug reisen wurde, bey ihnnen instantias gemachtt, daß
41
sie das negotium electoratus ihrem gegen die herrn mediatores und sie

[p. 447] [scan. 497]


1
Churbayerische beschehenen erpieten nach fortsetzen möchten. Ratione
2
armistitii hette er auch meldung gethan, und sie nit ungeneigt darzu be-
3
funden, verhoffte also, man wurde sich in kurtzen daruber vergleichen. Mit-
4
teilung
ihrer Instruktion für die bevorstehende Konferenz der katholischen
5
kurfürstlichen Gesandten. Darauff I. H. G. auß verschiedenen ursachen
6
wollmeinentlich vorgeschlagen, ob nit dienlicher und Ihrer Churfürstlichen
7
Durchlaucht in Bayern intention auch gemeeß sein mögte, daß sie bey der
8
morgigen consultation erst der andern meinung horten, und nachdemahln
9
das periculum noch nit vorhanden, daß die tractaten per negativas positas
10
et in terminis compraehensas zu zerschlagen, daß auch also mit der final-
11
resolution annoch einzuhalten. Wie nun dieses sich die herrn Churbaye-
12
rische gefallen laßen, wurdt von der Schwedischen satisfaction geredt.

13
Dabey I. H. G. referirt, was sie wegen des stiffts Camin in Pomern bey
14
andern erinnert, und wie es damit gleich andern den uncatholischen ad
15
certos annos verpleibenden stifftern zu halten, damit es den Schwedischen
16
nit gantz zu uberlasen. Der herr von Haslang berichtete darauf daß
17
der Gustavus Gustavi sein absehen auf das stifft Verden solte gerichtet
18
haben. I. H. G.: Den stifft Verden hette der Rantzaw

39
Vgl. oben [S. 70] .
vor diesem fur
19
16 000 Reichsthaler wieder verkaufft, wan es umb dergleichen zu thun,
20
mogte man pro conservando bono religionis auch etwas thun. Französischer
21
Vorschlag wegen Bremen, darauf der herr graff von Trautmansdorff in-
22
struirt. Bayern: Hetten in discursu die Frantzosen vor die erben von
23
Insbruck nicht ungeneigt befunden, daß nemblich die graff- und herschaff-
24
ten, welche der hertzog von Wirtenberg in pfandtschafft gehabt

40
Besonders die als österreichische Lehen schon 1637 der Tiroler Linie vom Kaiser zu-
41
erkannten Herrschaften Blaubeuren, Achalm und Stauffen (vgl. K. Bierther S. 175
42
Anm. 169).
, ohne ent-
25
gelt widder gelasen werden solten, und vermeinte der herr Volmar, wan
26
nur die sach ad tractatus gebracht wurde, daß alßdan die ertzhertzogen
27
von Inspruck bey der Frantzosen inclination woll etwas davon bekom-
28
men und behalten mögten, und haben ratione locorum einige weitere nach-
29
richt geben. W: Gespräch mit Ripperda. Hat von Kurköln Befehl, bey
30
den vorgemelten mediis in puncto gravaminum zu bleiben und daruber nit
31
zu gehen, wie sie dan bey negster zusammenkunfft ihr votum, ex consiliis
32
theologorum zusammengetragen, fuhren wolten, und nimmer in voto parti-
33
culari auch auff tempus perpetuum vel aequivalens verstehen. – [...]

34
1646 IV 18
Mittwoch Konferenz der katholischen kurfürstlichen Ge-
35
sandten .

36
W bei Longueville / Servien: Die katholischen Unterhändler in Osnabrück
37
warten vergeblich auf eine protestantische Erklärung zu den katholischen
38
Media, die Gegenseite scheint davon auszugehen, daß die inhabende imme-

[p. 448] [scan. 498]


1
diat und mediat stiffter und geistliche guter ihnnen in perpetuum sollen
2
gelaßen werden. Auf Beschluß der heutigen Konferenz ersucht er deshalb
3
die Franzosen, daß sie zu andern billigmeßigen und a parte catholicorum
4
verandtwortlichen mittell die protestirende disponiren, derentwegen dan
5
auch den Schwedischen zusprechen und ihre displicentz bey solchen verzug-
6
lichen modo und nit zuläsig- noch verandtwortlichen petitis den Schwedi-
7
schen auch zu erkennen geben und es pro bono religionis catholicae dahin
8
richten helffen wolten, damit es vor Gott und in dem gewissen, auch bey
9
der wehrten posteritet zu verandtworten sein mögte. Daß in perpetuum die
10
stiffter und geistliche guter nit zu uberlaßen, noch darauff bona conscientia
11
et sine summa iniuria fundatorum et praedecessorum zu renuntiiren, das-
12
selbe wurden sie bey sich selbsten woll erkennen. Fast alle Kurfürstlichen
13
haben perpetuitatem abgelehnt, Trier hält wegen der zu bewilligenden Frist
14
noch zurück. Da auch Kursachsen und mehrere Protestanten aus dem frän-
15
kischen
und schwäbischen Kreis nur auf eine bestimmte Frist gehen, so
16
wurde hierin, wan die cron Franckreich ihren eiffer auch etwas mehrers
17
sehen ließ, besser fortzukommen sein, und wurde ihr gewissen ihnnen herrn
18
Frantzösischen desto mehr antreib geben, weiln sie nunmehr handtgreifflich
19
gespurt, welcher gestalt bißhero under verschiedenem praetext der catholi-
20
schen religion zum höchsten nachtheil im reich verfahren wehre. Zwar
21
berufen sich die Protestanten darauf, daß im Passauer Vertrag und
22
Religionsfrieden keine gewisse zeit ohne des volligen vergleichs bey dem
23
concilio benendt. Während aber dazu damals Hoffnung bestand, als der
24
Streit hauptsächlich in communione sub utraque et coelibatu clericorum be-
25
standen, sind inzwischen die Augsburger Konfessionsverwandten weiter-
26
gegangen
, die Calvinisten sind hinzugekommen und es ist die Bedingung
27
gestellt worden, daß der Papst nur als Partei auf dem Konzil erscheinen
28
dürfe. Und wehre considerando tam diversas haereses cum ipso fervore et
29
obstinacia animorum die sach ietzo nit dergestalt auf ein concilium natio-
30
nale vel generale zu verschieben. Zudem haben die Protestanten verschie-
31
dene
Stifter gegen den Religionsfrieden eingezogen und können sich ietzo
32
nicht beschweren, wan man ihnnen von denselbigen stifftern, warzu sie
33
vermögh ihrer vorelteren so starcken versprechungen nit befuegt, einige ad
34
certos annos ruhig laßen wolte, weiln dabey gleichfalß verabscheidet, daß
35
keiner unterdessen etwas feindtliches tentiren, weniger nach umblauff der
36
jahren etwas mit thadtligkeit oder waffen solte vornehmmen. Wie nun
37
dieses in den allgemeinen friedensschluß zu pringen, deßwegen hetten sie
38
gnugsame versicherungh und die catholische mehrere ursach considerando
39
praeterita sorgfältig zu sein, daß ihnnen dieses gleich vorgemelten Passawi-
40
schen vertrag nicht wurde gehalten werden. Machten sich gleichwoll dabey
41
diese hoffnung; es wurde die cron Franckreich nunmehr erkennen, was den
42
catholischen vor schaden zugefuegt, indeme sie die Frantzosen den prote-
43
stirenden so leichtlich gehor geben und sich ihrer der catholischen religion
44
zum hochsten nachtheil angenohmmen, und wurden deßwegen inskunfftig

[p. 449] [scan. 499]


1
der catholischen in Teutschlandt destomehr annehmen. Longueville:
2
Der catholischen vorgeschlagene mittel zeigten deren friedtliebende inten-
3
tion gnugsamb, wehren auch wegen ihrer billigkeit nicht zu verwerffen,
4
und nachdem solche mittel von den catholischen vorgeschlagen, wehre der
5
protestirenden sache und procedere dardurch bey anderen in mehrern ver-
6
dacht kommen; daß in perpetuum die stiffter und geistliche guter nicht zu
7
uberlaßen, derentwegen weren sie Frantzosen mit den catholischen ainig.
8
Wolten so viel sie konten die sachen befurderen helffen, daß es bey gewis-
9
sen jahren sein verpleibens haben möchte. Sonsten vermeinte er woll gut zu
10
sein rebus per ipsam pacem iam bene stantibus et constitutis, wan man zu
11
einem concilio generali kommen und versuchen möchte, ob die streitigkeiten
12
in religione beyzulagen; daß communio sub utraque nit gestattet wurde,
13
fiende er, daß solches grose veranlasung zu den ketzereyen und deren
14
behauptung verursacht hette, erkente gleichwoll, daß sub nomine et specie,
15
glaubenssachen bey dem concilio zu vergleichen, kein tempus indefinitum
16
nachzugeben, sondern gewisse jahr der catholischen meinung nach bey
17
dieser composition zu benennen. Welchem der conte Servient noch
18
dieses hinzugesetzet, das die begierde, geistliche guter zu genießen, ver-
19
scheidene abhielte von der catholischen religion und derenthalber zu
20
wunschen, daß sie niemalß darzu kommen wehren. I. H. G.: Woll wehre
21
zu betawern, daß sie albereits so weit umb sich gegriffen, die ursachen des
22
verlauffs wehren bekandt, und gloriirten die uncatholische in Teutschland
23
selbsten, daß sie durch favor und assistentz der cron Franckreich ihre
24
sachen damalß und ietzo so weit gebracht; eß wurde hingegen Franckreich
25
selbsten bey sich finden, daß niemalß die Hugenotten einige unruhe oder
26
krieg angefangen, daß ihnnen nit die Teutsche protestirende mit geworbe-
27
nen und zugeschickten völckern assistirt. Eß wehre hohe zeit, allerseits die
28
begangenen fehler zu erzehlen und das interesse religionis zu beobachten,
29
unnd nachdemahln in puncto satisfactionis nunmehr die Kayserliche solche
30
erklerung von sich gegeben, die ihre Friedensliebe zeigt, so hetten sich
31
sowoll Ihre Kayserliche Majestät alß auch die catholische [...] die hoff-
32
nung zu machen und darumb einstendig anzuhalten, daß die Franzosen
33
sowoll den Schwedischen alß den protestirenden etwas mehrers zusprechen
34
und der sachen, wie es der billigkeit und dem gewissen gemeeß, mehrers
35
anzunehmen. Longeville: Die Kayserliche herrn gesandten hetten sich
36
zwar etwas näher in puncto satisfactionis vernehmen laßen, giengen aber so
37
langsamb damit umb und brachten das werck so stuckweiß und dergestalt
38
conditionirt vor, daß es den friedensnegotiis und der catholischen sachen
39
schadtlich und hinderlich; ohne uberlaßung der vestung Breysach seye ein-
40
mal kein friede zu machen. Das begehren der 5 millionen seye excessif, und
41
wehren diese pupillen von dem hauß, welches sowoll Spanisch- alß Teut-
42
schen theilß mit Franckreich in feindtschafft begriffen. [...] Wan der
43
konig den pupillen etwas gebte, solches geschähe ex mera gratia; sie die
44
alhie anwesende Frantzosische abgesandten weren miteinander eines freyen

[p. 450] [scan. 500]


1
liberalen naturels und mogten ihres theyls den pupillen woll etwas gonnen,
2
musten aber mit einer alsolcher sollicitatur beym koniglichen hoff zu Paris
3
das gantze werck nicht wiederumb verletzen und umbstoßen, noch gleich-
4
samb, was ihnnen zur satisfaction zu geben, mit bahrem gelt kauffen. Nach
5
Volmar betragen die Einkünfte der ursprünglich geforderten Gebiete jähr-
6
lich
etwa 100 000 Reichstaler, der jetzt gebotenen vielleicht 60 000, diese
7
mit millionen an sich zu pringen, darzu wehre keine apparentz, und muste
8
man consideriren, wan sich Franckreich Philipsburg cum linea communi-
9
cationis, deß Breißgaw und der waltstätten begebte, daß eine solche con-
10
siderabile vestung wie Breysach und so viel landts, alß sie im Elsaß beke-
11
men, ex priori petitione satisfactionis zuruckließen. I. H. G.: Sie wolten
12
nit hoffen, daß man in puncto satisfactionis widder zuruck handelen
13
wurde, pupillorum causam esse favorabilem, und wan Franckreich gleich-
14
woll etwas zu geben sich resolvirte, so muste solches pro dignitate et statu
15
tam dantis quam accipientis gerichtet und nun mehr nit hervor gesucht
16
werden, wardurch der alter unwill widder zu erwecken. Die cron Franck-
17
reich konte bey dieser occasion sich noch großen rhumb und affection bey
18
anderen acquiriren, und pflegten potentaten und konige nit eben auf die
19
einkompsten zu sehen und wie die kauffleuth ihre sachen außzurechnen,
20
sondern woll zu wissen, daß die dominia und landtschafften eines unaesti-
21
mirlichen wehrts und importantz bey ihrem estat wehren. Eß wehre auch
22
der cron vortheiliger, wan sie sich mit den pupillen auf ein erträgliches zu
23
handelen einließe und also ihren consensum in die alienation erlangten, alß
24
wan sie also gantz lehr abweisen wolten. Welches der conte Servient
25
wahr zu sein bekandt, und der Longeville daruf geandtwortet, sie giengen
26
candide et sincere in diesem puncto satisfactionis umb, herr graff von
27
Trautmansdorff hette anfanglich sich beflissen, ob er Schweden von
28
Franckreich separiren konte, nunmehr scheine, daß er zu erkennen an-
29
fienge, wie solches nit practicabel, und wehre besser, daß man sich mit
30
solchem vergeblichem versuch nit auffhielte noch die sachen verbitterte. Eß
31
giengen bey den tractaten viel sachen vor, und wolte ein jeder des ersehen-
32
den vortheyls sich gern bedienen, und wie der Servient dazwischen ver-
33
meldet, wurde solcher furtheil solertia et industria personarum auf eine
34
seithe gezogen, dabey man sich zu hueten, daß keine redden und discursen
35
vorfielen, darauß ein punctus honoris zu machen und newe ressentimenti
36
entstehen könten. W: Seines Wissens sucht Trauttmansdorff den Frie-
37
den
mit beiden Kronen, man muste die friedeshandtlung mit bosem arg-
38
wohn nit turbiren, bei den Ksl. ist einige suspicion vorhanden, alß wan a
39
parte Franckreich vor und nacher newe postulata vorgebracht werden
40
möchten. Longueville und Servien beteuern, daß sie mit keinen newen
41
postulatis diese handtlung schwerer zu machen gedachten, hetten auch zu
42
bezeigung ihrer friedtliebenden begierdt auf Trauttmansdorffs Angebot
43
sich viel faciliores in puncto satisfactionis bezeigt, alß sie in instructione
44
gehabt und andere inhaerendo diutius suis gradibus wurden gethan haben.

[p. 451] [scan. 501]


1
Zudeme nehmen sie gleichsamb ietzo noch an das officium sollicitaturae,
2
die sachen am koniglichen hoff zu erhalten, warzu man derendts keine
3
inclination haben möchte. W: Trauttmansdorff hat ihm beteuert,
4
wegen Breisach keine Vollmacht zu haben. Darauf haben er und die
5
Bayern ihn zur Rückfrage in Wien gedrängt. Erinnert an die Äußerung
6
Trauttmansdorffs, er werde seine Instruktion überschreiten, wenn man der
7
französischen Unterstützung für die Katholiken sicher sei. Sie hetten nun-
8
mehr handtgreifflich gespurt, in was große gefahr und schaden dieser
9
kriegh die catholische religion gesetzt, man solte doch nunmehr dem noch
10
bevorstehenden ubel bey zeiten ihres theyls, wie man gar woll könte, vor-
11
kommen und sich in futurum zu dergleichen der catholischen religion nach-
12
theyligen kriegen nit einlasen. Duc de Longeville und conte Servient:
13
Den catholischen in Teutschlandt wehre der friedt sehr nötig, wolten ihres
14
theilß darzu helffen, sie musten aber auch selbsten das werck bey den Kay-
15
serlichen befurderen und daran sein, daß sie realimente mitt ihnnen proce-
16
dirten und keine verzögerung suchten, dan ipsa mora catholicis periculo-
17
sissima sein könte. Eß wehre ein gewisse sach obhanden, deren außschlag
18
sich baldt wurde außweißen, und wardurch dem Kayser und Ihrer Chur-
19
fürstlichen Durchlaucht in Bayern einiger schade mochte zuwachsen. Dieses
20
propos, wie gern mans auch gesehen, haben sie nit recht expliciren wollen,
21
sondern der conte Servient darauff angefangen zu vermelden, wie schlecht
22
und gefährlich des königs in Engelandt sachen stunden, wobei die Pfälzer
23
sich Hoffnung auf Unterstützung durch das Parlament machen. Da so
24
leicht eine neue Verbindung aller Protestanten entstehen könne, sei es zeit,
25
daß man Franckreich nit langh mit der satisfaction auffhielte. Wan der
26
konig begerter maßen den besitz und standt mit im reich hette, so wehre
27
Franckreich ein catholischer reichsstandt und insoweit Teutsch mit, wurde
28
auch mit ihnen getrewlich halten und keine uneinigkeit zu befahren sein,
29
weyln die Teutsche und Frantzosische nationes under sich keine odia ge-
30
habt. W: Seine und der Bayern Bemühungen um die französische Satis-
31
faktion
sind bekannt; gegen die Feindseligkeiten Pfalz-Heidelbergs haben
32
die Katholiken die Liga ohne yemandts offension zum Schutz der Religion
33
bilden müssen, Frankreich aber hette sich von den protestirenden verleiten
34
laßen, dardurch die presentia mala et pericula verursachtt. Sie seheten nun-
35
mehr selbsten den außschlag, wurden also zuversichtlich selbsten dahin
36
bedacht sein, wie den Engellendischen, Pfältzischen und dergleichen gefehr-
37
lichen consiliis vorzukommen, und sich inskunfftig von den catholischen
38
und deren interesse keinergestalt separiren laßen. Longeville: Die
39
catholische liga wehre gantz Osterreichisch gewesen und hette von dennen
40
und den Spanischen consiliis ihre dependentz gehabt. I. H. G.: Die
41
catholische liga hette wedder von Osterreich noch Spanien ihre dependentz,
42
sondern auf erhaltung der catholischen landen und religion ihr absehens
43
gehabt. Spanien hat dem Kaiser zur Erhaltung der Religion in Böhmen ge-
44
holfen
, was auch Frankreich gutt und billig zu sein erkant hette. Nach-

[p. 452] [scan. 502]


1
gehents, alß mehrere krieg in Teutschlandt erweckt und den catholischen
2
vielfältig zugesetzt worden, wehren sie yederzeit bey ihrer intention, allein
3
pro imperii statu et catholica religione conservanda zu streiten, verplieben,
4
und wan Franckreich nit sich hette auf die andere parthey ziehen laßen, so
5
wurde es woll beßer ietzo mit der catholischen religion, alß leider thut,
6
stehen. Longeville: Man soll Franckreich von solcher intention woll
7
versichert und informirt, auch sich nit so gar Osterreichisch bezeigt
8
haben. I. H. G.: Sie wehren vom anfang bis zum endt bey den bundt-
9
consiliis geweßen, konten sie woll versicheren, daß man ihrem bedeuten
10
nach dabey, wie sie es nenneten und vermeinten, von Osterreichisch- und
11
Spanischen consiliis nicht habe dependirt noch sich von denselben dirigiren
12
laßen. Longueville und Servient: Eß seye darin gefehlet, daß einer
13
denn andern nit gnugsamb sincerirt, man muste inskunfftig vertrewlich
14
umbgehen und nit propter respectum Austriacorum sich gegen Franckreich
15
gleichsamb zu sein bezeigen, oder deren commercien und correspondentz
16
vermeiden. I. H. G.: Weiln von der catholischen liga meldung gesche-
17
hen und dan deren gute intention gnugsamb bedeutet, so wolten sie auch
18
wegen dero kriegsoperationen, welche so unverschuldeterweise von den
19
Hessen Casselischen [...] inculpirt, ohne verdruß auch die behörende infor-
20
mation einnehmen. Die Behauptung, die Ligatruppen hätten Hessen ver-
21
heert
und wären Ursache des erlittenen Schadens, ist ein unerweißliches
22
angeben. Auf die Einfälle Christians von Braunschweig und Mansfelds

40
Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel (1599–1626), Administrator von Halberstadt
41
1616–1624; Peter Ernst von Mansfeld (1580–1626); über ihre Einfälle in Westfalen
42
1621/23 und die Gegenaktionen der Liga vgl. A. Weskamp.
hin
23
hat Kurköln Ligatruppen zum Schutz herbeigerufen, das Hessenlandt aber
24
damit nicht beschadigt. Als Tilly

43
Johann Tserclaes Gf. von Tilly (1559–1632), Feldherr der Liga und des Kaisers.
an der Weser gegen Dänemark operierte,
25
hat Hessen wie alle benachbarten Länder Quartiere stellen müssen, es
26
wehre aber darin nit gebrent worden, sondern landtgraff Wilhelm per
27
favorem der catholischen ligae völckeren bey lebzeiten seines vatters in die
28
regierung gesetzt. Übergibt ein Memorial

44
Anlage 28 (Memorial betr. hessische Satisfaktionsforderungen): fehlt.
, aus dem zu ersehen, wie unbillich
29
es seye, daß ex tali causa sie einige satisfaction begerten, da der geklagte
30
brandt und schaden der catholischen ligae völckern nit beyzumessen.

31
Longeville: Man muste amore pacis etwas thun, und wie der Servient
32
dabey anzeigte, sey besser und leichter, den Hessen etwas pro satisfactione
33
zu geben, alß die ihnnen inhabende plätze mit gewalt zu recuperiren. Deme
34
der duc de Longeville noch hinzugesetzt, sie die Frantzosen wehren den
35
Hessen zimblich obligirt und sähen gern daß ihnnen etwas gegeben
36
wurde. I. H. G.: Man wurde ja bey diesen tractaten cum ratione proce-
37
diren. Wan nun selbige attendirt wurde, so muste man die ursach warumb
38
examiniren, und von welchen Hessen einige satisfaction haben wolten. Die
39
vorgewendte ursachen beziehen sich auf angeblich durch die Liga verur-

[p. 453] [scan. 503]


1
sachte
Schäden, wofür die in den katholischen Fürstentümern besetzten
2
Plätze bis zur Wiedergutmachung einbehalten werden sollen. Die Fran-
3
zosen
haben offters vor diesem, auch anietzo wollmeinentlich erinnert, daß
4
bey den friedenstractaten nit de causis belli, sed de mediis compositionis zu
5
tractiren. Bey alsolcher regul pliebe man dieserseits. [...] Und wan ratione
6
damnorum utrimque perpessorum wie dan expensarum et contributionum
7
datarum mit den Hessen eine rechnung angehen solte, so wurden, da die
8
Hessen 100 000 reichsthaler designirten, die von ihnnen bekriegte und gra-
9
virte stiffter millionen hingegen in einem bestendigen wahrhafften computo
10
zeigen. Die Hessen haben Paderborn und Fulda von Schweden zu Lehen
11
genommen

43
Vgl. oben S. 283.
und die Einkünfte des Landesherrn und des Kapitels an sich
12
gezogen; das gleiche geschieht in Münster, wo die auf den Gefällen stehen-
13
den
Belastungen nicht bezahlt werden; die Stadt Paderborn ist während des
14
Waffenstillstandes ausgeplündert worden

44
Vgl. unten S. 497.
. Daß wehren alsolche laesiones
15
und schaden, daß wan amore pacis sie nachgegeben wurden, die Hessen sich
16
woll eines guten friedenstractats zu erfrewen hetten, und muste die cron
17
Franckreich sich hierin nit mehr versundigen, dan ohne ihr gelt und zuthun
18
der Calvinismus und die Hessen solchen fortgang nit wurden gewonnen
19
haben noch die catholische stiffter also beschädigen können. Die recupera-
20
tion der inhabender plätze wurde zwar seine zeit und unkosten erforderen,
21
wan aber Franckreich und Schweden die handt abzügen, so möchte man
22
noch lieber sehen, wie die Hessen widder darauß zu pringen, alß das man
23
cum perpetua indignitate rei et tali iniquitate den Hessen etwas geben und
24
lasen solte. Die Hessen hetten nichts im ertzstifft Colln, was ihnnen nit
25
beneficio regis Galliarum eingeraumbt, dabey hetten sie sich, wie auch der
26
confoederation verpflichtet, in dem catholischen religionis exercitio und
27
iuribus nichts zu enderen; wie sie aber daß gehalten, daß wehre ihnnen
28
herrn plenipotentiariis offters geklagtt worden. Servient: Musten be-
29
kennen daß die Calvinisten etwas harter fielen alß andere. I. H. G.:
30
Wie es dan zu verandtworten, daß man ihnnen von den catholischen lan-
31
den, wie sie praetendirten, solte konnen etwas uberlasen. Servient: Man
32
könte es ratione religionis woll praecaviren, und das solche stuck pro certa
33
pecuniae summa wieder loßbahr wehren, alß etwa umb 20 000 reichsthaler
34
jahrliches einkommens. I. H. G.: Sie mochten doch das ietzo ubergebe-
35
nes memorial woll erwegen, wurden iuxta aequitatem et rationem ein und
36
anders mußen iudiciren, und sey es einmal vor Gott nit zu verandtworten,
37
den Hessen einige catholische underthanen zu untergeben, hetten auch
38
keine ursach, andere satisfaction an gelt zu forderen. Der kriegh wehre
39
lang genug cum tanta oppressione catholicorum et damno religionis, wie
40
sie Frantzosen selbsten gestehen musten, gefuhrt, und wurden sie herrn
41
plenipotentiarii sich bey dem friedensschluß in favorem Calvinistarum et
42
Calvinismi den catholischen zuwidder ohne schwere verandtwortung bey

[p. 454] [scan. 504]


1
Gott und grosem verweiß bey der posteritet nicht bezeigen können. Der
2
Calvinismus und Hessen hetten bereits zuviel vortheilß bey diesem krieg
3
gehabt, und könte man leichtlich gedencken, sie werden den stifft Hirsch-
4
feldt, wie andere uncatholische in puncto gravaminum die inhabende be-
5
halten, auch einzubehalten gedencken. Wenn der Kaiser, wie schon bei den
6
früheren Verhandlungen, hierin und mit Verzicht auf Wiedergutmachung
7
der angerichteten Schäden entgegenkommt, hetten sie Franckreich hochlich
8
und daß sie einen guten tag alhie gehalten, zu dancken. Servien: Hers-
9
feld
steht Hessen schon nach dem Passauer Vertrag zu. W: Erst Lgf.
10
Moritz hat es in diesem Jahrhundert an sich gebracht

41
Lgf. Moritz von Hessen-Kassel hatte in Hersfeld, für das alte hessische Schutzrechte
42
bestanden, die Bestellung seiner Söhne Otto (1594 1617) und Wilhelm V. zu Admini-
43
stratoren 1606 bzw. 1617 durchgesetzt.
. [...] Und nach-
11
demahln es mit Hessen ratione Imperatoris, imperii ac legum viel ein
12
andere beschaffenheit alß den außlendischen cronen hette, so wehre auch
13
das argumentum nit zu gebrauchen: den außlendischen crönen geschieht
14
einige satisfaction, ergo mueß es den Hessen Casselischen auch geschehen.
15
Angesichts der noch während der Verhandlungen vorgekommenen Ver-
16
heerungen
in der Nähe von Bonn habe man sich einer solcher vermessenheit
17
billich zu verwunderen, daß sie noch vorgeben dorffen, alß wan sie sich
18
deß brennens gantzlich endthalten. Servient: Mit annehmung der
19
Schwedischen infeudation sey nicht recht geschehen, man muste aber de
20
reliquo amore pacis sehen, wie man sich mit Hessen vergliche. I. H. G.:
21
Der modus des vergleichs stehe in amnistia reciproca, warauff Hessen so
22
starck tringen thut, und weiln sie amnistiam illimitatam einrathen, so
23
musten sie selbsten keine exceptiones pro damno et gravamine aliorum hin-
24
zusetzen. Agi in isto negotio de patrimoniis Dei et sanctorum, und wan sie
25
die befindende unbillichkeit den Hessischen remonstrirten, so wurden sie,
26
weiln alle ihre hochmütigkeiten und impertinentien von Franckreich ihr
27
nutrimentum nehme, woll einen billigeren wegh eingehen. Eß wehren alle
28
protestirende, alß man de satisfactione Hassica deliberirt, der bestendiger
29
meinung geweßen, daß solches ihr postulatum unbillig seye, und daß
30
derentwegen die Kayserlichen herrn abgesandten ihnnen zuzusprechen.
31
Nochmalige Empfehlung der Stifter Bremen und Verden.

32
1646 IV 19
Donnerstag W bei Chigi. Gestrige Beratung und Gespräch
33
mit den Franzosen. Chigi: Auch er hat mit den Franzosen gesprochen,
34
und scheine, daß sie die sachen mit beiden stifftern Bremen und Verden woll
35
apprehendirten; sie bringen aber vor, daß die Kayserliche in religion und
36
geistlicher guter sachen gar zu liberal hineingiengen, und das also sie kein
37
ursach hetten, sich gegen die Schwedische zu opponiren. Er hat deshalb mit
38
Trauttmansdorff gesprochen, der aber nicht sonderlich beeindruckt schien.
39
Deßwegen ihme dan auch die proponirte quaestiones desto gefährlicher
40
vorkämen; gleichwoll hörte er gern, daß die catholische churfürstliche so

[p. 455] [scan. 505]


1
bestendig in diesem passu wehren. Er konte auch nicht finden, daß es
2
quovis modo bona conscientia geschehen könne; dafern nun aber hierin das
3
geringste solte vorgehen und nachgegeben werden, wolte er nicht under-
4
laßen, so balt es ihm nur vorkommen wurde, alsobaldt nomine sedis
5
apostolicae zu contradiciren, nicht zweifelendt, Ihre Pabstliche Hayligkeit
6
wurden alßdan, was darin zu thun, woll determiniren. Bei der Übergabe
7
ihm jetzt zugekommener Breven an Trauttmansdorff, Longueville und
8
Peñaranda will er Trauttmansdorff die meinung woll sagen, hingegen den
9
duc de Longeville zu verhinder- und einstellung dessen fleißig animiren.
10
Schlechter Fortgang der spanisch-französischen Verhandlungen.

11
Scherer bei W. Bericht über seine gestrigen Vorstellungen bei Longueville
12
wegen der geistlichen Güter. Bitte um Unterstützung zur Entfernung des
13
bisherigen Ehrenbreitsteiner Kommandanten Nievenheim

37
Anlage 29 (Trierer Extrakt wegen Nievenheim): fehlt. – Konstantin von Neukirchen
38
gen. Nievenheim (gest. 1657) kurkölnischer Oberst und ksl. Generalmaior, Kommandant
39
der Festung Ehrenbreitstein 1643–1646.
. W: Kurköln
14
hat damit nichts mehr zu tun und wird sich einem entsprechenden Befehl
15
des Kaisers gern fügen.

16
1646 IV 20
Freitag Bericht Buschmanns

40
Anlage 30 (Buschmann an W): fehlt.
. – Daraufhin Anregung
17
einer Zusammenkunft bei den Mainzern.

18
1646 IV 21
Samstag Schreiben an Buschmann

41
Anlage 31 (W an Buschmann 1646 IV 21): fehlt.
. – Konferenz der ka-
19
tholischen
kurfürstlichen Gesandten . – [...]

20
Volmar bei W. Auf Wunsch der Katholiken hat er vor zwei Tagen Longue-
21
ville
die Religionsfrage anempfohlen und ihn daran erinnert, daß nur mit
22
Rücksicht auf Schweden eine entsprechende Verpflichtung Frankreichs bei
23
der Zession des Elsaß nicht schriftlich fixiert worden ist. Er hat Longue-
24
ville
zu veranlassen gesucht, selbst nach Osnabrück zu reisen, womit er die
25
Entsendung des schweden- und protestantenfreundlichen Servien zu hinter-
26
treiben
hoffte. Gestern hat Longueville mitgeteilt, mit Rücksicht auf die
27
spanischen Verhandlungen müsse er bleiben, doch sei Servien hochstens
28
recommendirt, 1. die Schweden zu einem Stillstand zu bewegen und dabei
29
anzudeuten, daß Frankreich sonst einen Partikularstillstand eingehen
30
werde, 2. die Schweden von Bremen und Verden und die Protestanten von
31
der Forderung perpetuitatis der geistlichen gutter abzubringen. Warzu sie
32
aber beyderseiz solche argumenta gebrauchen musten, daß dadurch ein oder
33
ander theyl nicht würde vorn kopff gestoßen: bei den Protestanten, daß
34
ein Vergleich auf Zeit ihnen mehr Sicherheit gebe, da ein anderer von den
35
Katholiken als unerlaubt und nicht bindend betrachtet würde; bei den
36
Schweden, daß für Bremen und Verden die für Stifter gültigen Bindungen

[p. 456] [scan. 506]


1
gelten müßten und Veränderungen im Religionsstand von Verden dem
2
Bündnis widersprächen. Wodurch er Longevill noch etwas zu erlangen ver-
3
hoffte, wan allein von den Kayserlichen nit zuviel versprechnus oder ver-
4
anlassung geschehe. Volmar hat versichert, daß nach Mitteilung Trautt-
5
mansdorffs
res adhuc plane integra sei und der Augenblick sich für franzö-
6
sische
Einwirkungen empfehle. W: Gespräch mit den Franzosen. Durch
7
Buschmann mitgeteilte Nachrichten Trauttmansdorffs. Volmar: Bedin-
8
gungen
der Abtretung des Elsaß. Rechtsstellung der Stände im Gebiet der
9
Landvogtei. Pfandrechte an der Landvogtei. Regierungsantritt Erzherzog
10
Ferdinand Karls. Als W die hessischen Forderungen erwähnt, zeigt Volmar
11
sich hochstens daruber verwundert, habe davon nichts gehört, must es fur
12
ganz unförmblich halten. Äußerungen Contarinis, daß man pro redimenda
13
vexa lieber alle kelch verkaufen und der landgraffin sich ohn machen
14
solte. I. H. G. aber andwortteten, daß es leider durch sie und ihre milizi
15
im stifft Paderborn und andern dahin gerathen, daß fast kein kelch oder
16
andere zum gottesdienst gehorige notturfft mehr ubrig, sondern schon
17
lengst weggeraumbt, und wurde auch dises ohnedas ein sehr böß exempel
18
sein fur den Kayser und die catholische, die nimmer sicher sein konden, da
19
allen denen, so sie uberzügen und verhergeten, noch große praemia gegeben
20
werden solten. Welches er wahr zue sein vermeldet. Trauttmansdorff
21
erbittet Ws Gutachten, 1. ob der Friedensvertrag in ein Instrument mit
22
beiden Kronen gefaßt und die Reichssachen darin eingeschlossen werden
23
sollen, 2. ob und wie die stiffter Oßnabrugk, Minden und Verden auß der
24
amnisti, dieselbe würde gleich aufs jahr 1618 oder 1627 geschloßen, zu
25
haltten? W: 1. Wie bei den Präliminarverhandlungen zwei Instrumente
26
zu verfassen zur Verhütung von Rangstreitigkeiten zwischen den Kronen
27
und die Reichssachen davon zu trennen, damit es nicht das ansehen ge-
28
winne, daß dieselbe sachen der coronen judicatur und transaction under-
29
worffen worden, und würde auch ohnedas, weiln der gravaminum darunter
30
mitt gedacht werden muste, der herr nuncius solch proiect mittzueferttigen
31
bedenckens haben. Welches der herr Volmar (alß darahn er nicht
32
gedacht) gahr wohl erinnert zu sein vermeldet, [...] nicht zweiffelend,
33
daß die ebenfalls zu befragenden Reichsstände zustimmen würden. Als
34
zur zweiten Frage W auf seine frühere Information verweist, Volmar:
35
Diese seye fundamental, wollte allein vernehmen, ob I. H. G. dem herrn
36
graffen von Trauttmansdorff darüber noch was weiters ahn handt geben
37
woltten; und werde darahn der herr graff guete satisfaction haben. Die
38
Spanier haben sich über die Zession des Elsaß sehr beschwert. Trauttmans-
39
dorff
hat ihnen geantwortet, daß das reich ihrenthalben sich nicht werde
40
wollen zue grund gehen laßen. Sie wollen jetzt Roussillon und Artois bie-
41
ten
, das Interesse der Franzosen an Katalonien und Portugal nicht groß.
42
[...]

[p. 457] [scan. 507]


1
1646 IV 22
Sonntag [...] – Longueville bei W. Serviens Verhand-
2
lungsziele
in Osnabrück

43
Servien war in Osnabrück 1646 IV 20–27.
: 1. schwedischer Verzicht auf Bremen und Ver-
3
den
, notfalls medium aliquod temporaneum [...], 2. Verzicht auf die perpe-
4
tuitet ratione der stiffter, 3. Waffenstillstand. Longueville hat den Bran-
5
denburgern
vorgestellt, daß die contra fundamenta religionis catholicae
6
gehende Abtretung der Stifter auf ewig die Katholiken nicht binden könne,
7
und zu einem Vergleich auf bestimmte Zeit geraten; jene scheinen den
8
Gedanken aufzugreifen. W: Verspricht Geheimhaltung und stellt die
9
für die Franzosen zu gewinnende ehr und das meritum bey Gott und den
10
menschen vor augen, wan sie in dießen materiis besorgendes unheill und böße
11
consequentias von der catholischen religion würden abwenden. Lon-
12
geville: Sie würden gern ihr bestes thuen, es müsten aber die catholischen
13
itzo gestaltten sachen nach sich nit unzeittig berühmen noch verlauten
14
laßen, daß sie die Franzosen der catholischen interesse sich dergestaldt an-
15
nehmen, weiln solches der sachen verschiedener ursachen und respecten
16
halber mehr hinder- alß vorträglich sein köntte, dahero sie dan auch
17
sowohl bey den Schweden alß protestirenden die contra perpetuitatem vor-
18
brachte, bey innen nit alß zue ihro der protestirenden selbst eignen besten
19
reichende argumenta movirten, damitt sie ex propria quasi securitate et
20
utilitate einzugehen bewegt werden mögtten, waß ieziger beschaffenheit
21
nach den catholischen auch am erträg- und verandtworttligsten. I. H. G.:
22
Man gedächte seinen des duc de Longeville bekandten guetten eiffer pro
23
bono religionis et dexteritate in negociationibus, wie auch seinen herrn
24
collegis nichts vorzuschreiben. Der catholischen kirchen sacrificia und
25
gebett würden alles bey Gott secundiren. Sonsten aber hetten die catholi-
26
schen nebenst den itzo der catholischen religion zum besten angewandte
27
officia die hoffnung, daß nachdemaln die cron Franckreich in puncto satis-
28
factionis gespürt, daß deroselben solche ansehenliche offerta geschehen und
29
die sache gleichsamb für verglichen gehaltten wirdt, es würden die Franzo-
30
sischen herrn plenipotentiarii inskünfftig so groß bedencken nit tragen, der
31
catholischen parthey sich offenbahr et positive anzunehmen. Longue-
32
ville
: Wegen Breisach und der Entschädigungszahlung steht die Einigung
33
noch aus, nach der sie anders sich auch der sachen köntten annehmen.

34
W: Im Namen Kurkölns und Kurbayerns sind die Ksl. zur Einigung mit
35
Frankreich ermahnt worden; zu hoffen, daß der Kaiser und Frankreich in
36
billiche weeg zusahmentretten und haltten. Frage nach den spanischen Ver-
37
handlungen
. Longueville: Auf das Angebot von Roussillon und Artois
38
haben sie eine considerable satisfaction gefordert, denn Roussillon ist schon
39
in ihrer Hand und daher das Angebot nicht so hoch zu schätzen. Die Be-
40
dingung
eines Verzichtes auf ihre Ansprüche wegen Navarra befremdlich,
41
dan ob zwarn Franckreich eines allgemeinen friedens begyrig, würde sich
42
doch dergestaldt nicht vorschreiben laßen. Derowegen sie dan resolvirt,

[p. 458] [scan. 508]


1
verahnlaßtermaßen mitt Ihrer Kayserlichen Majestät frieden zu machen;
2
Teutschland hette den verderblichen krieg ahm lengsten geführt, in den
3
Niederlanden stunde es noch beßer; wunschte gleichwol fried unter den
4
christlichen potentaten. Vorwürfe gegen die spanische Verhandlungsfüh-
5
rung
; Charakteristik der spanischen Gesandten. Negst dießem hat es
6
glegenheit geben, wegen der landgräffinnen von Hessen praetendirter satis-
7
faction anregung zu thuen, und die in dem schrifftlich vor dießem inen
8
übergebenen memoriali gesetzte rationes in etwas zu berühren und die
9
unpilligkeit deßen weiters zue remonstriren. Es hatt aber der duc de
10
Longeville sich deßwegen nit in disscurs einlaßen wollen, sondern cortesa-
11
mente per generalia geandtworttet.

12
W bei den Bayern. Gespräche mit Volmar und Longueville. Prüfung des
13
Mainzer Konzeptes an die Kurfürstlichen in Osnabrück wegen der sächsi-
14
schen Titulatur .

15
1646 IV 23
Montag Besprechung mit Melander außerhalb von Mün-
16
ster. – Schreiben Buschmanns

36
Anlage 32 (Buchmann an W 1646 IV 23): fehlt.
.

17
1646 IV 24
Dienstag Schreiben Buschmanns

37
Anlage 33 (Buschmann an W 1646 IV 23): fehlt.
. – Reichsräte .

18
1646 IV 25
Mittwoch Kurfürsten- und Fürstenrat

39
Vgl. APW III A 1,1 S. 575ff.
. – Mainzer bei W.
19
Dank des Kurfürsten für die Warnung vor den hessischen Satisfaktions-
20
ansprüchen
; Angebot der Zusammenarbeit in dieser Frage. Bitte um Unter-
21
stützung
der Mainzer Interessen wegen der Bergstraße bei den Pfälzer Ver-
22
handlungen

40
Anlage 34 (Mainzer Information über die Rechte an der Bergstraße): fehlt.
. Hiervon hatt man de publicis, in specie vom puncto satisfac-
23
tionis zu redden angefangen, da dan der Meinzischer canzler vermeldet, das
24
wohl zu beobachten sein werd, was Heiden ihm heute erklärt hat, nemblich
25
daß, wan gleich der punctus satisfactionis mitt den cronen geschlichtet, sich
26
doch das werck wegen der contentirung der militzi noch woll lang stecken
27
dörffte, zumaln, wie er vernehme, ein sehr hohe ohnerschwingliche sumb
28
begert werden würd, welches allerseits für eine wichtige consideration und
29
für guet gehaltten, dem herrn graffen von Trautmansdorff alßpalden
30
durch die zue Oßnabrugk anwesende Churmainzische und den Churcöllni-
31
schen canzlern Buschman davon zue advisiren und solchem newen emer-
32
genti in zeitten vorzukommen. [...]

33
Caspars bei W. Übergriffe der staatischen Besatzung in Rheinberg gegen
34
Pfarrer und Untertanen in Kirchoven. Weitaussehendes Schreiben des Kom-

[p. 459] [scan. 509]


1
mandanten an den Pfalzgrafen

36
Anlage 35 (gedr. lateinische Übersetzung eines Schreibens des staatischen Kommandanten
37
in Rheinberg an Pfalzgf. Wolfgang Wilhelm): fehlt.
. Wie auch W rät, hat Caspars die Sache
2
schon den Mainzern zur Proposition bei den katholischen Beratungen vor-
3
getragen. Übergibt eine gedruckte Deduktion der Neuburger Rechte im
4
Jülicher Sukzessionsstreit

38
Anlage 36 (gedr. lateinische Deduktion der Neuburger Sukzessionsrechte in Jülich-
39
Kleve): fehlt.
, die er allen Gesandten zuzustellen hat.

5
1646 IV 26
Donnerstag

35
5 Reichsräte] am Rande: an Bayern/Köln 1646 IV 27/28
Reichsräte .

6
1646 IV 27
Freitag Relation aus Osnabrück. – Bergaigne bei W. Hat
7
W längere Zeit nicht aufgesucht, weil die Spanier seine intensiven Bemü-
8
hungen
um die deutschen Angelegenheiten nicht gern sehen. Nach der Zu-
9
rückweisung
des spanischen Angebotes durch die Franzosen hat Peñaranda
10
ihn jetzt beauftragt, Ws Rat zu erbitten, obs nicht beßer were, daß man
11
eylfertig zusammensezen und die catholische mitt dem Kayser (deme bey
12
dießen tractaten so unpilliche sachen ahngemuhtet würden) bestendig
13
hieltten. Der könig von Spanien würde sein eußerist thuen, damitt aequio-
14
res conditiones erhaltten werden möchten. W: Leicht zu erachten, daß
15
dem könig in Spanien hoc rerum statu frieden zu machen hart und schwer
16
ankommen und deßwegen sie Spanische gesandten sich perplex befinden.
17
Die Franzosen sagten selbst, die Spanier seyen in der rhadtscammer und
18
wißten sich nicht zue resolviren. Diskussion des spanischen Angebots und
19
der französischen Forderungen. Bergaigne: Woltte noch ferner sein
20
bestes gern thuen, wan er allein wüste, waß der Franzosen praetension und
21
wamitt sie sich endtlich begnügen laßen wollen. Der herr graff von Traut-
22
mansdorff seye mitt hingebung des Elsaß und 3 stiffter sambt anderen
23
platzen ahn die Franzosen und den stiffteren ahn die Schweden gar zue
24
liberal geweßen, und werde man doch noch sehen, das von den Franzosen
25
noch weitere aufzüg dorfften gemacht und sie damitt nicht zufrieden sein
26
werden. Unzufriedenheit der Spanier über die Zession des Elsaß unerachtet
27
der spanischen Rechte. Und weiln gleichwohl die Franzosen damitt noch
28
nicht content, würde beßer sein, die Franzosen ad rationem meliorem zue
29
pringen, wan man recht zusammen sezen thette und nicht dergestaldt das
30
reich sich separiren, ohne Spanien schließen, sondern viellmehr der cron
31
Spanien zue erlangung eines reputirlichen friedens assistiren möchten.

32
I. H. G.: Man kehre das werck wie man wolle, seye ieziger rerum status
33
sehr beschwerlich sowol pro pace alß bello, kondten sich nit beßer alß mit
34
dem fato, daß die dispositiones alle fatales, trosten, auf einige angedeite

[p. 460] [scan. 510]


1
coniunction seye zumal kein facit zu stellen und leider nur gar zu notori,
2
wie hart die königliche Spanische armada in ihren eignen landen under-
3
halten werden und subsistiren, zu geschweigen, daß man von denselben viel
4
gewartten konne. Im reich seyen die uncatholische alle gegen oder doch nit
5
mit dem Kayser, die catholische theylß von Kayserlichen disgustirt, theylß
6
verdorben, auch under sich nit eins, und dan die uble disciplin bey der
7
Kayserlichen soldatesca genugsamb bekandt, daß daher Gott desto mehrer
8
straffen müste, auß welchem allem er leicht selbst zu erachten, ob auf
9
einige solche coniunction eine bestendige hoffnung zu machen seye. Und
10
hielten sie ihres theilß für das beste, wan sich Spanien, gleich der Kayser
11
gethan, sich uberwinden und den Franzosen, waß sie ohne deme thuen könt-
12
ten, woltten oder auch müsten, auf einmall ratione satisfactionis sich expli-
13
cirten und heraußließen, alß erst hernacher mitt den 4 orten aufgezogen zu
14
kommen und damitt die zeitt zu verlieren; underdeßen zu besorgen, daß
15
die sachen auf ihrer seiten in noch ärgeren standt gerathen und villeicht die
16
ganze Niederlanden verlohren werden möchten; beßers köntten sie inen,
17
alß gemeldt nicht rahten. Er: Dieß seye eben der Spanier clag, daß ihre
18
sachen durch des Kaysers oblationes, und daß man allein ex parte imperii
19
mitt Franckreich frieden machen woltte, desto beschwerlicher gemacht und
20
inen dadurch gleichsamb der ganze last auf den halß geschoben würde.

21
I. H. G.: Es seye einmahl gewiß, daß wan der Kayser und das reich auß
22
dem krieg kommen köntten, sie es wegen der Spanier nicht laßen würden,
23
gleich man dan auch, wan den sachen recht nachgedacht, befinde, daß das
24
reich gueten theilß umb der Spanier willen in gegenwerttigen ruin gesezet,
25
alßo den sachen anderst nicht zu rahten, daß dahin ex parte Spanien
26
gleichfalß bey dießen tractaten zu sehen, wie der unruhe und unglegenheit
27
in ihren landen ein end gemacht werden köntte, juxta proverbium Hispani-
28
cum: perdere che mas perdere. Auff welches der herr bischoff lachende
29
seinen abschied genommen, mitt bitt, wan I. H. G. vernehmen, wie auß den
30
sachen zu kommen sein mögtte, alßdan sie inen davon vertrawliche nach-
31
richt geben mögtten. – [...]

32
Mainzer bei W. Mitteilung der heutigen Nachrichten Buschmanns über die
33
hessischen Satisfaktionsforderungen

41
Der Eingang eines Schreibens Buschmanns ist an diesem Tage nicht vermerkt; gemeint ist
42
wohl die 1646 IV 25 in Osnabrück übergebene hessische Satisfaktionsforderung (Druck:
43
J. G. Meiern II S. 978 ).
. Seye ein exorbitant und pur lauter
34
unmögliches begeren. Weiln nun damitt Churmainz, Churcölln, stifft Mün-
35
ster, Paderborn und Fulda angefochten werden wollen, so müßte auff ein
36
expediens, und zwarn zum allerfürderligsten [...] gedacht werden. [...]
37
Sicher, daß Churcöln von ihren stiffteren nicht das geringste dahin laßen
38
werde, nicht zweiffeldend, das es gleiche mainung bey Churmainz auch
39
habe. Die Interessierten müssen sich zusammentun, weshalb er eine Bera-
40
tung
für morgen vorschlägt. Die Mainzer einverstanden.

[p. 461] [scan. 511]


1
1646 IV 28
Samstag Übergabe des Gutachtens der Reichsstände über die
2
Repliken der Kronen an die Ksl. . – Vorherige Anfrage der Mainzer: 1. Kann
3
das Memorial der rheinischen und schwäbischen Ritterschaft wegen Einschluß
4
in den Frieden dem Gutachten einfach beigelegt werden? 2. Soll das Ge-
5
such
der Städte Münster und Osnabrück wegen Aufhebung der Zölle und
6
Lizenten in beiden Stiftern

43
Memorial der Städte Münster/Osnabrück 1646 IV 24 (Druck: APW III D 1 S. 150).
den Ksl. empfohlen werden? W: 1. Einver-
7
standen
. 2. Will nähere Informationen geben. – Konferenz der von der
8
hessischen Satisfaktion betroffenen Stände. Danach Information an die
9
Mainzer: Vor zwei Jahren haben Kurköln und W nach Abstimmung mit
10
dem Kaiser die Bedingung gestellt, daß Münster und Osnabrück zunächst
11
die Erhöhung ihrer Akzise aufgeben und die Abstellung der spanischen,
12
staatischen, schwedischen und hessischen Zölle erwirken sollten, inzwischen
13
das Eigentum der in beiden Städten sich aufhaltenden Gesandten aber frei
14
passieren könne. Darauf erklären die Mainzer, die Sache auf sich beruhen
15
und den stetten bei fernerem angeben dießen beschaid wiederfahren laßen
16
zu wollen.

17
Mitteilung Serviens: In Wallenhorst wollen die Schweden auf Eingabe der
18
Bevölkerung einen katholischen Geistlichen zulassen. Wegen Gehrde kann
19
der Bote keine Auskunft geben.

20
Einen sich anmeldenden mantuanischen Sekretär vertröstet W und läßt
21
bei Chigi Erkundigungen wegen des Zeremoniells einziehen. Chigi: In
22
Rom wird Mantua wie Savoyen behandelt; er hat aber dem Vertreter er-
23
klärt
, er möge zunächst die Zustimmung der Ksl. und der Kronen einholen.
24
Servien hat den Mediatoren bei seinem Bericht über die Verhandlungen in
25
Osnabrück in specie ratione der stiffter und des religionswesens [...] keine
26
sonderbare vertröstung gegeben, allein [...] vermainen wollen, die uncatho-
27
lische stendt, denen er, alß ihrer fünff bey ihme sich angemeldet, zimblich
28
hette zugesprochen, auf amplectirung eines medii temporalis würden zu
29
pringen sein. Ratione armistitii hetten sich die Schwedische legati des
30
wercks nicht undernehmen wollen, sondern daß solches von der generalitet
31
dependiren thette, und seye dießfalß zwischen den Franzosen und Schwe-
32
den der underschiedt zu machen, daß der duc de Longeville ein so hohe
33
person; hetten sich zwarn erpotten, ahn den Touraine zu schreiben, zue
34
dem end für den abschickenden einen salvum conductum geferttigt haben
35
woltten.

36
Mitteilung an die Bayern. Diese meinen, daß Mantua weder entgegenzu-
37
schicken
noch der Exzellenztitel zu geben ist. Wegen des Waffenstillstan-
38
des
haben sie von den Franzosen die gleiche Nachricht mit dem Zusatz,
39
daß die Schweden innerhalb 10 Tagen Antwort von Torstenson erwarten
40
und die Franzosen an Turenne geschrieben haben. Wegen der gravaminum

[p. 462] [scan. 512]


1
religionis hetten sie hoffnung geben, daß die uncatholische wie auch die
2
Schweden auf der gesuchten perpetuitet nicht bestehen würden. Ratione
3
negocii Palatinatus hetten sich die Schweden schir soviell vernehmen laßen,
4
daß sie die Franzosen darmitt allein würden geweren laßen. Alß auch sie
5
Churbayerische der von den Hessen ganz ohngereimbt gemachten praeten-
6
sion gedacht, hetten sich die Franzosen dabey ganz übell zuefrieden bezeigt
7
und gemeldet, daß inen davon nichts bewust, würden auch inen darinn,
8
und sonderlich soviell Paderborn betrifft, keinen beifall geben. Endtlich
9
hetten sie auch der Schweden herahnmarche gegen dießen craiß, und waß
10
solches dießen tractaten für unglegenheiten, auch wohl deren aufhebung
11
veruhrsachen werde, meldung gehabtt, mitt begeren, daß die Französische
12
solches bey den Schwedischen legatis divertiren helffen woltten. Welches
13
sie alßdan zu thuen zugesagt, wan sie ohnedeme mitt den Schweden über
14
die erwarttende Kayserliche duplic verglichenermaßen zue Lengerich con-
15
feriren würden. Sie Churbayerische aber hetten inen remonstrirt, daß solches
16
noch zeitt erförderen, inmittelß aber der exercitus weiter fortgehen und
17
alßdan desto übeler werde zurugkzukehren sein, und begert, daß doch ohne
18
zeittverlierung deßhalber bey den Schwedischen vorbawung geschehe, war-
19
zue sie sich erpotten hetten.

20
1646 IV 29
Sonntag [...] – Schreiben an Buschmann

41
Anlage 37 (W an Buschmann 1646 IV 29): fehlt.
. – Caspars
21
bei W. Jülich-bergische Geistliche. Hat Nachricht, daß der Schweden iezi-
22
ger einbruch in dießen Westvälischen craiß

42
Vgl. J. Foerster S. 281f.
dahin einzig angesehen, da-
23
durch die Gülische landen Pfalz Newburg abzunehmen und ahn statt
24
Pomeren dem churfürsten zue Brandenburg einzuraumen.

25
W bei Chigi. Hessische Satisfaktionsforderungen. Ws Bedenken gegen die
26
von Servien wegen Wallenhorst erwirkte schwedische Erklärung: 1. Es
27
wird ihm zugemutet, die Untertanen selbst an die Schweden als angebliche
28
Landesherren zu verweisen. 2. Präjudiz gegen den Standpunkt, daß die
29
Schweden zur Einräumung an die Katholiken durch den Präliminarvertrag
30
verpflichtet sind. 3. Die Schweden erklären sich nicht zur Entfernung des
31
Prädikanten, so daß diesem die Einkünfte bleiben. 4. Sie suchen in konfes-
32
sionell
gemischten Orten die Zulassung von Geistlichen beider Konfessio-
33
nen
durchzusetzen. 5. Das bedeutet für Osnabrück die Gefahr der Einset-
34
zung
weiterer Prädikanten beim Tod katholischer Geistlicher. Mit Zustim-
35
mung
Chigis hält W daher für richtig, daß der Dompropst als Patronats-
36
herr
sich unter Bezug auf die Servien gegebene Erklärung nochmals bei den
37
Schweden angibt. Chigi: Servien meint, daß auf seine Bemühungen hin
38
wegen des geistlichen Vorbehalts und der Überlassung der Stifter auf ewig
39
die Gegenseite nachgeben werde; Bremen und Verden, fürchtet er, gingen
40
durch Nachgiebigkeit der Ksl. verloren. Mit dem Reich sind nach

[p. 463] [scan. 513]


1
Chigis Auffassung die Franzosen zum Frieden unter für sie günstigen
2
Bedingungen bereit, wegen Spanien zweifelt er an beiden Seiten. An-
3
zeichen
für eine nachdrückliche Kriegsführung Frankreichs in den Nieder-
4
landen
in diesem. Sommer. Und sagte der herr nuncius, daß wohl ein
5
erschreckliches ding, daß die Spanier sich nicht beßer zue salvirung des
6
rests anschickten. W: Gespräch mit Bergaigne. Worauff der herr
7
nuncius, daß er auch auß mehr anderen sachen vermercken könne, daß
8
auß großer verbitterung gegen die Franzosen sich nicht überwinden könt-
9
ten, sondern mitt gewaldt sich zue revangiren suchten, welche consilia und
10
impressiones aber sie besorglich umb alles übrige pringen werd. Wegen des
11
armistitii hab der Servient gesagt, daß die legati Suecici darinnen ohne dem
12
Torstensohn nichts thuen dorfften, hetten zue ihme abgeordnet und seyen
13
innerhalb zehen tagen der andtwortt erwarttent, interim woltten die Fran-
14
zosen des armistitii halber gleichfalß dem Touraine zuschreiben. Seines
15
theilß beförchte er, daß man sich betrogen finden und keinem theill, weder
16
Franckreich noch Schweden, darzue ein ernst sein werde. Sonsten geben die
17
Schweden, wie er vernehme, vor, daß die Torstensonische auß mangel
18
brodts dießer endts hetten kommen müeßen. I. H. G.: Wie sie berichtet,
19
woltte es dahin angesehen sein, 1. Churbrandenburg der Gülischen landen
20
halb, und dan 2. den Hessen umb mehr landt und leut dardurch zu erlan-
21
gen, ein reutherdienst zu thuen; auch 3. den punctum wegen contentirung
22
der militzi bey den tractaten in der nähe desto mehrer zue urgiren. Der
23
herr nuncius vermeldete dabey, daß er vom ersten gleichfalß berichtet
24
worden seye; daß zweitte köntte er sich woll imaginiren, auch das dritte
25
desto leichter glauben, wan er sich erinnere, waß ihme der Servient gesagt,
26
daß, wan der fried geschloßen, alßdan deßen sicherheit in abdanckung der
27
völcker bestehen würde; der Kayser würde die seinige maistens der Tür-
28
cken wegen behaltten wollen, den anderen aber, wan man sie abgedanckt
29
sehen woltte, satisfaction müste gegeben werden. Mangelnder Nachdruck
30
zur Aufrechterhaltung der Immunität von St. Gereon gegenüber der Stadt
31
Köln beim Kurfürsten. Xanten. Ersetzung des Weihbischofs von Münster

42
Johann Nikolaus Claessens (um 1582 1650), Bf. von Akkon 1622, Weihbf. von Mün-
43
ster, resigniert 1647; Nachfolger wurde der Xantener Propst Johann von Sternenberg
44
gen. Düsseldorf.
.

32
W bei den Bayern. Gespräch mit Chigi. Bayern: Gestriger Bericht Ser-
33
viens
über die Verhandlungen in Osnabrück, im wesentlichen übereinstim-
34
mend
mit den Angaben Chigis. Wegen des Waffenstillstandes rechnen die
35
Schweden innerhalb von 10 Tagen mit der Antwort Torstensons, bei
36
Turenne erwarten die Bayern keine Schwierigkeiten, da Longueville ihm
37
auch militärisch übergeordnet ist. Wegen der Oberpfalz hat Servien durch
38
Erwähnen von Schwierigkeiten die Bayern zu milderen Bedingungen zu
39
veranlassen gesucht, als sie fest blieben, lachendt darauff gesagt, sie wehren
40
gute diener ihres hern, welche mit alsolcher bestendiger vorsichtigkeit
41
dessen interesse in acht nehmen, und versichert, daß sie in dieser Pfältzi-

[p. 464] [scan. 514]


1
schen sachen es bey ihrer vorigen erklerung und erpiethen liesen. Haslang
2
hat unter Berufung auf die frühere Aufforderung, ungünstige Äußerun-
3
gen
über sie offen mitzuteilen, die Franzosen von Nachrichten infor-
4
miert
, wonach Servien mit den Schwedischen mehr de continuatione und
5
prorogatione der under den cronen gemachter confoederation, wie auch
6
einigen nachlasung der gelder, welche die cron Franckreich an Schweden
7
jahrlichs in subsidium belli gibt, alß de pace promovenda tractirt. War-
8
auff er Servient rodt worden und es damit beandtwortet, ihme beschehe
9
ungleich, und die gehabte instruction hervorgezogen, sich darauff bezie-
10
hendt, das es seine instruction wehre, welche ihme, was zu Osnabrug zu
11
verrichten, aufgeben. Wegen der praetendirter Hessischen satisfaction, dar-
12
innen hetten die Frantzosen, daß die Hessen darinnen also weit gangen
13
wehren, eine sonderliche displicentz bezeigtt. I. H. G. theten sich der
14
beschehener communication bedancken und rhumeten, daß mit solcher
15
dexteritet dem conte Servient, in was conceptu er dieser endts seye, wehre
16
zu verstehen geben worden. Die praetensa Hassica satisfactio seye gar zu
17
weith außsehendt, wie sie I. H. G. deßwegen dan mit dem herrn nuntio
18
geredt, so auch vor dienlich zu sein hielte, daß die catholische sich vorerst
19
der sachen insgesambt annehmen und per deputatos sowoll die Kayser-
20
lichen herrn gesandten alß die herrn mediatores requiriren liesen, deßwegen
21
sich gehörenden ohrts anzunehmen. Die Mainzer sind verständigt und wer-
22
den
für morgen darüber eine Beratung ansetzen.

23
1646 IV 30
Montag Konferenz der katholischen Stände . – Konfe-
24
renz der katholischen kurfürstlichen Gesandten

39
Zur Beratung der ksl. Duplik in die Franzosen; kein Verweis auf ein dabei gehaltenes
40
Protokoll.
.

25
Mitteilung der Bayern: Als sie mit den Mainzern den Ksl. die Erinne-
26
rungen
zur ksl. Duplik zugestellt haben , wurden entsprechende Ände-
27
rungen
aus Zeitgründen und weil alles so abgesprochen sei, abgelehnt.
28
Nun beforchten sie Churbayerische, gleich I. H. G. in ihrem voto erinnert,
29
daß den Frantzosen auf solche weiß nova materia zu disputiren gegeben
30
werden möchte. Vermeinten derohalben gut zu sein, daß davon der herr
31
nuncius mögte avisirt und durch deßen wie auch des Veneti mediation der-
32
gleichen obstacula amovirt werden. W: Hat bereits Reck beauftragt,
33
morgen Chigi ein und andere remonstration zu besserer information zu tun.
34
– [...]

35
1646 V 1
Dienstag Reck bei Chigi. Gestriger Beschluß zur hessischen
36
Satisfaktion . Ksl. Duplik, an der die Kurfürstlichen aussetzen, daß sowoll
37
in praeliminaribus alß andern punctis die principia et causae belli wieder-

[p. 465] [scan. 515]


1
umb berurt, auch rationes confoederationum in imperio admittendarum
2
und sonsten einige sachen eingeruckt wehren, welche newen disputat und
3
aufenthalt verursachen möchten. Bitte an Chigi, daß er es nach Erhalt der
4
Duplik dahin dirigiren möge, daß deßwegen keine weiterungh und fernerer
5
aufenthalt verursacht wurde, und nachdemahln man wiste, wie empfindt-
6
lich itzo sich die Frantzosen bey ihrem gluck bezeigten, und daß vor die-
7
ßem die herrn mediatores die vorkommene propositiones und schrifften ab
8
una et altera parte moderirt, so wurden sie hierin den sachen auch woll zu
9
thun wissen. Chigi: Erfreut, daß die catholische insgesambt wegen der
10
Hessen praetension sich der sachen angenohmmen. [...] Die Frantzosen
11
wehren sehr empfindtlich und redeten alß victoriosi, und nachdemahln
12
Ihre Kayserliche Majestät sich albereits in puncto dandae satisfactionis so
13
weit uberwunden, so muste man die principia belli nit wiederumb anfangen
14
zu disputiren. Er wolte den Venetum vorhin woll informiren und sich diese
15
sach bey uberlieferung der duplic angelegen sein laßen, dabey fragendt, ob
16
man nit dafur hielte, daß die herrn Kayserliche auf ihr der mediatorn zu-
17
sprechen in den zu der offension reichenden materiis et verbis etwas
18
enderen wurden. Warauff alß ihme geandtwortet, was ohne Ihrer Majestät
19
und des reichs nachtheil geschehen konte, darinnen wurden die herrn
20
Kayserlichen sich woll zu accommodiren wissen, fienge er ahn von den
21
Spaniern in Niederlandt zu redden, daß bey denselben alles so langsamb
22
hergienge, daß er forchte, wan die Frantzosen schon vom reich wurden
23
abgehalten, daß sie dannoch in Niederlandt, angesehen sie große kriegs-
24
praeparatoria machten, gehen wurden. Der herr thumbprobst: Dieß
25
wehre eben die ursach, daß verschiedene im reich in die gedancken gerä-
26
then, alßwan die Spanische sich bemuheten, daß mit Ihrer Kayserlichen
27
Majestät und dem reich der friedt nit mögte mit den außlendischen ge-
28
schlossen werden, bevorn sie ihre sachen mit den Stadischen und anderen
29
ihren rebellen auch adioustirt hetten. Er herr nuncius: Könte nit eigent-
30
lich wissen, was die Spanische intendiren mochten, vermerckte aber soviel,
31
daß [...] Terranova sich zimblich in die negotia eintrunge und fur Spanien
32
am Kayserlichen hoff redete, hoffte gleichwoll, es wurden Ihre Kayserliche
33
Majestät sich bey der morgen ankommender post also erkleren, daß,
34
nachdeme die Frantzosen auch kunfftigen freitagh ihre andtwort von Pariß
35
haben konten, darauff ein zuverlesiger schluß zu machen, darumb halte er
36
die vom herrn thombprobsten beschehene erinnerung sehr gut. Diesem-
37
negst alß ihme herrn nuntio referirt worden, welcher gestaltt die Schwe-
38
dische hauptarmada albereits in den stifft Paderborn ankommen und derent-
39
wegen allerhandt gefahr zu besorgen. So hatt er zwarn solches ungern
40
und mitleidentlich vernohmmen, doch nit gewust, wie es derzeit zu diverti-
41
ren, und darauf in den discurs gerathen, er hette offters gewunschet und
42
wollmeinentlich erinnert, daß, wan schon Ihre Churfürstliche Durchlaucht
43
in Bayern keine völcker mehr hetten wollen werben laßen, dannoch sie
44
andern die opinion gemacht hetten, alß wan sie bey ihrer friedtliebender

[p. 466] [scan. 516]


1
intention gleichwoll bey einem ungewissen außschlagh sich noch stärckers
2
und mehrers armiren.

3
Neue Nachrichten vom schwedischen Vormarsch. Beratung der anwesen-
4
den kurfürstlichen Räte über eine von Blumenthal angeforderte Resolution
5
zu von Melander an Reck und Herding mitgeteilten Punkten

37
Anlage 38 (Gutachten der kurkölnischen Räte auf Melanders Punkte): fehlt.
– Schreiben
6
Buschmanns

38
Anlage 39–40 (Buschmann an W 1646 IV 30, V 1): fehlt.
.

7
Mitteilung der Mainzer: Entwurf einer für Mediatoren und Ksl.
8
bestimmten Informationsschrift in der hessischen Satisfaktionsfrage.

9
1646 V 2
Mittwoch Beratung der kurkölnischen und münsterischen
10
Räte über den Mainzer Aufsatz. – Schreiben an Buschmann

39
Anlage 41 (W an Buschmann 1646 V 2): fehlt.
.

11
1646 V 3
Donnerstag Schreiben an Buschmann

40
Anlage 42 (W an Buschmann 1646 V 3): fehlt.
. – Mantuaner Sekre-
12
tär bei W. Notifikation des Einzuges mit Bitte um Entgegenschickung.

13
W: Kann allein nicht entscheiden. Auf die Antwort, die Mainzer seien
14
günstig gesinnt, wenn nur W zustimme, wiederholt W, daß es zwischen den
15
churfürstlichen muste concertirt werden. Verweist auf die seit Longuevilles
16
Einzug beobachtete Praxis und fragt, da sich die Kurfürstlichen dabei nach
17
den Ksl. gerichtet haben, nach Trauttmansdorffs Meinung. Der Sekretär
18
gibt zu, daß er bei diesem keine sonderliche inclination verspuhren konnen,
19
indeme derselbe zu ihme gesagtt, daß er all’incognito und unversehens
20
wehre hereinkommen. – Mitteilung an Mainzer, Trierer und Bayern. –
21
Relation Buschmanns

41
Anlage 43 (Buschmann an W 1646 V 2): fehlt. Zum Inhalt vgl. Schreiben der ksl. Ge-
42
sandten 1646 V 1 (Druck: C. W. Gärtner IX S. 538ff).
.

22
W bei Chigi. Bericht Buschmanns wegen der Schwedischen tractaten in
23
puncto satisfactionis alß gravaminum religionis. Chigi sehr erschrok-
24
ken, mit vermelden, er sich woll niemahln vermuthet hette, daß man der-
25
gestalt mit den tractatibus pacis umbgehen solte, hette auch offters anre-
26
gung gethan, daß man in vielen sachen gar zu unzeitig procedirte und das
27
tempo nit in acht nehme, wolte nit hoffen, daß es also gethan seye, und
28
wehre zu verwunderen, daß man nicht per gradus gienge, dan hette man
29
den Schwedisch- und Brandenburgischen vorerst gelt offerirt, hette man
30
allezeit zu dieser oblation kommen konnen. Auf ein Breve zur Empfehlung
31
der kirchlichen Interessen hat Trauttmansdorff ihm neulich geantwortet, er
32
wolte zwarn sein best thun, wan aber nicht alles pro religione catholica zu
33
erheben und die geistliche guter hinweggeben werden musten, wurde daran
34
Ihre Pabstliche Hayligkeit oder auch er herr nuntius nit schuldig sein, sehe
35
also nit, wie dem werckh zu remediiren, sondern sorgte, es wurde in grava-
36
minibus noch ein mehrers vergeben werden. I. H. G.: Desto mehr

[p. 467] [scan. 517]


1
wehre den Frantzosen zuzusprechen, damit sie die Schweden und uncatho-
2
lische dahin disponirten, daß sie so starck in die catholische nit trungen und
3
dermalen eins auß den gravaminibus sich machten. Er herr nuncius:
4
Wolte gern daß seinige dabey thun und heut noch mit dem duc de Longe-
5
ville, welcher zu ihme kommen wurde, davon redden. Referirte dabey, daß
6
er seltzame avisen, daß nemblich Churtrier die vestung Philipspurg den
7
Frantzosen innen- und weiters fortificiren zu lasen sich erklert hette, und
8
dieses auß diesem principio, alß wan der Kayser die confoederationes der
9
stendt gultig zu sein erklert hette, so bey diesen tractaten und den Frant-
10
zosen woll newe remoras erwecken dorffte. In einem Schreiben an ihn hat
11
Kurtrier diese confoederation angezogen, dabey dieses expresse vermeldent,
12
wie unrechtt er wegen gemachter confoederation mit Franckreich so lange
13
jahr wehre angehalten worden. Uber dieses bedeutete er herr nuntius, daß
14
ihme die duplic ex parte Caesareanorum auf die Frantzosen sehr lieb und an-
15
genehm gewesen, masen er und der Venetus sich deren woll bedient. Bericht
16
über die Konferenz der Mediatoren mit den Ksl. (vgl. APW III C 2,1 S. 611f).

17
Diesemnegst divertirten I. H. G. und referirten, welcher gestaltt die
18
Schwedische mit der armada ietzo so nahe kommen und dem verlauth nach
19
die stadt Paderborn und Widdenbrugk angreiffen wolten, welchem sie
20
desto mehrers glauben geben musten, weiln sie ohne daß auß Cassell diese
21
avisen, daß man sich aldorten beruhmen thete, wie daß die cron Schweden
22
selbigen gantzen stifft der fraw landtgravinnen einraumen, auch dabey
23
manuteniren wolten, päten also und erinnerten den herrn nuntium, ob nicht
24
bey den Frantzösen die remonstration zu thun, ihme beliebig, damit dieser
25
stifft und stadt Paderborn unattaquirt pleiben möchte, sonderlich da leicht-
26
lich abzunehmen und die frische exempla nach vorhanden, wie es in
27
religione hergehen wurde, uber das auch dem reich sehr praeiudicirlich, daß
28
solcher stifft alß ein Schwedisch lehen (masen solches der landtgraff emp-
29
fangen) vom Romischen reich solte abgerissen und dadurch die tractatus
30
pacis besorglich gantz abrumpirt oder doch schwerer gemacht werden.
31
Wiedenbrück die einzige ihm noch gebliebene und unter ihm ganz katho-
32
lisch
gewordene Stadt. Gefahr für die Religion bei Verlust an die Schwe-
33
den
. Chigi: Will deshalb mit Longueville reden. Der Mantuaner Sekre-
34
tär
hat ihm Ws Antwort mitgeteilt; er hat zwarn dazu nichts zu sagen, be-
35
richtet
aber zur Information, daß Mantua in Rom mit Savoyen gleich
36
behandelt wird, und meint, daß die Kurfürstlichen entgegenschicken könn-
37
ten
. W: Will mit den anderen Kurfürstlichen überlegen.

38
W bei den Bayern. Militärische Lage. Gespräch mit Chigi. Bayern: Ohne
39
besonderen Befehl können sie wegen Mantua nichts tun. – [...] – Be-
40
sprechung
mit Blumenthal in militärischen Angelegenheiten. – [...]
Freitag Schreiben Buschmanns

37
Anlage 44 (Buschmann an W 1646 V 3 mit Text der ksl. Duplik an die Schweden):
38
fehlt.
. – Mitteilung des Mantua-
2
ner Gesandten

39
Francesco Nerli, conte Valdery.
: Wegen der von den Mainzern seinem Sekretär dargelegten
3
Schwierigkeiten ist er inkognito eingezogen.

4
Anfrage bei Chigi: Haltung Longuevilles wegen Paderborn und Wieden-
5
brück
; französische Resolution in der Satisfaktionsfrage. Chigi: Lon-
6
gueville
hat auf die Bitte, daß beide Städte nicht angegriffen würden, guete
7
vertröstung gegeben. Da man aber öffters verspürt, daß die sachen, warin-
8
nen sich ermelter Longeville alsogleich anfangs so prompto bezeigt, gemai-
9
niglich ohne effect verplieben, muß man bey der hoffnung gleichwoll auch
10
die gegenottörfft in obacht halten. Nuntius und venezianischer Vertreter in
11
Paris

40
Bagno und Nani.
berichten, die Gesandten seien angewiesen, gegen Elsaß mit Breisach
12
und Neuenburg sowie einer Geldabfindung für die Waldstädte Frieden zu
13
schließen, doch stimmen deren Berichte nicht immer mit den Erklärungen
14
der französischen Gesandten überein. Das leztere wegen der waldtsteete
15
hielte er allein dahin angesehen zu sein, damitt sie materiam tractandi und
16
etwas nachzugeben haben mögen. Hat Nachricht, daß das englische Parla-
17
ment
Deputierte schicken will, die unter Drohung mit einer militärischen
18
Intervention von 25 000 Mann die völlige Restitution des Pfälzers fordern
19
sollen. Dahero seines erachtens man zeitt über zeitt haben werd, mitt dem
20
beschluß der tractaten disshalber moglichst zu eylen und dardurch dießes
21
vorhaben zu underbrechen, mit begeren, [...] Haßlang davon in confi-
22
dentia parte zu geben, und daß er sowohl alß I. H. G. das negocium bey
23
den Kayserlichen stringiren woltten.

24
1646 V 5
Samstag Schreiben an Buschmann

41
Anlage 45 (W an Buschmann 1646 V 5): fehlt.
. – Kurfürstenrat . Da-
25
bei Mitteilungen der Äußerungen Chigis an die Bayern. Diese sind heute
26
von Chigi auch benachrichtigt worden und wollen deshalb die Franzosen
27
aufsuchen. Auf Bitten Ws wollen sie sich dabei für Paderborn und Wieden-
28
brück verwenden.

29
Mitteilung der Bayern: Wegen Paderborn und Wiedenbrück hat Servient
30
alspald und zwarn iterato sich vernehmen laßen, daß es grose difficulteten
31
haben werd. Zur Pfälzer Sache wurde erklärt, man solte ihnen mit Brysach
32
und Newburg willfahren, alßdan sie sowol in dieser alß anderen die
33
religion betreffenden sachen bezeigen wolten, was sie offters vertröstet.
34
Und alß sie Churbayerische die instantz gemacht, wan allein nicht wieder-
35
umb, habita iam satisfactione mit Brysach, mit ein oder ander auß den
36
waldstetten newe praetension würde gemacht werden, hetten sie versichert

[p. 469] [scan. 519]


1
quod non. Auf die Entschädigung der Innsbrucker Erben sind die Fran-
2
zosen
trotz mehrfacher Anregung nicht eingegangen.

3
1646 V 6
Sonntag Als die Deputation an die Ksl. in der hessischen
4
Frage

39
Beschlossen von den katholischen Ständen 1646 IV 30.
scheitert, weil vor allem Salzburg, Deutschmeister, Stadt Köln und
5
Aachen Einspruch gegen die Erwähnung einer Entschädigung für die
6
katholische Liga erheben, antwortet W auf Anfrage der Mainzer, daß man
7
diesen passum in Gottes nahmen möchte außlaßen und doch in hoc tam
8
praegnanti negotio lenger nicht cunctiren.

9
1646 V 7
Montag W bei Nassau. Mitteilung eines ihm Session und
10
Votum für Schaumburg zusprechenden ksl. Befehls

40
Anlage 46 (Ksl. Resolution wegen Schaumburger Session): fehlt. Vgl. Kaiser an ksl. Ge-
41
sandte Münster 1646 IV 6 (Druck: C. W. Gärtner IX S. 239).
. Nassau: Trautt-
11
mansdorff
kommt in diesen Tagen zurück. Die Franzosen haben den Media-
12
toren
erklärt, auff Breysach und Newburg neben dem Elsaß den frieden zu
13
schließen. Salvius hat bei Trauttmansdorff die Alternation bei der Kur und
14
völlige Restitution der Pfälzer Lande als angeblich französische Forderung
15
erwähnt, ist aber auf die achte Kur und die Unterpfalz verwiesen worden.
16
Forderungen nach der Amnestie 1618, Wiederherstellung der religion und
17
maiestetbrieffe in den erblanden und perpetuitet hat Trauttmansdorff, alß
18
wovon nicht zu rehden were, rund abgeschlagen. Ferner der Salvius, daß
19
Churbrandenburg gegen Pomeren eine andere satisfaction mitt den herzog-
20
und fürstenthumben Jagerendorf, Sagan und Großgloggaw

42
Jägerndorf, Sagan, Glogau: schlesische Teilfürstentümer, von denen Jägerndorf 1523–
43
1623 und Sagan 1552–1558 brandenburgische Prinzen besessen hatten.
nebenst ein par
21
bißthumb geschehen muste. Keine Neigung zur Abtretung Breisachs in den
22
letzten ksl. Schreiben; unbekannt, ob Trauttmansdorff inzwischen andere
23
Weisungen hat. Die uncatholische gar übell zuefrieden, daß man solchen
24
plaz den Franzosen soltte undergeben wollen, und möchte es daßhalber
25
woll uneinigkeit zwischen den stenden gebehren. Churbayern habe zwarn
26
Ihrer Majestät einen aignen currier deßhalber zugeschickt, wohin aber die
27
resolution gefallen, muste man erwartten. I. H. G. beandtwortteten das
28
leztere, ob man dan wegen dießes einzigen plazes, da ganze bißthumber
29
und landen hingegeben, den krieg mitt gefahr, daß das ganze hauß Öster-
30
reich darüber mehr leiden und noch woll provincien verloren gehen kun-
31
den, werd in der christenheit continuiren wollen. Darüber er die
32
achselen gezogen. Beginn der spanisch-staatischen Verhandlungen nach Be-
33
richtigung
der Vollmachten. Zum Waffenstillstand wollen die Schweden
34
sich ganz nicht verstehen, [...] wiewohl die Französische so guete ver-
35
tröstung darzue geben hetten. – [...]

36
Oldenburger Bevollmächtigter bei W. Oldenburger Zollsache. Antwort Ws
37
per generalia.

38
Mitteilung an Bayern und Mainzer: Kurkölnische Weisung wegen des Zere-

[p. 470] [scan. 520]


1
moniells
für Mantua. Er hat darauf nach dem Vorbild des Nuntius und der
2
Franzosen zur Ankunft gratulieren lassen, zumal man Savoyen, dem
3
Mantua in Rom gleichgestellt wird, Visite und Exzellenztitel gegeben hat.
4
Ratione sessionis hette man sich catholischentheilß in die admission nicht
5
zu sperren, wan allein exempla vorhanden, daß Mantua oder Montferrato
6
solche iemaln gehabt. Mainzer: Die Ankunft ihnen noch nicht notifi-
7
ziert
, werden sich im Zeremoniell den übrigen Kurfürstlichen anschlie-
8
ßen
. Bayern: Haben gestern zur Begrüßung geschickt. Ohne besonde-
9
ren
Befehl können sie weder Exzellenztitel noch Visite geben. In der
10
Sessionsfrage beide wie Köln.

11
Deputation der katholischen Stände an die Ksl. in der hessischen Frage.

12
1646 V 8
Dienstag Bericht Buschmanns

41
Buschmann war mit der ksl. Verhandlungsdelegation 1646 V 7 aus Osnabrück zurück-
42
gekehrt.
: Gespräch Salvius – Trautt-
13
mansdorff 1646 V 4 entsprechend den ihm von letzterem am folgenden Tag
14
gegebenen Mitteilungen (ausführlichere Wiedergabe der Nachrichten
15
Nassaus 1646 V 7).

16
Buschmann bei Trauttmansdorff. Bitte um Verwendung für Paderborn und
17
Wiedenbrück bei Rosenhane. Trauttmansdorff: Das er schon fir sich
18
selbsten zu Oßnabrugk mit dem Salvio dishalber geredt

43
Vgl. C. W. Gärtner IX S. 191ff.
, in specie wegen
19
der stiffter Oßnabrugk und Munster, weiln sie in den praeliminartractaten
20
begriffen. Der Salvius hette gesagt, er miesste es bekhennen, und werden
21
solche kein nott haben. Der graff hat aber vermaint, man solle sich darauf
22
nit verlassen, sondern vigilant sein. Vor seiner Abreise haben die Schweden
23
sich beklagt, daß die ksl. Duplik härter alß die responsio selbst seye, und
24
auf ganz Pommern, Wismar, Bremen und Verden bestanden. Er hat ihnen
25
die ksl. Weisung 1646 IV 24 vorgelesen, wonach angesichts der bayerischen
26
Separationsdrohungen und der mangelnden Unterstützung der übrigen
27
Stände der Krieg gegen Schweden für deren Interessen nicht fortgesetzt
28
werden soll. Auff zufragen des canzlern Buschmans, ob er inen solches
29
alles vorgeleßen? Andtworttete der herr graff, alles ad verbum, und
30
wüsten die Schweden den zustandt ohne das beßer wie wir, waß auch die
31
herrn Churbayerische für protestationes aller orten eingewendet. Und hab
32
er alßo sich erclert, daß Ihre Majestät der cron Schweden ganz Pomeren,
33
Wißmar, Brehmen und Verden laßen wolle. Auf die Forderung der Schwe-
34
den
, die Zustimmung Brandenburgs müsse erkauft werden, hat er dafür
35
Halberstadt geboten. In der Pfälzer Frage hat er auf der achten Kur,
36
Überlassung der Oberpfalz an Bayern und der Bergstraße an Mainz bestan-
37
den
. In materia gravaminum hetten die Schweden auff der perpetuitet
38
nachmaln mitt dem vermelden persistirt, daß so viell bluth darumb ver-
39
goßen, und alßo beßer were, auff ewig zu vergleichen und causam solchen
40
bluthvergießens wegkzunehmen. Der herr graff von Trautmansdorff hette

[p. 471] [scan. 521]


1
inen replicirt, daß solches die catholische stendt nimmermehr willigen wür-
2
den. Sie hetten aber sechßig jahr nachgegeben, und die Schweden einmahl
3
hundert in vorschlag gepracht. Dießen streit woltte er theilen und auff 80
4
die bewilligung geben. Alß aber die Schweden abermaln waß mitt 20 jah-
5
ren instanz gemacht, hab er inen auch die 100 zugesagt. Der canzler
6
Buschman fragte mitt verwunderung, ob er in dießes alßo pure hette außge-
7
sagt? Hette er geandtworttet, ja, dan er befelch hab, vor der campania
8
zu schließen, und werde darumb in Ihre Majestät getrungen. Nun seye die
9
campania fürhanden, und könne er nicht zusammenreimen, daß man hier
10
in consiliis cunctiren wolle und doch darauff der effectus geschwind erge-
11
hen solle. Auf Wunsch der Schweden wird dieses Angebot jetzt in forma
12
instrumenti pacis ihnen durch die Ksl. in Osnabrück zugestellt

42
Übergeben 1646 V 8 (vgl. C. W. Gärtner X S. 634ff, 682ff); vgl. unten [S. 491] .
. Sie hetten
13
sich dabey erclert, daß sie das extremum, waß sie thun köntten, dagegen
14
setzen, auff fried und krieg zugleich anhencken woltten, darauß man eins
15
erwehlen könne. Wegen des Waffenstillstandes haben sich die Schweden
16
mit mangelnder Vollmacht entschuldigt. Quoad satisfactionem Gallicam
17
seye der herr graff noch darauff bestanden, daß Ihre Majestät Brysach
18
nicht würde hinlaßen. Alß darauff der canzlar Buschman replicirt, wie
19
dieß gegeneinander bestehen wolle, daß man ganze stiffter hingebe, und
20
umb einer festung willen den krieg continuiren wolle. Hab der herr
21
graff von Trautmansdorff geandtworttet, daß der Kayser die stiffter nicht
22
hinwegk gebe, sondern, da er sie durch den krieg nicht nehmen könne,
23
erclere er sich, daß er den krieg darumb nicht führen könne, durch Brysach
24
werde man zum frieden nicht, sonder viellmehr zum newen krieg kommen.
25

41
25–30 Nachfolgend – erseze?] am Rande: omittatur ad Bavarum
Nachfolgend in discursu hab er vermeldet, wie schwer es Ihrer Majestät
26
gemacht werde, und daß Churbayern erst iezo schrifftlich umb eine recom-
27
pens wegen des schadens in der Oberpfaltz (welches gleichwoll zue ihrer
28
selbst conservation und besten geschehen) getrungen; wafür die amnistia
29
seye? Wer Ihrer Majestät und anderen stendten den schaden wegen der
30
Curbairischen und sonsten erseze?

31
1646 V 9
Mittwoch W bei Trauttmansdorff. Militärische Fortschritte
32
der Schweden im westfälischen Kreis. Gegenmaßnahmen des Erzherzogs.
33
Folgends haben I. H. G. de negotiis publicis zu reden angefangen, da er ex-
34
presse vermeldet, daß Ihre Majestät die festung Brysach einmahl nicht
35
laßen köntten, gleich sie sich dan gegen Churbayeren auff dero zuschreiben
36
erclert hetten. Er habe den Französischen (welche gleich iez nachmittag alle
37
3 bei ihme gewesen und ihne starkh in der schuelen gehabt) in faciem ge-
38
sagt, daß sie zum frieden keine lust, zumaln sie vor dießem ihre limites auf
39
einer seiten Rheins gesezt, izo auch auff die andere extendiren thetten,
40
occasion zu haben, nuewe unruhn zu erwekhen. I. H. G.: Und komme

[p. 472] [scan. 522]


1
noch hinzue der Hessen ganz ungereimbts postulatum. Darauff der
2
herr graff: Daß es freylich ein ganz unvermuth- und wunderbarliches an-
3
muhten seye; die Protestanten in Osnabrück haben ihren ablehnenden
4
Beschluß bekräftigt und die Ksl. ersucht, die Hessen abzumahnen. Als W
5
darlegt, daß mit der Grafschaft Arnsberg fast das ganze kölnische
6
Westfalen gefordert wird, versichert er, daß man der landtgräffinnen nicht
7
einen hoff hinzulaßen, und ebensowenig auff die ablößung, gleich der Ser-
8
vient habe vorgeschlagen, zu gehen seye. Demnegst fragten I. H. G.,
9
wie es mitt der Schwedischen satisfaction stehen thette? Worauff der
10
herr graff, daß er es nicht wüste, sie hetten sich aber beim wegkraißen
11
zimblich erzeigt. Ja, sagtten I. H. G., wan man inen den willen thuet;
12
und werden die Franzosen solchenfalß eben so woll sich friedlich bezai-
13
gen. Alß der herr graff darauff vermeldet, wohin der protestirenden
14
gedancken und praetension in negocio gravaminum, amnistiae und in der
15
Pfalzischen sach, auch der Ferdinandeischen declaration gehen. Haben
16
I. H. G. geandtworttet, daß wan mans wüste, das sie darauf beharrten, zue
17
den sachen anderst zu thun sein mögtte. Darauff der herr graff, daß
18
die Schweden ein schwur zue Gott gethan, daß sie befehligt, bey demjeni-
19
gen, waß sie proponirt, zu pleiben; und haben demnegst zur Brandenburgi-
20
schen gegensatisfaction den stifft Halberstatt begert, welchen er inen
21
gleichfalß, damitt sie Ihrer Majestät zum frieden tragende begyrd sehen, zu
22
laßen alsbalden pure et simpliciter zugesagt. I. H. G.: Es würden die
23
Schweden sich damit leicht contentiren; stehe aber dahin, wie solche bewil-
24
ligung geschehen könne; allezeitt ihres theilß würden sie zu solchen oblatis
25
nun und nimmer bewilligen. Warinnen er der herr graff I. H. G. recht
26
gegeben. Dieselbe ihme aber angedeutet, daß gleichwohl alßo mitt
27
hohen schuhen dadurch gangen werde und kein standt, auch die interes-
28
sierte gegenwertig nit einmall gefragt wurden. Es were bei dem Prager
29
schluss auch also beschehen, was vor ein bestant, effect und glikh von Gott
30
ervolgt, seie am tag. Und hette I. H. G. verhofft (ohne die religion und das
31
Verden ein geistliches stifft, so Gott und der kirchen zugehorig), ein anders
32
umb Ihre Majestät verdient zu haben, alß dergestaldt, da Churbrandenburg
33
eine gegensatisfaction gegeben, auch dem administratorn zue Bremen
34
nebenst außbehalttung einer bestendigen residenz eine pension ad dies vitae
35
gegeben werden sollte, allein praeteriirt und außgeschloßen zu werden.

36
Der herr graff von Trautmansdorff: Daß es mitt dem stifft Verden ein
37
schlechtes ding, und nichts darauß zu machen seye. I. H. G.: Ihres
38
theilß würden sie zwarn nichts begeren, dan sie solches falß ad malum et
39
peccatum cooperiren würden, ihro hette aber wenigstens dieße reminiscenz,
40
und daß man dergestaldt nicht allein auf andere, so gegen Ihre Kayserliche
41
Majestät die waffen gefiert, gedächte, wohl gethan. Der herr graff
42
von Trautmansdorff: Seines theilß hab er alles, waß nur möglich gewest, in
43
obacht genohmmen und iuxta consilium theologorum verfahren. Dar-
44
wieder I. H. G. remonstrirt, daß solches dem leztern zue Lintz geferttigtem

[p. 473] [scan. 523]


1
gar nicht gemeeß seye, dan nit darinnen stunde, das man den catholischen
2
bischoffen nemmen solle, und seie aliud concedere et permittere, et aliud
3
dare. Und alß darauff der herr graff behaubten wollen, daß dadurch
4
nichts vergeben, haben sie ihme dagegen den geprauchten modum cum
5
investitura et titulo, welches nit nur permittere seie, sonderlich da votum et
6
sessio erfolgen solle, remonstriert. Warauff er: Daß de voto et sessione
7
zwarn nichts gedacht, er trage aber die beysorg, daß solches nicht auß-
8
pleiben und ein übriges darinnen müeße gethan werden. Doch seyen dieß
9
nur sein und anderer Kayserlicher gedancken, und köntte alles den stendten
10
communicirt werden, welche wan sie es nicht bewilligen, miesste auf
11
anderst gedacht werden. Dabey I. H. G. ihme remonstrirt, wan die
12
resolution vorhin geben, und res mehr nicht integra, wie sichs alßdan ende-
13
ren laßen werd, mitt bitte, wan die sachen bey den tractaten dergestaldt
14
zugehen, ob er vermaine, daß der verhoffender fried auch auff 20 jahr
15
hinauß dauern werd. Warauff der herr graff geandtworttet, daß er
16
seines theilß groß darahn zweiffele und nit glaube. Underdeßen aber,
17
sagten I. H. G., seye das unermeßliche praeiudicium cum investitura und
18
sonsten gemacht: auf alle inhabende stiffter und geistliche gietter, weiln
19
solcher kraft angemasster gewallt, propter easdem rationes quas Sueci prae-
20
tendunt, nit werd abgeschlagen werden mögen. Der herr graff von
21
Trautmansdorf: Seye in den gedancken, daß die protestirende durch die
22
Schweden werden zue denen inen bereits hinauß gebenen 100 jahren sich
23
disponiren laßen. Dießemnach fragten I. H. G., ob man Churbranden-
24
burg das stifft Halberstatt dergestaldt alß ein weldtliches fürstenthumb
25
werde hinlaßen. Worauf der herr graff: Daß die Schweden für Chur-
26
brandenburg sogar den erzstifft Magdeburg begerten, sonderlich weilen es
27
selbiges hauß bereits fasst 100 jaren innen gehabt, so er aber mißrahten
28
hette, weiln dardurch sonder zweiffel beede churhäußer Sachßen und
29
Brandenburg aneinander wachsen würden. I. H. G.: Wie es auff
30
solchem fall mitt der religion werde zu halten sein? Darauff er: Daß
31
derentwegen gewiße conditiones müsten getroffen werden. W: Kann
32
nicht der katholische Markgraf Christian Wilhelm

42
Vgl. oben [S. 442 Anm. 1] .
gegen Abtretung seiner
33
Ansprüche an das Haus Brandenburg das Stift erhalten, mit päpstlichem
34
Dispens heiraten und eine katholische Linie begründen? Weiches dem
35
herr graffen [...] wohl eingangen. Demnegst haben I. H. G. wegen
36
ihres stiffts Verden, daß sie zue dießer vergebung nimmer verstehen
37

41
37 genohmmen] am Rande: an Köln/Bayern 1646 V 11/12
köntten, ihre protestation eingewendet und damitt den abschied genohm-
38
men.

39
1646 V 10
Donnerstag W bei Chigi. Nochmalige Ablehnung der hes-
40
sischen
Satisfaktion durch die Reichsstände beider Konfessionen. Verrich-

[p. 474] [scan. 524]


1
tung
der katholischen Deputation in Osnabrück. Ersuchen um Unterstüt-
2
zung
bei den Franzosen wegen Paderborn und Wiedenbrück. In Wallen-
3
horst
werden den um einen katholischen Geistlichen bittenden Untertanen
4
Strafen angedroht; Gustafsson hat den Dompropst

38
Johann Werner von Leerodt.
gewarnt, sich nicht wei-
5
ter
an die Franzosen zu wenden. Trauttmansdorffs Angebot an die Schwe-
6
den
. Waruber Chigi sich sehr alterirt und sein eußerist bey dem herrn
7
graven von Trautmansdorff zu thuen erpotten.

8
1646 V 11
Freitag Auf Ws Erinnern wird die Zusammenkunft der
9
katholischen Stände verschoben, bis die heute nicht zustandegekommene
10
Deputation an die Franzosen

39
Nach dem Fehlschlag der Osnabrücker Religionsverhandlungen waren von den katho-
40
lischen Ständen 1646 V 9 Deputationen an die Ksl., die Mediatoren und die Franzosen
41
beschlossen worden.
wegen der Osnabrücker Religionsverhand-
11
lungen stattgefunden hat.

12
1646 V 12
Samstag Bayern bei W. Als sie auf Befehl des Kurfürsten
13
bei Trauttmansdorff die aiustirung des puncti satisfactionis mit den Fran-
14
zosischen urgirt, wurde ihnen bedeutet, der Kaiser könne auf Breisach nicht
15
verzichten. Longueville hat sich bei ihnen beklagt, daß die Ksl. den Schwe-
16
den
und Protestanten entgegenkommen, obwohl die Franzosen sich erboten
17
haben, habita satisfactione den catholischen gegen der protestirenden zu-
18
mutthen zu assistiren; wenn Trauttmansdorff jetzt wieder nach Osnabrück
19
geht, werden sie nach Paris berichten, daß auf Frieden keine Hoffnung sei,
20
auch iezt bey deren zu Lengerich mit den Schweden bevorstehenden con-
21
ferenz pro imperio et religione, wie sie sonsten vorgehabt, nichts würden
22
gutes verrichten. Auf Zuspruch der Bayern haben sie lediglich den Bericht
23
nach Paris verschieben wollen und weiter angedeutet, die Katholiken soll-
24
ten
die geplante Deputation an sie aufgeben, zumaln sie einige raison weder
25
von freund noch feinden mehr anhoren wolten. Angesichts dieser Gefahr
26
und der Unmöglichkeit, den Franzosen im Feld zu widerstehen, empfehlen
27
die Bayern, durch eine von Kurbayern angeregte Deputation Trauttmans-
28
dorff
darzulegen, ob man umb einer vestung willen das ganze reich zu
29
trümmer gehen zu laßen, nicht zwarn, daß man dem hauß Osterreich
30
rathen wolt, das seinige hinzuegeben, sondern allein, wie hochst nottig seye,
31
das totum zu conserviren. Die Mainzer haben bereits zugestimmt. Dann
32
verlesen die Bayern ein Münchener Theologengutachten zu Ws Bedenken
33
über die Gravamina. Alß aber selbiges zimblich weitläuffig und von
34
villen bogen, und selbigen tag posttag geweßen, haben I. H. G. begert, daß
35
man die zeitt darmitt nicht möchte zubringen, sondern sie dieselbe dem-
36
negst mitt glegenheit und reiffen bedacht neben anderen anwesenden Chur-
37
colnischen durchgehen woltten. Die Churbayerische aber sich deßen

[p. 475] [scan. 525]


1
endschuldiget, und daß sie befehliget, solches zu verleßen und alßdan wie-
2
derumb mitt sich nacher hauß zu nehmen.

3
W bei den Franzosen. 1. Dank für die Bemühung wegen der Osnabrücker
4
Pfarreien; die dem nur zum schein beschehenen erbieten der Schweden
5
angefügten nachdenckliche conditiones zeigen, wie jene der catholischen
6
religion zum nachtheill procedirten und so geringe reflexion auf die cron
7
Franckreich mächten; Verhalten Gustafssons gegen den Dompropst. 2.
8
Nach Eroberung Höxters

41
Erobert nach 12tägiger Belagerung 1646 V 5.
bedroht die schwedische Hauptarmee Wieden-
9
brück
. Nachdem W vor anderthalb Jahren die Möglichkeit zur Rückerobe-
10
rung
Vördens

42
Stadt im Hochstift Osnabrück.
mit Rücksicht auf den Präliminarvertrag nicht genutzt hat,
11
werden hoffentlich jetzt auch die Franzosen eine Verletzung der über Stadt
12
und Stift Osnabrück getroffenen Bestimmungen nicht zulassen. Nebenst
13
deme were dießes zue consideriren, daß ein setzsamb ansehen gewinnen
14
woltte, einen alhie bei den friedenstractaten anwesenden geistlichen fürsten
15
auß der einigen noch in seinen landen inhabenden residenz zu verstoßen
16
und gar zu vertreiben. 3. Paderborn fällt zwar nicht unter den Präliminar-
17
vertrag
, man bittet aber, daß der von Carolo Magno fundirter stifft Pader-
18
born den Casselischen ihrem begehren gemeeß itzo gleichsamb nit ein-
19
geraumbt und tradirt werde. Galli: Es were innen leid, das es mit den 2
20
Osnabrückischen pfarren alßo zugienge und verdreydet würde. Der
21
praeliminartractaten vesthalttung und adimplirung hette man nun viell-
22
falttig disputirt und behaubtet, und weyln die statt Wiedenbrugk zue dem
23
stifft Oßnabrugk gehörig, so hetten sie sich der sachen begerter maßen
24
anzunehmmen, wolttens auch trewlich thuen. Mitt der stadt Paderborn
25
hette es ein andere beschaffenheit, woltten gleichwohl selbigen stiffts und
26
statts rettung gern sehen, und wan innen mittel dazue an die hand gegeben,
27
würden sie sich deroselben bedienen. I. H. G. sagtten danck; und weyln
28
sie Französische der Schweden practiquen zue nachtheill der catholischen
29
religion bei den Oßnabruckischen vorgemelten 2 pfarren gnugsamb sähen,
30
würden sie sich hierin sorgfalttig und eifferig bezaigen. Die statt und stifft
31
Paderborn aber anbelangend, weren verscheidene rationes, deren man sich
32
zue deßen erhalttung a parte Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zue Colln
33
etc. alß bischoven daselbsten bey innen zu gebrauchen. Quoad media aber,
34
die Schwedische von ihrem vorhaben zue divertiren, muste man andere
35
rationes nehmmen. Comte d’Avaux: Das thumbcapitul zue Paderborn
36
hette ab antiquo propter reliquias Sancti Liborii episcopi Cemonanensis
37
eine ewigwehrende confraternitet cum ecclesia Cemonanensi

43
Le Mans.
. Ihres theilß
38
woltten sie gern helffen, wan man nur pro moderno rerum statu die ad-
39
aequata media vorschlagen thette. I. H. G.: Bevor sie de mediis istis
40
redeten, köntten sie unvermeldet nit laßen, wie daß die statt Paderborn vor

[p. 476] [scan. 526]


1
dießem haeresi inficyrt; Unterwerfung durch Bischof Dietrich

43
Dietrich von Fürstenberg (1546–1618). Bf. von Paderborn 1585.
, Einführung
2
der Jesuiten, Bestellung Kurfürst Ferdinands zum Koadjutor gegen den
3
Widerstand von Braunschweig und Hessen-Kassel, völlige Katholisierung.
4
Soltte es nun zue dem a Suecis et Casselensibus intendirten regimine wieder
5
kommen, so würde die religio cum studiis et clero abermaln ganz zerfal-
6
len. Comte de Servient: Sie apprehendirten ihres theilß woll das inter-
7
esse religionis et studiorum, weren erbietig zu helffen, wan media dazue
8
ahn die hand gegeben. W: Am besten schicken die Franzosen an die
9
schwedischen Generale mit der Vorstellung, da sonst der Erzherzog mit der
10
ksl. Hauptarmee folgen würde, sei besser Paderborn zue evacuiren und in
11
neutralitet zu setzen. Es würden nebenst dießem die herrn Französische ad
12
permovendos Suecos auch wohl einige rationes finden und sich zue
13
amplectirung dießer sachen umb so viell damehr selbst animiren, weiln sie
14
nunmehr wüsten, daß die Casselische ungeschewt den stifft Paderborn zu
15
behaltten praetendirten, solches aber ihr der Franzosischen intention und
16
confoederation zumaln zuwieder, derowegen dan dienlich zu praevenyren,
17
daß die Casselische von den Schwedischen nicht wieder eingesetzt wür-
18
den. Plenipotentiarii Gallici: Das vorgeschlagenes medium evacuationis
19
gienge inen nit übell ein, sie woltten den sachen gern nachdencken und alle
20
guete officia thuen, man müßte aber auch das werck bey der Kayserlichen
21
seiten dahin richten, daß deßwegen keine hinderung geschähe. W: Will
22
deshalb sofort an Melander schreiben; berichtigt die schwedische Meinung,
23
daß die Stadt sich mangels Pulver schnell ergeben müsse, gibt aber die
24
Schwäche der Besatzung zu. Nochmaliges Hilfserbieten der Franzo-
25
sen
. Alß aber I. H. G. nachgehends angefangen, das commune nego-
26
cium pacis innen zue recommendiren, mitt dem vermelden, sie hofften, daß
27
mitt einem gueten friedenschluß durch der herrn Frantzosischen pleni-
28
potentiarien wollvermögende cooperation man bald erfrewet werden
29
sollte. Haben sie ingesambt angefangen zue contestiren, daß es ahn
30
innen nit ermanglete, und sich über die Kayserliche hoch beschwert, daß sie
31
bey der von der cron Franckreich praetendirter satisfaction, unangesehen
32
sie so viell fallen laßen, mitt innen dergestaldt umbgiengen, daß es mehrers
33
das ansehen hette, auch mitt vergebung ertz- und stiffter die Schwedische
34
von ihnen zue separiren, alß die sache zue dem catholischen wesen högst-
35
dienlichen schluß zu befördern. Ohne Brysach überlaßung seye einmahl
36
kein fried zu hoffen, sie hetten solches den Kayserlichen gnugsamb gesagtt,
37
und soltte man sie für die größeste betrieger und lügener haltten, wan es
38
anders gehen würde. Die cron Franckreich hette nit ursach, sich hierinn
39
soviell zu bemühen, weiln sie die vestung Breysach in ihrer gewaldt und
40
durch göttlichen beistand noch mehrer glück der wapffen zue hoffen het-
41
ten, alß innen von dem friedensschluß für nützbarkeitt zuwachßen mögtte.
42
Es betaurte ihnen der catholischen, daß sie bey dem krieg so viell leiden,

[p. 477] [scan. 527]


1
das hauß Österreich hette den krieg mitt der catholischen, sonderlich der
2
geistlichen güett und bluet zue seinem privat nütz geführt, und iez
3
bezahleten sie ihre feind noch darzue mitt stifft und geistlichen güetteren,
4
derentwegen sie dan den frieden, wan man ihnen nur recht begegnete, gern
5
beförderen woltten. Das Teutsche hauß Österreich ehrten sie und begerten
6
mitt demselben in guete verstendtnuß zu tretten, ohne daß sie eine Sepa-
7
ration von Spanien dabey intendirten. Wegen der Spanischen consilien
8
keme alles mißtrawen und unheill, und weiln die catholische stendte im
9
reich sich deren auch theilhafftig gemacht, musten sie auch iezo leiden. Sie
10
soltten Ihrer Kayserlichen Majestät und dero plenipotentiariis anders ein-
11
rahten, so würde man bald zum frieden kommen können, durch den iezigen
12
weg, welchen die Kayserliche eingiengen, würde es zue großer weiterung
13
gerahten. Wenn Trauttmansdorff jetzt nach Osnabrück geht, ohne mit
14
ihnen weiterzuverhandeln, werden sie berichten, daß auf den frieden keine
15
rechnung mehr zu machen, sondern die armeen schleunigst avanciren und
16
würcklich zur Operation kommen laßen soltten. I. H. G.: Man müßte nit
17
alles so übell bey den tractaten außdeuten. Bemühungen Bayerns und Kölns
18
um die Verständigung mit Frankreich; es were itzo keine zeitt, alß
19
geschwind abzubrechen, wie sie dan ihres theilß gern daran sein woltten,
20
daß der herr graff von Trautmansdorff mitt ihnen vor seiner abraiß noch
21
weiters handlen mögtte. Franzosen: Haben ihre wollbefuegte displicenz
22
den Mediatoren angedeutet, wollen auf deren Bitten aber noch acht Tage
23
warten. Würden inzwischen die Ksl. mehr zuruck- alß vor sich gehen,
24
müsse Frankreich sich des glücks der waffen bedienen, were inen auch nicht
25
verandtworttlich, sich dergestaldt wißentlich herumblaiten zu laßen. Die
26
catholische hetten sie ersucht, sich in puncto gravaminum der religion-
27
sachen anzunehmmen, es verdürben aber solches die Kayserliche selbsten
28
mitt der bezeigter facilitet, daß sie auch gleichsamb in odium Gallorum den
29
uncatholischen mehr offerirten und einraumbten, alß von ihnen pro medio
30
aliquo compositionis wollmeinentlich vorgeschlagen. So sind die Ksl.,
31
nachdem Servien die Überlassung der geistlichen Güter auf 70 oder 80
32
Jahre begrenzen wollte, auf 100 Jahre gegangen. Mitt dem erzstifft Bremen
33
und Verden hetten es ihnen die Schwedische selbsten vorgeruckt, warumb
34
sie innen hierin zuwieder sein woltten, da sie doch eine solche contradiction
35
bey den Kayserlichen nicht verspürten. Welches sie weiter exaggerirt, und
36
endtlich damitt, daß den catholischen nit zu helffen, weiln sie sich den
37
Spanischen consiliis so gar ergeben. I. H. G.: Man hette sich keinen
38
Spanischen consiliis ergeben, sie würden dieserseits die aufrichtigkeitt gnug-
39
samb vermerckt haben und vor allem dahero auff der catholischen religion
40
conservation bedacht sein. Es beschwerten sie Franzosische zwarn über die
41
Kayserliche und inculpirten dabey die catholische stendte, sie woltten aber
42
etwas zurugk gedencken, waß ihre confoederation mitt den Hessen für ein
43
nachdencken bey den catholischen verursachte. Danach soll die katholische
44
Religion in den besetzten Gebieten im Stand von 1618 erhalten bleiben,

[p. 478] [scan. 528]


1
Hessen aber die besetzten Orte und Kontributionen behalten, auch wenn
2
der katholische Landesherr sich mit Frankreich verbündet. Angesichts der
3
Verfolgung von Geistlichen im Erzstift Köln zu ermessen, wie die con-
4
foederation den betrangtten catholischen stendten zue gemüth gehen
5
köntte, da das versprechen pro catholicis die Hessen nit hielten, und hin-
6
gegen, was den catholischen zuwieder, a parte Gallorum dannoch zue deren
7
undertruckung manutenirt würde. Galli: Sie erinnerten sich eben so
8
eigentlich nit dießer den catholischen zue nachtheill gereichender clausulen
9
bey der Hessischen confoederation, man hette aber dergleichen vor dießem
10
beim königlichen hoff woll vorkommen können. I. H. G.: Es weren
11
deswegen noch bey lebzeitten des vorigen königs, wie der cardinal Grimaldi
12
damaln gewesener nuncius apostolicus

42
Girolamó Grimaldi (um 1596–1685), Erzbf. von Aix, Nuntius in Paris 1641–1644,
43
Kardinal 1643.
gnugsamb bezeugen köntte, die
13
sachen offters vorgebracht, man hette aber kein gehör geben und die catho-
14
lische gleichsamb von sich getrieben. Nunmehr hette die cron Franckreich
15
große ursach den Hessen, indeme sie ganze stiffter von den catho-
16
lischen begerten, weiln solches außtrucklich gegen die confoederation,
17
nit allein ihnen anders zuzusprechen, sondern sich auch anders
18
ipso facto in favorem catholicorum zu bezaigen. Galli: Der Hessi-
19
schen begeren approbirten sie nit, man soltte die Kayserliche disponiren,
20
daß sie mitt Franckreich in puncto satisfactionis den vor dießem veran-
21
laßten schluß machten und sich nit alßo von den Spanischen ministris ver-
22
laiten ließen. Terranova fordert in Wien, der Kaiser solle keine Konzes-
23
sionen
ohne die Spanier machen. Spanien will sich mit der Begründung, es
24
habe die oberinspection über das Elsass mitt, und wegen der Bedeutung für
25
die Verbindung zwischen Italien und den Niederlanden die Zession des
26
Elsaß auf die eigene Satisfaktionsleistung mitanrechnen lassen. Solche
27
Äußerungen veranlassen Frankreich, um so mehr auf Breisach zu be-
28
stehen
. I. H. G.: Man hette unter den catholischen potentaten fried und
29
eingkeit zu wunschen und Gott darumb zu pitten. Ihre intention were nit,
30
der Spanischen interesse zue divertiren, sie müsten alß ein bischof wegen
31
der catholischen religion conservation ihr offters beschehene erinnerung
32
und ansuchen wiederholen und sonderlich die erhalttung der stadt Pader-
33
born, wavon das bißthumb dependirte, recommendiren. Galli: Sie
34
woltten auf ein schreiben und abordnung deßwegen bedacht sein und
35
dasjenig getrewlich thuen, was sie thuen köntten, dem stifft und stadt
36
Paderborn zum besten.

37
1646 V 13
Sonntag Anfrage bei d’Avaux: Weiln periculum in mora,
38
ob gestriger vertröstung nach wegen der stadt Paderborn einer würde abge-
39
schickt werden nach der Schwedischen armada? D’Avaux: Wegen
40
Wiedenbrück können sie sich auf den Präliminarvertrag berufen, wegen
41
Paderborn nit alß interveniendo sich gebrauchen laßen. Da Servien meint,

[p. 479] [scan. 529]


1
die Sache lasse sich nicht durch einen aufwarttenden edelman verhandeln,
2
soll der von Rákóczy zurückgekehrte Rat Marcilly

43
Antoine Fouquet, sieur de Marcilly-Croissy.
reisen, der aber vorher
3
für einen Tag nach Osnabrück gehen muß. Falls die Paderborner, wan sie
4
schon belägert, sich nur tapffer hielten, so mögtten die Schwedische sich so
5
viell bälter disponiren laßen.

6
Buschmann und Trauttmansdorff bei den Kapuzinern. Gefahr für Pader-
7
born
; Trauttmansdorff möge den Evakuationsvorschlag verwirklichen
8
helfen. Es hatt aber der herr graff dießes alß eine kriegssach zue dem
9
veldtmarschalken verwießen, und daß deßen resolution hierüber zu er-
10
wartten.

11
Schreiben aus Osnabrück: Schweden fordert zusätzlich die münsterischen
12
Ämter Meppen, Vechta und Cloppenburg und erneuert die Forderung auf
13
Osnabrück und Minden.

14
Mitteilung an d’Avaux mit Ersuchen, daß falß deme alßo sein soltte, [...]
15
dagegen der Franzosen offters gethanen versprechen nach crefftiglich assi-
16
stiren möchten. D’Avaux: Sie haben gleiche Nachricht von Oxen-
17
stierna
, können sich darüber nit gnugsamb verwundern, darhan niemand
18
anderst schuldig alß die Kayserliche und deren gegen die Schweden und
19
protestirende allzue groß bezaigte facilitet. Was die Kayserliche den
20
Schwedischen und uncatholischen stendten gönnen und geben können oder
21
wollen, würden sie Franzosische nit hinderen, wan aber die Kayserliche
22
steiff bestehen, würden sie ihnnen und den catholischen desto mehr zue
23
assistiren ursach haben. Alßo I. H. G. sehen soltten, daß ihro ex parte
24
Caesaris nicht hiermit, wie mitt dem stifft Verden, welches sie sowohl
25
wegen der geistlichen alß politica von hertzen schmertzlich vernehmmen
26
thetten, geschehen möchte.

27
Marcilly bei W. Will morgen mit den schwedischen Gesandten in Osna-
28
brück
über Wiedenbrück und Paderborn reden und dann zur Armee weiter-
29
reisen
. W: Dankt für die Bemühungen, hält aber wegen der drohenden
30
Gefahr die sofortige Reise zur Armee für besser. Marcilly: Will sich in
31
Osnabrück nicht aufhalten, müste aber erst dahin, und würde dießerseits
32
auch dahin zu gedencken sein, was bey alsolcher handlung den Schwedi-
33
schen für eine assecuration zu geben, daß die statt Paderborn die neutralitet
34
recht halten würde. Wrangel wird wohl auch einen Anteil an den angeb-
35
lich
reichen Paderborner Lebensmitteln fordern. W: Hat gestern zur
36
Bestätigung der Neutralität an Melander geschickt, und würde man ohne
37
deme die herrn Franzosische plenipotentiarios alhie versichern können, daß
38
was bey der stadt Paderborn evacuation versprochen und verglichen,
39
dieserseits solle gehaltten werden. Da die Hessen zweiffelsohne auf einneh-
40
mung der stadt Paderborn tringen und bey dießer handlung allerhand ein-
41
würff, oppositiones und obiectiones machen würden, und sonderlich auch
42
dießes moviren, daß vor dießem der statt Paderborn auch eine neutralitet

[p. 480] [scan. 530]


1
gegeben und selbige darnacher nit seye gehalten worden, Bericht über die
2
Entwicklung seit 1633

41
Vgl. unten [S. 497] .
: Die damals vereinbarte Neutralität ist von Land-
3
graf
Wilhelm wegen der veränderten militärischen Lage wenig später auf-
4
gehoben
worden; nach der ksl. Rückeroberung 1636 haben die Hessen die
5
Stadt während des Waffenstillstandes überfallen, wegen der offensichtlichen
6
Unrechtmäßigkeit ihres Vorgehens aber restituiert, worauf es zur
7
neutralitet auf ettliche monat gekommen ist. Als nach Ende der Frist die
8
Hessen keine Versicherung gegen die in der Nähe befindlichen Truppen des
9
Pfalzgrafen geben konnten, ist wieder eine ksl. Besatzung in die Stadt
10
gelegt worden. Die Kornvorräte in der Stadt sind gering und werden zum
11
Unterhalt verbraucht, der Rest befindet sich in den schon von den Schwe-
12
den
eingenommenen Amtshäusern des Stiftes. Falls Wrangel schon mit der
13
Beschießung begonnen hat und deshalb die Evakuation per punt d’honore
14
ablehnt, kann man auf Landgraf Wilhelm verweisen, der auch nach mehr-
15
tägiger
Belagerung einen solchen Vertrag eingegangen ist. Marcilly:
16
Dank für die Information. Bitte um Beglaubigungsschreiben an die Pader-
17
borner
Kapitulare, die im Namen Ws und Recks am nächsten Morgen
18
zugestellt werden. – [...]

19
1646 V 14
Montag Konferenz einer engeren katholischen Deputa-
20
tion . – Bitte Marcillys um Pässe. W stellt einen Paß aus.

21
Buschmann bei Trauttmansdorff. Bitte um einen ksl. Paß für Marcilly.

22
Trauttmansdorff: Lehnt ab unter Bezugnahme auf einen Bericht Blumen-
23
thals
, wonach Melander diß vorhaben mit befreyhung beyder orther Pader-
24
born und Wiedenbruck durchauß nit guttbefinden, weniger auch er der
25
herr graff von Trauttmanstorff darzue cooperiren kondte. Mitteilung,
26
daß Schweden über die ksl. Duplik hinaus Osnabrück und Minden ver-
27
langt
. Warueber er sich verwundert und vermeldet, daß er sichs zuemal
28
nicht vorstehen laßen kondte.

29
Über die Verweigerung des Passes bestürzt, beschließen die Kölner, Busch-
30
mann
möge als Entschuldigung bei d’Avaux anführen, daß Trauttmansdorff
31
sich in die militaria nicht zu mischen hette und mit diesem den eingang nit
32
machen wolt, doch halte W seinen Paß für ausreichend und bitte, die abord-
33
nung zu befürdern. Worzu sich der d’Avaux erpotten und sich ver-
34
merkhen lassen, das ihme dise verwaigerung des graven von Trautmanstorff
35
gar befrembt vorkomme, und darbei bekhlagt, das die Kaiserliche sich der
36
geistlichen uberall so wenig annemmen taten. – Abreise Marcillys, der
37
übermorgen in Paderborn sein will.

38
Trauttmansdorff bei W. Hat heute Nachrichten erhalten, wonach die
39
Schweden Osnabrück zur Entschädigung des Administrators von Bremen,
40
Minden zur Satisfaktion für einen interessirten und die münsterischen

[p. 481] [scan. 531]


1
Ämter im Emsland für sich fordern. Zu einer Besprechung darüber will
2
Trauttmansdorff Mittwoch oder Donnerstag nach Osnabrück. W: Daß
3
sich solcher forderung desto mehrers zue verwundern, da doch den Schwe-
4
den die maß dergestalt vorhin were voll gemessen. Trauttmansdorff:
5
Daß er nit wist, wie es gehe, des stiffts Oßnabruck seye vorhien nie mel-
6
dung geschehen, vom stifft Minden were allein einmal vom Salvio geredt,
7
der aber auff sein graffens repliciren, daß solches nicht geschehen kond,
8
acquiescirt, desto weniger er dieses vermutthen konnen, besorge, daß umb
9
der Churbrandenburgischen gegensatisfaction willen diese weittere prae-
10
tension under den wortten ‘fur einen interessenten’ gemacht werd. Fragte
11
demnegst, was fur ansprach der Dänische printz auff Oßnabruck habe.

12
W: Seine 1626 von einer Minderheit des Kapitels erzwungene und ohne
13
Ws als des legitimen Bischofs Mitwirkung vorgenommene Koadjutorwahl
14
ist mit den anderen dänischen Ansprüchen durch den Lübecker Frieden
15
annulliert worden. Im übrigen kann er sein angebliches Recht erst nach Ws
16
als des auch von Dänemark anerkannten Bischofs Tod geltend machen.
17
Dem hern graffen war diese information lieb, meldende, daß auf itztge-
18
dachte stiffter seine commission und gewalt sich nicht erstrecke, auch darin
19
seines theyls nimmer consentiren werde. W: Paderborn und Wieden-
20
brück
. Trauttmansdorff: Melander hat erklärt, daß er solches weder
21
vor Gott noch dem Romischen Kayser verandtwordten kondte; erbietet
22
sich, Blumenthal zu W zu schicken. W: Wans diesem nach hinauß
23
kommen soltte, ob er vermaint, daß dardurch dem gemeinen weesen ein
24
dienst geschehe, weiln mitt Paderborn Ihre Churfürstliche Durchlaucht zue
25
Cölln ein ganzes fürstenthumb, zumaln solches von den Schweden der
26
landgräffin zue Hessen sonder zweiffel eingeraumbt werden würde, ver-
27
liehren thette? Der herr graff muste solches bekennen, es werde aber
28
der erzhertzog sich, wie er muhtmaßen thette, bald herbeymachen. I. H.
29
G.: Ob solchen falß er vermaine, daß vorm schluß dießer tractaten der
30
stifft auß der Schweden und Hessen handen wiederumb genzlich köntte
31
gepracht werden. Respondebat quod non; sondern daß es durch die
32
tractaten werde geschehen müeßen. I. H. G.: Wans dahin gerahte, daß
33
die statt und das fürstenthumb zue ihrem gewaldt kommen, werde es aber-
34
maln heißen, daß es innen vi nit könne genommen werden, und woh es nit
35
ganz, doch ein stick davon behaltten wollen, auch woll einige sein, die
36
amore pacis ein oder zwey ämbtter hinzulaßen rhaten werden; deme mitt
37
einem bogen papyr hette vorkommen werden können, iezt aber alle, so hier-
38
von vernehmen, kleinmühtig werden müsten. Der herr graff von
39
Trautmansdorff: Es raißeten so viele Franzosen ohne seinen paß hin und
40
her, köntte sie auch hierahn, wans innen nur sonst ernst, iezt nit hinderen.
41
Militärwesen im Kreis. W: Waß ihme das gemüht wegen des friedens
42
gebe? Darauff er geandtworttet, daß ers nit wißen könne, woltte es
43
noch etlich wenig zeitt ansehen, und weiln er wiederumb zuruck nacher
44
dem Kayserlichen hoff zu kommen befehligt, woltte er sich ehist auf Oßna-

[p. 482] [scan. 532]


1
brugk, umb zu sehen, ob ein ganzes konne gemacht werden, begeben. W:
2
Französisches Schreiben nach Paris im Fall seiner Abreise. Trauttmans-
3
dorff
: Daß doch mitt den Franzosen nichts zu richten, und er innen selbst
4
gesagt, daß sie nit capaces rationis mehr wegen Brysach were. Sie begerten
5
Brysach, welches aber nit bewilliget werden könne, da es auch anderst nit
6
zu machen, würde der Kayser gezwungen, quoquo modo mitt dem Türcken
7
zue pacisciren. Köntten den Franzosen nit trawen, sondern zu befahren
8
haben, daß, gleich nach dem Nordlinger treffen dem Kayser von den Fran-
9
zosen starck zugesetzet, dero landen sowohl von dem Türcken alß Franzo-
10
sen dörfften verlohren gehen. Es soltten die Franzosen intra limites des
11
Rheins verpleiben und mitt raison sich contentiren. Wie man sich Kayser-
12
licherseits erpotten, zue benehmung aller umbrage die Rheinbrück abzu-
13
brechen und die vestung zue demoliren, alßo muste auch andererseits die
14
umbrage verhüetet werden. I. H. G.: Die Franzosen geben vor, sie
15
hetten nachricht, daß Ihre Majestät beraits soltten incliniren, villeicht deß-
16
wegen auch ihme herrn graffen befelch zukommen, aber gleich der Kayser
17
durch den duca de Terranova, also werd er vom comte Pineranda irr ge-
18
macht, und daß dieses nur lautter consilia Hispanica weren und zu bethau-
19
ren were, daß das Teutsche hauß Osterreich solchergestalt sich verfuhren
20
und in noch gefehrlichern zustand pringen liess. Begerten nicht, daß beyde
21
so nahend anbewandte häußer sich voneiander separiren und gleichsamb
22
feind erklehren solten, sondern solchergestalt das Teutsche hauß den Spani-
23
schen consiliis nicht mochte einfolgen, hingegen ihr und des reichs sachen
24
beßer in obacht nehmen. Und hetten sie Franzosen ganz kein bedencken,
25
pace conclusa mit den catholischen im reich, ia dem Teutschen hauß Oster-
26
reich selbst, pro conservando imperio et religione catholica eine alliance
27
einzugehen. Der herr graff: Sie mochten dan solches im werck also
28
erweisen. I. H. G.: Daß die Franzosen praesupponiren, daß die Kayser-
29
liche resolution mit Brysach vorhergehen must.

30

40
30–31 [...] – Münster] am Rande: omittatur ad Bavarum.
[...] – Bericht Merfeldts: Verhandlungen Malinckrodts mit Melander.
31
Militaria im Stift Münster. – Abschlägige Antwort Melanders

41
Anlage (Schreiben Melanders): fehlt.
.

32
1646 V 15
Dienstag [...] – Chigi bei W. Verweigerung des Passes
33
durch Trauttmansdorff. Gespräch mit Trauttmansdorff über die französi-
34
sche
Satisfaktion. Vorwürfe der Franzosen in Zusammenhang mit den
35
Spanischen consiliis. Chigi: D’Avaux hat ihm deshalb interzipierte
36
Schreiben Terranovas zu lesen angeboten, Trauttmansdorff hat alles als
37
pur lautter figmenta bezeichnet. Er nuncius wüste nun gar nit fortzukom-
38
men, dan die gemutther de novo verbittert und geandert, sey wol eine
39
schwere negotiation.

[p. 483] [scan. 533]


1
Engere katholische Deputation . – Mitteilung Trauttmansdorffs: Protokoll
2
der Ksl. in Osnabrück und Relation an den Kaiser

36
Anlage (Protokoll der Ksl. in Osnabrück und Relation an den Kaiser): fehlt.
.

3
1646 V 16
Mittwoch Blumenthal bei W. Ihm wird die intention mit
4
Paderborn und Wiedenbruck explicirt. Darinnen er seines theylß bey-
5
fall geben mußen, und vermeld, daß er und der veldmarschalck die sach
6
also nit hetten verstanden

37
Anlage (W an Melander): fehlt.
. Militaria.

7
Gesandter von Baden-Baden

38
Johann Jakob Datt von Tiefenau; die Stimme für Baden-Baden wurde bisher durch
39
den münsterischen Rat Drachter geführt.
bei W: Ist zur Widerlegung der Durlacher
8
Ansprüche gekommen. Bitte um Unterstützung.

9
Marschalck

40
Georg von Marschalck, Domherr in Verden.
bei W. Ist zusammen mit einem protestantischen Juristen von
10
Kapitel und Ständen Verdens an Ksl. und Schweden deputiert. Oxenstierna
11
hat auf ihre Vorstellungen gegen die Überlassung des Stiftes geantwortet,
12
wan die cron den stifft nicht uberkommen soltte, alßdan selbigen der
13
bischoff zue Oßnabrugk würde wiederumb haben, alßdan sie umb ihre reli-
14
gion gar kommen, und beßer sein, auch die nottörfft erförderen würde, daß
15
kein forma eines stiffts mehr verpliebe, sondern die capitulares auff ihre
16
geschlechter mitt den güeteren belehnet, dadurch iezige capitulares und ihre
17
anverwandte ein mehrers alß iemaln bey dießem statu würden gewonnen
18
haben, welches desto mehr vonnöten, weylen der Pabst und die catholische,
19
alßlang aliqualis forma eines stiffts, auch capitulum und canonici in iezi-
20
gem standt verplieben, ihre action darauf würden haben wollen. Als Oxen-
21
stierna
erfuhr, daß Marschalck Katholik ist, meinte er, würde schir zuviel
22
geredet haben, weren allein bloße discursus.

23
Verdener bei Trauttmansdorff/Volmar. Diese antworten, daß von der cron
24
Schweden die stiffter mitt gewaldt würden innen behaltten. Es seyen aber
25
ex parte Ihrer Majestät dem thumbcapitul und stenden alle ihre iura und
26
privilegia, wie aniezo begert würde, praeservirt, und nun darüber der
27
Schweden erclerung erwartten müsten.

28
1646 V 17
Donnerstag Kurfürstenrat . – Vertrauliche Mitteilung
29
d’Avaux’: Er und Longueville wollen W aufsuchen, um ihm für seine
30
Äußerung im Corpus Catholicorum wegen Satisfaktion und Gravamina
31
unerachtet der österreichischen Opposition

42
Gemeint ist wohl das Osnabrücker Votum 1646 V 9 ( APW [III A 4,1 S. 222ff] ).
zu danken. Der comte Servient
32
wuste nichts davon, begerten alßo in vertrawen sie der stiffter und catho-
33
lischen wegen ferner das ihrige thuen und assistenz darinn urgiren woltten,
34
würde nicht ohne frucht sein.

[p. 484] [scan. 534]


1
1646 V 18
Freitag Chigi an W: Bitte um Unterstützung in Sachen St.
2
Gereon und Thorn

34
Reichsabtei im westfälischen Kreis (bei Roermond).
bei Kurköln. – Mitteilung der Mainzer: Aufsatz in
3
puncto gravaminum

35
Die Mainzer hatten die Verfertigung eines Gutachtens an die Ksl. in den Deputations-
36
sitzungen 1646 V 14, 15 übernommen, das in der Plenarsitzung der katholischen Stände
37
1646 V 19 behandelt wurde.
zur Durchsicht. – Schreiben Melanders wegen Pader-
4
born

38
Anlage (Schreiben Melanders): fehlt.
. Während der Beratung darüber kommt die Nachricht von Erobe-
5
rung der Stadt

39
Erobert 1646 V 15.
.

6
1646 V 19
Samstag Konferenz der katholischen Stände . – Deputa-
7
tion der katholischen Stände bei den Ksl . – [...]

8
1646 V 20
Sonntag Franzosen bei W. – Nachricht vom Marsch Kö-
9
nigsmarcks
gegen Vechta. – W an Longueville und an d’Avaux: Bitte um
10
Erinnerung bei Königsmarck wegen Neutralität von Fürstenau. Beide
11
sagen zu; d’Avaux berichtet weiter: Nach dem Besuch bei W sind sie bey-
12
sammen geplieben und auf die beschehene erinnerungen consultirt, wie dem
13
catholischen weeßen zu helffen, und geschloßen, daß sie ihr eußerist darinn
14
thuen woltten, und sonderlich wan von den Kayserlichen in puncto satis-
15
factionis weiter und schließlich mitt inen gehandlet, den Schweden und un-
16
catholischen alßdan recht zusprechen und sonderlich den Schwedischen ex-
17
presse bedeuten, daß das begeren der stiffter auff dieße weiß ihrer confoe-
18
deration zuwieder. Alßo sie damitt, wie auch ihre adhaerenten, in ruhe
19
stehen woltten, wiedrigen falß sie nicht zu verdencken, daß sie es mitt den
20
Kayserlichen und catholischen halten würden. Deßen er I. H. G. assecuriren
21
und dießes in großer gehaimb zu haltten begeren laßen. – [...]

22
1646 V 21
Montag Konferenz der katholischen Stände

42
Vgl. APW III A 4,1 S. 275ff.
. – W bei
23
Trauttmansdorff. W: Weiln er ahn die catholische stendt des Paderborni-
24
schen canzlern Buschmans mitthinüberraiß nach Oßnabrück pro assistentia
25
begeren laßen, will man es zwarn gern gestatten [...], es seyen aber ein-
26
und andere obstacula im weeg, die sie ihme ad longum erzehlet, und proto-
27
collo vorhin enthaltten sein. Warauff der herr graff: Befinde die ratio-
28
nes zwarn relevant, weyln aber er Buschmann alldorten bey den uncatho-
29
lischen gar woll bekandt seye und viell penetriren und guetes verrichten
30
köntte, hette er seine mitthinüberraiß gar woll leiden mögen. I. H. G.:
31
Daß er nun so viele wochen darüben gewest seye, gleichwoll nicht abge-
32
nommen werden können, daß durch ihnen oder auch andere viell were
33
gerichtet worden. Welches der herr graff wahr zue sein bekennen müe-

[p. 485] [scan. 535]


1
ßen. W: Äußerungen Oxenstiernas wegen Aufhebung des geistlichen
2
Charakters der abzutretenden Stifter. Und hab man also [...] desto meh-
3
rers sich vorzusehen, werde ein gar große consequenz bey anderen stiffteren
4
verursachen, und Churbrandenburg mitt Halberstatt auch andere derglei-
5
chen begerten, welches dan absonderlich bey den tractaten zue praeca-
6
viren. Warzue er sich erpotten. W: Beschwerde wegen Verden mitt
7
angehenckter protestation, daß sie einmaln ihren consensum darzue nimmer
8
geben köntten. Trauttmansdorff: Sie thetten daran gar wohl, er sähe
9
aber seines theilß nicht, wie es könne geendert werden. W: Nachdeme
10
unter andern bey gestrigem in negocio gravaminum gemachtem schluß der
11
mediatritterschafft mitt gedacht werde

42
Gemeint sind die katholischen 19 Punkte 1646 V 19 (vgl. unten [S. 489 Anm. 2] ). Erste
43
Eingabe der protestantischen Ritterschaft der Stifter Münster, Paderborn und Osna-
44
brück, dikt. 1646 II 14/24 (Druck: J. G. Meiern II S. 806 ff).
, welches Churmainz, Churcölln
12
und I. H. G. wegen des Eichßfeldts, stiffter Hildeshaimb, Paderborn, Mün-
13
ster, Oßnabruck und Minden betreffen thette, und die authonomia einer
14
sehr bösen consequenz sein würde, und daß unerhört der catholischen und
15
interessenten nichts vorgehen oder gestattet werden möchte, so woltten sie
16
inen derentwegen sowohl in genere alß ihrer ritterschafft halber in particu-
17
lari solches praeiudicium abzukehren ersucht haben. Trauttmansdorff:
18
Hat die schon vorstellig gewordene Ritterschaft an den Landesherrn gewie-
19
sen
, und soltte ihme nun gar lieb sein, einige declaration von I. H. G. zu
20
vernehmen. W: Kann sich nicht erklären, ohne das Begehren gesehen
21
zu haben; wenn man sich bei ihm angibt, wird er sich den reichsconstitu-
22
tionen und herkommen gemeeß zu ercleren nicht underlaßen. Das exerci-
23
tium der ritterschafft auf ihren häußeren oder sonst in I. H. G. stiffteren
24
zuzulaßen, seyen sie nicht gedacht, könttens auch bona conscientia nicht
25
thuen, so wenig es von dero vorfahren gestattet worden, wie es dan auch in
26
aller obig bemelter stiffter keinem würde zugegeben, würde ein rechtes
27
medium sein, die widrige religion in den stiffteren noch mehrers zue plan-
28
tiren, dan solcher der vom adell diener, knecht und aigenbehörige bey-
29
wohnen, und alßo die underthanen verführet würden. Bißhero seyen sie
30
von ihro noch auch von ihren vorfahren nicht gezwungen, noch das ius
31
emigrandi gegen sie vorgenommen, sondern iederzeitt dissimulirt worden,
32
alßo daß in den benachparten uncatholischen orten sie ihr exercitium außer
33
der kindtstauff und dergleichen haben können. Darauff der herr graff:
34
Wan es alßo gemaint, hetten sie insoweith keine pilliche beschwernuß, son-
35
dern musten sich wohl befriedigen laßen. W: Wegen der in den prote-
36
stantischen
Gravamina genannten Städte Minden und Osnabrück möge
37
ohne sein Vorwissen nicht beschlossen werden. Kann sich noch nicht erklä-
38
ren
, da sich bei ihm noch niemand angegeben hat, seye gleichwohl schwer,
39
daß die municipal stette, so dem landtsherrn underworffen, privilegia den
40
reichsstetten gleich soltten begeren dörffen, welches den reichsconstitutio-
41
nibus, dem Passawer vertrag und religionsfried recta zuewieder. Trautt-

[p. 486] [scan. 536]


1
mansdorff
: Die Osnabrücker haben bei ihm auf eine possession vor dem
2
Passawer vertrag biß auff dato continuirlich sich bezogen, die er aber
3
ahn I. H. G. gewiesen hette. W: Änderung des Religionswesens in
4
offenem Aufstand gegen den Bischof, Restitutionsurteil Karls V. und Exe-
5
kution
, neue Rebellion und vom Kapitel angestrengter Prozeß bis zum
6
Urteil von 1628, wonach die alten und neuen Kirchen den Katholiken zu
7
restituieren waren, weshalb die Stadt keine quietam possessionem allegiren
8
kann

43
Zur Reformation in Osnabrück vgl. J. C. Stüve II S. 86ff.
. Er hat keinen bürgern propter religionem zue emegriren zugemuth-
9
tet, weniger verwehrt, außer landes dem exercitio nachzugehen; wohl
10
hetten sie in ihrer residenz- und hauptstadt keine andere alß die catholische
11
religion, wie pillig, leiden wollen, deßwegen sie dan nicht würden zu ver-
12
dencken sein. In der Stadt Minden hat er in religione keine mutation ver-
13
genommen, sondern alles in der stadt, wie er es gefunden, gelaßen.

14
Trauttmansdorff: Minden ist vorstellig geworden, um nicht unter die
15
schwedische Satisfaktion zu kommen, und hat sich über seine Vertröstungen
16
erfreut bezeigt. W: Die Franzosen haben ihm gestern erklärt, wenn
17
Trauttmansdorff vor seiner Abreise nach Osnabrück nicht mit ihnen ver-
18
handle
, würden sie sofort nach Paris melden, daß es den Ksl. nicht ernst
19
mit dem Frieden sei. Warüber der herr graff von Trautmansdorff mitt
20
etwas alteration vermeldet, wie man mitt dießen leuten tractiren könne,
21
man hab alberait so viel gethan, und sagten sie doch von sich selbsten daß
22
sie nicht rationis capaces. I. H. G.: Alles beruhe allein auff dem ein-
23
zigen Breysach, sie hetten noch gestert assecurirt, daß wan sie damitt satis-
24
faction bekehmen, sie den frieden schließen und im übrigen dergestaldt sich
25
ercleren woltten, daß darauß die Kayserliche selbst würden sehen und
26
sagen konnen, daß ihrerseits keine mora gemacht werde. Seye woll zu
27
betauren, daß wegen eines einzigen platzes so viell difficulteten gemacht,
28
dah man doch underschiedtliche stiffter sub titulo summae necessitatis pacis
29
et belli Turcici hinwegkgebe, und werde man sich noch in mehrere gefahr
30
sezen, noch mehrer landt und leut zu verlieren, und darnach bey den frie-
31
denstractaten zurugkzulaßen. Der her graff: Die bedencken seyen
32
wichtig, und die gefahr so dem reich darauß entstehen köntte, so groß, daß
33
es nicht zu glauben. Müste auf Oßnabrugk nothwendig, dan die Schweden
34
seiner wartten thetten. I. H. G.: Woltten gepetten haben, das werck
35
wohl zue überlegen, wan nach seinem wegkraißen die Franzosen andere
36
resolution nehmen, und alles über und über gehen und mehrer blut darüber
37
vergoßen werden soltte, obs bey der posteritet zu verandtwortten. Neben
38
deme daß gewiß nicht von geringer consideration, von geistlichen stiffteren
39
dergestaldt wegkzuschencken und hingegen auff einigem plaz, so dem hauß
40
Österreich gehörig, zu bestehen und benebens die andere geistliche fürsten-
41
thumb und stiffter in mehrere gefahr des verlusts zu sezen, ob nicht endt-
42
lich ein jeder anderst gedencken, und andere resolution, gleich Churbayeren

[p. 487] [scan. 537]


1
auch gethan, faßen würde. Wegen der festung Brysach das Römische reich
2
und die catholische religion in gefahr zu stellen, werde kein eyfriger catho-
3
lischer noch getrewer patriot rathen können. Der herr graff: Brysach
4
gehöre dem Kayser nicht, und soltte man sehen, waß für starcke schreiben
5
vom jungen erzherzogen zue Insprugk geschehen, der auch wegen des Elsas
6
keinen consensum geben, sondern sich passive haltten, und seinen regress ahn
7
dem Kayser suchen woltte. I. H. G.: Sie und die catholische protestir-
8
ten wegen der stiffter, so aber sub specie boni publici nicht wolle attendirt
9
werden; sagten ihres theilß nicht, daß Brysach hingegeben werden soltte,
10
dan pillig keiner dem anderen sein landt abzurahten, und köntten sie wegen
11
ihres stiffts Verden gar woll begreiffen, wie schwer es einem thue, daß man
12
ihme seine landen ahn andere verschencken wolle, sondern meldeten es
13
alleine, damitt die tractatus nicht zur ruptur kommen mögtten, sonderen
14
auff dieß oder ein anders mitt den Franzosen handlen und dermaln schlie-
15
ßen, außer deme nichts gewißers, alß daß dissolutio totius imperii darauß
16
erfolgen werd. Darauff er stillschweigend I. H. G. starck angeschaw-
17
et. I. H. G. repetirten, daß sie seine raiß nacher Oßnabrugk, ehe mitt
18
den Franzosen weiter tractirt, nicht köntten guet befinden, und desto meh-
19
rer, daß der duc de Longeville nebenst den anderen beeden (welches I. H. G.
20
in vertrawen angedeutet haben wollen) sie noch gestern außtrucklich asse-
21
curirt, auch gegen den abend der comte d’Avaux in specie wißen laßen,
22
daß wan man mitt inen tractiren und schließen würde, sie alßdan den
23
Schweden ratione der stiffter, daß solches ihrer confoederation zuewieder,
24
auch den uncatholischen stenden starck und eyfriger zusprechen woltten;
25
waß sie auch nebenst deme, wegen einer alliance mitt dem Teutschen hauß
26
Österreich und anderen catholischen sich vernehmen laßen, und alberait hie
27
oben angefürt ist. Warauff er abermaln nichts geandtworttet; endtlich
28
vermeldet, wan dergleichen guetes zu hoffen, möchte noch etwas geschehen
29
können; es seye aber selzamb, daß die Franzosen dergestaldt eben auff
30
einem plaz verseßen weren. I. H. G.: Die Franzosen hetten unter ande-
31
ren auch gestern erwehnet, daß sie der comte Pineranda außtrucklich
32
wißen laßen, daß dem könig in Spanien bey dem Elsas und Brißgaw und
33
denen orten großes interesse, auch die superioritet und direction gebühren
34
thette, welches sie vorhin nicht gewust; und sehe man, wie die Spanier in
35
die Teutsche sachen sich mischen thetten; desto weniger sie Französische
36
von ihrem proposito abweichen würden. Der herr graff: Eben iezt
37
fahre der Longeville von ihme, hette dergleichen unter anderen auch ge-
38
dacht, er aber demselben explicirt, daß die Spanische lini die erste vom
39
hauß Österreich, und Carolus V. ihnnen alß ein patrimonialguett resignirt,
40
hernacher durch gewiße verträg certis conditionibus auff die Teutsche lini
41
kommen, alßo daß die Spanier zwarn extincta hac linea den regress zwarn
42
wieder haben, nicht aber die direction oder ein weiteres ius praetendiren
43
köntten oder auch thetten, welches sie alßo nicht verstanden zu haben, der
44
Longeville vermeldet hette. I. H. G. paten darauff nachmaln, weilen

[p. 488] [scan. 538]


1
dan die Spanier kein interesse dabey, daß er doch die tractatus fortsezen
2
und deßwegen noch etwas hier verpleiben woltte. Warauff der herr
3
graff: Wan nur waß guets darauß zu hoffen. I. H. G.: Köntten ein
4
mehrers alß sie ihme gesagt nicht versicheren, mitt abermaliger bitt, die
5
occasion nicht auß handen zu laßen, und köntte doch alles mitt Brysach sub
6
conditione, gleich auch mitt dem Elsas geschehen, daß die oblation, wan der
7
fried oder effectus pro religione catholica nicht erfolgt, für sich selbst nicht
8
sein solle. Der herr graff: Ob er wohl innerhalb 2 tagen zu verraißen
9
genzlich endschloßen gewest, woltte ers doch in so weith änderen, den
10
sachen nachdencken und noch dieße ganze wochen über hier verpleiben,
11
auch gleich iezt zue den Spaniern fahren.

12
W bei den Bayern. Gespräche mit den Franzosen und mit Trauttmansdorff.
13
Die Bayern wollen morgen Trauttmansdorff zur Fortsetzung der franzö-
14
sischen Verhandlungen zu disponieren suchen.

15

37
15 W] am Rande: folgt was bey den Hessen vorgangen. Secretarii Ernesti hand.
W an die Hessen: Bitte um Verschonung eines ihm zur Erholung vom Dom-
16
propst

38
Adolf Heinrich Droste zu Vischering.
zur Verfügung gestellten Hauses außerhalb Münsters von zusätz-
17
lichen Kontributionen. Vulteius: Die Maßnahmen durch den augen-
18
blicklichen Schwedeneinfall bedingt, will sich an die Beamten in Coesfeld
19
und die Landgräfin wenden. Zurückweisung des Gerüchtes, Hessen habe
20
die schwedische Armee herbeigezogen, vielmehr leiden die eigenen Kontri-
21
butionen, und man muß die Verlagerung des Krieges nach Hessen befürch-
22
ten; damit ist der Gewinn von Paderborn und Stadtbergen

39
Heute Obermarsberg; nach zweitägiger, am 21. Mai begonnener Belagerung nahmen die
40
Schweden die Stadt, die militärisch die Verbindungen von Westfalen nach Hessen be-
41
herrschte.
nicht zu ver-
23
gleichen. Beiderseitige Klagen über die schwedischen Truppen.

24
1646 V 22
Dienstag Schreiben Steins

42
Anlage (Schreiben Steins): fehlt.
. – Mitteilung an d’Avaux:
25
Abreise Trauttmansdorffs verschoben. – Mitteilung Trauttmansdorffs:
26
Will die Verhandlungen mit den Franzosen wieder in Gang zu bringen
27
suchen. Möchte gern in vertrawen wißen, weyln er vernommen, alß wan
28
I. H. G. einig mittel wusten, ahnstatt Brysach die Franzosen mitt anderen
29
sachen jenseits Rheins zu contentiren, [...] was doch solches sein möchte.

30
I. H. G.: Erfrewten sich, daß der herr graff andere resolution genommen,
31
verhoffend, daß es pro religione et imperio und ihme herrn graffen zue
32
großem rhumb gereichen werd. Wüsten sich aber ihres theilß iemaln gemel-
33
det zu haben, nicht zu entsinnen, daß die Franzosen mitt anderen stücken
34
sich würden contentiren laßen. Hab solches nicht allein nie von innen ver-
35
nohmmen, sondern auch nie vermaint, zumaln sie allezeitt auf Brysach so
36
steiff bestanden. Der secretari

43
Wilhelm Schröder.
: Er hab es von I. H. G. nicht, sondern

[p. 489] [scan. 539]


1
von andern gehört zu haben, vermeldet. I. H. G.: Wüsten nicht, waher
2
es kommen mögte, haben mitt keinem davon gerehdet, auch, wie auß obi-
3
gem erscheinet, nicht thuen können. Hat lediglich in seinem Votum er-
4
wähnt
, daß die Ksl. mitt Brysach oder einem aequivalente ein end machen
5
[...] mochten, damit es nicht aussehe, als wolle man Österreich Breysach in
6
specie abvotiren; möglicherweise hat Goll das falsch verstanden.

7
W bei Chigi. Gespräch mit Trauttmansdorff. Chigi: Hetten I. H. G.
8
ein gar guetes werck daran gethan, er für sein person nebenst dem Veneto
9
woltten das werck gern möglichst befördern, dan er sonsten nicht sähe, wie
10
auß den sachen zu kommen. – W bei Nerli.

11
1646 V 23
Mittwoch Trauttmansdorff bei W. Die Ksl. haben sich
12
gestern bei den Mediatoren weiter wegen Frankreich erklärt. Einzelheiten
13
kann Trauttmansdorff erst mitteilen, wenn die Franzosen unterrichtet sind
14
Hat gestern abend die katholische Erklärung zu den Gravamina erhalten

40
Katholische 19 Punkte gemäß der Session 1646 V 19; Druck: C. W. Gärtner IX
41
S. 805ff.; zur Datierung vgl. APW [III A 4,1 S. 285 Anm. 1] .
,
15
kann etliche passus nit recht verstehen und hat sie Volmar ad examinan-
16
dum zugesteldt, und würden sich endzwischen, weilen er noch alhier, die
17
catholische, wenigst die Churfürstliche darüber noch ercleren müeßen,
18
maßen er den Churmainzischen solche dubia zuschicken wolle

42
Druck: C. W. Gärtner IX S. 889ff (1646 V 26).
. Und seye er
19
bedacht, vorm montag nicht von hie zu verreißen, oder auch, wan die
20
Franzosen zue tractiren sich mitt ernste veranlaßen würden, woll lenger hie
21
zu pleiben und seinen collegis alda zue Oßnabrugk, in puncto gravaminum
22
mitt den uncatholischen zu handlen, commission zue übertragen. Wan er
23
aber raißen würde, müste er den canzleren Buschman bey sich haben, nicht
24
daß er tractiren soltte, sondern nur, weilen er die humores kennete; auch
25
wan es zum schluß kommen würde, köntte der canzler davon ziehen,
26
damitt Ihre Churfürstliche Durchlaucht dabey nicht gefährt würden. Rich-
27
tersberger
schreibt, daß die Protestanten statt der achten Kur weiter die
28
Alternation fordern. Buschmann: Ob die alternativa personalis oder ad
29
certum terminum zu verstehen, dan ihme geschrieben, daß etliche der mai-
30
nung, wan ein alternativa sein soltte, ein herr aber lang lebte, und dadurch
31
einem hauße praeiudicirt würde, alßdan alle 20 jahr alternirt werden
32
müste. Trauttmansdorff: Davon hette er nichts gehört, sondern nur
33
allein von der alternativ, und würde wiederumb etwas newes sein. [...]
34
Befehl des Kaisers, die petition der Hessen satisfaction ganz zu verwerffen
35
und nicht einmaln davon reden zu laßen, weilen dieselbe exorbitant und res
36
pessimi exempli seye. Brandenburger Forderung auf Evakuation von
37
Hamm; er hat geantwortet, 1. köntte sich darin nicht mischen, 2. kerne der
38
erzherzog herunder, und 3. were es iezo gar nicht de tempore.

[p. 490] [scan. 540]


1
Merfeldt/Galen bei W. Angelegenheiten des Stiftes Münster. Opposition
2
Malinckrodts gegen die Regierung.

3
1646 V 24
Donnerstag Malinckrodt bei W. Beziehungen Malinckrodts
4
zu Regierung und Kurfürst. – Kurfürstenrat . – Merfeldt/Galen bei W.

5
D’Avaux bei W. Dank für die Bemühungen bei Trauttmansdorff, köntte
6
woll sagen, daß außer deroselben und der Churbayerischen so eyfferige
7
guete cooperation und würckung auß den sachen und sonsten mitt den
8
Kayserlichen nicht zu kommen sehen, wie deßwegen die cron Franckreich
9
dem hauß Bayeren allezeitt obligirt sein, es auch I. H. G. in specie verspü-
10
ren würden. Das neue Angebot geht auf Rheinfelden, Laufenburg, Zabern,
11
Benfeld und Philippsburg, Entschädigung der Stifter Straßburg und Speyer
12
durch den Kaiser sowie Entfestigung von Breisach. Sie sind jedoch auf
13
Breisach instruiert und können die anderen Vorschläge allenfalls berichten.
14
Und köntte villeicht leicht sein, daß wie zu sagen pflegt, die königin nach
15
den feisten brocken zum ersten greiffen möchte; hingegen aber man in
16
Franckreich, und sonderlich der cardinal Mazzarini, mehr auf Brysach
17
gehen; solches falß und auff alles begeben sie entschuldigt weren, ehe aber
18
die sachen consultirt und verglichen, noch woll 3 oder 4 wochen zeitt
19
geprauchen, darüber woll noch groß blutvergießen und ander unglegenheit
20
entstehen dörffte, welches alles, wan Brysach offerirt, cessirte, zumaln sie
21
darauff zu schließen gewaldt und vollmacht hetten; wüsten, daß mans inen
22
doch leztlich cediren würde, alßo zue gewinnung zeitt beßer iezt. I. H.
23
G.: Wan inen dan auff ein- oder andern itzbesagten wegk satisfaction ge-
24
geben, ob dan wegen der catholischen religion in puncto gravaminum und
25
sonst man vertrösteter maßen versicherung haben köntte? Andtwortete
26
er quod sic, und sonderlich nicht zuzulaßen, daß die stiffter Minden, Ver-
27
den und Paderborn, auch die graffschafft Arnsperg und waß sonsten Chur-
28
cölln zustendig, in der uncatholischen händ pleiben soltte. W: Kann
29
Paderborn unter der Versicherung evakuiert werden, daß die Ksl. es bei
30
Näherkommen des Erzherzogs nicht neu besetzen? D’Avaux: Will das
31
Seinige tun, müste aber in dergleichen fällen, weyln ihme von anderen bey
32
den uncatholischen aller undanck zugeschoben, gar cautus sein. Die Ksl.
33
bieten das Elsaß jetzt nicht nur pro feudo, sondern iure haereditario et pro-
34
prio, womit sie Frankreich aus dem Reich halten wollen, während Schwe-
35
den
, wie der protestantische König von Dänemark, Sitz und Stimme erhält.
36
Den Franzosen geltte es endtlich gleich, allein vermainte er, daß den catho-
37
lischen, wan sie sessionem im reich hetten, mehrers bedient were. Tod der
38
Kaiserin

41
Maria Anna (1606–1646), Tochter Philipps III. von Spanien, gest. 1646 V 13.
, Vorschlag einer Heirat des Kaisers mit der Tochter des Herzogs
39
von Orléans

42
Anne Marie de Bourbon (1627–1693), Tochter Hg. Gastons von Orléans aus dessen
43
erster Ehe.
.

[p. 491] [scan. 541]


1
W bei Trauttmansdorff. Kondolenz zum Tod der Kaiserin. Trautt-
2
mansdorff
: Wegen Spanien und Venedig kein gemeinsamer Trauergottes-
3
dienst
. Sie haben sich gestern gegen die Mediatoren noch weiter, hoffentlich
4
zur Zufriedenheit der Franzosen erklärt. Deßwegen I. H. G. dancksagt
5
und inen weiters animirt mitt erzehlen, waß der d’Avaux gegen sie
6
gedacht.

7
Nachricht von Ankunft Königsmarcks vor Lengerich. – Bitte an d’Avaux:
8
Schreiben zur Verschonung des Stiftes Osnabrück und der Städte Wieden-
9
brück und Fürstenau gemäß dem Präliminarvertrag. D’Avaux: Will
10
mit Longueville deshalb

33
10 reden] am Rande: communicatum den 25. und 26. Maii.
reden.

11
1646 V 25
Freitag [...] Zustellung der französischen Schreiben an
12
Königsmarck

35
Anlage (Französische Interzessionsschreiben an Königsmarck): fehlt.
. Sie werden nicht weitergeschickt, da letzterer die Osna-
13
brücker Ämter wieder verlassen hat.

14
Eodem haben I. H. G. durch eine dritte person und zwarn von uncatholi-
15
schen das proiectum pacis, so der herr graff von Trauttmanstorff dem
16
Oxenstern und von diesem den protestirenden umb ihr bedencken zuege-
17
stelt, den catholischen aber nicht communicirt worden, zur hand gebracht,
18
wie numero ... hiebey

36
Anlage (Ksl. Projekt zum schwedischen Frieden 1646 V 8): fehlt; Druck: J. G. Meiern
III S. 66ff .
, und hat man nachricht, daß von ermelten protesti-
19
renden underschiedliche consultationes und conferentiren daruber gehalten.
20
Kopie an Chigi.

21
Tecklenburger Vertreter

38
Gesandter des Grafen Moritz von Bentheim-Tecklenburg (1615–1674) war Hans Ulrich
39
Hermann von Eltz.
bei W. Bitte um Unterstützung der Ansprüche auf
22
Lingen gegenüber den Staaten und Spanien

40
Anlage (Tecklenburger Informationsschrift): fehlt.
. –

34
22–24 Prüfung – Weihen] am Rande: ad Bavarum omittantur.
Prüfung von Weihekandi-
23
daten.

24
1646 V 26
Samstag Erteilung von Weihen. – Chigi an W: Dank für
25
die mitgeteilte Schrift. Schlechtes Fortkommen wegen Breisach.

26
Köberlin bei W. Sache des Rotaauditors Peutinger. – Bericht über die
27
Eroberung Paderborns.

28
1646 V 27
Sonntag Konferenz der katholischen Stände . – [...]
29
Bericht Haslangs: Trauttmansdorff hat heute Krebs mitgeteilt, gestern sei
30
Breisach den Franzosen angeboten worden, doch hätten diese sich wenig
31
entgegenkommend bezeigt, sich wegen der Bedingungen nicht erklärt bzw.
32
sie abgelehnt. Krebs sucht nun bei Chigi Näheres zu erfahren.

[p. 492] [scan. 542]


1
Mitteilung der Bayern auf Anfrage Ws : Breisach ist anfangs ad maiorenni-
2
tatem regis, post modum auf ewig angeboten worden, Lindau soll ksl.
3
besetzt bleiben, Hohenwiel rasiert, den pupillen die gegensatisfaction gege-
4
ben, Churbayern bey der chur und der Obern Pfalz auff ewig manutenirt,
5
die amnistia aufs jahr 1630 und respective 1627 verpleiben, den catholi-
6
schen in gravaminibus assistirt, Churbrandenburg außer Halberstatt weit-
7
ters nichts offerirt, dem Hessen Casselischen petito kein beyfall geben, den
8
Schweden weitters nichts zu begehren zugesprochen, ein armistitium ver-
9
glichen, fried mit Spanien getroffen und der herzog von Lottringen resti-
10
tuirt werden. Worauf von Franzosischen praeter Brysach, Benfeld, Zabern
11
und Philipsburg begert, und ad conditiones und zwarn ad 1. geandworttet,
12
woltens berichten, 2. daß es geschehen kondt, ad 3. das Elsaß sey vorhin
13
ganz verschuldet, ad 4. wegen manutenirung der chur wolten sich bemuhen,
14
mit der Oberpfalz aber, wie sonderlich der Servient movirt, dorfft es hart
15
halten, ad 5. must ad annum 1618 gezogen werden, ad 6. wolten das ihrig
16
thun, vornemblich, daß der geistlich vorbehalt in suo vigore pleiben, prote-
17
stirende mit dem temporalvergleich sich begnugen, auch I. H. G. wegen
18
dero stiffter Oßnabruck und Minden ungefährt sein solten. Ad 7. must
19
Churbrandenburg neben dem stifft Halberstatt noch mit einem stück auß
20
den Schlesischen landen, ad 8. Hessen Caßel mit Marpurg und einem stück
21
geldts contento gegeben werden. Ad 9. wolten den Schweden zwarn zuspre-
22
chen, mit gewalt aber kondten sie darzu nicht nöttigen, ad 10. sey bey den
23
Schweden nicht zu erheben, auch gegenwertigem statu nicht dienlich. Ad
24
11. musten von Spanien erst satisfaction haben. Ad 12. gehore nicht hierher.
25
Vertraulich hat d’Avaux mitgeteilt: Nach Weggang der Mediatoren haben
26
die Franzosen under sich noch weitters consultirt und in specie dem Ser-
27
vient wegen der Oberpfalz, daß billich sey, was versprochen, zu halten,
28
zugesprochen, daß er acquesciren mußen. Zu ermessen, weyln diese disputa
29
wegen des Pfalzischen wesen noch erst iezt vorkehmen, wie schlecht des
30
Servient negotiation zu Oßnabruck in hoc puncto wurde gewesen sein.

31
1646 V 28
Montag [...] – Stadtbergen 1646 V 23 von Wrangel er-
32
obert
, welches von den Kayserlichen und allen catholischen alhier sehr
33
apprehendirt worden.

34
Motzel bei W: Empfiehlt im Namen Eichstätts

39
Motzel war früher in Eichstätter Dienst gewesen.
die Sache der Reichspfand-
35
schaft Weißenburg

40
Anlage (Memorial wegen Weißenburg): fehlt. Zu den Gegenansprüchen der Reichsstadt
41
Weißenburg (Nordgau) vgl. J. G. Meiern III S. 826.
.

36
1646 V 29
Dienstag Bayern bei W. Weittlauffig mit deroselben in
37
publicis conferirt. – Nachricht vom Rückmarsch der Schweden gegen

[p. 493] [scan. 543]


1
Warendorf und Wiedenbrück. – Anfrage bei d’Avaux wegen der Ver-
2
handlungen
Marcillys. D’Avaux: Verweist auf dessen Rückkehr.

3
Trauttmansdorff/Volmar bei W. [...] Die endtliche resolution mit dem
4
Angebot Breisachs heute schriftlich den Mediatoren zugestellt

43
Postrema declaratio der Ksl. 1646 V 29 (Druck: J. G. Meiern III S. 31 ff).
. Von diesen
5
gestern zu erfahren, daß iezt auff Philipsburg starck wolte bestanden und
6
vorgeben werden, daß Churtryer, solchen orth ihnen zu laßen, zufrieden,
7
welches kein reichsfurst weniger geistlicher alß nur temporalis administra-
8
tor ohn Ihrer Majestät, der reichsstend, auch der thumbcapitul vorwissen
9
zu thun vermögt. Ratione negotii Palatinatus hetten einen langen passum
10
pro domo Bavarica specifice mit eingeruckt, daß damit hoffentlich Chur-
11
bayern content sein und sie die Kaiserliche dankh verdienen werden. Item
12
wegen beyder stiffter Oßnabruck und Minden, und weyln dan die Franzo-
13
sen zue I. H. G. und Churbayerischen sonder zweiffel kommen und wegen
14
Philipspurg ansuchung thun wurden, so begerten, demselben durchauß kein
15
gehör zu geben, sondern daß nunmehr den sachen ein end zu machen. Der
16
Franzosen erklehrung erwartten morgen, alßdan er sich auff Oßnabruck,
17
weilen seiner wiederkunfft die Schweden, maßen von dort noch heut
18
schreiben empfangen, so seer verlangeten, begeben wolt. Hofften mit ihnen
19
in einem tag zu schließen, und ob sie wol wegen Oßnabruck und Minden
20
noch ein und anderß begerten, wurde er sich doch in puris negativis halten,
21
sey gesichert, daß die iezige Schwedische begeren nur zum versuch, auf ver-
22
spuhrende constanz aber dieserseiths sich zum schluß lencken wurden.

23
I. H. G. bathen gar hoch, der her graff noch etwas verpleiben mocht,
24
und nicht durch wegreisen den Franzosen zeit zu geben, newe difficulteten
25
zu erfinden oder von Pariß auß zu bekommen, sondern erst richtigkeit hier
26
zu treffen, wadurch alßdan die Schweden zum schluß desto beßer wurden
27
zu bewegen sein. Worauff der herr graff, daß der herr nuncius derent-
28
halb gleichfalß eben iez starck ahn ihm gewest, daß er sich auff ein par tag
29
noch zuzuwartten erklehrt. Auff weitter von I. H. G. gemachter instanz
30
meldete der herr graff, wan nur auß der Franzosen erklehrung hoffnung
31
scheinen werd, wolt er noch pleiben und inmittelst den Oßnabruckischen
32
Kayserlichen aufftragen, die vornembste ex statibus protestantibus zu er-
33
fordern und der catholischen endlichen schluß in negotio gravaminum an-
34
zuzeigen und zu begehren, ob sie den sachen damit ein end machen wolten
35
oder nicht, und falß ferner difficulteten moviren solten, er gar nicht hin-
36
uber, sondern hier verbleiben wolte; andern verhoffenden falß wurde die
37
resolution von Oßnabruck innerhalb 6 tagen einkommen, auch endzwi-
38
schen mit den Franzosen richtigkeit getroffen werden konnen. I. H. G.
39
liesen sich dieses nicht ubel gefallen, sonderlich weylen, wan mit den Fran-
40
zosen die sachen zum end gepracht, auch seinem bedeuten nach sobald mit
41
den Schweden konne geschloßen werden, die uncatholische dadurch wur-
42
den getrieben werden, sich zu accomodiren. Welcher mainung der her

[p. 494] [scan. 544]


1
graff ebenfals gewesen. Hat dem Osnabrücker Kapitel versichert, er werde
2
dafür sorgen, daß das Stift nicht in schwedische Hände komme. Gibt W
3
eine Abschrift der Resolution für die Franzosen. – Bericht über die Erobe-
4
rung
Stadtbergens.

5
1646 V 30
Mittwoch

43
5–6 W – Thorn [...]] am Rande: ad Bavarum omittantur
W bei Chigi. Antwort Kurkölns wegen St. Gereon

6
und Thorn. [...]. Chigi: Auf das Angebot Breisachs haben die Franzosen
7
erklärt: 1. Daß sie Zabern fallen ließen, wan nur einen paß haben konden.
8
2. Benfeld demolyrt werden solt. 3. Mit satisfaction der Osterreichischen
9
erben wolten nit nur den koniglichen stam, sondern auch totam familiam
10
Borbonicam comprehendirt haben. 4. Hetten sich wegen des Pfalzischen
11
wesens pro Churbayern absolute pro affirmativa erklehrt. 5. Von restitution
12
Lottringen wolten nichts horen, gleich dan der herzog ihres vernehmens un-
13
lengst selbst von sich geschrieben, da er in diese tractaten nit solte wollten
14
eingeschloßen werden, ihm nur solches zeitlich zu sagen, alßdan er schon
15
mittel finden würde, mit den Franzosen selbst sich zu vergleichen, und seye
16
also unvonnötthen, hiermit sich auffzuhalten. 6. Beharreten auf Philipspurg
17
starck, dagegen ihn zwarn remonstration gemacht, die Franzosen aber
18
replicirt hetten, was man derentwegen zu thun vermain, da es von
19
Churtryer alß bischoffen zu Speyer ihn in handen zu laßen selbst offerirt
20
habe, also er nuncius besorg, daß es hiermit noch grose difficultet haben
21
mochte, dabey er in confidentia gemeldet, wan die Franzosen ye davon nit
22
zu pringen, liesen die Kayserliche sich verlautthen, dagegen Erenbreitstein
23
nomine Caesaris besezt zu halten, da alßdan eines gegen das ander desto
24
beßer sich mochte compensiren und auffheben laßen. 7. Hohenwiel solte
25
geschleifft, und 8. Lindaw von Kayserlichen in besazung gehalten werden.
26
9. Hetten sich quoad gravamina und die religionssachen nur generaliter
27
offerirt, weil man mit ihnen noch nicht verglichen, doch hoff er ein beßers,
28
wan allein der her graff von Trautmanstorff noch etwas verpleiben thett,
29
damit nit durch sein wegraisen das werck de novo in stecken geriethe.
30
Dabey er nuncius ihnen vermeldt hab, wan sie ihren eiffer zur religion be-
31
zeigen wolten, warumbs nicht auch mit den 30 in Wirttenberg gelegenen
32
clostern und stiffter geschehe, sie aber geandworttet, daß solches die Kay-
33
serliche vorerst musten auf die bahn pringen, benebens, wan ihnen Philips-
34
purg gelaßen, kondten sie selbige closter wie auch die religion in der Under-
35
pfalz desto beßer helffen manuteniren.

36
W bei den Bayern. Gespräch mit Chigi. Bayern: Was fur ein contrasto sie
37
wegen Philipspurg mit den Franzosen vorgestern gehabt, indeme sie ihnen
38
vorgehalten, daß ihr begierd zum frieden darauß, daß sie alle tag newe und
39
newe sachen herfurbrächten, gar nicht erscheinen wolle, daruber es aller-
40
hand starcke disputa gegeneinander abgeben, zulezt gleichwohl also ge-
41
schieden, daß sie hoffnung, das werck sich noch zur richtigkeit werde prin-
42
gen laßen.

[p. 495] [scan. 545]


1

35
1 Marcilly] am Rande: folg hern dhombprobsten auffsatz
Marcilly bei W. Bericht über seine Bemühungen wegen Neutralität der
2
Stifter Münster und Osnabrück gemäß dem Präliminarvertrag und wegen
3
Evakuation Paderborns. Die Schweden verstehen die Bestimmung des Prä-
4
liminarvertrages
, daß in civitatem et cognominem diocoesin nemo plus iuris
5
et facti usurpare debeat quam antea habuerit, dahin, daß, wie sie vor
6
schliesung der praeliminartractaten das ius armorum facto ipso in dem
7
stifft Osnabrug und Munster fortzusetzen gehabt, ihnnen ietzo auch alsol-
8
ches annoch verpliebe und durch die allegirte clausul nit benommen wehre,
9
und wans je anders solte verstanden werden, so hetten die Kayserliche,
10
indeme sie anschläg auff Coßfelt und sonsten bey wehrender dieser zeit ge-
11
macht, directe darwidder gehandtlet. Hierauf hette er Marsilly ihnnen remon-
12
strirt, daß der angezogener paragraphus nit muste dergestalt von ihnnen
13
interpretirt und disputirt werden, dan er sonsten vergeblich darbey gesetzt,
14
zudeme wurde die stadt Osnabrug ebensowenig frey sein, dan die Kayser-
15
liche zuvor ebensowoll ius armorum und recuperandi gehabt haben. Mit
16
diesen und dergleichen motiven hette er ihnnen dieß werck dergestalt zu
17
gemut gefuhrt, daß sie gegen dem stifft Osnabrug nichts tentiren wurden.
18
Aussicht auf die nachträgliche Evakuation von Paderborn nur bei gleich-
19
zeitiger
Neutralisierung der benachbarten ksl. Garnison Wiedenbrück; die
20
Sache hängt vor allem von den Hessen ab, die Sicherheiten für ihre Kontri-
21
butionen
suchen. Nachrichten über die Eroberung Stadtbergens.

22
Beratung mit den Paderborner Kapitularen

36
Mit Marcilly waren 1646 V 29 der Paderborner Domdechant Caspar Philipp von Kette-
37
ler (gest. 1676) und der Domherr Johann Wilhelm von Gertzengen. Sintzig (gest. 1664)
38
gekommen.
. Beschluß, die Franzosen um
23
Hilfe zu ersuchen.

24
1646 V 31
Donnerstag W und Peñaranda bei den Observanten. Curi-
25
alia et generalia.

26
1646 VI 1
Freitag [...] – Mitteilung Longuevilles: Die Schweden be-
27
klagen
sich über die französischen Bemühungen für Wiedenbrück und
28
Fürstenau, da doch auß beyden solchen orthen ihnen biß dato in mehr weg
29
zugesezt worden seye, auch in denen plätzen, die sie iezt nacheinander
30
eingenommen, alß Hoxter, Paderborn und Stattberg I. H. G. volcker sich
31
befunden, also auch außerhalb des stiffts sich feindlich bezeigten. [...]

32
1646 VI 2
Samstag Reichsräte . – Ksl. Schreiben an Kurköln und
33
Kurmainz wegen Schaumburg.

34
Mitteilung Chigis auf Anfrage Ws: In ihrer schriftlichen Antwort auf die

[p. 496] [scan. 546]


1
ksl. Erklärung

43
Vgl. unten [S. 503 Anm. 4] .
bestehen die Franzosen auff behaltung Philipsburg starck,
2
und es gleichsamb pro conditione sine qua non hielten, sorge nit wenig dif-
3
ficultet, und hetten sich sonst in anderen allein generaliter erpotten, sey
4
noch wenig darvon zu berichten.

5

41
5 W] am Rande: sequitur hern dhombprobsten auffsatz was bey den Franzosen vor-
42
gangen.
W bei den Franzosen. Dank für die Bemühungen wegen Paderborn und
6
Wiedenbrück. Longueville: Eß thete ihnnen leid, daß der Marcilly nit
7
zeitlicher nacher Paderborn hette kommen und ein mehrers außrichten
8
konnen, weiln sie den Teutschen alles guts gönneten und gleichsamb Teut-
9
sche wehren. I. H. G.: Sie musten gantz Teutsche mit sein, so wurde es
10
woll besser gehen. Longueville: Sie wehren rechte Teutschen und
11
wolten auch auf Teutsch handelen. Wegen der stadt Paderborn intendirter
12
neutralisirung wehre ihnnen vorgeruckt, daß selbige stat wie auch andere
13
orter deß stiffts vor diesem die neutralitet gehabt, aber wan sie einen vor-
14
theil gegen die Hessen ersehen, widder aufgehoben. Wegen Widdenbrug
15
und Furstenaw beschwerten sich andere, daß die darin liggende völcker alle
16
hostiliteten gegen sie verubten, und dahero ursach zu haben vermeinten,
17
selbiger orter sich zu versichern. Dan wan sie ratione praeliminarium solten
18
frey sein, so musten sie sich anders verhalten und einer rechten neutralitet
19
bequemen. Uberdas hette man in den ietz eingenommenen plätzen uberall
20
völcker von I. H. G. gefunden. I. H. G.: Soviel ihre plätze anlangte,
21
alß Widdenbrug und Furstenaw, wehren selbe unstreitig dem stifft Osna-
22
brugk zugehorig und darin gelegen, wehre also vigore praeliminarium
23
nichts gegen sie vorzunehmen; daß aber dero darinn liggende völcker gegen
24
diejenige, welche ihro ihre drey stiffter vorenthielten, ihr bestes alß soldaten
25
theten, auch nit verschönt wurden, deßen wehren sie ia nicht zu verden-
26
cken, und auch kein anderst bis dato verabscheidet, und könten I. H. G.
27
denselben auch nit trawen, und solang sie sich nit zu einem anderen ver-
28
anlaßen, wurden sie absque laesione praeliminarium ihr bestes thun mue-
29
ßen. Wie dan beym krieg der underschiedt und die exempla vorhanden,
30
daß eine stadt und platz extra actus hostilitatis pleibe, und dannoch darauß
31
auffm velde und anderer orten die soldaten gegeneinander ihr gewehr ge-
32
brauchten, und wan ein anders bey den praeliminaribus oder sonsten wehre
33
verglichen, so hetten I. H. G. viele unkosten bey ihren werbungen und
34
andern nötigen kriegsanlagen bis dato ersparen können. Bey ietzigem statu
35
aber hielten sich dieselbe ahn die praeliminartractaten und bedanckten sich
36
nachmahls, daß sie Frantzösische sich der sachen so weit angenohmmen und
37
der praeliminar vesthaltung behaubten theten. Daß sonsten I. H. G.
38
soldatesca sich in ihren guarnisonen sowoll alß anderen ortern gebraucht,
39
käme daher, weiln zwischen den soldaten kein neutralitet, und desto weni-
40
ger beschwerten sich dieselbe, daß ihre soldaten in den stetten Hoxter,

[p. 497] [scan. 547]


1
Paderborn und Stadtberg gleichs andern undergestochen worden, und
2
hetten die Schwedische sich deßen nit, sondern billiger I. H. G. gegen die-
3
selben sich zu beklagen, welche nit allein mit schweren auflagen ihre under-
4
thanen schwerlich tractirten, sondern auch den statum religionis et
5
controversarium contra praeliminaria zu invertiren sich nit geschewet. [...]
6
Servien: Zu bedauern, daß die sachen in den parochiis also noch turbirt und
7
involvirt gehalten wurden, und musten auch sagen, daß die Kayserliche mit
8
dem Coßfeldisch- und Ottensteinischen

36
Ottenstein bei Ahaus, Festung im Hochstift Münster, von den Hessen neben Coesfeld zu
37
ihrem Hauptstützpunkt im Münsterland ausgebaut.
anschlag gegen die praeliminaria
9
gehandelt. W: Darüber nicht informiert. Anschlag der Hessen auf
10
Wiedenbrück, als er im August 1644 dort krank lag, womit sie zu dießen
11
entreprinsen den Kayserlichen möchten ursach gegeben haben. Reck:
12
Bericht über die Paderborner Neutralität: Zuerst April 1633 nach drei-
13
wöchiger
Belagerung durch Landgraf Wilhelm vereinbart, nach der Schlacht
14
bei Hessisch-Oldendorf 1633 VII 8 mit Berufung auf die veränderte Lage
15
die Stadt zur Aufnahme hessischer Truppen gezwungen und die Regie-
16
rung
des Stiftes verändert

38
Vgl. B. Ph. von Chemnitz II 1 S. 109f, 165.
. Nach Wiedereroberung durch Götz 1636 hes-
17
sischer
Überfall 1638 V 1 entgegen dem damaligen Stillstand, dessen Ver-
18
längerung
schon publiziert war

39
Vgl. J. Foerster S. 147f.
. Dann von den Hessen gleichsamb zu einer
19
ergetzlichkeit vor die außplunderung und underhaltung ihrer soldaten eine
20
Neutralität von vier Monaten bewilligt. Als inzwischen sich Pfälzer
21
Truppen näherten und die Hessen dagegen keine Sicherheit geben konnten,
22
hat man wieder ksl. Truppen in die Stadt legen müssen

40
Zur Bedrohung der westfälischen Stifter durch die Truppen des Pfalzgrafen Karl Lud-
41
wig im Jahre 1638 vgl. J. Foerster S. 159f.
, auß welchem dan
23
gnugsamb zu ersehen, daß bey diesen beiden actibus der Hessischen contra-
24
vention mehrers zu scheiden seye alß den Paderbornischen deßwegen zu
25
verweisen. Die dritte Neutralität ist von Geleen für Brakel und einige
26
Amtshäuser bewilligt und in Kassel verglichen worden

42
Durch Assekurationsscheine der Landgräfin 1645 V 12, Kurkölns 1645 VI 6 und Geleens
43
1645 VI 18 sollten Brakel, Dringenberg, Wewelsburg und Neuhaus für ein Jahr von Be-
44
satzungen frei bleiben; die Durchführung zog sich noch bis August hin ( Marburg 4f
45
Paderborn 270, 271). Vgl. J. Foerster S. 270f.
; daß Melander sie
27
aufgehoben hat, ist Paderborn nicht anzulasten, zudem ist man den Hessen
28
nur um einige Stunden zuvorgekommen. W: Unvermögen der Stadt zur
29
Zahlung der von Hessen geforderten 25 000 Reichstaler, Bitte um
30
Ermäßigung und Anrechnung der nach dem Vergleich genommenen
31
Naturalien, Abführung der hessischen Garnison und Neutralisierung ange-
32
sichts
der von den Hessen drohenden Gefahr einer völligen Änderung des
33
kirchlichen Status. [...] Verlangen Wrangels nach Verkauf oder Inzahlung-
34
gabe
des nach Münster geretteten Liborischreines. Translation des Kapitels
35
nach Münster laut einem früheren Beschluß für den Fall einer feindlichen

[p. 498] [scan. 548]


1
Eroberung. Franzosen: Daß mit salvirung der tumbae und translation
2
des capituls gar woll geschehen, und verwunderten sich sehr uber des
3
Wrangel erklerung, daß er solche tumbam an bezahlung annehmen wollen,
4
dero verkaufung oder tradirung muste durchauß nit geschehen, bekennendt
5
das ein solches bey diesem conventu ein großes aufsehen geben wurde,
6
wobey dan der conte d’Avaux sonderlich seinen eifer erga Sanctum
7
Liborium vermercken laßen. I. H. G.: Eß were bey den Schwedischen
8
nichts newes, daß sie kirchensachen et vasa aurea annehmen; alß Osnabrug
9
anno 1633 ubergangen, hetten ihre dhombcapitularn etliche und 70 calices
10
geliefert, darzu die Schweden den altar, a sancto fundatore Carolo Magno,
11
von pur golt in 6 taffelen bestehent, geschenckt, weggenohmen, und beklag-
12
ten I. H. G. mehr ipsam venerandam antiquitatem et fundatoris tanti
13
memoriam neben allen catholischen dan das golt, insonderheit, daß sie der-
14
gleichen von der cron Franckreich allegirten und confoederirten außstehen
15
musten. Bitte um einen Paß für den Kempener Landdekan

43
Johann Wilmius (um 1584–1655).
, Klagen der
16
Geistlichen in Neuss. Galli contestirten, daß sie dergleichen proceduren
17
gar nit approbirten, begerten wegen des pastors zu Kempen ein memorial.
18
[...] Man muste frieden machen und dergleichen inskunfftig verhueten.

19
I. H. G.: Wolten das memorial einschicken. Der friede scheine das ahn
20
der cron Franckreich heffte, dan Breisag seye offerirt und werden nun
21
omnino nova praetendirt. Servient: Die Kayserliche hetten die handt-
22
lung und oblation in natura sua invertirt, deme folgte Franckreich, wur-
23
den es auch iederzeit thun. Philipßburg hette Churtrier ihnnen sub pro-
24
tectione geben, praetendirten daruber kein dominium, und wan Churtrier es
25
ihnnen uberlasen wurde, hetten sich dessen andere nit zu beschweren, weiln
26
excercitium religionis catholicae in der Underpfaltz manutenirt wurde.

27
I. H. G.: Wolten nit hoffen, das in puncto satisfactionis so viel newerun-
28
gen solten behaubtet wollen werden. Avaux: Die Kayserliche wehren
29
hieran schuldig, daß sie mit Breysach so lang zuruck gehalten und darzu
30
solche conditiones angehangen, daß damit nit fortzukommen. Lindaw
31
wolte das hauß Ostereich anstat Breysach vor sich behalten, so ein weites
32
außehen hette. Franckreich muste alles, was im ob- und niedern Elsas
33
gelegen, auser dem stifft Straßburg und Basel, uberlasen werden, und sol-
34
ten alle die reichsstet und andere herschafften bey ihren privilegiis sub
35
corona Galliae cum ipsa iustitia gehandthabt werden. I. H. G.: Sie
36
hetten vor diesem verstanden, daß sie anders nichts begerten alß was das
37
hauß Ostereich wegen der vogtey und pfandtschafft vom reich derendts
38
gehabt. Servient: Die Ostereichische hetten die pfandtschafft gar weit
39
extendirt und der stet privilegia woll zu disputiren gewust, nun bey deren
40
verlasung machte man die privilegia gewaltig groß, das nur krieg darauß
41
entstehen möchte. Wabey der conte d’Avaux erzehlet, daß ein canoni-
42
cus geweßen, welcher 20 jahr fleißig, was gegen seinen bischoff sein

[p. 499] [scan. 549]


1
konnen, annotirt; alß er nun selbsten bischoff worden, hette er darauß
2
lautere annotata pro episcopo contra capitulum gemacht; so machten ietzo
3
die Ostereichsche mit der stet privilegien, derohalben mit seinen collegis
4
concludirte, daß zu erhaltung eines bestendigen friedens ihnnen das Ob-
5
und Underelsas obbeschriebenermaßen zu uberlasen. Under wehrendem
6
discurs zeigte der conte d’Avaux dem duc de Longueville ein schreiben auß
7
der Schweitz, daß sich dieselbe verwunderten, warumb Franckreich die
8
waltstette zurucklasen wolte. Alß I. H. G. andtworteten, die Kayser-
9
liche hetten anstat Breysach ihnnen die waldtstette, so jenseits gelegen,
10
offerirt, repetirten die Frantzosen ihr voriges, daß die Kayserliche obla-
11
tionem geendert, und gebe also ipsa mora andere consilia, man mögte doch
12
zum frieden eilen. I. H. G.: Sie wurden selbsten bezeugen, wie fleisig
13
und getrewlich man zu erlangung eines schluß sich bemuhet, und wurde
14
allerhandt von der cron Franckreich newen postulatis geredet, indeme man
15
solche gute versicherung gehabt, daß mit offerirung der vestung Breysach
16
der friede zu schließen. Conte d’Avaux: Sie hetten gestern den herrn
17
mediatoribus ihre schrifftliche erklerung geben und die von den Kayser-
18
lichen aufgesetzte 14 puncta außerhalb 2 und also 12 bewilligt, darauß man
19
ihre friedtliebende intention wurde spuren. Alß nun I. H. G. gefragt,
20
was doch das vor 2 puncta wehren, hat der d’Avaux angefangen zu lachen
21
und gesagt, warumb sie nit nach den andern 12 punctis fragten. Und
22
andtworteten I. H. G., weiln dem andeuten nach selbige verglichen, wehren
23
also wegen der unverglichener sorgfeltig. Longeville: Die mediatores
24
hetten es in handen, bey dem heraußgeben wurde man ihr gute intention
25
schon sehen. I. H. G. beduchten gleichwoll, wie sie anderwehrts nachrich-
26
tung, daß es noch nicht so allerdings verglichen. [...]

27
Staatische bei W. Anläßlich ihres bevorstehenden Abschlusses mit Spanien
28
suchen sie auch ihre versicherung bei den benachparten und sonderlich beim
29
Romischen reich, wobei sie fur erst die biß daher mit demselben gehabte
30
neutralitet zue solidiren gedachten. Vor allem aber wünscheten, daß der
31
fried in der nachparschafft im reich auch würde stabilirt, wadurch sie und
32
ihr status mehrers assecurirt werden mochten. Vornemblich befünden 4
33
sachen, deren accomodation dahzu nottig, alß 1. punctus et differentiae
34
circa religionem, 2. das Pfalzisch weesen, 3. die freye commercia, wobey sie
35
sonderbar interessirt, 4. daß dem churfursten zue Brandenburg, alß welcher
36
gegen Ihre Kayserliche Majestätt sich allezeit getrew, auch biß dato neutral
37
verhalten und gegen Ihre Majestät keine offensie verubt, das fürstenthumb
38
Pommern, warzu er so gut recht hette, unschuldig mochte genommen
39
werden. Es wer diß eine solche sach, dadurch den benachtbarten außländi-
40
schen potentaten gar wol einig nachdencken kondte gemacht werden, und
41
sie es dabey also nit laßen möchten. Bitte um Ws Unterstützung besonders
42
im 4. Punkt. W: [...] Das Teutsche weesen anlangendt, bedanckt sich
43
ebenfalls fur den guten wunsch, daß man zum frieden gelangen mocht,
44
hofften zu Gott, man werde noch alhie den frucht und nuzen der tractaten

[p. 500] [scan. 550]


1
zu solchem intento gleichergestalt erheben konnen, umb desto mehrer,
2
weyln die von ihnen in ieziger ihrer proposition angeregte puncten sich wol
3
würden fureinander pringen laßen. Dan quoad primum hab man beym
4
Paßawer vertrag und religionfrieden genugsambe regul, wan auch solcher
5
gehalten, were es zu diesem krieg nit gerathen, und muste man iezund
6
sehen, wie man sich allerseitz beßer darbei und sonsten assecurire, inmaßen
7
dan die stend super gravaminibus miteinander in tractat begriffen weren,
8
werde auch auß den sachen, wan man allein rationem und das Teutsche
9
gemuth wolte praevaliren laßen, wol zu kommen sein. Ad 2., das negotium
10
Palatinatus nemblich, sey daselb auch auf solche weeg dirigiret und gerich-
11
tet, wadurch authoritas Caesaris wie billich conservirt, die iustitia in
12
puniendis criminibus gehalten, und dannoch die pfalzgraffen auch, wan sie
13
nur selbst wollen, electoratus dignitatem octavo loco wiederumb bekommen
14
konnen, daß also I. H. G. und andere unpassionirte anderst nit sehen oder
15
sagen kondten, alß daß man den frieden deßhalber keineswegs auszu-
16
schliesen haben werd, wan nur die intention darzue auch ex alia parte gutt
17
und auffrichtig. Ad 3. ratione commerciorum, derntwegen sey ex parte
18
imperii dahin beraitz geschlossen, daß alle newe von den stenden oder
19
außlendischen kriegenden tailen angelegte zöll, licenten und imposten im
20
reich aufgehoben werden solten, und werde man eben deßhalber die
21
Spanisch und sie die Stadische auch anlangen und sich solcher auffheb- und
22
abschaffung ihrerseits gleichfalß versehen. Uber welchen passum sie
23
gelacht und es fur ein billiches ding gehalten. Quoad punctum 4. sey
24
I. H. G. und vielen andern sehr leid, daß man die exteros mit so ansehn-
25
lichen stücken und provincien ausm reich contentiren wolle. Die iura Chur-
26
brandenburgs ahns herzogthumb Pommern seyen starck und genugsamb
27
bekand, des herrn churfürsten person auch, und das uraltes hauß mit allen
28
circumstantien billich zu consideriren. Ihres theylß wurden wol zu der hin-
29
laßung nit rathen, kondten aber ihren eignen stifft Verden nicht salviren,
30
der ihr doch von Gott und rechts wegen eben woll gebuhren thette.
31
Wünsche daß einig medium practicabile zu erhaltung Pommeren von ihnen
32
oder andern konte erfunden und nuzlich vorgeschlagen werden, wodurch
33
und mit welchen rationibus sie gleichfalß ihren stifft Verden zu conserviren
34
verhoffeten. Thetten zwar nichts alß bey den Kayserlichen und andern
35
deßhalber, bekehmen aber nur zur andwort, daß der Kayser selbst das
36
Elsaß müste zurücklaßen. Van Gent: Die Kronen haben den Krieg
37
gegen das Haus Österreich geführt, also muß dieses auch die Entschädigung
38
geben, es konte solche ubergeb- und abtrettung den benachparten poten-
39
taten kein solchen gealosie und schaden erwecken, gleich mit Pommern
40
beschehe. I. H. G.: Sie ließen beyde diese guette motiva ahn sein orth
41
gestelt, es militirten aber dieselbe eben auch fur ihren stifft Verden, nemb-
42
lichen wegen der gealosia der potentaten. Pomeren belangend, seye einmal
43
gewiß, daß die Schweden in mari Baltico einen starcken fueß und dominat
44
sezen, und eine grose macht dadurch erlangen werden, gleichenfalß auch

[p. 501] [scan. 551]


1
mit Bremen und Verden ahn dem Weeser- und Elbstroomb, welches ihnen
2
den herrn Staden nahendt genug were. Darauf sagte einer auß ihnen,
3
daß I. H. G. den rechten punct touschirten, und seye wol zue befahren, daß
4
es bey solch angefangenem accord sein verpleibens nicht behalten werd,
5
dan damit gar zu viele potentaten interessirt, und muste darumb der
6
besorgenden ungelegenheit und weitteren unrhue vorkommen werden.

7
I. H. G. repetirten, daß ihr sonderbar lieb, wan einiges mittel kondte
8
ergriffen werden, daß Churbrandenburg Pommern, Dennemarck Bremen,
9
und sie ihren stifft Verden behalten mochten, gleich dan billich, daß ein
10
yeder zue dem seinigen wieder, wie es ante hoc bellum gewesen, gelangte.
11
Geschehe auch dem printzen auß Dennemarck, welcher yederzeit mit
12
Schweden in neutralitet gestanden (biß er seinen herrn vatter, der contra
13
ius gentium also were angegriffen, zu helffen gezwungen) groß ungleich,
14
und hetten die Schweden bey dem Danischen accord soviel erlangt, daß sie
15
ia kein ursach oder raison, den erzstifft Breemen vom printzen zue begeh-
16
ren. Sie ihres theylß müstens dahin laßen gestelt sein. Einer auß den
17
Holländern meldete, sie vernehmen, daß es umb das Elsaß ein so grose sach
18
nit were, die Franzosen geben vor, daß die landschafft sehr verschuldet,
19
hingegen die einkumbsten nicht correspondirten, auch gering weren.

20
I. H. G.: Köndten davon ihres theylß nit sagen, den Franzosen aber
21
werdts darumb zu thun sein, damit sie noch mehrers praetendiren mögen,
22
seye pro nobilissima et fertilissima provincia allezeit gehalten, und wan
23
einige in der welt, die wisten, was fundus seye, werens die herrn Staden, so
24
quintam essentiam auß den landen kondten suechen und zue nutz prin-
25
gen. Auff welches eines ex Hollandis: Es sey zwar nicht ohn, hetten
26
viel million und millionen schulden und kondten den krieg gleichwol fuh-
27
ren. Der vorthel aber sey, daß bellum in vicina ahn ihren landen, da das
28
gelt, was sie außgeben, ihnen wiederumb einginge; ja sie hetten jahrlichs
29
wol milliones von Spanischem geld bekommen, so ihnen bey getroffenem
30
frieden wieder werde abgehen, zuemaln ihnen die Spanischen soldaten und
31
provisiones pro exercitu alß ahn brod, keeß, butter, fischwerck etc. mit
32
gutem Spanischem golt hetten mussen bezalt werden. Den krieg aber wie
33
Spanien oder Franckreich zu fuhren, die jährlich so viel millionen auß dem
34
land schickten und hingegen nichts wieder hieneinbekehmen, wurdt Hol-
35
land gar zu schwer, ia impossibel fallen, ja waß sie auf ihren exercitum ge-
36
wendet, were gleichergestallt wieder ihnen per continuum motum zu
37
handen khommen, also die continuation ihnen leicht gefallen. I. H. G.:
38
Zu friedenszeitten würden gleichwol auch viel Spanisch geld, und vielleicht
39
mehr alß beym krieg bekommen, indem sie ihre ansehenliche navigationes
40
und commercia in alle konigreich und landen desto freyer treiben und ver-
41
richten kondten. Welches sie Stadische abgesandte wahr zu sein
42
bekennen müsten. I. H. G.: Die herrn Staden hetten bißdato ihren krieg
43
gar ordentlich mit guter oeconomi außer ihren, in des konigs von Spanien
44
provincien gefuhrt. Unus ex Hollandis: Wan das reich solches auch

[p. 502] [scan. 552]


1
gethan und man nicht die Schweden hin- und wieder wie die hocustas hette
2
vagiren laßen, solte es auch einen andern krieg geben haben; hettens eben
3
gemacht wie die hocustae, die hien und wieder, wo nur etwas zu fressen,
4
fliegen, hetten sich auß einem land in das ander, biß diß oder iehns sich
5
etwas wiederumb erholet, begeben, hingegen werd es ex parte imperii
6
beyzeiten nicht in acht genommen, auf welche manier im reich immer was
7
fruchtbarlichs konne gewirckt werden. Auf Ws Fragen: Aufbruch
8
Oraniens zum Feldzug. Aufstand in Brasilien. Beim Gehen empfehlen die
9
Staatischen nochmals ihre Neutralität und daß sie derentwegen von Ihrer
10
Kayserlichen Maiestät und den reichsstenden ein brieff oder patenten
11
haben wolten. I. H. G.: Wan man allerseiz, wie zu hoffen, fried
12
erlangt, werde sich vor dem andern keiner zu befahren haben. Kurköln,
13
Kurbayern und er hetten bey diesem krieg in so vielen occasionen, licet ab
14
aliis vel instigati vel lacessiti (warüber sie einander angesehen), genugsamb
15
erwiesen, daß sie die neutralitet allezeit auffrichtig gehalten, wie sie dan
16
dagegen keine klag würden zu fuhren haben, kondten auch fur hochst-
17
gemelte beyde Churfürstliche Durchlauchten ferner versprechen, auch fur
18
sich selbst erklehren, daß dergleichen noch kunfftig bey fried und kriegs-
19
zeiten geschehen solte. Auff welches einer auß ihnen: De utroque sere-
20
nissimo electore Coloniensi et Bavaro et Vestra Celsitudine confidimus et
21
securi sumus, wie die formalia gelauttet, quod hoctenus germane servant,
22
allein wolten sie gern vom Kayser und ganzen reich deßhalber auch asse-
23
curirt sein, deßwegen sie dan den graffen von Trautmanstorff und sie
24
Spanische pro interpositione ersuchen wolten, pitten aber I. H. G. pro
25
authoritate das ihrig dabey zu thun belieben mochten. Warzu sie sich
26
erpotten, mitt fernerm vermelden, weylen Ihre Kayserliche Majestät sich
27
erklehrt, alsobald pace conclusa einen reichstag außzuschreiben, damit
28
alles, was gehandlet, communi statuum imperii consensu ratificirt werde,
29
sey alßdan gar gute occasion ihr begehren zu beobachten und die assecura-
30
tion nachmaln, wie vor diesem auch bey den reichßtagen geschehen, zue
31
thun. Weylen sie aber uber solches, welches fur gar gut und in gebuhrender
32
obacht zu halten, sich vernehmen laßen, vermaint, daß die befurderung
33
noch bey diesen tractaten geschehen mocht, so haben sich auch I. H. G.
34
hierzu, wans von herrn Kayserlichen in proposition bei den stenden
35
gebracht würde, erpotten. Dessen sie sich höchlich bedankht.

36
Vertrauliche Mitteilung der Trierer: Schreiben Kurtriers an sie wegen
37
Ehrenbreitstein

43
Anlage (Kurtrier an Gesandte): fehlt.
. W: Kurköln hat keine neuen Weisungen geschickt,
38
man wird berichten.

39
Mitteilung an die Bayern: Gespräche mit Franzosen und Staatischen. Der
40
spanisch-staatische Frieden soll insgeheim schon gestern unterschrieben
41
worden sein. Bayern: Die Franzosen haben ihre Antwort an die Ksl.
42
mitgeteilt, man findet sie wegen der abermalß gethaner postulaten noch

[p. 503] [scan. 553]


1
eben schwer, indem nicht nur die vestung Philipspurg, sondern alles im
2
Elsaß und ahm Oberrhein begerten, außer dem stifft Straspurg und Basel,
3
worunter verscheidene bisthumb, graff- und herrschafften undt bey 13
4
reichsstätt begriffen; und weylen sie, ohneracht von ihnen Churbayerischen
5
ein anders remonstrirt, vermainen wollen, daß ein geringes darahn gelegen,
6
und selbige reidisstett schon vor lengst auff reichsversamblungen nicht
7
weren beschrieben oder erschienen, hetten gleich den reichsabschieden nach-
8
geschlagen und dem conte de Avaux, daß noch erst anno 1613 und zuvor
9
allezeit den comitiis imperialibus beygewohnt, vorzeigen laßen; wollen sich
10
um die Abschrift der französischen Erklärung bemühen und sie W mittei-
11
len
. – [...]

12
1646 VI 3
Sonntag

33
12 [...]] am Rande: ad Bavarum omittantur
[...] – W an d’Avaux: Anfrage wegen Pader-
13
born. Memoriale wegen des Kölner Klerus und des Dechanten Wilmius

35
Anlage (Memoriale betr. Kölner Klerus und Wilmius): fehlt.
.

14
D’Avaux: Will sich in dieser Sache bemühen. Mit Paderborn aber, alß
15
viel er vermerck, wolten sich einige difficulteten bei seinen collegis ereugen,
16
wolte es yedoch ferner urgiren und I. H. G. die andwort wissen laßen,
17
allein miesst er in vertrauwen avisiren, man sollte sich nit allemaln zuvill
18
auf ihre guette wort verlassen.

19
1646 VI 4
Montag Mitteilung der Mainzer: Schrift in der Schaum-
20
burger Sache

36
Anlage (Memorial betr. Schaumburg): fehlt.
W: Nicht zur Diktatur zu geben, bis die erwähnten
21
Anlagen vorliegen; will einen Gegenbericht verfassen. Druckschrift des
22
Hauses Anhalt gegen Halberstadt wegen der Grafschaft Aschersleben
23
(Askanien)

37
Anlage (Druckschrift des Hauses Anhalt): fehlt; vgl. J. G. Meiern III S. 507ff.
.

24
Anfrage bei den Bayern: Französische Erklärung. Bayern: Haben sonst
25
keine neuen Informationen, teilen den Text der von d’Avaux erhaltenen
26
Erklärung mit

38
Anlage (Antwort der franz. Ges. auf die Postrema declaratio der ksl. Ges. 1646 VI 1):
39
fehlt (Druck: J. G. Meiern III S. 37ff ).
.

27

34
27– S. 504,5 Mitteilung – geandworttet] am Rande: ad Bavarum omittantur.
1646 VI 5
Dienstag Mitteilung an die Bayern: Schreiben Kurkölns
28
1646 V 29, VI 2

40
Nach Kurköln an Kurbayern 1646 V 27, 30, VI 3 ( München II K. schw. 986) betrafen
41
sie die Intervention der Franzosen gegen den schwedischen Vormarsch und den Ein-
42
schluß Kurkölns in eventuelle bayerisch-französische Sonderabmachungen in Hinblick
43
auf den drohenden Vormarsch Turennes.
. Die sich [...] ratione der particularhandlung er-
29
klehrt, daß weylen die sachen mit bewilligung Brysach im andern stand
30
und ihnen der befelch wegen solcher handlung in casum talem, wan nemb-
31
lich das negotium pacis durch zuruckhaltende resolution mit Brysach sich
32
lenger verzogeren solt, gegeben wer, so wisten darin ohn anderwerthen ex-

[p. 504] [scan. 554]


1
preßen befelch nichts zu thun; den Franzosen die ombrage und besorgende
2
gealosia wegen des herunterkommenden succurs zue benehmen, seyen von
3
Churbayern gleichfalß committirt, auch bereytz bey den Franzosen ver-
4
richtet, die hetten aber darauff mit keinem wortt weder gutt noch böß
5
geandworttet. [...]

6
Schreiben Steins. Antwort an Stein

43
Anlage (Stein an W; W an Stein): fehlt.
.

7
Trierer bei W: Da Kurköln sich nicht zur völligen Restitution Ehrenbreit-
8
steins
verstanden hat, kann Kurtrier nicht verhindern, daß Frankreich
9
durch andere mittel Ihre Churfürstliche Durchlaucht zue erfüllung desjeni-
10
gen, was bey annehmung des depositi versprochen worden, anzuehalten
11
sucht, und werde zwarn der erzstifft Tryer dadurch ins verderb gesezt, es
12
kondte aber auch der erzstifft Collen ganz darueber verlohren gehen. Es
13
gibt aber noch das Mittel, daß Frankreich erklärt, sich der Festung nicht
14
weiter anzunehmen und der von Kurtrier zu bestellende Kommandant auf
15
den Kaiser und Kurtrier vereidigt wird. W möge im Namen Kölns die
16
Sache bei den Ksl. dahin richten helfen. Beratung der Kölner.

17
Buschmann: Durch Anordnung und Bewilligung Kurtriers ist das Depo-
18
situm
aufgehoben worden, Kurköln hat in Ehrenbreitstein keine Befugnisse
19
mehr, Kurtrier muß sich daher an den Kaiser wenden. Von dem jetzigen
20
Vorschlag hat Kurköln nichts mitgeteilt, wird ihm aber sicher zustimmen.
21
Was I. H. G. zu befurderung des wercks zu verrichten vermögen, dazu
22
wollen sich ganz willig anerpotten haben, hofften aber, daß wan das werck
23
eben nach Ihrer Churfürstlichen Gnaden intention bey Ihrer Kayserlichen
24
maiestätt alsoballt nicht zu erheben, daß solches Ihrer Churfürstlichen
25
Durchlaucht nicht werde imputirt werden. Darbei sagten sie in ver-
26
trauwen, daß nuelich der Dr. Scherer auß bevelch die applacitierte pro-
27
tection Frankreich uber das Speierische bistumb, stiffter Prüm,
28
Weissenburg, S. Maximin und alle closter, so in anderer pottmassigkait
29
ligen, aber geistlicher iurisdiction Trierisch underworffen oder Speierisch,
30
den legatis Gallicis eingehendiget. Nun hetten sie iez bevelch bekhommen,
31
darvon sie auch gleich dem graven von Trautmanstorff parte geben woll-
32
ten, mit den Franzosen wegen Philipsburg weiter zu tractieren, nemblich
33
daß, alßlang Franckreich mit dem hauß Osterreich nicht verglichen, die
34
Franzosen darauff den commendanten und halben theyl der besatzung und
35
den ubrigen halben theyl der stifft Speyer bestellen und besolden solte, oder
36
da diese nicht angenommen, alßdan neben dem commendanten zwen theyl
37
der guarnison den Franzosen zu laßen, und daß einen dritten theyl der
38
stifft zu bestellen. Inita pace aber mit dem hauß Osterreich (darunder auch
39
Spanien verstanden wirt) solt die Franzosische guarnison genzlich abge-
40
führt und die vestung dem stifft wiederumb eingeraumbt werden, doch der
41
protection vorbehelltlich. Anethanus: Neuburg hat sich wegen der
42
Pfälzer Kur an Kurtrier gewandt, doch steht Kurtrier zu Bayern, wogegen

[p. 505] [scan. 555]


1
Unterstützung wegen Ehrenbreitstein erwartet wird. W: Kann ver-
2
sichern
, daß Köln und Bayern Kurtrier wol recht zugethan, auch also
3
verpleiben wurden, vermainten auch nit, gegen Ihre Churfürstliche Gnaden
4
bißher anderst im werck bezaigt zue haben, wolten also gebuhrend gebetten
5
haben, bey solch ihrem erpiethen zu continuiren, und werde sonst gemelter
6
her pfalzgraff zu Newburg gar leicht zue beandworten und zu contentieren
7
sein, weyln das mittel des octavi electoratus von Ihrer Churfürstlichen Gna-
8
den zu Munchen selbst approbirt und placidirt worden, auch alberait hier in
9
vorschlag kommen, dan wan des proscribirten pfalzgraffen sohn zum chur-
10
fürstlichen collegio wiederumb admittirt werden solt, falle all des herrn
11
pfalzgraffen zu Newburg praetension (die ohne das schon so offt ventiliert
12
und beantwort worden) fur sich selbst.

13
Vertreter des Bistums Augsburg

39
Die offizielle Vertretung des Stiftes Augsburg hatte W selbst, als Votant war Bischoping
40
substituiert; möglicherweise handelt es sich hier um einen nur zeitweise in Münster an-
41
wesenden besonderen Agenten.
bei W: Trauttmansdorff hat ihn bei Emp-
14
fehlung
der geistlichen Jurisdiktion in- und außerhalb der Stadt mit dem
15
Bemerken unterbrochen, daß er schon wist, das es sey, man soll ihn auch
16
fur catholisch halten, was er thun konn, wolt er nicht underlaßen, wan
17
andere beßeren frieden machen kondten, stünde es bey ihnen.

18
Hinzu Vertreter der Stadt Augsburg

42
Johann von Leuchselring.
: Auf die Beschwerde, daß Augsburg
19
in der ksl. Duplik im Amnestiepunkt erwähnt sei, hat Trauttmansdorff
20
geantwortet, daß man den Augspurgischen confessionsverwandten nit allein
21
eine kirchen zue bawen erlauben, sondern auch noch ein par von den
22
alten werde wiedergeben müßen. Beide wollen Chigi um Vermittlung bei
23
den Franzosen bitten. Welches I. H. G. sich nicht haben mißfallen
24
laßen.

25
Vertreter der württembergischen Prälaten

43
P. Adam Adami OSB (1610–1663), gleichzeitig Vertreter der schwäbischen Reichs-
44
prälaten und des Stiftes Corvey; 1652 Weihbf. von Hildesheim.
bei W. Die Franzosen haben ihre
26
Unterstützung für die württembergischen Klöster zugesagt, zumal ihnen
27
Breisach bewilligt sei und sie eine positive Antwort wegen Philippsburg
28
erwarteten.

29
Ketteler/Sintzig bei W: Sind heute wegen Paderborn bei Servien ge-
30
wesen
, von deme sie viel gutes dings vernommen, und zwarn, daß sie nur
31
ein guts herz haben solten, hoffte, daß innerhalb 14 tagen der fried solle
32
geschlosen werden, alßdan alles ubel von sich selbst cessiren thette. 2. Sie
33
wolten sich der statt und stiffts Paderborn also eiffrig annehmen, alß wans
34
eine statt in Franckreich wer, 3. auch eine gute moderation der veraccor-
35
dirten summa geldts ad 25 000 reichsthaler zu erhalten sich bemuhen.
36
Erfreweten sich also sie Paderbornische sehr hoch. Denen I. H. G.:
37
Weylen die andwort gar zu feist und von solchem orth her kerne, sorgten
38
sie, daß darauf nit gar fast werde zue gehen sein.

[p. 506] [scan. 556]


1
Mitteilung der Bayern auf Anfrage Ws: Trauttmansdorff hat wegen iezig
2
der Franzosischen weittern erpiethen sich endschuldigt, daß er darauff, alß
3
welches nie in gedancken kommen, nichts instruirt, konne auch nit glauben,
4
daß der Kayser und die stend yemaln ihren consensum darin geben würden.
5
Philippsburg könne vielleicht auf Lebenszeit des jetzigen Kurfürsten von
6
Trier den Franzosen gelassen werden; Oxenstierna wünsche Trauttmans-
7
dorff
zu sprechen, vermutlich um mitzuteilen, daß Schweden mit halb
8
Pommern zufrieden sei, wenn Brandenburg der Abtretung zustimme.
9
Similiter werd von protestirenden auff die zuruckkunfft und reassumption
10
der handlung gravaminum getrungen, vernehm, daß vom Sachsen Alten-
11
burgischen, Weimarischen und Braunschweigischen alle die difficulteten
12
gegen der ubrigen willen gemacht würden. [...] Daß ahn einem orth der
13
Servient sich solte haben vernehmen laßen, daß es noch umb ein stifft 10
14
oder 12 zu thun, alßdan es frieden sein konne. Zum spanisch-staatischen
15
Frieden hat sich Trauttmansdorff für nicht informiert erklärt. W:
16
Trierer Anbringen, Verhandlungen über Philippsburg, Nachricht von
17
Eroberung Lemgos

40
Limgo war 1646 VI von Königsmarck erstürmt worden.
. Bayern: Daß wegen Philippsburg Trauttmansdorff
18
seine bewilligung darin gar leicht wurde geben.

19
Mitteilung an Chigi: Trierer Werbung, Philippsburg. Chigi: Wegen der
20
von Churtryer anbefohlener handlung mit Philipspurg sey es ein lautter
21
betrug, dan auß allem erschein, daß der churfurst einen Franzosen mitten
22
im herzen habe. In der ksl. Antwort

41
Vgl. unten [S. 509 Anm. 5] .
für die Franzosen ist das newe anbe-
23
gehren zu der stende judicatur gestellt. Er hat Trauttmansdorff veranlaßt,
24
noch bis Donnerstag in Münster zu bleiben. Alß er ihm vorgehalten, ob er
25
beym hinuberkommen wiederumb so liberal gegen die protestirende sein
26
wurde, hab der herr graff geandworttet, wurde denselben weitters nichts
27
nachgeben, worauff er der herr nuncius ridendo, versehe sichs auch, anderst
28
würde er gegen ihn mit excommunication verfahren müßen. [...] – [...]

29
1646 VI 6
Mittwoch [...] – Nerli bei W. Klagen über Savoyen, un-
30
gerechte Bestimmungen des Vertrages von Cherasco. Bitte um Unterstüt-
31
zung durch die Reichsstände, zu denen Mantua auch zähle. W: Die
32
Sache über die Ksl. an das Mainzer Direktorium zu bringen.

33
Beide Augsburger Vertreter bei W: Chigi will die Sache des Bischofs und
34
der Stadt Trauttmansdorff noch vor seiner Abreise empfehlen.

35
Eingabe Wittgensteins an Trauttmansdorff wegen Hachenburg und Freus-
36
berg

43
Anlage (Memorial Wittgensteins wegen Hachenburg und Freusberg): fehlt.
. – [...]

37
W bei Trauttmansdorff / Volmar. Erstlich dem herrn graffen viell glück
38
auff den weeg und zugleich spiritum consilii et fortitudinis gewunscht,
39
deßen er sich lachend bedanckt. Der Vollmari aber darauff gesagt, daß

[p. 507] [scan. 557]


1
man solchen wohl vonnöten hab. 2. Haben I. H. G. dem herrn graffen
2
ihre 3 stiffter recommendirt und dabey wohl zue observiren erinnert, daß
3
sie drey stiffter sagtten, dan sie einmahln wedder eins oder des andern sich
4
zu begeben niemaln gedächten, noch thuen köntten, noch würden, maßen
5
sie dan wegen des stiffts Verden ihme alberait biß dato schrifft- und
6
mündtlich gnugsamb remonstrirt und angedeutet hetten. Und weiln sie
7
auch seither vernohmmen, daß deme ohneracht daßelbe dannoch in die
8
Schwedische satisfaction gezogen werden wolle, so hetten gleich selbigen
9
tag protestationen et contradictionem in forma aufsezen laßen, und würden
10
dieselbe (dafern es damitt nicht geendert werden soltte) zue ihrer assecu-
11
ration bey Gott und der posteritet, auch erhalttung ihres iuris, ihme herrn
12
graffen, und sonst, woh es nötig, gepührend intimiren. Der herr graff
13
andtworttete darauff per generalia, und daß er noch gern das seinig dabey
14
thuen woltte. Und würde es sonsten mitt den 2 anderen stiffteren Oßna-
15
brugk und Minden keine gefahr haben. Wegen Verden aber, waß deßen
16
vorgangen, hette alßo geschehen müeßen, und köntte I. H. G. er die pro-
17
testation und contradiction gar nicht verübelen, sondern sie thetten wohl
18
darahn. I. H. G.: Es kehme ihro und anderen catholischen pillig
19
selzsamb vor, daß man mitt den stiffteren und geistlichen landen sich der-
20
gestaldt vorthell thuen und keines consensus achten wolle, da doch sowohl
21
Kayserliche alß Schwedische das fürstenthumb Pomeren alß ein weldtliches
22
landt ohne gueten consens, beliebung, ia auch recompens ahn Churbranden-
23
burg, und zwarn mitt geistlichen landen, ungern hingeben oder respective
24
acceptiren wollen. Es seye aber dießes für I. H. G. und andere interessirte
25
geistliche und catholische, dan dardurch dero iura, protestationes und con-
26
tradictiones desto cräfftiger gemacht würden, wan dergleichen mitt
27
gewaldt ohne ihr vorwißen und bewilligung geschehe, und seye die ver-
28
andtworttung desto größer. Der herr graff: Er wuste nicht, waß I. H.
29
G. mitt Brandenburg vermainten. I. H. G. andtwortteten: Es were doch
30
der herr von Löben deßwegen in der stille von Oßnabrugk zue Churbran-
31
denburg, den consensum wenigst auff halb Pomeren zu erlangen, verraist
32
und geschickt worden. Der herr Volmari sagtte darauff: Ihre Excel-
33
lence würden sich noch wohl erinneren etc. Und kombtt in deme der herr
34
nuncius, dahero man den discursum hatt abbrechen müeßen. W: Schrei-
35
ben
Kurbayerns an Erzhg. Leopold Wilhelm 1646 V 22 wegen des succurs in
36
Westvalen [...] mitt dem andeuten, er woltte doch sehen, wie übell man
37
Churbayeren den verzug dießes succurs imputiren wolle. Der herr graff
38
hatt sich darüber sehr verwundert. W: Er würde auch sehen, waß für
39
schöne relationes abermaln von den getrewen Westvälischen craiß ahn den
40
erzherzogen geschehen, indeme die stendt deßelben bezichtigt worden, alß
41
wan sie einige neutralitet mitt den Schweden eingehen woltten oder schon
42
eingangen hetten und dardurch den erzherzog wie auch Churbayeren mitt
43
den succurs perplex gemacht; und were, leider allezeitt der geprauch
44
gewest, daß man den privatis literis zu viel glaubt und dadurch dießen

[p. 508] [scan. 558]


1
craiß zue grund gehen laßen. Trauttmansdorff: Köntte affirmiren, daß
2
ganz nichts darahn, und wuste wohl, wie eifferig Churcölln und I. H. G.
3
sich auch in dießem frangenti bezaigt.

4
Mitteilung Trauttmansdorffs auf Anfrage Ws: Chigi hat ihn veranlaßt,
5
morgen vormittag noch zu bleiben, da er aber Oxenstierna seine Ankunft
6
angekündigt ist, muß er morgen nachmittag aufbrechen.

7
1646 VI 7
Donnerstag Konferenz der katholischen kurfürstlichen Ge-
8
sandten
– Trauttmansdorff bei W, seinen abschied zu nehmmen. Deßen
9
I. H. G. sich bedanckt und nachmaln ihre stiffter recommendiert. Darzue
10
er der herr graff sich per generalia offerirt. 2. Hatt er begert, daß der canzler
11
Buschmann noch mitt hinüber möchte raißen. Alß nun I. H. G. ihme gesagt,
12
daß er heut alberait fort, und sich zue Oßnabrugk bey ihme finden würd,
13
hatt er sich deßen bedanckt. 3. Chigi hat gestern wieder eine Erklärung der
14
Franzosen

43
Vgl. unten [S. 509 Anm. 5] .
mitgeteilt, auf die Nassau / Volmar morgen die Antwort aus-
15
händigen
werden. Sie haben, was immer möglich, inen condescendirt, und
16
könnten sie ie weiter nicht kommen ohne newen befelch. Bei Mitteilung
17
seiner Abreise an die Franzosen ist der Servient gar hitzig geweßen, maßen
18
er auch allezeitt biß dato sich bezaigt, und hette auch noch heutt starck
19
auff überlaßung der reichsstädt, so iehnseiten Rheins glegen, getrungen.
20
Der Longeville und Avaux hetten fast nichts geredet, daß man alßo wohl
21
sehe, daß es von ihme herkomme, und wiße er graff gar wohl, daß der
22
Servient von dem Mazzarini gehaime instruction hette ad partem, den
23
frieden omni modo zu hinderen, wie dan biß dato auch nichts underlaßen,
24
und dan iezo auch dieße sachen weiter movirt. Er graff hette ihme zimblich
25
die mainung, iez zur lezt auch, zu verstehen geben, mitt vermelden, daß
26
erstlich dießes nicht geschehen köntte, dan dazue der Kayser nimmermehr
27
würde verstehen, weylen es gegen die capitulation und raison were. Zue-
28
deme so würde derjenig, so darzue rhate, ex parte Franckreich gewiß kein
29
trewer diener sein, auch keinen bestendigen frieden intendiren; dan wan er
30
schon dieß erhaltten köntte, so würden doch die stendt in ewigkeitt, maßen
31
sie sich izo vernehmen ließen und dawieder protestirten, nicht bequemen,
32
noch einige affection zue Franckreich tragen, sondern sich beim reich
33
haltten, und woll andere assistenz suchen und resolutiones schöpfen
34
möchten. [...] Der Servient aber were bey seinen principiis geplieben, und
35
die andere geschwiegen. In Katalonien hält Trauttmansdorff eine Wendung
36
zugunsten Spaniens für möglich. Im hinaußgehen fragten I. H. G. inen
37
herrn graffen, waß er zue den Churbayerischen schreiben vom 22. Maii ad
38
archiducem sagtte? Der herr graff andtworttet mitt kurzem, daß er
39
sich nicht gnugsamb verwunderen köntte, wie die sachen untereinander
40
löffen, sonderlich seye ihme leyd, daß wegen der vorgebildeten neutralitet
41
der erzherzog etwas irre gemacht were worden. – [...]

[p. 509] [scan. 559]


1
1646 VI 8
Freitag [...] – Schreiben Steins

34
Anlage (Stein an W 1646 VI 7): fehlt.
. – Ketteler / Sintzig bei
2
W: Als sie heute d’Avaux die bei Longueville eingegebenen Memoriale
3
empfahlen, bat er um eine Kopie, weiln es leicht beym Longeville verlegt
4
werden mocht. Es soll deshalb an d’Avaugour

35
Charles du Bois (um 1600–1657), baron d’Avaugour, französischer Militärattaché bei
36
der schwedischen Armee.
geschrieben werden; da
5
dieser aber auch schwedischer Oberst ist, hat man davon nicht viel zu
6
erwarten. Wolt dahero sehen, wan er von andern nicht contraminirt, ob ers
7
dirigiren kondt, daß ein gesambtschreiben ahn Vrangel selbst moge
8
gefertigt werden, wiewoln auch solches schreiben kein sonderbar pondus
9
haben werd, wan nit das pondus auri et argenti von Paderborn mit dabey
10
pracht werde. Alß sie von kunfftiger befreyhung des cleri von Hessischer
11
contribution anregung gethan, hab er in vertrawen zue verstehen gegeben,
12
daß solches ganz schwer werde zu erhalten sein.

13
Beide Augsburger Vertreter bei W: Auf Verwenden Chigis ist von den
14
Franzosen groß erpiethens geschehen.

15
1646 VI 9
Samstag Mündlicher und schriftlicher Bericht Steins

38
Anlage (Relation Steins): fehlt. Stein war 1646 VI 9–11 in Münster.
. –

16
[...]

17
Mitteilung an Chigi: Ein und anders in negotio gravaminum zu Lathein
18
vertirt. Chigi: Erwartet noch die Antwort der Ksl. auf die letzte fran-
19
zösische
Erklärung. Wiste I. H. G. daßmaln tröstlichers nicht zu endpiethen.

20
W an Volmar: Bitte um Mitteilung der ksl. Erklärung für die Franzosen.

21
Volmar: Verspricht die Abschrift für morgen.

22
W an d’Avaux: Anfrage in Sachen der Kölner Geistlichen. D’Avaux:
23
Will sich nach der Resolution erkundigen.

24
1646 VI 10
Sonntag Mitteilung d’Avaux’: Die zwei Memoriale sind
25
verlegt worden. W läßt Kopien zustellen.

26
Volmar bei W. Ksl. Erklärung zur französischen Satisfaktion und Ände-
27
rungswünsche
der Gegenseite

39
Anlage (Ulterior declaratio der ksl. Ges. 1646 VI 5, franz. Ausstellungen 1646 VI 6,
40
Protokollextrakt der Konferenz mit dem Mediatoren 1646 VI 9): fehlt; vgl. APW
41
[III C 2,1 S. 643–648] .
mit Bitte um Geheimhaltung wegen der Pro-
28
testanten
. Die letzte ksl. Erklärung

42
. Vgl. APW [III C 2,1 S. 648] .
ist von den Franzosen den Hessen und
29
durch sie den Protestanten nach Osnabrück mitgeteilt worden und dort zur
30
Diktatur gekommen, weshalb Trauttmansdorff meint, man solle sie den
31
Katholiken auch offiziell mitteilen. Die Mediatoren warnen aber davor,
32
auch wenn die Franzosen ihr Wort zuerst gebrochen haben. Sie wollen
33
morgen bei den Franzosen sehen, ob in Gegenwart beider Parteien die

[p. 510] [scan. 560]


1
puncta secretiora abgehandlet und geschlossen werden können. Die Fran-
2
zosen
verlangen noch die überlassung der stend iehnseith Rheins, obwohl
3
man ihnen erklärt hat, der Kaiser könne ohne die Stände darüber nicht ent-
4
scheiden
; sie meinen, wenn der Kaiser es dissimuliren und durch die finger
5
sehen mocht, würden sie schon sehen, wie solch von ihn praetendirende
6
iehnseith Rheins gelegene stende under sich pringen und haben kondten.
7
Dafür bieten sie außer der Entschädigung für das Elsaß eine Million
8
Franken, doch wird der Kaiser sich niemals darauf einlassen. Zum schwedi-
9
schen
Marsch nach Westfalen hatten Oxenstierna/Salvius gegenüber
10
Trauttmansdorff versichert, die Armee ändere nur aus Unterhaltsgründen
11
ihre Quartiere und werde nichts Feindliches vornehmen; man hab sich aber
12
damit leider viel zu viel betrogen befunden.

13
1646 VI 11
Montag [...] – Mitteilung an die Bayern: Gespräch mit
14
Volmar, Text der letzten ksl. Erklärungen. – [...]

15
1646 VI 12
Dienstag Schreiben Buschmanns

33
Anlage (Buschmann an W 1646 VI 11 mit ksl. Gravaminaerklärung und Begehren der
34
Reichsstädte): fehlt; Druck der Hauptsächlichen Erklärung 1646 VI 11: J. G. Meiern
III S. 153ff .
. – Mitteilung an die
16
Bayern. – Mitteilung an d’Avaux: Memorial wegen der Geistlichen im
17
Gebiet von Neuss und Kempen. D’Avaux übergibt das Schreiben für Wil-
18
mius

36
Anlage (Interzessionsschreiben und Patent der Franzosen für Wilmius): fehlt.
.

19
1646 VI 13
Mittwoch Kurfürsten- und Fürstenrat . – Rousselot

38
Antoine Rousselot de Hedival (gest. 1654), Domherr in Verdun.
bei
20
W. Stellt sich vor als Bevollmächtigter für Verdun und Lothringen. – [...]

21
1646 VI 14
Donnerstag Mitteilung der credential und protestation-
22
schrift Rousselots

39
Anlage (Kreditive von Lothringen und Verdun; Protest wegen Verdun): fehlt; vgl. J. G.
40
Meiern III S. 528 (Kreditiv wegen Lothringen 1646 V 24).
per dictaturam.

23
Mitteilung an Chigi: Nachrichten Buschmanns 1646 VI 11. Chigi: Die
24
Franzosen haben nur in generale [...] aliquam facilitatem in etlichen punc-
25
ten erzeigt und wollen sich nach Rückkehr Trauttmansdorff s näher erklä-
26
ren
. Im Gegensatz zu ihm macht Contarini sich darauf Hoffnung, weshalb
27
man Volmar zur Mitteilung an Trauttmansdorff davon berichtet hat.
28
Gestern hat er den Franzosen vergeblich klarzumachen gesucht, daß der
29
Kaiser nicht von sich aus über die Immediatstände jenseits des Rheins ent-
30
scheiden
könne. Setzte demnegst hinzu, daß er offt gesagt, iezt sag und
31
sagen werd, daß man hier nur fumum schlagen und sich sowol hier alß zu
32
Oßnabruck, dan alles auf betrug angesehen, betrogen finden werd, was sich

[p. 511] [scan. 561]


1
auch ein oder ander dan hie dan dort moge laßen weiß machen und vor-
2
bilden, ihnen werd der leidige außgang nur zu viel zum wahrsager machen.
3

42
3–41 Der – zu trawen] am Rande: omittatur ad Bavarum et Coloniensem. – Durchge-
43
strichen
: obs an Churbayern auszulassen?
Der Churbayerische adiunctus Dr. Krebß sey bey ihm gewesen, hette sich
4
von Franzosen abermaln etwas wuncks wegen eines anstandts der waffen,
5
und daß sie die Schweden darzu zu disponiren vermainten, machen laßen,
6
dergleichen glaubte er, berichte es hinauff nacher Munchen, darauß der-
7
gleichen chimerae bey disseittigen armeen gemacht und underdeßen den
8
feinden lufft gelaßen und der vortheyl in die hand gespielt würde. Er nun-
9
cius hab ihn gefragt, ob nicht eben dergleichen von ihm vor zwen monaten
10
iisdem quasi formalibus gemeldet, was aber darauff erfolgt? Mochte sich
11
doch hiermit nicht verfuhren laßen. Welches er gestehen mußen, yedoch
12
vermainen wollen, daß wan aufs new hier von den mediatorn und zu
13
Oßnabruck von den Kayserlichen vorpracht, es nicht abs re sein dörffte.
14
Ferner vermeldete der her nuncius, daß ob er wol nit sehe, was der herr
15
graff von Trautmanstorff hier viel werde richten, dannoch sehe er ihn zu
16
Oßnabruck, wegen besorgenden weitteren praeiuditii in religions sachen,
17
nicht gern. Vor seinem hinraisen habe er erinnert, die sachen quoad sessio-
18
nem et votum fur die uncatholische inhaber der erz- und stiffter im alten
19
stand zu laßen, so er ihm zugesagt, nach der hand aber von Oßnabruck auß
20
geschrieben und durch den herrn graffen von Naßaw und Vollmarn ihme
21
andeuten laßen, daß die uncatholische alldort von allem bericht hetten, was
22
inter status catholicos deßhalber schon were geschloßen, daher er sein dem
23
herrn nuncio gethan versprechen nicht würde halten konnen, welches ihme
24
(herrn nuncio) sehr wunder und selzam vorkehm, daß die catholische under
25
sich solche proditores, zu ihrem selbst so grosen schaden, hetten. Einer son-
26
derlich, quem nominabat, seye ihm verdachtig, und gebe darzu gelegenheit
27
quotidiana conversatio mit den acatholicis. Summus Pontifex schreib bey
28
lezter post gar eiffrig in dieser religionssach, und daß von solcher congrega-
29
tion, wo causa Dei postponirt, nichts gutes zu gewartten, were beßer zeit-
30
lich dissolvirt. Er seines theylß befinde hundertmal beßer, daß man nie
31
zusammenkommen, wunschte auch noch, der her graff von Trautmanstorff
32
begerte von den Schweden cathegoricam und begebe sich alßdan hieher, mit
33
bedeutten, daß von Ihrer Maiestät er wieder zuruckgefordert. Demnegst
34
der beste modus sein wurd, daß die mediatores beyde theyl die Kayserliche
35
und Franzosische auf einmal zu sich erforderten, yeden in absonderlichem
36
zimmer vernehmen, umb zu sehen, ob noch einige bestendige hoffnung zum
37
frieden zu machen. Falß sich aber solches nit würde zeigen, sondern daß
38
nur alles zu gewinnung zeit angesehen, werde ja zehen mal beßer sein, sich
39
von hier zue begeben alß dergestalt sich lenger umblaithen zu laßen, dan
40
allein ubrig, sich so gut man kan zu armiren und auff Gottes beystand und
41
die gerechte sach zu trawen.

[p. 512] [scan. 562]


1
Stadtkölner bei W. Lyskirchen verabschiedet sich, Meinertzhagen reist mit
2
ihm; bis zu seiner Rückkehr erhalten Halveren

37
Dr. Hermann Halveren, Gesandter für Brixen, Trient und Köln-Stadt.
und der Sekretär Voll-
3
macht. W: Immunität von St. Gereon. – [...]

4
Ketteler/Sintzig bei den Hessen

38
Dafür Verweis auf Beilage (fehlt).
. – Hasenkamp

39
N. Hasenkamp, Domherr in Bremen.
bei W. Bitte um Unter-
5
stützung für die Katholiken im Erzstift Bremen, besonders wegen Erhal-
6
tung der geistlichen Jurisdiktion und der Visitationsrechte über die vier
7
noch katholischen Klöster Harsefeld, Zeven, Alt- und Neukloster bei einem
8
katholischen Bischof.

9
1646 VI 15
Freitag Schreiben Buschmanns

40
Anlage (Buschmann an W 1646 VI 14): fehlt.
.

10
1646 VI 16
Samstag Antwort auf zwei Schreiben Buschmanns

41
Anlage (W an Buschmann 1646 VI 16): fehlt.
.

11
1646 VI 18
Montag W bei Nassau/Volmar. Trauttmansdorff schreibt,
12
wie so gar in keinerley weg mit den Schweden seye fortzuekommen, auch
13
die Franzosen sind auf die letzte ksl. Erklärung noch nicht näher eingegan-
14
gen
; wegen der Reichsstände jenseits des Rheins fordern sie eine geheime
15
Einwilligung des Kaisers ohne Zuziehung der Reichsstände, wegen Phi-
16
lippsburg
berufen sie sich fälschlich auf die Zustimmung Kurtriers. Der
17
Kurfürst kann sich zwar den Franzosen nicht offen widersetzen, hat aber
18
den Wunsch ausgedrückt, daß Ksl. und Reichsstände nicht nachgäben.
19
Gründe für seine Sinnesänderung: 1. Daß die Franzosen auff die protec-
20
tion, so er ihnen schrifftlich auffgetragen, sich alhier nichts erklehren wol-
21
ten, da er doch vermaint, grosen danck damit zu verdiehnen, sondern
22
hetten das schreiben nacher Pariß geschickt, von dar biß dato noch keine
23
andwort erfolgt, und er also nicht wiß, worahn er seye. 2. Daß er gar wol
24
sehe, was mit der bestendigen guarnison intendirt werde. 3. Hab er dadurch
25
zu erlangen vermaint, maßen begert, daß er durch die cron Franckreich bey
26
allen geistlichen guttern under Tryer und Speyer gehorig hette sollen
27
gehandhabt werden, aber andere erklehrung von den Franzosen nicht emp-
28
fangen hab, alß was solchen stifftern post annum 1618 von den uncatholi-
29
schen endtzogen, sie zue restituiren machen wolten, was aber vorm jahr
30
1618 beschehen, kondten sie den uncatholischen, alß ihren mehrentheylß
31
ebensowoll confoederirten und adhaerenten nicht absagen und sie dadurch
32
disgustiren, welches sonderlich der churfurst hoch empfinden thett. Nach-
33
demaln dan auß allem zu ersehen, daß weder den cronen noch protestiren-
34
den stenden frieden zu erlangen ernst, also seyen sie Kayserliche deßwegen
35
nit wenig perplex, weyln, wan man gleich land und leuth, wie es der wie-
36
derparthey nur in kopff kombt, religion und alles weglaßen solt, dannoch

[p. 513] [scan. 563]


1
des friedens nicht gesichert seye. Mit begehren, I. H. G. neben den Chur-
2
colnischen dem werck, was doch immer zue thun, nachzuedencken belieben
3
möchten, dan davon mit negstem werde müßen gered und resolution ge-
4
nommen werden. I. H. G. haben sich der communication bedanckt und
5
offerirt, mit und nebenst den Churcolnischen den sachen nachzudencken,
6
auch davon ahn Ihre Churfürstliche Durchlaucht underthenigst zue be-
7
richten.

8
1646 VI 19
Dienstag Anethanus bei W. Ehrenbreitstein. W: Noch
9
keine Erklärung von Kurköln eingetroffen. Grenzsachen Hachenburg-
10
Freusberg.

11
Schreiben Buschmanns mit 55 Artikeln der Protestanten

39
Anlage (W an Buschmann 1646 VI 18; Gegenerklärung der protestantischen Reichsstände
40
über die Gravamina (55 Punkte): fehlt; letztere gedruckt: J. G. Meiern III S. 160 –170.
. – Mitteilung an
12
die Bayern.

13
W bei Chigi. Protestantische Artikel. Zum Verhandlungsstand äußert
14
sich Chigi wie die Ksl., nur hat er dabey rhatsamb vermaint, wan der herr
15
graff von Trautmanstorff wieder anhero kommen, daß alßdan nachmaln
16
tentirt werden möcht, ob die Franzosen zu erweichen; einmaln hetten sowol
17
die Kayserliche alß mediatores ihnen der newen petiten halber also zugered
18
und remonstration gethan, daß sie weitters nicht kondten, er sambt dem
19
Veneto beförchten nachmaln wie allezeit, daß so wenig den coronis alß
20
uncatholischen stenden ernst sey frieden zu machen, absonderlich vor endi-
21
gung dieser campagnia, in welcher sorg und mainung sie noch täglich meh-
22
rers gesterckt würden.

23
Prälat von Hamersleben

41
Hamersleben, Benediktinerkloster im Stift Magdeburg (bei Oschersleben).
bei W. Klagen über die beabsichtigte Überlassung
24
des Stiftes Magdeburg an die Protestanten für 100 Jahre; der gegenwärtige
25
Administrator

42
August von Sachsen.
hat ihm die Bestätigung als Abt verweigert, falls er nicht
26
Protestanten in gleicher Zahl in das Kloster aufnehme. Beschwerde gegen
27
die Überlassung des Stiftes Halberstadt an Brandenburg im Namen des
28
Domkapitels und der Geistlichkeit. Auch die protestantischen Kapitulare
29
beschweren sich und sagen, daß der Kayser wohl pferd und hund ver-
30
schencken köntt, mitt menschen, fürstenthumben und geistlichen capituln
31
hab es aber andere mainung und gehöre ein mehrers darzue, alß sie der-
32
gestaldt unbefragt zu verschencken und ihre libertatem et privilegia eli-
33
gendi und sonsten zu benehmmen; hettens umb den Kayser und das hauß
34
Osterreich nicht verdient; sie, obwohln der catholischen religion nicht zuge-
35
than, hetten zue ihren bischof und fürsten des Kaysers brueder elegirt, bey
36
demselben bißher gehaltten, auch zu haltten noch gedächten; auff dieße
37
weiße aber würden sie dargegen gar schelchtlich recompensirt. Bitte um
38
Unterstützung Ws.

[p. 514] [scan. 564]


1
1646 VI 20
Mittwoch Konferenz der katholischen kurfürstlichen Ge-
2
sandten . – Mitteilung der Mainzer: Schreiben von Kurmainz 1646 VI 12,
3
wonach gemäß dem ksl. Befehl wegen Schaumburg an das Reichskammer-
4
gericht geschrieben und W die Session zuerkannt werden soll.

5
1646 VI 21
Donnerstag Eltz (Tecklenburg) bei W. Restitution Lin-
6
gens

38
Anlage (Schriften zur Restitution Lingens): fehlt.
; die Staatischen sind dazu weder gegenüber dem Grafen noch Spanien
7
bereit, immaßen dan ihme einer auß der Hollendischen gesandtschafft auß-
8
trucklich gesagt, daß man die sach nur iure canonico (scilicet mitt den
9
canonen) muste außführen. Warauff er ihme geandtworttet, daß zue sol-
10
chem iure sein herr zue schwach und gering, iustitiam aber begeren thette.

11
W: Verweist auf die Kollegialberatungen. [...]

12
Weyms bei W. [...] Schlechter Fortgang der spanisch-französischen Ver-
13
handlungen
, Hoffnung auf Abschluß mit den Staaten. W: Erinnert an
14
die im Corpus Catholicorum vorgebrachten Punkte

39
Vgl. APW [III A 4,1 S. 183ff] (1646 IV 7).
, zumalen von innen
15
Staaden den catholischen in religions-, geist- und politischen sachen merck-
16
liche eingriff dem reich beschehen. Bei der von ihnen nachgesuchten Bestä-
17
tigung
der Neutralität muß bedingt werden, daß sie nit allein in alle
18
händell dergestaldt sich nicht mischen und in religion- und prophansachen
19
geltten und decidiren laßen, sondern auch dergestaldt der güldenen bull
20
gegen das reich sich nicht geprauchen thetten. Weiln sie aber wegen der gül-
21
denen bull

40
Gemeint die Brabanter Goldene Bulle von 1349, ein Gerichtsprivileg, wonach namentlich
41
die Bewohner der niederländischen Herzogtümer auch für auswärtige Rechtsstreitig-
42
keiten nur vor den eigenen Gerichten Recht zu nehmen hatten.
die Spanische, alß welche sich derselben geprauchen, aemuliren,
22
so würd ein solches bey inen vorerst, wan man zue fried und ruhe zu glan-
23
gen vermaint, auch eingesteldt und abgeschafft werden müeßen. Weyms:
24
Daß man das religon- und profanweesen pillig in acht zu nehmmen und
25
mitt den Hollendern zue adiustiren, damitt dergleichen excessus und ein-
26
griff abgeschafft, warzue dan mitt der gesuchten confirmation der neutra-
27
litet die rechte occasion, auch zu beförderen, daß wan der fried mitt Spa-
28
nien völlig geschloßen, sie die Hollender gar in eine union mitt dem reich
29
genohmmen werden möchten, ut etiam imperium, wie die formalia gewe-
30
ßen, aliquid habeat assecurationis et emolumenti. Der König mißbilligt
31
selbst den Mißbrauch der Goldenen Bulle durch die Regierung von Bra-
32
bant
. W: Bemühungen Tecklenburgs wegen Lingen. Weyms: Daß
33
dieß keine sach, so zum reich proprie gehörig, sondern daß Lingen ein
34
Geldrisch lehen von altters seye, und hab auch iederzeitt mitt Geldern zum
35
circulo Burgundico contribuirt und von allen oneribus imperii befreyet
36
gewesen, gehöre alßo zue anderen tractaten, und würde der könig sein

[p. 515] [scan. 565]


1
eußerist gern thuen, daß dieße herrschafft bey der catholischen religion und
2
dem Burgundischen craiß noch furterhin verpleiben mög.

3
Giffen bei W: Anfrage wegen Halberstadt. W: Nachrichten aus Osna-
4
brück
, Gespräch mit dem Prälaten von Hamersleben. Wird der Erzherzog
5
der Abtretung zustimmen? Sagtte er, vom herrn graffen von Trautmans-
6
dorff von ja vernohmmen zu haben, zumahlen Seiner Durchlaucht berich-
7
tet worden, daß bemelter stifft vermög der amnistiae (warauff der herr
8
graff von Trautmansdorff deiten thue), weyln er erst post annum 1627 ahn
9
herrn erzherzogen kommen, den uncatholischen gepühre. I. H. G.: Eben
10
dergleichen argumenta hab der herr graff von Trautmansdorff wegen ihres
11
stiffts Verden, wadurch auch der stifft Minden hingehen würde, vor disem
12
gemacht. Es hetten sie aber ihme clarlich schrifft- und mündtlich ad
13
oculum remonstrirt, daß solche stiffter, wie imgleichen auch Halberstatt,
14
unter die amnistiam nicht mitt köntten gerechnet werden; dan einmal seye
15
ius liberum eligendi capitulorum; vigore amnistiae soltten die stiffter den
16
vorigen inhabern oder besitzern restituirt werden, selbige aber verstorben
17
seyen, und hetten die capitula vermög ihres iuris eligendi des herrn erzher-
18
zogen Durchlaucht und respective I. H. G. legitime erwehlet, agnoscirten
19
sie auch noch pro episcopis, und seye kein competitor, dahero dieße stiffter-
20
sach ad amnistiam nicht köntte gezogen werden. Falß Seine Durchlaucht ex
21
hoc malo praesupposito fundamento sich auch also erclert haben mögtten,
22
würden und köntten doch I. H. G. solches in ewigkeit nimmer thuen, und
23
seye sich woll höchlich zu verwundern, daß dieße maistentheilß uncatho-
24
lische capitula bey der beschehenen election bestendig verpleiben, hingegen
25
electus catholicus das stifft, auch dem capittull sein ius eligendi in perpe-
26
tuum hingeben und benehmmen wollen. Welches den catholischen capituln
27
nicht wenig nachdencken geben dörffte, herrn von so hohen häußeren, die
28
darnach solchergestaldt potenti manu die stiffter gegen der capituln vor-
29
wißen und consens, gleich dan dieselbe aniezo contradiciren thetten, zue
30
postuliren.

31
W bei den Bayern. Schreiben Turennes an Kurköln wegen Ehrenbreitstein
32
und beabsichtigte Antwort

41
Turenne an Kurköln 1646 VI 16 ( München II K. schw. 986) hatte unter der Drohung
42
gewaltsamen Vorgehens von Kurköln die Restitution Ehrenbreitsteins an Kurtrier gefor-
43
dert.
. Bayern: Daß was von befurderter satisfac-
33
tion fur Franckreich gemeld, außgelaßen werden möchte. Und obwolen
34
vorgefallen, ob nit die Franzosische plenipotentiarii zu ersuchen, daß selbe
35
den Tourane von dem unbefugten verfahren dehortiren möchten, ist doch
36
beßer gehalten quod non, und daß ahn die königin selbst, was es mit diesem
37
deposito fur bewandtnus habe, der bericht zu thun. Bey demienigen, was
38
bey den Franzosischen zue negotiiren sein mocht, ist beyderseiz hoch
39
beklagt, daß von den Franzosen dem versprochenen nicht nachgelebt, ob-
40
wolen Brysach offerirt. Solchergestalt hab man sich auf die Franzosen,

[p. 516] [scan. 566]


1
auch sogar in ecclesiasticis, maßen auß des residenten La Barde discurs der
2
canzler Buschman wol vermerckt, nichts zu verlaßen.

3
W bei Nassau: Schreiben Turennes und Antwort. – Mitteilung Nassaus:
4
Nach Beratung mit Volmar die Antwort unbedenklich befunden.

5
1646 VI 22
Freitag W nach Reckenberg verreist. – Mitteilung an
6
Mainzer und Bayern mit Erbieten, im Fall besonderer Vorkommnisse vor
7
Dienstag zurückzukehren. – Antwort an Buschmann

32
Anlage (W an Buschmann 1646 VI 22): fehlt.
. – Relation Busch-
8
manns

33
Anlage (Buschmann an W): fehlt.
.

9
1646 VI 23
Samstag Klagen der Katholiken im Erzstift Magdeburg

34
Anlage (Klagen der Katholiken im Erzstift Magdeburg): fehlt.
.

10
1646 VI 24
Sonntag Bericht aus Münster

35
Anlage (Bericht aus Münster): fehlt.
. – [...]

11
[...]

12
1646 VI 26
Dienstag Rückkehr Ws. – Mitteilung an Trauttmansdorff,
13
Bayern und Mainzer.

14
1646 VI 27
Mittwoch Konferenz der katholischen Stände . – W mit
15
Reck/Buschmann bei Trauttmansdorff

37
Buschmann war von den Osnabrücker Verhandlungen am 24., Trauttmansdorff am
38
25. Juni nach Münster zurückgekehrt.
. Dieser bezieht sich für die Osna-
16
brücker
Verhandlung auf Buschmann, es geben auch der protestirenden
17
außgeandtworttete 55 puncten genugsamb zu verstehen, wie weit man noch
18
voneinander. Über zwischen den Ksl. und Sachsen gewechselte weitere
19
Vorschläge

39
Media compositionis gravaminum der ksl. Ges. und kursächsische Vermittlungsvor-
40
schläge 1646 VI 23 (Druck: J. G. Meiern III S. 187ff ).
das Gutachten der Katholiken zu erwarten. Die französischen
20
und schwedischen Satisfaktionsforderungen sind den Ständen mitgeteilt;
21
es breche aber ye lenger ye mehr herführ, daß es ihnen, und sonderlich den
22
Franzosen, umb den frieden kein ernst, sondern daß sie vorher des auß-
23
gangs dieser iezigen campagna erwartten wollen. Der duc de Longeville,
24
welcher gleich iez bei ihme gewesen, und d’Avaux mogen zwar gutes
25
willens sein, der Servient aber hab andere heimbliche instruction, und thue
26
sich, wan einige apertur zum frieden, alsobald in weg legen. W: Kur-
27
trier
dringt bei Kurköln darauf, daß nicht nur der Kommandant von
28
Ehrenbreitstein dem Kurfürst und Kapitel die gewohnliche pflicht leisten,
29
sondern auch deroselben die vestung lediglich wieder eingeraumbt werden
30
möge, wogegen Kurtrier eine Versicherung Frankreichs beibringen will,
31
daß es die Festung unbehelligt lassen werde. Gleich wie nun der herr

[p. 517] [scan. 567]


1
graff von Trauttmanstorff das erste, nemblich die pflichtleistung, für nicht
2
unpillich erachtet, [...] also hatt er das zweytte, nemblich die genzlich-
3
und vollige abtrettung ieziger zeit noch gar nicht thuenlich oder practi-
4
zirlich befunden. [...]

5
W bei den Trierern. Wunsch Kurkölns, daß Kurtrier wegen Ehrenbreitstein
6
zufriedengestellt werde. War deshalb bei Trauttmansdorff und soll den
7
Trierern assistieren. Bericht der Hachenburger Beamten über den Grenz-
8
streit mit Trier.

9
W bei den Bayern. Allwa vom verlauff dieser friedenshandlung allerhand
10
discursus vorgefallen, und sonderlich, daß man der Franzosen schlechte
11
begierd fast anfangen müße, mit handen zu greiffen, gestalt dan auch der
12
Servient dem hern nuncio und Venedischen gesandten ins gesicht gesagt.
13
daß vor außgang der campagna der fried nicht würde gemacht werden.

14
Es haben aber auch die herrn Churbayerischen auß befelch ihres gnädig-
15
sten herrn zu verstehen gegeben, daß bey verspuhrender solcher tergiversa-
16
tion der Franzosen wol nicht undienlich sein würde, durch ein manifest,
17
darin der ganzer verlauff dieser tractaten wiederholet und außgefuhrt, den
18
stenden und pöffel in Franckreich, alß welche biß dato durch vorbildung
19
des friedens bey gutem willen erhalten, recht vor augen zu stellen, warahn
20
es bißher gehafftet, daß zu einigem billichmeßigen frieden nicht zue gelan-
21
gen gewesen. Und ist dem canzler Buschman auffgetragen worden, end-
22
weder beym herrn graffen von Trautmanstorff oder dem Volmarn gleich-
23
samb auß ihm selbst per discursum davon andeuttung und erinnerung zue
24
thun.

25
1646 VI 28
Donnerstag [...] – Hasenkamp bei W. Bittet im Namen
26
des Kapitels Bremen um Unterstützung für die dortigen Katholiken, wozu
27
W sich per generalia erbietet.

28
1646 VI 29
Freitag W mit Reck/Buschmann bei Longueville/d’Avaux.
29
Beschwerde, daß Turenne Kurköln zur völligen Restitution Ehrenbreit-
30
steins
an Kurtrier nötigen will, obwohl Kurköln auf Wunsch Kurtriers das
31
Depositum aufgegeben hat; verliest dazu das Schreiben Kurkölns an Turen-
32
ne

41
Kurköln an Turenne 1646 VI 20 ( München II K. schw. 986).
. Und haben sie selbst die darinnen außgefuhrte motiva nicht uner-
33
heblich bekennen müßen, yedoch aber dieses mit einlauffen laßen, daß
34
nachdemaln Ihre Churfürstliche Durchlaucht bey annehmung des depositi
35
mit der cron Franckreich ministris contrahirt, so hette auch billich die ab-
36
trettung anderst nicht alß mit selbiger coron vorwissen und satisfaction
37
geschehen sollen. Darauff aber I. H. G. geandworttet, daß Ihre Chur-
38
fürstliche Durchlaucht sich zu nichts anderst obligirt, alß dem churfursten
39
zue Tryer die vestung wieder zu ubergeben, daselbig aber seye solcher
40
gestalt, wie er es selbsten begehrt gehabt, geschehen, und konne derowegen

[p. 518] [scan. 568]


1
von Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht ein mehrers nicht desiderirt wer-
2
den, und obwoln iezo Churtryer damit nicht content zu sein sich verneh-
3
men laße, so hab er doch proprio suo facto es nunmehr in einen solchen
4
stand, daß Ihre Churfürstliche Durchlaucht nichts mehr darueber zu dispo-
5
niren, gesetzt. Und schiene, daß beyde der Longevill und Avaux mit
6
dieser remonstration sich zimblich begnügt. Zweittens haben I. H. G. zu
7
erkennen gegeben, daß eben iezo, da man den frieden verhoffe und Ihre
8
Churfürstliche Durchlaucht zu deßen befürderung, sonderlich aber der
9
cron Franckreich ihre satisfaction zu verschaffen, so ansehenliche officia
10
mit einwenden helffen, sie fast härter alß vorhin yemalß von derselben
11
ministris gehalten, ja gleichsamb zue desperation und ad extrema gebracht
12
werden wolten, indem obbemelter Tourenne 50 000 reichsthaler von dem
13
erzstifft Collen gefordert, da doch selbiger in Hessischer contribution und
14
eben auß denen stetten, welche vorhin von der cron Franckreich den Hes-
15
sen abgetretten und eingeraumbt, gehalten würde. Und haben I. H. G. sie
16
demnegst ersucht, ahn den Tourene zu schreiben, und ihn von solchen be-
17
gunnugen abzumahnen. Worauff sie anfänglich geandworttet, daß sie
18
anhero weitter nicht alß ad negotia pacis verordnet und kein macht hetten,
19
sich des kriegs- noch contributionweesens anzuenehmen, konten auch den
20
kriegßgeneralen anderst nichts, alß daß sie in casum conclusae pacis vel
21
armistitii mit ihren expeditionibus einhalten solten, anschaffen. War-
22
unter dan der conte d’Avaux I. H. G. in der still anzeigte, daß der duc de
23
Longeville und der Turenne in nicht zu gar guter verstendnus miteinander,
24
und daher dieserthalb nit gern schreiben würde. Endtlich aber doch auf
25
I. H. G. ferners remonstriren und zuesprechen haben sie sich nit zuwieder
26
sein laßen, ahn ermelten Tourene in modum intercessionis ein schreiben ab-
27
gehen zu laßen. W: Kölner Klerus. Osnabrücker Pfarreien. [...] Fol-
28
gendt ist von dem negotio pacificationes zu discurriren angefangen, und
29
sonderlich ihnen Franzosen zu gemüth geführt worden, daß das glück in
30
keinem ding wanckeler und unbestendiger alß im krieg, und dan die sachen
31
aller orthen noch also beschaffen, daß die cron Franckreich genugsambe
32
gegenwehr finden würde, derowegen sie iezo den frieden, da sie denselben
33
mit grosem vortheyl und reputation haben kondten, nicht verwerffen oder
34
durch die umpillich postulata eludiren solten. Worauf sie geandwor-
35
ttet, daß sie ihres theylß des friedens hochst begiehrig, nicht zwar darumb,
36
daß sie dabey zu verliehren forchteten, sondern weyln sie sehen, daß die
37
catholische religion in Teutschland nit wenig darunter leide; dan wan sol-
38
ches nit were, hetten sie auß vielen ursachen die fortsezung des kriegs viel
39
mehr zu wünschen. Es stunde aber nun das ganze werck (soviel Teutsch-
40
land betreffe) vornemblich noch auff Philipspurg, welches der cron
41
Franckreich quoad protectionem et praesidium in perpetuum gelaßen wer-
42
den müste, und wurde solches dem catholischen weesen zue nicht geringem
43
nuzen gereichen, zumaln auß solcher vestung sie das exercitium religionis
44
catholicae in der undern Pfalz (wie dan daselbig bey der Pfalzischen ver-

[p. 519] [scan. 569]


1
gleichung mit inter conditiones kommen müße) manuteniren kondten; zu-
2
deme hette man sich dieser vestung halber soviel weniger zu sperren, weyln
3
derieniger fürst, deme sie zustendig, nemblich der churfurst zu Tryer,
4
damit zufrieden. Hierauf haben ihnen I. H. G. wieder remonstrirt, daß
5
sie anfenglich neben dem Elsaß nur auff Breysach bestanden, auch offters
6
die versicherung gethan, daß sobald sich die Kayserliche wegen hinlaßung
7
selbiger vestung erklehrt, der fried gleich in selbiger stund geschloßen wer-
8
den konte, und were daher von I. H. G. wie auch von den Churbayerischen
9
desto starcker in die Kayserliche getrungen worden, und iezo einen großen
10
verweiß auf sich geladen. Was aber des churfürsten von Tryer consenß an-
11
langte, thette solcher wenig zur sachen, dan erstlich derselb alß ein geist-
12
licher fürst nur nudus administrator, und seye deßen consensus ohn mit-
13
belieben des capituls ganz unbündig. Zudeme sey er vasallus Imperatoris,
14
und thue also Ihrer Maiestät alß domini directi bewilligung (welche doch
15
nimmer zu hoffen) mit darzu gehoren. Die Franzosen haben das erste
16
motivum damit endschuldigen wollen, daß neben Breysach sie sich yeder-
17
zeit von diesen 4 orthen Newburg, Philipspurg, Bennfelden und Zabern zu
18
handlen vorbehalten wolten, wan sie nun die ubrige 3 orth fahren laßen
19
und nur ein einziges behaubten, vermainten sie sich schiedlich genug gehal-
20
ten zu haben. Und understunde sich hierbey der conte d’Avaux zu remon-
21
striren, wie der herr graff von Trautmanstorff gar wol gewust hette, daß
22
ohne uberlassung Preysach kein fried zu machen, und daher sonder zweiffl
23
wol würde vollmacht gehabt haben, solche offerta zeitlicher zue thun; er
24
hette aber fur sein gewohnlich fredeza, wie eiffrig auch andere sich bezaigt
25
hetten, zu gewinnung zeit und anderer ursachen halber sich in diesem punct
26
starck zusprechen laßen, und dabey angenommen, daß man in Ihre Kayser-
27
liche Maiestät wegen uberlaßung der vestung gar zu starck getrungen; es
28
were ihm aber in effectu so unangenehm nit gewesen, daß derentwegen
29
solche instantiae geschehen, und wiste er sich dergleichen sachen zue ande-
30
rer verwunderung, alß der in dergleichen negotiis von vielen jahren hero
31
geübt, und consilia Caesaris dirigirte, wol zu nuz zu machen. Wegen des
32
zweytten motivi haben sie I. H. G. diß exempel vorgestelt, ob dieselbe nicht
33
der mainung, daß wan sie den Schweden ihren consensum auff die stiffter
34
Oßnabruck und Minden ertheylen solten, ob ihnen solcher nit einen grosen
35
vorstand geben wurde? I. H. G. andwortteten, daß sie solches zu thun
36
nicht vermochten, und möchte es endtlich bey dero lebzeiten etwas scheins
37
haben, hernacher aber wurde es weniger alß nichts gelden. Diesemnegst
38
hat man auf den punctum gravaminum deflectirt, und der canzler Busch-
39
man dasienige referirt, was er von dem Franzosischen residenten La Barde
40
zu Oßnabruck vernommen, deßen auch die protestirende sich hoch berüh-
41
men, daß nemblich die Franzosische ministri der mainung, daß mit den
42
anerpottenen 100 jahren quoad suspensionem actionum den sachen nicht
43
geholffen, dadurch dan die protestirende mercklich wieder die catholische
44
gesteifft, und kehme dieses den catholischen soviel wunderlicher vor, weyln

[p. 520] [scan. 570]


1
sie Franzosische plenipotentiarii sich hier offters eines andern vernehmen
2
laßen, sonderlich aber die herrn Kayserliche inculpirt, daß die protesti-
3
rende sich mit 70 Jahren contentirt haben würden. Dieses anpringen
4
haben mehrgemelte duc de Longeville und conte d’Avaux zwarn etwas
5
frembd auffnehmen wollen, endtlich aber doch in discursu selbst dahin sich
6
genugsamb erklehrt, daß sie die 70 oder auch 100 jahr dahin verstanden,
7
daß nach deren verfließung nur via amicabilis compositionis (iuris et armo-
8
rum pariter exclusa) ubrig pleiben solte. Wie ihnen aber darwieder replicirt,
9
daß wan es bey den catholischen diese mainung gehabt, die adiectio tempo-
10
ris frustranea sein wurde, zuemaln auch sine expresso aut speciali pacto
11
concordiam zue tentiren allezeit erlaubt und zugelaßen, haben sie selbsten
12
erkend, daß solche restrictio temporis mit der blosen amicabili compositione
13
nicht wohl ubereinkomme.

14
W bei Chigi. Gespräch mit den Franzosen. Vorgestrige Beratung der kath-
15
lischen
Stände, woruber es demnegst, imgleichen uber das pacifications-
16
weesen allerhand discursus abgegeben.

17
1646 VI 30
Samstag Konferenz der katholischen Stände . – Mittei-
18
lung Trauttmansdorffs durch Buschmann: Nachdem mit den Franzosen in
19
der Friedensfrage nicht weiterzukommen, ist ein Manifest in Arbeit, das
20
deren Schuld darlegen soll . – [...]

21
1646 VII 1
Sonntag Vertreter Ostfrieslands

39
Vgl. oben [S. 107 Anm. 2] .
bei W. Plan zur Evakua-
22
tion
Ostfrieslands von den Hessen mit staatischer Hilfe, Widerstand
23
Schwedens, Versuch zur Gewinnung der Franzosen, damit sie direkt mit
24
der Landgräfin verhandeln. W antwortet per generalia [...]. In
25
discursu meldete der abgeordneter, daß der Oxenstern diese woch gewiß
26
hier sein werde, und seye, wie er zu Oßnabruck vernommen, das instru-
27
mentum pacis auf die weiß, wie sie und die protestirende es haben wollen,
28
auffgesezt. Soviel er höre, würden in puncto satisfactionis noch starcke
29
petita geschehen, und zwarn zur Churbrandenburgischen gegensatisfaction
30
neben dem stifft Halberstatt, weilen selbiges offerirt worden, die fürsten-
31
thumb Glockaw, Segaw und Jägerdorff. Auff weitter befragen, was das
32
instrumentum pacis im ubrigen einhalte, thette er sich endschuldigen, daß
33
er daselbe nit gesehen, sondern allein ietzgemelten passum von einer dem
34
Oxenstern vertrawten person vernohmmen hette.

35
Chigi bei W. Italienische Angelegenheiten. Circa negotium pacis plieb er
36
der mainung nach wie allezeit, daß die hoffnung zum frieden vor geendig-
37
ter campagnia umbsonst und vergeblich.

[p. 521] [scan. 571]


1
1646 VII 2
Montag Mitteilung Trauttmansdorffs: Die Franzosen be-
2
stehen
weiter auf Philippsburg; sieht nicht, wie mit denselben weitter fort-
3
zuekommen, er habe ia deßhalber keine commission weniger gewalt, Kur-
4
trier
kann ohn des reichs und dhombcapituls vorwissen nicht bewilligen,
5
allenfalls kann die Festung ganz niedergelegt werden.

6
1646 VII 3
Dienstag W bei d’Avaux. Osnabrücker Pfarreien. Kölner
7
Geistliche. Turennes Forderungen gegen das Erzstift. D’Avaux: In
8
letzterer Sache aus den erwähnten Gründen noch nichts geschehen; will es
9
befördern. [...] Wegen Paderborn steht die Antwort d’Avaugours noch
10
aus [...]. Alß I. H. G. hierauf, daß die catholische zue ihm ein gutes
11
vertrawen, er werde ferner ubel verhütten und den frieden befurdern helf-
12
fen, umb mehrers, weylen von uncatholischen ye lenger ye weitter in ihren
13
praetensionibus gangen werde, der cron Franckreich zusehen werde bey
14
Gott schwer verandwortlich sein, pittend, den Oxenstern, bey seinem an-
15
kommen, nebst den protestirenden zue beßerer raison in hoc gravaminum
16
negotio zu disponiren. Sagte er, daß maior constantia bey den catholi-
17
schen selbst zu wunschen, und wolte vermainen, die Kayserliche thetten der
18
religion, indem sie den punctum satisfactionis nicht zur richtigkeit präch-
19
ten, sondern von den Spanischen sich verlaithen liesen, den maisten scha-
20
den; heut oder morgen wurde Oxenstern zwarn kommen, sehe aber nit, was
21
bey ihm, da der graff von Trautmanstorff ohn die Spanier, welche auff
22
andere coniuncturen wartteten, nicht schließen dorfft, konne gerichtet wer-
23
den. Von ihren confoederirten gedächte zwarn Franckreich sich in puncto
24
principali nicht zue separiren, wan mans aber in puncto satisfactionis mit
25
ihnen eins, hetten sie mehrer ursach, den andern zuzusprechen und zu
26
remonstriren, daß propter gravamina den ahn blutt und geld so kostbar-
27
lichen krieg nit fuhrten noch zu continuiren gedächten, sondern wurden
28
solche gravamina beßer auf einen reichstag zu verschieben sein. Weylen
29
nun aber iezt beyde coronen der satisfaction halber mal content, sey leicht
30
zu gedencken, was auß ihrer beysammenkunfft gutes zu hoffen. Wolt in
31
summa confidentia erinnert haben, den uncatholischen circa gravamina
32
mehrers nicht einzuraumen, sondern Gallicam satisfactionem zu befürdern,
33
alßdan würde man sehen, was fur gutte officia sie bey den sachen prae-
34
stiren konten. Die gravamina würden iezt gleichsamb alß ein spectrum zum
35
schrecken gebraucht, satisfactione autem concessa, wurd man ein anderß
36
licht zu erkendtnus der sachen bekommen. I. H. G. remonstrirten hier-
37
auff, welchergestalt ex parte Churcollen und Churbayern die satisfaction,
38
der Franzosen selbst gethaner veranlaßung nach, befurdert worden, repe-
39
tendo, was fur vertröstungen, wan nur Breisach cedirt, geschehen, aber hin-
40
gegen, alß darin gewichen, solche postulata hervorkommen, daß man sich
41
nicht aussehe und nur verweiß bey den Kayserlichen auf sich geladen, und
42
werde anderst nichts darauß concludirt, alß wan Franckreich zum frieden
43
keinen lust und nur alle mal zu desen behinderung newe sachen vorpringen

[p. 522] [scan. 572]


1
wurde. Der d’Avaux subnectirte, daß sie das werck mit nebenpostu-
2
latis nicht schwerer machen, das praesidium aber in Philipspurg behaubten
3
würden, so demienigen nicht zugegen, was sie vor diesem vorpracht, hettens
4
auch die catholische zu verwaigern desto weniger ursach, weylen solches zu
5
conservation religionis catholicae in der Pfalz, auch sonsten dienlich.

6
Wegen Philipspurg, replicirten I. H. G., sey iungst beym duc de Longe-
7
vill auch vorkommen, mogten wol wissen, ob dan Churtryers begeren, daß
8
diese vestung von den Franzosen besezt pleibe. Der d’Avaux andwort-
9
tete, daß er davon nicht sagen konn, mochte villeicht sein, daß dernwegen
10
der churfurst den verweiß und undanck nit wolte uber sich laden, es würde
11
aber von ihm sonst keine opposition beschehen. Repetendo, daß solches dem
12
religionßstatu ersprießlich; und mochte sich der graff von Trautmanstorff
13
nur wol cathegorice ratione praesidii (cum proprietatem Gallia non prae-
14
tendat) resolviren, vermercke wol, daß er hierin abermal, wie mit Breysach
15
und in andern sachen beschehen, mit gradibus werde herfurkommen, und
16
zwarn der demolition, 2. daß das praesidium Gallicum ad dies vitae ietzi-
17
gen episcopi Spirensis pleib, 3. ad decennium alßlang die confoederation
18
mit den coronis pro executione et securitate pacis wehrete, und dan ultimo
19
ex necessitate ipsa, weyln die andere gradus Franckreich verwerffen wurde,
20
die vestung pro praesidio zu uberlaßen. Nun were ia beßer, sich mit solchen
21
unannehmblichen vorschlägen nicht aufzuhalten, sondern das begehren, wie
22
doch geschehen müste, nachzugeben, alßdan würde man spühren, daß der
23
fried mit Franckreich zu schließen und der catholischen religion sowol bey
24
diesen tractaten alß sonsten zue helffen. I. H. G. assecurirten, daß der
25
her graff von Trautmanstorff, wie er selbst hoch contestirte, wegen Philips-
26
purg einige plenipotenz nicht habe, und wan auch solches schon, kondts
27
doch ohn vorwissen und belieben des bischoffs und dhombcapitul zu Speyer
28
nicht geschehen. Worauff der d’Avaux: Es seyen den Schweden wol
29
andere sachen ohn der interessenten vorwissen offerirt, und nun wolte man
30
wegen eines so geringen plazes also scrupuloß sein. I. H. G.: Man wisse
31
nit, warahn man mit Franckreich sey, also wurden die sachen bey der Prey-
32
sachischen negotiation verstelt. Wie er leicht selbst zu ermessen, nachdem
33
man dato Brisaco den fried mit Franckreich so sicher gehalten, was fur
34
nachdencken mach, daß man hernacher alles im Elsaß begriffen vom reich
35
abzuzwachen und der cron Franckreich zu incorporiren, ohn daß man sich
36
der conditionen wegen uberlaßung Preysach verglichen, und hetten die
37
Kayserliche von Pariß auß die nachrichtung, daß sie Franzosische pleni-
38
potentiarii befelcht, 2 millionen den erzherzogen zu offeriren, da sie doch
39
bißher nur eine angepotten. Hierauff meldet der conte d’Avaux, daß
40
die Kayserische diese ihre habende kundschafft nit recht allegirten, sie
41
hetten befelch, wan die waldstätt, Brißgaw und was sie begert, gelaßen
42
worden, 2 millionen cronen zu offeriren; jetzt aber, da die begerte satisfac-
43
tion dergestalt dividirt und geschmählert, wer das gegenerpiethen der pro-
44
portion nach und ihre instruction auff ein million constringirt. Wegen der

[p. 523] [scan. 573]


1
Türckensteur hetten sich auch erklehrt, daß jahrlichs 100 000 francken zu
2
versicherung der grainzen gegen den Türcken, und wan es zum offentlichen
3
krieg kommen solt, 10 000 man Ihrer Kayserlichen Maiestät die cron
4
Franckreich erhalten wolle; solte auch Franckreich mit dem Türcken zur
5
ruptur kommen, alßdan wurden wol mehrer considerable diversiones
6
machen konnen und wollen. So hetten sie sich auch furs hauß Bayern, wel-
7
ches Franckreich hoch aestimirte, in negotio Palatinatus favorabiliter er-
8
klehrt und gedächten wenigers nit in materia gravaminum gute officia zu
9
praestiren, wan man sie allein mit der satisfaction, so sonderlich auff pro-
10
tection und besazung Philipsburg bestünde, nicht also auffhielte. I. H. G.:
11
Ihr iezig newe postulata gingen nicht allein auff Philipsburg, sondern wol-
12
ten auch alle status und reichsstätt im Elsaß dem reich abgezwackt wer-
13
den. Conte de Avaux: Wan ihnen allein mit Philipsburg deferirt (wel-
14
ches in summa confidentia wolte offenbaren), würden sich die sachen des
15
ubrigen halber nicht zerschlagen. I. H. G.: Sie hetten offters sich ver-
16
wundert, warumb Franckreich das erste vorhaben, das Elsaß in feudum
17
cum sessione et voto anzunehmen, schangiret, were von nit geringer consi-
18
deration, und werde noch wol groß bedenckens haben, dergestalt das reich
19
zue schmalern und davon die Elsaßische landen abzureisen. D’Avaux:
20
Er beken seines theylß, daß es bedencklich fallen kondt, derentwegen auch
21
a parte Franckreich rationes pro et contra, er mächte nit geringe reflexion
22
auf des gegentheyls contradiction. Und weyln die Kayserliche so ungern
23
sehen, daß Franckreich sessionem et votum habe, so folg bey ihme der
24
Schluß, daß es der cron dienlich, wie er dan auch erkendte, daß solches pro
25
religione catholica sein würde. Dan alßlang Franckreich nur vicinus
26
imperii, so wurde der konig ex ratione status, eine parthey im reich fur sich
27
zu haben, sich allezeit befleißen, dahingegen, wan Franckreich mit alß
28
status imperii bey den sachen interessirt, wurde er sich bey den catholischen
29
stenden halten. Die Spanische mächten alle sachen schwer und begerten
30
keinen frieden, weyln es ihnen so frembd und ungewöhnlich vorkomme,
31
daß sie etwas solten hinderlaßen. Wolte auch in summo secreto unverhal-
32
ten, daß die Spanier in der Pfalzischen sach nit wol affectionirt, wie sie
33
dan bey den armeen schreiben intercipyrt, darauß solches genugsamb zu
34
beweisen, und sey des Alphonso de Cardenas

41
Alonso de Cárdenas, spanischer Gesandter in London 1638 1655.
negotiation in Anglia
35
dahin gerichtet, daß Spanien dem pfalzgraffen die Underpfalz abtretten
36
wolte, doch solte er sehen, daß die Oberpfalz auch nit dahinden pliebe, und
37
offerirten sich die Spanier ad vanam ostentationem die Underpfalz zu
38
restituiren, conditione apposita, wan zugleich die Oberpfalz abgetretten, da
39
sie doch davon nichts alß Franckenthal in ihrem gewalt hetten. Die sach
40
sonsten anlangendt, müste die Bergstraß

42
Kurmainzisches, 1463 um 100 000 fl. an Kurpfalz verpfändetes Gebiet, dessen Auslösung
43
1621 angeboten worden war und das 1623 Kurmainz ohne Zahlung der Pfandsumme
44
aus dem konfiszierten Besitz Friedrichs V. erhalten hatte. Vgl. J. G. Meiern IV S. 359 ff.
dem pfalzgraffen wiederumb ein-

[p. 524] [scan. 574]


1
geraumbt werden, und pliebe Churmainz, solchem nach viam iuris trium
2
mensium spatio elapso gegen den pfaltgraven vorzunehmen allezeit bevor.

3
I. H. G.: Es seye zwarn die graffschafft Rossiglion nebenst demienigen,
4
was Franckreich hinc inde occupirt, nunmehr zu uberlaßen anerpotten, es
5
seyen aber noch andere difficulteten, welche den frieden zwischen ihnen
6
verhinderten. Franckreich hab mit Portugall ein 40jahriges armistitium, wie
7
Spanien und Holland under sich zu machen tractirten, vorgeschlagen, deß-
8
halber auch noch ein medium getroffen werden kondte, mit Catalonien
9
aber, alß welches sich Franckreich ultro ergeben, habe es eine andere be-
10
schaffenheit. Alß demnegst der discursus auf die kriegsexpeditiones
11
sich flectirt, hat der d’Avaux die Italienische kriegssachen vor Orbitello

32
Orbetello, Stadt an der toskanischen Küste (stato dei presidii), seit Mitte Mai 1646 von
33
den Franzosen belagert; als nach einem Seegefecht, in dem der Admiral Brezé getötet
34
wurde, die an sich erfolgreiche französische Flotte zurückkehrte, mußte Mitte Juli die
35
Belagerung aufgegeben werden.

12
von geringer importanz zu sein gehalten und das principalste absehen auff
13
die Niederlandische kriegsexpedition und eroberung Courtre

36
Courtrai, Stadt in Flandern, deren Eroberung durch den Herzog von Orléans (1646 VI
37
29) die französischen Operationen gegen Dünkirchen einleitete.
in angesicht
14
der Spanier gesezt, dabey ferner vermeldet, daß der prinz von Ouranien zu
15
feld gehen und die sachen auf ihrer seithen noch wol beßer ausschlagen
16
wurden. Wunschte seinestheylß, daß mit dem reich friede gemacht und
17
darahn per Hispanos man sich nit ließe abhalten.

18
Treffen Ws und der Bayern vor der Stadt. Gespräch mit d’Avaux. Heuti-
19
ger
Besuch der Bayern bei den Franzosen. Diese haben ein Schreiben Peña-
20
randas
erwähnt, in dem die Bayern beschuldigt werden, alß wan sie excluso
21
Caesare mit den Franzosen tractirt und ein armistitium und frieden auf
22
einen benendten tag geschloßen hetten. Heute nachmittag haben sie, da die
23
Sache falsch ist, Trauttmansdorff berichtet und besonders erwähnt, daß
24
Spanien, indem es die Restitution der Oberpfalz betreibt, dem Erzhaus
25
schadet, da Bayern sich dann an das Land ob der Enns als Pfand halten
26
wird.

27
Mitteilung der Mainzer: Aufsatz zu den Gravamina

38
Gutachten der kath. Reichsstände betr. die Gravamina 1646 VI 30 (Druck: J. G. Meiern
III S. 363–367 ), endgültig beschlossen in der Konferenz der katholischen Stände
40
1646 VII 4.
.

28
1646 VII 4
Mittwoch Konferenz der katholischen Stände . – [...] –
29
Schreiben des Kapitels Augsburg: Tod des Bischofs

42
Heinrich von Knöringen, gest. 1646 VI 25.
und Vollmachten des
30
Kapitels für W. – Mitteilung an Chigi und Nachrichten über den bisheri-
31
gen Koadjutor

43
Erzhg. Sigismund Franz von Tirol (vgl. oben [S. 324 Anm. 3] ), für den wegen seiner
44
Jugend zunächst das Kapitel die Verwaltung führte.
. – Deputation der katholischen Stände an die Ksl.

45
Zur Übergabe der heute beschlossenen Erklärung der katholischen Stände.
.

[p. 525] [scan. 575]


1
1646 VII 5
Donnerstag Giffen bei W. Ankündigung einer Widerlegung
2
der Schrift des Hauses Anhalt wegen Aschersleben. Discurß über Halber-
3
stadt, Elsaß, Murbach.

4
Leuchselring bei W. Tod des Bischofs von Augsburg. Empfehlungsschreiben
5
des bisherigen Koadjutors an Trauttmansdorff in der Augsburger Reli-
6
gionssache.

7
Vertreter Aachens

42
Joachim von Berchem (1572–1648), Bürgermeister; Lic. Rudolf Twist, Ratsherr und
43
Syndikus.
bei W. Beschwerde über die hohe Kontribution. Man hat
8
sich bei Kurköln als Kreisdirektor und bei Blumenthal beklagt, der sie an W
9
gewiesen hat. Trauttmansdorff hat sie, als sie erklärten, auf ihre Schreiben
10
nach Wien keine Antwort erhalten zu haben, an Kurköln und die Generale
11
gewiesen. Bitte um Unterstützung bei Kurköln. Antwort Ws per generalia.
12
St. Romain

44
St. Romain war Anfang Februar 1646 nach Schweden geschickt worden.
bei W. Bericht über seine Verrichtung in Schweden wegen
13
Wallenhorst und der vier Klöster im Erzstift Bremen: In Wallenhorst soll
14
ein katholischer Pfarrer zugelassen werden, wenn der letzte katholisch war,
15
die Klöster sollen ein Jahr von Kontributionen frei sein. Diesem nach
16
rhumbte der St. Romain der konigin guten verstand, erfarnheit in sprachen,
17
und daß sie der catholischen religion nicht so auffsezig. Der Gustavus seye
18
in der religion gar eiffrig, und eines gar hitzigen kopff, von dem er viel
19
händl gehabt hette. Der canzler Oxenstern seye gefehrlich kranck gelegen,
20
und weiln dis sein annus climacterius, hab man sich eines andern besorgt,
21
beßere sich aber nunmehr wiederumb. Und wie er mit anfuhrte, daß sie
22
gute begierd zum frieden trügen, sagten I. H. G. nebenst gethaner danck-
23
sagung fur gute befurderung ratione der pfarr und closter, daß aber solche
24
sachen von ihnen Schweden begert wurden, die nicht kondten bewilliget
25
werden, und also bey solcher beschwerlichkeit der fried nicht zu hoffen.

26
Darauf er, daß sie vom erzstifft Breemen und Verden nicht weren abzu-
27
pringen. I. H. G.: Was das erste anbelangte, wans auf etliche jahr lang,
28
wie andere uncatholische die stiffter inhaben, gemeind, möchte dem werck
29
noch zu thun sei. Ratione Verden aber kondten I. H. G. in ewigkeit darein
30
nicht consentiren. Were auch wunder, daß die Franzosen das begeren
31
contra religionem, fundationem Caroli Magni, libertatem imperii et privi-
32
legia nobilitatis solten konnen guttheischen. St. Romain: Ihm sey leid
33
genug, daß die stiffter dergestalt solten weggehen, seine officia hab er in
34
Schweden deßhalber genugsamb erwiesen, die konigin aber sowol alß der
35
Oxenstern ihme opponirt, wan die Kayserliche zufrieden, wurden es ihnen
36
die Franzosen nicht zu mißgonnen haben. Kondten also hierinnen sie Fran-
37
zosische nichts remediiren. Darauf fragten I. H. G., wie sichs mit den
38
tractaten mit ihnen Franzosischen verhalte. Der St. Romain sagt, daß
39
es noch gar einen geringen, nemblich der vestung Philipspurg haffte.

40
I. H. G.: Eben auch vor diesem hett es so geheischen, alß man Brysach
41
offerirt, und hette man anderst sich nicht versehen, alß wan solchem nach

[p. 526] [scan. 576]


1
der fried alspalden würde geschloßen und underschrieben sein. Und da
2
auch nun schon iezt mit Philipspurg willfahrige resolution gegeben, seyen
3
doch die conditiones nicht adiustiret, neben dem man wol wuste, es auch
4
von einem ihrer gesandschafft gnug vernommen hette, daß ihr intention,
5
vor geendigter campagnia nicht zu schließen. St. Romain: Was die con-
6
ditiones anbelangte, seyen selbige viel und schwer, und thetten auch die
7
Schweden sich beklagen, daß von herrn Kayserlichen ihnen beschwerliche
8
sachen würden angemutthet. Der Oxenstern seye iezo alhier, müste gesehen
9
werden, wie die sachen fureinander zue pringen, und wie ein- und ander-
10
seiz mit beßerer erklehrung zusammenkommen moge. [...] – [...]

11
Fromhold

42
Dr. Johann Fromhold (1602–1653), kurbrandenburgischer Hof- und Kammergerichts-
43
rat, Gesandter in Münster seit Dezember 1645.
bei Buschmann. Daß man sich circa negotium gravaminum
12
würde vergleichen oder aber dissipationem totius sehen müßen, und wurde
13
es auch des Pfalzischen negotii halber noch allerdhand difficulteten ab-
14
geben; vermaine zwarn, daß wegen der von Churbaiern praetendirender
15
summa gelts sich noch wol mittel finden werden, die meiste beschwernus
16
aber wurde sich der churwürde halber bezeigen, da er von 8. electoratu
17
weitläuffig discurrirt, und solche nicht pro medio compositionis halten
18
wollen. Alß aber darauff vom canzlern Buschman remonstrirt, daß
19
Churbayern sich die alternation nicht würde auftringen laßen, und per
20
enumerationem partium zu verstehen gegeben, daß neben Ihrer Kayser-
21
lichen Maiestät der mehrere theyl chur-, fursten und stend des reichs, wie
22
auch alle benachtparte potentaten und communen, alß in specie Spanien,
23
Franckreich und, soviel man wiß, die Staden von Holland den octavum
24
electoratum pro bono compositionis medio hielten. Hatt er Fromholz
25
geandworttet, daß es ein schweres ding und von böser consequenz sein
26
würde, einen solchen riß in die auream bullam kommen zu laßen, amore
27
pacis aber, ut quae inaestimibalis res sit, möchte es endtlich tolerirt werden
28
konnen, wiewoln ein groses impedimentum, so die pfalzgraffen hiervon
29
abschrecken thette, das officium vicariatus, und daß dahin gegangen werd,
30
daß ultimum locum in collegio nehmen solten. Bey welchem der canzler
31
Buschman bedeuttet, daß auf solche weiß der pfalzgraff mehrers gesichert,
32
weyln sonsten in casum alternationis (warzu doch Churbayern nimmer-
33
mehr verstehen wurde) der iunger prinz auß Bayern, dem die succession
34
gebuhrte, durch gottes genad eben sowol 70 oder 80 jahr erreichen kondt,
35
und immittelst die pfalzgraffen ad memoriam quasi horum wurden exclu-
36
dirt pleiben. Der Pomerische meldete hierauff weitter nicht, nur daß
37
Churbrandenburg nicht zu verdencken, daß er sich der nahen anverwandt-
38
nus halber der Pfalzischen erben thette annehmen, und wurden Seine Chur-
39
fürstliche Durchlaucht inner kurzem dieser orthen sich befinden und dero
40
residentz, umb den tractaten soviel da näher zu sein, in der statt Soist

44
Soest, Stadt in der Grafschaft Mark.

41
nehmen.

[p. 527] [scan. 577]


1
Eine bekandte person von Düßeldorff berichtet: Der Pfalzgraf hat geäu-
2
ßert
, daß er den Spaniern nur kecklich sagen solt, wofern sie ihro bey
3
diesen tractaten nicht würden zur chur verhelffen, alß die ihro von Gott
4
undt rechts wegen gebuhren thette, wolte er sie fur lügner halten, were
5
solch sein recht nachzulaßen ganz nicht gedacht, sondern ehender noch
6
einen absonderlichen krieg darüeber anfangen.

7
Anfrage der Mainzer: Soll morgen über das Mecklenburger Anbringen und
8
vielleicht auch Mylendonck beraten werden? W lehnt angesichts wichtigerer
9
Fragen ab. – [...]

10
1646 VII 7
Samstag Trauttmansdorff bei W: Bitte für die Aachener,
11
er will deshalb an den Erzherzog schreiben. Darauf geandworttet, daß
12
Ihre Churfürstliche Durchlaucht und ihro der status guter maßen bekand,
13
und wurden die underschiedlich ahn Ihre Kayserliche Maiestät von Ihrer
14
Churfürstlichen Durchlaucht abgelaßene schreiben gutes zeugnus geben
15
können, wie mitleidentlich sie die nun etliche jahr gethauwerte trangsalen
16
empfunden und umb remedyrung angesucht, und seye eben das, was von
17
ihro und mehr andern geklagt werd, wie mit den getrewen stenden verfah-
18
ren werde. Es seye aber biß auff diese stund kein remedium erfolgt, ahn
19
vorhabender recommendation beym erzherzogen beschehe wol, es wurde
20
aber auch bey der generalitet und dem commissarius Blumenthal nottig
21
sein. Der herr graff erpotte, das seinig zue thun, und wiederholt, daß
22
von Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht deßgleichen beschehen möcht.

23
Uber das friedensnegotium kombt in discurso vor, daß I. H. G. referirt,
24
was bey den Franzosen ingesambt und dem d’Avaux iüngsthin passiret,
25
und wie sie noch immer starck auff Philipspurg bestünden, und was
26
damaln von gewissen gradibus, so die Kaiserliche vorhetten, vorkommen.

27
Warauff der herr graff: Daß sie sich hierinnen mechtig würden betrogen
28
finden, dan er auf weitter nichts befelcht. Man habe hiebevor fur ein so
29
richtiges ding halten wollen, wan allein Breysach offerirt würde, nun aber
30
kommen mit dergleichen auffzügen herahn, und habe ihm der Venetiani-
31
sche gestern gesagt (dan der herr nuncius dieser sachen sich ob religionem
32
nicht annehme), daß mans in obacht zu halten, was die Franzosen de
33
Hassica satisfactione gemeldet, daß nemblich selbige conditio sine qua non
34
und ohne solches kein fried konne gemacht werden, worauß zu schließen,
35
wangleich mit Philipsburg auch condescendirt werden sollte, daß dannoch
36
alle tag newe conditiones sine quibus non würden herfürkommen. Es sey
37
einmal offenbar, daß sie vor geendigter campagnia zum frieden keinen lust.
38
Und aber dieses sachen, warauff nicht zue andtworten, wan auch schon diß
39
heut zugeben, wurde doch morgen wiederumb ein anderß begert werden,
40
worauß dissolutio et ruina totalis imperii nohtwendig erfolgen müste, wel-
41
ches er gestern den mediatoren rotunde hette angedeuttet. Was die Franzo-
42
sen zur satisfaction begert, seye gewilliget, hingegen erklehrten sie sich
43
weder ad conditiones propositas noch zum frieden selbst, nicht er kondte

[p. 528] [scan. 578]


1
mit ihnen weitters nicht tractiren, sehe auch nit, waß ferner zu thun seye.
2
Jetzt befinde der Oxenstern sich alhier

41
Oxenstierna war in Münster 1646 VII 4–18.
, stehe zu erwartten, was er mit den
3
Franzosen kochen und sich alßdan gegen sie Kayserliche erklehren werde.
4
Als Oxenstierna neulich wieder auf der Amnestie von 1618 und der Pfälzer
5
Kur bestanden hat, hat er ihm beides abgeschlagen, ebenso die Wiederher-
6
stellung
des alten Religionsstandes in den Erblanden, mit vermelden, daß
7
ihn wunder nehm, daß die cron Schweden etlicher wenig exulanten und
8
unruhiger leuthen also wolte annehmen [...], so doch viel mehr propter
9
rebellionem alß religionem außgewichen; die böhmische Landschaft bitte
10
um Erhalt der katholischen Religion und Krönung des Kaisersohnes

42
Ferdinand (IV.) Franz (1633–1654), ältester Sohn Kaiser Ferdinands III., Kg. von
43
Böhmen 1646 VIII 5, Kg. von Ungarn 1647 VI 16, römischer Kg. 1653.
zum
11
König, auff welche der gesambten stend intention mehrers alß dergleichen
12
privatmolestation zue halten were. Worauff der Oxenstern nichts hette
13
geandworttet. Circa gravamina wolt er graff sehen, ob und wie mit den
14
protestirenden ahn ein end zue kommen. Bey den bewilligten 100 jahren
15
muste es dergestalt sein verpleibens behalten, daß interea die uncatholische
16
weder via facti noch iuris wurden angefochten und nach deren verfließung
17
amicabilis compositio tentirt werde. I. H. G. remonstrirten hierauff,
18
daß solches den catholischen sehr praeiudicirlich sein wurde, warumb nicht
19
bey wehrenden solchen 100 jahren der guttliche vergleich zu versuchen,
20
dan hernacher solche disputat konte erwecket werden, woruber 40, 50 jahr
21
zuegebracht, interim die protestirende auch in possessione verplieben, also
22
via facti et iuris versichert, welches in effectu were renunciatio perpetua.

23
So der herr graff weitters nicht beandworttet, sondern ad punctum ses-
24
sionis et voti geschritten und vermeldet, daß derselb sich auch fureinander
25
pringen laßen werd, wan nemblich die uncatholische in suis gradibus die
26
session haben, alß die erzbischoff nach den catholischen bischoffen. I. H.
27
G. ließen sich hierauf vernehmen, daß die status catholici darein keine be-
28
willigung geben würden, maßen das ihnen Kayserlichen zugesteltes gutt-
29
achten vermöcht, so den verstand nicht hab, daß pro iure ecclesiarum die
30
sessionem ante alios haben solten. Und wurden I. H. G. so wenig fur
31
sich alß andere, deren votum sie führen thetten, gestatten, daß eines erz-
32
bisthumbs uncatholisch und unqualificirter administrator ober denen ge-
33
weyheten rechtmesigen bischoffen sitzen sollen, seyen auch der hoffnung,
34
daß solches weder Bamberg noch Wurzburg yemaln zulaßen werden (die
35
wol mit hoheren fursten des vortritts halben competirten, auch de facto
36
vorgingen). Der herr graff von Trautmanstorff: Wans dahin kom, sol-
37
ten nur I. H. G. ihne machen laßen, trawte sich Bamberg und Wurzburg
38
zum weichen wol zu disponiren. I. H. G.: Sey gleichwol zu erbarmen,
39
daß mit solchen unpillichen sachen also starck in die catholische von den
40
protestirenden wolle getrungen werden, so allein von etlichen privatis, alß

[p. 529] [scan. 579]


1
dem Lunenburg- und Altenburgischen

33
Lampadius und Wolfgang Konrad von Thumbshirn (1604–1667), sachsen-altenburgi-
34
scher Hof- und Justizrat.
geschehe. Worauff der herr
2
graff: Daß derentwegen Ihre Maiestät ahn die herzogen zu Lunenburg.
3
auch Altenburg geschrieben und dieselbe erinnert, andere zu des gemeinen
4
weesens ruhe und frieden ziehlende consilia zu fuhren, was damit werde
5
gefruchtet, stehe zu erwartten. W: Trauttmansdorff möge selbst oder
6
durch die Spanier bei den staatischen Gesandten befördern, daß die General-
7
staaten
, die dem Vernehmen nach bei Wesel eine Schiffsbrücke über den
8
Rhein schlagen, nicht entgegen der Neutralität die Hessen unterstützen oder
9
Truppen mit ihnen vereinigen. Trauttmansdorff hält die Nachricht für
10
unwahrscheinlich, will der Sache aber nachgehen.

11
Eingabe einer Schrift durch den Oldenburger Vertreter

35
Anlage (Oldenburger Schrift): fehlt.
. – [...] – W bei
12
Bergaigne. Gratulation zum Eintreffen der Bulle wegen Cambrai.

13
Schwierigkeiten beim spanisch-staatischen Abschluß durch französische
14
Einwürfe. Schlechter Stand des Krieges in den Niederlanden.

15
[...]

16
1646 VII 9
Montag [...] – Nerli bei W. Auf Ersuchen der Kaiserin-
17
Witwe

36
Eleonora Gonzaga (1598–1655), Tochter Vinzenz 1. von Mantua, Witwe Kaiser Ferdi-
37
nands II.
hat der Kaiser die Mantuaner Interessen seinen Gesandten sowie
18
Kurmainz und Kurköln empfohlen. Übergabe einer Informationsschrift

38
Anlage (Mantuaner Schrift): fehlt.
.

19
W: Hat von Kurköln, wohl wegen des Postweges, noch keine Nachricht.
20
Rät die Sache vor allem bei den Franzosen zu unterbauen, von denen Ser-
21
vien am Abschluß des von Mantua angegriffenen Vertrages von Cherasco
22
beteiligt war. Argumente des Mantuaners, daß Savoyen über den Ver-
23
trag hinausgehende Forderungen erhebe. Schwierigkeit direkter Besuche der
24
Mantuaner bei den Ksl. wegen des Exzellenztitels.

25
1646 VII 10
Dienstag Anfrage der Mainzer: Sollen die Sächsischen

39
Die kursächsischen Gesandten Johann Ernst Pistoris, kursächsischer Rat und Appel-
40
lationsrat, und Dr. Johann Leuber (1588–1652), kursächsischer Hofrat, befanden sich
41
seit April 1646 in Osnabrück und waren 1646 VII 8 bzw. VI 28 nach Münster gekommen.

26
bei ihren Besuchen Contarini als Mediator diesmal vor den Kurfürstlichen
27
den Vorrang geben? W: Für Beibehaltung der bisherigen Ordnung.

28
Bericht Buschmanns: Im Gespräch mit den Spaniern soll Oxenstierna als
29
Friedensbedingungen genannt haben: 1. Amnestie nach dem Stand 1618,
30
2. völlige Restitution der Pfälzer und Alternation der Kur sofort nach
31
Maximilians Tod, 3. Brandenburger Zustimmung zur schwedischen Satis-
32
faktion, 4. Erledigung aller Gravamina.

[p. 530] [scan. 580]


1
Notifikation der Ankunft der Sachsen. – Begrüßung der Sachsen. Für die
2
erste Visite wird noch kein Termin gegeben.

3
Bayern bei W. Sollen auf Befehl Kurbayerns mit den Kölnern über hessi-
4
sche
Satisfaktion und schwedische Militärsatisfaktion sprechen. W: Hat
5
die bayerischen Gedanken schon durch Kurköln erfahren. Die Hessen Cas-
6
selische satisfaction sey ein beschwerlicher punct, nicht zwarn ahn sich
7
selbst zu resolviren, zumaln Ihre Kayserliche Maiestät und alle stend solche
8
praetension fur ganz unpillich halten und daß der landgraffin keine satis-
9
faction gebuhre noch sie darinnen zue horen sich außtrücklich erklehrt,
10
sondern darumb, daß die Franzosen sich der Hessen dißhalber so starck an-
11
nehmen und der Servient solche unbilliches begeren durchzutrucken ver-
12
maine, ia gar pro conditione sine qua non bey den tractaten achten und
13
vorpringen dörffen. Was circa 2. punctum Ihrer Kayserlichen Maiestät
14
vom graffen von Trauttmansdorff fur ein vorschlag beschehen, davon het-
15
ten beraiz vor diesem nachricht gehabt, und deßwegen mit ihme hern graf-
16
fen noch unlengst in gespräch begeben, welcher die gemachte motiven und
17
instantias probiren müßen. Und weylen nun diß zwen wichtiger puncten,
18
derentwegen sie Churcolnische schon miteinander zwarn hetten communi-
19
cirt und davon per discursum wol konne gered werden, so mochte man den
20
sachen etwas mehrers nachdencken, wie beyderseiz fur gutt befunden, und
21
zu anderwertther conferenz außgestelt. [...]

22
Anfrage bei Volmar: Da Buschmann über die heutige Konferenz der Ksl.
23
circa negotium gravaminum berichtet und man selbst gerade darüber berät,
24
hätte man gern den Aufsatz darüber für kurze Zeit. Volmar: Will eine
25
Abschrift schicken, sobald sie fertig ist.

26
Anfrage bei Boulengier

40
Joseph Boulengier, Sekretär Longuevilles.
: Antwort auf die Memoriale wegen der Kölner
27
Geistlichkeit und der von Turenne geforderten Kontribution. Boulen-
28
gier: Das erste liegt ihm vor, will die Antwort bei der nächsten Zusammen-
29
kunft der Gesandten mit den Hessen befördern; wegen des zweiten ist ihm
30
noch nichts aufgetragen, will daran erinnern. – Mitteilung des Aufsatzes

41
Anlage (Kompositionsvorschläge der ksl. Ges. in puncto gravaminum, Entwurf): fehlt.

31
durch Volmar.

32
1646 VII 11
Mittwoch [...]

39
32 Buschmann] am Rande: canzler Buschmann
Buschmann bei Volmar.
Erstlich beym
33
3. punct des proiects erwehnet, ob nicht bey den balleyen und commen-
34
dureyen in acht zu nehmen, daß soviel derselben in uncatholischen handen
35
verbleiben, nacher Maltha und dem herrn Teutschmeister die gewohnliche
36
steur (welche bey ihnen responsiones genandt) und andere onera zue endt-
37
richten schuldig sein sollen? Respondit dominus Volmarus: Ermelte
38
responsiones würden seines vermainens ahn keinem orth gewaigert, es were

[p. 531] [scan. 581]


1
aber dem werck durch die generalregul genugsamb geholffen, daß nemblich
2
alles in dem stand, darinnen es anno 1624 gewesen, verbleiben solle.

3
2. Warumb nicht der stifft Verden sowol alß Oßnabruck, Minden und
4
Halberstatt inter episcopatus exceptos zu setzen, zumaln ietzo nicht de
5
satisfactione Suecica, sondern compositione cum protestantibus quaestio
6
seye und es noch hoffentlich wol darzu kommen konne, daß selbiger stifft
7
den Schweden nicht zutheyl werde. Respondit: Er hab schon auff die
8
vorhin durch ihn canzlern Buschman gethane erinnerung davon beym
9
herrn graffen von Trautmanstorff meldung gehabt, der ihm nicht misfallen
10
laßen, daß ein versuch hierin geschehe und ermelter stifft expresse mit
11
werde außgenommen. 3. Weyl nach verfließung der 100 jahrren iezo
12
auch via iuris außgeschlossen und nur via amicabilis compositionis vorbe-
13
halten, so seye es in effectu ein perpetuum, und sehe man also nicht, was
14
die adiectio der hundert jahren nuzen oder früchten konne? Respondit:
15
Es diene solche zeit wenigstens dahin, daß vor deren verfließung die catho-
16
lische durch die Augspurgische confessionsverwandte bey etwa ersehendem
17
anderwertigen vortheyl zum vergleich nicht gezwungen werden konnen,
18
wie dan nichts gewissers, alß daß, im fall keine zeit hinzugesezt, bey allen
19
reichsversamblungen in die catholische umb maturirung des vergleichs
20
ferner würde getrungen werden, hingegen würde auch nach umblauff der
21
100 jahren bey den catholischen stehen, den Augspurgischen confessions-
22
verwandten zuzusprechen, daß sie sich zu billichen vergleichungsmittelen
23
bequehmen, im wiedrigen würde die zeit und leuffe, was zu thun, ahn hand
24
geben. 4. Werde bey dem 4. articul zwarn vermeldet, daß die electio-
25
nes auff den uncatholischen stifftern nach den statutis geschehen sollen, so
26
wisse man aber, daß zu Magdeburg und andern orthen newerliche statuta
27
ad exclusionem catholicorum gemacht, ob derowegen nit diese wortter ‘alte
28
statuta’ zu gebrauchen? Respondit: Er sorg, daß es bey den Augspurgi-
29
schen confessionsverwandten newes disputat abgeben werd, yedoch stünde
30
es zu versuchen, und wolte er die particulam ‘alte’ hinzusezen. 5. Sey
31
fast beschwerlich, daß Ihre Maiestät sich verbinden, die preces primarias
32
auff denienigen stifftern, wo bißhero keine catholische canonici gewesen,
33
niemanden alß uncatholischen zu ertheylen, auch wo von beyderley reli-
34
gion auffgenommen worden, die vertröstung zu geben, kunfftig auch un-
35
catholische darzu gelangen zue laßen. Respondit: Man werde den pro-
36
testirenden in diesem passu nohtwendig etwas nachgeben mußen, dan sie
37
sonst nit acquiesciren werden, und sey einmal nicht zu hoffen, daß sie auf
38
denienigen stifftern catholische zuelaßen, wo dieselbe bißhero allezeit auß-
39
geschlossen worden, auff den ubrigen aber werden Ihre Maiestät schon in
40
acht zue nehmen wissen, daß die preces niemanden alß catholischen auff-
41
getragen werden. 6. Finde sich bey dem 15. articul, daß die reichsstätte
42
den hohem stenden in religionssachen gleich solten gehalten werden, solches
43
habe man aber yederzeit hoch bedencklich erachtet, ob derowegen nicht
44
beßer es dahin zu restringiren, daß sie dieses verglichs andern hohem sten-

[p. 532] [scan. 582]


1
den gleich genießen solten. Diese erinnerung hat ihm der herr Volmar
2
mit gefallen laßen. 7. Seye nicht wenig beschwerlich, daß die res iudi-
3
catae aufgehoben und andern dardurch ihr ius quaesitum benommen
4
werde. Respondit: Die protestirende werden darin nicht weichen, daß sie
5
dafur halten, daß solche sententiae auß einem irrigen praesupposito, welches
6
sich auf die streittige paragraphos des religionfriedens gründe, gesprochen.
7
Derowegen man ihnen, wolle man anderst frieden haben, hierinnen werde
8
weichen und sich contentiren müßen, daß alles ad terminum anni 1624
9
reducirt werde. 8. Was eben nöttig, daß Ihre Maiestät in dero erb-
10
landen der emigration halber sich praecise auff 7 oder 8 jahr verbinden, ob
11
nicht beßer in generale sich dahin zue erklehren, daß sie darin solche dis-
12
cretion gebrauchen wollen, auff daß sich niemand zue beschweren, zumaln
13
hiedurch sonst andern stenden, indeme es in consequentiam würde gezogen
14
werden, ein praeiudicium zuwachsen kondte? Respondit: Der herr
15
graff von Trautmanstorff habe sich gegen den Schweden und protestiren-
16
den schon mehrmalß auff diese weiß erklehrt, und laße es sich nun nit
17
wieder zuerucknehmen. 9. Man wisse exempla, daß ein und andern orts
18
im reich sich gemeinschafften zwischen catholischen und uncatholischen
19
obrigkeiten befinden, derentwegen gewisse verträg, wie es in religionsachen
20
gehalten werden solle, auffgerichtet, darwieder vorhin durch die uncatho-
21
lische allerhand eingriff geschehen, so aber erst nach dem jahr 1624 wieder-
22
umb abgeschafft. Auff daß nun hierauß kein newes disputat erwachse,
23
noch den catholischen obrigkeiten praeiudicirt werde, würde eine notturfft
24
sein, daß solche verträg, gleich wie beym 17. articul mit den pactis investi-
25
turarum geschieht, von dem jahr 1624 mit excepyrt werden. Mit dieser
26
erinnerung hat sich der herr Volmar verglichen. 10. Weyln in etlichen
27
uncatholischen stifftern, alß Magdeburg und Breemen, noch catholische
28
closter befindlich, daruber den catholischen ordinariis die inspection vorbe-
29
halten pleibt, und aber keine catholische ordinarii daselbst vorhanden, so
30
stelle man zue bedencken, ob nicht viciniori episcopo solch ius expresse zu
31
reserviren? Respondit: Solches werde nit dienlich sein, dan man da-
32
durch in newe quaestiones gerathen dörffte, und were genug, wan den
33
catholischen in genere ermeltes ius reservirt, alßdan Summus Pontifex per
34
commissionem einem oder andern bischoff die notturfft demandiren kon-
35
ne. Neben diesem hatt der herr Volmar auch referirt, daß der herr
36
nuncius kurz zuvor zu ihme geschickt und die Wirttembergische clöster,
37
damit solche den catholischen vorbehalten pleiben möchten, recommendirt,
38
zumaln dcch keine appraentz zum frieden vorhanden und derowegen desto
39
weniger rhatsamb, sich solcher closter gleichsamb umb nichts zue begeben.
40
Deme er Vollmar geandtworttet, die closter seyen schon vorhin durch die
41
amnistiam wieder hingegeben, und wisse er nunmehr kein medium, dieselbe
42
zu salviren; zwarn wan das hauß Osterreich in denen vorhin ahn Wirtten-
43
berg durch pfandschafft gerathenen und nun wieder inhabenden ambtern
44
verpleibe, konten diese vier clöster: Blawbeuren, Phulingen, Adelberg und

[p. 533] [scan. 583]


1
Lorch

35
Blaubeuren, Pfullingen, Adelberg und Lorch. Zur Stellung der württembergischen
36
Klöster vgl. oben [S. 109 Anm. 8] .
gerettet werden, zue den ubrigen sehe er keine hoffnung. Was aber
2
den frieden belangete, müße man dahin gestelt sein laßen, es seye aber das-
3
jenige, was iezo eingewilliget werden solle, nur eventual, unnd dafern der
4
frieden nicht erfolgt, werde man disseits auch nicht darahn gebunden sein.

5
Vertreter Ostfrieslands

37
Vgl. oben [S. 107 Anm. 2] .
bei W. Die Evakuationsbemühungen bei den Staa-
6
ten
waren wegen schwedischer und französischer Intervention für Hessen
7
erfolglos, doch wollen nach Abschluß der Kampagne die Staaten sich
8
weiter einsetzen. Soll bei W um Beförderung bitten, daß sein Herr wegen
9
dieses Ansuchens nicht bei Kaiser oder Kreis in Mißkredit kommt. Und hab
10
ihn sein herr in vertrawen wissen laßen, daß er dahin allezeit sehen wolle,
11
sich in seiner defension, dan er noch 800 man habe, under der zeit zu erhal-
12
ten, auch da muglich, noch mehrers zu stercken, wiewol die statt Embden
13
und die landstend mehrer in hoc casu den Schweden und Hessen beyfiehlen
14
und in ihn starck umb abdanck- und erlaßung solcher volcker getrungen
15
wurde, worzu aber er graff kein ursach, noch sich abermaln werde betrigen
16
laßen.

17
1646 VII 12
Donnerstag [...] – Bericht Buschmanns: Diskussion der
18
Ksl. mit den Franzosen wegen Gebrauch des Majestätstitels in ksl. Schrei-
19
ben an Frankreich (vgl. APW III C 2,1 S. 662ff). – Übergabe der ksl. Gra-
20
vaminaerklärung an die Protestanten

38
Anlage (Kompositionsvorschläge der ksl. Ges. in puncto gravaminum 1646 VII 12):
39
fehlt; Druck: J. G. Meiern III S. 193 –199.
.

21
1646 VII 13
Freitag [...] – Oldenburger Vertreter

40
Vgl. oben [S. 396 Anm. 7] .
bei W. Bitte um
22
weitere Unterstützung in der Zollfrage, zumal die Stadt Bremen die Kro-
23
nen hineinziehen will und Schweden wegen des Erzstiftes daran interessiert
24
ist.

25
Anfrage Chigis: Inhalt der ksl. Erklärung an die Protestanten. Warnung
26
vor der Absicht Turennes, das Erzstift Köln möglichst zu schädigen.

27
Erste Visite der Kölner bei den Sachsen. – Erste Visite der Neuburger

41
Nachdem seit der Abreise Weschpfennigs (Februar 1646) der Rat Caspars Neuburg ver-
42
treten hatte, waren 1646 VI 13 als Gesandte Simon von Labricque zu Lanoy, Land-
43
richter zu Lengenfeld, Dr. Dietrich Althoven, Geheimer Rat und jülich-bergischer Vize-
44
kanzler, und Lic. Reinhard Cloet, Hofrat, eingetroffen.
bei
28
W. Behandlung der Geistlichen in Jülich, Kleve und Berg. W: Ver-
29
spricht seine Unterstützung in dieser Sache, die hauptsächlich bei Mainz zu
30
betreiben ist.

31
W bei Chigi. Nachricht über den Stand der Gravamina. Waruber er sich
32
etwas bestürtzt bezaigt, sonderlich daß die catholische so gar weren vorbey-
33
gangen, und also eine separation machen wolle, ex mente Pontificis hab er
34
dem graffen von Trautmanstorff noch unlengst starck zugered, auch von

[p. 534] [scan. 584]


1
ihme das erpiethen geschehen, iezt aber thette er in allem das contrarium.
2
Meldete demnegst, daß er zum frieden schlechte hoffnung habe, maßen dan
3
darauß erschein, was die Franzosen in vielen stucken, auch der Hessischen
4
praetension halber (wie er eins und anders ad longum erzehlt) urgiren
5
thetten, wiste nit, was er zum handel sagen soll. Wan man ex parte Caesa-
6
ris, catholicorum zu den sachen nit anderst thue und die gegentheyl gleich-
7
samb mit anstalt mehreren volcks und sonst ad meliorem rationem pring,
8
werden sie noch einmal soviel vom reich begehren und suchen durchzu-
9
tringen.

10
[...]

11
1646 VII 15
Sonntag Mitteilung Trauttmansdorffs durch Buschmann:
12
Die Mediatoren haben als französische Friedensbedingungen genannt: Am-
13
nestie seit 1618, für Frankreich neben dem Elsaß die zehn dortigen Reichs-
14
städte und Philippsburg auf immer, für Hessen-Kassel Marburg und eine
15
Geldentschädigung, letztere gesichert durch territoriale Pfänder, Zahlungen
16
an die in Frankreichs Dienst stehenden deutschen Truppen und an die
17
schwedischen Truppen, Einführung der achten Kur, ein Teil der Oberpfalz
18
für Bayern.

19
Nachmittag ist der Altenburgische

42
Wohl Thumbshirn; neben ihm war Vertreter Altenburgs der Hofrat Dr. August
43
Carpzow (1612–1683).
bey den Salzburgischen abgesandten
20
der gravaminum zu red worden, und hat er vermainen wollen, daß von den
21
catholischen noch in zweyen puncten, nemblich ratione autonomiae und der
22
dicasteriorum besser zum zweck müste getretten werden, dan sie darin
23
satisfaction haben müsten.

24
Da Rosenhane angedeutet hat, Oxenstierna sei verwundert, daß W ihn
25
nicht besuche, wird auf die früheren Schwierigkeiten verwiesen; wenn
26
Oxenstierna W das gebührende Protokoll und Kurbayern den Kurtitel gebe,
27
bedürfe es nur der Notifikation.

28
W bei den Bayern. Heutige Nachricht Trauttmansdorff wegen der Pfalz.

29
Dießemnach läßen die Churbayerische auß einem von Ihrer Churfürst-
30
lichen Durchlaucht empfangenen befelch ab, welchergestaldt sie die frie-
31
denssach dergestalt desperat befinden, indeme aller ortten so unpilliche
32
postulata beschehen und behaubtet werden wollen, und daß derowegen
33
mitt I. H. G. und den Churcöllnischen, deßgleichen auch mitt den Chur-
34
mainzischen und fördrist mitt den Kayserlichen gesandten in vertrawen
35
communiciren soltten, wie man bey so gestaltten sachen sich in beßere ver-
36
faßung setzen und die feynde ad meliorem rationem et aequiores pacis con-
37
ditiones pringen könne. Darüber es folgends allerhand discursus ab-
38
geben, und haben I. H. G. übernommen, weilen es materia gravis, darauß
39
mitt den anderen Churcöllnischen sich zue unterrehden, und sonderlich, wie
40
dieße quaestio ahn die Churmainzische und andere füeglich möchte zu
41
pringen sein. Wobey es in so weith sein verpleiben.

[p. 535] [scan. 585]


1
Bericht Buschmanns: Gespräch Trauttmansdorffs mit Oxenstierna: Pässe
2
für die Portugiesen, Eduard von Braganza, spanische Friedensliebe, Amne-
3
stie 1618, Alternation der Kur nach Tod Maximilians (vgl. APW III C 2,1
4
S. 666ff).

5
1646 VII 16
Montag Mecklenburger Gesandter

41
Dr. Abraham Kayser (1603–1652), Geheimer Legationsrat.
bei W. Beteuert seine
6
gemäßigte Haltung in den Religionsfragen; in politicis Klagen über die
7
schwedische Forderung nach Wismar, Poel und drei weiteren Ämtern, der
8
die Ksl. ohne Vorwissen seines Herrn nachzugeben bereit seien. W: Daß
9
von den Kayserlichen etwas weith were heraußgangen, und werde nun zu
10
erwartten sein, waß die uncatholische darauff sich erkleren und auff der
11
catholischen gegebene resolution inen hinwiederumb werden vorpringen.

12
Leuchselring bei W. Daß die herrn Kayserlichen den uncatholischen stendten
13
abermalß einige schrifft in negocio gravaminum zugesteldt, die der catho-
14
lischen concluso nicht allein ungemeeß, sondern in viele weeg hoch prae-
15
iudicirlich, in specie aber der stadt Augspurg in ecclesiasticis et politicis,
16
und seye gleichwohl ein seltzsames ding, daß auch die formalitas nit ge-
17
haltten und sogar nit den catholischen oder wenigst den interessirten vor-
18
hero nit communicirt worden. Zue solchen sachen, auch dem modo proce-
19
dendi, kontte er sich einmahl nicht verstehen, wie sich dan auch eines
20
gleichmeßigen andere, in specie der Teutschmeisterische, Bysantinische und
21
Verdunische

42
Giffen, Fricquet, Rousselot.
beschwerten, daß man sie alhier nur pro ziffera haltten,
22
interim seinem principalen dergleichen praeiudicia thette zuziehen. Dar-
23
auff referirten I. H. G., daß der Vollmar allein den canzlern Buschman
24
über dieße materi ad partem zue sich gerueffen, warüber sie den begriff
25
selbsten begert, sonsten eben so wenig alß andere davon gewust hetten, und
26
hetten alßo in der verleßung underschiedtliche erinnerungen gethan, wel-
27
ches zwarn theilß, theilß aber nicht weren beobachtet worden. Sie mästen
28
sich ab deme contentiren, daß sie öffters in voto gesagt, daß sie bey den
29
einmaln genommenen principiis thetten verharren, und zwarn sonderlich,
30
daß dieße schrifft nicht den nahmen haben solle, alß wan sie mitt der
31
andern catholischen bewilligung abgefaßt und übergeben were, sondern nur
32
alß ein vorschlag von den Kayserlichen. Sopaldt sich nun die uncatholische
33
in andtwortt werden vernehmmen und demnegst die Kayserliche waß wei-
34
ters ahn die catholische werden pringen laßen, werde zeitt und gelegenheit
35
sein, daß ein jedder der sachen nottörfft iuxta mandatum sui principalis,
36
und waß er in conscientia befindet, in obacht nehmmen könne.

37
Uber ein weill kombt der praelatische abgeordneter

43
Adami.
mitt dergleichen clagt-
38
ten und beschwerden, deme I. H. G., wie vorhin gemeldet, geandtworttet.

39

40
39 W] am Rande: der praepositus Reck
W und die Bayern vor der Stadt. W: Musten bekennen, daß zu erlangung

[p. 536] [scan. 586]


1
friedens eine gute verfassung das rechte mittel, haffte aber ahn dem, wie
2
man darzue kommen mochte, was fur ein modus und dan fur media zu
3
gebrauchen. Daß beste were zwarn, davon ahn die sammetliche reichs-
4
stende zu pringen, sorgen aber, daß es tempore noch nicht, und mochte also
5
secundus gradus sein, ob nicht Ihre Kayserliche Maiestät und die catho-
6
lische in mehrere verfassung sich stellen. I. H. G. halten fur diensamb, den
7
uncatholischeri mit gelegenheit hin und wieder ad partem der cronen un-
8
billiches procedere vor augen zu stellen, und daß man sich zu erhaltung der
9
Teutschen libertet und reichsstatus in ordine ad pacem in beßere verfassung
10
stellen möcht. Warauß mit den catholischen umbstendlicher zu reden und
11
zwarn dergestalt, daß wan gleich die andere reichsstend dazu nicht verste-
12
hen, doch die catholische beßer mochten zusammenhalten. Darzu aber vor-
13
erst wolte nottig sein, ihnen die kleinmütthigkeit zu benehmen, darinnen sie
14
durch iungsten Churbayerischen vortrag in pleno catholicorum, daß nemb-
15
lich Ihre Churfürstliche Durchlaucht ein mehrers bey den sachen nit thun
16
köndten und ehender zu salvirung ihrer landen andere consilia ergreiffen
17
würden, 2. den vielfaltig circa administrationem militiae gefuhrten klagten
18
abzuhelffen, 3. Ihre Maiestät zu disponiren, daß ein ander und beßer
19
kriegsdisciplin und ordnung wurde eingericht. I. H. G. hetten den Regens-
20
purgischen reichsbeschluß in hoc passu mit fleiß nachgesehen, befinden, daß
21
von demienigen, so damalß in militaribus eingerathen, nichts gehalten.
22
Damaln seye de mediis, den krieg mit guter ordre zu continuiren, viel
23
gered, auch Chursachsen und andere den Churcolnischen vorschlag

42
Vgl. J. Foerster S. 182ff.
beyfall
24
gegeben, drey B B B aber, alß Bayern, Bamberg, Brandenburg hetten den
25
effectum verhindert, wiewoln der erst und letzt in votis selbst bekend, esse
26
medium perpetuandi bellum, Churcolnischer seitthen demonstrirt, esse
27
medium pacis promovendae und die exteros zur raison zu pringen, welches
28
sich dan iezt klar genug ahn tag gibt. Auff lezterm craistag zu Franckfurt

43
Zu den kurkölnischen Bemühungen um eine gemeinsame Defension auf dem kurrheini-
44
schen Kreistag 1642/43 vgl. J. Foerster S. 225f, 229ff.

29
seyen wenigers nit ex parte Churcollen gute vorschläg geschehen, auch
30
damaln des Westvalischen craises dorthin beschehene abordnung sich ge-
31
nugsamb erpotten, andere aber hetten zur zusammensezung kein lust ge-
32
habt, etliche dabey gar nichts thun wollen. Die statt Collen endschuldige
33
ihr iezt mit Hessen gemachte neutralitet damit, daß Churbayern in pleno
34
sich erklehrt, daß den krieg nicht lenger continuiren kondten, und müste
35
nun diese statt anderst disponirt werden. Herrn Churbayerische: Sie
36
vermerckten auch wol, daß, ehe mans in puncto gravaminum einig, die zu-
37
sammensezung nit zue erhalten; müesten auch wol bekennen, daß ihr iungst
38
auß befehl gethane erklehrung nit geringe kleinmütthigkeit veruhrsacht,
39
iezt aber würde es ahn rationibus nicht ermanglen, das werck anderst zu
40
expliciren, und wie Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern beym werck
41
das ihrig ferner zu praestiren gedächten. Man muste aber auch ex parte

[p. 537] [scan. 587]


1
catholicorum reliquorum das seinig thun, sonderlich, wan die acatholici die
2
vorig ungereimbt- und im gewissen unverandwortliche postulata beharren
3
solten. I. H. G.: Das fundament muste in alle weg sein, ut quivis prae-
4
standa praestaret. Die Stifter des westfälischen Kreises außer Lüttich zahlen
5
trotz feindlicher Präsenz monatlich 40, 50 und mehr Römermonate, Münster
6
allein monatlich über 20 000 Reichstaler, dazu an Servisgeldern an beide
7
Seiten wohl über 10 000, ferner über 30 000 an die Hessen und 10 000 an
8
die Schweden. Das Amt Fürstenau zahlt an beide Seiten 9 000, das ganze
9
Stift Osnabrück etwa 24 000 Reichstaler. Wan nun nach solcher proportion
10
die Osterreichische erblanden, Salzburg, Bayern und andere nit allein con-
11
currirten, sondern ihrer landen vermögen nach das euseriste thetten, wie
12
beraiz dieser endts mit verschreibung der taffelgefell geschehen, würde man
13
dem feind bald den vortheyl benehmen und ad rationem meliorem pringen
14
konnen. Die Churbayerische verwunderten sich uber erzehltes wegen
15
der hohen assignation und gestunden, wan deßgleichen von andern gesche-
16
he, daß viel damit könne gerichtet werden. Mit Salzburg aber würden die
17
tractatus schwer hergehen, weyln er noch ahn den bewilligten römermona-
18
ten schuldig. I. H. G.: Sie wisten wol, was Salzburg wegen der romer-
19
monaten ahm Pabstlichen und Kayserlichen hoff tractirt, iezt aber must
20
zum sachen anderst gethan werden; und wan Churbayern mit einem guten
21
exempel vorgienge, wurden die andern schon folgen. Es würde aber mit den
22
eingewilligten monaten den sachen nit geholffen sein. [...] Zu hohe Ko-
23
sten
des Kommissariatsamtes. Die Franzosen haben gefragt, warum Ihre
24
Churfürstliche Durchlaucht all ihre macht und landen dem Melander
25
undergeben, zu verstehen gebend, wan sie ihre volcker zur selbst disposition
26
wie Churbayern in handen behalten, in weit mehrer consideration bey den
27
exteris, gleich Hessen Caßel, sein wurden. Und nachdem die effectus vor
28
augen, wie dadurch ihre landen tractirt würden, wer zu bedencken, ob nit
29
pro bono et interesse domus Bavaricae, Ihre Churfürstliche Durchlaucht
30
von Munchen auß zu animiren, daß die mittel beßer wurden angewendt
31
und die autoritet conservirt, welchen falß, wan Churcollen alß armatus
32
mehrer in consideration, die Pfalzische und andere das hauß Bayern an-
33
gehende sachen beßer wurden zu richten sein. Und were nun iezt bey des
34
stiffts Paderborn schlechtem zustand die rechte zeit, werbungen anzustel-
35
len, zumaln solches die underthanen selbst suchen und wunschen thetten.
36
Welches dan I. H. G. continuirlich urgiren thette, wan allein anderwerz die
37
mittel beygeschafft, und kondte mit richtung eines bestendigen kriegscorpo
38
nicht nur dieser endts nuzlich operirt, sondern auch die Kayserliche imme-
39
diat volcker anderwerzhin gebraucht werden, wobey der Kayserlichen
40
generalen ieziger modus procedendi und deren eigennutz abzuthun. Bey
41
diesen tractaten befinde sich, quod qui non habet arma, vestem nuptialem
42
non habeat, und der sentenz gewertig sein müße, ut legatis manibus et pedi-
43
bus extra sua territoria proiiciatur. Möglichkeit von Werbungen unter frü-
44
her
kaiserlichen, nun von den Schweden zurückgekehrten Soldaten. Die

[p. 538] [scan. 588]


1
hern Churbayerische erpotten sich, dieses nacher Munchen zue berichten,
2
auch weitters nachzudencken, wie man wegen der nothigen defension mit
3
den stenden tractiren möchte. Repentendo mit verwunderung, daß der
4
stifft Munster und Oßnabruck ein so groses monatlich beypringen thette,
5
und wünscheten, daß der feind auß den landen gepracht und der vortheyl
6
mochte benommen werden. I. H. G.: Es seye freylich zu verwundern,
7
wie man noch bißher subsistiren konnen, darauß die rechnung billich dro-
8
ben zu machen, was man thun sollen. Des stiffts Munster einfacher romer-
9
monat seye 832 fl., wan man nun auf die 60 000 rechnete, wurden bey
10
andern gewaltige summen heraußkommen. [...] Darvon zu schließen, wan
11
auch andere recht sich angriffen, und gute disciplin und ordnung bey der
12
militia gehalten, in was weitt andern stand in kurzem die sachen würden zu
13
richten und noch ein reputirlicher frieden zu hoffen sein. – [...]

14
1646 VII 17
Dienstag Sachsen bei W. Kursachsen wegen der Pfälzer
15
Sache sonderlich sorgfälttig, und woltten Seine Churfürstliche Durchlaucht
16
gern sehen, das selbige sach aufs allerfürderligste im churfürstlichen colle-
17
gio vorgenommen und man daselbst einer meinung und guetachtens sich
18
vergleichen möchte, zumahln es fast das ansehen, alß suchten andere stendt
19
sich auch mitt in dieße sach zu mischen und die cognition gleichsamb fur
20
sich zu ziehen, da sie doch pillig vor das churfürstliche collegium, tanquam
21
de cuius membro agatur, gehörig. Kursachsen für Aufrechterhaltung der
22
früheren Beschlüsse und Verbleib der Kur bei Bayern, und mochte wohl der
23
octavus electoratus das beste berichtigungsmittell sein, wavon alberait, wie
24
sie vernehmmen, viellfalttig hinc inde discurrirt worden. Weilen aber auff
25
dergleichen discursus kein fundament zu setzen, so were es beßer, daß dar-
26
über in collegio ordentliche consultation angesteldt und ein richtiger schluß
27
gemacht würde, quo praevio würde in dem puncto satisfactionis auch desto
28
leichter fortzukommen sein, wie sie dan verhofft, daß man circa Michaelis
29
den frieden würde haben konnen. W: Erbietet sich, den möglichst
30
schnellen Beginn dieser Beratung zu fördern.

31
Giffen bei W. mit sonderbaren beschwerden, daß von den Kayserlichen die
32
leztere erklerung ahn die protestirende ohne vorhergangene communication
33
mitt den catholischen oder interessenten gegeben worden, und wie er sich
34
sonderbar ratione termini de anno 1624 gravirt befinde, dan dardurch der
35
stifft Straespurg vorerst wieder mitt uncatholischen, alß welche anno 1624
36
alda geweßen, müste besetzet werden. Jene würden im Gegensatz zu den
37
katholischen Domherren, die auch Präbenden in Köln haben, am Ort resi-
38
dieren
und so die Mehrheit bilden können, wodurch das Stift in wenigen
39
Jahren den Katholiken verlorengehen könne. Will morgen die nötige pro-
40
testationes, sowohl daß er nit gehört, alß auch des haubtpuncten selbst
41
halber, seines orts einlegen. Hierauf haben I. H. G. in andtwortt sich,
42
gleich gegen den praelatisch und statt Augspurgischen, hinwieder vernehm-
43
men laßen.

[p. 539] [scan. 589]


1
Schreiben Kurkölns: Verhalten Turennes im Erzstift. – Mitteilung an
2
Trauttmansdorff und Chigi. Chigi: Erinnert an seine Ausführungen
3
vor einigen Tagen; er habe allzeitt gerahten und wollmainend ahn handt
4
geben, sich dem andern theill armis aequivalent zu machen, iez zaige sichs,
5
einem jedweden clar ahm tag, und ließe dabey I. H. G. hinwiederumb an-
6
deuten, waß die Franzosen bey innen mediatorn dießer tagen und sie darauf
7
bey den herrn Kaiserlichen angepracht, wie hievorn alberait punctuatim
8
angedeutet.

9
[...] – Zwei Deputierte der Wetterauer Grafen

39
Dr. Johann Geißel, haunauischer Rat, und Dr. Jobst Heinrich Heidfeldt, nassau-dillen-
40
burgischer Rat.
bei W. Bitte um Unter-
10
stützung
ihrer dem Frieden dienenden Anliegen und von Privatsachen
11
Wittgensteins, Dillenburgs und Siegens. Auf Ws Nachfrage, ob sie etwas
12
Spezielles anzubringen hätten, übergeben sie fünf gedruckte vermainte
13
informationes.

14
1646 VII 18
Mittwoch [...] – Bericht Buschmanns: Trauttmansdorff
15
hat mit Oxenstierna vereinbart, daß die Schweden ihr Friedensinstrument
16
in wenigen Tagen überschicken.

17
Brandenburger Sekretär

41
Brandenburger Sekretäre waren Paul Kemnitz, Johann Samuel Fehr, Johann Friedrich
42
Schletzer.
bei W. Empfiehlt das Ansuchen der Wetterauer
18
Grafen im Namen Wittgensteins. W: Verweist auf die öffentliche Be-
19
ratung
. Die Hacheburgische sach in specie betreffend, hetten sie sich albe-
20
rait underschiedtlich so weit und viell erklert, daß sie nicht sehen, wie mitt
21
fuegen weiter in sie konne getrungen oder waß mehrers begert werden.
22
Er ist von Kurköln belehnt und kann allenfalls auf Erfordern des Kurfür-
23
sten
das Lehen dem Erzstift zurückgeben; ohne seine Brüder als Mitbe-
24
lehnte
kann er nicht handeln. Sieht nicht den Anspruch des Grafen, da
25
bereits die Witwe wegen Hachenburg mit dem Erzstift prozessiert. Der
26
secretarius gabe zur andtwortt, daß der graff von Wittgenstein bißher zue
27
erhalttung seines rechtens der frembden cronen sich nicht gebrauchen wol-
28
len, sondern verhofft man sich allerseits der gerechtigkeit selbst bequehmen
29
werde. I. H. G. replicirten darauff, daß man im reich sein oberhaubt
30
hab, welches ein pillicher richter und von Gott vorgesezte obrigkeitt, die
31
hette die gräffin selbst eligirt und proceß angefangen, aber biß daher gar
32
verstendig dieße sach hieher, alß wohin sie auch nit gehörig, nit zu ziehen
33
begert. Thette darahn löblich, woltten auch I. H. G. nit glauben, das der
34
graff von Wittgenstein, da er etwas mitt bestandt zu suchen, den Kayser
35
und ordentlich recht im reich verwerffen und sich ahn ausländer hencken
36
wolle, dan es doch kein bestandt haben, er aber dardurch gewißlich für sich
37
und seine erben die sach nit beßer machen würde.

38
Neuburger bei W. Zusammensetzung im craiß, Jülicher Neutralität.

[p. 540] [scan. 590]


1
Hessen-Darmstädter Gesandter bei W. Marburger Sache

40
Anlage (Memorial zur Marburger Frage): fehlt.
. Kassel sucht
2
Darmstadt grundlos bei den Kronen verhaßt zu machen; so glauben die
3
Franzosen, Darmstadt habe sich mit Spanien verbündet, um ihnen Mainz
4
wegzunehmen.

5
D’Avaux nach Dülmen unterm schein, der herzoginnen zue Longeville
6
endgegen, wie aber die vermuhtung ist, solle es zue einem abboccament mitt
7
dem Touraine angesehen sein.

8
1646 VII 19
Donnerstag Übergabe der neuen Vollmachten des Augs-
9
burger
Kapitels durch den wegen Augsburg substituierten Offizial Bischo-
10
ping
. [...] – [...]

11
Anethanus bei W. Anbringen der Wetterauer Grafen. Unrechtmäßigkeit
12
der Forderung Wittgensteins wegen Freusburg

41
Vgl. oben [S. 337 Anm. 3] .
. Sonsten hat er in discursu
13
in hohem vertrawen vermeldet, daß sie befehligt, bey negster zusammen-
14
kunfft in beeden chur- und furstenrhäten offentlich eine protestation und
15
respective appellation a Caesare male informato ad melius informandum,
16
item ad Papam, omnes status imperii et hunc conventum Monasteriense
17
vorzupringen, derentwegen sie nit wenig perplex. Und seyen 4 puncta,
18
welche Ihre Kayserliche Maiestät ahn Churtrier uberschrieben, alß erstlich
19
zue waß intention et qua obligatione (wie er churfurst ahn Ihre Kayserliche
20
Maiestät in einem andern schreiben meldung gethan) er eine festung zue
21
Trier mitt Franzosischer direction und geldt bawen ließe, und waß der-
22
gleichen mehr. Nun hetten sie, wan sie dieße intimation underließen, alle
23
ungnad und persecution, gleich anderen geschehen, zu gewartten, hingegen
24
da es beschehe, würde ein großes praeiudicium den catholischen und vor-
25
schub den uncatholischen, welche respective allezeit solche appellationes ad
26
status intendirt und contradicirt, denegrirt werden, welches sie bey anderen
27
stendten übell würden verandtwortten; es auch die Kayserliche, mit denen
28
sie darauß in vertrawen communicirt, durchauß nit rhatsamb befinden und
29
dissuadirt, und daß bey Ihrer Kayserlichen Maiestät sie wohl vertretten
30
würden, versprechen thetten; weren also sehr perplex.

31
Giffen zu W: Trauttmansdorff hat auf die Vorstellungen wegen Straßburg
32
geantwortet, jedermann schreye nach frieden, ergo muste man frieden
33
machen, und eben deßhalber, daß contradictiones und verweilung zu be-
34
fahren gewest, hab er unnötig erachtet, die communication ad plenum zu
35
thuen. Giffen hat bei den Mainzern protestiert und will es auch in proximo
36
catholicorum consessu tun.

37
1646 VII 20
Freitag [...] – Bayern bei W. Auf die Erinnerung der
38
Sachsen wegen Behandlung der Pfälzer Frage haben sie geantwortet, Kur-
39
bayern
sei wie 1642/43 auch jetzt dazu bereit, doch habe man bisher

[p. 541] [scan. 591]


1
den Pfalzgrafen vergeblich dazu zu bewegen gesucht. Bei Erwähnung
2
der achten Kur haben sie geäußert, Kurbayern werde dieses Mittel pro
3
imperii tranquillitate nicht [...] recusiren. Nachdemalen dan die sachen
4
dergestalt bewandt, seyen sie gemaind, erster tagen mit den Churmainzi-
5
schen dahin zu reden, daß von diesem negotio ye bälder ye lieber auff die
6
bahn möchte gepracht werden, hetten aber noch vorhero I. H. G. und die
7
andere Churcolnische vernehmen und ihre meinung und befelch endtdecken
8
wollen, weyln sonderlich dabey Churcollen wegen des haußes Bayern
9
interessirt und I. H. G. neben den andern instruirt, auch fur sich selbsten
10
wol intentionirt weren. Hierbey nun seye zu consideriren, 1. die churwurde
11
und 2. die 13 millionen. Das erste bestehe auff der manutenenz oder dem
12
octavo electoratu. De manutenentia iuxta conclusum Mulhausanum

41
Vgl. oben S. 393.
zu reden,
13
were solche deliberation inter electores, gleich auch zu Mulhaußen gesche-
14
hen, ohne den konig in Boheimb anzustellen, und ein abermaligs conclusum,
15
daß die dignitas electoralis bey der Wilhelminischen lini verpleiben solle.
16
Uber das medium octavi electoratus zu rhatschlagen, muste auch rex Bohe-
17
miae alß der siebende churfürst vernommen werden, allermaßen ihnen Chur-
18
bayern sub 23. Maii zugeschrieben, yedoch daß solches absque praeiuditio
19
sein und Boheimb im reich wie bißher keine session haben soll, quo praevio,
20
wan mans im churfurstenrhat des octavi electoratus eins, mochte es auch ahn
21
die andere reichsstende gelangt werden. 2. Ratione der 13 millionen muste
22
gleichfalß in deliberation gezogen werden, was es nemblich darmit für eine
23
beschaffenheit hab, und seye zu wiederholen unvonnöthen, wie billich-
24
meßig alberait Churbayern sich erpotten, sondern dahin zue sehen, daß
25
communi concluso eine bestendige satisfaction beschehe, welches Chursach-
26
sen umb soviel weniger improbiren wurde, weyln ihm im Prager schluß mit
27
der Lausnitz, obwoln nicht wegen solcher meriten oder außgelegten geldts,
28
gleichergestalt satisfaction were gegeben worden

42
Kursachsen hatte die Markgrafschaften Ober- und Niederlausitz zunächst als Pfand für
43
seine Aufwendungen im böhmischen Krieg, im Prager Frieden endgültig als böhmisches
44
Lehen erhalten.
. Und thue sonst das
29
medium octavi electoratus beyden coronen Franckreich und Schweden gefal-
30
len. Ratione praetensionis der 13 millionen hetten die Franzosen gegen die
31
mediatorn sich vernehmen laßen, daß Churbayern die Oberpfalz, oder
32
deren bester theyl, oder aber die gantze Oberpfalz loco pignoris pleiben
33
soll, welches lezter sie den mediatorn sonderbar nit hetten angedeut, nach-
34
gehendts aber auff erlangten befelch, daß iezt die reluition solcher summ
35
offerirt werden und geschehen solt, sie solches anzunemen, in futurum aber
36
keine abläß zu acceptiren. Wegen dieses satisfactionspuncten hetten die Chur-
37
sachsische in discursu zu verstehen gegeben, daß sie nicht instruirt, sie aber
38
hetten ihnen underschiedliche motiven gemacht, daß sie vermainten, es
39
würden sich dieselbe underdiesem instruiren laßen. W und die Kölner
40
nach Versicherung grundsätzlicher Übereinstimmung: Mit dem werck nicht

[p. 542] [scan. 592]


1
zu feyren, sondern bei den herrn Churmainzischen anpringens zu thun und
2
sie zu disponiren, diese sach im collegio vorzutragen, und zwarn vermain-
3
ten sie, daß prima consultatio de manutentia, 2. de satisfactione, 3. de octavo
4
electoratu sein konne. Und were ihro zwarn nicht zuwieder, daß damit der
5
anfang gleich instende wochen gemacht werde, ihnen aber gehe zu gemuth,
6
daß die Chursachsische beym satisfactionspunct sich mit mangel instruction
7
endtschuldigen, welches die Churbrandenburgische, alß die in der Pfalzi-
8
schen sach yedesmals contrarii seind, in allen puncten sagen würden, da-
9
durch das werck lange auffziehen, interim andere practiquen machen und
10
alßdan der schluß bey den stenden desto schwerer fallen dörfft. Und wer-
11
den sich die Churbrandenburgische wie bißherzu allezeit auf ihren princi-
12
pal mitabgesandten den graffen von Witgenstein, der sich der gravaminum
13
religionis halber stethig zu Oßnabruck aufhaltet, lenden, daß sie nemblich
14
ohn sein vorbewust und belieben sich in nichts erklehren kondten. Daher
15
zunächst die Sachsen wegen Instruktion auch über die 13 Millionen zu
16
pressiren. Dann kann nach Rückkehr Wittgensteins notfalls ein Mehrheits-
17
beschluß
gegen Brandenburg gemacht werden. Welche consideration
18
den Churbayerischen nicht ubel eingangen, und haben sich erpotten, bey
19
den Chursachsischen sich mehrers zu erkündigen, und ist also allerseitz
20
guttbefunden, noch etwas zuzuwartten. Bayern: Sollen sich wegen
21
Turennes Forderung gegen das Erzstift Köln interponieren, bitten um
22
Information. W: Dankt, benebens zu verstehen gegeben, daß der status
23
sich seither mercklich geändert und wie ubel von den Touranischen im erz-
24
stifft gehauset worden

36
Turenne hatte im Juni als Preis für die Verschonung des Kölner Erzstiftes eine Kontri-
37
bution von 50 000 fl. verlangt, war Anfang Juli unter starken Verheerungen über
38
Andernach und Ahrweiler bis Wesel gezogen, wo er den Rhein überschritt, und stand
39
am 24. Juli in der Gegend von Recklinghausen, von wo er sich, der schwedischen
40
Armee folgend, nach Süden wandte.
.

25
1646 VII 21
Samstag Nachrichten über die Verwüstungen im Erzstift
26
Köln durch Turenne. – Anfrage bei Chigi: Prädikat und Empfang der
27
Herzogin von Longueville [...] Protokollfragen wegen des vierzigstündigen
28
Gebetes, der Großen Prozession und anderer kirchlicher Anlässe. – An-
29
frage bei den Ksl.: Empfang der Herzogin von Longueville [...].

30
1646 VII 22
Sonntag Prozession aus Anlaß des von Kurköln angeord-
31
neten vierzigstündigen Gebetes für den Frieden. Protokollfragen. – [...]

32
[...]

33
1646 VII 24
Dienstag [...] – Mitteilung Nassaus: Trauttmansdorff
34
wird der. Herzogin von Longueville weder entgegenschicken noch sie besu-
35
chen. Er selbst will sie wegen der Verwandtschaft mit dem Hause Nassau-

[p. 543] [scan. 593]


1
Oranien

41
Philipp Wilhelm von Nassau-Oranien (1554–1618), Bruder Friedrich Heinrichs und
42
Vetter Nassaus, war mit Eleonore von Conde (1587–1619), Tante der Herzogin von
43
Longueville, verheiratet gewesen.
begrüßen. W: Will nicht entgegenschicken, muß sie aber be-
2
suchen, weil sie unmittelbar neben ihm wohnt.

3
Bayern bei W. Sollen mit den Kölnern beraten, wie das vorhabende mani-
4
fest circa tractatus pacis von den Kayserlichen einzuerichten. Dabey fielen
5
3 fragen vor: 1. de materia dieses manifests; deßhalber hette Churbayern
6
ihnen einige puncta zugeschickt, die sie communicirt

44
Anlage (Bayerische Entwürfe für das Manifest): fehlt.
[...]. 2. Von wehm
7
solch manifest aufzusezen und in qua forma, obs ohne nahmen, wie im
8
discuß, oder 2. sub nomine Caesaris solius, 3. statuum et legatorum, 4. Cae-
9
saris et statuum simul, item 5. obs ad regem et reginam Galliae oder 6. ad
10
status et parlamenta zu richten? Welche puncta alle rationes pro et contra
11
hetten, die sie Churbayerische ad longum angezogen; es vermainte aber
12
doch Churbayern, daß die fertigung nomine Caesaris ad status et parla-
13
menta geschehen mocht, ad exemplum Caroli V., der eben solchen modum
14
bey dergleichen differentien gebraucht, auch Franciscus I. rex Galliarum ad
15
status imperii also gethan habe. 3. Wan solch manifest zu publiciren? Die
16
intentio seye, die stend in Franckreich des verlauffs zue berichten und da-
17
durch die ubel intentionirte ministros ad pacem zu permoviren und die
18
ihnen abforderende contributiones zue behindern oder doch schwerer zu
19
machen. Hingegen weyln die anno praeterito bewilligte contribution albe-
20
reit erhoben, so mochten die Franzosen desto mehrer bey dieser campagnia
21
ursach nehmen, die tractatus zu abrumpiren, oder doch vermainen, daß es
22
dadurch die Kayserliche thun wolten. Nachdemaln aber solches nichts zu
23
rathen, sondern die tractatus ferner zu continuiren, würde beßer sein, mit
24
dem manifesto einzuhalten. I. H. G. und die ubrige Churcolnische
25
haben sich circa 1. quaestionem fur beschehene communication bedanckt,
26
und zur durchsehung erpotten, auch bey der 2. und 3. mit ihnen desto
27
mehrers conformirt, weiln das manifest ohne das noch nicht fertig, und daß
28
man weder de pace noch de bello ichtwas schließliches konne absehen, biß
29
gegenwertige campagnia geendiget. Wans zum frieden ausschlüge, bedorfft
30
sich dergleichen nicht; sin minus, und daß es zu weitterer continuation des
31
kriegs von der cron Franckreich angesehen und die status et parlamenta
32
zusammengeruffen werden solten, wurde zur publication das rechte tempo
33
sein. Und hette man sich ante omnia zu erkündigen, was ex parte Caesaris
34
vertrösteter maßen auffgesezt, alßdan de materia et forma weitters konne
35
gered werden. Man habe sich dextre darin zue halten, damit die gefehrlich-
36
keit zwischen Spanien und Franckreich vermitten plieb. Welches eben
37
die meiste ursach zu sein, sie Churbayerische asseveriret. Ist also gutt-
38
befunden, daß occasionaliter der canzler Buschman beym herrn Volmarn,
39
in quibus terminis die sachen mit dem begriff stehen, sich mochte erkün-
40
digen.

[p. 544] [scan. 594]


1
1646 VII 25
Mittwoch Brandenburger nach Osnabrück

41
Seit 1646 VII 7 war auch Wittgenstein in Münster gewesen.
, wo die Reso-
2
lution
des Kurfürsten wegen Pommern eingetroffen sein soll, angeblich des
3
Inhalts, daß halb Pommern den Schweden zugestanden wird; über die
4
Gegenforderung noch nichts bekannt. Man hat sonsten auch, daß die prote-
5
stirende mit demjeinigen, so die Kayserliche inconsultis statibus ihnen uber-
6
geben, noch nicht zuefrieden, sondern autonomiam absolutam durchs ganze
7
reich, similiter in den Kayserlichen erblanden, auch noch exercitium publi-
8
cum haben wollen. 2. Solten die stiffter Halberstatt, Oßnabruck, Minden
9
und Verden nicht außgenommen, noch der terminus aufs jahr 1624 gesezt
10
werden, und was dergleichen etc. [...].

11
1646 VII 26
Donnerstag W bei Chigi. Klagen über das französische
12
Verhalten im Erzstift Köln. Chigi: Will nach Rom und Paris berichten,
13
glaubt aber weder an Abhilfe noch an den Friedenswillen der Franzosen.
14
Vor diesem, wan sie vernommen, daß die Kayserliche bey ihm und Veneto
15
gewesen, hetten allemal selbst urgirt, was fur resolution gegeben, iezt aber
16
seyens 10 tag, daß die Kayserliche bey ihnen mediatorn sich eingefunden,
17
ohne aber daß die geringste nachfrag beschehen. [...] Auff befragen I. H.
18
G., weßen die herrn Kayserliche sich resolvirt , sagte er, daß wegen der
19
begerten reichsstätt und vestung Philipspurg keine bewilligung konne gege-
20
ben werden. 2. Müste Churbayern gegen die habende forderung nicht nur
21
ein stuck, sondern die ganze Oberpfalz, allermaßen die Franzosen auch
22
selbsten sich vor diesem erklehrt hetten, verpleiben. 3. Kondte wegen der
23
Marpurgischen sach anderst nichts vorgenommen oder concedirt werden,
24
cum iustitiae repugnet und Ihrer Maiestät, den herrn churfürsten und dem
25
reich zu immerwehrenden disreputation, alß wan sie die iustitiam nicht
26
recht administrirt, gereichen. 4. Seye der Franzosen offters erwiedern selbst
27
gemeeß, daß der terminus a quo aufs jahr 1627 zu setzen, und weylen nun
28
die Franzosen selbigen auffs jahr 1618 retrotardirt haben wollen und von
29
voriger resoltuion abstehen, so wurde auch das Kayserliche erpiethen circa
30
satisfactionem cessiren. 5. Die bezahlung der soldatesca stehe einem yeden
31
theyl selbst zu thun, zumaln auch Ihre Maiestät 60 000 fur sich auf den
32
beynen hetten. 6. Die clausula ‘salvis iuribus electorum’ müste pleiben, und
33
kondtens die herrn churfursten nimmer zugeben, weyln es zu immutation,
34
ia eversion ihres status gereichen würde. 7. Passaportus fur die Portugesen
35
seyen nicht notthig, sondern konten wie nun ins dritte jahr furterhin frey
36
sein, wolten die Franzosen und Schweden sie absonderlich salvoguardiren,
37
sey es ihnen unbenommen, Ihre Maiestät aber wurden ihnen kein abson-
38
derlichen salvum conductum bewilligen. 8. Liberatio principis Eduardi sey
39
de potestate Ihrer Maiestät nicht, habe auch seine richtigkeit, wan der fried
40
getroffen und die gefangene loßgelaßen, ohne das. 9. Kondten vom Teut-

[p. 545] [scan. 595]


1
schen krieg die Spanier nicht, noch auch 10. der herzog von Lottringen
2
außgeschlossen werden. Es weren noch ein und ander punct, der ihm eben
3
damalen nicht beyfiele. Wolle nun gern sehen, was darauf die Franzosen
4
sich werden vernehmen laßen. Merckte wol, daß es nur umb zeit zu gewin-
5
nen angesehen, forchte auch, daß die Spanier nicht gar groß wurden eylen,
6
sondern auf andere aperturen wartteten, also daß es vermuthlich zum end
7
dieser tractaten, weniger zum frieden sobald noch nicht kommen werde.

8
In negotio gravaminum haben ihm I. H. G., auf begehren, angedeuttet,
9
was gestern vorkommen, daß nemblich die uncatholische nachmaln solche
10
unzuläßige sachen praetendirten. Welches er mit betrübung angehört,
11
und vermeldet, daß er ia in ewigkeit nit verhoffen woll, daß die catholische
12
sich weitters werden verlaithen laßen und noch mehrers nachgeben, da vor-
13
hin das erste conclusum liberal genug den ketzern seye zugemeßen. Dabey
14
er I. H. G. ein breve apostolicum in vertrawen vorgezeigt, darinnen von
15
Pabstlicher Hailigkeit ihme anbefohlen wird, bey den catholischen gesand-
16
ten ganz eiffrige erinnerung zu thun, sich auch, wofern dergleichen unge-
17
recht und unverandtwortliche sachen solten tractirt und geschlossen wer-
18
den, nicht allein zu opponiren und ganz kein consensum darzue zu geben,
19
sondern ehender davon zuziehen, dan der allmächtige Gott solchen frieden
20
nicht würde segnen, weniger sedes apostolica selbigen zulaßen. – Einzug
21
der Herzogin von Longueville [...]. – W schickt zur

40
21 Begrüßung] am Rande: an Bayern 1646 VII 27.
Begrüßung.

22
1646 VII 27
Freitag Herzogin von Longueville an W. – Rousselot
23
bei W. Bitte um Unterstützung gegen den Ausschluß Lothringens von den
24
Verhandlungen. Protest des Bischofs von Verdun

41
Franz von Lothringen (1599–1661), Bf. von Verdun 1622, Domdechant von Köln.
gegen die Überlassung der
25
drei Stifter an Frankreich

42
Anlage (Proteste Rousselots): fehlt.
. W: Will die Sache in pleno unterstützen;
26
hat Nachricht, daß die Ksl. bei den Mediatoren wieder auf Einschluß
27
Lothringens gedrängt haben, wozu die Antwort der Franzosen zu erwarten
28
ist. Rousselot: Hat von seinen beiden Fürsten Befehl, daß er quoad
29
terminum a quo bey dem jahr 1627 und quem bey 80 jahren verpleiben
30
soll, dan sie sowol hierin alß sonsten der catholischen religion praeiudicir-
31
lichs nichts, wie sie vernehmen, daß so grose vorschläg ex parte Caesaris
32
geschehen, einwilligen wolten oder köndten.

33
1646 VII 28
Samstag Mitteilung Chigis: Die Franzosen sind mit der
34
ksl. Erklärung völlig unzufrieden, Servien hat mit militärischem Druck
35
nach Vereinigung der französischen und schwedischen Armee gedroht. Daß
36
also er nuncius bey seiner iederzeit gefasten opinion, daß per tractatus
37
hosce kein fried zue verhoffen, indubitate verpleib, und wolte, wan er kein
38
geistlicher, darueber zehen gegen hundert kecklich verwetten. Müste desto
39
mehrer nachmaln wie vorhin mehrmaln trewlich rathen, daß auf andere

[p. 546] [scan. 596]


1
weg und mittel gedacht werde. Das intercipyrte schreiben ahn den Tou-
2
raine, die coniunction mit den Schweden so lang immer muglich aufzuzie-
3
hen, so der erzherzog communicirt, seye vom herrn graffen von Traut-
4
manstorff gegen sein gegebenen rhat dem Oxenstern communicirt, darauf
5
sie nun solche coniunction, umb des verdachts sich zu endtladen, desto
6
mehrer werckstellig machen wurden; verwundere sich, daß man solch
7
schreiben publiciren mögen, da ia gar nicht zu hoffen, daß man Franck-
8
reich und Schweden iezt cum tempus messis eorum sit, wurde separiren
9
konnen. [...]

10
[...]

11

42
11–S. 547,41 Bayern – geandworttet. – [...]] Rande: ad Bavarum omitatur.
1646 VII 30
Montag. Bayern bei W.: Kurbayern hält jetzt für besser,
12
das Manifest aufzugeben und dafür in nahmen aller catholischen geist-
13
lichen churfürsten und praelaten ein schreiben ahn den konig oder die koni-
14
gin, cardinal Mazarini, nuncium apostolicum und ahn ein oder andern erz-,
15
bischoff oder praelaten, so in Franckreich in einem guten credit, und von
16
denen etwas fruchtbarliches zu hoffen, abgehen zu laßen, und woltens Ihre
17
Churfürstliche Durchlaucht auch ihres orts mit absonderlichen schreiben zu
18
secundiren nicht underlaßen. Und mochten die contenta ungefehrlich sein,
19
wie sie in scriptis ubergeben, und nr. ... beygefugt. Und vermainten dem-
20
negst gutt zu sein, daß I. H. G. und die Churcolnische mit den Churtryeri-
21
schen, Bambergischen, Wurzburgischen und andern reden und sie capaces
22
machen möchten, alßdan davon alß einer abgeredeten sach die Churmain-
23
zische desto bestendiger vorpringen konten. Mit den Kayserlichen darauß
24
zu communiciren, hetten Ihre Churfürstliche Durchlaucht darumb beden-
25
ckens, daß sie das vorhaben endweder hindern oder doch ex instinctu
26
Hispanorum solche clausulas einrucken würden, die offensiones causirten,
27
deßgleichen auch mit dem manifesto zu besorgen. Hierauf ist hinwie-
28
der zur andtwort gegeben, daß bey dem manifesto I. H. G. und den andern
29
Churcollnischen auch starcke considerationes pro et contra vorgangen, und
30
seye bey diesen gefährlichen leuthen, mit denen mans zu thun habe, alles
31
wol zu uberlegen. Vermög iungster communication hab der canzler Busch-
32
man mit dem Volmar gered, der zwarn des begriffs in arbeit, hab aber auch
33
selbst bey der promulgation oder divulgation angestanden, sondern daß der
34
progressus tractatuum noch etwas were anzusehen, wolte aber yedoch die
35
arbeit pro omni occasione etiam ad posteritatis memoriam gern vollfuhren.
36
Also were mans in diesem passu mit Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht
37
intention allerdings eins. Soviel den vorschlag betrifft, sey I. H. G. und
38
etlichen Churcolnischen schon vorm jahr, alß die assemblea aller geistlichen
39
in Franckreich, wie sie fast alle jahr pflegen, gewesen, eben dergleichen zu
40
gemuth gangen, daß man nemblich ein schreiben in aller geistlichen chur-,
41
fürsten und stend nahmen mochte abgehen laßen und darinnen die contenta

[p. 547] [scan. 597]


1
wol ausfuhren, damaln aber seye die zeit zu kurz gefallen, ohne das man
2
auch verhofft, auf der Franzosen so offtmaliges versprechen die tractaten
3
zu gutem schluß hetten konnen befurdert werden. Was Ihre Churfürstliche
4
Durchlaucht zu Collen, auch sie (I. H. G.) angelangte, werdts kein beden-
5
ckens haben, dergleichen schreiben mitzubelieben, allein werd es ahn dem
6
gelegen sein, wie andere darzu, auch sonderlich Churmainz zum auffsatz
7
zu disponiren, zumal man weiß, daß Mainz ohne vorwissen und bewilligen
8
der Kayserlichen darzu nicht verstehen werde. Wolten gleichwol ihres
9
theylß neben den andern Churcollnischen nicht underlaßen, materiae et
10
formae, auch dem modo andere zur mitbeliebung zue disponiren, nachzu-
11
dencken. Obwolen auch beym ganzen werck zue beforchten, daß solch ahn
12
die konigin abgehende schreiben endweder mochten hinderhalten oder doch
13
dergestalt beandworttet werden, daß geringer effectus darab zu empfinden,
14
ia wol vielmehr den catholischen, alß wan sie sambt den Kayserlichen die
15
tractatus hindern thetten, imputirt und auffgeburdet werden, wurde es
16
doch wenigst bey der posteritet dahin diehnen, daß menniglich erkennen
17
muste, nihil a parte statuum catholicorum pro conservatione religionis et
18
pace promovenda intermissum esse. So alles sich die Churbayerische
19
wol haben gefallen laßen. Haslang: Gespräch mit Peñaranda; falsche Wie-
20
dergabe
eines aufgefangenen spanischen Schreibens durch die Franzosen,
21
Eintreten Peñarandas für Verbleib der Kur bei der Wilhelmischen Linie,
22
Ein- oder Ausschluß Spaniens beim deutschen Frieden.

23
Bericht Buschmanns: Nach Mitteilung Volmars wollen die Schweden ihr
24
Friedensinstrument auf Wunsch der Franzosen noch vier Wochen zurück-
25
halten
, seyen sonst darin, wie man nachricht hab, viel beschwerliche sachen,
26
under andern, autonomiam im reich durchgehendts zuzulaßen. 2. Daß der
27
terminus amnistiae wie auch in religionssachen aufs jahr 1618 zu reduciren.
28
3. Solte mit der churwurde alternirt und alspald post obitum Serenissimi
29
Maximiliani vom pfalzgraffen der anfang gemacht werden, auch Palatina-
30
tus superior et inferior dem pfalzgraffen vollig restituirt oder doch nur ein
31
theyl Churbayern pro hypotheca pleiben, und was dergleichen mehrers.
32
Zum gestrigen Besuch der Ksl. bei den Franzosen: Streit um den Majestäts-
33
titel
. Circa publica habe der herr graff von Trautmanstorff, weyln die
34
Franzosen darzu ursach geben und ihnen Kayserlichen die moram imputi-
35
ren wollen, außtrucklich vermeldet, daß wegen dieser tractaten, und son-
36
derlich, indem alles nur zu nachtheyl der religion angesehen und gereichen
37
thue, et propter tantam iniustitiam der Kayser und die Teutsche stend die
38
Franzosen bey Gott ahm iüngsten tag anklagen wurden. Daruber der
39
d’Avaux ahn der farb sich ganz geändert, auch der Longevill (dan der Ser-
40
vient nicht zugegen gewesen, sondern unpaßlichkeit halber sich endschul-
41
digen laßen) nichts darauff geandworttet. – [...] – Besuch Ws bei der
42
Herzogin von Longueville.

[p. 548] [scan. 598]


1
1646 VII 31
Dienstag W und Nassau bei den Jesuiten. Beim ksl.-
2
französischen Treffen hat Longueville auf die Vorhalte wegen der Religion
3
geantwortet, sie hätten mit Rücksicht darauf die Vereinigung Turennes mit
4
den Schweden verschoben, da die Kayserliche, wan sie gewolt, dem catho-
5
lischen wesen wol hetten helffen konnen. Auf den Einwurf, es sei um Rück-
6
sichten
auf die Kriegslage in den Niederlanden gegangen, hat Longueville
7
schließlich gesagt, nicht ohn zu sein, daß die Franzosen dergleichen selbst
8
außgeben, damit die Schweden desto weniger zue beklagen oder gegen sie
9
zue formaliziren hetten, ienes aber, wie gemeldet, sey ihr rechts intent
10
gewesen.

11
1646 VIII 1
Mittwoch Bericht Buschmanns: Frage Trauttmansdorffs
12
nach den Unruhen anläßlich der Bürgermeisterwahl in Lüttich, worüber
13
Buschmann noch keine näheren Informationen geben konnte. Laut Schrei-
14
ben der Ksl. in Osnabrück haben die Schweden gefordert: 1. Amnestie
15
1618, Erledigung der Gravamina durch die Reichsstände selbst, 3. Alterna-
16
tion der Pfälzer Kur sofort nach Tod Maximilians, 4. völlige Restitution
17
der Pfälzer Lande, 5. Entschädigung Brandenburgs durch den Kaiser. Der
18
Kaiser hat geschrieben, da die Feinde allerseits die extrema behaupten,
19
müsse er es Gott befehlen; geplante österreichisch-spanische Doppelehe

39
Der spanische Thronerbe Baltasar Carlos (1629–1646) war mit der Erzherzogin Maria
40
Anna (1635–1696) verlobt, ihr Bruder Ferdinand (IV.) sollte die Infantin Maria
41
Theresia (1638–1683) heiraten.
.

20
Mitteilung der Trierer an Buschmann: Antwort auf ihre Relation über die
21
Verhandlungen mit den Kölnern wegen Ehrenbreitstein; Schreiben Kur-
22
triers an seine Beamten gegen die Kaiserlichen und Kölnischen

42
Anlage (Kurtrier an Gesandte; Kurtrier an Beamte 1646 VII 22): fehlt; letzteres
43
München II K. schw. 986).
.

23
Zusammenkunft mit den Mainzern und Trierern. W: Anregung eines
24
Schreibens der katholischen Stände an die Königin von Frankreich, Maza-
25
rin
und den Pariser Nuntius. Mainzer: Wollen berichten und hoffen
26
auf Befehl zur Proposition. In discursu vermeldete der Churmainzische
27
canzler, wie sie abermalß von ihrem gnädigsten herrn befelch empfangen,
28
daß sie so wenig der Hessischen satisfaction halber alß wegen des stiffts
29
Halberstatt und Verden, solche nemblich ahn die Schweden und Churbran-
30
denburg zu laßen, einigen consensum geben, sondern die conservation der-
31
selben, nicht nur pro bono religionis catholicae et status ecclesiastici, son-
32
dern auch daß diese zwo kirchen suffraganeae ecclesiae metropolitanae
33
Mcguntinensis weren, aufs fleisigst mitzubefürdern. Wobey I. H. G. er-
34
zehlet, was der herr graff von Trautmanstorff dem canzlern Buschman
35
gestert angedeut. Und meldete er canzler, daß sie von ihren mitabge-
36
sandten auß Oßnabruck eben deßgleichen empfangen; er verlange zu ver-
37
nehmen, wo es mit dem negotio gravaminum hinaußwolle, beklagte sich
38
dabey, daß so weit von den Kayserlichen ohne der catholischen stend vor-

[p. 549] [scan. 599]


1
wissen, ia gegen ihr außtrückliches guttachten, in underschiedlichen punctis
2
gegangen. Sie, auch andere mehr, seyen darauf nicht instruirt, und werde
3
Churmainz darzu niemaln verstehen, deßgleichen er dan auch vernehm,
4
daß underschiedliche viel daruber sich nit allein hoch beschwerdten, son-
5
dern auch darwieder außtrücklich protestirten. Es erwehneten hiebey
6
I. H. G., wie gröblich darin geirret und von vielen, auch den Kayserlichen
7
selbst, nit beobachtet seye, daß die gravamina catholicorum von den un-
8
catholischen, auch theyls catholischen mit under die amnisti gezogen, da
9
doch dieselbe allein auf die militaria, confiscationes bonorum saecularium,
10
und was dergleichen, zu verstehen; anfangs auch, alß daruber catholischen
11
theylß consultirt, die gravamina expresse davon seyen außgenommen.

12
Welches er canzler wahr zu sein affirmirt, und daß er solches auch ab-
13
sonderlich in den leztern Kayserlichen punctis vermerckt hette, und muste
14
ia darauf von seithen der catholischen beßer reflexion gemacht werden.
15
Gesuch der Brandenburger um Mithilfe gegen die schwedische Forderung
16
auf ganz Pommern. Man will es demnächst proponieren, sey ihme aber das
17
werck nit außer suspicion, dan dadurch endweder die Schweden von
18
andern und sonderlich catholischen stenden ein mehrers zur satisfaction
19
oder Churbrandenburg hernacher ein aequivalens zu begehren anlaß neh-
20
men würde; doch müste man den sachen etwas beßer nachdencken.

21
1646 VIII 2
Donnerstag Brandenburger bei W. Bitte um Unterstüt-
22
zung
gegen die schwedische Forderung auf ganz Pommern, nachdem
23
Brandenburg einen Teil gegen Entschädigung abzutreten bereit ist. W:
24
Kurköln ist gleich von anfang schmertzlich zu gemuth gangen, daß die
25
angemaste satisfaction auf so ansehenliche grose landschafften gestelt, und
26
sonderlich auch Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Brandenburg ange-
27
horiges furstenthumb mit zugezogen werden wolle. Und wan nun mit
28
dieser anbegerten interposition und remonstration etwas ersprieß- und nuz-
29
liches außzurichten, so hielten sich I. H. G. gesichert, daß Ihre Churfürst-
30
liche Durchlaucht zu Collen sonders lieb sein werde, daß in dero nahmen
31
man alhie bestens darzu concurrire. Inmaßen dan I. H. G. und die andere
32
Churcolnische dahin befelcht, niemand land und leuth abzuvotiren, son-
33
dern yeden stand bey dem seinigen helffen zu erhalten, sich auch ver-
34
sehenn, daß andere gegen sie dergleichen thun werden. Dahero wan dieser
35
passus im churfürstlichen collegio vom Churmainzischen directorio würde
36
proponirt werden, sich ferner vernehmen laßen wolten. Diesem nach ist
37
man mit den Churbrandenburgischen in gespräch gerathen, was dan ihr
38
gnädigster herr eigentlich fur ein stück von ermeltem furstenthumb Pom-
39
mern der cron Schweden zu uberlaßen vermaint. Worauf sie geand-
40
worttet, daß der von Löben mit der eigentlichen erklehrung under kurzem
41
wieder zuruckkommen werde, und weren sie nur oberwehntermaßen fur-
42
erst in genere instruirt. Sie vernehmen zwar, alß hetten die Schweden ihre
43
gedancken auf ganz Pommern mit einschließung der statt Stettin gerichtet,

[p. 550] [scan. 600]


1
sie musten aber hart anstehen, ob ihr gnedigster herr also pure darin werde
2
willigen konnen oder wollen. Bitte um Einzelheiten wegen der Beschwe-
3
rung
katholischer Geistlicher in Kleve, nachdem auf das Schreiben der
4
Katholiken an Kurbrandenburg

42
Beschlossen in der Konferenz der katholischen Stände 1646 IV 7 (vgl. APW [III A 4,1 S. 189] ).
die klevische Regierung jeglichen Ver-
5
stoß
gegen die Reversalien bestritten hat. W: Will in den Akten nach-
6
sehen
, erwähnt die Gefangenhaltung von Geistlichen in Orsoy. Bran-
7
denburger
: Hierfür die Staatischen verantwortlich.

8
W mit Reck/Buschmann bei Longueville. Gratulation zur Ankunft der
9
Herzogin. Klagen über die Verwüstungen im Erzstift Köln. Longue-
10
ville
: Allerley unordnungen bei jeder Armee. Es were aber die schuld den-
11
ienigen beyzumessen, welche den frieden hinderten, und hette derselb ahn
12
der cron Franckreich niemaln gehafftet. Hierdurch hat man nun anlaß
13
genommen, circa materiam pacificationis sich mit ihme weitters in discurß
14
einzuelaßen, worbey ihm dan zu gemuth geführt, was Ihre Kayserliche
15
Maiestät fur ansehentliche offerten der cron Franckreich einzig und allein
16
umb des lieben friedens willen gethan. Item daß, solang das reich bey der
17
Teutschen nation seye, sich kein einziges exempel finden konne, daß dasel-
18
big der cron Franckreich einen fuß breitt landts zu endziehen yemalß sich
19
understanden, und dahero unguttlich seye, daß ermelte cron das reich iezt
20
dergestalt zu dismembriren suche; ob nun solches mit dem yederzeit gefuhr-
21
ten praetextu, daß ex parte Franckreich bey diesem krieg anderst nichts alß
22
erhaltung der Teutschen freyheit intendirt würde, ubereinkomme, hab ein
23
yeder leichtlich zu ermessen. Zudem were bekandt, welchergestalt die
24
catholische religion bey diesem krieg leide und daß die catholische niemalß
25
die waffen alß pro conservatione religionis ergriffen; gleich wie aber iezt
26
die cron Franckreich mit ihren postulatis den friden schwer machte und die
27
hoffnung zu was guten und behulffliches, von ihnen zu gewarten, beneh-
28
men, also verliehren sie auch hingegen die affection taglich mehrer. Der
29
herzog hat hingegen die offerta sehr extenuirt, mit dem vermelden, daß
30
was ihnen bißhero offerirt, sie gleichsamb mit geldt erkaufften, und finali-
31
ter noch darauff bestanden, daß der cron Franckreich perpetuum ius prae-
32
sidii in Philipspurg und die zehen reichsstatt im Elsaß cum eodem iure, wie
33
sie vorhin under dem reich gewest, oder ahn statt Philipspurg die waldstett
34
gelaßen werden müsten. Foldendts ist er auff die Hessische satisfaction
35
auch gefallen, und mit grosem eiffer und passionen vermeldet, daß einmal
36
der fraw landgräffin ihre befriedigung geschafft werden müste, weitläuffig
37
anziehend, wie stattlich sich dieselbige bey diesem ganzen kriegswesen com-
38
portirt und dadurch wol verdiehnt, daß ihro von der cron Franckreich die
39
hand gepotten werde. In specie aber hat er vermaint, es müße die Marpur-
40
gische sach wieder in den stand, warin sie vermög des testaments sein solte

44
Vgl. oben [S. 310] .
,
41
wieder gesezt werden; und weyln die Kayserliche sententia nur auß diesem

[p. 551] [scan. 601]


1
fundament wieder Hessen Cassel, alß were durch änderung der religion
2
dem testament zuewieder gehandtlet, gesprochen, also konte endtlich dieses
3
ein mittel sein, daß die Lutterische religion in selbigem antheil landts ge-
4
laßen werd. Was aber die ubrig beschehene anforderungen von geistlichen
5
stifftern belangete, würden sich noch wol media compositionis finden
6
laßen. Daß die catholische religion bey diesem krieg leide, thue ihnen leyd,
7
und were das die ursach, daß die cron Franckreich gern wolte frieden
8
machen, sonsten sie wol mehrers bey dem glück des kriegs alß dem frieden-
9
schluß verhoffen kondten. Es hette die cron Franckreich, etiam contra leges
10
politicas peccando, sich iezo in die groste gefahr gestelt, daß sie den Tou-
11
raine solang iener seitthen Rheins gehalten, umb der catholischen sach nicht
12
schwerer zu machen; dergleichen gute officia thette Franckreich mehr, wan
13
mans aber nicht erkennen, weniger ihnen dafur danck wissen wolt, wurden
14
sie künfftig ihre sachen beßer in acht zu nehmen haben. I. H. G. haben
15
zwarn hinwieder dieser sachen hochste unbillichkeit, wie auch die ahn der
16
gegenseithen selbst so hoch urgirte amnistiam, die ia billich nicht nur einem,
17
sondern beyden theylen zu gutem kommen müste, angezogen; und auff der
18
landgraffin so hoch geruhmbte merita angedeuttet, es wurde die gebene-
19
deyete mutter und andere hayligen Gottes in deßen angesicht viel ein
20
anders bezeugen, indeme man mit den patrimoniis Dei et sanctorum zu der
21
catholischen religion außtilgung dergestalt umbgangen. Er der herzog
22
aber ist auf seinem vorigen verplieben, mit contestiren, daß er der land-
23
gravin hochlich obligirt, wolte auch seines theyls ein ansehnlichs drumb
24
geben, daß sie catholisch were. In den frieden, welchen Franckreich gern
25
befürdert sehe, machten die Spanier newe irrungen, und vertieffte man sich
26
in den Spanischen consiliis taglich mehr und mehrers, zumaln sie wißen,
27
daß der Kayser seinen ministris anbefohlen, keinen frieden einzugehen, es
28
werde dan auch mit den Spaniern geschlossen. Aus der jetzigen spanisch-
29
österreichschen
Heirat verspürte man, wohin die [...] consilia ziehleten.
30
Mit der wahl eines Romischen Kaysers behielten zwarn die electores den
31
nahmen, es were aber damit nunmehr ebensoviel alß die consules Romani
32
bey dem Tiberio imperatore. Franckreich hette es mit dem reich wol ge-
33
meint, nun möchten sie es machen, wie sie wolten und sich weitters von den
34
Spanischen guberniren laßen, würden aber, was es ihnen nuz, schon spüh-
35
ren. I. H. G.: Was die Kayserliche wahl anbelangen thette, pleib selbige
36
in ihrer libertet unverlezt, wie sie ihm de Longevill vor diesem remonstrirt
37
hetten. Und muste man auch die gemachte heyrhat also ubel nicht interpre-
38
tiren; gleich dan auch sonst Spanien und Franckreich nicht eben eine
39
parthey durch dergleichen heyrhat gemacht hetten. Den frieden betref-
40
fendt, mochte es Franckreich mit dem reich probiren, alßdan sich auß-
41
weisen würde, ob es mit den sachen also, wie iezo a parte Franckreich vor-
42
geben wird, beschaffen. Duc de Longeville: Das zusammenheyrathen
43
mache freylich eine parthey und interesse, und seye es doch bey den Kay-
44
serlichen zu nichts anders angesehen, alß daß den Spanischen consiliis vom

[p. 552] [scan. 602]


1
reich, welches sie nunmehr under sich gebracht und absolute regirten, nach-
2
gegangen und ihres gefallens der krieg continuirt werde; Spanien habe
3
ihnen soviel abgenommen und vorenthalten, daß sie wol ursach, ihr gluck
4
zue prosequiren, biß sie alles wieder hetten, weren gleichwol begiehrig und
5
erbiethig, auch mit ihnen einen frieden zue machen, aber man muste ihnen
6
in billiche weg begegnen. I. H. G.: Wie sie vernehmen, seyen von Spa-
7
nien beraiz ansehenliche offerta beschehen, es scheine aber, daß man damit
8
halt wie mit dem reich, da man oblato Brisaco den frieden zue schließen
9
versprochen, iezt aber lautte es weitt anders. Longeville: Bey begeh-
10
rung Breysach hetten sie sich noch andere handlung vorbehalten, es were
11
sowol pro securitate catholicorum im reich alß Galliae, daß sie Philipspurg
12
besezt haben; man solt consideriren, wieviel Franckreich von seinen postu-
13
latis abgewichen, was fur occupirte plätz restituirte und fur grose geldt-
14
summen heraußgebe. Wan man ihnen was anpötthe, so sie nicht vorhin
15
occupirt und in ihrem gewalt hetten, alßdan mochte es eine andere hand-
16
lung geben. I. H. G.: Praeter iam oblata noch etwas zue offeriren, wer
17
keinem alß plane subiugato zuzumutthen, sey aber darahn noch nicht, und
18
hetten die sachen in Franckreich, alß Angli victores gewesen, schlechter alß
19
iezo in Teutschland gestanden; das gluck wer variabl und betrieglich, und
20
hette Franckreich wol zue bedencken, ob bey diesem krieg lenger der dabey
21
vorgehenden abominationen und gröweln verandtwortung by dem All-
22
mächtigen wolle auf sich laden. Ungeacht deßen allen ist der herzog
23
von Longevill bey seinen principiis und contestation ihrer friedbegiehrig-
24
keit bestanden, mit dem anhang, wan man per satisfactionem coronae
25
Galliae den frieden erlangt, alßdan würden die catholische erst ihre sicher-
26
heit haben und die darauß entstehende nuzbarkeit empfinden. Und alß
27
I. H. G. darauff replicirt, daß man solch iudicium iezt ex operibus et
28
effectu nit machen könne und bey den tractaten gern einige den catholi-
29
schen zum besten reichende würckung sehen wolt. Ist er beym gewohn-
30
lichen erpiethen und rühmen geplieben und gemelt, daß sie Franzosische
31
plenipotentiarii pro religione catholica also wol intentionirt, daß auch kein
32
engel vom himmel beßere intention haben

38
32 konte] am Rande: an Bayern/Köln 1646 VIII 3/4.
konte.

33
1646 VIII 3
Freitag [...]

39
33 Ketteler] am Rande: sequitur relatio domini decani et cantoris Paderbornensis quae
40
apud Hassos peracta.
Ketteler/Sintzig bei den Hessen. Dank

34
für die Quartier- und Kontributionsbefreiung der Höfe der Domkapitulare.
35
Bitte um Abschluß der Paderborner Evakuation nach gutem Verlauf der
36
Verhandlungen mit Sixtinus/Martini

41
Nikolaus Sixtinus (1585–1669), hessischer Geh. Rat; Johann Martini, hessischer Kriegs-
42
kommissar in Lippstadt und als solcher zuständig für die Paderborner Kontributionen.
. Hessen: [...] Wusten davon
37
nichts, befinden aber dabey sonderlich ex parte Caesareanorum grose diffi-

[p. 553] [scan. 603]


1
cultet, indem auß einem von Melander intercipyrten schreiben und consilio
2
bellico zu ersehen, wie er die Hessische zum gehorsamb zu zwingen ver-
3
maint, auch auf die neutralitet und neutralen sehr gestümpfet und gera-
4
then, solche pro hostibus und ärger zu tractiren, in specie die statt Collen
5
fur feind erklehrt (so ihnen Hessischen lieb seye) und mit niederschießung
6
etlicher burger beraiz erwiesen. Und werd der Melander auch ihnen und
7
sonderlich den geistlichen solch gluck nit gonnen, dan, wie auß bemeltem
8
intercipyrten consilio, er vom Kayser begert 6 000 man, damit er die
9
Hessen und pfaffen bald zwingen wolte. Auf Gegenvorstellungen die
10
Hessen: Wenn die Sache auf ksl. Seite richtig, wollen sie der Landgräfin
11
berichten.

12
1646 VIII 4
Samstag

37
12 Kurfürstenrat] am Rande: praecedit quod decanus Paderbornensis et cantor apud
38
Hassos.
Kurfürstenrat
. – [...]

13
1646 VIII 5
Sonntag Weschpfennig bei W. Bericht über seine Ver-
14
handlungen mit Polen und Brandenburg

40
Vgl. oben [S. 402 Anm. 1] ; er befand sich auf der Rückkehr von seiner polnischen Gesandt-
41
schaftsreise vorübergehend in Münster.
.

15
Longueville bei W. Bericht Weschpfennigs; französische Satisfaktion.

16
Longueville: Beym puncto satisfactionis hetten sie alberaiz soviel nachgege-
17
ben, daß deßhalb von den Schweden wurden außgelacht, indem sie dasienige,
18
was sie behalten, mit millionen gleichsamb erkaufften und benebens sich zu
19
so ansehnlicher hulff gegen den Türcken sich erpotten. I. H. G.: Die
20
geldsum sey mit den inaestimablen landen und dominiis, welche Ihre Maie-
21
stät der cron Franckreich erblich zu uberlaßen sich erklehrt, nicht zu ver-
22
gleichen, und hetten die landen ohnedas zu den reichsanlagen et publicis
23
oneribus concurriren mußen, es erfordere auch der cristliche glaub, daß
24
gegen des christlichen nahmens feind der konig von Franckreich seine
25
macht mit anwendte. Auff der Schweden einred, die genug bezeigten, daß
26
sie kein lieb zum frieden, solten sie nicht soviel alß darauf sehen, was vor
27
Gott zu verandworten, und daß sie so gesichert vertrostet, wan Brysach
28
uberlaßen, daß mit Franckreich der fried solle geschlossen sein. Longe-
29
ville: Bey uberlaßung Brysach hetten sie sich vorbehalten, wegen des
30
andern anbegehrens noch zu tractiren, deme sie inhaerirten, und falß ihnen
31
Philipspurg (welchen orth sie doch den catholischen zum besten zu halten
32
gemeind) nicht solle pleiben, mochten dagegen die waldstette gegeben wer-
33
den, zumaln umb deßwillen, daß Franckreich selbige zuruckzuelaßen sich
34
erpotten, von den Schweitzern verscheidene klagen und verweißschreiben
35
(die er aufzeigen kondte) weren abgangen. I. H. G.: Sie hielten noch
36
practicabler, etwas von den bewilligten geldern nachzulaßen, alß wegen

[p. 554] [scan. 604]


1
mehrer land und vestung erklehrung zu geben. Die verweißschreiben auß
2
der Schweitz belangend, möchte wol sein, daß ein oder anderer Franzosi-
3
scher pensionarius die waldstätt selbiger cron seiner intention nach gern zu-
4
eignen wolle, umb sich desto mehrers meritirt zu machen, daß aber solches
5
die sambtliche cantonen gern sehen solten, kondten nit glauben, zumaln es
6
gegen ihren freyen estat, sich dergestalt von einem so mächtigen potentaten
7
einschließen zu laßen. In Franckreich sey ein sprichwort: il est lourdau
8
comment un Suisse. Solches würde pro hoc wol verificirt werden. Lon-
9
geville: Einmal kondt die schreiben aufweißen; und doch wolten sie lieber
10
amore pacis mit Philipspurg titulo oneroso und ohn einig dominium sich
11
contentiren und selbe vestung dem stifft Speyer besezen und underhalten.
12
Gegen Franckreich hab man sich, daß den punctum satisfactionis schwerer
13
gemacht, nit zue beklagen, zumaln soviel hetten nachgegeben, da sie doch
14
bey continuation des kriegs und favorisirenden glück von denen in handen
15
habenden landen wol ein mehrers wurden behaubten konnen; pro statu suo,
16
wie sie bey all diesen tractaten genugsamb hetten zu erkennen geben, seyen
17
wol keine politici, sondern sepositis omnibus politis legibus allein trachte-
18
ten, wie den catholischen zum besten fried zu schließen were. I. H. G.:
19
Hierzu hette Franckreich ahn Ludovico Sancto

42
Ludwig IX. (1215–1270) d. Heilige, König von Frankreich 1226, Führer des 6. und
43
7. Kreuzzuges (1248–1254, 1270).
ein herrliches exempel,
20
wohin nemblich die consilia zu richten und des konigreichs waffen zu
21
emploiren. Longeville: Das regimen Sancti Ludovici werd in Franck-
22
reich nit viel aestimirt, weyln kein nuz durch seinen krieg geschafft
23
worden. I. H. G.: Tota ecclesia catholica aber et ipsi caelites mächten
24
cum gloria istius regis wol ein herrliches iudicium von seinen actionen, und
25
mochte Franckreich iezt wol irren und sündigen, daß sich also ad leges poli-
26
ticas cum tanto religionis catholicae detrimento hielten; die offters ge-
27
rümbte moderation bey der hohen forderung kondte im reich noch nie-
28
mandts erkennen; vor diesem hab es geheischen, nichts vom reich zu begeh-
29
ren, iezt wolle man alle herschafften und reichsstätte im Elsaß behalten,
30
welches bey den stenden ein großes auffsehen machete. Longevill: Den
31
statibus und reichsstätten im Elsaß wolten sie ihre freyheit laßen und ehen-
32
der mehren alß schmählern; daß aber in einem so geringen districtu der
33
Kayser und konig in Franckreich zugleich solten herrschen, wurde große
34
difficultet haben und nur strittigkeiten abgeben. I. H. G.: Die conser-
35
vationem privilegiorum hab man bey Metz, Tull und Verdun wol verspurt;
36
zudem hette sich Franckreich erpotten, mit dem Kayser gute freundschafft
37
zue halten, iezt aber, wie es schein, ging man allezeit weitter. Longevill:
38
Die 3 bemelten bisthumber seyen bey vorigen kriegen occupirt, wegen der
39
reichsstätt im Elsaß aber kondte man sich iezt also vergleichen, daß was
40
versprochen gehalten würde. I. H. G.: Der 3 reichsstätt Metz, Tull und
41
Verdun hab sich das reich noch niemaln begeben, und doch seye mit den-

[p. 555] [scan. 605]


1
selben solcher gestalt umbgangen; wan nun der Elsaßischen stätt iura solten
2
uberlaßen werden, würde ihnen Franckreich ex lege status sui schon vorzu-
3
schreiben und der sachen seine farb zu geben wissen. Franckreich hab
4
beraiz vom reich soviel, daß sich damit wolte kondte sättigen. Longe-
5
ville: Austriaci mächten das reich hereditarium, und weyln sie es so weit
6
gepracht, daß sie stehts Austriacum imperatorem hetten, kondte denselben
7
Franckreich das dominium und superioritet im Elsaß nit gestatten. Heut,
8
wie er vernehmb, wurd die cronung in Boheimb vor sich gehen, darauff
9
würde man nun bald zu tractiren anfangen, denselben hern zum Romischen
10
konig zu wehlen, und solte auch der heyrhat mit der infantin in Spanien
11
schon getroffen sein; welches die gradus bey der succession sich zu stabili-
12
ren, und merck man nun wol, daß der Kayser ohn Spanien keinen frieden
13
zu machen gedencke. Spanien gonneten den frieden gern, es müste aber das
14
hiebevor der cron Franckreich abgenommene restituirt oder andere satisfac-
15
tion gegeben werden. I. H. G.: Von solchen matrimoniis, wie iungsthin
16
gemeldet, musten sie andere iudicia nehmen, es hab auch mit der succession
17
im reich ein weitt andere beschaffenheit, und würde Franckreich, wan
18
parola, wie bey uberlaßung Brysach versprochen, gehalten, die prob neh-
19
men konnen, wie weit des reichs und der cron Spanien interesse von ein-
20
ander dependirten. Longeville: Man solt ihnen Philipspurg oder andere
21
im Elsaß begerte stätt laßen, alßdan der fried mit Franckreich schon
22
gemacht were, worinnen man so viel weniger bedenckens zu haben, weyln
23
Franckreich das gewonnene nicht zue conserviren wuste. I. H. G.: Die
24
Franzosen hetten den nahmen wol vor diesem gehabt, daß sie die acquisita
25
nicht wusten zu conserviren, seyen aber nun in weitt ander concept ge-
26
rathen, und concludire diß argument auch ohnedas nicht, es mochten sie
27
doch anders zu den sachen thun und der christenheit, wie sie konten, zur
28
rhue verhelffen. Beym auffstehen sagten I. H. G., Franckreich mach das
29
werck nit allein mit der satisfaction pro se schwer, sondern seze auch
30
andere praetensiones, alß der landgräffin zu Hessen, pro conditione sine
31
qua non. Longeville: Der landgräffin müste mit der Marpurgischen so
32
gerechten sachen satisfaction geschehen, sententiam pro Darmbstatt hette
33
ob mutatam religionem Caesar ergehen laßen; dem were zu helffen, daß die
34
zum Marpurgischen theyl gehorige underthanen bey ihrer religion verplie-
35
ben. Und müste der landgraffin wegen anderwerz erlittener großer schaden
36
erstattung geschehen. I. H. G.: Diese Marpurgische sach kondte parti-
37
bus consentientibus vorgenommen werden, sonsten seye es ein zu recht er-
38
kendte sach, und wurden sie in Franckreich des parlements decision nicht
39
also wiederumb controvertiren laßen. Wan von erstattung der erlittener
40
schaden zu reden, wurde die landgräffin nichts zu fordern, aber wol mehr,
41
alß ihr land werth, zu bezahlen haben; remonstrando die ungerechtigkeit,
42
daß sie fur sich amnistiam haben und hingegen fur andere nicht wolt gelten
43
laßen. Longeville: Von den kirchenguttern etwas hinzugeben, wurden
44
sie nit befurdern helfen. Es seye aber der vorschlag geschehen, ob nit der

[p. 556] [scan. 606]


1
iunger landgraff, so doch keine bruder, Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht
2
zu Collen beym stifft Paderborn zu succediren; er wurde den suffraganeum
3
und in religione alles da laßen. Diß sey von den Hessen bey ihnen propo-
4
nirt, und vermainten, daß dieses wol würde thunlich sein etc. Hierinnen
5
hab man des herzogen mainung zwar nit, aber deßen passion wol verspuh-
6
ren konnen, indem er vermeld, nicht gutt zu sein, daß die erz- und bischof-
7
fe in Teutschland solch ansehnliche landen und furstenthumben haben
8
solten. Man solte die dignitates ecclesiasticas, wie in Franckreich geschehe,
9
laßen, gewisse competenzen verordnen, mit den furstenthumben aber eine
10
andere anstalt machen. [...]

11
Labricque bei W. Sulzbacher Umtriebe in Osnabrück gegen Religions- und
12
Landeshoheit Neuburgs

39
Der protestantische Pfalzgraf Christian August von Sulzbach (1622–1708) beanspruch-
40
te in seinem Territorium die volle Landes- und Religionshoheit, während Pfalzgraf
41
Wolfgang Wilhelm von Neuburg sich auf die bei der Erbauseinandersetzung mit seinem
42
Bruder August von Sulzbach (1582–1632), Vater Christian Augusts, vorbehaltenen
43
Oberhoheitsrechte berief.
. Protest gegen das Stichjahr 1624 für die Amnestie
13
und gegen den terminum ad quem der Ksl. wegen uberlaßung der geist-
14
lichen güter.

15
Mitteilung der Mainzer: Die Sachsen wünschen eine Zusammenkunft in der
16
Pfalzfrage, während die Ksl. und sie für Weiterführung der Gravamina-
17
verhandlungen sind. W: Will mit den Kölnern beraten; vor allem die
18
Meinung der Bayern zu hören.

19
1646 VIII 6
Montag W bei den Bayern. Gespräch mit Longueville
20
und hessische Äußerungen gegenüber Ketteler/Sintzig; genugsamb zu
21
sehen, daß die Frantzosen keine beliebung zum frieden trügen und die reli-
22
gion wenig achteten. Bayern: Die Ksl. haben in ecclesiaticis alß politicis
23
kein Bedenken gegen 1624 und würden wohl auch auf 1620 gehen. W:
24
Mainzer Anfrage wegen Behandlung der Pfalzfrage, [...] sieht keinen
25
Grund für eine Verschiebung bis zum Abschluß der Gravaminaverhandlun-
26
gen
. Bayern: Stimmen zu, wollen aber die für Mittwoch erwartete Ent-
27
scheidung
des Kurfürsten abwarten. – Fürsten- und Städterat.

28
Bericht Buschmanns: Als Trauttmansdorff gelegentlich einer Nachfrage
29
wegen der Antwort auf die ksl. Gravaminavorschläge einige Protestanten
30
fragte, ob die schwedischen Truppen, wie Oxenstierna und Salvius behaup-
31
teten
, noch in der uncatholischen reichsstend pflichten [...] und wer sich
32
darzue bekennete, haben sie einander angesehen, und weyln es ein schwerer
33
punct, tempus deliberandi begert.

34
Sachsen bei W. Wegen der dabei vorgebrachten Fürsprache für Ws protestan-
35
tische
Untertanen bezieht W sich auf seine landesherrlichen Rechte, ihnen
36
versicherend, daß sie es mit ihren underthanen dergestalt wurden machen,
37
daß es vor Gott, dem Kayser und ganzen reich würden konnen und wissen
38
zu verandtwortten.

[p. 557] [scan. 607]


1
Chigi auf Nachfrage Ws: Er hett vernommen, daß der herr graff von
2
Trautmanstorff die tractatus durch den conte d’Avaux wiederumb zu re-
3
assumiren veranlaßet; er wolte wol, daß die resolution newlich, absque
4
pacificatione Hispanica nicht zue schließen, verplieben were, nicht daß er
5
alßdan ein mehrers von den Franzosen verhofft, sondern nur, daß ihnen
6
nicht soviel materi zur außred were subministrirt worden.

7
Mitteilung der Bayern: Aufschub der Pfälzer Verhandlungen bis Mittwoch
8
mit den Mainzern vereinbart.

9
1646 VIII 7
Dienstag Bericht Buschmanns: Nach Volmar will Trautt-
10
mansdorff abreisen, wogegen die Bayern Einwände erhoben haben.

11
W bei Lamberg

40
Lamberg war 1646 VIII 4 nach Münster gekommen.
. In discursu von ihme der Bericht wegen Verpflichtung der
12
schwedischen Truppen auf die Reichsstände bestätigt, 2. daß das instru-
13
mentum pacis noch nicht hervorkommen, 3. daß ihm vor seiner Abreise die
14
conclusa acathlicorum

41
Gemeint wohl die Osnabrücker Gravaminaerklärung 1646 VIII (3), Druck: J. G.
42
Meiern III S. 294ff.
vertraulich communicirt, darinnen solche enormia
15
und impertinentia seyen, daß nit außzusprechen, gar auch viele newe
16
sachen und under andern ein gantzer paragraphus wegen Magdeburg, der
17
sich mit der session und voto, in der Kayserlichen vorschlag gesezter
18
maßen, nicht allein nicht contentirte, sondern noch den sitz vor Salzburg
19
sambt der direction, doch cum domo Austrica alternative, Salisburgense ex-
20
cluso, haben wollen, similiter ratione termini a quo das jahr 1618 behaub-
21
ten oder endlich ad summum auffs jahr 1620 fallen etc. und was derglei-
22
chen sachen mehr, mit vermelden, daß der Schweden und uncatholischen
23
discurß und alles andere gnugsamb anzeige, daß sie durchauß kein lust
24
noch lieb zum frieden haben. Diskurs wegen beßerer zusammensetzung,
25
[...] daß man nemblich auff solche weiß sie nolentes ad conditiones melio-
26
res pringen müße. Letztlich klagte er auch, was fur bose falsche leuth die
27
statt Oßnabrucker seyen, und daß sie damit iezt umbgingen, durch die
28
Schweden zue begehren, daß zu einer reichsstatt möchten elevirt werden.

29
1646 VIII 8
Mittwoch Mitteilung an die Salzburger: Protestantische
30
Forderungen wegen Magdeburger Session und Direktorium, dagegen aber
31
das beste mittel bestendige zusammenhaltung sein würde, und weren zue
32
hindertreibung solchen bosen vorhabens I. H. G. sowol fur sich alß von
33
Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Collen und ihrer stiffter wegen
34
effrigst mit zu concurriren erpiethig. Salzburger: Zuversichtlich, da die
35
Salzburger Direktorialrechte schon bestanden, als Magdeburg noch katho-
36
lisch
war; allein betrübte sie tanta rei indignitas, daß die protestirende mit
37
dergleichen dörfften hervorbrechen; dan sie besorgten, daß diß emergens
38
causa sein werde ihres lengeren hie verpleibens, da sie sonst hoffnung
39
gehabt, weyln hier doch nichts zu verrichten, ehestens avocirt zu werden.

[p. 558] [scan. 608]


1
Vertrauliche Mitteilung der von den Ksl. am ... Juli den Franzosen ange-
2
deuteten Punkte

39
Anlage (ksl. Erklärung 1646 VII ...): fehlt, Lücke zur Einsetzung des Datums.
.

3
1646 VIII 9
Donnerstag Bericht Buschmanns: Trauttmansdorff hat
4
geäußert, Ende August oder Anfang September abreisen zu wollen, da man
5
doch klar gnugsamb sehe, daß dem gegentheyl zum frieden ganz und gar
6
kein ernst, und hette er vielmehr die bestendige nachricht, daß Franckreich
7
und Schweden das reich, gleich auch Franckreich und Holland die Nieder-
8
landen, under sich abgetheylet, auch dörfften die protestirende stendt
9
wegen der Schweden, die es hinderten und gleichsamb verbiethen, mit dem
10
Kayser und den catholischen in materia gravaminum nicht schließen. Da
11
die anderen Ksl. bleiben, ist es keine ruptur. Vertrauliche Mitteilung, daß
12
die protestirende auf der Schweden postulatis mit den stifftern starck be-
13
stunden und uber diß durchauß beyde stiffter Oßnabruck und Minden
14
haben wollen, dawieder er, der uncatholische, so ihms anvertrawt, viel
15
motiven gemacht, daß er verhoff, seine mitcollegen wurden sich nit zue-
16
wieder sein laßen, daß der iezige bischoff selbiger ad dies vitae certis con-
17
ditionibus noch genießen möchte.

18
Brandenburger bei W. Klagen gegen den Kommandanten von Wieden-
19
brück

40
Oberstleutnant Balduin von Reumont.
, der die Ravensberger Bevölkerung zu Fortifikationsarbeiten
20
zwingt. [...]

21
1646 VIII 11
Samstag Bayern bei W. 1. Ernst berichtet aus Osna-
22
brück
: Nach Mitteilung Vorburgs

41
Johann Philipp von Vorburg (1596–1660), Würzburger Geheimer Rat und Gesandter.
sind die Schweden mit Verbleib der Kur
23
und aller anhängenden Rechte bei Bayern und der achten Kur für Pfalz
24
einverstanden, doch soll Ernst die Schweden selbst aufsuchen, da sie gebeten
25
sein wollen; Ernst wird den Besuch jedoch von der Titularfrage abhängig
26
machen. 2. Auf Ersuchen der Bayern haben die Sachsen sich zur Förderung
27
der Kursache bereit erklärt, doch müssen sie nach Anhörung der übrigen kur-
28
fürstlichen
Voten erst berichten, worauf Kursachsen der Mehrheit folgen
29
wird; hierbei sind sie trotz der Vorstellung geblieben, daß dann auch Bran-
30
denburg
sein Votum suspendiren könne, daß man mit Böhmen und den
31
geistlichen Kurfürsten die Mehrheit schon habe und daß Kursachsen in
32
München zugesagt habe, die Alternation nicht zu vertreten, so daß nur die
33
achte Kur übrig bleibe. 3. Da Lampadius der Sache nicht günstig war, sollte
34
Ernst ihm zusprechen. Diesem haben die Braunschweiger erklärt, sie hätten
35
zunächst an die Alternation gedacht, auf den Bericht, daß Kurbayern sie
36
nicht wünsche, aber Befehl erhalten, auf die achte Kur zu gehen, doch
37
hofften sie, daß die Fürstlichen in dieser Frage nicht übergangen würden.
38
Sie waren mit der Versicherung zufrieden, daß alle drei Reichsräte befragt

[p. 559] [scan. 609]


1
werden sollten. 4. Die Trierer haben heute versichert, wegen Kur und
2
Oberpfalz für Bayern zu stimmen, gleichzeitig aber wieder auf Restitution
3
Ehrenbreitsteins gedrungen und vorgebracht, (1) daß der neue Komman-
4
dant
Lucas

42
Lucas Spick, ksl. Oberst, seit Juni 1646 als Nachfolger Nievenheims, auf dessen Entfer-
43
nung Kurtrier gedrungen hatte, Kommandant von Ehrenbreitstein.
nicht wie Nievenheim auf Kurfürst und Kapitel vereidigt sei,
5
(2) daß er sein ganzes Regiment auf der Festung habe und vom Erzstift
6
unterhalten lasse, obwohl 450 Mann zur Besatzung genügten, (3) daß zur
7
Sicherheit von Erzstift und Festung die Feindseligkeiten gegen Franzosen
8
und Schweden aufhören müßten. Ihrem Versprechen gemäß wollen die
9
Bayern sich dafür bei den Kölnern verwenden. 5. Auf Befehl Kurbayerns
10
wollen sie die Ksl. ersuchen, vor Beratung der Pfalzfrage die Protestanten
11
in Münster und Osnabrück mittels einer im Entwurf beigefügten Proposi-
12
tion
zu disponieren. 6. Im Gegensatz zu der früheren Meinung, zuerst im
13
Kurkolleg über die Kur und die Pfalz, dann mit Zuziehung Böhmens und
14
der übrigen Kollegien über die achte Kur zu beraten, will man zur Gewin-
15
nung
einer klareren Majorität durch Zuziehung Böhmens und damit Ab-
16
wehr
der brandenburgischen Opposition diesen Unterschied jetzt aufgeben.
17
7. Bitte um Unterstützung durch die kölnischen und von W geführten Voten
18
auch im Fürstenrat. 8. Während Kurbayern wünscht, daß während der
19
Beratungen d’Avaux in Osnabrück ist, haben sie Bedenken, ob er dazu
20
bereit sein wird oder die anderen Gesandten ihn deputieren; wenn Servien
21
geschickt wird, sind eher schlechte Einwirkungen zu befürchten; auch
22
d’Avaux kann durch seine Instruktion an die für Bayern ungünstigeren In-
23
tentionen
Serviens und Mazarins gebunden werden. Kooperierten die Fran-
24
zosen
aber doch, würden sie alhier und uberall ruffen und schreiben, daß sie
25
den churfürsten zur chur gebracht und manutenirt hetten, auch deßwegen
26
grose obligation erwartten, welches sie ihrestheylß ganz nit rhatsamb be-
27
finden kondten. [...] Buschmann nach Beratung der Kölner: 1. Erfreut,
28
daß nunmehr auch die uncatholische stend das medium octavi electoratus zu
29
apprehendiren anfingen, zweiffleten nicht, es werden dahin der sambt-
30
lichen catholischen oder doch die maiora gleichfalß gehen. Daß man sich
31
der coronen vorher wol werde versichern mußen, sonderlich soviel die
32
Schweden belangt, die nach Mitteilung Trauttmansdorffs noch vor wenigen
33
Tagen in Osnabrück auf der Alternation bestanden haben; auch Longue-
34
ville
hat neulich noch der alternation erwehnung gehabt, und daß Chur-
35
bayern nur ein theyl der obern Pfalz pleiben und der ander theyl sub hypo-
36
theca solte gelaßen werden. Dahero, wie gemelt, man sich bey den coronis
37
etwas bestendiges, ehe es ad consultationem dieser sachen kombt, werde
38
versichern müßen, zumaln sonst, wangleich schon die stend under sich eins,
39
die coronae doch den pfalzgraffen und Engelland ahn sich hangen, darnach
40
alßdan guten theylß der uncatholischen stend wieder zuruckfassen dörff-
41
ten. Ad 2. Weylen in iungster conferenz fur gutt angesehen, die Chursachsi-

[p. 560] [scan. 610]


1
sche zu disponiren, so wolten I. H. G. und die andere Churcolnische solches
2
besten fleißes beobachten. Ad 3. Seye vom Dr. Ernst wol geschehen, daß er
3
den scrupul, alß wan die churfürstliche diß werck under sich allein zu trac-
4
tiren gedächten, den Braunschweig Lünenburgischen benommen. Ad 4.
5
Hab es in diesem werck bey der Churtryerischen erklehrung sein bewen-
6
den. Wegen Ehrenbreitstein ist Kurköln in den beiden ersten Punkten zur
7
Unterstützung bereit, wegen des dritten aber besorgten difficultet, weyln
8
der herr graff von Trautmanstorff, daß darzu Ihre Maiestet nicht verste-
9
hen würde, sich vernehmen laßen. Ad 5. Ließen sie sich Churbayerns er-
10
innerung wol gefallen und hielten eine sondere notturfft zu sein, befinden
11
auch beym proiect kein mangel, nur tragen die beysorg, daß es im fursten-
12
rhat ex parte Pfalz Newburg grose oppositiones geben werd, denen in sol-
13
chem proiect nothwendig zu praevenyren und zue begegnen, daß nemblich
14
per hoc medium octavi electoratus andere weitläuffigkeiten und praeteensio-
15
nes der agnaten fallen thetten, dan wan Ihre Maiestet dem pfalzgraffen alles
16
condoniren und er in electoratum restituirt würd, hette kein agnatus oder
17
proximus ichtwas zu praetendiren, sondern pleibt denselben ihr ius ad alios
18
casus integrum. Ob aber alle uncatholische stend yedes orts in gesambt oder
19
yeder absonderlich von den Kayserlichen vorzufordern, hielten sie diß
20
lezter fur das best, weyln sie sich alßdan cathegorice, ob und was fur be-
21
felch sie haben oder auch fur sich selbst intentionirt seyen, erklehren
22
musten, da sie sonst ingesambt einen abtritt nehmen, under sich consultiren
23
und villeicht solche andtwort geben wurden, die das werck mehrers diffi-
24
cultiren und intriciren möcht. Beym 6. seyen es I. H. G. und die andere
25
Churcolnische mit ihnen Churbayerischen auß denen angezogenen ursachen
26
ganz eins, und daß ein gewisser tag darzue außgesehen, interim bey den
27
coronen und stenden das werck nohtwendig underbawet werden möcht, und
28
ist darzu der 27. huius den Kayserlichen und Churbayerischen vorzuschlagen
29
fur gut angesehen, daß nemblich ahn beyden orthen hier und zu Oßnabruck
30
in allen dreyen collegiis die consultation angestelt und mit der genaden Got-
31
tes zu guter endschafft gebracht werde. Zwarn haben die Churbayerische
32
vorgehabt, mit den Kayserlichen und Churmainzischen gleich morgen oder
33
ubermorgen zu reden, ist aber endlich, noch etwas zuzuwartten, geschlossen.
34
Ad 7.

42
Bezieht sich wohl auf den 8. Punkt der bayerischen Proposition.
seind I. H. G. und die Churcolnische der Churbayerischen mainung
35
gleichfalß gewesen, und daß ihnen uber die vorgebrachte considerationes
36
noch ferner zu gemuth gehe, daß die gesandten von ihren principaln man-
37
datum haben, also er allda weder pro noch contra richten werd. Auf das
38
letzter

43
Bezieht sich wohl auf den 7. Punkt der bayerischen Proposition.
haben sie sich vernehmen laßen, daß von Ihrer Churfürstlichen
39
Durchlaucht sie befelcht, auch von dero stiffter wegen die anwesende prae-
40
laten und deputirte wol intentionirt weren. I. H. G. belangend, würden sie
41
von wegen ihrer stiffter ihre obligation gegen Churbayern und das gesambt

[p. 561] [scan. 611]


1
hauß nicht vergessen oder zuruckstellen, wisten auch, soviel die andere ihr
2
aufgetragene vota betreffen thett, daß die herrn principaln hierinnen, dem
3
catholischen weesen, allgemeinen wollweesen und churhauß Bayern zum
4
besten, nicht zuewider sein würden. W: Nach Errichtung der achten Kur
5
kann es Schwierigkeiten wegen des Reichsvikariats geben, das die Protestanten
6
ganz für Pfalz behaupten oder doch alternieren lassen wollen; seye auch der
7
Churmainzische canzler [...] hierbey zimblich sorglich, in erwegung, wie er
8
bericht zu sein und nit wenig zu befahren vermeldet, daß von der andern
9
seith auf das erste, nemblich perpetuum vicariatum, starck gangen werde,
10
oder doch endtlich die landen, so under das Pfalzische vicariat gehorig, they-
11
len und also auch tertium vicarium imperii constituiren würden, welche et
12
pro imperio et pro religione sehr gefehrliche sachen. Benebens so werde der
13
pfalzgraff allein nicht elector sein wollen, sondern auch dabey ein ambt
14
und dignitet gleich den andern affectiren, umb bey der wahl und cronung
15
eines Romischen Kaysers etwas zu thun zu haben, so sie in discursu vor
16
diesem dem hern graff von Trautmanstorff hetten angedeut, und er fur wol
17
erinnert, und daß darauff muste gedacht werden, gehalten, und stunden
18
I. H. G. soviel mehrers in den sorgen, wan nichts dergleichen dem pfalz-
19
graffen gelaßen, daß er alßdan desto mehrer ursach nehmen werd, durch
20
die coronen und uncatholische das vicariat zue behaubten, da er sonst, wan
21
er dergleichen erzampt erlangt, sich wie Churbrandenburg mit demselben
22
ohne vicariat contentiren must. Die herrn Churbayerische hielten diese
23
considerationes für gar erheblich, andeuttend, daß der herr graff von
24
Trautmanstorff in iungst mit ihnen gehaltener conferenz gleichmeßige er-
25
wehnung vom officio gehabt und diese drey vorgeschlagen 1. ein erzhoff-
26
meister, 2. erzguardihaubtman, 3. erzjagermeister, mit vermelden, daß er
27
anderst nichts finden konne. Nun aber seye beym ersten die difficultet, daß
28
ein hoffmeister den andern ambtern vorgehe und also dem pfalzgraffen zur
29
competirung mit andern weltlichen churfursten iezt oder künfftig anlaß
30
geben mocht. So seye auch beym zweytten bedencklich, daß der pfalzgraff
31
alle guardi und wachten auf waaltagen, reichs- und andern conventen an-
32
ordnen und bestellen soll. Und mochte also das dritt wol das beste sein.

33
[...]

34
1646 VIII 13
Montag Buschmann bei Vulteius. Bitte um einen Paß
35
nach Paderborn, wo er an den Verhandlungen über Aufteilung der Ran-
36
zionsgelder
teilnehmen soll. Vulteius: Stellt die Gewährung durch die
37
Landgräfin in Aussicht. Negst dießem hatt der Vulteius von sich selbsten
38
de negocio pacificationis zu reden angefangen und sonderlich die Hessische
39
satisfaction berührt, wobey er sich dan sehr befrembdet, daß mitt inen
40
Hessischen so gar nit tractirt würde. Auff welches der canzler replicirt,
41
daß kein beßerer modus ineundae pacis, alß einem jeden das seinige wieder
42
zu geben, und wuste er auch sonsten nicht, warzue dieße hochgerühmbte
43
und urgirte amnistia nütz sein woltte, wan man einem oder andern theill

[p. 562] [scan. 612]


1
für seinen erlittenen schaden satisfaction und erstattung thun woltt. Und
2
würde mans auch schwerlich eins werden können, welches dem andern her-
3
außzugeben schuldig; zumaln ein jeder das seinig gelitten und keiner die
4
schuldt zum kriegh uhrsachen geben zu haben auf sich werde sitzen laßen
5
wollen. Der Vulteius hatt hiernach weitläuffig erholet, wie die landt-
6
graffinn zue Hessen zum krieg gepracht, warunder er dan die Marpurgi-
7
sche sach und herrn landtgraffens Jörgen procedeuren gar hefftig exagge-
8
rirt, folgends die conclusion setzen wollen, daß die fraw landtgräffin nicht
9
pari iure cum reliquis statibus censirt werden köntte, zumahln sie in weith
10
anderer postur alß die übrige stendt sich befinde, auch ein mehrers dabey
11
auff-, auch ihre gantze zeittliche wollfahrt in gefahr gesetzet, derowegen
12
billich, daß sie nunmehr auch eine satisfaction dagegen suchen. Und ob-
13
wohln man dafür haltten möchte, daß wan mitt den frembden cronen ein
14
gantzes gemacht, sie die Hessen von selbsten woll zum creutz kriechen wür-
15
den, so hetten sie sich doch bey den coronis alßo meritirt gemacht, daß sie
16
von denselben verlaßen zu werden nicht hoffen köntten, und wan solches
17
auch schon geschehen soltte, so hetten sie doch solche fäste plätze in ihren
18
handen, daß man noch woll mitt innen werde sprechen müeßen, wie sie dan
19
dieselbige umb nichts nicht wieder würden wollen abtretten.

20
Chigi bei W. Meldent, daß die sachen dergestaldt schläfferig bey allen trac-
21
taten itzo hergiengen, auch ganz keine hoffnung, daß vor geendigter cam-
22
pagnia, oder biß im feldt sich waß begeben mögte, etwas zuverläßiges
23
werde tractirt werden. Und hatt man nun dieße 2 ganzer jahr nacheinander
24
gnugsamb erfahren, daß die Franzosen und Schweden, wan sie praepara-
25
toria zum krieg gemacht und subsidia bekommen, ahn den frieden nit ge-
26
dacht, weniger denselben im geringsten befördert, alßo man nun ietzt in
27
Septembri und Octobri sehen würde, ob sie zue den tractaten etwas mehrer
28
thuen und schließen würden, wiedrigenfalß zum frieden gantz keine hoff-
29
nung, sondern das absehen abermaln auff eine campagnia gerichtet seye.

30
1646 VIII 14
Dienstag Unterschiedliche Conclusa der Protestanten in
31
Münster und Osnabrück; neue Beratungen zwischen ihnen. – Äußerung
32
Langenbecks gegenüber Köberlin: Daß in der Pfalzischen sach das fürst-
33
liche hauß Braunschweig den octarum electoratum, wan ahn deme der fried
34
hafften soltte, zu hinderen nicht begerte; und ob zwarn nicht ohne, daß es
35
der güldenen bull zuwieder, so seye doch auch hingegen zu consideriren,
36
daß diejenige, so die güldene bull aufgerichtet, selbige auch zu ändern ver-
37
möchten, und dafern der Lampadius zue Oßnabrugk ein anders reden und
38
votiren soltte, würde er wieder seine instruction handlen.

39
Trierer an Buschmann: Auf Befehl Kurtriers Kölnern und Bayern mitzutei-
40
lende Schrift

41
Anlage (Trierer Schrift): fehlt.
.

[p. 563] [scan. 613]


1
1646 VIII 16
Donnerstag Morgens in aller frühe seind I. H. G. nebenst
2
herrn probsten Landsperg alhier auffgebrochen, umb nacher dem Rhein
3
sich zue begeben und auß ein und anderm mit Ihrer Churfürstlichen
4
Durchlaucht zu communiciren, vorhabens die raiß also anzustellen, daß sie
5
innerhalb 10 oder lengst 12 tagen wiederumb alhier sich einfinden kondten.
6
Mitteilung an Mainzer, Österreicher, Salzburger und Bayern mit dem an-
7
deutten, daß der Paderbornische dhombprobst von der Reck alhier verplei-
8
ben und, was underdeßen vorfallen mocht, respiciiren und beobachten
9
würde. [...]

10
[...]

11
1646 VIII 21
Dienstag Mitteilung Chigis auf Kölner Anfrage: Vor-
12
gestern
haben die Mediatoren die Franzosen aufgefordert, innerhalb eines
13
Monats ihre endgültigen Satisfaktionsforderungen zu nennen; diese haben
14
die Schuld für die Verzögerungen zunächst wieder den Ksl. gegeben, endt-
15
lich doch pro cathegorica sich auf negstkunfftig erpotten. – Schreiben der
16
Staaten an die Königin von Schweden in der Satisfaktionsfrage

36
Anlage (wohl Generalstaaten an Königin von Schweden 1646 V 15): fehlt; Druck:
37
J. G. Meiern III S. 83f.
. – Mittei-
17
lung
der Brandenburger Antwort wegen der klevischen Geistlichen

38
Vgl. oben [S. 550] .
an den
18
gestern eingetroffenen Propst von Xanten

39
Johann von Sternenberggen. Düsseldorf (1589–1662), Propst von Xanten, Weihbf. von
40
Münster 1648.
; Auftrag an ihn zur Abfassung
19
einer Erläuterung.

20
1646 VIII 22
Mittwoch [...] Mitteilung der Mainzer: Auf Wunsch
21
der Ksl. soll morgen der Kurfürstenrat über die französische Satisfaktion
22
beraten.

23
1646 VIII 23
Donnerstag Reck und Bayern vor der Sitzung. Haslang:
24
Nach Mitteilung Contarinis wollen die Franzosen bei Bewilligung des
25
Besatzungsrechtes in Philippsburg keine neuen Forderungen stellen, den
26
Abschluß mit Schweden und die Erledigung der Pfalzfrage fördern.
27
Frankreich und Spanien sind nach Trauttmansdorff soviel nicht in materia-
28
libus alß formalibus voneinander, da Spanien zur Abtretung der in den
29
Niederlanden von Frankreich eroberten Plätze bereit ist. Noch Differenzen
30
über die Länge des Waffenstillstandes in Katalonien; wegen Portugal wird
31
Frankreich den Abschluß wohl nicht verzögern. Kölner Meinung wegen
32
Philippsburg? Reck: Daß zwarn iezt erzehltes den statum tractuum ganz
33
thette ändern, wan man sich aber erinnerte, wie man mit der Breysachischen
34
negotiation, da ebendergleichen assecuration geschehen, betrogen worden,
35
würde er anderst nit thun konnen, alß negst deßen remonstration anzu-

[p. 564] [scan. 614]


1
deutten, daß bißdaher Seine Churfürstliche Durchlaucht zue Collen noch
2
keinen weittern befelch hetten eingeschickt. Bayern: Haben auch noch
3
keinen Befehl; wan sie aber iezigen gefährlichen zustand considerirten und
4
schweren verweiß und verandtworttung besorgen mußen, falß sie diese
5
occasion des friedenschlußes mit Franckreich sollen außer acht laßen, so
6
wurden sie ihrestheylß, da, wie vermuttheten, die Churtryerische in publico
7
die erklehrung thun solten, daß ihr herr das praesidium und custodiam der
8
vestung offerirt, solches nicht impugniren. Ob nun wol Reck bey vori-
9
gem bestanden, und daß er hierinnen, zumalen er iezo nahmens Churcollen
10
alhier allein, behuttsamb gehen must, und anderst nicht wurde thun kon-
11
nen, alß auff mangel instruction sich zu beziehen, haben doch die herrn
12
Churbayerische, indem die rationes pro et contra noch mehrers examinirt,
13
sowol dem gemeinen friedenschluß alß hauß Bayern in particulari, auch
14
Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht erz- und stiffter nicht wollen dienlich
15
halten, votum Coloniense, zumaln die Franzosen alles innen würden, auf
16
die negativam abzuegeben, sondern balder bono modo auf der andern chur-
17
fürstlichen bedencken und die maiora sich zue beziehen.

18
Ankunft der Trierer, von denen Reck erfährt, daß sie nun in publico wegen
19
der Übertragung Philippsburgs votieren sollen. Auf Frage bei den
20
Mainzern nach ihrer und der Ksl. Meinung: Weyln das ganze friedens-
21
werck, wie es schein, in hoc puncto nunmehr hafften wolle, wurden die
22
herrn Kayserliche bey iezigem zustand diese occasion nicht außer acht
23
laßen, auch Churmainz, wiewoln viel dabey ratione der nachparschafft zu
24
consideriren, das conclusum pro, wan dadurch der fried zu erheben, nicht
25
improbiren, ob sie gleich deßhalber einigen befelch nicht hetten. – Kur-
26
fürstenrat
.

27
St. Romain bei Reck. Bitte um Beförderung der Angelegenheit Philipps-
28
burg
; da der Eigentümer Frankreich das Besatzungsrecht schon angeboten
29
hat, besteht kein Grund zum Widerstand, zumal der Kaiser selbst die
30
Festung vom Stift Speyer an das österreichische Elsaß hat bringen wollen.
31
Da Frankreich in anderen Punkten so viel nachgibt, mögen hierin die Stände
32
positiv schließen. Reck: [...] Nachdem Forderungen auf Philippsburg
33
nach uberlaßung der vestung Brysach neben andern praetensionen, gegen zu-
34
versicht und vertrostung auch gemacht, seyen die rationes, die ex parte
35
Franckreich vorpracht, gnugsamb bekandt, darauß zu ersehen, daß selbige
36
cron under andern ihre versicherung darin zue bestehen und zue des reichs
37
besten mit außdeutte, hingegen aber auch denen, welchen des reichs status
38
bekhandt, und sonderlich in erwegung, was auß diesem langgeführten krieg
39
und iezigen friedenstractaten facto ipso zue schließen und abzunehmen, so
40
ratione status imperii et quietis publicae nicht zue verwerffen. Und würden
41
die herrn plenipotentiarii, alß in statu regnorum erfahrene vornehme mini-
42
stri, wie auch er selbst bekennen müßen, daß die uberlaßung Brysach, und

[p. 565] [scan. 615]


1
was nun iezo weitters begert würd, keine geringe sach. Und musten gleich-
2
wol die Teutsche auch dahin pillich sehen, daß ihnen, indem Franckreich
3
seine versicherung so weitt extendirt und mit der vestung diß und jehnseith
4
Rheins stabilirt, in den reichsstatus und ihre Teutsche freyheit nit zu nahe
5
getretten werde, und es darnach heiße, in fraeno maxillas eorum constringe.
6
Dieses wurde monirt, damit gleichwol auch in consideration kom, was man
7
pillig auch ex parte Caesaris zu beobachten, und daß, wan amore pacis
8
endlich mit uberlaßung Philipsburg die resolution gegeben, es gleichwol
9
keine geringe sach, und weyln diß ye conditio finalis und sine qua non sein
10
soll, man nit abermals mit andern newen praetensionen die friedenshand-
11
lung schwerer oder ganz desperat machen möcht. [...] Nun seye diese con-
12
sequenz, indem ein stand diese oder iene vestung im reich ohne Ihrer Maie-
13
stet, in specie ein bischoff ohne seines dhombcapituls consens ad exteros
14
solte veralieniren konnen, sehr gefehr- und beschwerlich, und würden da-
15
durch die iura ecclesiarum in Germania quemadmodum capitula cathedra-
16
lia sehr geschwecht und infringirt. Zurückweisung der Behauptung österrei-
17
chischer
Absichten auf Philippsburg. St. Romain: Daß zwarn wegen
18
der vestung Brysach das hauß Osterreich ein oder ander consideration
19
haben möcht, man müste aber den weg eingehen, wodurch zu ruhe und
20
frieden zue gelangen. Die cron Franckreich habe sich gegen das reich und
21
die Teutsche nation yederzeit also affectionirt bezaigt, daß gegen dieselbe
22
differenz zu haben kein ursach. Dem stifft Speyer sey es ein groß benefi-
23
cium, daß Franckreich auf seine unkosten die vestung verwahren und dem
24
stifft hingegen in suo dominio nicht zu endziehen gedächte. Es vermerckte
25
der graff von Trauttmanstorff wol, daß ohne Philipspurg der fried nit zu
26
hoffen, und daher beraiz so weit nomine Caesaris sich erklehrt, daß Ihre
27
Maiestet, wan chur-, fürsten und stende des reichs (ohne deren vorwissen
28
und consens er hierin nicht verfahren konte) nachgeben würden, amore
29
pacis auch consentirten. Franckreich bezeige sich bey dem puncto pacis also
30
lind und tractabel, daß auch andere sich daruber thetten verwundern und
31
in specie die Schweden nicht wol zuefrieden weren, daß Franckreich von
32
voriger praetension so verschiedene und ansehenliche stück zuruckliesen
33
und das ubrige so theur erkaufften. Abfindung der Innsbrucker Linie.
34
Hilfe gegen die Türken. Reck: [...] Was von erkauffung der satisfac-
35
tion gemeldet, da würden sie selbsten bekennen müßen, daß was von sei-
36
then Ihrer Maiestet offerirt, unaestimirliche sachen seyen, und nachdemaln
37
die landschafften zu des reichs oneribus und türckensteuern contribuirt, so
38
wurde die cron Franckreich in causa communi christianitatis, welche bey
39
dem erbfeind sonderlich zue beobachten, hierin dem christlichen glauben
40
auch pillich beyzustehen haben. [...] Wenn man wegen Philippsburg nach-
41
gibt
, werden hoffentlich die Franzosen nicht wiederumb mit beschwer-
42
lichen conditionibus das werck aufhalten und in specie bey der Hessischen
43
praetension der kirchen und consequenter Gottes und seiner hayligen patri-
44
monia nit mehres graviren, noch selbige verrücken oder zertheylen laßen.

[p. 566] [scan. 616]


1
Wie offters remonstrirt, hetten die erz- und stiffter [...] wegen zugefugten
2
grosen schadens vielmehr ursach, reparationem zue begehren. Wan nun
3
aber solches disseits amore pacis mit der amnistia vergeßen, were ia die
4
hochst unbillichkeit, daß parti laesae noch daruber solten solche beschwer-
5
liche conditiones aufgetrungen werden. Schädlichkeit der Calvinisten in
6
Frankreich, um so weniger die landgräffin mit vermehrung ihrer landen
7
hochmütthig- und mächtiger zu machen. Es seye auch die grose
8
unbillichkeit ahm tag, dadurch sie die Hessen in specie dem stifft Pader-
9
born alle residenzhauser biß auf ein einziges noch erst diesen sommer in die
10
aschen gelegt, daß denselben gleichsamb zur recompentz ahn land und
11
leuthen oder geld noch solte ein so nahmhafftes gelaßen oder gegeben wer-
12
den, und mangleten auch dergleichen rationes bey andern stifftern nicht.

13
St. Romain: Von geistlichen guttern den Hessen etwas zu uberlaßen, der
14
mainung seyen sie nit, es müste ihnen aber in der Marpurgischen sach
15
vollige satisfaction gegeben werden, und würde wegen des ubrigen zu trac-
16
tiren stehen. Kein verstendiger werde Franckreich zumutthen, ihre alliirte
17
endweder zu verrathen oder zue verlaßen. Herr thumbprobst: Daß
18
man der Hessen enormissimas laesiones religionis et status imperii in vergeß
19
gestelt und sie der cron Franckreich zu gefallen in die amnistiam aufge-
20
nommen, seye satisfaction gnug, und kondten sie von Franckreich mehrers
21
nicht praetendiren. St. Romain: Zu erhaltung friedens werde man
22
etwas thun und der cron Franckreich intention, so sie hierbey hette, befur-
23
dern mußen. Herr thumbprobst: Man thette den frieden pillich aller-
24
seits wunschen, weyln dabey die ganze christenheit in solchen verderblichen
25
stand gesezt, in Franckreich selbst werde sichs ahn menschen und güttern
26
spuhren laßen, daß frieden zu machen dienlich. St. Romain: Er muste
27
wol bekennen, daß der verlust und verderb sich allerseits, theyls ahn rhen-
28
den, theyls ahn freund und verwandten, welche der bluttige krieg hinweg-
29
nehme, befinde, desto mehrer man fried zu schließen ursach, so mit richtig-
30
machung des begehren mit Philipspurg geschehen konne. Herr thumb-
31
probst: Man trage die zuversicht zu den plenipotentiariis Gallicis, wan man
32
mit Franckreich deßhalber einig, es werden sie die Schwedische zur ragion
33
pringen helffen, auch des catholischen wesens, damit der religion in puncto
34
gravaminum kein weiterer schad zugefügt, sich annehmen. St. Romain:
35
Sie würden beydes zu thun nicht underlaßen, und wurden sich die Schwe-
36
den durch diß exempel, daß Franckreich in puncto satisfactionis schließen,
37
desto mehrers disponiren laßen. [...]

38
1646 VIII 26
Sonntag Rückkehr Ws. – Von den Franzosen verbrei-
39
tete Nachricht einer ksl.-bayerischen Niederlage.

40
1646 VIII 27
Montag [...] Trauttmansdorff bei W. Erkundigung
41
nach dem Gesundheitszustand Kf. Ferdinands, weyln allenthalben von dero
42
thodlichen kranckheit, ja daß sie alberait vor I. H. G. ankunfft zu Bonn
43
verschieden weren, mit grosser consternation mennigliches alhier verlautten

[p. 567] [scan. 617]


1
wollen, sowie nach dem Stand der Armeen. W: Der Kurfürst noch bei
2
guter gesundheit; Nachrichten über die militärischen Verhandlungen in
3
Bonn. Zu den Friedensverhandlungen Trauttmansdorff: Wegen Schwe-
4
den
nichts Neues, Löben von Kurbrandenburg zurück, hat die Resolution
5
aber niemandem mitgeteilt

39
Die Resolution Kurbrandenburgs 1646 VIII 18 (Druck: UuA IV S. 454) nennt als
40
Ersatz für Teilpommern u. a. die Stifter Halberstadt, Minden, Hildesheim, Osnabrück,
41
Bremen, Münster, die Anwartschaft auf Magdeburg, mehrere schlesische Fürstentümer
42
und die Einräumung der gesamten jülich-klevischen Lande.
. Die Antwort der Gegenseite zu den Grava-
6
mina
ist vorgestern in Osnabrück übergeben worden, erwartet den Wort-
7
laut

43
Vgl. unten [S. 571 Anm. 9] .
. Will wegen Philippsburg I. H. G. (wie die formalia gewesen), nicht
8
nur alß einen vornehmen churfürstlichen gesandten und reichsfürsten, son-
9
dern auch alß seinen patronen und herrn in vertrawen gefragt haben, weiln
10
er ye einmal keine instruction, befelch oder einige intention in hoc passu
11
hab noch wust, daß den Franzosen zue condescendiren, ob solche einrau-
12
mung der vestung Philipspurg nachzugeben oder per negativam das frie-
13
denswerck in stecken gerathen zu laßen? I. H. G. thetten sich der com-
14
munication und gebrauchenden confidenz bedancken und meldeten auf die
15
beschehene frag, daß ihme alß sein guter freund und diener andworten
16
wolten, weiln sie den bericht empfangen und das bey iungster session in hoc
17
negotio gehaltenes protocollum

44
Im Kurfürstenrat 1646 VIII 23.
vermögte, daß die uncatholische alß Sach-
18
sen und Brandenburg schier meistens darzu gerathen und das conclusum in
19
partem affirmativam einhellig außgefallen, so vermainten sie, daß stante
20
tali concluso desto weniger bedenckens zu machen, vorab auch, daß Chur-
21
tryer alß bischoff zu Speyer hierzu, und zwarn zu einem mehrern inclinirte
22
und die bewilligung von ihme beraiz geschehen, da es eine andere mainung
23
sonsten wol hett, wan ein oder anderer herr, dem diese orth und vestung zu-
24
stendig, contradiciren und sich opponiren thette. Welches der herr graff
25
von Trautmanstorff also wahr zu sein affirmirte. Auff weitter I. H. G.
26
zufragen, wan es nun obbedeuter maßen hiermit seine richtigkeit habe, ob
27
alßdan der fried bey Franckreich zu erheben? Andworttete der herr
28
graff, wie ihm von den herrn mediatoren die bedeuttung geschehen, daß die
29
plenipotentiarii nur allein noch unicum hoc mit Philipspurg praetendirten,
30
und wan ihnen willfahrt, alßdan schliesen wolten, dahero er nunmehr ge-
31
dacht, diese erklehrung per mediatores ihnen morgen oder ubermorgen an-
32
zeigen zu laßen, alsdan, wan sie damit friedlich, das instrumentum pacis
33
Gallicae zu fertigen und ihnen zuzuschicken. Es werde aber alles in summo
34
secreto müßen gehalten werden, inmaßen sie begert und under baiden tailen
35
geschlossen worden, daß wan sie mit den Kayserlichen concludirten, kein
36
mensch einiger theyl davon etwas sagen solt, welches sie von den Spaniern
37
und Hollandern, die es mit ihren tractaten also gemacht, gelehrnt hetten.

38
Nassau bei W. Privatsachen. [...]

[p. 568] [scan. 618]


1
1646 VIII 28
Dienstag Kurfürstenrat . – W bei Chigi. Die Franzo-
2
sen
haben sich bei den Mediatoren nicht deutlich erklären wollen, ob nach
3
Gewährung Philippsburgs sie wegen Lothringen, der Entschädigung für die
4
Innsbrucker Erben, Besatzung in Lindau und der anderen ksl. Bedingungen

42
Vgl. APW [III C 2,1 S. 690ff] .; das Besatzungsrecht in Lindau verlangten die Ksl. als
43
Ersatz für Breisach.

5
keine Schwierigkeiten machen würden; dahero er die nit unzeitige vorsorg
6
trüge, daß es auch mit Philipspurg noch nicht werde gethan sein, sondern
7
vielleicht, wie bißdaher, vorab bey gegenwertigem zustand disseitthiger
8
exercituum und daß die campagnia noch nicht geendigt, alle oblationes an-
9
nehmen, nichts schliesen und im October noch mehrers begehren.

10
D’Avaux bei W. W: Hat seine Rückreise beschleunigt, da er gehört, daß
11
man mit den friedenstractaten zwischen ihnen und dem reich bald verhoff
12
ahn ein end zu kommen. Welches er d’Avaux mit ja beandworttet, mit
13
dem zusatz, wan allein der herr graff von Trautmanstorff und andere
14
Kayserliche sich resolviren wurden. I. H. G. subiungirten, sie hetten
15
gern vernommen, daß ex parte Franckreich dermaln eine andere erklehrung
16
fiele, indem sie, ihres vernehmens, iezt noch allein auff Philipspurg beste-
17
hen, verhofften, daß es dabey pleiben, nicht aber abermalß new und newe
18
sachen auf die bahn pringen werd. Auf welches zwarn der conte de
19
Avaux nicht geandworttet. I. H. G. aber prosequirten, die materi und
20
sagten, daß hingegen verhoffentlich die Kayserliche begehren wegen der
21
millionen, wegen des herzogen von Lottringen, der besatzung Lindaw und
22
was dergleichen, auch wurden bewilliget sein und deßhalber nicht weittere
23
difficulteten gemacht, und nur, was offerirt, angenommen werden. Und
24
meldete er endlich, daß er verhoffen woll, man in allen sachen noch wol
25
werde konnen zusammenkommen. Ratione Lottringen seye die resolution
26
schon so mannigsmal von Pariß kommen, und hetten sie deßhalber ganz
27
keinen andern befelch. Seither I. H. G. verraist, hetten wegen Philipspurg
28
alle churfürstliche gesandschafften ersucht, masen der Saint Romain beym
29
hern dhombprobsten von der Reck auch gewesen und das negotium recom-
30
mendirt, ex parte Caesaris aber wurde nur alleweyl die occasio eines guten
31
friedens verlohren, zumalen die beste gewesen, alß der Touraine noch uber
32
Rhein sich befunden und die coniunction remorirt, wie von Trauttmans-
33
dorff
mitgeteilte aufgefangene Schreiben zeigen. Und inclinirten nun die
34
Schweden facta coniunctione, die man ergehen laßen mußen, zum frie-
35
den desto weniger, auch die sachen ex parte Caesaris sich ye mehr und
36
mehrers verärgerten. Er alß pacis amantissimus solte von herzen wünschen,
37
daß doch vom graffen von Trautmanstorff lenger nicht cunctirt würde,
38
ihnen satisfaction zu geben. I. H. G.: Daß es damaln, wie Touraine
39
noch ienerseithen Rheins gestanden, nicht zum schluß gerahten, konne den
40
Kayserlichen nicht imputirt werden, dan ihme nicht werde abgefallen sein,

[p. 569] [scan. 619]


1
was ex parte Franckreich eben selbiger zeit noch fur schwere sachen mit
2
den zehen reichsstätten, der linea communicationis, mit der vestung Philips-
3
purg, Hessischen satisfaction etc., die man gleichsamb pro conditionibus
4
sine quibus non auf die bahn pracht und durchzutringen vermaint; were
5
damaln ihrerseits etwas milter und auff possibilia gegangen, wurde ex
6
parte Caesaris et imperii wol nichts ermanglet haben, wie noch; und seye
7
freylich ulterior dilatio nit allein dem reich, sondern auch Franckreich
8
selbsten schädlich und gefarlich, zumaln alea belli dubia, und sie mit dem
9
Italanischen krieg diß jahr erfahren hetten. Dieses affirmirte der
10
d’Avaux mit dem anhang, daß aber diß nicht allein, sondern vielmehr, daß
11
die Schweden ye lenger ye potentiores würden, zu consideriren, welches er
12
in vertrawen angedeut haben wolte. Und weylen dan die inclinationes iezt
13
allerseitz beßer, were mit den sachen zue maturiren, da sich sonst auch ein
14
oder ander humor under ihnen Franzosischen gesandten selbsten, wan die
15
sachen weitters differirt und fortuna belli auf ihrer seith weitters sich be-
16
zeigte, etwan wol möchte ändern. Fragte demnegst, weyln bey I. H. G. der
17
her graff von Trautmanstorff gestern sich eingefunden, ob sie von ihme
18
nicht hetten vernommen, wan er mit der erklehrung heraußgehen und den
19
tractaten ein end machen werde. I. H. G. andwortteten, daß sie anderst
20
nicht wusten, alß daß er ihnen die resolution morgen oder ubermorgen
21
würde laßen anzeigen, darauf, wan die Franzosen in diesen puncten endlich
22
sich erklehrten, das instrumentum pacis fertigen und ihnen zustellen.

23
Welches er gern zu vernehmen sich bezaigt, meldend, daß gar wol zu
24
vermercken gewest, daß der herr graff von Trautmanstorff bißher mit
25
grosem risquardo auf die Spanische sachen gegangen, iezt aber höre er gern,
26
daß ex parte Caesaris nunmehr weitters wolle verfahren werden. I. H. G.
27
thetten ihn erinnern, daß man der mainung nie gewesen, in die Spanische
28
sachen dergestalt sich zu mischen, daß dadurch der fried furs reich wurde
29
aufgehalten unnd behindert, dan außer den Niederlanden, so zum reich in
30
so weit gehorig, man mit den sachen nichts zu schaffen, wan aber der fried
31
im reich getroffen, würde man in alle weg gern sehen, daß zum allgemeinen
32
frieden mit Spanien alle nuzlichste befurderung wurde angewendet. Der
33
d’Avaux bezeigte sich hierbey abermalß froh zu sein, dan sie in denen ge-
34
dancken gestanden weren, daß umb der Spanier willen der her graff von
35
Trautmanstorff nicht würde fortfahren, were ia sonsten in alle weg ihre
36
mainung, mit den Spaniern frieden zu schließen. Auf Nachfrage Ws:
37
Wegen der Niederlande und Roussillon ziemlich einig, die meisten Schwie-
38
rigkeiten
noch wegen Portugal, wo die Franzosen einen langen Waffen-
39
stillstand
fordern; für Katalonien verlangen sie einen Stillstand von
40
der Dauer des spanisch-staatischen. In Italien will Frankreich alle Orte
41
einschließlich Casale

42
Festung in Montferrat und Schlüsselposition Nordwestitaliens, seit 1624 von franzö-
43
sischen Truppen besetzt.
räumen, wenn Spanien auch räumt und für Casale

[p. 570] [scan. 620]


1
genugsamb assecuration gibt. Bey diesem haben I. H. G. vermaint,
2
daß der allgemaine friedensschluß und die Kayser- und konigliche worrt
3
assecuration genug. Er aber, daß es assecuratio realis sein muste,
4
und konten sie einmal den Spaniern nach ihren wortten nicht trawen.
5
[...] I. H. G. begerten zu wissen, was dan fur eine versicherung und wehm
6
solche zu geben seye? D’Avaux: Rückgabe von Casale an Mantua und, da
7
dieses zur Verteidigung allein zu schwach, Unterhaltssicherung für wenig-
8
stens
die halbe Guarnison durch Venedig. Weitters fragten I. H. G.
9
nach beschaffenheit des friedens zwischen Spanien und den Holländern.
10
Ihres vernehmens werde selbiger gleichsamb fur geschlossen und daß sie
11
darzu, wan sie wolten, gelangen kondten, außgegeben. Woruber der
12
conte d’Avaux lachend vermeldet, daß die Spanier sich gewaltig betrogen
13
befinden oder sich selbst betrügen würden [...] und hielten sich die Fran-
14
zosen gar wol gesichert, daß die Hollander den frieden mit Spanien nie
15
vollig schließen, weniger zur execution würden kommen laßen, ehe und
16
zuvor mit Franckreich gleichfalß ein ganzes gemacht seye. Einer under den
17
gesandten mochte wol hier sein, der die Spanische ein anders weiß machete,
18
er sag aber nachmal, daß sie sich in deme wurden betrogen finden, dan
19
obwol ein oder ander von den Niederlandischen Unyrten Provinzen zum
20
frieden sehr inclinirten, auch mit den Spanien erklehrten puncten gar wol
21
zufrieden, ja wol eine et quidem potentior ein ombrage von den Franzosen,
22
alß daß sie ihnen so nahe kommen und so viel plätz und landschafften
23
erlangten, haben mocht, seyen doch dieselbe neben den andern also un-
24
danckbar nicht, daß sie nicht erkenneten, daß durch die cron Franckreich
25
und deren so vieljährige assistenz zue diesem estat gerahten, den sie nun-
26
mehr haben und durch den frieden behalten würden. Hiervon deflec-
27
tirten I. H. G. auff die Schweden, mit begeren, was doch deren intention
28
und ob ihnen rechter ernst zum frieden? Worauff der conte d’Avaux
29
die schultter zuckend geandworttet, daß er wegen täglich zunehmenden
30
progressen sehr anstünde, und muste bekennen, daß er die intentiones
31
etwan mutirt befinde, er sage nachmal, man solle doch in Gotts nahmen mit
32
Frankreich schliesen, und vorher die gravamina nicht abhandlen, jetzt seye
33
es ahn ein geringes kommen, alßdan wolten sich mit den Kayserlichen der-
34
gestalt confidenter bezaigen, auch bey den Schweden und uncatholischen
35
serio interponiren, daß man sich daruber solte zu verwundern haben; er
36
bekennete, daß er seinestheyls nichts alß frieden desiderire, auch beger und
37
befurdern woll, daß gleich die cron Franckreich mit underschiedlichen
38
uncatholischen biß dato alliirt gewesen, also inskunfftig mit den catholi-
39
schen sich colligire. I. H. G. lobten diesen des d’Avaux zelum und
40
wünschten effectum ipsum, umb desto mehrer weyln ihro nicht zweifflete,
41
ia gleichsamb bekand were, daß viel andere in Frankreich, so in diesem
42
passu anderst iritentionirt, ia keinen rechtgeschaffenen ernst zum frieden
43
hetten, und seye zu verwundern, da es die mainung hab, daß man uberall
44
nach dem frieden trachten soll, noch newe unruhen, inmaßen noch unlengst

[p. 571] [scan. 621]


1
zu Luttig geschehen

34
Bei den Bürgermeisterwahlen im Juli 1646 hatte sich die dem Landesfürsten feindliche,
35
seit dem Vertrag von Tongern 1640 ausgeschaltete und sich an Frankreich und die
36
Generalstaaten anlehnende Popularpartei in der Stadt Lüttich gewaltsam wieder der
37
Herrschaft bemächtigt.
, excitirt wurden. Fragten darauff, ob der monsieur de
2
l’Ombre

38
Antoine de l’Hombres, französischer Resident in der Stadt Lüttich.
wieder zuruckkommen, der würde sonder zweiffel, wie es allda
3
stehe und abgeloffen, referiren konnen. Worauff der d’Avaux starck
4
angesehen, und nachdem er ein weyl still geschwiegen, endlich zur andwort
5
geben, daß er noch nicht alhie wieder ankommen. Was geschehen, habe
6
Franckreich thun müßen, zumaln ihrem estat zuwieder, daß zu Lüttig in
7
vicinia und in einem so mächtigen stifft und statt nur Spanische burger-
8
meister weren [...]. Frage nach dem Gesundheitszustand des Kurfürsten
9
von Köln, von dem es heißt, er sei auf der Jagd tödlich gestürzt. [...] Die-
10
sem nach rhumbt er Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern, und son-
11
derlich die gute befurderung dieser tractaten und der coronen satisfaction,
12
sehr und subnectirte, wie ihnen wol wust, daß Churcollen wie auch I. H. G.
13
das ihrige dabey praestiret, nur liese man den Kayserisch- und Spanischen
14
gar zuviel zue, welches Churbayern prudenter in obacht nehme, und konne
15
er wol sagen, daß die cron Franckreich allezeit ein sonders aug auf diß
16
hauß gehabt und haben werde, man kondte auch des herrn coadiutoris
17
interesse gar wol bey Franckreich beßer solidiren

39
Gemeint wohl die Bemühungen um die Wahl des Kölner Koadjutors Max Heinrich von
40
Bayern zum Koadjutor in Lüttich.
; in negotio Palatinatus
18
habe sich die cron Franckreich Churbayerns gleich anfangs eifferig ange-
19
nommen und in ihrem ersten Vertrag mit Schweden gegen Gustav
20
Adolfs heftigen Widerstand für Maximilian den Kurtitel durchgesetzt

41
Vertrag von Bärwalde 1631 I 23; allerdings hat die schwedische Ratifikation 1631 I 26
42
(Druck: Sverges Traktater V 1 S. 438f.) wieder nur ‘dux Bavariae’.
.
21
Was weitter in eadem materia Franckreich bey diesen tractaten sich er-
22
klehrt und wie eiffrig bey den Schweden und protestirenden sich angenom-
23
men, das werde der außgang dieser tractaten zeigen, und hetten sich also
24
alle, so von diesem hauß weren, aller freundschafft von der cron Franck-
25
reich zu versichern.

26
Krane

43
Krane war 1646 VIII 27 nach Münster gekommen.
bei W. Die Gravaminaerklärung der Protestanten

44
Die neue Gravaminaerklärung der Protestanten (22 Punkte, Druck: J. G. Meiern III
S. 330ff ) war am 24. August in Osnabrück und am 28. August in Münster übergeben
46
worden; sie beantwortete die ksl. Erklärung vom 12. Juli.
bestehe auf
27
vorigen und noch viel ärgern principiis et postulatis, daß daruber die herrn
28
Kayserlichen sowol dort alß alhier sehr perplex; Autonomie in den katho-
29
lischen
Landen, ordentliche Session für die nichtkatholischen Stiftsinhaber,
30
Magdeburger Sessions- und Direktoriumsanspruch gegenüber Salzburg,
31
Kassierung der vorher von Lampadius aufgesetzten Designation der Stifter.
32
Zeigte dabenebens ahn, daß die protestirende bey außliefferung der schrifft
33
begert, es mochten die catholische wiederumb hinuber deputiren, damit nit

[p. 572] [scan. 622]


1
mit langer schrifftwechßlung und disputiren die zeit verlohren, sondern
2
einer den andern beßer capace machen kondt, hetten auch gebetten, daß die
3
herrn Kayserliche, alß welchen alles die catholische, und von ihnen prote-
4
stirenden den Schwedischen ubertragen, den ausschlag geben möchten. Alß
5
nun solches sie Kayserliche wiedersprochen, die anheimbstellung den Kay-
6
serlichen nicht geschehen, auch nicht geschehen wurde, hetten sich bemelte
7
protestirende auff den graffen von Trautmanstorff referirt, welches sie
8
gleichfalß contradicirt, daß es nit allein nit gehört, sondern auch nit glau-
9
ben thetten, und sehe man nun auß allem, daß sie der cron Schweden gern
10
wolten anhencken und das werck den gesandten, damit es mit desto mehrer
11
autoritet durchgetrungen wurde, zuschieben. Es werde aber nun bey den
12
catholischen stehen, weßen sie sich in ein oder anderm erklehren wollen.
13
Hiebey gab er in vertrawen zu verstehen, daß die uncatholische in vielen
14
puncten, auch die die religion concernirten, nicht eins, sondern nur von etz-
15
lichen hizigen kopffen, solches zue papier zu pringen, were durchgetrun-
16
gen, wie dan auch in politicis selbst ihm der graff von Wittgenstein vor
17
seinem verraisen von Oßnabruck gesagt, daß das vorhaben mit den 3 dica-
18
steriis allein des Lampadii inventum et intentio privati interesse sey, der
19
mit ungestimmigkeit, daß es dem begriff mit einverleibt worden, erhalten.
20
In effectu aber wer es nichts anders, alß das reich in 3 theyl zu theylen,
21
dan den reichshoffrhat anbelangend, wurde selbiger dem Kayser pleiben,
22
das cammergericht zu Speyer die Franzosen mit der zeit schon dirigiren,
23
auch das dritte in Sachsen die Schweden. Desto mehrer, meldete er Licentiat
24
Cran, hab man wol auffzumercken und sich nicht verführen zu laßen; in
25
specie wuste man von Chursachsen, daß sie in vielen puncten einer ganz
26
andern intention. I. H. G. affirmirtens, daß die sachen freylich wol zue
27
ponderiren und nicht, wie bißher, sich zu ubereylen, nicht nur alleweyl
28
offeriren und piethen, wodurch, wie es der augenschein gibt, wenig ahn zeit
29
oder sonsten gewonnen. Und erzehlten ihm, was ihro kurz zuvor der conte
30
d’Avaux bedeuttet, daß man nemblich in diesem puncto sich nit solle uber-
31
eylen, sondern erst mit ihnen schließen, alßdan sie sich desto eiffriger gegen
32
die catholische bezaigen würden. Hierauff replicirte der herr Cran,
33
daß man sich doch mit dergleichen nit wie bißher wolle betriegen laßen;
34
die Franzosen hetten den Schwedischen und der uncatholischen stend abge-
35
sandten zugeschrieben, den catholischen nit also hart zuzusezen, und ad
36
mitiora consilia ermahnet, alsobald aber darauff den Luttherischen secreta-
37
rium Stengell, welcher bey dem Longavilla sich aufhaltet, hinubergeschickt
38
und alle uncatholische stende visitiren laßen, mit vermelden, daß was sie
39
mit solchem schreiben gethan, sey geschehen, weyln sie vom herrn nuncio
40
und den catholischen alhier, alß welche ihnen starck zugered, darzu weren
41
angetrieben; mochten auf ihrer mainung nur steiff verpleiben, kondten
42
auch von den catholischen noch wol ein mehrers erhalten. Umtriebe der
43
Stadt Osnabrück; der Syndikus

44
Dr. Johann Heinrich Böger, Syndikus der Stadt Osnabrück.
ist ohne wirklichen Auftrag, wie sich jetzt

[p. 573] [scan. 623]


1
zeigt, im Namen der erbländischen Exulanten und der Stadt Erfurt aufge-
2
treten
. Löben hält die Resolution wegen Pommern geheim und soll Befehl
3
haben, sich vor der schwedischen Erklärung, daß nicht ganz Pommern
4
gefordert werde, nicht zu äußern. [...]

5
1646 VIII 29
Mittwoch Neue ksl. Satisfaktionserklärung an die Media-
6
toren

42
Scriptura generalis der ksl. Ges. zur französischen Satisfaktion. Vgl. APW [III C 2,1 S. 695] .
. Wie aber selbige gelauttet, ist gehaimb gehalten, maßen daß solches
7
auch kunfftig geschehen soll, der herr graff von Trautmanstorf sich hat
8
vernehmen laßen; welchenfalß yeder interessatus gute obacht, damit nicht
9
zue praeiudiz etwas mochte offerirt und veraccordirt werden, zue halten
10
hatt.

11
Bayern bei W: 1. Die für den 27. August vorgesehene Beratung der Pfalz-
12
frage
ist verschoben worden, nachdem der Altenburger über Vorburg mit-
13
geteilt
hat, wenn die Bayern nicht vorher die Schweden aufsuchten, würden
14
die Protestanten ihre Voten suspendieren. Nach Absprache wegen des Kur-
15
titels
war Ernst bei Salvius, der sich für Bayern erklärt hat, wenn dieses
16
den Universalfrieden, die protestantischen Amnestieforderungen, die Satis-
17
faktion
der Kronen und einen Friedensschluß ohne Warten auf Spanien
18
fördert. Nach einer allgemeinen Antwort Ernsts ist Salvius ad speciem gan-
19
gen und habe vermainen wollen, daß den Schweden pro satisfactione ganz
20
Pommeren, Wißmar, Bremen und Verden müste gelaßen werden; zum stifft
21
Verden hetten I. H. G. ohnedas kein ius, hetten auch noch andere stiffter,
22
und deren mehr bekommen kondten. Churbrandenburg müste satisfactio
23
per aequipollens geschehen, nemblichen mit Gloggaw, Ratiborn und der
24
expectanz auff Magdeburg, oder ahn statt der zwey gemelten fürstenthumb
25
die Gulichische landen sambt der exspectanz auff Magdeburg. Item muste
26
dem iezigen administratorn zu Bremen Halberstatt gegeben werde. Auf
27
welches der Dr. Ernst nichts geandworttet, sondern es allein ad referendum
28
angenommen habe. Dazu hat Trauttmansdorff erklärt, daß von den Erb-
29
landen
nichts an die Schweden gegeben werden könne, die sich verpflichtet
30
hätten, nichts davon zu fordern. 2. Gemäß dem Befehl, d’Avaux zur Reise
31
nach. Osnabrück zu bewegen, haben sie mit den Franzosen gesprochen, die
32
nach einer günstigen ksl. Erklärung wegen Philippsburg insgesamt nach
33
Osnabrück wollen; andernfalls soll wenigstens St. Romain hinreisen. Nach-
34
dem
sich nun die Beratung verzögert, wollen sie die Franzosen nicht
35
mehr drängen. 3. Da Trauttmansdorff heute durch die Mediatoren eine
36
Erklärung abgeben und danach das Friedensinstrument ausliefern will,
37
werden die Franzosen wohl zur Förderung der Pfälzer Sache nach Osna-
38
brück
reisen. Erbitten die Kölner Meinung hierzu, (2) zu den Schreiben
39
nach Frankreich, (3) zu dem Manifest, wormit Ihrer Churfürstlichen
40
Durchlaucht dafurhaltens auch nicht zu feyren were. Volmar soll etwas
41
aufgesetzt haben, will es als annoch unperfect aber nicht mitteilen; Trautt-

[p. 574] [scan. 624]


1
mansdorff
ist von jemandem, den er nicht nennen wollte, ein Manifest in
2
französischer Sprache vorgelegt worden, der es weder approbirt noch impro-
3
birt, mit vermelden, daß er keine maß darin wolte geben, es geduncke ihm
4
aber allerdings nicht sufficient zu sein. 4. Krebs: Übergabe des letzten Kur-
5
fürstenratsconclusums
an die Ksl. Buschmann nach Beratung der Kölner:
6
Ad 1. Daß sie allezeit dafur gehalten, daß man sich in diesem schweren
7
puncto der coronen zu versichern, auch vorher alle und yede auß den
8
catholischen wol zu disponiren; alßlang dieses nicht geschehen, wisten sie
9
nicht zu rathen, wie man die consultation alsohin in incertum ohne vor-
10
sehende frucht und effect anzustellen. Ad 3. Wan zum frieden kein hoff-
11
nung, würde das manifest zum effect kommen zu laßen nuzlich und nottig
12
sein; nachdem aber status rerum mutirt und mehrer apparentz pro alß
13
contra, mochte zwarn der begriff des manifesti gefertigt, aber mit der pro-
14
mulgation beßer noch zur zeit eingehalten werden. Ad 2. Die schreiben
15
nomine catholicorum nacher Franckreich zue befurdern, der mainung
16
weren nach wie vor quod sic, bevorab weyl man sehen muß, daß der un-
17
catholischen postulata immerhin continuiren, mit remonstration, was fur
18
schaden den catholischen in Teutschland durch die Franzosische waffen
19
wurden causirt und zugefügt. Mit welcher andwort und mainung die
20
herrn Churbayerische allerdings sich verglichen. Sie tragen nach: Salvius
21
meint, die Pfalzfrage sei nur mit den Kronen abzuhandeln und von den
22
Ständen mit Annahme des gesamten Friedensvertrages zu billigen; einen
23
Teil der Pfalz werde der Pfalzgraf zurückerhalten müssen. Contarini hat
24
Krebs versichert, nach Abschluß mit Philippsburg würden die Franzosen
25
den uncatholischen mit allem ernst und beßer zusprechen. Mitteilung von
26
Schreiben

38
Anlage (ksl. Gesandte in Osnabrück an Kaiser; Kursachsen an August von Braunschweig-
39
Wolfenbüttel; kursächsischer Rat Metsch an bayerischen Vizekanzler Richel): fehlt.
. – Mitteilung der protestantischen Gravaminaerklärung

40
Anlage (protestantische Gravaminaerklärung): fehlt; vgl. oben [S. 571 Anm. 9] .
per
27
dictaturam.

28
[...]

29
1646 IX 1
Samstag Fürstenrat. – Giffen bei W: Hat vom Straßbur-
30
ger Kapitel Befehl, gegen das von den Ksl. ohne Wissen der Katholiken be-
31
willigte Normaljahr 1624 ausdrücklich zu protestieren . [...] – Salzburger
32
Schrift

41
Anlage (Salzburger Protest gegen Sessions- und Direktoriumsanspruch Magdeburgs im
42
Fürstenrat): fehlt.
.

33
1646 IX 2
Sonntag [...] – Mitteilung der Mainzer: Die meisten katho-
34
lischen
Deputierten beschweren sich über eine sofortige Beratung der prote-
35
stantischen
Gravaminaerklärung und fordern zeit pro discutiendo nego-
36
tio. I. H. G. gaben zur andwort, sie befunden das werck wenigers nit
37
sehr schwer und so beschaffen, daß es reifflichen uberlegens wol bedörffe,

[p. 575] [scan. 625]


1
hetten auch die zeit noch nicht gehabt, daß daruber mit den andern Chur-
2
colnischen sich berahtschlagen konnen, und hielten also auch beßer und
3
nothig, daß mans differirt und ausstellete.

4
1646 IX 3
Montag Mitteilung Chigis auf Anfrage Ws: Die Franzosen
5
bei den gestrigen Verhandlungen zunächst gar obstinat, haben aber endlich
6
doch etwas näher sich herbeygelassen, daß zu verhoffen sey, man noch
7
werde fortkommen. Über ihre Antwort will man heute mit den Ksl. reden

39
Vgl. APW [III C 2,1 S. 696] ; am 31. August hatten die Ksl. ihre Ultima generalis decla-
40
ratio zur französischen Satisfaktion herausgegeben, in der die Einräumung Philippsburg
41
an die Zusage französischer Unterstützung bei den Religionsfragen und bei der schwe-
42
dischen Satisfaktion geknüpft wurde. Vgl. J. G. Meiern III S. 709 –717.
.

8
1646 IX 4
Dienstag W bei den Bayern: 1. Kurbayern hat bei Kurköln
9
und W mehrfach an die Schreiben nach Frankreich erinnert; 2. daß einmal
10
die noth sein wolte, da man fast sehen und spuren müste, daß es den fremb-
11
den coronen umb den frieden kein ernst, daß die catholische stend auff ein
12
mehrere und nachtruckliche gegenverfassung bedacht seyen. Bayern:
13
Haben in beiden Punkten auch Befehl erhalten. Des modi halber aber,
14
nachdem hinc inde allerhand discursus vorgefallen, ist fur gutt angesehen,
15
daß I. H. G. gelegenheit suchen möchten, wegen des gesambten schreibens
16
nacher Franckreich mitt dem Churmainzischen canzler furerst ad partem
17
zue reden, und konte alßdan das werck mit den vornembsten catholischen
18
gesandten communicirt werden, dan wan es ad plenam consultationem
19
kommen solte, würde es vorzeittig evulgirt und zu der Franzosischen pleni-
20
potentiariorum wissenschafft gepracht werden und selbige alßdan zu Pariß,
21
ehe das schreiben hineinkehme, praeoccupiren. Man konne aber leichtlich
22
gedencken, daß diß das medium adaequatum eben nicht, die Franzosen zum
23
frieden zue bewegen, yedoch diehne. es wenigst dahin, daß man dißseits
24
bey menniglich, auch der künfftigen posteritet, das zeugnus erlangen
25
konne, nichts, so zue befurderung des friedens dienlich, underlaßen zu
26
haben. Wegen des zweyten puncts ist zwarn in consideration kommen, daß
27
keiner von den hiesigen gesandten sich in etwas gewisses oder schließliches
28
werde einlaßen konnen oder wollen, sondern ein yeder diese sach ahn
29
seinen herrn principaln verweisen, weyln yedoch aber dieselbe auch ad
30
partem sich vermuthlich nicht werden erklehren wollen, es auch hierumb
31
also beschaffen, daß nicht wol anders alß durch eine gesambte consultation
32
darauß zu kommen, so ist nottig ermeßen worden, daß es aufs baldist ahn
33
dieienige catholische gesandte, davon man sich noch einiger beyhulff zu
34
getrösten, gebracht werde, damit sie es ahn ihre herrn principaln in zeiten
35
gelangen und bey denselben umb bescheid und befelch bewerben kondten,
36
worauß I. H. G. gleichergestalt mit dem Churmainzischen canzler zu reden
37
ubernommen. Krebs: Trauttmansdorff will bald abreisen, wenn sich
38
nicht bessere Aussichten auf den Abschluß zeigen; aus der zu erwartenden

[p. 576] [scan. 626]


1
französischen Gegenerklärung also zu vernehmen, ob man sich bey ihnen
2
einiger friedensbegierte zu getrösten. – [...]

3
1646 IX 5
Mittwoch Raigersperger bei W. Da die Ksl. auf schnelle
4
Beratung der protestantischen Gravaminaerklärung drängen, möchte er Ws
5
Meinung hierzu und dan pro 2. gern vernehmen, weyln die erklehrung,
6
worauf iezt der protestirender schrifften die andwort ist

42
Die Kompositionsvorschläge der Ksl. 1646 VII 12.
, nicht nomine sta-
7
tuum catholicorum, sondern von den herrn Kayserlichen gesandten nulla
8
communicatione praevia außgehändigt worden, wie die proposition bey
9
solcher conferenz einzuerichten, und ob nicht, was die Kayserliche uber-
10
geben, vorher und dan nachfolgendts der protestirender responsum zur con-
11
sultation zue stellen. Diese leztere frag haben I. H. G. in alle weg fur
12
nottig gehalten, und zwarn darumb sonderlich, daß ex catholicis viele, die
13
sich sowol uber den modum alß die sach selbsten hoch beschweren und also
14
daruber erst sich würden vernehmen laßen wollen. Bey der ersten aber ver-
15
meldet, daß das werck uber alle maß schwer und wichtig, zumaln diese
16
letzte der protestirender andtwortt zwarn wenigere, aber noch weit
17
schwehrere und unverandwortlichere puncten alß die vorige in sich begreiff
18
und soviel damehrer nachdenckens und reiffliches uberlegen bedörffe. Dan
19
deßwegen einem yeden dreyerley schwere verandworttungen alß bey Gott
20
und im gewissen, bey den herrn principaln und dan der kunfftigen weit
21
und posteritet obliegen thette, und also man sich damit ia nicht hette zu
22
ubereylen. Welches gemelter canzler selbst bekennen must, und daß er
23
solches den herrn Kayserlichen gleichfalß remonstrirt hette, vermeldet.
24
Man einigt sich auf Montag für den Beginn der Beratungen. Diesem
25
nach seind I. H. G. in discursu des haubtwesens zu red worden, da der
26
canzler vermainen wollen, daß man iezo in negotio principali weitter von-
27
einander alß yemaln. Die Franzosen wollen erst mit den Ksl. verbindlich
28
schließen, sich dann in Osnabrück interponieren, dann notfalls nach Schwe-
29
den
schreiben oder schicken und, wenn auch das nicht hilft, in Paris wegen
30
weiterer Schritte anfragen. Nun kondte man leicht abmeßen, woh solche
31
umbschweiff hinziehleten, zumaln daß darzu, biß alle diese gradus konnen
32
vorgehen, eine große zeit wol von 4 oder 5 monaten und also der anste-
33
hende winter abermal wurde hingehen und die campagni kunfftig herbey-
34
nahen. Von diesem haben I. H. G. occasion genommen, von der catho-
35
lischen stende schreiben ahn die konigin in Franckreich und andere geist-
36
liche stend selbigen konigreichs, wie auch den cardinalen Mazarini, sodan
37
einer beßeren zusammensezung und verfassung zu reden und sein canzlers
38
gedancken daruber zu scrutiren. Der zum ersten keine sonderbare nai-
39
gung bezaigt, mit dem andeutten, daß auff vorige deßwegen mit ihnen
40
beschehene communication ahn Churmainz zwarn geschrieben, es kondte
41
aber Ihre Churfürstliche Gnaden nicht dafur halten, daß einiger effectus,

[p. 577] [scan. 627]


1
zu befurderung des friedens dienlich, darauß erfolgen werd. W: Daß
2
dergleichen schreiben ia nichts schaden und wenigst darzu dienen würde,
3
daß menniglich bey iezt und kunfftiger weit darauß mehrers, daß man dis-
4
seiths ahn befurderung des friedens nichts habe erwinden laßen und ahn
5
wehm die mora bestanden, erkennen muste. So der herr canzler affir-
6
mirt und seinem gnädigsten herrn mit negstem abermalige weittere remon-
7
stration zu machen, sich erpotten.

41
7–9 Ich – lassen] Zusatz am Rande.
Ich hab geandwort, man konte
8
gleichwoll in eventum etwas endwerffen, zeit damit zu gewinnen. Wel-
9
ches er sich nit zuendgegen sein lassen. Den andern punctum wegen beßerer
10
verfassung hat er vor allem nottig gehalten und vermeldet, daß gewißlich
11
Churmainz darzu gern verstehen würde. Darauff I. H. G., daß aber sol-
12
ches nicht allein cogitatione et verbo, sondern auch opere geschehen müste
13
[...]. Auff welches der canzler Reigersperger, wan davon würde gere-
14
det werden, wuste er, daß Churmainz laisten werd, was immer in seinem
15
vermogen.

42
15–22 I. H. G. – müste] am Rande: omittatur ad Bavarum.
I. H. G. subiungirten, daß wan die beßere verfassung mit
16
bestand und nachtruck zu geschehen, wurde nottig sein, die werbungen ahn
17
solchen orthen anzustellen, allwo sie vom gegentheyl nicht kondte verhin-
18
dert werden, in specie im Saltzburgischen, Bayerischen und Inspruckischen,
19
solchenfalß man aber die mittel zum underhalt auß andern craisen muste
20
beytragen. Dieses hat der Churmainzische canzler gleichfalß für den
21
besten weg und nottig gehalten, aber dabey vermaint, daß davon in publico
22
proponirt werden müste. Wobey I. H. G. ihme remonstrirt, wie schlecht
23
bißher das silentium, welches gleichwol diß werck sonderbar erforderte, in
24
acht genommen und daß man sich deßen mehrers würde versichern
25
müßen. Welches der herr canzler durch handgelubd, wie vor diesem
26
geschehen, zu assecuriren vermaint, und daß sie ihrestheils auch nit mang-
27
len wolten, solches I. H. G. in pleno zu praestiren. Diesem nach haben
28
I. H. G. ihnen canzlern des gesambten schreibens nacher Franckreich aber-
29
mal erinnert, und daß endzwischen, weyln zu erst vorhabender relation
30
ahn Churmainz zeit gehoren wolle, ein gewisses concept möchte aufgesezt
31
und den andern stenden zur approbation vorgepracht werden. So ihm
32
canzlern nicht mißfallen. Und haben ihm I. H. G. auf begehren die
33
contenta per generalia suggerirt, daß die catholische religion durch die
34
Franzosische waffen also sehr leiden thette. 2. was fur ahnsehnliche offerta
35
zur satisfaction weren angebotten, aber nichts verfangen wollen, 3. wie von
36
dem Tourraine im erzstifft Collen und den catholischen stifftern gehauset
37
und was dergleichen etc. Wofur der canzler sich bedanckt, und daß er
38
solchem nach das concept einrichten, auch wie im erzstifft Mainz verfah-
39
ren, mit einlauffen laßen wolte. Mitteilung der ksl. Instruktion 1646 VII
40
12 über die 55 Punkte.

43
40 [...]] am Rande: an Bayern 1646 IX 7.
[...]

[p. 578] [scan. 628]


1
1646 IX 6
Donnerstag W bei Trauttmansdorff. Seine Anregung besse-
2
rer
militärischer Verfassung hat Kurköln sich gar wohl gefallen laßen, und
3
weren auch selbiger mainung mitt geweßen, auch ihres theilß erbietig, daß
4
ihrig ferner wie bißhero alle jahr vor allen anderen stendten noch künfftig
5
zue laisten, alles aber ahn deme glegen seye, daß auch andere, die annoch
6
bey zimblichen vermögen, ihr eußerist gleichfalß anzuwenden permovirt
7
werden möchten. Welches der herr graff von Trautmansdorff respec-
8
tive gelobet und guetgehaischen. Mangelnde Zahlungsbereitschaft Salz-
9
burgs
. I. H. G. meldeten hierauf, daß gleichwohl Saltzburg auch nit
10
gedencken müste, daß er ahn einem unüberwindtlichen ort sich befinde,
11
und wan alles im reich verlohren, er sich allein werde conserviren können;
12
und seye auch aniezo, inen zörnig zue machen, die rechte glegenheit, weyln
13
Magdeburg von seiner praeeminenz zu verstoßen hart angreiffe. Wel-
14
ches der herr graff von Trautmansdorff gleichfalß bekendt und sich obli-
15
girt, den passum deßen abgesandten wohl zue remonstriren. W: Wenn
16
Bayern 6 000, Salzburg 4 000 und Tirol 6 000 Mann wirbt, kann ohne son-
17
derbare beschwerung eine ganze newe armada beysammengebracht werden.
18
Die Mittel mangeln überall, im westfälischen Kreis aber auch die Werbe-
19
plätze
; der Unterhalt der neuen Armee kann auß anderen ortten des reichs
20
und sonderlich auß den recuperirten landen und plätzen beigebracht wer-
21
den
. Mit 6000–7000 Mann kann man alle vom Feind besetzten Gebiete in
22
Westfalen nehmen, und würde ein solches die obige landen nur einmahl für
23
alle wehe thuen. Trauttmansdorff: Hielte dießes für einen gueten prac-
24
ticablen weg, hat den Kaiser um Geldsendung für Neuwerbungen gebeten.

25
W: Daß wegen underhaldt der völcker die andere reichsstendte zue beße-
26
rer concurrir- und zuhalttung alß bißhero mögten disponirt werden. Kla-
27
gen
über Kurmainz [...]. Situation im westfälischen Kreis, der im Juli
28
100 000 Reichstaler geleistet hat; wie schlecht die principia, so von Ihrer
29
Kayserlichen Maiestet bewilliget und verordnet, alß wegen abschaffung der
30
vielen officierer, 2. der Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht aufgetragener
31
direction, 3. der mediatvölcker, 4. daß die absentes keine gagi, weniger das
32
servis ziehen sollen und waß dergleichen mehr, in acht genommen.

33
Trauttmansdorf: Will deshalb mit Blumenthal und Melander reden, und
34
werde es nur ahn deme sein, daß Ihre Churfürstliche Durchlaucht zue
35
Cölln im nahmen des craißes oder der assistirenden stendten, auch ihrer
36
aigner und I. H. G. stiffter halber sich dabey haltten und ihme Melander
37
dabey ernstlich zusprechen, und wan er alßdan dagegen thuen soltte, wür-
38
den es Ihre Maiestät zue remediren wißen. W: Memorial Melanders an
39
den Erzherzog 1646 VI 24, darinnen er die trewe stendt unwillige stendt
40
nennete und fälschlich behauptet, er habe das Geld zur Werbung von 1000
41
Mann vorschießen wollen, nur hätten die Stände nicht den Unterhalt über-
42
nommen
. Über dieses so begerte er auch in bemeltem memoriali, daß er die
43
unwillige mitt gewaldt anhaltten möchte, darauf auch der erzherzog ihme
44
absolutam potestatem, wie Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht der von Blu-

[p. 579] [scan. 629]


1
menthall gesagt, gegeben. Ob nun aber solches nicht ein- oder andern
2
trewen standt pillig schmertzen thue, auch waß solch despoticum imperium
3
bey dießen tractaten für clagtten causiren woltte, möge Trauttmansdorff be-
4
denken
. Und liege es daran allein nicht, daß der general sage, so viell müeße
5
er haben, sondern mehrers, so viell kan ich haben, und alßdan daß er sehe,
6
wie solches wohl emploirt und verwendet werde. Einzelheiten. Trautt-
7
mansdorff
: Daß es lauter unpilliche sachen und Ihre Maiestet, wie er wohl
8
wiste, nit approbiren würde. Der gueter erzherzog werde von andern und
9
durch deren relationes eingefürt, und soltte ihme wohl unbekandt sein, waß
10
dem Kayser zum besten dießer craiß sich erklert hab, also guett seye, daß
11
man ihnen fundamentaliter informire. Daß der Melander absolute proce-
12
diren wolle, werde er ihme auß angezogenen ursachen gar nit rahten und
13
sonderlich, daß er Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht oder I. H. G. etwas
14
mitt gewaldt endgegen thuen soltte, werde auch des ertzherzogen mainungh
15
nimmer sein. Sondern was hogstgemelte Ihre Churfürstliche Durchlaucht
16
und I. H. G. bewilligen und darzue ein- oder ander geringer standt sich nit
17
bequemen woltte, er Melander gegen solchen pro conservatione totius
18
andere mittell vor die handt zu nehmmen hette. W: Am schlimmsten,
19
daß keine Rechnungen gelegt werden. Klagen über Blumenthal, der nur mit
20
Bevollmächtigten des Kaisers abrechnen will. Und gleich Ihre Kayserliche
21
Maiestet nit begeren können, daß die Westphälische contributionsgelder
22
zuem Kayserlichen aerario gehörig, also hetten auch die stendt dafür gepet-
23
ten und die disposition vorbehalten. Trauttmansdorff: Selbst in den
24
Erblanden muß den Landständen über Kriegsbewilligungen Rechnung
25
gelegt werden, warumb mans dan den freyen reichsstendten abschlagen
26
solle können, wie er dan dem von Blumenthall bey seiner anherokunfft fein
27
Deutsch sagen und zur rechnung den craißstendten zu thuen anweisen
28
woltte. Dießemnach pro 3. wurde des herzogen zue Newburg dahin zue
29
rhed; zu erbarmen were es, daß dießer herr mitt seinen landen sich selbst
30
zue großem schaden nit wie andere getrewen chur-, fürsten und stendte des
31
reichs thuen wolle, andeutend, daß er in vertrawen berichtet, daß der von
32
Grießhaimb

39
Heinrich Christoph von Grießheim (geb. 1598), früher kurmainzischer Oberamtmann des
40
Eichsfeldes, 1643/44 als polnischer Vertreter in Münster, 1646 als Pfalz-Neuburger
41
Gesandter nach Polen. Vgl. ADB IX S. 665 .
mitt negstem nacher Schweden, sondern zweiffel auch in der
33
Pfältzischen sach, solle geschickt werden, welches das hauß Bayern umb
34
ihnen ia nit verdienet, sondern ihme mitt rhadt und thadt in der Gülich-
35
schen sach dergestaldt assistirt, auch deßen sohn

42
Pfalzgf. Philipp Wilhelm (1615–1690), folgt 1653 in Neuburg und Jülich-Berg, 1685
43
Kf. von der Pfalz, durch seine Mutter Magdalene von Bayern (1587 1628) ein Neffe
44
der Kurfürsten von Bayern und Köln.
Churbayern alß seinen
36
selbst eignen lieben ehren und ihme assistiren thette. 4. Über die französi-
37
schen
Verhandlungen will Trauttmansdorff nach dem Bericht der Media-
38
toren
informieren. Es seye auß der weiß, daß die Frantzosische sich sogar

[p. 580] [scan. 630]


1
auch habita omnimoda satisfactione von den Schweden nit separiren wol-
2
len. 5. Die tractatus Suecici stunden wegen Pommern noch in suspenso
3
und seye mit dem Oxenstirn ie nit fortzukommen, dan er ein herr, so in
4
negociis et mundo nit prattico, auch in solchen handlungen niemalß gewe-
5
ßen. Debenebenst zweifflete er, ob die Schweden zum frieden rechten lust
6
hetten, oder nit viellmehr auß privatinteresse den krieg zue continuiren.
7
Will in 10–12 Tagen abreisen, wenn keine Aussicht auf den Abschluß mit
8
Frankreich sich zeigt. Betreffend pro 6. das negocium gravaminum, wür-
9
den I. H. G. selbsten, wie es damitt stehe, beßer wißen, und sehe er einmahl
10
auf dieße weiß nit, wie auß den sachen zu kommen. Der Lampadius und
11
seinesgleichen seyen die rechte anhetzer, wolle erwartten, waß man catholi-
12
schentheylß sich weiter erkleren werd, sehe aber wohl dahin, daß wegen
13
der großen impertinentien und enormiteten darinnen keine satisfaction
14
können gegeben werden.

15
Schütz bei W. Die Franzosen wollen Darmstadt zu einem Vergleich mit
16
Kassel zwingen. Bitte um Unterstützung. – [...]

17
[...]

18
1646 IX 8
Samstag

37
18 [...]] am Rande: an Köln 1646 IX 8.
[...] – W und Nassau bei den Jesuiten. Gesprächs-
19
weise
Forderung der Schweden auf generalat und dominium ubers mare
20
Balticum als Reichslehen und auf eine neunte Kur; Drohung, wenn Bran-
21
denburg
sich wegen Pommern widersetzen sollte, daß er ratione Preußen
22
noch in des reichs acht und weder deßelben fürstenthumbs noch der dreyer
23
stiffter Havelburg, Brandenburg und Lebuß versichert

38
Die Stifter Brandenburg, Havelberg und Lebus, schon vorher unter brandenburgischer
39
Landeshoheit, waren mit Brandenburg endgültig vereinigt worden, als 1598 der Admini-
40
strator Joachim Friedrich von Brandenburg (1546 1608) Kurfürst wurde.
, darinnen auch bey
24
diesen tractaten sie ihm schlechte assistenz thun würden.

25
Bericht Buschmanns: Dem Vernehmen nach erklären die Franzosen, nicht
26
nur selbst abschließen, sondern auch Schweden und Protestanten dazu
27
bewegen zu wollen. Wegen Philippsburg widersetzen sie sich der Beschrän-
28
kung der Garnison auf 500 Mann und der Mitvereidigung auf Speyer. Ent-
29
schädigung der Innsbrucker Erben mit 2 Millionen, Pfalz für Bayern, wol-
30
len auch mit Spanien den Frieden schließen, Lothringer Sache in Paris zu
31
behandeln.

32
1646 IX 9
Sonntag Anfrage bei Chigi wegen eines sich angebenden
33
Residenten Toskanas

41
Atanasto Ridolfi, in Münster seit August 1646.
. Chigi: Nachrichten zum Protokoll. Trotz Ver-
34
handlungen
bis in die Nacht mit den Franzosen nicht weiterzukommen.
35
Es seye unleidentlich, wie unbestendig die leuth im tractiren sich bezeigte,
36
hetten dasienige, so sie gegen ihnen mediatoren noch erst vor 8 tagen er-

[p. 581] [scan. 631]


1
klehrt, nicht wollen gesagt haben, also daß ihnen daruber mit diesen wor-
2
tten zugesprochen, solches muste nit sein, anderst sie die hand vom werck
3
ganz würden abthun, einmal kondten der handlung auff solche weiß lenger
4
nicht beywohnen. Die Franzosen suchten, wie es genugsamb schein, allein
5
den unglimpff verhinderten friedens von sich abzuwenden, gedächten aber
6
sonst weder mit den Kayserlichen zu schliesen noch die Schweden und pro-
7
testirende ad mitiora zu disponiren, weren aber von ihnen mediatorn nun
8
also stringirt, daß sie endweder, nachdem ihnen mit Philipspurg satisfaction
9
gegeben, schließen oder aber das werck ganz sich zerschlagen müste. Auf
10
die Nachricht, daß morgen die Katholiken die protestantische Gravamina-
11
erklärung
beraten würden: Daß man per amorem Dei ja ad tantas absurdi-
12
tates et enormia nichts möchte andwortten, weniger ein mehrers, alß beraiz
13
ohnedem viel zu viel geschehen, nachgeben, sonsten uber die veruhrsacher
14
fulmina et maledictiones gewißlich einen und den anderen kommen wür-
15
den;

35
15–21 durch – thetten] am Rande: haec ad Bavarum omittantur.
durch das viele weichen und nachsehen und sonderlich das lezter seyen
16
die sachen auch im haubtwerck viel vulnerirt, kondte nicht wissen oder
17
begreiffen, quidnam ita dementatum reddiderit dominum de Trautmans-
18
torff, daß er mit solcher erklehrung ahm 12. Julii et quidem singulis et
19
omnibus statibus non consultis heraußgegangen, und wolte er vielmehr
20
rathen, daß die catholische ehender, wan sie zusammenkehmen, solcher
21
Trauttmanstorffischen resolution contradiciren und sie verwerffen thetten.
22
– [...]

23
1646 IX 10
Montag Ridolfi bei W. – [...] Von vertrawter hand per
24
extractum die jetzt zwischen Ksl. und Franzosen verhandelten Punkte

36
Anlage (ksl.-französische Verhandlungspunkte): fehlt. Vgl. APW [III C 2,1 S. 696ff] .
. –
25
Mitteilung an die Bayern.

26
Aachener bei W. Übergabe einer Information

37
Anlage (Aachener Informationsschrift): fehlt.
mit Bitte, daß man das in
27
der protestantischen Gravaminaerklärung suchende praeiudicium religionis
28
catholicae kräfftiglichst mochte divertiren helffen.

29
1646 IX 11
Dienstag [...] – Vier staatische Gesandte bei W. Inter-
30
zession für Bentheim-Tecklenburg wegen Wiedereinräumung der von den
31
Grafen von Neuenahr als kurkölnisches Lehen besessenen Herrschaft Alpen
32
und des Zehnten zu Wevelinghoven

38
Die Herrlichkeit Alpen war aus der Erbschaft des Hauses Neuenahr, Wevelinghoven
39
1510 durch das Haus Gehmen an Bentheim gekommen.
. W: Alpen war reines Mannlehen,
33
Wevelinghoven eine wiedereingelöste Pfandschaft. [...] Spanisch-staatische
34
Verhandlungen [...].

[p. 582] [scan. 632]


1
1646 IX 12
Mittwoch Konferenz der katholischen Stände . – W bei
2
Nassau. Dieser zum Verhandlungsstand: Die Franzosen wollen sich angeb-
3
lich
noch nicht erklären, sondern erbitten Bedenkzeit; satisfactio Suecica
4
und was von den Hessen vermeindlich praetendirt werden wolle, seye bey
5
den stenden nicht zu erheben, also darin ex parte Caesaris nicht fortzu-
6
kommen. Wegen Marburg haben die Ksl. die Vermittlung von Reichsstän-
7
den
vorgeschlagen. – [...]

8
1646 IX 13
Donnerstag W bei d’Avaux. Dieser äußert, es könne noch
9
heute zum Abschluß mit den Ksl. kommen. W: Wan solches, so Gott
10
wolle, geschehen solt, wie es alßdan mit den Schwedischen tractaten er-
11
gehen würde? Andworttete er allein in generale, daß sie das ihrige
12
darzu thun wurden. I. H. G. aber machten weittere instantias, falß die
13
Schweden nach ihrem erinnern nichts wurden fragen, was alßdan vorneh-
14
men wurden? Darauf meldete der d’Avaux, daß sie noch wol so viel
15
respect bey ihnen zu haben sich vorsehen liesen. Es remonstrirten ihm
16
aber dagegen I. H. G., wie schlecht solches bißher noch erwiesen, indem ia
17
nichts, was die Franzosische bey ihnen den Schweden, alß in specie mit dem
18
armistitio, den Oßnabruckischen pfarren und dergleichen gesucht und
19
geworben hetten, were bewilliget, sondern sie Franzosische sowol alß auch
20
I. H. G. (soviel die pfarren anbelangt) nur mit den nasen herumbgelei-
21
het. Welches der d’Avaux wahr zu sein selbst gestehen müßen, und
22
gleichwol doch vermaint, daß in hoc negotio sie ihre erinnerung nicht also
23
ganz asperniren wurden. Und wie I. H. G. subiungirt, daß auß allem
24
klahr erscheine, daß Schweden zum frieden keinen lust, sondern noch
25
weitters des außgangs der waffen abzuwartten gedächten. Meldete der
26
d’Avaux, daß er sichs vor geendigter campagnia selbst nicht wol einbilden
27
kondte, aber nicht fehlen, daß, wan sie Franzosische mit den Kayserlichen
28
verglichen, ihnen den Schweden grose umbrage machen werden, allermaßen
29
sie dan beraiz vernehmen, daß zu Oßnabruck nicht wenig diffidenz die
30
continuirliche negotiationes, und sonderlich in der nacht, veruhrsacht, so
31
aber zum intent nicht schadlich sein konne. Es mochte auch mit ihnen den
32
Schweden noch wol fortzukommen sein, wan allein Churbrandenburg
33
ratiorie Pommern anderst sich erklehren thette. Alß I. H. G. zum andern
34
mal urgirt, wan Franckreich mit Ihrer Kayserlichen Maiestet und dem
35
reich verglichen, die Schweden aber zum frieden verbis nit zu pringen
36
weren, ob nicht alßdan Galli partes Caesaris et catholicorum halten wur-
37
den. Sagte der d’Avaux, daß sie nimmermehr der cron Schweden alli-
38
anz sich abzuthun, weniger etwas gegen dieselbe vorzunehmen gedächten,
39
und hetten sich hierin, auch daß auff einen tumult in Franckreich gewart-
40
tet, sowol die Kayserische alß Spanische sehr betrogen befunden. Zwarn
41
hette sichs in Franckreich ein und ander mal zum auffstand ansehen laßen,

[p. 583] [scan. 633]


1
aber mit der hulff Gottes seye es durch gute weg yederzeit verhuttet und
2
beygelegt. I. H. G. replicirten, daß Gott die cron Franckreich mit sol-
3
chen ansehentlichen viribus begabt, und bekehmen aniezt mehrere land-
4
schafften, die sie zuvor nit gehabt. Sie mochten wol consideriren, daß wan
5
die cron Franckreich in respectum foederis alicuius politici ihre vires gegen
6
die catholische religion (die schon vorhin so weit durch sie herunter ge-
7
bracht) weitters gebrauchen solten, Gott straffen und tam ratione peccati
8
commissionis quam omissionis, indem sie den catholischen nicht beygestan-
9
den, sondern noch mehrers selbsten verfolget, Franckreich endlich das sol-
10
chergestalt recuperirte neben mehr anderm daruber verliehren mochte.
11
Ihrestheylß kondten wegen ihres stiffts Verden mit Franckreich und ihm
12
d’Avaux in specie, da ihro allezeit solche assecuration und vertröstung
13
gegeben, daß ahn ihren stifftern nichts praeiudicirliches leiden solten, auch
14
gar nit zufrieden sein. Weylen der stifft klein und wenig importiren thette,
15
die Schweden dan und nun leicht ein ambt verschenckt, das wol soviel ein-
16
getragen, mochten die herrn Franzosische lieber befurdern, wans ye anderst
17
nicht sein kondte, daß dieser stifft gegen eine leidliche summa geldes bey
18
der catholischen religion erhalten wurde. Worauff er allein, daß ihm
19
dergleichen, so sie zu ändern nicht vermöchten, leid genugsamb selbst seye;
20
unzeitiges Nachgeben der Ksl. W: In Lüttich sind unter dem Schutz
21
des französischen Residenten l’Hombre auch Protestanten wieder einge-
22
drungen
, es wird alberait de libertate conscientiae geredet. Was noch un-
23
lengst in praeiudicium religionis catholicae zu Aachen bevor gewesen und
24
sich erzeigen thue, dan auch, was in dero stifft Oßnabruck in odium reli-
25
gionis vorgangen, wo Strafen verhängt werden, weil man zu Sterbenden
26
statt des aufgedrungenen Prädikanten einen benachbarten katholischen
27
Geistlichen gerufen hat. Daruber er d’Avaux nur gesäuffzet und still-
28
geschwiegen. Und obwoln I. H. G. subnectirt, daß alles diß fructus foederis
29
sui cum acatholicis were, hat er doch abgebrochen und von Ihrer Chur-
30
fürstlichen Durchlaucht gesundtheit zu fragen angefangen. I. H. G. er-
31
wehnten solchem nach der protestirender lezt außgeliefferte erklehrung,
32
und daß er darauß die impertinentias würde ersehen haben. Respondit,
33
daß er sich nimmer eingebild, daß sie mit solchen groben unverschampten
34
sachen hetten dorffen herankommen, sonderlich da ihnen in der den 12.
35
Julii gegebenen declaration soviel gewichen; er riethe, daß man in diesem
36
werck, biß der schluß mit ihnen getroffen, ahn sich hielte, addendo, wan
37
die sachen mit beyden coronen gerichtet, wurde sichs mit diesen und
38
andern, so noch weitters praetendirten, schon schicken und sie sich conten-
39
tiren mußen. I. H. G. referirten hierauff, was per commune conclusum
40
inter catholicos gestern vorgangen, welchergestalt auch, was underm 12.
41
Julii fur vorschlag geschehen, a Caesareanis dissentientibus plerisque ex
42
catholicis statibus herkeme. D’Avaux auf Ws Fragen zu den spani-
43
schen
Verhandlungen: Nachdem die Spanier schon vor drei Wochen durch
44
die Staatischen den Verzicht auf alle in den Niederlanden eroberten Plätze

[p. 584] [scan. 634]


1
angedeutet haben, bieten sie gegenüber den Mediatoren jetzt nur Hennegau
2
und Artois. Unnütze Verschleppungstaktik der Spanier. Militärische Aus-
3
sichten
der Franzosen und Staatischen. Positive Antwort zu der von W
4
erbetenen Paßerteilung für Rhein- und Moselweine des Kurfürsten von
5
Köln. [...]

6
Rousselot bei W. Mangelnde Berücksichtigung Lothringens durch die Ksl.,
7
Bitte um Vermittlung der Kurfürstlichen wegen der Bemühungen um einen
8
Paß für die Gesandten des Herzogs. W: Antwort per generalia mit dem
9
Versprechen, daß er bei Proposition der Frage im Kölner und eigenen
10
Namen das seinige wie bißher gern erweisen und zuthun wolle. – [...] –
11
Resolution der Staaten auf die Proposition Thuilleries

40
Anlage (Resolution der Generalstaaten für Thuillerie): fehlt.
. – Vertrauliche
12
Mitteilung vom heutigen Abschluß der Ksl. mit den Franzosen

41
Vgl. APW [III C 2,1 S. 702] ; Text des ksl.-französischen Vorvertrages 1646 IX 13 J. G.
42
Meiern III S. 723–727 .
, die über-
13
morgen
nach Osnabrück wollen und sich zur Förderung der Pfälzer Sache
14
erbieten.

15
1646 IX 14
Freitag Nassau bei W. Mitteilung des Abschlusses mit den
16
Franzosen.

17
1646 IX 15
Samstag Katholische deputatio ad gravamina .
18
W bei Trauttmansdorff. Militärverhandlungen mit Melander und Blumen-
19
thal
in Bonn. Empfehlung der Interessen von Bremen und V erden bei Wie-
20
deraufnahme
der schwedischen Verhandlungen. Ratione des ersten seye
21
interesse catholicorum commune und ihro darzu zu redden desto mehrer
22
obgelegen, weyln Ihre Pabstliche Hayligkeit ihro alß viciniori episcopo
23
catholico die inspection uber die religions- und geistliche sachen alda ahn-
24
befohlen. Deß andern halber darumb, weyln selbiger stifft ihro immediat
25
zustendig. Bey ihme hetten I. H. G. ihre meinung underschiedtlich mahl
26
endeckt und der vorhabenden uberlasungh wegen des großen praeiuditii, so
27
der catholischen religion darauß zuwachsen thete, offtmahls contradicirt.

28
Warauf der graff von Trautmansdorff discursum interrumpendo gemel-
29
det, daß sie darahn gar woll theten, konte ihro auch von niemandten ubel
30
aufgenommen werden, so wenig er solches auch selbsten, wan er ahn ihrer
31
stat, underlaßen wurde. I. H. G. reassumirten ihre proposition, wie sie
32
nicht glauben könten, daß Ihre Kayserliche Maiestet auf einigerley weiß
33
dergestalt absolute procediren konne oder wolle. Auf welches der herr
34
graff von Trautmansdorff im vertrawen assecurirt, daß in hoc passu mit
35
den Schwedischen noch nichts geschlossen, sondern, soviel beide bemelte
36
stiffter anbetrifft, ad finem tractatuum verschoben und allein von ihme und
37
den Kayserlichen dieses gemelt, daß dieses sachen seyen, wovon man noch
38
reden muste, und daß sie keinen befelch hetten, deßhalber weiter mit
39
ihnnen kriegh zu fuhren. Alß nun I. H. G. darauf replicirt, daß also,

[p. 585] [scan. 635]


1
wie es scheine, res noch integra, und der herr graff von Trautmansdorff,
2
quod sic, geandtwortet, haben sie ihme umbstendiglich widderholet, was
3
vorgestern beym conte d’Avaux, alß sie ihme die revisiten gegeben, in dis-
4
cursu vorgefallen und derselbe sich erpotten habe. Welches der herr
5
graff von Trautmansdorff insoweith widdersprochen, daß darin, alß ob
6
von den Kayserlichen in hoc passu zu weit gangen, ihme unrecht geschehe.
7
Seinestheils werde er gern sehen, wan durch der Frantzosischen verspro-
8
chene interposition viel gutes gewurcket und die Schweden von den stiff-
9
teren gantz mochten divertirt werden. Er beforchte sich aber sehr, daß die
10
Schweden darauf gar zu hart bestehen dörfften. I. H. G.: Daß man
11
wenigstens das kleine stifft Verden alß in den Westvälischen craiß ohnedas
12
gehorig salviren mögt. Seit der Zeit Kurfürst Ernsts hat der konfessionell
13
vorher sehr gefährdete Kreis wieder durchweg katholische Fürsten erhal-
14
ten
, wehre Ihrer Maiestet und dem reich woll zu bedencken, daß man die
15
coronas exteras, so mit den catholischen in diesem craiß nichts zu thun, her-
16
inziehen wolte. [...] Der stifft Verden, wie gemelt, sey klein, es muste aber
17
die conservation oder wenigst redemption mit einem stuck gelt müglichst
18
tentirt werden, maßen hiebevor zwischen dem Dänischen printzen und dem
19
Rantzaw

43
Vgl. oben [S. 70] .
geschehen seye. Trauttmansdorff: Daß deßwegen albereit
20
das euseriste versucht, die Schweden immer starck den stifft selbsten
21
behaubtet hetten. I. H. G.: Daß gleichwoll die nothurfft erforderen
22
wolle, dahin zu gedencken, wie quoquo modo auß den sachen zu kommen
23
und die stiffter pro religione catholica in priori forma conservirt werden
24
mögten. Der graff von Trautmansdorff versicherte nachmahln das
25
vorige mit begehren, I. H. G. dem mittel nachdencken möchten, und daß sie
26
ihrestheils gar gern cooperiren wolten. Dessen I. H. G. sich gar gern
27
erpotten. Dieses aber seye dabey woll zu beachten, daß die Frantzosen
28
wie auch der herr nuncius weith anders in gegenwart sein herrn gravens
29
von Trautmansdorff geredt und gleichsamb pro praesupposito gehalten
30
hetten, daß diese stiffter den Schweden verpleiben solten; also er es pro re
31
desperata halte, und I. H. G. sich nit viel darauff wurden zu verlaßen
32
haben. Nachdem aber nun das werckh zue Osnabrugk bewustermasen an-
33
gebunden, wolte ers noch ein 8 oder 10 tagh ansehen, underdessen sich der
34
erfolgh und ob zu einigem schluß hoffnung zeigen werde. Da es contrari
35
sich erweißen wurde, konte und wolte er sich dies ohrts langer nit auffhal-
36
ten. So aber I. H. G., und daß er durch sein weghreisen keine occasion
37
zum abrumpiren geben möchte, ihme mißrathen, sonderlich weiln mit den
38
Frantzosen so weit kommen und ein so guter staffel zum frieden gelegt
39
worden. Trauttmansdorff: Bestätigt, daß die Franzosen sich jetzt sehr
40
zufrieden zeigen; wegen der Gravamina will er heute den Kursächsischen
41
zusprechen, diejenigen, so vorerst vom hauß Sachsen dependiren, zu dispo-
42
niren, daß sie es mit den extremisten nicht halten mögten, und im übrigen

[p. 586] [scan. 636]


1
die katholische Erklärung auf die 22 Punkte erwarten.

2
W bei Volmar, der wegen Bremen und Verden versichert, daß die Kayser-
3
liche gar woll zufrieden, wan die stiffter könten salvirt werden, jedoch,
4
daß man versichert sein muste, daß hingegen von den Kayßerlichen erb-
5
landen weiters nichts praetendirt werden möchte. Circa gravamina hetten
6
ihme die Frantzosen gesteren und sonderlich der Servient gesagt, weiln ex
7
parte Catholicorum de anno 1627 ad 1624 und hingegen die protestirende
8
ab anno 1618 ad 1621 gewichen, seye billig, daß die catholische noch
9
weiter zu den anderen herabgiengen und die uncatholische auch mit hinzu-
10
giengen, solchenfalß man auch balt zusammenkommen könte. Deme er
11
Volmar geandtwortet, daß es die meinung gar nit habe. Sie Kayserliche
12
hetten zwar zu der sachen befurderung annum 1624 vorgeschlagen, solches
13
aber von den catholischen nicht placidirt, weniger approbirt, sondern es
14
noch woll grose difficulteten abgeben und gar viel sein wurden, dieses von
15
ihnnen zu erhalten. – [...].

16
1646 IX 16
Sonntag W bei Longueville/Servien. Gratulation zum
17
Abschluß mit den Ksl., Empfehlung der katholischen Interessen, besonders
18
bezüglich Osnabrück, Minden und Verden, anläßlich der Reise der Franzosen
19
nach Osnabrück. Franzosen: Daß sie ihrestheilß nunmehr, soviel das
20
reich betrifft, content, hetten nunmehr eben die intention und eifer, welchen
21
I. H. G. erzeigten, daß nemblich mit der cron Schweden auch furderlichst
22
ein gantzes gemacht und also zu einem bestendigen frieden gelangt werden
23
mogte. Des stiffts Verden halber wolten sie zwarn gern ihr müglichst an-
24
wenden, leidt seye ihnnen aber, daß sie I. H. G. die hoffnung, so sie viel-
25
leicht erwarteten, nicht geben könten, dan leicht zu gedencken, daß weiln
26
die Schweden den stifft gleichsamb schon im sack hetten, ein schweres ding
27
sein werde, ihnnen denselben wiederumb zu endtziehen. Was aber sonsten
28
I. H. G. ubriges interesse anlangte, wolten sie, gleich wie bißhero allezeitt,
29
also auch noch ferner fleisig advigiliren helffen, zumahln ihnnen von den
30
Schwedischen mehrmahls vorgeruckt, daß wan von I. H. G. interesse geredt
31
wurde, sie Frantzosische sich darin gar zu affectionirt und passionirt be-
32
zeigten. Das gemeine weesen der catholischen betreffend, wurde ihnnen lie-
33
bers nit sein, alß dasselbe nach ihr der catholischen selbst wunsch und be-
34
gierde hindurchtreiben zu konnen, allermasen sie dan ahn ihrem fleiß gantz
35
nichts wolten ersitzen lasen, musten auch bekennen, daß die protestirende
36
in ihrem anbegehren alzuweit gangen wehren. Fragten demnegst, ob und
37
wer zu Oßnabrugk von den catholischen sich befinden thete, von dennen
38
sie in ein- und anderm vorfallenden punct information nehmen könten.

39
Warauff I. H. G. ihnnen zu verstehen geben, daß neben den herrn Kay-
40
ßerlichen gesandten auch ein Churbayerischer unnd dan der Wurtzburgi-
41
sche aldorten zur stelle

42
Ernst und Vorburg.
, die ihnnen mit allem nötigen bericht ahn die handt

[p. 587] [scan. 637]


1
gehen wurden. Diesem nach wurde man der vornembsten puncten der
2
religionsgravaminum zu redt, und war auß ihrem discurs soviel abzuneh-
3
men, daß ihnnen die rechte fundamenta, wie auch cardo ipsius controver-
4
siae nicht recht bewust, und geschahe daher ihnnen in underschiedtlichen
5
stucken zimbliche erleuterung, die sie in acht zu nehmen sich erpotten.

6
W: Lütticher Unruhen und Verantwortung der Franzosen für mögliche
7
Veränderungen im dortigen Religionswesen. [...] Bey genommenem ab-
8
scheidt hatte der conte Servient, alß von der der catholischen religion so
9
schadtlicher confoederation discursus vorgefallen, gestanden, daß der cron
10
Franckreich confoederirte in verschiedenen fällen die Frantzösen selbst nit
11
woll tractirt, sie hetten aber zu bezeihgung ihrer bestendigkeit derntwegen
12
von ihnnen nit abtretten konnen, sie wolten pro ecclesia et catholica reli-
13
gione bey diesen tractaten ihr bestes thun. Wobey er dan illa occasione
14
erinnert worden, weyln sie so bestendig in ihren sachen sein wolten, vor
15
allem das absehen dahin zu richten hetten, was sie Gott und der kirchen,
16
alß sie darin per baptismum eingetretten, anglobt.

17
W an d’Avaux, der erkrankt ist und dessen Reise nach Osnabrück deshalb
18
noch nicht sicher ist: Empfehlung der katholischen Interessen.

19
Mitteilung an die Bayern: Gespräch mit den Franzosen, Bitte um Verwen-
20
dung bei den Franzosen besonders wegen Verden. Die Neuburger sollen den
21
Mediatoren eine weitläufige Schrift in der Pfälzer Sache zugestellt haben.

22
Bayern: Wegen der Stifter die Franzosen schon angesprochen, da kein
23
Hinweis Ws vorlag, leider ohne besondere Erwähnung Verdens. In der
24
Pfälzer Sache die Franzosen sehr willig, bei den Schweden noch Schwierig-
25
keiten in der Territorialfrage, die man zu überwinden hofft.

26
1646 IX 17
Montag Katholische deputatio ad gravamina. – Konfe-
27
renz
der katholischen Stände . – [...]

28
1646 IX 18
Dienstag Chigi bei W. Religionssache in Lüttich, Aachen,
29
Kleve; Gravaminaverhandlungen. Und weiln von I. H. G. der herr graff
30
von Trautmansdorff begert hette, auff mittel zu gedencken, wie die beide
31
stiffter Bremen und Verden bey der catholischen religion quocunque ex-
32
tremo casu zu salviren, alß hetten sie nicht underlaßen, underschiedtlichen
33
nachzuschlagen, inmasen sie ihme solches erzehlet. Darauf der herr
34
nuncius begert, I. H. G. belieben möchte, solche extente zu papier zu prin-
35
gen, umb den Franzosen woll zu inculciren. Warzu sich I. H. erpotten.

36
Quoad publica vermeldet der herr nuntius, dieß seye nun seine letztere
37
hoffnung, daß man zum schluß gerathen mögte. Wan die sachen nun wie-
38
derumb turbirt und die Schwedische sich nit beßer veranlaßen, gebe er,
39
wan nit Gott droben andern segen verliehe, alles verlohren.

[p. 588] [scan. 638]


1
1646 IX 19
Mittwoch Vertreter der Stadt Münster bei W. Strittige
2
Fälle städtischer und geistlicher Jurisdiktion. – [...].

3
1646 IX 20
Donnerstag Mitteilung an Chigi: Schriftliche Fassung der
4
Gedanken zu Bremen und Verden. Chigi: Er mochte woll wunschen,
5
daß die sachen und coniuncturn in anderm standt, man muße aber ex malis
6
bona, so gut man könne, nehmen, wolle gleichwoll in vertrawen avisirt
7
haben, daß er gut zu sein vermeint, daß I. H. G. einen zu Osnabrugk het-
8
ten, welcher in die Frantzosen continue tringen thete, auff daß dieserseits
9
nichts wurde verabsaumet; gleich er dan auch fur sich selbst gedacht gewe-
10
ßen, iemanden in seinem nahmen dorthin zu schicken, hernacher aber dafur
11
halten muße, daß solcher bey den Schwedisch- und uncatholischen gar
12
invisus sein und vermeint werden mögte, daß durch ihnnen der friedt zer-
13
stort und verhindert wurde, dahero resolvirt worden, daß die abschickung
14
von dem Venetianischen mögte geschehen. Der Beauftragte soll morgen
15
reisen.

16
Beauftragter Ws mit Schreiben an d’Avaux nach Osnabrück

42
Anlage (Informationsschrift Ws wegen Bremen und Verden): fehlt.
.

17
W bei den Ksl.: Es schiene wohl, daß die wiedrige religionsverwandten itzo
18
sonderlich von einem unruhigen geist getrieben und angereitzet würden.
19
Hoffnung des Adels in den Stiftern auf Religionsfreiheit, auch in Lüttich
20
infolge der dortigen französischen Umtriebe. Calvinistischer Gottesdienst
21
wird in Aachen und unter hessischem Schutz in Paderborn gehalten.

22
Trauttmansdorff: Es were guett, daß solches den Franzosen würde vor-
23
gebracht. I. H. G.: Es würde inen alles gnugsamb remonstrirt werden.
24
Mitteilung zwischen Kurköln und Melander verhandelter Punkte, damit
25
Trauttmansdorff die Kölner zu Ihrer Kayserlichen Maiestet dienst ziehlende
26
getrewe wohlmainende intention bey deroselben mitt beförderen helffen
27
möchte. Und bestunde das werck haubtsächlich darauf, wie daß die schäd-
28
liche unordnung sowohl bey einquartierung der soldatesque alß underhalt
29
möchten zue deren beßer conservation und versterckung abgeschafft wer-
30
den. Nach entsprechenden Beratungen in Bonn will Melander die dort
31
gefaßten Beschlüsse jetzt bis auf weitere Erklärung des Kaisers nicht durch-
32
führen
. Plan zur Wiederverstärkung der Mediattruppen Kölns und Ws auf
33
die zur Sicherung der festen Plätze notwendige Höhe (6400 zu Fuß, 1500
34
zu Pferd, 100 Dragoner); dazu die Anweisung fester Garnisonen und Assi-
35
gnationen
an die Mediattruppen in den Stiftern nötig; für die Immediat-
36
truppen
stehen im übrigen Kreisgebiet ausreichende Garnisonen und Unter-
37
haltsmittel
zur Verfügung. Bitte um die Beförderung der schnellen Zustim-
38
mung
des Kaisers, da sonst die Landstände ihre Bereitwilligkeit zur Über-
39
nahme
der entsprechenden Leistungen wieder ändern können; Warnung vor
40
dem Gedanken, man könne sie militariter zwingen. Klagen über entgegen
41
den Kreistagsbeschlüssen dem Kreis aufgedrungene ksl. Oberste und deren

[p. 589] [scan. 639]


1
überhöhten Unterhalt. Bezüge des Feldmarschalls und der Kommissare.
2
Überlassung von Regimentern und Kompanien an Unmündige. Und ist
3
darauf nachgehends der discursus wiederumb auf die Oßnabruckische frie-
4
denshandlung gefallen, wabey alß der herr graff von Trautmansdorff ver-
5
meldet, daß die Hollendische gesandte sich auch vorgestern dahin begeben,
6
hatt der herr Vollmari dabey angezeigt, alß wan er der mainung, daß sie
7
dieße raiß sonderlich dem churfürsten zue Brandenburg ratione Pomera-
8
niae zum besten würden gethan haben. I. H. G.: Es were wohl sicher,
9
daß die Hollender der Schweden zunehmende macht nit unpillig apprehen-
10
dirten und derentwegen pro Brandenburg rheden würden. Es würden aber
11
dabey zweiffelsohne noch andere sachen vorfallen. Herr graff von
12
Trautmansdorf: Der meinung were er auch und hielte dafür, daß nach der
13
Franzosen wiederzurugkunfft

41
Diese erfolgte 1646 IX 29.
die Schwedische und alle zu Oßnabrugk
14
subsistirende gesandten noch anhero kommen würden, wie dan noch ver-
15
schiedene schwere puncta zue debattieren stunden, alß der punctus Hassia-
16
cae satisfactionis et militiae Suecicae, ohne was noch in puncto gravaminum
17
et principaliori puncto Suecicae satisfactionis vorkommen möchte. Die
18
Franzosen stunden starck darauf, daß 600 000 reichsthaler den Hessischen
19
soltten gegeben werden, ohne geld würde man einmaln von innen nit kom-
20
men. I. H. G.: Sie hetten wohl etwas anders alß recompensen und geld
21
meritirt. Soltte man aber ie etwas amore pacis thuen, so hette man sich den
22
Zappenburgischen tractaten

42
Im Sababurger Vertrag 1635 XII 20 (Druck: M. C. Londorp IV S. 484ff) waren vor-
43
behaltlich der Genehmigung des Kaisers und des hessisch-kaiserlichen Ausgleichs für die
44
Räumung der Stifter 50 000 Reichstaler geboten worden.
nach gemeeß zu verhaltten. Herr graff
23
von Trautmansdorff: Es hetten die Hessische wohl mitt recht nichts zu för-
24
deren, indeme aber inen die Franzosen die hand so starck hielten und ver-
25
mainten, es etliche millionen werth were, daß sie von der praetension des
26
stiffts Paderborn und anderer landtschafften abgepracht, so würde man
27
ohne erlagung etlicher 100 000 besorglich nit von innen kommen; wobey
28
soviell zu verstehen geben, daß er sich fast nit getrawte, es uff 200 000
29
reichsthaler zu erhandlen, sondern gleichsamb das medium der 300 000 insi-
30
nuirt und zu verstehen geben, daß die Hessen vermainten, itzo mehrers in
31
handen zu haben, alß sie bey dem Zappenburgischen vertrag gehabtt.

32
I. H. G.: Es were auß der weiße, daß man innen etzliche hundertthau-
33
send geben solle, und hetten sie seither den Zappenburgischen tractaten ver-
34
schiedene plätze alß den Hamb, Soest, Werll, Lünen, Dortmund, Dörsten
35
und Rheinen verlohren und hingegen nichts alß die innen von den Franzö-
36
sischen im erzstifft Cölln iehnseiten Rheins eingeraumbte plätze erhaltten.

37
Herr graff von Trautmansdorff: Das übleste bey dießer sachen were,
38
daß sich die Französische so eyferig und starck dießer sachen annehmmen
39
thetten. Sie sagttens zue dem end, daß man einmahln dießen scopulum nit
40
würde vorbeygehen können. Und weiln die Casselische einen fästen platz

[p. 590] [scan. 640]


1
usque ad solutionem zue ihrer versicherung einbehaltten woltten, so möchte
2
man sehen, ob etwa gelder zu leihnen, welches verträglicher sein würde, alß
3
in den contributionibus und kriegstrangsaln stecken zu pleiben. I. H. G.:
4
Mitt aufnahmb der gelder würde man nit fortkommen können, weiln es
5
bey keinem dieserents zu finden, und würde es ia ein unmögliches ding sein,
6
wan die landen den Hessischen solche große sumb beypringen und under-
7
deßen zugleich ihre völcker noch underhaltten soltten. Der herr graff:
8
Die Hessische contributionen müsten nach dem getroffenen vergleich cessi-
9
ren und verglichen werden, wieviell volck und von wehme solches in deme
10
pro assecuratione behalttenen platze underhaltten werden soltte. Der herr
11
graff von Holtzaffel

39
Peter Melander Reichsgf. von Holzappel, vgl. oben [S. 375 Anm. 4] .
und Vehlen würden wohl geld haben, welches sie auf
12
solchen fall leihnen köntten [...]. Forderung der Schweden nach einer Mili-
13
tärsatisfaktion
; der bayerische Vorschlag, diese auf die Protestanten anzu-
14
weisen
, ist nicht durchführbar, auch für Bayern selbst schädlich, da dann ein
15
Teil der vom Kaiser für die Abdankung der bayerischen Armee geforderten
16
drei Kreise (Bayern, Franken, Schwaben) ausfällt. W: Es giengen bey
17
dieser friedenshandlung die exteri seltzamb mitt dem reich umb. Alß man
18
Schweden eine geldsumb offeriren wollen, hetten sie alßpald darauf ge-
19
andtworttet, sie wüsten wohl, daß im reich kein geld mehr vorhanden und
20
woltten dahero ahn land und leuten ihre satisfaction haben; nun innen sol-
21
ches offerirt, woltten sie solches unentgeltlich behaltten und das geld, waß
22
ihrer bekendtnuß nit vorhanden, vor ihrer soldatesque bezahlung auch
23
haben. Herr graff von Trautmansdorff: Sie sustinirten, daß ohne etli-
24
cher monat sold ihre militiam nit abdancken köntten, und daß solche geldt-
25
mittel einmahl vom reich hergenommen werden müsten. Er hette wohl bey
26
alsolchen extremis bey sich gedacht, ob es uff einen sold zu pringen, sie
27
weren aber bißhero noch uff 2 monat bestanden. I. H. G.: Dies weren
28
noch schwere sachen, und hette man sich quoad locum der abdanckung
29
auch wohl vorzusehen; die Schwedische auch, welche in dem Niedersächßi-
30
schen craiß einige landen bekehmen, das ihrige vor allem mitt dabey zu
31
thuen. Herr graff von Trautmansdorff: Seinestheilß hette er auch wohl
32
auf die beede Sachßische craiße gedacht [...]. Militärische Lage in Ober-
33
deutschland
und den Niederlanden.

34
[...]

35
1646 IX 22
Samstag Reichsräte .

36
1646 IX 23
Sonntag Von vertrawtem orth: Erklärung der Ksl. für
37
die Franzosen 1646 VIII 31

41
Anlage (Ultima generalis declaratio der ksl. Ges. zur französischen Satisfaktion 1646
42
VIII 31): fehlt; vgl. oben [S. 575 Anm. 1] .
.

38
[...]

[p. 591] [scan. 641]


1
1646 IX 25
Dienstag Bericht des an d’Avaux geschickten Vertreters:
2
Günstige Aufnahme des mitgeteilten Berichtes; gesprächsweise hat d’Avaux
3
angedeutet, daß sie die Schweden auf ihren postulatis gar starck bestehend
4
finden, denen aber hetten sie sowol ingesambt alß absonderlich starck zu-
5
gesprochen, wan sie auch auf fernere continuation des kriegs und under-
6
truckung der catholischen die gedancken halten solten, würden von der
7
cron Franckreich keine weittere assistenz haben.

8
1646 IX 26
Mittwoch Memorial an die Staatischen

38
Anlage (Memorial betr. die Wegnahme von Pferden des Abtes von Deutz durch die
39
Staatischen in Orsoy): fehlt.
. Antwort:
9
Ihrerseits soll die Neutralität mit Kurköln streng eingehalten werden.

10
Bayern bei W. Kurbayern entnimmt der letzten Erklärung der Protestan-
11
ten

40
Vgl. oben [S. 571 Anm. 9] .
, daß selbige alles auf die spitz zu sezen gedencken, weshalb sie nach
12
Absprache mit den Kölnern erklären sollen, daß dafern ermelte protesti-
13
rende sich mit den leztern vorschlägen der Kayserlichen gesandten

41
Die Kompositionsvorschläge der Ksl. 1646 VII 12.
nicht
14
befriedigen wolten, alßdan die catholische (indem sie sehen, daß es ienen
15
umb den frieden kein ernst) alles dem lieben Gott und der höchsten gerech-
16
tigkeit befohlen sein zu laßen hetten, und würde es endtlich noch ahn
17
mitteln nicht ermanglen, sich wieder dergleichen unbilliche und zu extermi-
18
nirung der catholischen religion gereichende postulata zu schüzen. Weyln
19
aber under den protestirenden gleichwoln selbsten underschiedliche sich be-
20
finden, die ahn solchen extremiteten kein gefallens trügen, so were nit zu
21
zweifflen, es würden dieselbe auf der catholischen, vornemblich aber der
22
Kayserlichen gesandten herzhafftes zusprechen ihre ubrige religionßver-
23
wandten zu beßern und miltern consiliis zue bewegen nicht underlaßen.
24
Nun erinnerten zwarn sie Churbayerische sich gar wol, daß das leztmaliges
25
conclusum der catholischen stende

42
Bedenken der kath. Reichsstände 1646 IX 18 (Druck: J. G. Meiern III S. 355–363 ).
in effectu mit dieser mainung einstim-
26
mete, derowegen dan noch zur zeit und biß man hörete, wohin der prote-
27
stirender fernere resolution fallen wurde, diß werck auf sich beruhen konte,
28
sie hetten aber nicht underlaßen sollen, krafft habenden befelchs I. H. G.
29
davon zu beßerer dero nachricht eroffnung zu thun. Kurbayern weiter für
30
das Schreiben nach Frankreich; soll man beim Mainzer Direktorium des-
31
halb
mahnen? W: Raigersperger hat sich zu einer nochmaligen Anfrage
32
bei Kurmainz erboten. Hat von Trauttmansdorff erfahren, daß der Vene-
33
dische gesandter eines armistitii red gehabt haben soll. Weylen aber dieser
34
ietziger zeit eine solche sach, wodurch anderst nichts alß der undergang der
35
Kayserlichen und reichswaffen sambt Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht
36
in Bayern landen, alß in denen beyde armaden sich iezo befinden, noht-
37
wendig veruhrsacht werden müße, alß hette man darauff keine gedancken

[p. 592] [scan. 642]


1
zu schlagen. Nach Trauttmansdorff haben die Staatischen in Osnabrück
2
den Schweden wegen Milderung der pommerischen Forderungen zugespro-
3
chen
, die Restitution des Pfalzgrafen empfohlen, den Einschluß der Calvi-
4
nisten
unter die Augsburger Konfessionsverwandten gefordert und den
5
Franzosen erklärt, daß sie mit Spanien Frieden schließen wollten.

6
Bericht Buschmanns: Nach Volmar die Protestanten in Osnabrück sehr
7
unzufrieden mit der letzten katholischen Erklärung; sie müßten sehen, daß
8
diese materia gravaminum eine sach seye, die noch eversionem totius rei
9
publicae nach sich ziehen werde. Die Franzosen haben sich in Osnabrück
10
bei den Mainzern beklagt, alß wan die catholische mit ihren erklehrungen
11
wieder zuruckhandleten und es dahero das ansehen gewinne, daß man die
12
Franzosen bey ihren alliirten verhast zu machen gedächte, alß thetten sie
13
durch ihre tractatus verursachen, daß die catholische in ihren mainungen
14
sich nun mehrers steiffeten.

15
Trauttmansdorff bei W. Die Schweden bestehen noch auf ganz Pommern
16
und behaupten, andere Befehle erst anfordern zu müssen. Dieses mochte
17
nun villeicht wol ex composito cum Gallis geschehen, damit nemblich die-
18
selbe hierdurch die tractatus zu eludiren ursach bekommen, wie er dan
19
seinestheylß dafur halten müste, daß den Franzosen der fried nicht zue
20
herzen gehe, es seye dan, daß die Staden mit ihrem Schluß fortfahren.
21
Wobey er dan auch vermeldet, daß die Staden sich diese campagna hin-
22
durch also gehalten, daß die Spanier wieder sie zu klagen kein ursach.

23
Und wie darauff per discursum replicirt wurde, daß dannoch die Fran-
24
zosen mit den Staden wol zufrieden und sich berühmeten, von denselben
25
diejenige diversion, die sie selbst begert, erlangt zu haben. Hatt er
26
geandtworttet, daß er nicht glaube, solches den Franzosen ernst zu sein. Die
27
Venediger thetten eben dergleichen und gäben den Franzosen die allerbeste
28
wort, da sie doch wol wüsten, daß die Franzosen diejenige seind, die den
29
Türcken wieder sie aufgewigglet, welches sie iezo dissimulirten, weyln
30
ihnen ieziger zeit die media vindictae ermangleten. W: Westfälisches
31
Kreiswesen, Erhöhung der Zahl der Offiziere und ihrer Besoldung, Unter-
32
halt
für auswärtige Besatzungen; und kondte man zwarn wol geschehen
33
laßen, daß Ihre Maiestet mehr regimenter in diesem craiß halten, wan die-
34
selbe anderstwoher die mittel darzu verschafften; daß aber alles diesem
35
einzigen craiß auffgebürdet, seye der billichkeit ganz zuwieder. Trautt-
36
mansdorff
: Will die Sache, wenn sie schriftlich eingereicht wird, beim
37
Kaiser unterstützen.

38
W bei Bergaigne. Noch nichts Sicheres über den Abschluß mit den Staaten.
39
– Mantuaner Gesandte

41
Außer Nerli der kurz zuvor in Münster eingetroffene Sekundargesandte Girolamo conte
42
Sannazaro.
bei W. Wiederholung des früheren Anbringens.
40
Antwort Ws per generalia.

[p. 593] [scan. 643]


1
1646 IX 27
Donnerstag Mitteilung der Bayern: Eingaben Neuburgs
2
in der Pfälzer Sache

37
Anlage (Neuburger Eingaben in der Pfälzer Sache): fehlt.
.

3
[...]

4
1646 IX 29
Samstag W und Nassau bei den Jesuiten. Gestern hat
5
Trauttmansdorff die Vertreter von Kulmbach, Württemberg und Nürnberg
6
berufen und sie zunächst zur Kompromißbereitschaft ermahnt; der Nürn-
7
berger
hat geantwortet, daß sie gern ihr eußerist dabey thuen woltten,
8
allein köntten weder die alhie noch zue Oßnabrugk sich befindende un-
9
catholische verstehen, warumb die catholische in dießer ihrer letzterer ahn
10
die herrn Kayserlichen übergebener erklerung in vielen punctis wiederumb
11
zurugkgefallen, wusten auch noch nicht, was dieselbe für eine resolution
12
den 30. Junii heraußgeben, weiln inen noch zur zeitt davon nichts vorkom-
13
men were. Darauf der herr graff von Trautmansdorf innen replicirt, daß
14
die catholische nicht zurugkfielen, sondern innen Kayserlichen den 30.
15
Junii ein guetachten eingereicht

39
Vgl. oben [S. 524 Anm. 3] .
, auß welchem sie Kayserliche für sich
16
selbst einige wollmainende vorschläg compositionis addirt und die innen
17
protestirenden den 12. Julii zugestelte vorschläg heraußgezogen. Wamitt sie
18
obbemelte 3 abgesandte gar wohl zuefrieden und satisfacti gescheiden und
19
ihr voriges erbieten repetirt. – [...].

20
1646 IX 30
Sonntag Auf Anfrage Ws berichtet d’Avaux: Daß in
21
Osnabrück die sachen gar schwer hergangen und sie mitt den Schweden viel
22
disputirens gehabt. Es weren iedoch die sachen quoad tractatus pacis der-
23
gestaldt promovirt, daß man gueter hoffnung, mitt den Schweden auch
24
noch zue einem gueten schluß zu kommen, doch braucht Oxenstierna zum
25
wirklichen Abschluß eine besondere Weisung aus Schweden. Wegen bemel-
26
ter stiffter aber, weiln solche inen von den Kayserlichen beraiz offerirt zue
27
sein vorgewendet worden, were ie nichts zu erhaltten geweßen, und dar-
28
umb desto weniger, daß sie keinen geistlichen ertz-, bischof oder fürsten
29
deren administration zu verstatten gemaint; doch haben sie die capitul und
30
clöster in dem sich iezo befindenden standt zu laßen versprochen. Ihnen
31
Französischen gesandten were leydt, daß sie in dießem passu nit ein meh-
32
rers erheben mögen. Bitte um Geheimhaltung dieser Nachricht. – [...]

33
1646 X 1
Montag [...] – Mitteilung an Chigi: Plan einer Reise Ws
34
in das Stift Osnabrück, Äußerungen d’Avaux’ über Bremen und Verden.

35
Chigi: Daß die verrichtung der Franzosen zu Oßnabruck fast schlecht,
36
und obwoln sie gar viel gethan zu haben vermainten, indem sie den Schwe-

[p. 594] [scan. 644]


1
den starck zugesprochen, auch diese ahn ihre königin geschrieben hetten,
2
sehe er doch nit viel pro pace gereicht zu sein, zumaln die Schweden iezt
3
starck auff Stetin bestünden, welches aber Churbrandenburg durchauß nit
4
quittiren will, und scheine ihm vielmehrers, daß das absehen auff außgang
5
der waffen in Bayern gestelt sey, worin ihn mehrers confortirt, daß, wie er
6
nachricht habe, die Franzosen einen zu Stockholm und hingegen die Schwe-
7
den yemand zu Pariß hetten, welche de formandis armis gegen künfftigen
8
früling tractiren thetten. Ihm wie auch dem graffen von Trautmanstorff
9
komme fremb vor, daß man aniezt de armistito reden dorffe, da der ganze
10
schwall aller kriegenden partheyen in den Churbayerischen landen und
11
quartieren, welches ein stattliches inventum, diesen winter diesseittige
12
armeen ohne schwerdtstreich zu ruiniren und alle mittel zu einiger ferneren
13
auffkunfft zu benehmen. Er sehe ye lenger ye mehr, daß res imperii per
14
tractatus hosce täglich sich deteriorirten, und were hundermal beßer, daß
15
man niemals zusammenkommen. Die iezige vorschläg gehen allein dahin,
16
Ihre Maiestet und Churbayern in ihrer rechtmeßigen kriegsdefension irre
17
zu machen und zu hindern. Er seinestheylß wünsche den herrn graffen von
18
Trautmanstorff wiederumb ahm Kayserlichen hoff, allda ihn aber, wie es
19
schein, etliche nicht gern sehen, auch Churbayern sein lenger hie verpleiben
20
bey Ihrer Maiestet zuweg gepracht. Wegen der Stifter gibt Trauttmans-
21
dorff
zu verstehen, alß wan er faciles modos, auß den sachen deßhalber zu
22
kommen, vor der hand habe, konne aber seinestheylß, was solches sein
23
muste, nicht finden, außer daß er wie bisher laxe mit den sachen wolle
24
umbgehen [...].

25
1646 X 2
Dienstag Mitteilung an Mainzer, Bayern, Salzburger und
26
Österreicher: Plan der Reise und Anerbieten sofortiger Rückkehr bei wich-
27
tigen
Vorfällen. – Abreise Ws nach Wiedenbrück. – [...] – Bericht Vol-
28
mars
an Buschmann: Die Ksl. haben heute den Mediatoren zur Mitteilung
29
an die Franzosen erklärt , sie wollen, wenn die Schweden auf Vorpommern
30
mit Stettin schließen oder wenigstens auf Ratifikation handeln, bei Ent-
31
schädigung
Brandenburgs mit Halberstadt und 2 Millionen Reichstalern die
32
Zustimmung der Reichsstände und Brandenburgs erwirken und notfalls
33
auch ohne Zustimmung Brandenburgs auf dieser Basis abschließen. Damit
34
die Sache nicht per actionem aliquam bellicam wiederumb alterirt würde,
35
so hetten die Kayserliche zugleich auch den mediatoribus zu verstehen ge-
36
geben, daß weyln die Franzosen vorhin gegen dieselbe sich vernehmen
37
laßen, daß ihnen ein armistitium nicht zuwieder, so finden sie Kayserliche
38
solches ihrestheyls auch nit unbillich, daß davon handlung angestelt werde.

39
1646 X 3
Mittwoch Trauttmansdorff zu Buschmann: Auf Ersuchen der
40
Osnabrücker Protestanten hat er zugesagt, den Ausgang der Gravamina-

[p. 595] [scan. 645]


1
verhandlungen
vor seiner Abreise abzuwarten, aber auch erinnern lassen,
2
daß sie sich ihrestheylß also zum ziel legen möchten, damit man die zeit
3
ferner mit dergleichen altercationibus vergeblich nit verzehre; schiene son-
4
sten im ubrigen so gar leise hoffnung zum glücklichen außschlag des gant-
5
zen friedenswercks nit zu tragen. Fortgang der Verhandlungen zwischen
6
Spaniern und Staatischen, beiderseitige Neigung zum Abschluß eines stän-
7
digen
Friedens statt eines Waffenstillstandes, Gegenwirken der Franzosen,
8
die für Katalonien einen Stillstand von der Dauer des spanisch-staatischen
9
verlangen. Es laßen sich aber die Hollander selbst gleichsamb alß mitteler
10
zwischen den Spaniern und Franzosen gebrauchen, und hoffe er, die sachen
11
solten sich zwischen beyden coronen auch noch zum schluß pringen laßen.

12
In der Beratung der Protestanten in Münster, bei der Sachsen zum ersten
13
Mal das Direktorium führte, soll beschlossen worden sein, die letzte ksl.
14
Erklärung nochmals punktweise durchzugehen und, was und wie weitt den
15
catholischen endlich zu weichen und nachzugehen, in erwegung zu ziehen.

16
1646 X 4
Donnerstag Volmar zu Buschmann: Nach Mitteilung der
17
Mediatoren wollen die Franzosen an die Schweden schicken, damit es bei
18
Vorpommern und dem Kondominium in Wismar, vorbehaltlich von Meck-
19
lenburg
in Schweden vielleicht zu erreichender Verbesserungen, sowie bei
20
Bremen und Verden salvo statu ecclesiastico bleibt. Den Stillstand lassen
21
die Franzosen sich gefallen und schlagen vor, daß die Heerführer durch die
22
Gesandten zum Abschluß ersucht werden. Die Ksl. damit einverstanden,
23
weyln alles auf der generaln guttbefinden gestelt pleib, welche dan dortten,
24
wan es den Kayserlichen waffen nit verträglich, schon mittel finden wer-
25
den, selbiges zu decliniren, hingegen aber solte es status rerum anderst
26
erfordern, so hetten sie doch wenigst dadurch apertur und anlas, handlung
27
daruber anzubinden. Buschmann: Ob dan dasienig, was er Vollmar
28
vorhin von zurucklaßung der statt Stettin gemeld, den Schweden nicht mit
29
würde zu gemuth gefuhrt werden? Respondit, fur dißmal noch nicht,
30
gestalt es dan die Franzosen selbst nicht rhatsamb befinden, biß man sehen
31
werde, ob die Schweden endweder ad ratificationem handlen oder aber
32
befelch auß Schweden daruber bekommen werden. Die Franzosen haben
33
den Schweden auch erklärt, nicht länger als einen Monat auf die Antwort
34
aus Stockholm warten zu können, zumal die Staaten den Kampf gegen
35
Spanien nicht länger fortsetzen wollten.

36
1646 X 6
Samstag Sachsen bei Reck/Buschmann. 1. Bitte um Unter-
37
stützung
, daß bei der vorgesehenen neuen Ausgleichsverhandlung zwischen
38
Darmstadt und Kassel gemäß den für solche Fälle vorgesehenen Bestim-
39
mungen
der Erbverbrüderung, an der Sachsen beteiligt ist

40
Vgl. Naumburger Vertrag 1614 IV 9 (Druck: Th. von Moerner S. 61ff) über die
41
Erneuerung der Erbverbrüderung der Häuser Sachsen, Brandenburg und Hessen.
, vorgegangen

[p. 596] [scan. 646]


1
wird. 2. Daß den schlesischen Protestanten gegen den von Chursachsen auß
2
Kayserlicher commission ihnen ertheylten accord

42
Den schlesischen Protestanten war im Dresdener Akkord 1621 I 28 von Kursachsen als
43
ksl. Bevollmächtigten freie Religionsausübung bei Rückkehr unter die österreichische
44
Herrschaft zugesagt worden.
nichts aufgeburdet
3
werde. 3. Daß die Kölner Trauttmansdorff zum Bleiben zu bewegen
4
helfen. Antwort: 1. Daß bekhand were, wie hoch Ihre Churfürstliche
5
Durchlaucht sich von anfang angelegen sein laßen, damit des herrn land-
6
grafen zu Darmstatt Furstliche Gnaden zu demienigen, wozu sie von rechts
7
wegen befügt, gelangen, auch dabey gehandhabt pleiben mocht, inmaßen
8
dan solches die Hessen Casselische selbst fur die vornembste ursach dero
9
wieder Ihre Churfürstliche Durchlaucht geschöpffter offension außgeben.
10
Man wird auch jetzt Darmstadt alle nuzlichste hulff und befurderung
11
hierin helffen zu erweißen. Es were aber auch den herrn Chursachsischen
12
gesandten nicht unbewust, mit was unbillichen und ungereimbten postulatis
13
die fraw landgraffin underm vermainten vorwand ihrer satisfaction aus-
14
gezogen, sonderlich aber under andern den stifft Paderborn sambt dem
15
turstenthumb Westvalen mit hinein gepracht. Weyln aber nun solches der
16
weg zum frieden nicht sein werde, auch der ahn der Casselischen seitthen
17
selbst yederzeit hoch urgirter amnistiae schnurstracks zuwieder, so konde
18
man nicht umbgehen, sie Chursächsische gleichergestalt hinwieder zu er-
19
suchen, mit darahn zu sein, daß die fraw landgraffin von solchen unbilli-
20
chen anbegehrungen abgewendet oder doch wenigstens ihr kein gehör darin
21
geben werde. Ad 2. Wurden sich die herrn Chursachsische erinnern, waß-
22
gestalt die catholische und Augspurgische confessionsverwandte stend dieses
23
puncti, der autonomiam [!] seu libertatis credendi subditorum under sich nit
24
eins. Daß nun sie Churcolnische Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht eigener
25
religion zuwieder etwas vorzunehmen anstehen und sich endschuldigen
26
musten, deßen wurden sie Chursachsische ihrer beywohnender vernunfft
27
und bescheidenheit nach nicht verdencken. Zwarn hatt man wol mehrmalß
28
vernommen, alß wan mit den Schlesischen stenden es eine andere bewandt-
29
nus hette und gewisse pacta, verträg oder concessiones der religion halber
30
allda verhanden sein solten; wie sichs aber damit eigentlich verhalte, woh-
31
nete ihnen keine wissenschafft bey; zweiffleten aber nit, Ihre Kayserliche
32
Maiestet sich darin also erzeigen und resolviren werden, daß niemand sich
33
mit fugen darob zu beklagen ursach. 3. Zustimmend; weyln es aber ahn der
34
erinnerung allein nit, sondern vornemblich auch ahn dem gelegen, daß die
35
negotia pacis also fortgestelt werden, damit der herr graff zuverlesige hoff-
36
nung eines furderlichen guten ausschlags zu schopffen habe, und dan die
37
materia gravaminum biß dato die ganze sach in verwirrung und verzug
38
gehalten, zu deren schicklicher, pillichmeßiger und furdersamer beylegung
39
sie Chursachsische gar gutt und stattliche officia zu thun vermöchten, so
40
wolte man die zuversicht zu ihnen tragen, auch hochlich gepetten haben,
41
ihren religionsverwandten zuzusprechen und sie dahin zu bewegen, daß den

[p. 597] [scan. 647]


1
catholischen stenden uber dero so friedliebende und weitt uber die Schul-
2
digkeit beschehene anerpiethung ferners nicht zugemutthet, noch die sach
3
damit lenger vergeblich umbgezogen werde. Illi egerunt gratias quoad
4
1. et 3., urgirten nachmaln das zweite und thetten sich wegen der Hessischen
5
praetendirten satisfaction, als welche in sich unpillich, wie auch zu beforde-
6
rung der vergleichung un materia gravaminum zu aller gutter cooperation
7
erpiethen.

8
[...]

9
1646 X 8
Montag Konferenz der katholischen Stände . Auf der Durch-
10
reise von Reckenberg nach Fürstenau nimmt W daran teil.

11
1646 X 9
Dienstag Volmar zu Buschmann: St. Romain aus Osnabrück
12
zurück, von seiner Verhandlung den Ksl. noch nichts mitgeteilt, weshalb
13
man einen schlechten Ausgang vermutet. Gute Aussichten für die spanisch-
14
staatischen Verhandlungen.

15
1646 X 10
Mittwoch Fürsten- und Städterat. – Trauttmansdorff zu
16
Buschmann: Die Franzosen haben den Ksl. vorgeschlagen, bis zum Ein-
17
treffen
der Stockholmer Erklärung über die Satisfaktion mit den Schweden
18
die übrigen noch unerledigten Punkte vorzunehmen; die Ksl. haben abge-
19
lehnt
, weil dann die Schweden hierbei weitere Anhänger zu gewinnen
20
suchen würden, um die Satisfaktion nach ihrem Willen durchsetzen zu
21
können. Wegen des Stillstandes soll Marcilly an Turenne und Brandt

40
Peter Brandt (1609–1648), schwedischer Generalkriegskommissar.
an
22
Wrangel geschickt werden; eine ähnliche Abordnung können die Ksl. nicht
23
verweigern, sehen aber nicht, wozu selbige [...] dienlich, dan der erzherzog
24
wie auch Churbayern selbsten dort zur stell, die wol wissen und uberlegen
25
werden konnen, ob ein armistitium einzugehen nuzlich sey. Er seinestheyls
26
kan ihn gar nit vorsehen laßen, daß darauß etwas werden konne, dann
27
zweifflsohn der feind seine quartier so weittlauffig würde abzeichnen
28
wollen, daß den unsrigen außer der Kayserlichen erblanden und dem her-
29
zogthumb Bayern nichts ubrig pleiben wurde, darauß aber anderst nichts
30
zu gewarten, alß daß wir unß selbsten ohn nuz consumirten, und alßdan
31
gleichwol in feindts gewalt zum frieden zu verstehen oder nicht sein
32
würde.

33
Buschmann bei Bergaigne, der den leidigen zustand des reichs hochlich be-
34
klagt, alß welches die einzige ursach, daß man ahn keinem orth mit den
35
tractaten zum schluß kommen konne, vorab aber wurden die Franzosen
36
dadurch mutthiger gemacht, die es sonsten auch in ihren tractaten mit
37
Spanien wol umb ein guts wolfeyler geben wurden. Die spanisch-staati-
38
schen
Verhandlungen könnten abgeschlossen werden, wenn nicht die Fran-

[p. 598] [scan. 648]


1
zosen
von den Schweden und die Staaten von den Franzosen abhingen;
2
einige wichtige Punkte wie die Religionsfrage und die westindische Schiff-
3
fahrt
stehen noch aus. Die Staaten mehrheitlich für einen Frieden statt
4
eines Waffenstillstandes, was auch Spanien vorzieht, sofern wegen der
5
Religion eine im Gewissen zu verantwortende Lösung zu finden ist. Wegen
6
Katalonien und in allen anderen Punkten ein Ausweg möglich, wenn nur
7
den Franzosen der fried ernst. Der bißherige verlauff hab aber erwiesen,
8
daß sie eines nach dem andern nachgeben und, was gewilliget, fur eine ver-
9
glichene sach geachtet haben und doch ihrestheyls eine ungebundene hand
10
behalten wollen.

11
1646 X 11
Donnerstag Buschmann und Trauttmansdorff. Wahl eines
12
katholischen Palatins in Ungarn.

13
1646 X 12
Freitag Krebs (Bayern) zu Buschmann: Da man bei Oxen-
14
stierna in der Titelfrage nicht gesichert ist, wird er allein nach Osnabrück
15
reisen

41
Krebs reiste 1646 X 13 nach Osnabrück.
und sich bei Salvius anmelden, der gegenüber Ernst den Kurtitel
16
schon mehrfach gebraucht hat.

17
1646 X 14
Sonntag Raigersperger zu Buschmann und Haslang: Die
18
Franzosen wollen die Kondolenzschreiben zum Tod der Kaiserin erst ab-
19
schicken, wenn der Kaiser in der Antwort den Majestätstitel gibt, den er,
20
wie gelegentlich gegenüber Spanien, in einem Handschreiben an die Köni-
21
gin vielleicht gebrauchen könnte, nicht aber in einem Kanzleischreiben an
22
den König. Es ist erwogen worden, deshalb nur das Kondolenzschreiben
23
der Königin nach Wien zu schicken, doch bitten die Ksl. um Rat, da auch
24
in dieser Form der Gebrauch des Titels zum Präjudiz werden könne.

25
Buschmann: Kann sich ohne Instruktion und in Abwesenheit Ws nicht
26
verbindlich erklären. Per discursum aber davon zu reden, sey zwar nit ohn,
27
daß dergleichen newerung, alß dero sich nun folglich alle andere konige
28
auch anmaßen werden, billich zu endfliehen, hingegen aber woll zu consi-
29
deriren, daß diese schrifftwechslung ein eingang zu fernerer correspondenz
30
machen kondte, worzu bey so beschaffenen zeiten billich keine gelegenheit
31
zu verabsaumen, und wan derowegen ein solches mittel, welches zu keiner
32
nachfolg oder praeiudiz zu ziehen, erfunden werden konte, dorffte fast
33
rhatsamb sein, solches nit abhanden zu laßen. Und nachdemaln die herrn
34
Kayserliche selbst gestehen, daß Ihre Maiestet ahn den konig von Spanien
35
solchen stylum mehrmals gehalten, darauß aber mit den herrn churfürsten
36
des reichs vorhero nit communicirt, so scheine es fast frembd, daß iezo
37
darin bedenckens gemacht werden wolle, da man doch wisse, daß die cron
38
Franckreich sich aufs wenigst anderst nit alß da pari mit Spanien tractiren
39
laße. Ähnlich äußert sich Haslang.

40
Rückkehr Ws. Mitteilung an die Bayern, Trauttmansdorff und Nassau.

[p. 599] [scan. 649]


1
1646 X 17
Mittwoch W an Chigi: Mitteilung seiner gestrigen

39
Die vorhergehende Tagesangabe lautete ursprünglich X 16 und ist nachträglich in X 14
40
korrigiert worden. Der die Rückkehr Ws meldende letzte Absatz müßte also als selb-
41
ständige Eintragung unter X 16 stehen.
Rück-
2
kehr
. Chigi: Inzwischen nichts Wichtiges vorgefallen; wegen des Waf-
3
fenstillstandes
sollen morgen Marcilly und Rosenberg

42
Georg Nikolaus Frhr. von Rosenberg (1623–1695), ksl. Abgesandter zu den allge-
43
meinen Waffenstillstandsverhandlungen.
an die Armeen ab-
4
gehen
. Er halte ihnen diß so wenig ernst alß mer anderß, so vorhin sich
5
laßen angehen, gleich er dan auch sonst nit dafur halt, daß yemandts, so
6
guter intention, Ihrer Maiestet und Churbayern ieziger zeit den stillstand
7
zu bewilligen, da alle kriegßschwall mitten im herzen ihrer quartier und
8
landen, werde rathen konnen oder wollen. [...]

9
Haslang bei W. Oxenstierna macht Schwierigkeiten wegen des Kurtitels,
10
der um Vermittlung bemühte Altenburger hat noch keine klare Resolution
11
erhalten können. So besorge er, daß der Dr. Krebs der Schweden unange-
12
sprochen wiederumb werde zuruckkommen. Longueville hat bei ihm ver-
13
mainen wollen, warumb man im reich autonomiam absque publico exerci-
14
tio, wie in Franckreich geschehe, nicht zu verwaigeren. Er von Haßlang
15
habe darauff replicirt, es seye in Teutschland leider insoweitt nicht verpot-
16
ten, allein seye kein herr schuldig, in seinem land andere religionisten zu
17
dulden, wobey der Servient vermeldet habe, daß das ius emigrandi nicht
18
bey den herrn, sondern den subditis stehe. Deme er von Haßlang contradi-
19
cirt hette, mit anfuhren, wieviel schaden die autonomia ein und anderm
20
herrn in seinem land hette zugefugt, ia habe darauß die Boheimbische un-
21
ruhe ihren anfang genommen, und hab Franckreich selbst erfahren, was die
22
Hugenotten fur ungelegenheit in selbigem konigreich angerichtet. In
23
Teutschland seye gegen Franckreich der underschiedt, daß der konig wieder
24
die uncatholische mit gewalt procedire, der Kayser aber muste im reich
25
yedem stand seine freyheit laßen. Der duc de Longevill wolte dieses nach-
26
maln pro meliori compositione gravaminum achten, deme gleichwoln der
27
d’Avaux obstatt gehalten, mit vermelden, daß er der mainung genzlich,
28
wan solches verstattet, wurde in 30, 40 jahren kein catholischer mehr im
29
reich sein, alßdan sich zeigen wurde, was fur handel die uncatholische, son-
30
derlich die Hugenotten in Franckreich wurden anstellen, dadurch die reli-
31
gion in Franckreich zu grund gehen und der ganze status in gefahr dörffte
32
gesezt werden. Alß nun folgendts der von Longevill vermainen wollen, daß
33
die geistlichen fursten in Teutschland gar zu viel jurisdiction und tempora-
34
lia hetten, und daß solches geandert und sie beschnitten werden müßen, sey
35
ihm sowol durch ihn von Haßlang alß den conte d’Avaux wiederpart ge-
36
halten, mit anzeig, daß durch diß mittel allein die catholische religion noch
37
wurde conservirt, dan außer Churbayern, Osterreich und Pfalz Newburg
38
fast kein weltlich catholischer furst mehr zu finden; der Servient aber habe

[p. 600] [scan. 650]


1
partes Longevillani starck defendiren helffen. Chigi hat dazu gemeint, den
2
Franzosen sei es damit wohl nicht ernst, sondern sie suchten mit solchen
3
Disputen Zeit zu gewinnen, nachdem ihnen auf schwedische Klagen hin
4
Weisung zur Verzögerung des Abschlusses zugekommen sei. Bei einem wei-
5
teren
Besuch Haslangs haben die Franzosen beteuert, daß das armistitium
6
allein Churbayern zum besten were vorgeschlagen. Darauf er hinwieder
7
remonstrirt habe, daß Churbayern solche proceduren von Franckreich ia
8
nicht meritirt, auch solche nicht hette erwartten konnen, sondern umb die
9
cron ein beßers, auch noch bey diesen friedenstractaten verdiehnt habe.
10
Und wie darauf der Servient fast honisch geandtworttet, daß die Franzo-
11
sen von den Churbayerischen bey Tüdtlingen

37
1643 XI 24 waren die Franzosen von den Bayern unter Mercy bei Tuttlingen geschlagen
38
worden.
geschlagen worden, und dan-
12
noch gute freund gewest und plieben weren, habe er replicirt, daß damaln
13
ein solches ahn die Churbayerische starck were gesucht worden, indem die
14
intention gewesen, ins land zu ziehen, da sonst Churbayern underschied-
15
liche occasiones iehnseithen Rheins gegen sie zu operiren, hetten laßen vor-
16
beygehen. Auff welches der Longeville mit einstimmen des Servients, war-
17
umb nit solche occasiones weren in acht genommen, gleich Churbayern
18
noch iezt nicht verbotten, sein bestes zu thun. Uber welche andtwort er von
19
Haßlang were ungedultig worden, aufgestanden und davon gangen. –
20
Rosenberg bei W.

21
1646 X 18
Donnerstag Trauttmansdorff bei W. Guter Verlauf des
22
ungarischen Reichstages. Absicht des Kaisers und Kurbayerns, sich persön-
23
lich
zur Armee zu begeben. W: Klagen über das Militärwesen im west-
24
fälischen
Kreis. Trauttmansdorff: Daß er dergleichen ia nicht kondte
25
pillichen, wiste sich in die sachen nicht zu schicken, Caesar seye hieran un-
26
schuldig, und wurden von andern die sachen also dirigiret. Verlust Dün-
27
kirchens

39
Dünkirchen war 1646 X 11 von Enghien genommen worden.
, Entsatz Léridas

40
Vgl. unten [S. 656] .
, noch kein Frieden in England. Die Friedens-
28
verhandlungen
noch im vorigen Stand, will bis Weihnachten abwarten. –
29
Nassau bei W.

30
1646 X 19
Freitag Mainzer an W: Da die gestern diktierte protestan-
31
tische
Schrift nur repetitio priorum, sind sie und die Ksl. der Meinung, es
32
beim letzten katholischen Beschluß zu belassen und auf nähere erklehrung
33
der protestirenden zu tringen. W: Einverstanden, zumal auch Kurköln
34
in seiner letzten Weisung an dem katholischen Gutachten festhält.

35
W an die Mainzer: Ist der Beschluß wegen Deputation an Brandenburger
36
und Staatische betreffs der jülich-klevischen Religionsbeschwerden

41
Vgl. Konferenz der katholischen Stände 1648 X 8 ( APW [III A 4,1 S. 387] ).
voll-

[p. 601] [scan. 651]


1
zogen worden? Mainzer: Es ergibt sich die Schwierigkeit, daß die
2
kurfürstlichen Hauptgesandten die Staatischen noch nicht besucht haben
3
und man nicht sicher ist, ob den Sekundargesandten der Vortritt gegeben
4
wird. Weigerung der Neuburger, sich an den Klagen bei Brandenburg zu
5
beteiligen.

6
Anfrage der Mainzer wegen der Deputation an die Staatischen. W:
7
Obwohl die Visiten noch nicht stattgefunden haben, können in negotiis die
8
Primargesandten die Staatischen aufsuchen, wie es die Mainzer auch bei
9
Longueville gehalten haben.

10
1646 X 20
Samstag Konferenz mit den münsterischen und paderbor-
11
nischen
Räten in militaribus. – [...]

12
1646 X 21
Sonntag Althoven/Caspars bei W. Jülich-klevische Reli-
13
gionsbeschwerden
. W: Man muß die Klagen auf die Verletzung der
14
früheren Verträge und Reversalen gründen. Neuburger: Referat über
15
die seit Besitzergreifung Brandenburgs und Neuburgs geschlossenen Ver-
16
träge
. Die Staatischen handeln ex maxima illa, daß sie vermainen befuegt
17
zu sein, so weith ihre religion, alß sie mitt ihren waffen erreichen können,
18
zu extendiren. W: Erörterungen mit den Mainzern. Sollen die deputati
19
für sich allein oder aber mitt den Churcöllnisch- und Pfalz Newburgischen
20
coniunctim vorstellig werden? Neuburger: Für getrennte Schritte der
21
Deputation und der interessati Köln und Neuburg. Endlich gleichwohl
22
dabey gelaßen, daß mehreren respects und nachdrucks willen die deputati
23
imperii allein das anbringen et quidem per primarios zu thuen. Wegen der
24
Frage des Vortritts der Fürstlichen sollen außer den Kurfürstlichen allein
25
Österreich und Salzburg teilnehmen, für die man keine Schwierigkeiten
26
befürchtet. Inhalt des Memorials. Da nach Mitteilung Althovens Kurbran-
27
denburg
schon auf der Reise in den Westen ist, hält W für nötig, das werck
28
zue maturiren. [...]

29
1646 X 22
Montag W bei Haslang. Mit Oxenstierna noch keine Eini-
30
gung
in der Titelfrage; Salvius hat betont, sie seien auf ganz Pommern in-
31
struiert
, auf jeden Fall aber müsse Brandenburg gegensatisfaction mitt dem
32
stifft Halberstatt, expectanz auff den erzstifft Magdeburg und sonsten ge-
33
schehen, wie dan der Kayser leicht thuen köntte, wan er, wie die formalia
34
glautet, exuvias Fridlandicas woltte angreiffen; imgleichen das herzog-
35
thumb Sagan Churbrandenburg einzuraumen, sodan auch wegen Bremen
36
und Verden interessenten gegenerstattung zu thuen. W: Proposition des
37
schwedischen Gesandten in Paris in der Pfälzer Frage

39
Anlage (Proposition des schwedischen Gesandten zur Pfälzer Frage): fehlt; vgl. J. G.
40
Meiern III S. 504ff. – Schwedischer Gesandter in Paris war 1646–1647 Magnus de
41
La Gardie (1622–1686).
von vertrawtem
38
ortt.

[p. 602] [scan. 652]


1
Chigi bei W. Frage der Belehnung Savoyens durch den Kaiser. Befünde
2
sonst die sachen in publicis dergestaldt auß der Frantzosen discurs bewandt,
3
daß man von den Schwedischen noch in 14 tagen keiner erklerung werde
4
zu erwartten haben, und vermaine er, daß die rechte andtwortt nicht von
5
Stockholm, sondern auß Bayeren werde kommen müeßen, weyln seines ver-
6
merckens sie alliierte ihr absehen auff dasige progressus augenscheinlich
7
setzen thetten. Auf Frage Ws nennt er als Inhalt der Proposition des schwe-
8
dischen
Gesandten La Gardie in Paris: Eine weitere Kampagne für 1647,
9
schon jetzt Vereinigung der Armeen, Fortzahlung der französischen Sub-
10
sidien
für das kommende Jahr. Alle drei Punkte sind abschlägig beschieden
11
worden, Mazarin hat die Notwendigkeit eines baldigen Friedens mit dem
12
Reich hervorgehoben. Auf Ws Frage bejaht Chigi, daß auch die völlige
13
Restitution des Pfalzgrafen gefordert worden sei und erhält von W eine
14
Kopie dieses Punktes; dabey sich über solche petition höchlich verwündert
15
und gesagt, daß ers bey negster zusammenkunfft bey den Französischen in
16
gebührende obacht nehmmen und alles zue der catholischen religion und
17
des haußes Bayeren, sonderlich aber Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht
18
und dero lini zum besten beförderen wolle. W: Ksl. Vorschlag, Bran-
19
denburg
mit drei Millionen für Vorpommern und Stettin zu entschädigen.

20
Chigi: Dießes seye nicht ohne, er aber und der Venetus hetten den
21
graffen von Trautmansdorff gebetten, man solle doch nicht so liberal sein,
22
dabey bedeutend, daß noch beßer were, dergleichen summen umb die stiff-
23
ter Bremen und Verden zue offeriren, und wolle er herr graff sich dießhal-
24
ber gegen niemanden doch etwas vernehmen laßen, dan die sachen gewiß-
25
lich noch wohl auff anderen fueß zu richten sein würden. Über die Nach-
26
richt
sehr erschrocken, daß den Franzosen dieser Vorschlag bekannt gewor-
27
den
sei, mit dem man woll nichts erhaltten werd und in effectu alles, waß
28
sie nur begerten, wegkgeben müste.

29
1646 X 23
Dienstag Drei staatische Gesandte bei W. Erinnerung in
30
Sachen Berntheim-Tecklenburg. Beschwerde über den Oldenburger Weser-
31
zoll
anläßlich des deshalb vom Kurkolleg an die Staaten gerichteten Schrei-
32
bens

43
Vgl. die Beratung im Kurkolleg 1646 V 17 ( APW [III A 1,1 S. 603ff] ).
. W: Ersteres als nicht zu den Friedensverhandlungen gehörig bei
33
Kurköln direkt zu verhandeln [...] . Frühere Entscheidungen für Olden-
34
burg
, sie Staden hetten recht, daß sie ihre vermainte beschwerden bey den
35
Kayserlichen und anderen churfürstlichen gleicher gestaldt anpringen wol-
36
tten [...].

37
W bei Trauttmansdorff. Die Staatischen waren wegen des Weserzolls bei
38
ihm; er hält eine gütliche Einigung zwischen der Stadt Bremen und dem
39
Grafen für das Beste. Wegen der schwedischen Verhandlungen die Antwort
40
aus Stockholm, die Ende dieses Monats kommen soll, zu erwarten. I. H.
41
G. fragten demnegst, wie es in puncto gravaminum stunde? Sagtte er,
42
es were eine üble sach, daß mitt den protestirenden so gar nit fortzukom-

[p. 603] [scan. 653]


1
men, und vermaine er, wan die Schwedische resolution komme, so würden
2
sich die sachen auch beschleunigen, und seye der Schweden und uncatholi-
3
schen absehen nur auf den obigen success der waffen gerichtet. Absicht des
4
Kaisers, nach Passau zu kommen; er aber befunde beßer, daß Ihre Maiestet
5
sich auf Regenspurg transferirten, sonderlich weiln Ihre Durchlaucht in
6
Bayeren sich alßdan zue Ihrer Maiestet verfüegen und mitt rhadt und thadt
7
beßer dem reich gedient sein würde, und getraw er ihme, die sach gar wohl
8
zue disponiren und Ihrer Maiestet zue persuadiren. Ihre Maiestet hetten
9
auch communicirt, waß für ein schön schreiben Churbayeren ahn dieselbe
10
abgehen laßen, darin sie mitt vielen motiven und rationibus außführen und
11
den Kayser animiren, daß man allerseits weiter armiren soltte, dan dar-
12
durch man den frieden desto beßer beförderen und erhaltten köntte. Und
13
hetten Ihre Maiestet solche resolution von Churbayeren gar gern vernom-
14
men, und würden gleich biß dato, alßo auch noch weiter die armada zu
15
stercken und zue conserviren ihro anglegen sein laßen, nicht zweiffelend,
16
daß Churbayeren ein gleiches thuen werd. Reise Kurbrandenburgs in den
17
Westen mit starker militärischer Begleitung, und hette sich Pfalz Newburg
18
dießer nachbarschafft woll vorzusehen, seye woll zu verwunderen, daß die-
19
ßer herr pfalzgraff niemanden trawe, noch iemand zue freund behaltten
20
wolle. Er hat den Neuburgern die gegen Bayern gerichteten Verhandlungen
21
Griesheims in Schweden vorgehalten, sie aber hetten sich mitt der unwißen-
22
heit entschuldiget, er hingegen hette ihnnen clarlich remonstrirt, wie übell
23
beschehe, daß Churbayeren und Cölln von ihme pfalzgraffen nit beßer zue
24
freund gehaltten würden. Alß I. H. G. darauff sagtten, es were alles
25
wahr und ihme pfalzgraffen so offt, aber vergeblich remonstrirt worden,
26
fragtten sie ferner, warumb doch Churbrandenburg eben ietz in die nähe so
27
starck kehme, er würde gewiß sehen wollen, Pommeren zu erhaltten oder
28
ein gueten recompens desto ehender zu erlangen. Der herr graff: Es
29
weren unlengst die Churbrandenburgische bey ihnen gewest und wegen
30
Pommeren, daß solches dergestaldt hingeben werden soltte, starck prote-
31
stirt. Er hette innen aber in dießem recht begegnet, ob sie vermainen, daß
32
wegen eines solchen lands der Kayser, churfürst in Bayeren und andere
33
getrewe reichsstend von ihren land und leuten vertrieben, die unglegenheit
34
des kriegs lenger außstehen und gleichsamb jahrlichs ein königreich werth
35
spendiren soltten, sonderlich da Churbrandenburg still darzue sitze und
36
mitt den Schweden neutralitet hab. Die Brandenburgische hetten darauf
37
geandtworttet, ihr herr empfinde ebenwohl die unglegenheit des kriegs und
38
säße nit still, wie man vermainen wolle, dan er allein den Schweden
39
300 000 reichsthaler hergeben müste. Der herr graff hette innen darauff
40
replicirt, eben dießes were, warumb er nit meritire, ihrenthalber den krieg,
41
welchen sie damitt fomentirten, den feind verstercktten und hingegen dem
42
Kayser und getrewen fürsten keine assistenz thetten, zu führen. Alß
43
nun ferner I. H. G. darüber des churfürsten von Brandenburgs person zue
44
rhed worden, daß er ein junger ungesunder herr seye. Andtworttete der

[p. 604] [scan. 654]


1
herr graff, er wüste solches gar wohl, und soltte sich ein casus humanus zu-
2
tragen, würde marggraff Christian catholicus

38
Vgl. oben [S. 442 Anm. 1] .
der negste zur succession
3
sein. Bey dießem muste I. H. G. der herr graff ferner sagen, waß der Dr.
4
Richtersberger eben ietz von Oßnabrugk geschrieben, er hette nemblich
5
penetrirt, daß die uncatholische alda auff der autonomia und iure emi-
6
grandi dergestaldt bestunden, daß nemblich ihre intention nit were, pri-
7
mario den catholischen in ihren landen in dießem maß und ordnung zu
8
geben, sondern daß die religion in hiesigen landen, wo sie ist, conservirt
9
pleiben mögtte, dan man gesehen, wie es mitt Pfalz Newburg hergangen,
10
wie er zur catholischen religion getretten, alßo möchten auch andere für-
11
sten zue selbiger religion kommen, solchen falß würden aufs wenigst die
12
underthanen mitt der libertet ihres gewißens salvirt pleiben. I. H. G.
13
andtwortteten, warumb sie dan in den stiffteren, die sie biß dato innen
14
gehabt, solche autonomiam nicht aufgenommen oder observirt, sondern
15
gegen gegebene furstliche worth, capitulationes und iuramenta andere reli-
16
gion und secten eingeführt? Warumb auch nicht bey dem Passawischen ver-
17
trag, da Braunschweig und andere fürsten noch catholisch geweßen, derge-
18
staldt die autonomiam gesucht und interpretirt? Welches er herr graff
19
wahr zu sein affirmirt, und daß man in dießem puncto nit zue weith zu
20
weichen hette. W: Bitte um Vorkehrungen zum Erhalt der katholischen
21
Religion in der Grafschaft Lingen, nachdem der Kurfürstenrat beschlossen
22
hat, den Ksl. die Ansprüche Tecklenburgs zu empfehlen

39
Vgl. Kurfürstenrat 1646 IX 22 ( APW [III A 1,1 S. 661ff] ).
. Der Graf hat ent-
23
sprechende
Versicherungen schon angeboten, auch bei Verhandlungen über
24
die Ansprüche Oraniens ist hierauf zu sehen. W betrachtet sich als zustän-
25
digen
Bischof, da die Zuziehung des Landes zu den 1583 errichteten spa-
26
nisch
-niederländischen Diözesen durch Untergang des Bistums Groningen
27
und Trennung des Landes von Spanien ihre Grundlage verloren hat. Will
28
die Wiedereinsetzung Osnabrücks in die früheren kirchlichen Rechte
29
betreiben.

30
1646 X 24
Mittwoch Reichsräte . Danach Sonderberatung der katho-
31
lischen kurfürstlichen Gesandten über das Anbringen der Staatischen in der
32
Oldenburger Zollsache. – Mitteilung Trauttmansdorffs: Entsatz Augs-
33
burgs.

34
1646 X 25
Donnerstag Brandenburger bei W. Beabsichtigte Durchreise
35
Kurbrandenburgs durch das Stift Münster. W: Verweist auf die Regie-
36
rung Münster. – Unterrichtung Merfeldts. Deputation der münsterischen
37
Räte an die Brandenburger. Bericht an W.

[p. 605] [scan. 655]


1
1646 X 26
Freitag Nachricht von der Ankunft Kurbrandenburgs in
2
Ravensberg. – Mitteilung an die Bayern mit Anregung einer Entgegen-
3
schickung und Begrüßung im Namen des Kurkollegs. Bayern: Einverstan-
4
den, doch vorherige Absprache erwünscht. – Mitteilung an die Mainzer;
5
diese halten eine Versammlung für unnötig und meinen, man müsse das
6
Verhalten der Ksl.

42
6 abwarten] am Rande: an Bayern/Köln 1646 X 26/27.
abwarten.

7
1646 X 27
Samstag Bayern bei W. Krebs hat wegen der Titelfrage
8
Oxenstierna nicht gesprochen, mit Salvius nur einen Besuch gewechselt,
9
wobei 1. die Gravamina, 2. die Amnestie, 3. die Pfälzer Frage, 4. die hessi-
10
sche
, 5. die schwedische Satisfaktion, 6. die Abfindung der Truppen zur
11
Sprache kamen: 1. Salvius: Beschwerde über die Unnachgiebigkeit der letz-
12
ten
katholischen Erklärung, Beharren auf der Autonomie, Gleichrangigkeit
13
der lutherischen mit der katholischen Religion. Krebs: Daß ahn seithen der
14
protestirenden pro gravaminibus werde vorgepracht, worinnen die catho-
15
lische so hoch laedirt und beschwerd seyen, es hetten sie ihnen catholischen
16
vor dem Passawer vertrag uber 1000 stifft und closter, auch viele nach
17
demselben abgenommen, hingegen man catholischerseiths ihnen nicht eines
18
fuß breitt endzogen, und doch werden von ihnen allezeit uber die grava-
19
mina geruffen, da doch die catholische veri gravati und sie protestirende
20
gravantes seyen. Die autonomiam anbelangend seye selbige durch das bene-
21
ficium emigrationis gnugsamb concediret, welche sonst dem iure refor-
22
mandi, so einem yeden in seinem land zustehe, zuwieder. Da auch solche
23
autonomia auf die begerte weiß solte zugelaßen werden, welches doch nit
24
zu geschehen, wurde doch selbe fur erst von den protestirenden nicht gehal-
25
ten, deßgleichen auch theils catholische sich darinn opponiren werden,
26
worauß novus belli fomes endstehen würde, wie man gesehen, was daher
27
vor diesem fur grose opposition- und rebelliones endstanden seyen. Keine
28
affection wurden die underthanen zu ihrem herrn tragen, sondern nur
29
immerwehrende quaerelas fuhren. Thumbshirn hat in dieser Sache geäußert,
30
daß durch verweigerung der autonomiae conscientiae coangustiret. Warauf
31
alß von ihme Dr. Krebsen replicirt, daß daruber die catholische [...] sich
32
ahm meisten zu beschweren, hab er vermainen wollen, daß deßen Chur-
33
bayern sich nicht anzunehmen, zumaln er einige anderer religion alß der
34
catholischen zuegethan in seinen landen nicht habe. Ferner habe der Salvius
35
in deme uber diesen punct gefuhrten discursu zu persuadiren vermainet,
36
daß die concessio autonomiae mehrers pro alß contra die catholische wer,
37
zumaln sie viel eifferige gelehrte und sonderlich ad conversionem gentium
38
gar habile leuth hetten, alß die patres Jesuitae vornemblich seyen. Worin
39
ihme er Dr. Krebß replicirt, wan dergleichen catholische leuth in den Chur-
40
sachsisch-, Brandenburgisch-, Wirttembergischen und andern furstlichen
41
residenzien admittirt, alßdan würde man so groß bedencken bey der auto-

[p. 606] [scan. 656]


1
nomia nicht haben. Hieruber aber hette der Salvius lachend geandworttet,
2
daß ein solches nicht geschehen wurde. Diesen punctum gravaminum hette
3
auch noch weitters der Dumbshirn pressiret, indeme er dahin gangen, daß
4
das reservatum sowol fur sie alß die catholische muste verstanden, der-
5
gestalt, daß wans fur die catholische auf 100 jahr bewilliget, daß es auch so
6
lang fur sie gelten, wans auf ewig, auch fur sie ewig sein müste. Welches
7
aber ein vergebliches anmutthen zu sein, er Dr. Krebß sich hette vernehmen
8
laßen. Weitters hette auch der Dumbshirn vermeldet, wie die catholische in
9
ihrer erklehrung so hart, auch der Kayserlichen declaration pro nulla zu
10
halten, darauß nicht abzunehmen seye, daß man catholischerseiths zur
11
accommodation dieser sach und zum frieden kein lust trugen, hingegen
12
wurde iezt und kunfftige weit ihre zum frieden bezeigte lieb und eiffer
13
rhümen und loben. Auff welches zur andwort gegeben, daß die abermalß
14
von ihnen protestirenden begerte deputation nicht bewilliget werden
15
konne; die leztere Kayserliche erklehrung seye den catholischen stenden
16
ante extraditionem nicht vorgepracht, also auch deren consensus darzu
17
nicht gegeben; man habe alberaiz in mehrerem gewichen und bewilliget, alß
18
zu Franckfurt oder sonsten yemalß ihrerseiths begert oder gedacht worden,
19
und konte weitters nicht geschehen, biß sie sich ihrestheilß anderst und
20
naher erklehrten, negst remonstration, auf des Dumbshirn vermainen, daß
21
von catholischen nichts concediret sein solte, welchergestalt die 100 jahr, in
22
denen via iuris, via facti aber allezeit eingestelt, und uber das sessio et
23
votum fur die uncatholische inhaber der erz- und stiffter nachgegeben, so
24
aber von ihme Dumbshirn nichts geachtet, sondern vermeldet, daß solches
25
alles ihnen vorhin gebühr und zuestehe. Daher er Dr. Krebß anlaß genom-
26
men, mit mehrerem zu gemuth zu fuhren, wan man solchergestalt die consti-
27
tutiones interpretiren wolt, daß kein societatas wurde bestehen konnen, und
28
wie sie gar nit ursach, die friedliebende offerta der catholischen außzu-
29
schlagen und dadurch zue noch mehrerm bluttvergiesung materiam zu
30
geben, wurdens weder bey Gott, noch der iezt lebend und künfftigen weit
31
konnen verandwortten. Auf welches der Dumbshirn, daß diß seine conside-
32
ration habe, kondten aber interitum evangelicorum, warmit die catholische
33
umbgingen, nicht also zugeben, cuius argumentum esse, daß in iudiciis
34
under beyderley religionspersonen ein solche inaequalitas seye. Deme der
35
Dr. Krebß repliciret, daß der underschied seye ex diversitate praesentan-
36
tium, und würde ia kein protestirender stand einen catholischen zum cam-
37
mergericht praesentiren wollen, desto weniger auch einigem catholischen,
38
daß er einen, so nicht seiner religion, vorschlagen solte, zuzumutthen.
39
Mahnung zum Frieden. Auf Thumbshirns Frage, was dan zue thun, hette er
40
Dr. Krebs vermeldet, daß hieher auf Munster geschickt, punctuatim in der
41
sachen verfahren und mit ernst gesehen würde, wie auß dem werck ein
42
ganzes konne gemacht werden. 2. Salvius: Wie beim Friedensschluß allge-
43
mein
auf den Ursprung des Krieges gesehen wird, so verlangen noch viele
44
nach Amnestie, die nach 1618 militiret. Krebs: Daß die amnistia auf den

[p. 607] [scan. 657]


1
ursprungk des kriegs gerichtet, es verstehe sich aber dieselbe allein ad
2
bellica und nicht, wie andererseits wolle vermaint werden, auf die res iudi-
3
catas et transactas. Auf behorendes angeben der Gravierten wird sich der
4
Kaiser entsprechend zu erklären wissen. 3. Krebs: Die Übertragung der
5
Kur geschah gemäß der Goldenen Bulle, Frankreich hat zugestimmt, die
6
Zuweisung der achten Kur viel milder als das Vorgehen Karls V. gegen
7
Sachsen, obwohl das Vergehen jetzt schwerer ist. Selbst England hat nie
8
so viel gefordert; Pfalz kommt wieder ins Kurkolleg und erhält die Unter-
9
pfalz
, deren Wert Salvius als zu gering für einen Kurfürsten bezeichnet,
10
während Krebs den Ertrag für höher als den der geistlichen Kurfürsten-
11
tümer
hält. Frage der 13 Millionen; Salvius will die Last auf den Kaiser
12
schieben, Krebs auf Pfalz als Verursacher des Krieges. 4. Zur hessischen
13
Satisfaktion erklärt Krebs, daß zu denen ganz unbefugterding und enormi-
14
ter gethanen anbegehrens die catholische nimmer verstehen, weniger icht-
15
was von den occupirten pläz und orthen zurucklaßen wurden. Es habe die
16
landgräffin ohnedas viele millionen auß der benachtparter stende landen
17
bey diesem krieg zusammengepracht und dadurch das hauß Hessen in sol-
18
chen stand gesezt alß vielleicht vor niemaln. Was die Marpurgische sach
19
belangt, sey selbige fur Hessen Darmbstatt durch ordentlich recht erkendt,
20
und dannoch hetten Ihre Kayserliche Maiestet sich ad austregas resolvirt.
21
Auf welches der Salvius, daß auß den sachen noch wol werde zu kommen
22
sein. 5. Krebs: Warum nimmt Schweden das ksl. Angebot und assecuratio-
23
nem imperii nicht auch ohne Zustimmung Brandenburgs an? Salvius: Be-
24
steht
auf der Gegensatisfaktion mit Sagan, Großglogau, Halberstadt und
25
der Expektanz auf Magdeburg. Nach Darlegung der Schwierigkeiten durch
26
Krebs: Daß auf ein temperamentum wolten bedacht sein, und muste vor
27
allem Stetin fur Schweden pleiben. Er hinwieder, daß das beste tempera-
28
ment, auß den Vorpommerischen landen so viel gegen Stettin zuruckzu-
29
geben. Salvius: Wenn Kurbrandenburg sich in der Nähe von Münster auf-
30
hält
, kann man weiterverhandeln, sie hoffen auf einen Vergleich noch vor
31
Jahresende. Thetten Churbayern pro assistentia ratione satisfactionis suae
32
ersuchen, deßgleichen sie ihm hinwieder in seinen anliegen befurderung
33
thun wolten, musten sich aber wegen restitution der obern Pfalz erklehren.
34
Wobey der Dr. Krebs vermeldet, die sachen wurden sich zu gutem ver-
35
gleich ahm besten schicken, wan, wie offters verlauth, ein matrimonium
36
zwischen Churbrandenburg und der konigin auß Schweden getroffen
37
würde. Der Salvius aber vermaint habe, daß grose aemulation ob maiorem
38
potentiam in talem casum wurde veruhrsacht. Woegegen er ihme remon-
39
strirt, diese sorg würde nur ad tempus sein und durch erlangung eines iun-
40
gen sohns und alßdan abtheylung der landen cessiren. Daruber der Salvius
41
gelacht und weitters darauf nichts geandworttet. 6. Als Salvius die Militär-
42
satisfaktion
erwähnt, meint Krebs, das einfachste sei, daß jeder seine eige-
43
nen
Soldaten abfinde, wozu Frankreich bereit sei. Salvius: Es hetten ihnen
44
die Franzosen assistenz zugesagt, bey der cron Schweden seyen die mittel

[p. 608] [scan. 658]


1
einmal nicht. Quoad exauctorationem militum hab hiebevor der veldmar-
2
schalck Dorstensohn (welches er doch in confidentia wolte gesagt haben) zu
3
seinem guttachten uberschrieben, daß wans zum friedenschluß gelangte,
4
erst ein armistitium würde zu vergleichen und de pace ipsa nichts zu mel-
5
den sein, weyln sonst groser tumult und meutination under der soldatesca
6
endstehen, die meiste miteinander sich coniungiren und wol ein oder andern
7
potentaten von seinem reich veriagen dorfften, deme vorzukommen nottig
8
sein würde, die volcker in alle crais außzutheylen, da alßdan ein yeder
9
schon auf die abbezahlung, ihrer desto ehender sich loß zu machen, wurde
10
bedacht sein. Weiterer Bericht der Bayern: Die Brandenburger haben
11
in der Pfalzfrage ihnen gegenüber auf der Alternation bestanden, Wittgen-
12
stein
hat sich für die Rückgabe der Oberpfalz eingesetzt und von der
13
Schwedischen satisfaction dergestalt zu reden angefangen, wie sie nicht ver-
14
hoffen wolten, daß Churbayern in hinlaßung der Pommerischen landen
15
consentiren werde. Deme er opponiret, obwolen Churbayern solches Ihrer
16
Churfürstlichen Durchlaucht zu Brandenburg gar nicht, auch keinem einzi-
17
gen stand gonne, daß er von seinen angehorigen landen ichtwas solte zu-
18
rucklaßen, so seye es doch ahn dem, daß die Schweden die Pommerische
19
landen in ihrem besitz und gewalt haben, und obgleich die stende zur hin-
20
laßung ihren consens nicht werden geben, seyen doch zur recuperation
21
keine mittel, hingegen der fried allen hochst vonnothen, welche ding er
22
seinestheyls nicht kondte zusammenreymen. Wie man sehe, werde das Elsaß
23
den unschuldigen pupillen amore pacis abgenommen. Auf welches der graff
24
von Wittgenstein, Churbrandenburg wurde von seinen landen wenig oder
25
viel ohne aequipollens nicht abstehen, so von Ihrer Kayserlichen Maiestet
26
(auf zufragen, woher solches zu nehmen) muste gegeben werden. Er Dr.
27
Krebß hab replicirt, daß der Kayser solches nicht konne, auch zu thun
28
nicht schuldig seye, hingegen der Churbrandenburgische sustinirt, daß es
29
anderst nicht zu geschehen, und werde einmal Churbrandenburg das seinig
30
ohn gegenerstattung nicht hinlaßen. Alß hierauf der Churbayerische ver-
31
meldet, daß schon andere mittel zwischen der konigin aus Schweden und
32
Churbrandenburg wegen der nahen ahnverwandtnus sich zum vergleich
33
werden finden laßen, hab der graff geandworttet, weylen die Kayserliche
34
mit offeriren so fertig und freygebig gewesen, sey soviel da beschwerlicher
35
fortzukommen und die Schweden mehrer hallstarrig gemacht worden. Wie
36
dan der Salvius selbst gesagt habe, daß sie weiß nit wofur zu halten, wan
37
sie nicht solten annehmen, was offeriret, welches sie sonst nicht hoffen
38
konnen. Hetten dahero Caesareani moderatius und also nicht ohne der
39
reichsstende vorwissen hierin verfahren sollen. – [...]

40
1646 X 28
Sonntag Krane bei W. Oxenstierna hat den confidentes
41
protestantes angedeutet, nach Entsatz Augsburgs könnten die Winterquar-
42
tiere
in Bayern und Österreich nicht mehr behauptet werden. Quoad pacem
43
kondte salva reputatione nichts tractirt oder sich eingelaßen werden, biß

[p. 609] [scan. 659]


1
die sachen wiederumb im vorigen stand und ad aequilibrium gepracht wor-
2
den. Falß aber die abforderung der armaden auf beschehenes ansuchen von
3
beyden koniginnen geschehe, hette es eine andere mainung. Hierzu hette er
4
herr Cran gedacht, es wolten die Schweden zum frieden nicht vorstehen,
5
wan sie victores, noch wan sie victi, weder auch wan die fortun in medio
6
were, also nimmer frieden begerten. Worauf nichts geandworttet.

7
1646 X 29
Montag W mit den übrigen Kölnern und Althoven/Cloet
8
bei den Mainzern. Erinnerung an die im Namen der katholischen Stände
9
beschlossenen Deputation an die Staatischen wegen der jülich-klevischen
10
Geistlichen. Mainzer: Bitten um Vorschläge für die Durchführung und
11
eine schriftliche Darstellung des Sachverhalts für die Proposition. Letz-
12
tere wird sofort übergeben, zur Durchführung die Beauftragung der vier
13
katholischen kurfürstlichen Prinzipalgesandten durch die übrigen Stände
14
wegen der Präzedenzfrage empfohlen. Kurköln hält ebenfalls Vorstellun-
15
gen bei den Brandenburgern im Namen aller katholischen Kurfürsten gegen
16
die Eingriffe in die geistliche Jurisdiktion in Kleve-Mark für nötig, doch
17
will man die Ankunft Kurbrandenburgs in Kleve abwarten. Mainzer:
18
Erbieten sich zur Mitwirkung. – Sonderbesprechung Ws mit den Main-
19
zern. Diese halten wie die Ksl. eine Begrüßung Kurbrandenburgs nicht für
20
angebracht, zumal die Ankunft nicht notifiziert worden ist; wie Köln sich
21
als Landesherr verhalte, stehe bei ihm. W: Eine Begrüßung durch die
22
münsterischen Räte geplant; mehr wird Köln, wenn das Kurkolleg nicht
23
schickt, auch nicht tun.

24
1646 X 30
Dienstag Mitteilung an die Trierer: Deputation an die Staa-
25
tischen. Die Trierer zur Teilnahme bereit. – Mitteilung der Neuburger:
26
Neue Eingriffe der Staaten

40
Anlage (Neuburger Mitteilungen): fehlt.
.

27
1646 X 31
Mittwoch Deputation der katholischen kurfürstlichen Ge-
28
sandten bei den Staatischen (vgl. demnächst APW III A 4,2). – Schriftliche
29
Zusammenstellung der Beschwerden

41
Anlage (Memorial betr. Klagen der Jülicher Geistlichen): fehlt.
, communication mit den Neuburgern,
30
Übergabe an die Mainzer zur Einlieferung bei den Staatischen.

31
Bericht Buschmanns: Portmann hat ihm erklärt, nachdem die Brandenbur-
32
ger
mehrfach die Intervention der Stände wegen Pommern erbeten haben
33
und sie die nachricht hetten, daß es ohne frucht nicht würde abgehen, son-
34
sten aber per taciturnitatem sie dafur haltten, alß daß mans bey der Kay-
35
serlichen erklerung dießerthalb allerdings bewenden laße, obwoln selbige
36
auff Churbrandenburgs consensum mitt gezielet, und dan mitt dießer sach
37
die gravamina religionis keine gemeinschafft hetten, so köntten sie nicht
38
sehen, waß man für bedenckens derentwegen haben möge. Ersuchen um
39
Unterstützung Kölns und Ws. Buschmann: Köln wünscht, daß jeder das

[p. 610] [scan. 660]


1
Seinige behält; bei der letzten Beratung ist nur erwogen worden, daß vor Ein-
2
treffen
der Resolution aus Schweden nicht viel zu richten sein wird. Dan,
3
weiln Churbrandenburg das begeren mitt auff ein aequipollens gerichtet,
4
man zue wißen nötig hab, worauff deßhalber geäuget, und daß falß es auff
5
land und leuthe, leicht zu erachten, ein jeder ohne aequivalens von seinen
6
land und leuten nichts werde mißen wollen, welches auff ein infinitum hin-
7
außlauffen würde. Da es aber auff eine geldsatisfaction und dergestaldt,
8
wie die Franzosen ratione des Elsaßes gegen die Insprugkische erben sich
9
erbotten, möchte es woll ein mittel sein. Dr. Portman replicirte, die ab-
10
warttung des beschaids auß Schweden stunde zwarn dahin, es würde aber
11
immittels der versuch nicht schaden können. Was von dem aequipollente
12
gemeldet, begerte Churbrandenburg von niemandten nit ein dorff. Da aber
13
die cron Schweden Churbrandenburgs consensum haben woltte, würde
14
auch selbige cron das aequipollens, es geschehe dan wie es wolle, verschaf-
15
fen müeßen. Wieviell zum aequipollente begeren würde, ließe sich nit
16
determiniren, biß man wiße, waß für ein theill auß den Vorpommerischen
17
landen von den Schweden begert werde, dan ie geringer derselbig, ie gerin-
18
ger auch das aequipollens sein würde. Buschmann: Will W berichten,
19
der wie bisher möglichste officia darzue gern anwenden werde.

20
1646 XI 1
Donnerstag Mainzer an W: Behandlung des polnischen
21
Residenten

40
Matthias von Krockow (gest. 1675); vgl. zu ihm UuA I S. 513.
? W: Den französischen und schwedischen Residenten gleich
22
zu halten.

23
W bei Chigi. Die Franzosen haben Chigi erklärt, wegen der schwedischen
24
Verhandlungen noch keine Weisungen erhalten zu haben; daß er alßo in
25
den sorgen sein müste, daß das absehen bloß auff dortobigen kriegseventum
26
gerichtet

39
26 seye] am Rande: den 2. und 3. Novembris.
seye.

27
[...]

28
1646 XI 3
Samstag Buschmann auß von Oßnabruck eingelangtem be-
29
richt: Daß die uncatholische noch meistens auf ihren impertinentiis beste-
30
hen, theylß auch noch newe sachen anspinnen und vorzupringen willens
31
seyen, under andern in specie, daß zwarn I. H. G. beyde dero stiffter
32
Oßnabruck und Minden, aber doch under gewissen conditionen, verpleiben
33
solten, alß nemblich, daß sie alsobalden bey solchen beyden stifftern zu
34
coadiutoren welche der Augspurgischen confession [...] solten admittiren
35
und annehmen. Und dan pro 2. durante ihrer regierung quoad religionem
36
alles wiederumb in den stand zu sezen und zu laßen, worinnen es beym
37
stifft Oßnabruck tempore Philippi Sigismundi [...], beym stifft Minden
38
aber, wie es anno 1624 gewesen.

[p. 611] [scan. 661]


1
Mitteilung Nassaus: Die Resolution aus Schweden ist eingetroffen, Oxen-
2
stierna wird nach Münster kommen, auch die Protestanten werden bald
3
hierher deputieren.

4
Bericht der münsterischen Räte: Reiseweg Kurbrandenburgs [...].

5
1646 XI 4
Sonntag Volmar bei W. Gespräch Nassau/Volmar mit
6
Salvius

40
Salvius war in Münster 1646 XI 2–XII 1.
(vgl. APW [III C 2,1 S. 727f] .), Anbringen der Staatischen bei
7
Trauttmansdorff (vgl. APW [III C 2,1 S. 723f] .). Gute Aussichten eines bal-
8
digen
Friedens zwischen Spanien und den Staaten, die bei weiterem Zögern
9
der Franzosen und Schweden den öffentlichen Abschluß wohl nicht mehr
10
lange verschieben werden, zumal die Kräfte Oraniens so nachlassen, daß er
11
wahrscheinlich keine Kampagne mehr führen kann. I. H. G. fragten,
12
ob er hoffnung hab, daß man zue Oßnabruck und hier dermaln zum be-
13
stendigen frieden werd gelangen können. Gabe er zur andtwortt, daß
14
es fast schwere fragh seye, und köntte er sich darinn noch nicht finden,
15
zumaln Churbrandenburgs consensum wegen Pommern und dan des königs
16
in Dennenmarck ratione Bremen zue weg zu bringen noch allerhand
17
schwere diffculteten abgeben werd. Wobey I. H. G. ihme ihr Verdisch-
18
wie auch das Bremisch negocium bestens recommendirt, auch denjenigen
19
discurs, welchen sie dem comte d’Avaux nacher Oßnabruck zugeschickt,
20
communicirt, weßwegen er sich bedanckt. Empfehlung der Religionsinter-
21
essen
in der Grafschaft Lingen; falls Oranien das Land behält, kann man
22
ihn ex capite factae neutralitatis et cessionis Hispanicae verpflichten, der
23
Graf von Tecklenburg hat sich für den Fall seiner Restitution schon zur
24
Beibehaltung des Religionsstandes erboten.

25
Rousselot bei W. Verabschiedet sich, da bei der Weigerung der Franzosen,
26
hier mit ihm zu verhandeln, und der schlechten Unterstützung der Ksl.
27
kein Erfolg zu erwarten ist; hat für Lothringen und Verdun Protest ein-
28
gelegt. W: Antwort per generalia. [...]

29
1646 XI 5
Montag Mitteilung der Bayern: Salvius hat ihnen seine
30
Ankunft notifiziert, was bei W nicht geschehen ist. – Kurfürstenrat .

31
Vertrauliche Mitteilung von d’Avaux: In Anwesenheit von Salvius sollen
32
die Verhandlungen mitt ernst vorgenommen werden. Wegen Bremen und
33
Verden hetten sie Französische und er in particulari ihr bestes getrewlich
34
gethan, und vermercke er so viell, es würden die Schweden endlich sich
35
dahin disponiren laßen, daß beede capitula verplieben, von herrn und
36
bischoven aber woltten sie nit hören, auch woltte sich die königin wegen
37
praesentation und nomination der canonicorum et praelatorum auff künff-
38
tige vacantias das ius vorbehaltten. Ratione Oßnabrugk und Minden wol-
39
tten sie wenigers nicht ihr eußerist vorkehren, daß selbige I. H. G. integre

[p. 612] [scan. 662]


1
et absolute verpleiben sollen, so er ihro zue dem end notificiren thette,
2
damitt bey zeitten, ob und waß bey den stifftern Bremen und Verden der
3
catholischen religion zum besten zu erhaltten, beobachtet und vorgenom-
4
men werden möchte. W: Dankt und kündigt einen Besuch bei allen
5
französischen Gesandten zwecks Bitte um weitere Unterstützung an.

6
Erkundigung bei Salvius per tertiam personam, warum die Ankunft W
7
nicht notifiziert worden ist. Salvius: Mitt Churcölln hetten die Schwe-
8
den nichts zu thuen, mitt Bayern aber der Pfalz halber zue tractiren. Alß
9
aber darauff replicirt, daß Churcölln vom hauße Bayeren [...], auch I. H.
10
G. wegen ihrer stiffter in particulari interessirt, hette der Salvius etwas
11
bedachtsamb gestanden, aber nichts weiter geandtworttet.

12
1646 XI 6
Dienstag Notifikation der Ankunft von Salvius. – Schik-
13
kung an Salvius zur Begrüßung.

14
Bericht Buschmanns: Nach Volmar haben die Franzosen durch die Media-
15
toren bei den Ksl. angeregt, daß das Kurkolleg sich an Brandenburg wegen
16
Zustimmung zur Abtretung halb Pommerns wende.

17
Mitteilung der Bayern: Sie waren heute bei Salvius, da under andern in
18
discursu der punctus autonomiae starck hette anhaltten müeßen; deme sie
19
aber fein recht begegnet und Teutsch heraußgesagt, daß ein solches die
20
catholische nimmermehr würden eingehen, und hette es der Salvius dabey
21
bewenden laßen. Davon auff die Pfältzische sach kommen mit vermelden,
22
daß sich einige mittel bezaigten, wadurch die pfalzgraffen bey der chur ver-
23
bleiben köntten, allein werde Churbayern auch wegen der Pfalz auffs
24
wenigst in etwas weichen müeßen; es hetten aber sie Churbayerische ihme
25
die fundamenta und schon öffters vorbrachte rationes außführlich expli-
26
cirt. In puncto satisfactionis hab er für Churbrandenburg ratione aequipol-
27
lentis starcke instanz gemacht und die andeutung gethan, daß pro aequi-
28
pollente die stiffter Halberstatt, Oßnabrugk, Minden und Münster neben
29
der expectanz auff Magdeburg begert würden

40
Vgl. UuA IV S. 463f.; oben [S. 567] .
; darüber er Salvius selbsten
30
hab lachen müeßen. – [...]

31
[...]

32
1646 XI 8
Donnerstag Reichsräte . – W bei den Franzosen. Empfeh-
33
lung
der Interessen Bremens und Verdens. Longueville: Daß sie plenipoten-
34
tiarii bißhero I. H. G. interesse wie ihr eigenes vertheittiget, wolten solches
35
hinfuhr auch gern ferner thun. Belangend aber das stifft Verden, seye es
36
damit einmal gleichsamb eine geschehene sach und were solcher stifft den
37
Schweden schon vorlengst von den Kayserlichen, alß sie gehofft, durch
38
dergleichen offerta die Schweden ahn sich zu ziehen und von der cron
39
Franckreich zu separiren, angepotten, dahero auch sie Franzosen, indem sie

[p. 613] [scan. 663]


1
sonderlich gesehen, daß die religio dabey nicht hoch interessirt, bedenckens
2
getragen, sich darin viel zue wiedersetzen, da vorab sie dadurch anderst
3
nicht würden gerichtet haben, alß ihre officia wegen I. H. G. ubriger stiff-
4
ter unfruchtbar zue machen. Der conte d’Auvaux und Servient sezeten
5
discurrendo hinzu, daß beßer were mit dem stifft Verden alß einem gesche-
6
hen ding, und darin sich die Kayserliche sub spe obtinendae separationis
7
ubereilet, abzubrechen, dan es doch nit zu erhalten sein würde, zumaln es
8
von den Kayserlichen nicht allein vorlengst den Schweden angepotten, son-
9
dern solches auch noch täglich wiederholet, ja auch gleichsamb pro gratia
10
würde gehalten werden, wan die Schweden sich damit befriedigen und
11
nicht weitter greiffen thetten. Alß nun I. H. G. ferner remonstrirt, was
12
es gleichwol fur eine gefehrliche und beschwerliche sach seye, daß diese
13
ertz- und stiffter in weltliche fürstenthumber verändert werden wolten.

14
Hat der conte d’Avaux vermeldet, ob dan nicht etwa von einigem tem-
15
peramento konne gered werden, nemblich daß nicht allein die catholische
16
closter, die im erzstifft Bremen sich noch befinden (welches ohne das sein
17
müste), sondern auch die canonicatus und praebendas catholicorum in
18
ihrem stand unnd unverändert zu laßen, allein wolte die cron Schweden
19
yedesmalß, wan sich die vacanz begibt, die collation sich vorbehalten.
20
Dadurch were nun zwarn der catholischen religion wenig genuzt, weyln
21
leicht zu gedencken, daß sie solche mit der zeit niemanden anders alß
22
Luttherischen conferiren würden. Daß aber die collationes bey der cron
23
Schweden nit zu laßen und die menses et provisiones pontificiae zuruckzu-
24
sezen, haben I. H. G. mit mehrerm remonstrirt und zugleich angezeigt, wie
25
nottig es seye, zue praecaviren, daß auch den canonicis nicht gestattet
26
werde, ihre praebenden ahn die cron Schweden oder andere zu verkauffen
27
oder zu ihrer erben bestes lehen darauß zu machen. Welche erinnerung,
28
wie sie von den Franzosischen nicht ubel auffgenommen, also haben sich
29
auch erpotten, darinnen ihr bestes zu thun, ihrestheyls wol wunschend, daß
30
man die ganze stiffter den catholischen und der religion zum besten hette
31
erhalten konnen, auff solche weiß nun bliebe gleichwoln bey diesen stiff-
32
tern noch aliqua status ecclesiastici forma. Folgendts ist man auf den
33
punctum satisfactionis gerathen, dabey von den Franzosen vermeldet wor-
34
den, daß der churfurst von Brandenburg pro aequivalente fur den von den
35
Pommerischen landen offerirten antheyl Magdeburg, Halberstatt, Minden,
36
Oßnabruck und Münster begerte, und hetten auch dieser beyder lezter
37
halber die Schweden bey ihnen anpringens gethan und starck darauff be-
38
standen, sie Franzosische aber hetten solches pro re ridenda gehalten und
39
würden nimmermehr darin einwilligen, wie sie dan auch den Schweden
40
offentlich zu verstehen gegeben, daß solches den confoederationsarticuln zu
41
nahe tretten würde, und konte oder wolte die cron Franckreich, alß welche
42
in diesen krieg ex causis mit eingetretten, nicht gestatten, daß darunter der
43
catholischen religion ein newer abbruch geschehe. Der Servient hat hinzu-
44
gesezt, daß erst gestern einer von den Churbrandenburgischen bey ihme ge-

[p. 614] [scan. 664]


1
wesen und obbemelte landen zu einer gegenrecompenz vorgeschlagen, deme
2
er aber eben auf vorgemelte weiß geandworttet, und hette er scheinbarlich
3
gemerckt, daß berürter Brandenburgischer abgesandter sich darab commo-
4
viret. Sie seyen vorhabens, den St. Romain zum churfursten von Branden-
5
burg zu schicken, umb ihnen zue einer andern und beßern resolution zu
6
disponiren, dan auf die weiß, wie es Churbrandenburg vorhette, nicht fort-
7
zuekommen, und mochte der churfurst bey beharrender mainung sich wol
8
endtlich selbst einig nachtheyl bey den tractaten veruhrsachen. Diesem
9
nach ist man der gravaminum religionis und darunter sonderlich der auto-
10
nomiae zu red worden, da dan den Franzosen die rationes, warumb die
11
protestirende solche den catholischen stenden anzumutthen keine fug noch
12
grund haben, remonstrirt worden, auch weyln diß anbegehren zu nichts
13
anderß alß genzlicher exterminirung der catholischen religion und auff-
14
lainung der underthanen wieder ihre obrigkeit angesehen, so würden die
15
catholische darin keineswegs, es ergehe ihnen auch darüber, wie es immer
16
wolle, verstehen. Welches sie Franzosische plenipotentiarii auch ihres-
17
theyls wol erkend, den catholischen darin beyfall gegeben und I. H. G. er-
18
mahnet, sich hart darin zu halten, nit zweifflend, daß die Schweden und
19
protestirende endtlich wol weichen würden, mit dem fernern anhang, daß
20
wan mit den Schwedischen in puncto satisfactionis der vergleich getroffen,
21
alßdan ratione gravaminum die sach so starck nit verfechten würden. Im
22
Hinblick auf den Tod des spanischen Thronfolgers

41
Baltasar Carlos, gest. 1646 X 9; einziges überlebendes Kind Philipps IV. war jetzt die
42
Infantin Maria Theresia, von den Schwestern des Königs war die Königin-Witwe von
43
Frankreich die ältere, die Mai 1646 verstorbene Kaiserin die jüngere.
deutet Longueville an,
23
daß beim Tod seiner Schwester und weiterer Kinderlosigkeit des Königs die
24
Königin von Frankreich die nächste Erbin sei. Wie aber darauff replicirt,
25
daß die konigin vor ihrer vermählung auff die succession in quemcumque
26
casum renunciirt, haben sie Franzosen daruber gelacht und damit zu ver-
27
stehen gegeben, daß sie solche renunciation wenig achten würden.

28
1646 XI 9
Freitag [...] – W bei Salvius. Dieser berichtet zur pom-
29
merischen
Frage: Vor Jahren hat Schweden vergeblich Sonderverhandlun-
30
gen
vorgeschlagen, erst jetzt haben die Brandenburger sich dazu angegeben
31
und äußerstenfalls Rügen und einige Ämter auf dem Festland gegen ein
32
Äquivalent geboten. Obwohl Schweden darin keine Verhandlungsgrund-
33
lage
sieht, haben sie sich nach den Gegenforderungen erkundigt. Wittgen-
34
stein
hat zuerst geäußert, er scheue sich, sie namhaft zu machen, dann aber
35
Großglogau, Sagan, Magdeburg, Halberstadt, Hildesheim, Minden, Osna-
36
brück
und Münster genannt. Und weyl nun solches anmutthen nicht nur in
37
sich ganz uber die proportion, sondern auch eine sach seye, die sie Schwe-
38
den bey Ihrer Kayserlichen Maiestet und den stenden zu erheben nicht
39
getrawet, sie Brandenburgische aber sich mit ihrer instruction endschuldigt
40
und dan auff ihres gnädigsten herrn furderliche ankunfft in diese landen

[p. 615] [scan. 665]


1
beruffen, so were das werck abermaln biß dahin verschoben plieben. Nach
2
Ankunft des Kurfürsten in Ravensberg sind Wittgenstein/Löben zu ihm
3
gereist, soviel man schwedischerseits weiß, hat sich seine Haltung aber nicht
4
geändert. Die Franzosen wollen ihn durch St. Romain zum Nachgeben er-
5
mahnen
und wünschen deshalb auch eine Deputation des Kurkollegs. Und
6
wurde solches seines ermeßens zu beforderung des wercks nicht undienlich
7
sein. W: Daß alßlang man nicht eigentlich wisse, warauf die cron
8
Schweden ihrer satisfaction halber beharren oder wamit sie sich contentiren
9
laßen wolle, solche deputation vergeblich sein, auch dem churfursten von
10
Brandenburg frembd vorkommen würde, wan er ohn vorgangene specifica-
11
tion und benahmbsung umb consens belangt. Es seye aber deme wie ihm
12
wolle, so müße bey dieser sach das absehen auf einiges aequivalens nicht
13
gemacht werden, dan kein land zu finden, so vacant und ohne herrn seye;
14
der dan nun sein land dem churfürsten loco aequivalentis hingeben solt,
15
wurde abermal von andern ein gegenaequivalens begehren wollen und also
16
ein processus in infinitum darauß endstehen. Salvius: Er habe die end-
17
liche resolution bey ihm, auf deren edirung die Kayserliche starck tringen
18
thetten, bißherzu aber hab er des Oxensterns ankunfft noch erwarttet, der
19
dan auch gleich in dieser stund ahn ihn geschrieben und zu wissen begert,
20
ob die sachen in solchem stand, daß er mit nutzen hier sein kondte. Deme er
21
heut andtwortten wolle, und vermein, es werde derselb under wenig tagen
22
sich alhier einfinden. Immittelst weren die Franzosische plenipotentiarii der
23
mainung, daß sie Schweden negst benennung desienigen antheyls der Pom-
24
merischen landen, mit welchem sie sich befriedigen wolten, zu restitution
25
des ubrigen under dieser bedingung sich anerpiethig machen solten, wan
26
nemblich Churbrandenburg seinen consens darin ertheylen würde, im wie-
27
drigen fall aber demselben von ermelten Pommerischen landen ganz nichts
28
restituirt werden solte, und daß sie Franzosen sambt dem Kayser auch ohn
29
des churfürsten consens die cron Schweden dabey schon manuteniren helfen
30
wolten. Und eben solcher mainung scheineten die Kayserlichen auch zu
31
sein, und wurde der churfürst von Brandenburg auch keine grose ursach
32
sich zu beklagen haben, dan er erstlich Pommern noch nie in besitz, son-
33
dern allein actionem ad rem, nemblich die expectanz gehabt, welche er
34
auch ex mera gratia Imperatorum Austriacorum erlangt. Sie Schweden
35
hetten es iure belli occupirt, zumaln sie ihren feind darin gefunden und ver-
36
trieben, so weren auch pacta endzwischen kommen, daß sie darauß zu wei-
37
chen nicht schuldig sein solten, biß ihnen ihre kosten erstattet. Einmal seye
38
kein anderß mittel, alß endweder per arma oder tractatus hinaußzuschaf-
39
fen ubrig. Ob nun Churbrandenburg solches per arma versuchen wolle,
40
werde er zue bedencken haben, per tractatus werde ihr der Schweden will
41
auch hinzukommen müßen. Wan sie dan nun dem churfürsten die Hinder-
42
pommerische landen, alß welche er noch nie in besiz gehabt, wieder ab-
43
tretten, wurde sein gebieth nicht verringert, sondern umb ein groses ver-
44
mehret, wie dan auch hinzukomme, daß ihme die Kayserliche den stifft

[p. 616] [scan. 666]


1
Halberstatt angetragen. Neben deme habe der Kayser auch andere nit
2
geringe actiones wieder den churfursten, alß erstlich, daß er Preußen vom
3
reich alienirt und ahn die cron Polen gebracht habe, von dem furstenthumb
4
Crospen in Schlesien

40
Krossen, schlesisches Teilfürstentum, durch Barbara von Brandenburg (1464–1515),
41
Witwe des letzten Herzogs Heinrichs Xl. (gest. 1476), 1482 an Brandenburg gebracht.
in vielen jahren zu der cron Boheimb, wie auch von
5
den dreyen stiffter Havelberg, Brandenburg und Libuß zu dem reich nichts
6
contribuirt, welche anforderung sich auf ein immensum hinausbelieffe.
7
Wan nun Ihre Kayserliche Maiestet solche actiones fallen liesen, kondte
8
sich der churfurst wol befriedigen. Alß nun ferner von dem quanto dieser
9
Schwedischen red movirt worden, gab der Salvius soviel zu verstehen, daß
10
die cron Schweden den Oderstroomb pro termino gesezt haben wolle, auch
11
vielleicht noch etwas wenigs auf jener seitthen der Oder begehren wird, bey
12
den Churbrandenburgischen aber die meiste difficultet mit den stätten
13
Stettin und Wolgast, so sie gern bey der Hinderpommerischen landschafft
14
behalten wolten, gemacht werde. Diesem nach hat der Salvius von den gra-
15
vaminibus religionis zu reden angefangen und I. H. G., alß welche wegen
16
underschiedlicher fuhrender stimmen viel bey dem werck zu thun vermoch-
17
ten, moderata consilia dabey zu gebrauchen ersucht. I. H. G. andwort-
18
teten, wan die fundamentalsatzungen des reichs und sonderlich der religi-
19
onfried ahn der gegenseithen in acht genommen worden und noch würde,
20
hette es keiner grosen vergleichung, indem die worte hell genug, vonnöthen,
21
und weren auch uber das von den catholischen solche milte erpiethungen
22
geschehen, daß man von ihnen nicht mehr wurde begehren konnen. Sal-
23
vius: Die satzungen und religionfrieden weren zwar vorhanden, man wüste
24
aber, was uber deren verstand nun beynahe 100 jahr fur disputationes ge-
25
führt und man endlich darüber in diesen bluttigen krieg gerathen. Damit
26
derowegen künfftig dergleichen nicht wieder zu befahren, müste der vori-
27
ger stritt beygelegt und alles verglichen werden. Die protestirende stend
28
hetten ihm ihre fernere erklehrung zugestelt, weren auch selbsten guten-
29
theyls von Oßnabruck anhero kommen, der handlung aufzuwartten

42
Nach längeren Auseinandersetzungen über den Ort der Religionsverhandlungen
43
erschienen Anfang November die meisten Protestanten in Münster; der offizielle
44
Beschluß zur Aufnahme der Verhandlungen 1646 XI 15 ( J. G. Meiern III S. 404f ).
, und
30
fünde er ermelte erklehrung also beschaffen, daß die catholische zuversicht-
31
lich damit zufrieden sein konnen. Es halten aber die Kayserliche rhatsamer,
32
diese sach noch etwas weniges, biß nemblich in dem puncto satisfactionis
33
mehrer gewißheit getroffen, außgestelt sein zu laßen. In specie hat er den
34
punctum des geistlichen vorbehalts und autonomiae berürt, jenes halber
35
doch selbsten dafur gehalten, daß man damit schon so weit kommen, daß
36
die vollige vergleichung leichtlich zu hoffen, die autonomiam aber fast hart
37
urgirt. Dahingegen ihm der catholischen darwieder habende fundamenta
38
und rationes, sonderlich auch dieses remonstrirt, daß die protestirende stend
39
selbst, wan sie ihre religion geändert, die catholische außgewiesen und sogar

[p. 617] [scan. 667]


1
den geistlichen ihre eigenthumbliche guetter abgenommen. So wisse man
2
auch, daß es in Schweden also observirt werde, daß wan ein underthan den
3
catholischen glauben annehme, alßdan auß dem konigreich migriren müste.
4
Kondten also nicht sehen, daß man den catholischen fur unrecht außdeuten
5
wolt, was andere bey sich selbsten recht erkennen, und sey es einmal ahn
6
dem, daß aller versuch vergeblich, dan sowol Ihre Kayserliche Maiestet in
7
deren erb- alß andere stend in ihren landen hierin sich kein ziel vorschrei-
8
ben laßen werden. Salvius: In Schweden seye es zwarn also, in Teutsch-
9
land aber hab man andere leges, und heische es bey ihnen iezo, qualem te
10
invenio, talem te iudico. Alß ihm hierauff replicirt, daß die catholische
11
solches argument auch fuhren konnen, wo sie nemblich ihre landschafft
12
von aller andern religion rein und sauber gehalten. Hatt er geandt-
13
worttet, daß solchen falß er darwieder nicht viel zu sagen hette. – [...]

14
1646 XI 10
Samstag Bayern bei W. Sollen mit den Kölnern über die
15
Fortsetzung der Gravaminaverhandlungen reden. W: Daß die sachen
16
hierinnen iezt in alio statu, indeme die protestirende nunmehr selbst zu re-
17
assumirung der tractaten anhero kommen. Bayern: Nach Trauttmans-
18
dorff
sind die Protestanten mit den Ksl. einig und wollen nur uber ein und
19
ander dubium explication [...]. Welches I. H. G. und die Churcolnische
20
sonders gern vernommen und hinwiederumb angezeigt, was in hoc passu
21
beym Salvio in gegebener visita vorgefallen. Bayern: Die Sachsen und
22
andere Protestanten meinen, daß man nach Friedensschluß zusammenblei-
23
ben
und ubrige des reichs notturfften berahtschlagen möchte. Welches aber
24
sie gantz nicht rhatsamb erachten konten, haben deshalb um Resolution
25
geschrieben. Vor allem würde es ein gar gefähr- und praeiudicirliches
26
werck sein, da sonder zweiffel die außwertige ihre gesandten alhier laßen
27
und in die reichssachen sich mischen, ja die protestirende in omnibus et
28
singulis publicis et privatis se pro assistentia imploriren, consequenter der
29
schluß und decision von den coronis dependiren würde. Dieser mainung
30
seind I. H. G. und die ubrige Churcolnische mit den herrn Churbayerischen
31
allerdings auch gewesen, dabey der canzler Buschman erwehnet, daß die
32
Chursachsische vorgesezten falß in denen gedancken, wie der Dr. Leuber
33
hette zu verstehen gegeben, auch das negotium Juliacense zur composition
34
auf die bahn zu pringen, also freylich viel beßer sein wolte, daß man sich
35
pace conclusa voneinander begeben, demnegst in brevi aliquo termino einen
36
reichstag nacher Regenspurg, Franckfurt oder wo man sichs sonsten würde
37
vergleichen, wan erst die feindtsvolcker außm reich hinweg, auch die dissei-
38
thige abgedanckt und ein yeder herr wiederumb in possess des seinigen ge-
39
rathen, ausschreiben thette. Die herrn Churbayerische vermeldeten,
40
daß diese des herrn graffen von Trautmanstorffs mainung auch; man die
41
sonst gebräuchliche caeremonialien alß mit requisition eines yeden herrn
42
churfursten durch absonderliche schickung und observation des halbjähri-
43
gen termini zur erscheinung fur dasmal mochte einstellen und ein solches

[p. 618] [scan. 668]


1
alhier per commune conclusum sambt zeit und orth zu beywohnung kunff-
2
tigem reichsconventu vergleichen.

3
Bericht Buschmanns: Volmar läßt mitteilen, daß bei Verweigerung der
4
Brandenburger Zustimmung wol ganz Pommern dorffte periclitiren und
5
ein solches occasion sein konne, die stiffter Bremen und Verden wiederumb
6
zu liberiren und beym reich zu erhalten. 2. Nehm ihn sehr wunder, daß
7
von gegentheyl die Hessische praetension anietzt so gar unberuhrt pliebe,
8
beforchte sich, daß noch in fine, wan man mit den coronen verglichen, die-
9
ser punct hart mochte halten, zumaln, wie man wisse, die Franzosen sich
10
derselben so starck thetten annehmen. 3. Hab sich der Salvius so weith
11
heraußgelaßen, daß man frieden machen müste, und wan Churbrandenburg
12
ratione der Vorpommerischen landen sich nit erklehren, Hessen Darmbstatt
13
mit dem hauß Caßel accomodiren, deßgleichen Baden und Durlach sich
14
nicht wurden vereinpahren, daß man einen durchschlag selbst gleich in der
15
Pfalzischen sach werde machen müßen und ihnen sagen, was zu thun seye.
16
4. Klein

40
Der dänische Sekretär Johann Leonhard Klein war 1646 XI 6 mit den Gesandten von
41
Sachsen-Weimar und Sachsen-Altenburg nach Münster gekommen.
hat angedeutet, daß Dänemark und der Administrator wegen
17
Bremen weder zustimmen noch protestieren, sondern die sachen gehen
18
laßen und andere zeit und gelegenheit erwartten würden. 5. Habe er Vol-
19
mar beym Salvio von dem discurs, welchen I. H. G. iungsthin wegen trans-
20
lation der bißthumb und capitul communiciret, erwehnung gethan, waruber
21
er Salvius etwas bedacht worden und, wohin dan die translation zu thun,
22
begert habe. Deme er geandworttet, daß sich solches bey den catholischen
23
und interessenten schon würde finden, Salvius aber sich darauf weitters
24
nichts hette herausgelaßen.

25
Nassau läßt durch Reck anfragen: Soll er für seinen Sohn eine früher zu-
26
gesagte
und jetzt vom Bremer Kapitel zu vergebende Pfründe annehmen
27
oder wären die Kosten vergebens angewandt? Die Königin von Schweden
28
beansprucht die Vergebung aller Präbenden, während das Kapitel argu-
29
mentiert
, daß zwar die Ernennung eines Nachfolgers als Thesaurar Recht
30
des Erzbischofs sei, die Besetzung der Präbende aber dem Kapitel zustehe.
31
Reck hat geantwortet, es hätte quoad canonicatum das capitul sein ius und
32
versprechen bey dieser vacanz wol in acht zu nehmen. W: Stimmt zu
33
und läßt durch Reck Nassau erinnern, in diesem Sinn an das Kapitel zu
34
schreiben.

35
1646 XI 11
Sonntag Mitteilung der Mainzer: Interzessionsschreiben
36
für die Dominikaner an Kurbrandenburg

42
Anlage (Kurkolleg an Kurbrandenburg): fehlt.
.

37

39
37 Leuchselring] am Rande: omittitur.
Leuchselring bei W: Nachdem auf Rat Kurbayerns den Augsburger Prote-
38
stanten die Einräumung einiger Kirchen und Ratsstellen zugesagt worden

[p. 619] [scan. 669]


1
war, falls sie sich an der Verteidigung der Stadt beteiligten, das Angebot
2
aber abgelehnt und die Stadt ohne sie gerettet wurde, ersucht er W um
3
Unterstützung, wenn die Protestanten sich auf das Angebot berufen, ohne
4
die Bedingung erfüllt zu haben [...].

5
1646 XI 12
Montag

38
5 Anfrage] am Rande: omittitur ahn Churbayern.
Anfrage bei den Bayern: Soll man bei Spaniern

6
und Ksl. zum Tod des spanischen Thronfolgers kondolieren? Bayern:
7
Nach Eingang der entsprechenden Befehle. Servien hat ihnen heute uber
8
alle maß gute wortt mehr alß nie gegeben und der cron Franckreich frie-
9
densbegierd hochstens contestirt, mit dem anhang, daß das meiste iezt ahn
10
Churbrandenburg hafften thett. St. Romain soll den Kurfürsten zur Ertei-
11
lung
der Zustimmung mahnen. Addendo in hohem vertrawen, daß endlich
12
auf ferner tergiversiren wol dahin auslauffen dorfft, daß man nichtsdawe-
13
niger mit dem schluß verfahren und zur resolution Churbrandenburg einen
14
gewissen terminum von etwa 3 oder 4 monaten sezen wurde under der con-
15
dition, daß falß nach deßen verfließung Ihre Churfürstliche Durchlaucht
16
den consensum nicht ertheylet, alßdan zu den Vor- auch der Hinderpom-
17
merischen landen verlustigt sein solten. Nit vorlengst seye bey ihm der
18
Pommerische abgesandter Dr. Fromholtz gewesen und zur gegensatisfaction
19
auf underschiedliche stifft und landen, in specie auf die stiffter Munster,
20
Oßnabruck und Minden gedeuttet, deme er aber außtrucklich vermeldet
21
hab, daß dieses ein ganz vergeblicher anschlag, und hierzu die cron Franck-
22
reich nicht allein keine bewilligung geben, sondern es auch omnibus modis
23
behindern wurden; hetten zwarn mit den reichssachen nichts zu schaffen,
24
weren aber iezt eatenus, daß sie pars tractatuum, hierbey interessirt, son-
25
sten ihnen gleich sein werde, ob und wie der Kayser vorhin oder auch nach
26
ein oder ander stifft veralieniren wolle. Und obwolen bemelter Dr. From-
27
holtz vermainen wollen, daß hieran der cron Franckreich nichts seye gele-
28
gen, hette doch er Servient es bey vorigem mit nachmaliger erholung
29
gelaßen. Günstige Beurteilung der spanischen Verhandlungen durch Ser-
30
vien
. [...]

31
[...]

32
1646 XI 14
Mittwoch Bericht Buschmanns: Sonntag waren Burk-
33
hardt
/Varnbüler

39
Dr. Johann Konrad Varnbüler (1594–1654), neben Burkhardt Vertreter Württembergs
40
und als solcher gewöhnlich in Osnabrück, war zu den bevorstehenden Religionsverhand-
41
lungen nach Münster gekommen.
unter einem privaten Vorwand bei ihm. Als er seine Be-
34
stürzung
über die unmäßigen brandenburgischen Forderungen zeigte, die
35
weitere Forderungen dadurch geschädigter Stände nach sich ziehen würden,
36
hetten sie Württenbergische solche difficultet, alß welche sie ihnen nicht
37
weniger vorgebildet, hoch beklagt, besorgend, daß das friedensnegotium

[p. 620] [scan. 670]


1
dadurch nicht wenig dorffte remorirt werden. Weylen yedoch zu Chur-
2
brandenburg der St. Romain abgeschickt

42
St. Romain war 1646 XI 9 zu Kurbrandenburg nach Bielefeld gereist und kehrte XI 16
43
zurück.
, so würde bey deßen wieder-
3
kunfft, wohin Ihre Churfürstliche Durchlaucht sich eigentlich erklehren
4
werden, zu vernehmen sein. Womit diesen punct abgebrochen und ad gra-
5
vamina religionis deflectirt, mit dieser erinnerung, daß catholischentheyls
6
dermaln mit ernst auch darzu gethan, damit ein ganzes auß dieser sach
7
möge gemacht werden. Worauff er canzler Buschmann geandtworttet
8
habe, daß er vernommen, waßgestalt die herrn protestirende iezo fast
9
mehrentheyls von Oßnabruck alhier angelangt und die ubrige auch bald
10
hernachfolgen würden, welches dan den catholischen billich hoffnung
11
machte, daß sie sich einer guten erklehrung zu Oßnabruck miteinander ver-
12
glichen, deren man gern gewerttig sein würde, wie dan auch auß den vori-
13
gen erbiethungen genugsamb ahm tag, daß die catholische nichts alß bil-
14
lichmeßige und bestendige vereinigung sucheten. Der Vahrenbiller
15
replicirt, daß der protestirender heruberraiß auß keinem verlaß under
16
ihnen geschehen, sondern ein yeder proprio motu in hoffnung hier iezo bey
17
versamblung allerseitz kriegender theyle legaten etwas gutes zu erfahren
18
und verrichten zu helffen. Belangend aber die erklehrung in puncto grava-
19
minum, wolte bald die ordnung ahn den herrn catholischen sein, alß welche
20
sich auf der protestirenden leztere noch nichts gewisses herausgelaßen, son-
21
dern blößlich auff das vorige bezogen hetten. Worauff er canzler per
22
iocum geandworttet habe, daß der heruberzug also casu und nicht commu-
23
nicato consilio sich begeben, werd pro omine zu halten sein, daß es nemb-
24
lich ex inspiratione Sancti Spiritus, wie man in iure canonico dergleichen
25
formam in electionibus pontificum et praelatorum finde, geschehen, wel-
26
chergestalt dan nichts gewissers, alß daß auch der erfolg werde gutt sein
27
müßen. Welcher theyl aber sonst iezo fur erst seine fernere erklehrung her-
28
außgeben solte, würde sich groß disputirens nicht bedorffen, zumaln der
29
Salvius selbst gestehe, daß solche sie protestirende nicht allein hetten albe-
30
raiz abgefast, sondern auch ihme zu dem end anvertrawet, selbige end-
31
weder den catholischen stenden oder den Kayserlichen gesandten außzu-
32
andwortten. Woruber beyde Wirttenbergische einander angesehen und
33
der Vahrenbiller vermeldet, daß zwarn ihm solches auch vorkommen,
34
kondte aber gewiß versichern, daß under den gesambten protestirenden zu
35
Oßnabruck einig conclusum nicht gemacht; was aber gemeltermaßen aufs
36
papier gepracht zu sein verlautte, müße nur von etlichen wenigen, die sich
37
deßen angemast, geschehen sein, und were diß eben dasjenige, worob die
38
ubrige sich nit unbillich zu beschweren; ob sie aber damit zufrieden sein
39
kondten, würde auf dem besichtigen, wans edirt, bestehen; underdeßen
40
aber wolte er verhoffen, es werde dieser endtwurff auß deren votis, die vor
41
diesem allezeit ad moderata gangen und darumb von andern verhofft wor-

[p. 621] [scan. 671]


1
den, gezogen sein. Autonomie. Buschmann: Daß sie doch mit diesem
2
punct die handlung ferner nicht, auch nicht wegen einigen temperamenti,
3
sich auffhalten wolten, dan darin einmal die catholische nicht weichen,
4
sondern lieber quamcumque aleam versuchen und ausstehen würden. Auff
5
welches er auß eußerlicher der Württenbergischen bezeigung soviel ange-
6
merckt, daß sie sich in hoc passu nicht hart zue wiedersetzen begerten.

7
Letzlich hetten auch der Wirttenbergischen closter, alß warumb es den-
8
selben meistens zu thun gescheinet, meldung gehabt und gar hoch befremb-
9
det, daß dasjenige, was zu Regenspurg und Franckfurt bey den reichs- und
10
deputationtägen allschon abgehandlet, erst iezt wieder in zweiffel wolte ge-
11
zogen werden. Und er Buschman geandworttet, was zu Regenspurg
12
und Franckfurt abgehandlet, ließe er ahn seinen orth gestelt, sie würden
13
aber wenigst auch diß gestehen müßen, daß solches seine gewisse reciprocas
14
praestationes in sich begriffen, zudem so were daselbst nur von auffhebung
15
des nebenreceßes de exclusis ab amnistia Pragensi die red gewesen, nun
16
wisse man aber, daß der Prager fried quoad bona ecclesiastica nur auf 40
17
jahr, davon beynahe schon 12 verflossen, gerichtet, iezo aber gingen die
18
protestirende in ihren vorschlägen und anbegehrungen viel weitter, und
19
müste dahero nohtwendig diese clostersach pro tali materia, davon noch zu
20
reden sein wolte, mit gehalten werden.

21
Bericht Buschmanns: Mitteilung Volmars über das Gespräch der Ksl. mit
22
den Kursächsischen (vgl. APW III C 2,1 S. 732ff).

23
Vertrauliche Mitteilung der protestantischen, dem reich hochst praeiudicir-
24
lichen Interzession für Brandenburg bei den Schweden

41
Anlage (protestantische Interzession in Osnabrück): fehlt; gemeint vielleicht Deputation
42
an die Schweden 1646 VII 29, vgl. J. G. Meiern III S. 85ff.
. – [...]

25
1646 XI 15
Donnerstag [...] – Mitteilung Haslangs: Von Vorburg/
26
Gobelius hat Krebs erfahren, die Protestanten hätten beschlossen, I. H. G.
27
zu den stifftern Oßnabruck und Minden nimmer ihr lebtag wieder kommen
28
zu laßen, es were dan, daß sie zwen coadiutores annehmen, und daß eine
29
notturfft sein wolte, bey den Franzosen in zeitten vorzubawen. W: Hat
30
von einem solchen Vorschlag mit dem Zusatz, daß in Osnabrück der Reli-
31
gionsstand
der Zeit Philipp Sigismunds und in Minden von 1624 bleiben
32
sollte, gehört, sich aber nicht imaginiren konnen, daß mit solchen imperti-
33
nentiis hetten dörffen heranziehen. Will die nötigen Gegenbemühungen
34
aufnehmen. – [...]

35
1646 XI 16
Freitag Mitteilung der Mainzer: Die Protestanten haben
36
eine mündliche Konferenz mit den Katholiken beantragt, worüber man sich
37
in pleno zu vergleichen.

38
Buschmann bei d’Avaux. Die neuen Forderungen wegen Minden und
39
Osnabrück. Weyl nun solches eine sach seye, darin nicht allein I. H. G.,
40
sondern auch alle andere catholische stende keineswegs willigen wurden,

[p. 622] [scan. 672]


1
noch ehr und gewissens halber willgen konten, es auch I. H. G. nicht umb
2
ihres zeitlichen nuzens, sondern umb der catholischen religion interesse wil-
3
len vornemblich zu thun, und dan dieselbe auf des herrn conte d’Avaux
4
loblichen eiffer in rebus religionem concernentibus ein groses vertrawen
5
gesezt, so wolten sie denselben gepetten haben, mit darahn sein zu helffen,
6
daß nicht allein den protestirenden in ermeltem ihrem ungereimbten vor-
7
schlag kein beyfall gegeben, sondern derselb auch gar nicht in proposition,
8
zumaln daraus nichts alß eine vergeblich verzogerliches disputat endstehen
9
konne, gebracht werden möge. D’Avaux: Ohn were zwar nicht, daß
10
ermelter beyder stiffter halber schon viel red vorgewesen, indem erstlich
11
die Schweden solche mit under ihre satisfaction ziehen, folgendts dem chur-
12
fürsten von Brandenburg loco recompensae fur die Pommerische landen zu-
13
geeignet haben wollen, sie Franzosen hetten aber eins und anders pro ridi-
14
culo gehalten, auch den Schwedischen sowol alß Churbrandenburgischen
15
außtrucklich zu verstehen gegeben, daß sie solches nicht gestatten konten
16
noch wolten. Dan obwoln die cron Franckreich sich endlich in dasjenig,
17
was zwischen den stenden des reichs verhandlet werden mag, nicht zu legen
18
und einzumischen, so würde ihnen doch billich bedencklich fallen, daß bey
19
diesen tractaten, deren sie mit ein theyl constituirten, und zwarn sub prae-
20
sidio armorum Gallicorum, welche ohne das (quod per parenthesin adde-
21
bat) den uncatholischen mehr alß gut were und der cron Franckreich Inten-
22
tion gewesen, zu nutz kommen, der catholischen religion dergleichen ab-
23
bruch geschehen solte. Alß auch heut der Oxenstirn

43
Oxenstierna war in Münster 1646 XI 14–21.
bey ihnen Franzosen
24
gewesen und einen endwurff ihrer begehrenden satisfaction, und was davon
25
dependirt, communicirt, were fur die Churbrandenburgische gegenerstat-
26
tung oder aequivalens nichts exprimirt, sondern spatium gelaßen gewesen.
27
Es seye aber deme, wie ihm wolle, so solte man doch catholischentheyls,
28
wan ye dergleichen anmutthungen geschehen würden, steiff halten, auch
29
die Kayserliche gleichergestalt nit zu weichen erinnern. Und were auch gut,
30
wan die gravamina religionis noch insgemein in etwas zuruckgestelt und
31
zuerst zugewarttet würde, daß die Schwedische satisfaction sich zu mehrer
32
richtigkeit gebracht. Man konte zwarn mit den protestirenden underdeßen
33
wol handlen und die puncta conferiren, mit dem schluß aber hette man
34
seines ermessens biß dahin nicht zu eylen. Er konte wol sagen, se hactenus
35
in illa materia sudasse et alsisse, jenes bey den protestirenden, damit er sie,
36
so offt es die gelegenheit gegeben, von ihren postulatis abbringen mochte,
37
und dieses bey seinen collegis, alß welche zu zeiten den eiffer, welchen er
38
von ihnen desiderirte, nicht erwiesen. Nunmehr aber thue diß lezter ganz
39
cessiren, dan sie alle drey hierinnen ganz einig, daß sie der catholischen
40
interesse pro viribus tuiren helffen wolten, und weyln dan solches nicht ahn
41
dem haffte, daß I. H. G. die stiffter Oßnabruch und Minden nur ad vitam
42
behalten, sondern daß selbige fort und fort bey den catholischen verplei-

[p. 623] [scan. 673]


1
ben, so hetten sie ihrestheyls obbemelt der protestirenden vorschlag, wan er
2
fur sie kommen werde, pillich zu verwerffen; stelle doch zue I. H. G. gutt-
3
befinden, ob sie dem herzogen von Longeville und Servient dieserthalb
4
auch zusprechen wolten, damit sie bey ihrem guten willen desto mehr be-
5
stettigt werden. Der canzler Buschman, negst dancksagung fur die gute
6
erklehrung und wolmeinendes einrathen, resumirte zu mehrer ergründung
7
des conte de Avaux gedancken oberrürten punctum satisfactionis, daß
8
nemblich selbiger darumb schwer fallen werde, weyln die Schweden den
9
praetendirenden antheyl der Pommerischen landen anderst nicht alß cum
10
consensu Brandenburgico zue haben begehren, Churbrandenburg aber sol-
11
chen consens nicht geben wolle, es werde ihm dan ein ganzer hauffen stiff-
12
ter und landen dagegen wieder eingeraumbt, zu dieser einraumung aber
13
würden sowol die iezige possessores ac domini alß die sambtliche
14
catholische stend nimmer verstehen, was dan fur ein mittel ubrig, auß den
15
sachen zu gelangen? Hierauff andworttete der conte d’Avaux, daß
16
zwarn die Schweden viel thun und versuchen würden, die landen non sine
17
consensu Brandenburgico zue besitzen, dafern aber derselb sich so gar
18
morosum bezaigen werde, daß solcher consensus von ihm nicht zu hoffen,
19
alßdan würden sie sich des mittelß, wie die Franzosen mit dem Elsaß
20
gethan, gebrauchen, wie dan bewust, daß sie pro obtinendo consensu
21
Austriacorum sich zue restitution des Preißgawes und erlegung 3 millionen
22
francken oder livres erpotten. Wan aber die Austriaci deßen ungeacht den
23
consensum nicht hetten ertheylen wollen, wurden die Franzosen dannoch
24
das Elsaß behalten und hingegen weder das Preyßgaw zurückgeben noch
25
auch die gelder erlegt haben. Diesen modum würden die Schweden auch hal-
26
ten, daß nemblich sie dem churfürsten von Brandenburg, dafern er auff Vor-
27
pommern nicht willigt, auch sogar von Hinderpommern nichts abtretten und
28
sich dannoch mit denjenigen versicherungen, die insgemein diesem frieden-
29
schluß werden annectirt werden, genugsamb verwahrt halten. Warnung,
30
daß Kurköln wegen des ambts Wilßhausen

40
Wildeshausen, ursprünglich bremisches, durch Pfandschaft an Münster gekommenes
41
Amt; über das Wiedereinlösungsrecht schwebte ein Prozeß am Reichskammergericht.
42
Vgl. die schwedischen Satisfaktionsforderungen in der Konferenz mit den Ksl. 1646 XI
43
16 ( APW III C 2,1 S. 737); schriftliche schwedische Satisfaktionsforderungen 1646 XI
44
18 (Druck: J. G. Meiern III S. 754f. ).
wol auffzumercken ursach
31
hette, dan sicherlich die Schweden solches auch fur sich praetendiren wür-
32
den und zwarn under dem vorwand, daß daselb zum erzstifft Brehmen
33
eigenthumblich gehorig und allein pfandweis vor diesem zu stifft Munster
34
kommen. Buschmann: Die Hessen äußern noch immer, daß der fried
35
ohn ihre absonderliche satisfaction nit werde geschlossen werden. Wan nun
36
die Marpurgische sach damit gemaint und dan mittel zu finden, dadurch
37
solche mit beyder interessirter theyle belieben auß dem fundament zu ver-
38
gleichen, konte ein yeder ihnen wol gönnen, außerdem aber wurde niemand
39
sein, der sich der fraw landgräffin zu einiger satisfaction schuldig er-

[p. 624] [scan. 674]


1
kenne. Worauff der d’Avaux: Er wolte in vertrawen dieses angedeu-
2
ttet haben, daß man sich in diesem punct auff sie Franzosen nicht zuviel
3
verlaßen solt, dan einmal gewiß, daß sie gut Hessisch weren, und trüge son-
4
derlich der herzog von Longeville darin so ein grosen, ia mehrern eiffer, alß
5
wan es seine aigene sach were. Man solte aber darahn sein, daß furerst die
6
Marpurgische sach componirt, alßdan der schwehrste stein gehoben sein
7
würde, und möchte alßdan die landgräffin sich im ubrigen mit einem stück
8
geldes befriedigen laßen. Der canzler Buschman replicirt: Wer solch
9
stück gelds geben solt? Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Collen etc.
10
würde sich mit ihr der landgräffin in keine satisfaction einlaßen, und
11
weren auch deroselben landen also erschöpfft, daß darauß kein geldmittele
12
beyzupringen. Worauff der conte d’Avaux die achseln gezückt und
13
den discurß abgebrochen, begehrend, daß dasienig, was er guter wolmai-
14
nung eröffnet, in der enge pleiben möchte. Buschmann: Klagen des
15
Klosters Malgarten im Stift Osnabrück gegen die Schweden

32
Malgarten, Benediktinerkloster im Hochstift Osnabrück, als Donation an schwedische
33
Offiziere vergeben.
. – Schreiben
16
des ksl. Residenten in Konstantinopel

34
Anlage (ksl. Residenz in Konstantinopel an Kaiser): fehlt. – Ksl. Resident 1643–1648
35
war Alexander von Greiffenclau zu Vollrads.
. – [...]

17
1646 XI 17
Samstag Konferenz der katholischen Stände . – [...]
18
Memorial der Stadt Osnabrück wegen ihrer Reichsunmittelbarkeit

37
Anlage (Memorial der Stadt Osnabrück): fehlt; Druck: J. G. Meiern III S. 680f.
.

19
1646 XI 18
Sonntag Chigi bei W. Angelegenheiten der Kölner Stifter.
20
Wildeshausen, wobei W als Ortsbischof interessiert ist. – Katholische
21
deputatio ad gravamina . – Lamberg/Krane

39
Lamberg / Krane waren in Münster 1646 XI 13 bzw. 14–21.
bei W. Generalia.

22
1646 XI 19
Montag Konferenz der katholischen Stände . – Schütz
23
bei W. Frage einer engeren militärischen Verbindung Darmstadts mit dem
24
westfälischen Kreis.

25
Mitteilung Chigis: Trauttmansdorff hat ihm gestern seine Bemühungen für
26
den Verbleib Wildeshausens bei Münster zugesagt.

27
1646 XI 20
Dienstag Erste mündliche Konferenz der katholischen
28
und protestantischen Deputierten über die Gravamina .

29
1646 XI 21
Mittwoch [...] – Konferenz der katholischen und prote-
30

31
30–S. 625,3 Mitteilung – thetten] am Rande: ad Bavarum omittatur.
stantischen
Deputierten . – Mitteilung Chigis: Daß man mit den protesti-

[p. 625] [scan. 675]


1
renden in negotio gravaminum also nit eylen, sondern erst des ausschlags
2
mit dem Schwedischen satisfactionspuncten erwarten wolle, zumaln solches
3
die Franzosen pro catholica religione halten thetten.

4

34
4–12 Danach – will] am Rande: omittatur ad Bavarum.
1646 XI 22
Donnerstag Konferenz der katholischen Stände . – Da-
5
nach berichtet Krebs: Im Gespräch mit Salvius hat er gestern gemerkt, daß
6
es wegen der Kur keine besonderen Schwierigkeiten geben werde, doch
7
wird die Restitution nur der Unterpfalz als unzureichend betrachtet. Da
8
die Franzosen sehr für den katholischen Pfalzgrafen Eduard eingetreten
9
sind, haben die Bayern versprechen müssen, die Forderung nach einem jähr-
10
lichen Deputat von 4000 Reichstalern für ihn dem Kurfürsten zu berichten.
11
Die plötzliche Abreise Oxenstiernas

37
Abgereist 1646 XI 21.
deuten die Franzosen dahin, daß er mit
12
Wittgenstein einen Abschluß über Pommern erreichen will.

13
1646 XI 23
Freitag Forderungen der Schweden wegen ihrer und der
14
hessischen Satisfaktion und Antwort der Ksl.

38
Anlage (schwedische Satisfaktionsforderung 1646 XI 18; practensio satisfactionis sere-
39
nissimae domus Hasso-Casselanae 1646 XI 18; ksl. Antwort 1646 XI 20): fehlt; Druck:
40
J. G. Meiern III S. 754f. , 755ff., 758f.
– Konferenz der katholischen
15
Stände . – Danach Bericht Haslangs:

35
15 Salvius] am Rande: pleibt aus ahn Churbayern.
Salvius hat Krebs ein Schreiben der

16
Königin gezeigt, das befiehlt, ferner noch das stifft Minden sambt der
17
graffschafft Schauwenburg zue begehren und derentwegen sich muglichst
18
zu bemuhen. Im Auftrag Neuburgs arbeitet Grießheim in Schweden gegen
19
Bayern und sucht die Abmachungen über die Pfalz zu verhindern.

20
Bericht Buschmanns: Vorgestern haben die Altenburger und Weimarer bei
21
ihm die Religionsfrage berührt, sonderlich aber auf freystellung der under-
22
thanen und Ferdinandi I. declaration gar hart bestanden, vorgebendt daß
23
wan catholischentheylß nicht etwas gewichen, schwerliche ein vergleich
24
zwischen beiderseits stenden wurde getroffen werden, und haben pro medio
25
compositionis dießes angezogen, daß wenigstens diejenige underthanen, so
26
itzo noch der Augspurgischen confession zugethan und coram magistratu
27
sich intra certum terminum darzu bekennen wurden, sambt deren posteris
28
der religion halben unbeschwert bleiben möchten. Darwidder er Busch-
29
mann ihnnen diejenige rationes, so iungst bey dem herrn Salvio von I. H. G.
30
auch movirt worden, zu gemuth gefuhrt, mit dem andeuten, daß sie auf
31
kein anders temperamentum hoffnung oder gedancken zu machen, alß daß
32
kein theyl dem andern in seinem landt und gebiet maß oder ordtnung zu
33
geben, warin dan auch eben die von ihnnen selbsten so starck suchende

[p. 626] [scan. 676]


1
aequalitet platz haben wurde. Nachdem auch folgendts der immediat
2
stiffter halber und daß die vergleichung sive temporia sive in perpetuum
3
wegen des geistlichen vorbehalts reciproca sein muste, von ihnnen meldung
4
geschehen, hab er Buschman occasion genommen von den stifftern Osna-
5
brugk und Minden anregung zu thun, daß es nemblich ein frembdes und
6
unbilliches ding, daß die Augspurgische confessionsverwandte I. H. G. den
7
ietzigen bischoff alß legitime electum seu postulatum deren zu endtsetzen
8
sich understunden. Warauf dieselbe geandtwortet, daß den Augspurgi-
9
schen confessionsverwandten fast keine stiffter, zu welchen die adliche
10
familiae oder andere qualificirte persohnen hernegst befurdert werden kön-
11
ten, ubrig plieben, derowegen sie dan billich wegen conservation dieser bei-
12
der fur die ihrige sorgfältig sein musten, yedoch stunde es dahin, daß auf
13
mittel gedacht werden möchte, ietziges hern bischoffs H. G. ad vitam
14
dabey zu laßen etc. – Danach Buschmann bei Trauttmansdorff: Emp-
15
fehlung
der Pyrmonter Sache

40
Die Grafschaft Pyrmont war paderbornisches Lehen der Grafen von Spiegelberg und
41
kam im Erbgang über das Haus Gleichen 1625 an die Grafen von Waldeck. Paderborn
42
hatte die Grafschaft bei beiden Erbfällen als erledigtes Lehen zurückgefordert und
43
1630–1633 und 1636–1646 in wirklichem Besitz gehabt, bis nach der Eroberung durch
44
Königsmarck im Juni 1646 sie wieder den Grafen von Waldeck eingeräumt wurde.
. Trauttmansdorff: Auch Salvius ist zu
16
informieren. Die Schweden fordern wieder eine Satisfaktion für die Land-
17
gräfin
, die Ksl. halten für besser, erst die schwedische Satisfaktion abzu-
18
schließen
, bei der Salvius wegen zurucklasung der Hinterpomerischen
19
landtschafft fur die cron Schweden das stifft Minden und graffschafft
20
Schaumburgh mundtlich von ihm graven anbegertt. – Danach Buschmann
21
bei Salvius: Pyrmont. Daß nachdemahln solche sach neque cum causa
22
neque cum effectibus huius belli einige gemeinschafft habe, man nicht sehe,
23
wie dieselbe ad hosce tractatus [...] gezogen werden könne, und muste man
24
nicht allein dahin schawen, ob es eben ein Augspurgischer confessionsver-
25
wandter seye, gegen welchen ein catholischer vel vice versa in lite begrif-
26
fen, sondern ob die sach also beschaffen, daß sie under die irrungen, so
27
alhier nothwendig zu erledigen, mitzurechnen. Nun seye aber die Pyrmon-
28
tische eine civil, und zwar solche sache, daß Ihre Churfürstliche Durch-
29
laucht alß lehnherr ihres rechtens sich gebrauchtt und der herr graff von
30
Waldeck sich deroselben ohne fueg und ursach widdersetzet. Man könne
31
aber dießseits richterlichen endtscheidt darin gern leiden, und wan die
32
herrn Schwedische plenipotentiarii dergleichen irrungen zu diesen friedens-
33
handtlungen ziehen wolten, wurde man nimmer zum endt kommen, es
34
wolte auch erfolgen, daß alle iudicia und processus aufgehebt sein musten.
35
Übergabe von Dokumenten und Bitte, die Grafen von Waldeck auf den
36
schwebenden Prozeß zu verweisen. Darauff hette der Salvius hinder
37
sich auf den disch gegriffen und eine listam derjenigen herfurgezogen,
38
welche sich bey ihnnen Schwedischen angegeben und umb restitution gebet-
39
ten, warin der herr graff von Waldeckh wegen der herschafft Pirmondt

[p. 627] [scan. 677]


1
und Dudinghaußen im furstenthumb Westvalen begriffen

42
Freigrafschaft Düdinghausen im kurkölnischen Herzogtum Westfalen (bei Winterberg).
, vermeldendt,
2
daß sie weniger nicht thun könten, alß deren anbegehrungen zu proponiren.
3
Eß wurde aber bey den Kayserlichen gesandten und andern interessirten
4
stenden stehen, darauf zu andtworten, und wehre einmahll ihr intention
5
nicht, eines yeden privatstreitigkeit hier zu erledigen, sondern allen den-
6
jenigen zu prospiciren, welche occasione huius belli deß ihrigen endtsetzet.
7
Diesem nach hette er Salvius deflectirt und angefangen von der Schwedi-
8
schen satisfaction zu reden, vermeldent, daß die Kayserliche allzusehr an
9
sich hielten, sonderlich wegen der Churbrandenburgischen gegenerstattung,
10
darauf gleichwoll auch gedacht sein muste. Er Buschman hette darauf
11
geandtworttet, wan die cron dem churfursten sein landt laßen wolte, werde
12
es ihm ein yeder woll gonnen, dafern sie es ihme aber nehmen wurden,
13
könte man sich nicht ersehen, wer ihm dafur ein aequivalens zu geben
14
schuldig, dan die cron Schweden gebe vor, daß sie selbige landen iure belli
15
occupirt. Nun seye aber talis occupatio ein casus fortuitus, quem de iure
16
nemo tenetur praestare, sondern heischet es alda, quod quaevis res pereat
17
suo domino. Darauf er Salvius: Eß wehre nicht ohn, daß Churbranden-
18
burgh under den ersten gewesen, so den konig in Schweden auf des reichs
19
boden gebracht, hernacher aber sich am wenigsten coniungiren wollen,
20
endtlich durch acceptation des Prager friedens sich gar zum feindt ge-
21
macht, und könten sich also die Schweden des iuris belli sehr woll gebrau-
22
chen, wolten aber doch gern in gute auß den sachen scheiden. Und hette
23
dießem hinzugesetzet, daß von den Kayserlichen auf ihr der Schwedischen
24
begehren wegen besoldung der armada und Hessischer satisfaction noch
25
nichts geandtwortet wehre, welches doch sachen, so auch zur richtigkeit
26
gebracht werden musten. In welchen beiden puncten es dan allerhandt
27
reden pro et contra geben, und hette er Salvius endtlich die Hessische satis-
28
faction auf seith und zu deren eigener abhandtlungh gesteltt und quoad
29
stipendia militum es bey dem bewenden laßen, daß post conclusam pacem
30
die armaden vertheilt und also in Gottes nahmen ohn andere fernere be-
31
zahlungh abgedanckt werden möchten. Wegen der religionsgravaminum
32
wehre er Salvius abermahln mit der autonomia sehr bemuhet gewesen und
33
hette die vergleichung zwischen beiderseits stenden in perpetuum fur ein
34
mittel angezogen, dardurch kunfftig alles mißtrawen aufgehebt werden
35
könte, hette auch deß stiffts Munsterischen amts Wildeshausen meldung
36
gethan, daß solches ein pertinentz zum ertzstifft Bremen und consequenter
37
der cron Schweden mit selbigem ertzstifft auch zufallen muste. Darauf
38
aber er Buschman kurtzlich replicirt hette, daß man ex parte des stiffts
39
Munster keineswegs gestendig, daß Wilßhausen zu Bremen gehörig, und
40
daß er vernommen, daß daruber in camera processus schwebten, deren auß-
41
schlag billig zu erwarten.

[p. 628] [scan. 678]


1
1646 XI 24
Samstag Deputation der katholischen Stände bei den
2
Ksl. . – [...]

3
1646 XI 25
Sonntag W bei Trauttmansdorff. Mit den Franzosen soll
4
es bei den bisherigen Abmachungen bleiben, Hoffnung auf baldigen Ab-
5
schluß
Frankreich–Spanien, die Generalstaaten insgesamt für einen dau-
6
ernden
Frieden. W: Auch die Streitigkeiten zwischen den Staaten und
7
dem Reich zu schlichten. Was fur groß beschwer es sey, empfinde oder
8
begreiffe man zue Wien oder auch Churmainz

38
8 undt Bayern] am Rande: omittatur.
undt Bayern also nicht
9
gleich Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Collen und andere stenndt
10
alß negstgesessener. Trauttmansdorff: Sobald der fried mit Spanien
11
und den Hollandern richtig, wurde von stabilirung der neutralitet zwi-
12
schen dem reich und ihn den Staden zu handlen sein, da alßdan I. H. G.
13
und andere die notturfft ahn hand geben mochten. Warzu sie sich er-
14
potten und vorn anfang specificirt, daß Ihre Churfürstliche Durchlaucht
15
und die negst angrenzende benachparte ab der anmaßenden Brabandischen
16
guldenen bull, den newerlich angerichteten zöll und licenten, dan daß sie
17
die Hollander alle faule händel ahn sich erkauften, und dergleichen sich
18
hochstens gravirt befinden, und auf deren remediirung nohtwendig muste
19
gedacht werden. Welches er von Trautmanstorff zu beobachten sich
20
erpotten. W: Bestürzt über die Bestimmungen wegen Verden in den
21
letzten ksl.-schwedischen Erklärungen

40
Vgl. oben [S. 625 Anm. 3] .
, welches auf solche weiß nicht
22
kondte gehen, sondern auf andere mittel müßen gedacht werden. Trautt-
23
mansdorff
: Volmar hat darüber lange mit Salvius geredet, der zuletzt
24
meinte, es wurde wol das beste sein, ihnen die geistliche gütter, wie er im
25
erzstifft Bremen selbst thun wolte, abzukauffen, damit die catholische
26
anderwerts sich begeben mogen. I. H. G. fuhrten ihm abermaln zu
27
gemuth, daß Ihre Maiestet in solche alienation und mutation in statum
28
principatus saecularis nicht kondten verstehen, gleich sie dan auch darzu in
29
ewigkeit nicht würden bewilligen. Er aber wiese es damit ab, daß es
30
nicht Caesaris opus, sondern der Schweden, und I. H. G. seyen wegen ver-
31
waigernden consensus der hinumblassung nicht zu verdencken, einmaln
32
aber sey es ahn dem, daß man frieden haben müße. Gravaminaverhandlun-
33
gen
, möchte morgen mit Salvius deßhalber gern ein ganzes machen und
34
Buschmann dabei haben, zumaln er einen guten modum hab, mit dem
35
Salvio zue tractiren und umbzugehen. Wie nun I. H. G. de materia
36
tractanda mit ihme Salvio zue vernehmen begert, andworttete der herr
37
graff, es hetten die theologi und politici zu Wien 12 rationes auffgesezt, so

[p. 629] [scan. 679]


1
ihme vom Kayserlichen hoff gestern seyen zukommen, welche dahin zieh-
2
len, daß man den uncatholischen nicht nur in ein oder anderm puncten
3
pacis amore konde nachgeben, sondern alle stiffter in perpetuum bewilligen
4
sollte. Es remonstrirten sie aber darauff, daß diese materi von andern
5
theologis, in specie von den Churmainz- und Bayerischen und Colnischen
6
auch examiniret worden seye, keine gingen gleichwoln so weith, sondern
7
sententiam contrariam sustinirten, inmaßen die Churmainzische gesandten
8
noch erst bey lezter consultation in voto sich hetten vernehmen laßen.

9
Ob nun wol der herr graff gegenwerttigen statum und die noht, worin
10
man stecken thue, angeführt, beynebenst vermeldet, daß er noch erst bey
11
gestriger post starcke schreiben empfangen hette, quovis modo frieden zu
12
machen. Ist ihm doch dargegen zu gemuth gefuhret, daß solch zuschrei-
13
ben sonder allen zweiffel den verstand haben werd, quovis modo licito und
14
wie es bey Gott verandwortlich. Die beschaffenheit der necessitet und wie
15
man darin khommen, warumb man auch darin stekhen bleibe und wie es an
16
getreuer cur- und fürsten assistenz und guetten einrathen nit gemanglet,
17
wisse Gott und werde die posteritet iudiciren, und liessen es I. H. G. an sein
18
ortt gestellt sein. Alß nichts daweniger er herr graff auf vorigem be-
19
harret und daß anderst kein weg noch mittel sey, auß den sachen zue kom-
20
men. Replicirten ihm I. H. G., falß von den Schweden die praetension
21
noch weitters und etwa auf ein oder ander fürstenthumb in Schlesien gestelt
22
wurde, obs dan die mainung auch behalten thue? Worauff er, daß
23
ehender alles blutt würden auffsezen, alß das geringste darin nachzuge-
24
ben. I. H. G. fragten, ob dan nit die necessitet, frieden zu machen, und
25
ob die noht gesezten falß nicht eben so groß sein wurde.

43
25–30 woruber – sein] am Rande: omittatur ad Bavarum et Coloniensem.
woruber er sich
26
etwas alterirt bezeigt, mit vermelden, es seye nicht beßer, alß daß er mor-
27
gen von hier raisen thette, alßdan mochte frieden machen, wer da wolt.

28
I. H. G. hinwieder, wans die mainung und wans vorhin gewust haben
29
solt, daß er die handlung auß sich allein fuhren solt, mochte yeder beßer zu
30
hauß geplieben und die auffgewendete unkosten erspahret sein. Ferner
31
begerten I. H. G., wie es mit der religion in ihrem stifft Oßnabruck solte
32
gehalten werden, und ob man, wie sie nimmer verhoffen wolten, in die
33
suchende autonomiam werde bewilligung geben; warumbs dan nicht gleich
34
anfangs geschehen, einmal konden und wolten sie das exercitium aufm land
35
nimmer gestatten. Auf welches der herr graff, daß er nicht wist, wie
36
ihm anderst zu thun, und werde man sich hierinnen accommodiren müßen,
37
und hetten die uncatholische in der statt Oßnabruck kirchen genug. Wor-
38
uber ihme der bericht gegeben, daß sie keine, die nicht mit gewalt den
39
catholischen abgenommen, innen hetten, gleich sie dan noch erst anno 1632
40
zwo munchskirchen eingezogen und darauß die religiosos veriagt, das exer-
41
citium alldorten auch ruhig nimmer hergebracht. Und wie I. H. G. ver-
42
merckt, daß er ganz kein rechte information hieruber gehabt (die er ihme

[p. 630] [scan. 680]


1
schrifftlich zu subministriren begert), haben sie zu vermelden anlaß ge-
2
nommen, daß diß ihre klag bißher gewesen, daß man nur alleweyl von der
3
andern seithen bericht genommen, von den catholischen interessenten aber
4
keine seye begert worden. Die Oßnabruckische, wie I. H. G. vernemmen,
5
hetten 22 puncta spargiert

41
Vgl. die motiva der Stadt Osnabrück (Druck: J. G. Meiern III S. 681 ff mit Datum
42
1646 XII 3/13).
, seie keiner mit wahrheit zu beweisen, und
6
I. H. G. nit daruber gehört worden. Demnegst fragt der her graff, wie
7
I. H. G. vermainten, daß ihm zu thun und man auß den sachen kommen
8
möcht? Die ihme zur andwort geben, weylen andere theologi von der
9
Vienensium opinion discrepiren, wusten sie nit, was sie sagen sollten, prin-
10
cipia theologorum weren clar und undisputierlich, mieste nur diversitas in
11
significatione casus an einen oder andern ort solche discrepanz causiren.
12
Aber supposito, daß den gegentail perpetuitas haec zugelassen werden konte,
13
miessen und wöllen, were dahin zu sehen, daß hingegen den catholischen das
14
reservatum ecclesiasticum undisputierlich in perpetuum, auch das ius refor-
15
mandi et alia in ihren landen gleich den protestirenden frey verpleib, und
16
dan daß die iezige rechtmeßige herrn und bischoffe plenarie cum omni
17
causa restituirt werden solt. Er aber wolt dafur halten, daß man auf
18
solche weiß nicht wurde zusammenkommen. Also dan, sagen I. H. G.,
19
müste der wiederparthey in allem, was sie nur begert, favorisirt, hingegen
20
den catholischen alles wiedrig und beschwerliche aufgebürdet werden.

39
20–23 Bey – hinweggegeben] am Rande: omittatur ad Bavarum.
Bey
21
der posteritet würde es heischen, der Kayser habe dem graffen von Traut-
22
manstorff das ganze werck uberlaßen, er aber alles in praeiudicium religio-
23
nis maximum hinweggegeben. Jezt gingen auch ihres vernehmens damit
24
umb, daß die statt Oßnabruck zur immediat reichsstatt möchte erhebt wer-
25
den, der die statt Luttig und andere bald wurden nachfolgen. Es versehen
26
sich aber I. H. G., es werden Ihre Maiestet die darauß endstehende incon-
27
venientien wol erwegen und dißfalß ihrer wahlcapitulation sich erinnern.

28
Der herr graff von Trautmanstorff endschuldigte sich, daß er das memo-
29
rial nicht gesehen, dabey sich erpiethend, was ihme deßhalber würde vor-
30
kommen, solches alspalden abzuweisen. I. H. G. urgirten weitters der
31
Wirttenbergischen closter halber, ob dieselbe nicht pro catholicis zu erhal-
32
ten oder media sich finden möchten, wenigst einen theyl von 30 so ansehen-
33
lichen clostern zu conserviren,

40
33–36 und – habe] am Rande: omittatur ad Bavarum.
und zum allerwenigsten die, welche in denen
34
ambtern, so das hauß Osterreich, dan die drei in der herrschafft Heiden-
35
heimb, so Churbayern fur 500 000 gulden innen hatt, und daß derenthalb
36
der anwesender bevollmächtigter mit ihro gered habe. Der her graff
37
von Trautmanstorff replicirte, man hette die conservation solcher closter
38
beym reichstag anno 1641 zu Regenspurg sollen in acht genohmen haben,

[p. 631] [scan. 681]


1

38
1– 2 man – ansehen] am Rande: omittatur ad Bavarum.
man mochte aber das damaln von Churbayern gefuhrte votum, deme auch
2
endlich das Churcollnische accediret, ansehen, kondten nun per tractatus
3
etliche den catholischen verpleiben, wolt er seinestheylß wunschen und gern
4
mitbefurdern.

39
4–11 fragte – möchten] am Rande: omittatur ad Bavarum.
fragte demnegst, ob die 3 in der herschafft heydenheimb
5
gelegen, soviel wehrt und ob derentwegen I. H. G. mit den herrn Churbaye-
6
rischen gered? Darauff geandworttet ad ultimum quod non, ad primum
7
aber, kondte die summa von den praelaten nicht erlegt werden, mocht es
8
auf ein leidliches alß auf 50 oder 30 000 zu richten sein. Der herr graff
9
erpotte sich, daß ers eingedenckt pleiben wolle. I. H. G. vermainten
10
darauf, obs nit zu machen, daß dem herzogen die jungfrawcloster zu laßen
11
und ubrige den geistlichen pleiben möchten? Respondit, sorge, daß der
12
versuch umbsonst sein werde, sonderlich were Maulbron ein ansehenliches
13
closter, und wurde ihm lieb sein, wan ihm deßhalber nottige information
14
und vorschleg geben thette.

40
14–19 I. H. G. – solte] am Rande: omittatur.
I. H. G. hat hierbey der Pater prior

43
Adami.
zu
15
verstehen gegeben, daß gegen ihn der herr graff von Trautmanstorff sich
16
vernehmen laßen, falß die praelaten die closter pro mediatis wurden halten,
17
wolt er sich umb deren conservation bemühen, zumaln nicht geschehen
18
kondt, wan sie erhalten, daß man erst mit ihnen der medietet halber lang
19
disputiren und zancken solte. Beym auffstehen recommendirten I. H. G.
20
causam religionis und daß der herr graff den schluß des friedens also ein-
21
richten wolle, damit nicht etwa zeitlich und ewige straff uber die veruhr-
22
sacher kommen möcht. Was fur segen Gottes man nach dem Prager frieden
23
gehabt, hett die erfahrenheit bezeigt,

41
23–24 und – müßen] am Rande: omittatur ad Bavarum.
und besorgenden, das hauß Osterreich
24
werde darunter noch leiden müßen. Wegen der autonomi wurde behutt-
25
samb zu gehen sein, dan darein die interessirte, sonderlich Churmainz,
26
Churcollen, Fulda, auch sie selbsten nimmermehr consentiren wurden.

27
Wobey er angedeuttet, daß der Salvius quoad punctum religionis urgiren
28
thette, daß Ihre Maiestet in dero erblanden die religionisten 15 jahr lang
29
gedulten solten, nach deren verfließung bey denselben stehen, wie sie es
30
machen wolten, also daß, wan sie underdeßen die gutter nit verkaufft, ins
31
land sich begeben dörfften, ohn daß sie sedem darin weitters fermirten.

32

42
32 Longueville] am Rande: sequitur domini praepositi auffsatz uber das so mit Longevill.
Longueville bei W. Nachfrage wegen der Gravamina. W: Nachdem
33
ihnen Franzosischen bekand seye, mit was unzuläßigen postulatis andere-
34
seiths herankommen und wie man catholischentheyls alberait schiedlich
35
sich erklehret, so wurden sie, ahn wehm der unfug bestehe, leicht zu schlie-
36
ßen haben. Were iezt die rechte zeit, daß die cron Franckreich erwiese, daß
37
sie catholisch, und wurde hierin der herrn Franzosischen plenipotentiario-

[p. 632] [scan. 682]


1
rum offt geruhmbter eiffer pro conservatione religionis sehr guten nuzen
2
schaffen. Sagte der herzog, daß ihrerseitths ahn erweisung guten eiffers
3
nichts erwinden solte, wie dan solches bißher geschehen, daß auch Franck-
4
reich bey ihren confoederirten im verdacht, alß wan sie ihrer nach geschlos-
5
sener Franzosischen satisfaction vergeßen und der catholischen postulata
6
durchzutrucken gedächten. Man mochte das werck in denen punctis, worin
7
man immer konne, accommodiren, gestünden gern, daß sie den catholischen
8
nach erlangter richtigkeit in dem satisfactionspuncten zu allen guten offi-
9
ciis obligirt, gleich sie dan dazu willig, es müste aber ihnen nicht alles auff-
10
gebürdet, sondern die catholische selbst thunlichen dingen nach sich be-
11
quehmen. Worauff ihme specialius repraesentirt, in wehm alberait die
12
catholische nachgegeben, auch die rationes, warumb man den protestiren-
13
den in der suchenden autonomia nicht konne deferiren, vor augen gestelt.
14
Wormit der Longeville einig zu sein vermeldet. Alß folgendts der discurß
15
ad tractatus publicos und in specie die Hessen Casselische praetension sich
16
flectiret, hat er sich uber die maß passionirt und eiffrig erwiesen, mit den
17
formalibus, es müste sich in diesem punct so hart nicht bezaigt werden, die
18
landgraffin hette bey diesem krieg viel ausgesezt und schaden gelitten,
19
dagegen ihr eine ansehenliche satisfaction billich gebuhre. Darwieder
20
die unpilligkeit a contrario remonstrirt, auch wasgestalt der cron Franck-
21
reich intention bey auffgerichteter confoederation nicht gewesen, die catho-
22
lische des ihrigen cum tanto dispendio religionis endsezen zu laßen. Und
23
obwoln der herzog die graffschafft Arnsperg sambt einigen im land zu
24
Hessen gelegenen Mainzisch stättl und amtlein, welche die landgravin
25
begerte, gar gering und gegen den angezogenen erlittenen schaden impro-
26
portionirt schätzen wollen, ist ihme doch gleichfalß das gegenspiel neben
27
der unpillickeit solch der Hessischen praetension, und daß dieser theyl ein
28
mehrers constituiren würde, alß die ganze Hessische landen in sich begrif-
29
fen, vor augen gestelt. Es hett sich die landgraffin ahn der amnisti gleich
30
andern stenden wol zue begnugen und hoch zu erfrewen, wan sie ihren
31
sohn ohn weittere ansprach wegen so vielen zugefügten schäden in fried-
32
liche regierung sezen mocht. Der herzog von Longevill aber plieb
33
dabey, daß die in den lezten postulatis begerte landschafften dem haus
34
Hessen in pfandschafft müßen gelaßen werden, biß demselben ein million
35
reichsthaler erlegt, behaubtet auch, daß dadurch der religion nichts abging,
36
zumaln die landgraffin in religione kein anderung würde vornehmen. Die
37
geistliche hetten ohnedas gar zu wol gelebt, die möchten von ihren commo-
38
diteten etwas abbrechen und durch wol hausen und sparsamb sein die
39
oppignorirte landen wieder einlößen. Darwieder remonstrirt, daß nicht
40
zu reden, ob die geistliche zu viel haben oder zu wenig, und wie sie das
41
ihrige zu gebrauchen, sondern daß Gott, seinen lieben hayligen, der kirchen
42
und catholischen religion daselbig verpleiben soll und müße, was dahin
43
gehorig. Es sey mit den patrimoniis Christi et sanctorum schon ubel genug
44
umbgangen, und würde ja das gesez unicuique suum tribuendi per summam

[p. 633] [scan. 683]


1
iniustitiam a plenipotentiariis christianissimi regis laedirt, wan sie den
2
catholischen kirchen et ipsis fundationibus Caroli Magni iezo noch mehrers
3
nehmen und die Casselische, welche rechte religionis et ecclesiarum persecu-
4
tores, damit noch weitters zu undertruckung der catholischen verstercken
5
wurden. Und seye doch solche oppignoratio nichts anders, wie man in der-
6
gleichen fällen genugsamb zu erfahren bißdaher gehabt, alß formalis alie-
7
natio, zumalen daß auch eine solche summa nicht auffzupringen, gleich dan
8
die Schwedische, daß kein geld mehr im reich, selbst bekend, und seyen
9
eben diese landen durch der Hessen proceduren in solche schulden gerathen,
10
worauß die posteritet sich nit würde retten konnen. Man soll benebens ge-
11
dencken, wie viele kirchen und closter eingeäschert und wie viele leuth
12
ihrer seelsorg auß mangel des underhalts beraubt, auf deren restauration
13
die cron Franckreich pillich mehrers, alß den Casselischen in ihren unbilli-
14
chen postulatis beyzustehen, zu gedencken hetten. Und sey einmal diß be-
15
geren also beschaffen, daß darauf nicht einmal zu handlen, geschweigens zu
16
concludiren stünde, und solt er sich wol versichern, daß solche weder Ihre
17
Churfürstliche Durchlaucht zu Collen noch yemandts anders, so hiebey
18
interessirt, nimmermehr wurden eingehen. Wan auch schon Ihre Churfürst-
19
liche Durchlaucht (da Gott vor sey) in ihrer feind hande gerathen, solte
20
doch Franckreich dergleichen zumutthung nicht zulaßen, so wenig auch
21
solches immer zugegeben werden würde noch kondte. Hierauff der her-
22
zog von Longeville: Daß die Casselische bey der oppignoration der religion
23
nichts nachtheyliges suchten, wofur dan Franckreich bey diesen tractaten,
24
auch daß die abloß gestattet werden müste, genugsamb caviren kondte.
25
Und seye auch die graffschafft Arnsperg und andere ämbter a prima fun-
26
datione bey dem churfürstenthumb Collen

42
Die Grafschaft Arnsberg war 1368 durch Kauf von Gf. Gottfried III., dem Letzten des
43
Hauses Cuyk-Arnsberg, an das Erzstift gekommen.
, deßgleichen andere ämbter bey
27
den ubrigen stifftern, nicht gewesen. Die geistliche hetten zuviell, würden
28
bey einem wenigen eingezogener und häußlicher werden, und was zur
29
ablöße nötig, zu erspahren sich befleißigen. Es köntte solches geschehen,
30
wan man zehenmahl zue der landgräffinnen kerne und einer so tugent-
31
samen fürstinnen hände küßete und ihr jedesmahls 100 000 reichsthaler
32
offerirte. I. H. G.: Sie vermerckten, daß man alleweill weiters und meh-
33
rers sich gegen die geistliche heraußließe, und würden auff solche weiße
34
Ihrer Päbstlichen Heyligkeit quaestio status et bonorum auch movirt wer-
35
den. Longeville: Er müste bekennen, daß der Pabst große dominia an
36
landt und leuten hette. Bey St. Petri zeitten were es anderst geweßen, und
37
hette die sach allerhand bedencken. Man soltte doch eine so liebe meritirte
38
fürnehme fürstin alß die landgräffin, indeme es doch anders nit sein köntte,
39
contentiren. Und alß darauff wieder replicirt, wie daß sie in deme woll
40
glücklich und der cron Franckreich genugsamb zu dancken, daß sie per
41
amnistiam nebenst ihrem sohn in einem rühigen stand gesetzt würde und

[p. 634] [scan. 684]


1
daß die Marpurgische sache köntte des landgraff Georg Fürstliche Gnaden
2
erbieten nach verglichen werden. Hatt der duc de Longeville angefan-
3
gen zue invehiren gegen den Kayserlichen hoff und referirt, wie daß sie in
4
Franckreich von Kayserlichen gefangenen officierern, welche anderst keine
5
dependenz alß vom hauß Österreich, gehört hetten, wie daß sich alles ahm
6
Kayserlichen hoff in puncto iustitiae erkauffen ließe. Alßo were es auch in
7
der Marpurgischen sach zugangen, die Darmstättische würden sich gueten
8
bescheids zu bedancken haben, wan ihnen fructus percepti nachgelaßen.

9
I. H. G.: Ihre Kayserliche Maiestet und deren hoff mitt einer solchen
10
iniustitz zue insimuliren, erfördere billich ein mehrers nachdencken. Wan er
11
duc recht in dießer sachen informirt, würde er anderst rheden, seine große
12
affection gegen die landgraffin ubernehme ihnen. Longeville bekendte
13
seine affection, bate nochmaln, man woltte der landgraffinnen in puncto
14
satisfactionis so starck nicht zuewieder sein. Damitt seinen abschied von
15
I. H. G. genommen und sich nochmaln zum Paderbornischen thumbprob-
16
sten und canzlern gewendet und gerehdet, man müßte die damen ehren,
17
Christus hette in evangelio adulteram nit gestrafft und niemand von dem
18
volck den ersten stein auffnehmen wollen. Und alß darauff iocando
19
geandtwortt, es ließe sich itzo beßer verandtwortten, die steine auffzuheben
20
alß solche sumb gelds oder lander zu praesentiren, ist man hinc inde inter
21
iocosa et seria geschieden.

22
W bei

41
22–30 Chigi – thetten] am Rande: ad Bavarum omittatur.
Chigi: Heutige Gespräche. Chigi: Kann Trauttmansdorff nicht

23
verstehen, der geb allezeit in rebus religionis gute vertrostung und thette
24
doch folgendts das contrarium. Seinen consensum werde er darin nimmer
25
geben konnen, allermaßen er dan von Ihrer Pabstlichen Heiligkeit dahin
26
befelcht seye, ehender von hier zu raisen alß dergleichen enormiteten mit
27
seinem consens oder praesens zu ratificiren. Er habe es dem von Traut-
28
manstorff fein Teutsch gesagt, wurde es auch noch weitters thun, ginge mit
29
seiner liberalitet und pusillanimitet weitter, alß die protestirende selbst
30
begerten oder auch die Franzosen gern sehen thetten. Zur hessischen Satis-
31
faktion
, in welche Frage er sich nicht mischt, haben die Franzosen bei Con-
32
tarini
500 000 Reichstaler gefordert, darauf hat Trauttmansdorff 250 000
33
geboten, worauf die Franzosen Contarini gefragt haben, warum er nicht
34
eine Million verlangt habe. W: Hat hiervon noch nichts gehört, seye ia
35
hochlich zu verwundern, daß solch erpiethen ohne der interessenten, die die
36
summa zahlen solten, vorwissen geschehen dorfte. – [...]

37
1646 XI 26
Montag

42
37 Bericht] am Rande: sequitur was mit herrn Trautmanstorff und Volmarn canzler
43
Buschmann und Dr. Batz gehandlet.
Bericht Buschmanns: Trauttmansdorff hat ihn

38
erinnert, bei der heutigen Konferenz der Ksl. mit den Protestanten würde
39
es nicht undienlich sein, wan er Buschmann sambt ein und andern mehr von
40
den catholischen sich auch in der nähe befinden wolte, damit sie Kayser-

[p. 635] [scan. 685]


1
liche mit denselben alsobald auß den sachen communiciren kondten, dabey
2
ferner andeuttend, daß die protestirende sich gar starck vernehmen laßen,
3
von stifftern Oßnabruck unnd Minden nicht abzustehen, sondern solche fur
4
ihre religionsverwandte außzuebehalten, davon nottig, daß I. H. G. in
5
zeitten nachricht hetten. Hierauff hab er canzler Buschman ad 1. ge-
6
andworttet, es seye, daß ein oder ander in particulari sich in dergleichen
7
communication einlaßen solle, bedencklich, auch ganz ohne frucht, zumalen
8
doch alles vorher ahn die sammetliche catholische müste gepracht werden.
9
Ad 2. die stiffter Oßnabruck und Minden anlangend, sey solches ein ganz
10
unbilliches begehren, dan ja den capitulis der Augspurgischen confessions-
11
verwandthen eigenen vorschlägen nach die freye wahl nicht zu benehmen,
12
und aber I. H. G. durch ermelte capitula zum bischoffen ordentlicherweiß
13
postulirt und angenommen, auch kein legitimus contradictor vorhanden.
14
Wolle W berichten. Zur hessischen Satisfaktion sollen schon 250 000
15
Reichstaler geboten sein, es wurde aber auf solchen fall die frag sein, wer
16
diese gelder bezahlen solte? Trauttmansdorff: Daß er alberait 300 000
17
reichsthaler offerirt, und muste einmal auß den sachen ein end gemacht sein
18
und ad speciem gangen werden, dan immerhin in generalibus zu verpleiben,
19
sey zu nichts alß auffenthalt dienlich. Es würden diejenige, welche der
20
landgräffin bißherzu contribuiret, die gelder beyschaffen müßen, werde
21
beßer fur dieselbe sein, alß immerfort in contributione zu verpleiben. Er
22
Buschman habe replicirt, daß die summa allzu groß und beyzuepringen un-
23
muglich, zudem wurde alßdan ein yeder sich daraus ziehen und Ihrer
24
Churfürstlichen Durchlaucht zu Collen landen den last allein auffwalzen
25
wollen, und dörfften sich vielleicht nicht allein Churmainz und Darmbstatt
26
(so doch iezo nicht contribuiren), sondern auch Gulich, Berg, Marck, Ost-
27
frießland und andere mehr difficultiren. Trauttmansdorff: Daß die
28
Hessen mit ermelter offerta noch nicht zufrieden, sondern auf 600 000
29
reichsthaler bestehen thetten und darin ihnen die Franzosen meisterlich
30
patrocinirten. Die außtheylung dörffte vielleicht hier von den frembden
31
coronen alsobald gemacht und dadurch der streitt under den interessirten
32
theylen aufgehebt werden. Es stünde auch noch dahin, ob etwa das ganze
33
reich zu beypringung dieser satisfactionsgelder mochte zu ziehen sein.

34
Buschmann/Batz

43
Dr. Heinrich Batz, Osnabrücker Geheimer Rat.
bei Trauttmansdorff mit schriftlichen und mündlichen
35
Vorstellungen wegen Osnabrück und Minden. Trauttmansdorff: Daß
36
die ganze intention I. H. G. mit dem termino anni 1624, alß da nemblich
37
stifft und statt Oßnabruck in offenem besitz des exercitii Augspurgischen
38
confession gewesen, genzlich evacuirt und gefallen seye, und also nicht sehe,
39
wie auß dieser geschlossenen regul zu sezen. Der Dr. Batz replicirte,
40
daß stifft Oßnabruck under diese regul anni 1624 nicht gehorig und der
41
Oßnabrucker suchen auf unbegrund recht und vermainte privilegia sich
42
laine, was er aus den mitgebrachten schriftlichen Informationen erläutert.

[p. 636] [scan. 686]


1
Trauttmansdorff: Daß die begeren der Schweden, protestirenden und der
2
statt Oßnabruck verschieden. Wan I. H. G. auf dem gestrackten rechten
3
wolten verharren, dörffte ex summa iure werden summa iniuria, und müste
4
man sehen, wie bey einem etwas nachzugeben und beym andern wieder zu
5
erhalten, dan das capitel sonst sambt dem interesse dörffte verlohren gehen,
6
zumaln es alberait von den Schweden dahin wolle gespielt werden, daß der
7
Gustavus Gustavi bey der donation zu manuteniren, welches per admissio-
8
nem termini anni 1624 etwa mochte verhuttet werden.

9
Diese Erklärung läßt W durch Buschmann/Batz sofort an Volmar mit-
10
teilen
und dabey expreßlich contestiren, daß in diß unverhofftes anmutthen
11
sie nun und nimmermehr nicht konten noch wolten willigen. Es muste ja,
12
was den uncatholischen billich, indem ihnen in dem inhabenden stifftern
13
die einführung des confessionismi und elimination des catholicismi unver-
14
wehret, den catholischen in ihren angehorigen landen nicht unbillich sein,
15
umb desto mehrer, daß dieses nichts newes, sondern der bißher gewohnten
16
ordnung und formb des regiments gemeeß, so durch rebellion der undertha-
17
nen behindert. Wans anderst, wie sie nicht hofften, gemaint und auff die
18
vorhabende weiß verfahren werden solt, wolten I. H. G. daruber fur das
19
strenge gericht Gottes provocirt haben, daselbst alle diejenige, die zu ein-
20
gehung solch hochschadlichen praeiudicii rahten und cooperiren, iezt und in
21
iener weit zu ihrer verandworttung bey dem gerechtisten richter angeklagt
22
haben. Uber welches zuendpiethen sich der herr Vollmar mit zusam-
23
mengeschlagenen händen endsezt und curialibus praeviis vermeldet, nicht
24
ohne zu sein, daß wegen der stiffter Oßnabruck und Minden heut vorkom-
25
men, de quaestione quomodo aber nicht, außer daß die Schweden diese
26
stiffter pro acatholicis behaubten dergestalt, daß solche ihnen [!] perpetuum
27
verpleiben, die catholische aber alles ansprachs auff dieselbe sich endthal-
28
ten müßen. Dagegen hetten zwarn sie Kayserliche sich starck gesezt, mit
29
bedeutten, daß dergleichen anmutthen der weg zur vergleichung gar nicht
30
seye, die Schweden aber seyen beym vorigen geplieben, nur endlich pro
31
temperamento die Annahme Gustafssons zum Koadjutor in beiden Stiftern
32
und deren künftigen Verbleib bei den Protestanten vorgeschlagen. Batz:
33
Ob diese coadiutoria allein fur Oßnabruck oder auch furs stifft Minden zu
34
verstehen? Volmar: Er vermaine quod sic, und hab ers vom Salvio
35
anderst nicht eingenommen, obs woln eben conceptis verbis nicht were vor-
36
kommen. Darwieder und daß eben diese stiffter von den uncatholi-
37
schen a regula excipirt werden wolten, der große unfug remonstrirt, da
38
doch kein legitimus contradictor vorhanden seye; die capitula auch ganz
39
catholisch und stehe sonsten die Schwedische satisfaction auf seinen gewis-
40
sen circumsciribirten terminis und limiten, warunder diese stiffter nicht be-
41
griffen. Worauff er Volmar, daß zwar dieses nicht ohne, er besorge
42
aber daß die Schweden mit dergleichen wol mehrers, auffs stifft Paderborn
43
deuttend, dorfften herankommen. Und seye dem Salvio nichts newes zu
44
reden, daß die cron Schweden sich der disposition ubers stifft Minden nim-

[p. 637] [scan. 687]


1
mermehr begeben werde und unvonnöthen seye, solches weitters zu begeh-
2
ren, was vorhin ihr und in ihrem gewalt seye. Also er Vollmar dafür hielte,
3
daß man sich, wie es mit der religion im stifft zu halten, so gestalten sachen
4
nicht groß zu bemühen, sondern dahin das absehen zu richten hab, wie das
5
haubtwerck, die stiffter nemblich selber zu salviren, ohnedas daß die quae-
6
stio von stetten, die hic et nunc nicht unser, und von ritterschafften, deren
7
wir nicht mächtig. Es seye aber alles nur enuntiative gemeldet, gestalt auch
8
hierinnen nichts were bewilligt, und würde er, falß der gegentheyl auff sol-
9
chem ungereimbten anmutthen beharren solte, kein thun damit haben, son-
10
dern sich bedingen, daß er zur bewilligung keineswegs cooperiren konn
11
noch wolle. Will über die weitere Entwicklung rechtzeitig berichten.

12
W mit Vertretern von Köln, Hildesheim, Münster, Paderborn, Fulda und
13
Corvey bei den Mainzern. Proposition Raigerspergers: 1. Hessische Satis-
14
faktion
, 2. Autonomie. W: Gespräche mit Longueville und Chigi,
15
Informationen Trauttmansdorffs. Es wird beschlossen, daß noch heute
16
die Mainzer Trauttmansdorff zusprechen sollen, 1. daß weitters ia nicht
17
alß beraitz geschehen, eingewilligt, 2. solche summa, wo nicht von den
18
gesambten oder auch den catholischen reichsstenden, wenigst von allen der
19
landgraffin contribuenten beygetragen, 3. kein platz pro assecuratione nach
20
geschlossenem frieden zuruckpleiben, und dan 4. weylen auf demolition der
21
vestungen gegangen, dem stifft Munster wenigst Cosfeld, welcher orth mit
22
so großen der underthanen kosten fortificirt und dem land zu Hessen weith
23
abgelegen, salvirt werden möchte. Beym zweitten proponirten puncto
24
der autonomiae haben I. H. G. gleichfalß referirt, was derenthalb beym
25
herrn graffen von Trautmanstorff vorgangen, und daß das beste mittel,
26
wan ye auf die perpetuitet bewilligung geschehen solt, zu versichern, daß
27
die stiffter, welche den catholischen verpleiben, kunfftig mehr nicht be-
28
schwerd werden solten, welches von allen fur ein billichs mittel gehalten,
29
und daß man darauf genzlich zu beharren [...].

30
1646 XI 27
Dienstag Mitteilung der Mainzer: Einige rationes wegen
31
von den protestirenden suchenden perpetuitet

41
Anlage: fehlt.
.

32

40
32–S. 638,10 Bayern – erbotten] am Rande: omittatur ad electorem Bavariae.
Bayern bei W. Nachdem Kurbayern aus Ws Berichten die Äußerung
33
Trauttmansdorffs ersehen hat, er habe den Kaiser zue mehrer armirung
34
animirt

42
Vgl. oben [S. 603] .
, sollen sie bei W und Trauttmansdorff berichtigen, daß Maximi-
35
lian
zue continuirung des kriegs wedder einen newen anzufangen nicht,
36
sondern nur dießes geraten, daß die damals dismontirt und ruinirt geweste
37
armada etwas zue restituiren. W: Daß die außdeutung von dem von
38
Trautmansdorff solchergestaldt geschehen, und seye Churcöllns, auch I. H.
39
G. intention allezeitt dieße geweßen, daß man sich in verfaßung setzen und

[p. 638] [scan. 688]


1
den frieden desto mehr beförderen soltte. Äußerungen Oxenstiernas über
2
neue französiche Forderungen, besonders auf die vier Waldstädte.

3
Welches zwarn sie Churbayerische mitt verwunderung vernommen und
4
vermeldet, daß es nicht woll glauben köndten, die zeitt aber werde, was
5
daran, hernegstens geben. Hessische Satisfaktionsforderungen. W: Ver-
6
handlungen
mit den Mainzern und mit Trauttmansdorff. Minden und
7
Osnabrück. Bitte, daß die Bayern vermög habenden specialbefelchs sich
8
ihrer bey den Kayserlichen, Französischen und uncatholischen reichssten-
9
den, auch wo es sonst nötig, in besten annehmen woltten. Warzu sie
10
sich erbotten. – [...]

11
W bei Volmar. Minden und Osnabrück. Wie nun dieses eine solche sach, die
12
zue bewilligen in ihren mächten nicht bestunde, sondern consensus capituli
13
hierzu vornemblich erfordert werde, also wurden sie dazu in ewigkeit nicht
14
verstehen, kondtens auch gewissens halber nicht thun, sowenig alß die ge-
15
sambte catholische darein consentiren wurden, hofften ein beßers umb Ihre
16
Maiestet verdiehnt zu haben, alß dergestalt cum tanto religionis praeiudicio
17
verlaßen und gleichsamb verstoßen zu werden. Daß sie I. H. G. diese
18
stiffter nicht ambiiret, ja die acceptation derselben difficultiret, sondern
19
daß sie von der abgelebten Kayserlichen Maiestet Ferdinando II. gloriosi
20
und gnädigsten andenckens darzu bewegt und erinnert, weiseten die noch
21
vorhandene schreiben genugsamb auß, neben dem daß auch viele andere die
22
acceptation, alß dem catholischen weesen dienlich, guttbefunden und einge-
23
rhaten. Beschwerlich falle ihr genugsamb, daß das stifft Verden in die trac-
24
tatus also, gleichwoln ohn einzig ihr zuthun und bewilligen, mit eingefloch-
25
ten, und kondten nun damit, wans die mainung, wie doch bey ihro nimmer,
26
behalten solt, dem Gustavo recompenz geschehen, Oßnabruck und Minden
27
aber, alß ohne das under die regul des jahrs 1624 nicht gehorig und zum
28
uberfluß davon in der catholischen concluso außgenommen, müste bey den
29
catholischen einmal verpleiben. Umb ihrer person willen seye es ihr ia gar
30
nicht zu thun, zumaln sie die geringe zeit ihres etwa noch ubrigen lebens
31
den underhalt anderwerzher wol wurden haben konnen, auch mit der zeit
32
lieber ein privat leben sich wunschten, sondern vornemblich und einzig
33
darumb, daß solcher stiffter angehörige underthanen bey der catholischen
34
religion, deren sie durchgehendts, ungeacht man noch newlich theyls un-
35
catholische pastores auffgetrungen, außer der ritterschafft, zugethan, erhal-
36
ten werden möchten. Beginn der katholischen Reformation in Osnabrück
37
zur Zeit des Kardinals Zollern

42
Eitel Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen (1582 1625), Kardinal 1621, Bf. von
43
Osnabrück 1623.
. Bei Rückkehr zum Zustand von 1624 müs-
38
sen
in der Stadt die beiden Pfarrkirchen, die nach gewaltsamer Entfrem-
39
dung
durch Urteil Karls V. 1548 restituiert wurden, wieder abgetreten
40
werden, und also keine pfarrkirch den catholischen verpleiben, so dannoch
41
in einer solchen bischofflichen statt hoch beschwer- und bethaurlich.

[p. 639] [scan. 689]


1
Nebenst dem wurden sowol die patres societatis alß Franciscani auß der
2
statt verpleiben, auch die von I. H. G. restituirte und fundirte academia
3
wieder abgethan, consequenter alles fundament catholicae religionis auff-
4
gehebt und abgestelt werden müßen. In Wiederbrück ist während Ws Herr-
5
schaft
die katholische Religion von einem Anhänger zur Alleinherrschaft
6
gekommen. Außer Philipp Sigismund in Osnabrück und Christian in Min-
7
den

41
Christian von Braunschweig-Lüneburg (1566 1633), Administrator von Minden 1599,
42
regierender Hg. in Celle 1611. Extrakt seiner Wahlkapitulation 1597 IX 6 und die bei
43
Übernahme der Verwaltung erteilten Reversale 1599 III 6 (Druck: J. G. Meiern III
S. 638ff ).
ist in beiden Stiftern kein Nichtkatholik als Bischof angenommen
8
worden; von beiden wurde verlangt, daß sie katholisch würden, und die
9
Verwaltung bis dahin dem Kapitel übertragen. Christian hat zwar auch die
10
Verwaltung erlangt, sie wegen Nichterfüllung der Bedingung aber wieder
11
abtreten müssen. Von allem diesem sey von ihro der herr graff von Traut-
12
manstorff mund- und schrifftlich berichtet, es scheine aber fast, daß er die
13
sachen endweder nicht leß oder doch sonsten nicht groß achte. Weylen
14
yedoch rei catholicae nicht wenig darahn gelegen, daß diese stiffter in iezi-
15
gem statu erhalten, alß trugen zu ihme Volmar das gute vertrawen, thetten
16
ihn auch darumb alles fleißes ersuchen, er das werck seiner wichtigkeit
17
nach beym herrn graffen von Trautmanstorff und wo es sonsten dienlich,
18
die befurderung thun wolte, damit beyde diese stiffter und das religion-
19
weesen von termino 1624 excipyrt und außbescheiden; umb desto mehrer,
20
daß sie hierinnen zusag von den Franzosischen auch erlangt und dahin deß-
21
gleichen auch die herrn mediatores ziehleten, daß die erklehrung de 12.
22
Julii zue behaubten und weitter nicht zue gehen. Volmar: Verspricht,
23
sein operam pro intentione I. H. G. anzuwenden, endschuldigte benebens
24
den grafen von Trautmanstorff, daß er mit negotiis gar zue viel beladen,
25
daß er das werck also nicht, ob er woln sonsten capacissimus, comprehen-
26
dirte, wolte ihm aber hierauß alle nottige information thun. Fur sein person
27
capire er das werck also, daß wan diese stiffter vom termino a quo eximi-
28
ret, alßdan I. H. G. die reformation ex regula generali territorialis iurisdic-
29
tionis gebuhren thue, sin minus und falß solche die protestirenden under
30
dem termino begriffen haben wolten, deme man sich doch starck zu wie-
31
dersezen, müste sogleich auff die temperamenta, wie sonsten des herrn
32
graffen von Trautmanstorffs mainung, nicht gefallen, sondern, weylen die
33
uncatholische diese stiffter ihnen zustendig halten und in perpetuum be-
34
haubten wollen, folgender gestalt, seines ermessens, verfahren werden: Daß
35
man erstlich darauff firmiter zue bestehen, die 2 stiffter gebuhrten den
36
catholischen, denen sie auch pleiben müsten. Wan aber solches bey der
37
andern seitthen keinen verfang hab, alßdan pro 2. die Kayserliche sich zu
38
entschuldigen, daß diese sach in ihren mächten nicht, sondern vor alle
39
catholische gehorig, vorab aber I. H. G. alß legitimi possessoris bewilligung
40
darzu nottig seye. Folgendts pro 3. hette man sich der Franzosen interposi-

[p. 640] [scan. 690]


1
tion, die sie so mehrfaltig zugesagt, auch sie Kayserliche fast taglich, sich
2
starck in diesem negotio zu halten, ermahnen thetten, wol zue gebrauchen.
3
Dan seye auch pro 4. kein geringes, daß auf diejenige stiffter, welche die
4
protestirende possedirten, gleichsamb in perpetuum renuntiiret, dagegen
5
auch billich den catholischen was zu gutem und zwarn sonderlich mit
6
beyden obgemelten stifftern kommen müße. Versicherung des guten Willens
7
der Ksl.; Notwendigkeit, die Schweden durch Abschluß ihrer Satisfaktion
8
mehr von den Protestanten abzuziehen. Oxenstierna hat den Ksl. in Osna-
9
brück
erklärt, wenn die Brandenburger Zustimmung nicht bald eintreffe,
10
wolle man unter der Bedingung schließen, daß Brandenburg zur Annahme
11
Halberstadts gegen Vorpommern eine Frist gesetzt wird und danach
12
Schweden beide Pommern behält. Alß hierbey I. H. G. mit ließen ein-
13
lauffen, ob dan nit solchen falß die erz- und stiffter Breemen und Verden
14
auch in iezigem stand und ihren vorigen herrn verplieben, hatt der herr
15
Volmar solches fur eine vergebliche sach halten wollen. Sonsten ließen
16
sich I. H. G., daß auff die von ihm vorhin bedeuttete weiß wegen Oßna-
17
bruck und Minden die handlung gefuhrt werde, wol gefallen, hetten auch
18
sonsten pro temperamonto schon etwas ann hand geben. Mit der ritter-
19
schafft seyen sie biß dato also umbgangen, daß sie daruber zu klagen keine
20
befugte ursach, hetten sie zu den catholischen kirchen nicht genottiget,
21
gleichwoln aber auffm land kein exercitium gestattet, yedoch nicht geweh-
22
ret, auff die benachtparte ortthen ihrem kirchengang nachzuziehen. In der
23
statt Oßnabruck seyen zwarn die kirchen wieder eingezogen, die burger
24
aber zum exercitio nicht gezwungen, nur daß zu verhuttung der conventi-
25
culorum privatorum die predig anzuhoren befohlen, wodurch viele in der
26
alten statt, in der newen aber alle biß auf 2 oder 3 burger zum catholischen
27
glauben herumbgetretten. Solche kirchen nun den uncatholischen, die sie
28
vorhin mit recht nie gehabt, wieder zu restituiren, konten sie nicht bewilli-
29
gen, außer all’ ultimo (welches gleichwoln in vertrawen wolten gemeldet
30
haben) daß die eine kirch, die vor kurzen jahren die statt aufferbawet
31
haben soll, mochte zu uberlaßen sein. Volmar: Günstige Aussichten für
32
die extra territorium occupantium gelegenen württembergischen Klöster,
33
wobey I. H. G. des Mindischen closters Lochum

40
Loccum, Zisterzienserabtei, seit 1593 protestantisch, strittig zwischen Minden und Braun-
41
schweig-Lüneburg.
alß eiusdem naturae er-
34
wehnung gehabt. Ablehnung der Session in loco tertio für nichtkatholische
35
Stiftsinhaber durch die Protestanten; menses papales. Reichsstädte.

36
1646 XI 28
Mittwoch Leuchselring bei W: Trauttmansdorff hat ihm
37
den schlechten Stand der Augsburger Sache eröffnet; die Schweden beste-
38
hen auf neun Kirchen und Beteiligung am Stadtrat für die Protestanten.
39
Bitte um Beigabe Bischopings für seinen geplanten Besuch bei den Franzo-

[p. 641] [scan. 691]


1
sen, was W bewilligt. – Proteste der Städte Fulda und Hammelburg

40
Anlage (Proteste der Städte Fulda und Hammelburg): fehlt.
. –
2
Protest Adamis

41
Anlage (Protest Adamis): fehlt.
. – [...]

3
1646 XI 29
Donnerstag Mitteilung der Bayern: Gestern hat Trautt-
4
mansdorff
Raigersperger und Krebs (Bayern) über die Verhandlungen mit
5
den Protestanten und mit Salvius informiert; Bestehen auf der perpetuitet
6
biß zum christlichen vergleich der religionen, Zustand von 1624 in Augs-
7
burg
, Osnabrück und Minden ganz für die Protestanten. Longueville/Ser-
8
vien
haben gestern mitgeteilt, sie hätten Nachricht, daß Churbayern eine
9
newe ligam und bundnuß mitt dem Kayser, konig von Spanien und hauß
10
Österreich soltte gemacht haben, welchen fals sie auch anderst zue den
11
sachen würden thuen müeßen. Es hetten aber sie Churbayerische nit
12
ermanglet, innen, wie irrig dies außgeben seye, zu remonstriren, und daß
13
Franckreich die prob selbsten durch machenden friedenschluß nemmen
14
köndte.

15
Bericht Buschmanns: Nach Trauttmansdorff besteht Salvius auf Minden
16
mit Schaumburg für Schweden, wogegen man sich an die Franzosen wen-
17
den
müsse; wegen Osnabrück ohne temperament im religionwesen nichts zu
18
erreichen; es werde von den uncatholischen de perpetuitate weiters nichts
19
gesucht, sie fordern 9 Kirchen und 8 Ratsstellen in Augsburg; da von der
20
Autonomie nichts erwähnt wird, gehen sie hiervon hoffentlich ab. Volmar
21
wird ein Projekt über die Gravamina entwerfen, das dann mit einem von
22
den Protestanten zu erstellenden verglichen werden soll.

23
Buschmann im Auftrag Ws zu d’Avaux. Osnabrück und Minden, Religion
24
in der Stadt Osnabrück. Zu längeren Ausführungen bleibt keine Zeit, da
25
d’Avaux im Aufbruch zu Longueville ist, von wo die Franzosen zu Salvius
26
wollen. D’Avaux verspricht seine äußerste Unterstützung.

27
Leuchselring bei W: Die Franzosen und Contarini haben sich höchlich offe-
28
rirt, wie sie dan auch dafür gehaltten, daß das erbieten, so von ihme beraits
29
geschehen, nicht zu verwerffen seye.

30
Konferenz der katholischen Stände . – Danach Mitteilung Haslangs: Lon-
31
gueville/Servien sind im Gegensatz zu der früheren Zusage jetzt für eine
32
bayerische Entschädigung an den Pfalzgrafen wegen der Oberpfalz von
33
einer Million. Chigi und Contarini haben sich mehrfach widersetzt.

34
1646 XI 30
Freitag Bericht Buschmanns: Nach Trauttmansdorff und
35
Volmar, die er getrennt aufgesucht hat, ist die schwedische Satisfaktion
36
gestern auf Ratifikation dahin abgeschlossen worden, daß Schweden halb Vor-
37
pommern
mit Wollin erhält und für Stettin das Reich 1200 000 Reichstaler
38
bietet, wobei Brandenburg die Wahl zwischen der Stadt und dem Geld
39
bleibt; Brandenburg erhält Halberstadt. Die Brandenburger haben vorge-

[p. 642] [scan. 692]


1
schlagen
, daß Schweden statt Pommern neben Bremen und Verden auch
2
Minden und Osnabrück erhält, und fünf Wochen Aufschub verlangt, was
3
Trauttmansdorff abgeschlagen hat. Trauttmansdorff befürchtet, daß die
4
den Hessen gebotenen 300 000 Reichstaler nicht reichen, und woltte vor-
5
nehmblich daran glegen und nötig sein, starck in die Französische, welche
6
den Hessen meisterlich patroniciren, zu setzen. Und ob man woll möchte
7
vermainen, daß solche gelder auff das gantze reich zu schlagen seyen, so
8
köndte er doch den hiesigen landtschafften nit rathen, einig facit darauff
9
zu machen.

10
Salvius bei W. Will mit den hiesigen Vorschlägen nach Osnabrück reisen, in
11
der Hoffnung, daß bis Januar den sachen ein end gemacht, auch I. H. G.
12
ihres aignen interesse halb contento gegeben werden möchte. Gravamina.
13
Autonomie. Abdankung der Truppen; wan selbige nit mitt guetem conten-
14
tament dimittirt, dörffte noch größer unglück darauß endstehen, würde das
15
beste sein, daß einem jeden craiß und stand gewiße trouppen zur bezahlung
16
der restanten zugewießen, und würde ein jeder officier mitt einem leid-
17
lichen sich wohl laßen abfinden, welches dahin dienen würde, daß die
18
armaden mitt lieb voneinander gebracht.

19
1646 XII 1
Samstag Mitteilung der Bayern auf Anfrage Ws: Gespräch
20
Trauttmansdorff – Krebs XI 29. Die Franzosen haben demnach bei Salvius
21
gegen die protestantischen Religionsforderungen protestiert und 1634 als
22
Normaljahr vorgeschlagen, Brandenburg soll wahlweise 1 200 000 Reichs-
23
taler
oder die Städte Stettin und Gartz erhalten. Hetten die Franzosen
24
abermaln auff ein armistitium von 4 wochen lang angetragen und dafür
25
gehaltten, daß der veldtmarschalck Touraine seine bewilligung darzue
26
geben werd, der Salvius aber dißfals an dem Wrangel dubitiren thue, umb
27
soviell weniger der graff von Trautmansdorff ohne des herrn ertzherzogen
28
advis dazue verstehen köntte, zumaln ohnedas zwischen inen beeden bey
29
seinem anherkommen verabscheidet, daß darinnen Seiner Hochfürstlichen
30
Durchlaucht nicht vorgriffen werden soltte, also er dies werck lediglich
31
dorthin verweißen werd. Die Brandenburger haben Trauttmansdorff vor-
32
geschlagen
, daß Schweden statt Pommern die Stifter Halberstadt, Osnabrück
33
und Minden erhält, er hat betont, daß die Katholiken auf diese nicht verzich-
34
ten
würden, Fromhold geantwortet, daß die Protestanten auf ihnen bestehen
35
würden. Gestern hat Trauttmansdorff zur Berichterstattung an Kurbayern
36
mitgeteilt: Salvius nimmt den Vorschlag wegen der 1 200 000 Reichstaler
37
an; 600 000 Reichstaler für Hessen und zwei Plätze bis zur Zahlung; fünf
38
Reichskreise für die Abdankung der schwedischen Armee, was abgeschla-
39
gen
wurde; geldtanlagen vom churfürsten, dießes ist pure abgeschlagen.

40
Bericht Buschmanns: Bei Trauttmansdorff hat Wittgenstein

42
Wittgenstein war in Münster 1646 XI 27 XII 4.
den Verzicht
41
Ws auf Hachenburg gefordert, besorge er von Trautmanstorff, daß bemel-

[p. 643] [scan. 693]


1
ter graff I. H. G. in dem haubtweßen noch große intriga werd machen.
2
Buschmann hat gebeten, daß doch der herr graff in der Hessischen satisfac-
3
tion sich weiters nicht woltte vertieffen. Auff welches ihme geandtworttet,
4
daß 300 000 reichsthaler gebotten, aber nichts geschloßen, sondern bestun-
5
den auff den 600 000 reichsthaler sehr starck, derentwegen bey den Fran-
6
zosen, welche das ruder hierinnen fuhren thetten, das werck gedrieben wer-
7
den müste. Als bei seinem Gegenbesuch die Altenburger den punctum
8
autonomiae berürt, hat Buschmann geantwortet, daß dies einmahl ein
9
gantz vergebliches begehren, möchten sich nur damitt lenger nit aufhaltten.
10
Worauff der Alttenburgische heraußgefahren, verflucht dan die stund sein
11
möchte, in welcher dießer schluß genommen seye. Ergo der canzler
12
Buschman, daß der schluß dießer seiten nicht, sondern von ihnen protesti-
13
renden in ihren landen selbst gemacht, welches dan sie auch billich wieder
14
sich müsten geltten laßen. Alß sie ferner des termini a quo anregung gehabt,
15
hab ihnen der cantzler vor augen gesteldt, mitt was für ungereimbten ex-
16
ceptiones quoad antegravatos sie herankommen dörffen, negst remonstra-
17
tion, wie viell mehr beßeren fueg man catholischer seiten zue specificirung
18
der gravatorum hab. Folgends, alß sie von restitution der stadt Augspurg,
19
imgleichen der stadt Aachen erwehnung gethan, hab er innen gleichsfals,
20
daß vergebliche zeitt damitt verloren, angedeutet, und zwarn wegen
21
Aachen in specie, da nur von Calvinisten und wiedertaufferen die händel
22
gemacht würden, denen sie hoffentlich nit patrociniren würden. Wor-
23
auff der Alttenburgische, daß sie sich der wiedertäuffer nit annehmen; die
24
Calvinisten aber, alß der canzler Buschman von denen gefragt, würden im
25
reich tolerirt. Zue Augspurg seyen die kirchen den protestirenden abgenom-
26
men und zwo andere dagegen zu bawen erlaubt, welches nicht angenom-
27
men werden köntte.

28
Eingabe an die Mainzer: Memoriale wegen Bistum Augsburg, Eichstätt,
29
Kloster Loccum, geistlicher Jurisdiktion Osnabrücks über Kloster Oster-
30
berg und in Rheda

40
Anlage (Memorial betr. Augsburg; Memorial betr. Eichstätt; Memorial betr. Loccum;
41
Memorial betr. Osterberg; Memorial betr. Rheda): fehlt. – Osterberg, Zisterzienser-
42
kloster in der Grafschaft Tecklenburg. Die Herrschaft Rheda gehörte den Grafen von
43
Bentheim-Tecklenburg.
.

31
Antwort an Trauttmansdorff wegen Hachenburg: Die Rechte Ws und seiner
32
Brüder hängen von Kurköln ab, auf dessen Anweisung er zum Verzicht
33
bereit sein wird; die Gräfin-Witwe betreibt den Prozeß bereits für sich
34
selbst, daher keine Restitution an Wittgenstein.

35
W bei den Franzosen. Dank für die Unterstützung der katholischen Sache
36
gegenüber den Schweden, Bitte um Erhalt Wildeshausens bei Münster, hes-
37
sische
Satisfaktion. Man werde intuitu coronae (derentwegen bereits in ver-
38
schiedenen sachen nachgeben) hierin woll ethwas thun mußen. Es wurde die
39
sache ad aliquam saltem aequitatem gebrachtt werden mußen, und er duca

[p. 644] [scan. 694]


1
selbsten den nahmen nit begehren, daß er umb einer damen zu favorisiren,
2
so verschiedene landtschafften und ohnedas hochbetrangte underthanen in
3
mehrere gefahr, noth und elendt, darauß endtlich nicht zu kommen sein
4
mögte, sturtzen helffen wolte. Bitte um Erhalt von Osnabrück und Minden
5
bei den Katholiken, bose consequentz der von der Stadt Osnabrück gesuch-
6
ten
immedietet. Longueville: Fur die catholische religion wendeten sie
7
billich ihren fleiß ahn. Man solte catholischentheylß doch dahin gedencken,
8
daß in deme, warinnen er immer verandtwortlich, mit den protestirenden
9
der vergleich möchte getroffen werden. Franckreich hette bereits pro
10
catholicis so viel geredt, daß sie von ihren alliirten dessen offters verweiß
11
horen musten. Der landtgravinnen satisfaction sey ihme eine alsolche ange-
12
legene sach, daß darin selbiger furstinnen sowoll alß sein eigenes contento
13
bestehe. Wegen der stiffter Osnabrugk und Minden hette er benebenst
14
seinen collegis bereits deren salvirungh in guter obacht gehabt, wolte auch
15
I. H. G. darinnen von gutem hertzen ferners dienen. Eß hette noch deß-
16
wegen vorgestern einige vorschlägh geben, alß das man I. H. G. hinwieder-
17
umb zu einem geistlichen churfurstenthumb helffen solte, wie er dan dero-
18
selben das churfurstenthumb Maintz woll wunschen thete. Daß aber den
19
Schwedischen die vorberurte stiffter dafur pleiben solten, der meinungh
20
wehren sie Frantzosische auch nit. Wegen des ambts Wildeshausen wolten
21
sie auch ihrestheils gern sehen, daß es von Bremen separirt und dem stifft
22
Munster pleiben möchte. Dabey dan vermeldendt, daß itzo in puncto satis-
23
factionis Brandenburgicae dieselbe wegen Vorpomeren, Halberstadt, Mag-
24
denburg, Hildesheimb, Minden, Osnabrugk nebenst drey furstenthumben in
25
der Schleßien praetendirten. I. H. G.: Von dieser praetension und auf
26
waß fur eine vortheilhafftige weiß die Churbrandenburgische Vorpomeren
27
zu verlaßen sich resolvirt, und daß die protestirende beide stiffter Minden
28
und Osnabrug fur ihre religionsgenossen zu behaubten sich understunden,
29
hette man zwarn woll vernohmmen und sich bey solcher unbefuegsamkeit
30
getröstet, es wurde die cron Franckreich diese alß zumahln enormia nimis
31
mit verwerffen. Übergabe einer schriftlichen Information wegen Osna-
32
brück
/Minden und mündliche Erläuterung.

33
Hinzu Servien. Franzosen: Die information wegen beider stiffter wehre
34
ihnnen sehr lieb und dienlich, dan es ietzo die rechte zeitt wehre, in selbiger
35
sach zu advigiliren. Uber I. H. G. beklagten sich die Oßnabruckische, daß
36
man sie in exercitio Augustanae religionis et mensa Domini militari manu
37
mit hinwegnehmung des kelchs vom mundt turbirt und ihren abgestorbenen
38
sepulturam verweigert. I. H. G.: Daß die stadt Oßnabrugk viel unbe-
39
weißliche sachen in odium sui principis et catholicae religionis, wie auch
40
erhaltung der immedietet vorbrachtt, alsolches wehre in verschiedenen
41
sachen zu verspuren geweßen, wie sie dan falschlich berichtet, daß ihnen
42
sepultura verweigert, da sie doch cum catholicis permiscue begraben. Mit
43
der militarischen turbation wurde es ihnnen ahm beweißthumb auch
44
ermangeln, weiln es nit geschehen. Eß wehren sonsten die sachen quoad

[p. 645] [scan. 695]


1
religionem in dioecesi Osnabrugensi zu distinguiren. Beginn der katholi-
2
schen
Reformation auf dem Land durch Zollern, der Ritterschaft steht die
3
Religionsausübung in Nachbarterritorien weiterhin frei. Die Stadt sucht die
4
Reichsunmittelbarkeit, um Zentrum des Protestantismus für den ganzen
5
Umkreis werden zu können. Man hette ein eintzige reichsstadt, alß Cölln,
6
welche catholisch, in den ubrigen dominirten fast die protestirende oder
7
wolten doch, alß zu Augspurg und Achen, das regimen allgemach an sich
8
ziehen. Wan man nun der geistlichen fursten stett den andern noch adiun-
9
girte, so wurde der catholischen religion noch großerer schade zuwachsen.

10
Galli: Wegen der immedietet theten sie sehen, was die stadt vor große
11
merita hette, darumb ihnnen hierin zu willfahren. Wegen erhaltung der
12
stiffter Osnabrug und Minden hofften sie, man wurde noch zurechtkom-
13
men, und solte den Kayserlichen nur sagen, daß sie darinnen constantes
14
plieben. A parte Galliae wurde man die behorende bestendigkeit erzeigen,
15
wabey gleichwoll wollmeintlich zu erinneren und zu begehren hetten, daß
16
den herrn Kayserlichen eine alsolche bedeutungh geschähe, damit sie nit
17
gegen andere dieser stiffter Verweigerung ihnnen den Frantzosen allein zu-
18
schrieben und es gleichsamb das ansehen gewunne, daß wan Franckreich
19
darzu ja sagte, sie ihrestheyls alsolche den Schwedischen oder protestiren-
20
den uberlaßen wolten. In diesem fall hetten sie a corona Galliae zu abstra-
21
hiren und pure zu sagen, daß es nit sein könte, alßdan wurde es woll gehen,
22
wie dan gar nit dienlich, daß man sie in dergleichen fallen bey ihren alliir-
23
ten und den protestirenden dergestaltt zu Opponenten außschreyen thete.

24
I. H. G.: Sie wolten nichtt zweifelen, sie herrn Frantzösische plenipoten-
25
tiarii wurden ihrem offtern erpieten nach diese von Carolo Magno fundirte
26
stiffter der catholischen religion zu erhalten sich dergestalt angelegen sein
27
laßen, damit der intendirter effectus zu erlangen. Wolten im ubrigen nit
28
underlaßen, die herrn Kayserliche davon zu avisiren, wie ihrem beschehe-
29
nen andeuten und erinnern nach in diesem puncto zu verfahren. Und damit
30
sie nit in die opinion bey den Schwedischen und protestirenden gerathen
31
mögten, alß wan sie den catholischen alles erhalten und manuteniren the-
32
ten, so wurde mit ihrem belieben I. H. G. bey einem und andern sich bekla-
33
gen, daß sie Frantzosen nachgegeben und verstattet, daß dero stifft Verden
34
der catholischen religion entzogen. Galli: Daß den stifft Verden und
35
andere die Kayserliche hinweggeben, daran wehren sie nit schuldig. Eß
36
mögte gleichwoll, wie es bey diesem discursu et modo agendi gemeint,
37
gleichsamb klagendt vorgebracht werden, wie es I. H. G. angedeutet und
38
dero beywonender prudentz nach zu mesnagiren wissen wurden. Sonsten
39
konte sich Franckreich auch woll passive in diesen handtlungen wegen der
40
ubrigen stiffter halten, wan sie nur nichts theten, womit den catholischen
41
darin schädtlich sein könten. I. H. G.: Man muste ipsam causam mali,
42
und woher die catholische zu solchen extremiteten kommen, consideriren,
43
und weiln solches die Frantzosische wafen und alliance cum Suecis et pro-
44
testantibus verursachtt, selbsten auch bey sich, in was gefahr die catholische

[p. 646] [scan. 696]


1
religion dadurch gerathen, gnugsamb erkenten, so wehre es vor Gott und in
2
ihrem gewissen nicht verandtwortlich, wan sie itzo sich passive allein ver-
3
halten und nit active et positive ihre confoederationsarticuln behaubten
4
wolten, daß deme darin beschehenen vorbehaltt nach den catholischen
5
nichts endtzogen wurde. Zudeme hetten sie sich albereits erklert, darauff zu
6
halten, daß gegen die vor diesem in Augusto von den Kayserlichen besche-
7
hene compositionsvorschläge die protestirende ein mehrers nit zu erhalten
8
hetten. Weiln nun dieselbe ein mehrers durchzutringen sich understunden,
9
so wehre es zeit zu sprechen, und daß sie den rechten eifer den catholischen
10
zum besten bezeigten. Galli: Sie sprechen ihrestheilß den andern gnug-
11
samb zu, wie sie dan in puncto autonomiae allerhandt motiven und ratio-
12
nes eingewendet, wehren es auch mit den catholischen einig, daß solches der
13
protestirenden begehren nicht nachzugeben. Wegen der Stadt Augsburg
14
finden sie, da sie 1624 am deutschen Krieg nicht beteiligt waren, bey ihnen
15
das werckh etwas schwerer. W: Hette die cron Franckreich nit so viel
16
darauf zu sehen, zu was zeit sie sich des Teutschen kriegsweesens angenom-
17
men, sondern was sie under der zeit den catholischen fur einen schaden
18
zugefuegtt und noch ietzo in so grosem betruckh und gefahr hielten, wie
19
dan alle die necessitet, welche man in den consiliis et ipsa conscientia sal-
20
vanda befinde, da man den protestirenden so viel nachgeben muste, in der
21
cron Franckreich widriger wafen bezeigung bestunde. Warauf, alß der
22
conte Servient pro religione et interesse catholicorum tuendo zu bezeigung
23
der Frantzosen guten eiffer etwas discurrirt, ist von der Hessischen satis-
24
faction wiederumb meldung geschehen, wabey der duc de Longueville be-
25
zeugt und bekandt, daß ihme alsolche satisfaction ein sehr hoch angelegene
26
sach wehre, bittendt und ermanendt, man wolte doch einer solchen meri-
27
tirten damen nit zuwidder sein. Und alß ihme darauff die unpilligkeit
28
dieser praetension abermahls wollen bedeutet werden, wie viel kirchen und
29
clöster verbrändt, und daß zu restaurirung deren und des gottesdienst man
30
mehr die gedancken und sorge alß auf der landtgravinnen satisfaction zu
31
wenden. Hatt er contractis humeris soviel zu verstehen geben, daß
32
ihme nichts angelegeners, alß der landtgrävinnen zu ihrer satisfaction zu
33
verhelffen. Wolte man ihro die länder nit laßen, so solte man sie mit einer
34
million reichsthaler widderumb lößen. Sie wehre eine so tugentsame dame,
35
daß er noch der hoffnungh, Gott wurde sie auch noch zu der catholischen
36
religion kommen laßen. Waruber [...] es de exigua spe conversionis discur-
37
sus geben.

38
W bei Contarini. Wildeshausen. Osnabrück/Minden. Schaumburg. Hessi-
39
sche
Satisfaktion. Contarini: Es seye nichtt ohn, daß der Salvius das
40
ambt Wildeshaußen alß ein pertinens des ertzstiffts Bremen mit begert, er
41
habe ihme aber darauf geandtwortet, daß der ertzstifft Bremen der cron
42
Schweden von den Kayserlichen offerirt, gleich wie selbiger ietz seye, nicht
43
aber wie er vielleicht vor hundert und mehr iahren geweßen, und vermeine
44
er, es werden sich die Schweden damit woll begnugen laßen. Halte sonsten

[p. 647] [scan. 697]


1
seinestheyls auch das best zu sein, das man den process aufhebe, damit keine
2
materia zu kunfftigen newen irrungen ubrig pleibe. Betreffend die stiffter
3
Osnabrug und Minden, bekenne er gern, daß die Frantzosen sich betrefflich
4
woll gehalten und dem Salvio starck widdersetzt, gestalt dan auch darauff
5
die Schwedische satisfaction auf Vorpomern, Wismar und dan die stiffter
6
Bremen und Verden gestelt bleiben, und hoffe er nun (obwoll sonsten der
7
Oxenstern wie auch dessen vatter widder der konigin intention schlechten
8
lust darzu haben), es solle der friedt (indeme die konigin sich vernehmen
9
laßen, sie muste auch wissen und versuchen, waß seye, independenter zu
10
regiren) einmall erfolgen, da sonderlich auch zwischen den stenden es so
11
weith gebrachtt, daß selbige in den gravaminibus religionis nicht sehr weith
12
voneinander, welches dan den frieden auch im ubrigen mercklich facilitiren
13
könne. Das meiste bedencken bestehe fast in contentir- und abdanckung der
14
armaden, welches die Schweden und er selbst fur einen wichtigen punct
15
halte. Salvius meint, wenn die Truppen auf die Reichskreise verteilt wür-
16
den
, lasse sich die Abdankung ohne Gefahr einer Meuterei am leichtesten
17
durchführen, es ist auch davon die Rede, daß Kurbayern dafür dem Reich
18
eine Million an Bargeld leiht. Die Hessen haben bei ihm auf einraumung
19
einiger landtschafften, nichtt aber auf gelt getrungen, und dorffte woll
20
sein, daß die Schweden bey dem vorigen veldtläger in Hessen der landt-
21
grävinnen mehrere hoffnung und vertröstung darzu alß vorhin gegeben.
22
Weiln sie aber sehe, daß sie damit nit woll fortkommen konne, so thue sie
23
ietzo uff 600 000 reichsthaler bestehen, die angeblich fünf Monatskontribu-
24
tionen
ausmachen. Nachdem 300 000 geboten sind, hat er den Hessen die
25
Unbilligkeit dargelegt, daß sie als Reichsstand eine hohe Satisfaktion be-
26
gehrten
, fürchtet aber, man werde mit den 300 000 reichsthaler nicht
27
anlangen konnen, sondern noch hoher und etwa auf 400 000 steigen mußen.
28
Wer aber solche gelder zu bezahlen, da werden alle diejenige, welche in
29
Hessischer contribution sitzen und hierdurch ab onere illo liberirt werden,
30
ohn einigen underschedt concurriren mußen, und wurde ihm lieb, auch zu
31
besserer einrichtung des wercks dienlich sein, wan ihme zu seiner nachrich-
32
tung und direction die verzeichnuß aller stende, so ietzo den Hessischen
33
contribution geben, zugestelt wurde. Zu einreichungh dieser verzeich-
34
nuß haben I. H. G. sich erbotten und ferner vermeldet, daß dem verlauth
35
nach die landtgravin bis nach abstattung der gelder etliche von den occu-
36
pirten ortern einzubehalten gedencken solle. Nun wurde aber solches zu
37
noch mehrerer beschwernuß der landen gereichen, weiln man uber die
38
große summen den underhalt fur die besatzungen darreichen muste, so hette
39
es auch noch diese unbilligkeit in sich, daß wan schon derjenigen stendt, in
40
dessen landen die einbehaltende plätze gelegen, seine quotam bezalt und
41
andere damit noch zuruckh hielten, derselbe dannoch die ungelegenheit der
42
besatzungh wo nicht gantz, doch guten theilß mit ertragen muste. Ob dero-
43
wegen nicht besser, daß es wegen versicherung dero etwa vergleichenden
44
summen bey der gemeiner clausula assecurationis dieses friedens sein be-

[p. 648] [scan. 698]


1
wendens haben möchte? Venetus respondit: Er wolle rathen, daß man
2
sich alsobaldt zu Colln oder anderstwo bey kauffleuthen die gelder auffzu-
3
pringen bearbeiten und denselben hinwieder die contributiones anweisen
4
solte, man wurde auch bey solchem fall, was man von kirchenschätze hette,
5
angreiffen und sich darnach vom landt widder bezahlen laßen, dan auf
6
solche weiß man sich von der ungelegenheit, die besatzung zu underhalten,
7
liberiren könte. I. H. G. remonstrirten aber dagegen, daß solcher modus
8
sich in Teutschlandt vorab ietziger zeit, da das credit gantz gefallen, auch
9
ohne das die gelder nirgens zu finden, durchauß nichtt wurde practiziren
10
laßen. Die kirchenschätz wehren schon hinwegh und alles von den Hessen
11
und ihren confoederirten außgeplundert, wie dan bey dem dhombstifft
12
Paderborn nicht mehr dan 2 kelch vorhanden und viele kirchen und clöster
13
in den landen, welche den Hessischen contribuiren, nebenst vielen stetten,
14
dorffschafften und furstlichen residentzhausern gantz abgebrandt. Spa-
15
nisch
-staatische Verhandlungen. Portugal. Türkisch-venezianischer Krieg.

16
1646 XII 2
Sonntag W bei Chigi. Gespräche mit den Franzosen und
17
mit Contarini. Wildeshausen. Hessische Satisfaktion. Chigi: Sagt seine
18
Unterstützung zu. Die Mediatoren haben mit den Franzosen vereinbart,
19
daß diese mit Contarini in der Religionsfrage Salvius zusprächen. Die
20
Franzosen haben sich erst gegen die Teilnahme der Ksl. gesträubt, da sie in
21
deren Gegenwart den Schwedischen also starck nit wurden zusprechen kon-
22
nen noch wollen, zumaln darauß die Kayserliche, alß weren die Franzo-
23
sisch und Schwedische miteinander uneins, schließen und alßdan in andern
24
puncten magis difficiles sich bezeigen möchten. Schließlich ist vereinbart
25
worden, daß zunächst eine Konferenz ohne die Ksl. und anschließend eine
26
mit ihnen stattfinden sollte. Die Franzosen haben sich jedoch zunächst ohne
27
Contarini bei Salvius getroffen, in der Konferenz hat Servien sich für die
28
Katholiken eingesetzt, die weitere Konferenz mit den Ksl. ist ausgefallen.

29
1646 XII 3
Montag W bei den Bayern. Gestrige und vorgestrige Ge-
30
spräche. Bayern: Ihre Bemühungen wegen Osnabrück/Minden; zur
31
Fortsetzung bereit.

32
Nachricht über eine vorgestern von den Ksl. ohne Wissen der Katholiken
33
den Protestanten in Form eines Vertrages gegebene Erklärung zu den Gra-
34
vamina

40
Vgl. APW [III C 2,1 S. 750f] ; Endliche Erklärung Trauttmansdorffs 1646 XII 1 (Druck:
41
J. G. Meiern III S. 435–442 ).
.

35
W an Volmar: Bitte um Mitteilung der Erklärung. Volmar: Daß zwarn
36
etwas begriffen und den protestirenden zugestelt, auch davon den Chur-
37
mainzischen communication zu dem end geschehen, daß eine abschrifft den
38
Churcolln-, Tryer- und Bayerischen zugeschickt werden solte. Nachdem
39
aber die protestirende gestern sowol bey ihm alß nachgehends in mehrer

[p. 649] [scan. 699]


1
anzal beym herrn graffen von Trautmanstorff uber ein und andern punct
2
sich noch gar hoch beschwert, so besorge er, daß damit annoch in einen ver-
3
stand nicht werde zu gerathen sein. – Auf Anfrage bei den Mainzern
4
erhält W eine Abschrift.

5
Mitteilung von Gobelius: Sächsisch-brandenburgische Argumente zur Be-
6
hauptung
der territorialjurisdiction über die eingezogenen Stifter

36
Anlage (sächsisch-brandenburgische Argumente): fehlt.
.

7
1646 XII 4
Dienstag [...] – Anwesende Paderborner Kapitulare bei
8
Rosenhane: Trotz der Rückeroberung Paderborns durch die Ksl.

37
Paderborn war 1646 XII 1 durch den Kommandanten von Wiedenbrück, Oberstleutnant
38
Reumont, in einer Überraschungsaktion genommen worden.
sollen die
9
versprochenen Lösegelder gezahlt werden. Rosenhane: Daß er diese
10
ihre erklehrung gern vernehme, wurde ihnen sonst zu guttem nicht kommen
11
sein. Was anlangen thett, daß die statt Paderborn dergestalt ubergangen,
12
wuste man wol, daß solches Frantz Wilhelm gethan habe. Als dagegen
13
die praelaten remonstrirt und versichert, daß man davon in I. H. G. behau-
14
sung nichts gewust, ja daß dieselbe, wie die zeittung eingelangt, gegen ihren
15
obristleutthenand ungedultig sich bezeigt und ihme, daß dergleichen ohn
16
ihr vorwissen vorgenommen, verweißlich zugeschrieben

39
W an Kurköln 1646 XI 21 hatte jedoch schon Pläne zur Einnahme von Paderborn
40
angedeutet und für den Fall des Mißlingens gebeten, ihn bei Melander zu vertreten, den
41
man wegen Eile und Geheimhaltung nicht vorher unterrichten könne ( Osnabrück 132
42
f. 410).
. Sagte der
17
Rosenhan: Jawol, wir kennen ihn gar zu wol, und würde mans dabey nicht
18
laßen, solche sachen hetten iezt bey wehrenden tractaten nit angefangen
19
werden sollen. Worauff die praelaten, daß ihnen wol zu wünschen, es
20
were vorigen sommer bey den tractaten auch nichts tentiret, alßdan gegen-
21
werttige ruin so underschiedlicher stätt, flecken und dörffer im stifft
22
Paderborn und andern landen nicht sein wurde.

23
1646 XII 5
Mittwoch Bericht Buschmanns: Trauttmansdorff läßt mit-
24
teilen
, die Schweden beständen zumindest auf einem der beiden Stifter
25
Osnabrück und Minden, die Ksl. hetten sich resolvirt, steiff darauff zu be-
26
stehen, auch innen gar die andeutung zu thuen, umb eines stiffts wegen, so
27
den catholischen gebühren thette und bey den tractaten allezeit außgenom-
28
men worden, auch in die petition niemaln kommen, den krieg noch ferner
29
zue continuiren und dasjenige, worinnen man alberaits so vielfalttig gewi-
30
chen und nachgegeben, zuruckzusetzen, würde mans ex parte Caesaris et
31
catholicorum auch dahin stehen laßen müßen; dahero er der herr graff von
32
Trautmansdorff iezt das rechte tempo zu sein haltte, in die Franzosen
33
starck zu tringen, daß sie bey der vorgebenden intention verbleiben und
34
beede diese stiffter bey den catholischen conserviren helffen woltten. Vol-
35
mar
soll vor seiner Reise nach Osnabrück sich bei W ratione temperamenti

[p. 650] [scan. 700]


1
in puncto religionis wie auch des exercitii in beeden stifftern erkundigen.
2

39
2–6 Weiter – zue geben] am Rande: omittitur.
Weiter hat Trauttmansdorff in hohem vertrawen gemeldet, daß da ye noch
3
difficulteten wowol in negotio Palatinatus alß wegen der stiffter, seye er
4
tandem gesinnet, zue hinleg- und respective conservirung derselben der
5
cron Schweden die anwarttung auch auff Hinderpommern, wie begert
6
werde, zue geben, ebenso das privilegium de non appellando, dabey genz-
7
lich versichernd, daß weitter nicht gangen werden, sondern dieses summi et
8
ultimi Suecicae satisfactionis gradus sein wolten. Einwände der Protestanten
9
gegen die Endliche Erklärung der Ksl.

41
Vgl. unten [S. 652] .
: württembergische Klöster, Osna-
10
brück
und Minden, Sulzbacher Ansprüche, Autonomie, Reichsstandschaft
11
Osnabrücks. Auf letzteres hat Trauttmansdorff geantwortet, wan sie dar-
12
auff so starck ia dringen thetten, würde nicht nur dieße, sondern noch
13
andere mehr stett, Stuttgard und dergleichen benennend, von Ihrer
14
Maiestet mitt der immedietet können begnädigt werden, mitt welcher andt-
15
wortt er sie protestirende in dießem punct stillschweigend gemacht.

16
Mitteilung Haslangs: Nach Trauttmansdorff wollen die Protestanten noch
17
einige Tage in Münster bleiben, da sie in Osnabrück Störungen durch die
18
Schweden befürchten. Forderungen der Protestanten. Vorschlag protestan-
19
tischer
Koadjutoren in Minden/Osnabrück und Religionsstand von 1624;
20
zu letzterem wird W um Angabe von temperamenta gebeten, im übrigen
21
hofft Trauttmansdorff, schon zuerecht zu kommen.

22
Dechant von Deutz bei W. Jülich-klevische Religionsbeschwerden gegen
23
die Staaten. – Anfrage bei den Mainzern: Antwort der Staaten auf die
24
frühere Beschwerde? Mainzer: Auf die Nachfrage wurde geantwortet,
25
es sei noch keine Resolution eingekommen.

26
1646 XII 6
Donnerstag Bericht Buschmanns: Bei Trauttmansdorff hat
27
Longueville gestern stark wegen der schwedischen und hessischen Satisfak-
28
tion
gedrängt und angesichts der hartnäckigen protestantischen Forderungen
29
auf Minden gefragt, ob man versichern könne, daß dort 1624 ein Katholik
30
Landesherr gewesen sei. Trauttmansdorff hat dargelegt, daß Herzog Chri-
31
stian
nicht Landesherr, sondern Verwalter im Namen des Kapitels gewesen
32
sei.

40
32–33 Vertraulich – falle] am Rande: omittitur.
Vertraulich läßt Trauttmansdorff andeuten, da Magdeburg ohnehin an

33
die Protestanten falle, könne man Brandenburg die Anwartschaft darauf
34
schon jetzt unter der Bedingung geben, daß dafür Halberstadt später
35
wieder an die Katholiken komme und Brandenburg mit zur hessischen
36
Satisfaktion beitrage. W: Daß auf solchen fall, wan die stiffter den un-
37
catholischen dergestalt, wie mans ex parte Caesareanorum vorhab, einge-
38
händigt, auch das stifft Halberstatt zur gegensatisfaction Churbrandenburg

[p. 651] [scan. 701]


1
ubergeben werden soll, sie weitters illis praesuppositis factis keine difficul-
2
tet sehen, dabey aber gepetten haben wolten, weyln notori, daß ganz Pom-
3
mern ahn jährlichen intraden keine zweymal hundertthausend und also zur
4
helfft nicht gar 100 000 reichsthaler thue, hingegen aber der erzstifft Mag-
5
deburg bey 300 000 praeter extraordinarios reditus mache, und also der
6
underschied umb einen halben theyl gar zu groß, daß der herr graff dahin
7
mit möchte bedacht sein, wie dieser disproportion halber ihr stifft Verden
8
pro catholicis zu erhalten, und obs nit dahin zu pringen, daß Churbranden-
9
burg etwa noch ein ambt von den Vorpommerischen landen von 14 000
10
reichsthaler einkombsten ahn die cron Schweden gelaßen und dagegen Ver-
11
den in iezigem stand und bey seinem rechtmeßigen herrn verpleiben
12
möchte. In welchen vorschlag weder die Schweden, weyln das stifft ein
13
ganz geringes macht, noch auch Churbrandenburg, da ihme mit Magdeburg
14
alles ubervollig erstattet, sich viel wurden difficultiren konnen. – [...]
15
W bei d’Avaux. Dieser versichert, mit Osnabrück habe es keine Schwierig-
16
keiten
, auch von Minden würden die Schweden abzubringen sein, wenn die
17

43
17–S. 652,3 Sagte – gepetten] am Rande: omittitur.
Ksl. nur fest blieben. Sagte dabey in vertrawen, daß ihm wol wissig, daß
18
die Schweden mit Vorpommern, Wißmar, Bremen und Verden sich würden
19
contentiren laßen und nur ihr tergiversiren dahin angesehen, ob noch ein
20
mehrers kondten heraußpringen, weyln sie dieserseiz solche facilitet und
21
timiditet verspuhren thetten. I. H. G. gaben zur andwort, soviel das
22
stifft Verden anlangen thett, konne er leicht erachten, wie schwer ihr die
23
vorhabende hingebung fallen thue, müsten die verandworttung bey Gott
24
und der posteritet allen denjenigen laßen, welche dazu cooperiren, ihres-
25
theyls wurden und konten darin in ewigkeit nicht willigen. Alß sie dem-
26
negst gefragt, ob dan ganz kein mittel, die stiffter, sonderlich Halberstatt
27
und Verden, zu salviren ubrig? Respondit: Churbrandenburg veruhr-
28
sach beym ganzen werck grose hindernus. Die Gesandten haben ihm Hal-
29
berstadt
als zu geringen Ersatz für Vorpommern bezeichnet und auf Osna-
30
brück
/Minden angespielt, was er abgelehnt hat. Gegen die Magdeburger Ex-
31
pektanz
haben sie eingewandt, daß der Administrator noch lange leben könne,
32
er hat auf den Vorteil für das ganze Haus hingewiesen und, da Halberstadt
33
und Magdeburg als Entschädigung für Vorpommern zu viel seien, die Rück-
34
gabe
Halberstadts an die Katholiken beim Anfall Magdeburgs vorgeschlagen,
35
worüber die Brandenburger, alß viel die euserlich minen geben, kein miß-
36
fallen bezeigt, und mochte also diß noch wol ein mittel sein, Halberstatt zu
37
salviren. I. H. G. ruhmbten den vorschlag und die gute intention hier-
38
bey, wünschend, daß ein gleichmeßiges mit Verden zu practiciren, und
39
thetten die anzeig, obs nit dahin zu richten, daß Churbrandenburg in an-
40
sehung des erzstiffts Magdeburg, welches wol eine 3fachige recompenz
41
gegen Vorpommern, der cron Schweden ein aequivalens in Pommern gege-
42
ben. Auf welches proposito der d’Avaux gemeldet, daß ihme dieses

[p. 652] [scan. 702]


1
nicht were beygefallen, vermaint, wan man auf diesen vorschlag das werck
2
behandlen konne, daß ratione Verden auch noch wol etwas zu erhalten.

3
Umb deßen befürderung I. H. G. ihnen d’Avaux hochlich gepetten.

4
D’Avaux: Servien besteht noch auf einer Entschädigung des Pfalzgrafen
5
mit einer Million. – Mitteilung der letzten Nachricht an die Bayern.

6
1646 XII 8
Samstag Mitteilung Volmars auf Anfrage Ws: Ausstellun-
7
gen der Protestanten zu der letzten ksl. Erklärung

27
Anlage (Protestantische Differenzpunkte zu den Gravamina 1646 XII 5): fehlt; Druck:
28
J. G. Meiern III S. 444.
.

8
1646 XII 9
Sonntag Mitteilung der Mainzer: Da Ksl. und Franzosen
9
an Kurbrandenburg wegen Vorpommern schicken wollen, halten die Fran-
10
zosen auch eine Deputation des Kurkollegs für dienlich; die Mainzer schla-
11
gen eine Beratung vor. W: Einverstanden. – Kurfürstenrat .

12
1646 XII 10
Montag W bei Volmar. Dieser wird erst nach Rückkehr
13
der Deputation an Kurbrandenburg nach Osnabrück reisen, da vor Erledi-
14
gung
der schwedischen Satisfaktion die Protestanten nichts Endgültiges
15
schließen werden.

26
1517 Wegen – mochte] am Rande: omittitur.
Wegen der Magdeburger Expektanz
werde rhatsamber
16
gehalten, daß solche nicht durch sie Kayserliche, sondern die Franzosische
17
auf die bahn gebracht werden mochte. Bei den Gravamina haben die Prote-
18
stanten
noch 19 Differenzpunkte aufgezeichnet. Zwischen Frankreich und
19
dem Reich bleibt es bei den bisherigen Absprachen, nur will Frankreich die
20
Zession des Elsaß nicht allein von Österreich als Landesherr, sondern auch
21
wegen der superioritet ex parte Ihrer Maiestet und des reichs. Das vor eini-
22
gen
Tagen übergebene proiectum pacis Gallicanae

30
Übergeben 1646 XII 6 ( APW III C 2,1 S. 753); vgl. unten S. 656.
wird jetzt von den
23
Mediatoren geprüft. Hoffnung auf einen baldigen Abschluß Spanien–
24
Frankreich; Differenzpunkte: Casale, Mitgift der Infantin Catharina

31
Catalina Micaela (1567–1597), Tochter Philipp II. von Spanien, vermählt mit Hg.
32
Karl Emanuel I. von Savoyen.
,
25
Restitution des Herzogs von Atri

33
Das von der Familie d’Acquaviva besessene Herzogtum Atri in Neapel war, als sich
34
Giul Antonio 1518 den Franzosen anschloß, von Karl V. einer jüngeren Linie des Hauses
35
gegeben worden. Vertreter der seither in Frankreich lebenden älteren Linie waren
36
Scipione di Ghiaceti d’Acquaviva d’Aragón, comte de Chateauvillain (gest. 1648), und
37
seine Schwester Angelique di Ghiaceti (gest. 1676), verh. mit Claude d’Anglure. Vgl.
38
Neg. Secr. III S. 222.
, Porto Longone und Piombino

39
Porto Longone (Elba) und Piombino (Toskana), entscheidend für die Seeverbindung
40
zwischen Norditalien und Neapel, 1646 X 29 bzw. 8 von den Franzosen erobert.
. Hoff-

[p. 653] [scan. 703]


1
nung
auf baldige völlige Einigung zwischen Spanien und den General-
2
staaten
. W:

35
2– 10 Empfiehlt – übernehmen] am Rande: omittitur.
Empfiehlt den Vorschlag mit Magdeburg. Volmar:

3
Will ihn bei Trauttmansdorff weiter fördern. W: Korrigiert das Miß-
4
verständnis
, als wolle er Schweden mit einem Magdeburger Amt wegen
5
Verden abfinden, was Trauttmansdorff fur ein schweres ding und unan-
6
nehmbliche proposition gehalten; vielmehr meint er ein Amt in Hinterpom-
7
mern
, das alß beßer gelegen ehender Platz finden werde. Volmar: Will
8
Trauttmansdorff entsprechend informieren. Die Ksl. haben Contarini vor-
9
geschlagen
, bei Bewilligung der Magdeburger Expektanz könne Branden-
10
burg
die Abfindung Hessen-Kassels übernehmen. Das von den Mainzern
11
mitgeteilte Schreiben an Kurbrandenburg

36
Im Kurfürstenrat 1646 XII 9 beschlossen und XII 10 genehmigt; Druck: J. G. Meiern
III S. 777ff .
finden die Ksl. unbedenklich, hal-
12
ten
nur einige generalanregung der satisfaction für nötig.

13
Raigersperger bei W. Prüfung des Schreibens an Kurbrandenburg. – Kur-
14
fürstenrat .

15
1646 XII 12
Mittwoch [...] – Paderborner Deputierte bei W. Stifts-
16
sachen. – Nassau bei W: Verleihung eines neuen Regimentes an seinen
17
Sohn durch Kurköln.

18
1646 XII 13
Donnerstag Bericht Buschmanns: Auf die Bitte der Pro-
19
testanten, Volmar möge ihnen nach Osnabrück folgen, haben die Ksl. die
20
Bereitschaft dazu für den Fall erklärt, daß der Schluß nicht bis zum Ein-
21
treffen der Brandenburger Antwort verschoben werde. – Herzog Rode-
22
rich von Württemberg

39
Roderich von Württemberg (1618–1651), ältester Sohn Hg. Julius Friedrich von Würt-
40
temberg-Juliusburg, erhob gegen seinen in Stuttgart regierenden Vetter Eberhard III.
41
Ansprüche auf Änderung der zwischen ihren Vätern geschlossenen Teilungsverträge.
bei W.

23
Brandenburger bei W. Nachdem in den Reichsräten beschlossen worden ist,
24
erst die inneren Wirren zwischen den Ständen beizulegen, dann die Schwe-
25
den
von ihren hohen Forderungen abzubringen zu suchen und gegen keinen
26
Stand Landabtretungen ohne dessen Willen zu beschließen, vernehmen sie
27
jetzt, daß die Ksl. Vorpommern und einen Teil Hinterpommerns geboten
28
haben und für den Fall, daß Brandenburg nicht zustimmt, ganz Pommern
29
unter Garantie des Reiches geben wollen. Nun musten sie zwarn ihrestheyls
30
solch der Kayserlichen anerpiethen ahn sein orth gestelt sein laßen und
31
erwartten, was ihr gnädigster herr darzu sagen werde, daß aber das ganze
32
reich und deßen sammetliche stend zu der manutenenz verpflichtet sein
33
solte, solches sey ihres ermessens eine sach, die dergestalt einseitthig nit
34
resolvirt werden konne, und gebrauche noch wol der deliberation in den

[p. 654] [scan. 704]


1
reichsräthen, so gleichwoln ihres wissens bißherzu noch nicht vorgangen.
2
Nachdem in diesen Tagen ein Kollegialschreiben an Kurbrandenburg be-
3
schlossen
sein soll, fragen sie, ob Kurköln Befehl gegeben habe, Schweden
4
gegen Brandenburg im Besitz Pommerns zu versichern. Sie thetten sich ahn
5
ihrem orth viel mehr versehen, man werde ihrem gnädigsten herrn nichts
6
nachtheyliges zuzuziehen begehren, sondern bald die handlung offenzuhal-
7
ten sich befleißigen, gestalt dan den Schweden ex parte Churbrandenburgs
8
noch solche vorschläg beschehen werden, daruber sie zuvor die konigin zu
9
berichten und bescheids sich zu erholen wol dienlicher, alß veranlaster-
10
maßen zu verfahren, erachten wurden. I. H. G. und die ubrige Churcolni-
11
sche wissen, daß nahmens ihres gnädigsten herrn sie vor diesem ansuchung
12
gethan, daß der herrn chur-, fürsten und stend anwesende gesandte den
13
Schwedischen der begerter satisfaction halber zuesprechen und dadurch die
14
ubermeßigkeit der postulatorum zu milteren versuchen mochten, solches
15
zwarn bewilliget, bißher aber wieder beßere hoffnung verschoben wor-
16
den. Hierauff haben I. H. G. nach genommenem abtritt und vorgange-
17
ner underredung geandworttet, waßgestalt weltkundig, wie hoch Ihre Kay-
18
serliche Maiestet und viel andere getrewe chur-, fürsten und stende sich
19
bearbeitet, die Schweden, alß welchen es von anfang vornemblich umb die
20
Pommerische landen, ob sie woln andere praetextus gefuhrt, zu thun gewe-
21
sen, wieder auß dem reich zu pringen. Man wüste aber auch hingegen, wie
22
schlechtlich theyls stende darzu geholffen, indeme nicht nur etliche ganz
23
still gesessen, sondern auch gar den frembden coronen zu behaubtung
24
ihres intents allen vorschub gethan. Und alß nun das werck solcher-
25
gestalt durch die waffen nicht zu erheben, die Schweden auch per tractatus
26
von ganz Pommern nicht wegzupringen gewesen und aber von mennig-
27
lichen in Ihre Kayserliche Maiestet umb befurderung des friedens so starck
28
getrungen wurde, hetten die Kayserliche gesandten, wie man euserlich und
29
ad partem vernommen (dan davon weder I. H. G. noch dem churfürst-
30
lichen collegio formaliter einige communication geschehen) endtlich die
31
Vorpommerische landen der cron Schweden auf gewisse weiß und gegen
32
einige ergetzlichkeit fur Churbrandenburg zu uberlaßen sich erklehrt.
33
Davon dan erst vor wenig tagen vom Churmainzischen directorio den ubri-
34
gen churfürstlichen gesandtschafften diesergestalt andeuttung geschehen,
35
daß sowol die Kayserliche alß Franzosische plenipotentiarii eine abschik-
36
kung ahn Churbrandenburg zu thun vorhabens und deroselben, daß es bey
37
diesen tractaten weitter nicht zu pringen gewesen, zu remonstriren, auch
38
Seiner Churfürstlichen Durchlaucht resolution, ob dieselbe auf Vorpom-
39
mern consentiren, oder aber geschehen laßen wolten, daß ganz Pommern
40
bey Schweden verpleibe, einzuholen. Wobey dan vom churfürstlichen colle-
41
gio begert worden, ahn Seine Churfürstliche Durchlaucht zu solchem end
42
zugleich ein schreiben mit abgehen zu laßen. Solches schreiben were beliebt
43
worden, und zwarn mehr Seiner Churfürstlichen Durchlaucht dienst damit
44
zu thun, alß zue schaden, damit nemblich dieselbe, worauff es diß orts

[p. 655] [scan. 705]


1
beruhen wolle, erkennen und dasjenige, was ihr und dero haus ahm wenig-
2
sten nachtheylig, bey so beschaffenen dingen erwehlen möchten. Ohn sey
3
zwarn nicht, daß man nachricht erlangt, alß seyen den Schweden von
4
andern landen, damit sie von Pommern weichen, vorschläg geschehen, es
5
habe aber der Salvius selbst sich vernehmen laßen, daß solche der cron
6
Schweden nicht so wol gelegen. Zu dem konne man wol gedencken, daß es
7
eben damit eben die difficultet, welche Churbrandenburg wegen Pommern
8
macht, haben würde. Wan aber sonsten Seine Churfürstliche Durchlaucht
9
die Schweden dahin werde vermögen konnen, daß sie mit wenigerm alß ob-
10
bedeutem stück der Pommerischen landen sich contentiren, werde es ihro
11
ein yeder gern und von herzen gönnen, gleich dan auch sich die Kayserliche
12
gesandte zu bescheiden haben würden, daß man Churcolnischen theyls auf
13
moderirung der Schwedischen satisfaction allezeit gangen. Die Chur-
14
brandenburgische replicirten, daß ihr gnädigster herr den Schweden ande-
15
rer herrn lande solte haben antragen laßen, umb sie von Pommern abzu-
16
pringen, sey ein irriger bericht, begerten andern so wenig, alß sie es selbsten
17
gern hetten, in dem ihrigen zu praeiudiciren. Wan aber Churbrandenburg
18
dem ganzen reich den frieden erkaufen solte, würde ye billich sein, daß
19
ihro ein aequivalens dafur erstattet würde. Hiernach hat es allerhand
20
discursus gegeben, und seind ihnen alle landschafften, so von ihnen loco
21
aequivalentis in vorschlag kommen sein sollen, namhafft gemacht und zu-
22
gleich remonstrirt worden, daß wan die iezige rechtmeßige hern solche ab-
23
tretten solten, daß sie gleichergestalt ein aequivalens praetendiren und also
24
der sach nimmer ein end sein würde. Sie hingegen haben zwar nicht
25
gestehen wollen, daß dergleichen anbegehren formaliter (ut aiebant) bey
26
den Schweden geschehen, aber doch auch nicht leugnen konnen, daß von
27
etlichen selbiger landen discurßweiß meldung gethan, sonderlich aber
28
wegen Magdeburg dafur gehalten, daß es damit so gar ein frembdes ding
29
nit sein kondte, zumaln das hauß Brandenburg selbigen erzstifft vorhin
30
beynahe 100 jahr in besitz gehabt

40
Von Kardinal Albrecht von Brandenburg (vgl. oben S. 211 Anm. 4) bis zu Christian
41
Wilhelm (vgl. oben [S. 442 Anm. 1] ) hatte Magdeburg ausschließlich Erzbischöfe und
42
Administratoren aus dem Hause Brandenburg gehabt.
, auch die catholische stend nunmehr
31
nichts darwieder zu sagen hetten, indem ermeltes erzstift ohne den protesti-
32
renden biß zu vergleichung der religion verpleiben werde.

33
Mitteilung der Mainzer: Von den Ksl. gewünschte Änderungen an dem
34
Schreiben an Kurbrandenburg. W damit einverstanden.

35
1646 XII 14
Freitag Mitteilung der Mainzer auf Anfrage Ws: Die
36
Staatischen haben auf erneute Nachfrage erklärt, wegen der jülich-klevi-
37
schen
Geistlichen noch keine Antwort erhalten zu haben, wobei der Lega-
38
tionssekretär
heraußgestoßen, daß iezt mehr zu thun, alß umb eines münchs
39
oder pfaffens willen sich viel zu bekummern. Deme vom Churmainzischen

[p. 656] [scan. 706]


1
remonstrat [!], daß diß kein privatwesen, sondern eine sach sey, welche die
2
catholische stend ingesambt concerniren thett, allermaßen dan auch das an-
3
pringen nomine omnium geschehen. Und darauf der Hollandisch, daß
4
ihnen nicht unbekand, daß alles diß, so monirt, nur von einem allein, wie
5
bißdaher, auff die bahn komme und getrieben werde. Man must erst das
6
haubtwerck zur richtigkeit pringen, und würd dergleichen alßdan seine
7
abhelffung von sich selbsten erlangen. –

28
7 [...]] am Rande: an Köln 1646 XII 17.
[...]

8
1646 XII 15
Samstag Bericht Buschmanns: Nach Volmar haben die
9
Franzosen das Schreiben der Schweden

29
Anlage (schwedische Gesandte an französische Gesandte): fehlt.
als zu general zurückgewiesen;
10
man wartet auf die Rückantwort und eine Erklärung der Protestanten, ob
11
sie vor den Schweden schließen würden.

12
Mitteilung Malinckrodts: Memorial des münsterischen Klerus

30
Anlage (Memorial des münsterischen Klerus): fehlt.
.

13
1646 XII 16
Sonntag Mitteilung von vertrawtem orth: Unionsver-
14
handlungen
zwischen Brandenburg, dem Pfalzgrafen, Hessen-Kassel und
15
den Generalstaaten in Den Haag.

16
1646 XII 17
Montag Nachricht über eine beabsichtigte Reise Serviens
17
nach Den Haag. – Mitteilung per dictaturam: Schreiben der Ksl. Münster
18
an Ksl. Osnabrück über die Gravamina und Antwort der Protestanten

31
Anlage (Ksl. Münster an Ksl. Osnabrück 1646 XII 12; Antwort der Protestanten an
32
Ksl. Osnabrück): fehlt; vgl. J. G. Meiern IV S. 4ff, APW [III C 2,1 S. 756f] .
. –
19
[...]

20
1646 XII 18
Dienstag Mitteilung des instrumentum pacis Gallicanae

33
Anlage (instrumentum pacis Gallicanae, Entwurf der ksl. Ges. 1646 XII 6): fehlt.
.
21
Mitteilung an die Mainzer: Informationsschrift der Stadt Erfurt gegen
22
Kurmainz

34
Anlage (Erfurter gedruckte Informationsschrift): fehlt.
[...].

23
1646 XII 19
Mittwoch Konferenz der katholischen Stände . – Mit-
24
teilung von Trauttmansdorff: Entdeckung einer Granate bei Herrichtung
25
seines Osnabrücker Quartiers.

26
1646 XII 20
Donnerstag [...] – Mitteilung von Trauttmansdorff:
27
Entsatz Léridas

36
Die Festung Lérida in Katalonien war 1646 durch Henri de Lorraine, comte
37
d’Harcourt (1601–1666) belagert, schließlich aber durch Diego Felipe Mesia de Avila,
37
marqués de Leganés (gest. 1655) entsetzt und die französische Armee zurückgeschlagen
38
worden.
, schwere Verluste der Franzosen laut Brüsseler Nachrichten

[p. 657] [scan. 707]


1
an Peñaranda. Servien soll in Den Haag wohl den spanisch-staatischen Ab-
2
schluß hintertreiben; man sucht vor seiner Abreise deshalb fertig zu

36
2 werden] am Rande: an Köln 1646 XII 22.
werden.

3
1646 XII 21
Freitag Bericht Buschmanns: Trauttmansdorff will nach
4
Rückkehr des an Brandenburg geschickten Deputierten

39
Georg von Plettenberg (1600 1682) namens der ksl. Gesandten und St. Romain namens
40
der Franzosen reisten 1646 XII 11 bzw. 14 nach Den Haag zu Kurbrandenburg, 1646
41
XII 28 kehrte Plettenberg zurück. Über die Mission vgl. UuA IV S. 475ff.
nach Osnabrück,
5
da alßdan endweder der fried, oder daß alles sich zerschlage, sich zeigen
6
musse.

7
1646 XII 22
Samstag W an Volmar: Anfrage in Sachen Hg. Roderichs
8
von Württemberg. Volmar: Daß sein herzogens begehren also beschaf-
9
fen, daß darauß, auch auß seiner ubrigen bezeigung sonst zu schließen und
10
abzunehmen, daß er des verstandts nicht zu breitt habe; Einzelheiten der
11
Werbung. Die Brandenburger erkundigen sich bei allen Ständen nach deren
12
Voten wegen Pommern, sie haben den Schweden einen neuen Vorschlag
13
gemacht, wonach diese Bremen, Verden, Hildesheim, Osnabrück und Min-
14
den
samt Schaumburg, Brandenburg ganz Pommern und W Halberstadt
15
neben der Koadjutorie von Mainz erhalten soll. Welchen vorschlag, ob er
16
wol nicht halte, daß die cron Schweden werde eingehen, so besorge er doch,
17
weyln es damit so weitt gebracht, daß davon der Oxenstern nacher Schwe-
18
den berichtet, daß es den sachen wenig befurderung pringen werd und
19
wenigst pro facienda nova mora in newe proposition kommen, welches den
20
Schweden zum abermaligen praetext dienen wurde. Diese und andere mehr
21
sachen kehmen ihm so vor, daß er auf den frieden schlecht facit machen
22
kondt, und gedachte auch der Servient, seine raiß noch nacher Holland
23
fortzusezen. Geschehen von Franckreich den Holländern zu behinderung
24
des friedens mit Spanien grose promessen, und sey leicht zue erachten, was
25
des Servients werbung in Holland sein werde. Die Stadische abgesandte
26
geben zum schluß annoch vertrostung, interim verzogertens von einer zeit
27
zur andern, wan sie sich nit innerhalb 2 tagen zum schluß bequehmbten,
28
gebe er diß und alles ubrige verlohren, schein gnugsamb, daß nur alles bey
29
einem und andern auff betrug angesehen. Die Franzosen sind von den Trie-
30
rern
angesprochen worden, ob sie nicht der catholischen so weitt sich an-
31
nehmen und sie protestirende zur schiedlichkeit ermahnen wolten, daruber
32
sie Franzosische von ja ganz kaltsinnig geandtworttet, mit dem zusatz, es
33
werde aber noch zeit dazu gehen. Mit verlautthetem armistitio dort oben,
34
sagt herr Volmar, daß weder zusammengeschickt, noch vollmachten zu
35
tractiren vorgezeigt, er besorge, der gegentheyl werdts droben wie hie

[p. 658] [scan. 708]


1
machen und diese seitthen gleichfalls auffs eys fuhren, in summa aus allem
2
sey mit händen zu greiffen, daß es den auswerttigen umb was anderst alß
3
den frieden zu thun seye.

4
1646 XII 23
Sonntag Mitteilung der Mainzer: Drängen der Branden-
5
burger
auf einen Beschluß wegen Interposition für Pommern noch vor
6
Weihnachten. W: Katholischerseits kein Anlaß zur Eile, die Rückkehr
7
Plettenbergs abzuwarten. Und hetten auch I. H. G. darzu sowol ihrent- alß
8
vordrist Churcollens wegen umb soviel weniger rath, lust und ursach, daß
9
von den Brandenburgischen iezt newe auffzug gemacht, die den vorschlag
10
zu Osnabruck gethan, daß der cron Schweden ahnstatt Vorpommern das
11
stifft Hildeßheimb sambt den vier Münsterischen ambtern Meppen, Wils-
12
hausen, Vechta, Klappenburg

36
Cloppenburg, bildete mit den übrigen genannten Ämtern das Niederstift Münster.
, item die stiffter Oßnabruck und Minden,
13
auch die graffschafft Schaumburg einzuraumen und in satisfactione
14
nebenst Bremen und Verden zu geben, also I. H. G. zur interposition nicht
15
würden rhaten weniger cooperiren.

16
Prior vom Hamersleben bei W: Das bisher immer katholische Kloster ist
17
von den Schweden verschenkt worden. W: Will sich der Sache weiter an-
18
nehmen. – Hg. Roderich von Württemberg bei W. Seine Verhandlungen
19
mit den Ksl.

20
Mitteilung der Mainzer: Die Ksl. auch für Aufschub bis zur Rückkehr
21
Plettenbergs. Anbringen Wittgensteins bei den Mainzern in Osnabrück

37
Anlage (Anbringen Wittgensteins): fehlt.
.
22
Proiect politicorum gravaminum der Protestanten

38
Anlage (gravamina politica der prot. Reichsstände): fehlt.
.

23
1646 XII 24
Montag Bericht Buschmanns: Volmar klagt, daß Kayser-
24
licherseiths sie ye lenger ye weniger in den tractaten sich finden oder rich-
25
ten kondten. Neue Forderung der Franzosen auf Rückgabe Mariembourgs,
26
Charlemonts und Philippevilles

39
Über die Regelung der Besitzverhältnisse beim Bau dieser 1546–1555 auf ursprünglich
40
Lütticher Gebiet errichteten spanisch-niederländischen Festungen vgl. P. Harsin III
41
S. 111ff, 130ff.
an Lüttich. – Mitteilung von vertrawtem
27
orth: Diese Forderung auf Betreiben einiger Lütticher von den Franzosen
28
den Mediatoren übergeben; Servien wird innerhalb von zwei Tagen nach
29
Holland reisen. – Mitteilung an die Bayern: Neue schwedische Satisfak-
30
tionsforderung
, politica gravamina der Osnabrücker Protestanten.

31
1646 XII 25
Dienstag Nassau und W bei den Jesuiten. Nassau: Gestern
32
hat Portmann ihm den neuen Vorschlag zur schwedischen Satisfaktion vor-
33
gebracht
, gar hoch geruhmbt und recommendirt und utilitatem auß den
34
zweyen fundamentis persuadiren wollen, daß nemblich das reich hierdurch
35
mehrers versichert, auch Schweden vor Polen, Dennemarck und andern, so

[p. 659] [scan. 709]


1
in mari Baltico und sonst als benachtparte der Pommerischen landen halber
2
interessirt, mehrers assecurirt, dan pro 2., daß mans dahin pillich nimmer
3
kommen laßen solte, daß ein so vornehmbes altes churhaus seiner fürsten-
4
thumb und landen also ohne schuld privirt und dadurch gleichsamb alle
5
haeredes gestrafft wurden, und sey es mit den stifftern weitt ein anders, da
6
die possessores solche nur ad dies vitae hetten und dabey kein haeres sich
7
interessirt befünde, mit mehrem etc. Was I. H. G. betreffen thett, wurden
8
sich noch mittel finden, ihr satisfaction in andere weg zu thun, wie sie dan
9
darauff allerseiz bedacht weren. I. H. G. gaben ihm hingegen zu ver-
10
stehen, daß auch eben diß vom graffen von Wittgenstein zu Oßnabruck auf
11
die bahn gepracht, die angebene fundamenta seyen von geringem valor,
12
zuemaln leicht zu erachten, wie das reich gesichert sein konne, wan der
13
cron Schweden so ansehenliche viele landschafften also weitt heraus im
14
reich solten cedirt werden. Die angezogene unsicherheit wegen Polen und
15
Dennemarck cessire durch die vergleichende manutenenz per se, so doch
16
eben wol mit Dennemarck ratione Bremen und der schiffahrt, wan man
17
sonst kein frieden haben wolte, zu befahren. Ad 2. seyen die catholische
18
älter bey den stifftern alß Churbrandenburg bey allen seinen landen und
19
hetten bey solchen stifftern alle catholische von adl, herrn, graffen und
20
fürsten merckliches interesse. Deren seyen auch die catholische im würck-
21
lichen besitz und ihnen die landschafften solchenfalß proprie genommen
22
würden. Dahingegen Churbrandenburg in Pommern keinen fuß breitt nie
23
besessen, sondern müste er erst zu solchen landen ex gratia Suecorum
24
kommen. [...]

25
1646 XII 26
Mittwoch W bei Chigi, der sich argwöhnisch zeigt, weil
26
Servien ihm keine Andeutung über den Zweck seiner Reise nach Holland
27
gemacht hat. Quoad tractatus seyen die sachen in solchen terminis, daß er
28
des wercks noch so bald kein end sehe; dem Servient hab er iungst ange-
29
deut, wie der Oxenstern sich von weittern postulatis, so die Franzosische
30
ratione der waldstätt zu machen gedächten, vernehmen laßen, auff welches
31
er nichts geandworttet, sondern lächelend auff andere discursus gefallen
32
were. So hetten auch nun iezt die Franzosische plenipotentiarii wegen der
33
dreyer plätz, die von Spanien den Lüttigern zu restituiren, vorgepracht, also
34
daß ihres begehrens kein end seye.

35
W bei Trauttmansdorff. Haltung Kurbrandenburgs; unmittelbar nach Plet-
36
tenbergs
Rückkehr will Trauttmansdorff nach Osnabrück. Wans nur den
37
Schweden ernst, konte man zum Schluß bald gerathen, zumaln die abred
38
iungst genommen zu concludiren, es wolte Churbrandenburg oder nit, wan
39
allein der newen proposition halber mit den stifftern Galli et catholici nicht
40
wancketen. Sey sonst zu beförchten, daß die Schweden, wan sie gleich die
41
stiffter uberkehmen, die portus und vestungen in Pommern dem churfür-
42
sten nicht würden einraumen. I. H. G. fragten, obs nit villeicht die
43
mainung habe, daß der Schweden begehren wegen der stiffter fur Chur-

[p. 660] [scan. 710]


1
brandenburg, ihm selbige nach deren erhaltung (so sie in ewigkeit nimmer
2
verhoffen wolten) abzutretten, angesehen. Auf welches der herr graff,
3
daß er wol glaube, und seye, fals die Schweden darauf hart solten bestehen,
4
gewiß was gefährlichs darhinder. W: Daß aus solchem verfahren nicht
5
nur eversio status imperii, sondern auch vertilgung der catholischen religion
6
intendirt werde, zumaln die acatholici die stiffter, welche sie iezt innen-
7
haben, worzu sie kein ansprach, alß Hildeßheimb, den theyl vom stifft
8
Munster, stifft Oßnabruck (welches vorm jahr 1624 in catholischen handen
9
gewesen), imgleichen das stifft Minden durch solche mittel under sich zue
10
pringen sucheten, auf welche weis es auch die Hessen mit dem stifft Pader-
11
born vorgehabt. So der herr graff wahr zu sein vermeldet, und nach-
12
maln erwehnet, daß ahn standhafftigkeit der Franzosisch- und catholischen
13
viel gelegen. Befremdet über die Forderung wegen der drei Lütticher
14
Plätze, konte nicht dafur halten, daß darauf die Franzosen starck solten
15
bestehen wollen, sondern was geschehe, sey auß antrieb und anstifftung
16
anderer.

41
16 Lütticher Verhältnisse] am Rande: omittatur ad Bavarum.
Lütticher Verhältnisse. Lothringer Angelegenheit. Spanisch-fran-
17
zösische
Verhandlungen; Hauptschwierigkeit Porto Longone und Piombino,
18
worüber Peñaranda nicht instruiert ist. I. H. G. bedanckten sich der
19
communication und bethaureten, daß die Franzosen alleweyl nova und
20
nova herfurprachten, woraus gnugsamb zu verspuhren, daß es ihnen umb
21
den frieden wenig ernst. Worauff der herr graff, man konne keinem ins
22
herz sehen, die Franzosen thetten solch contestiren, daß er noch anderst
23
nicht kondte, alß gute hoffnung zu haben. Der duc de Longeville hab bey
24
ihm newlich noch so hoch geschworen, mit handdarpiethung, daß ihnen
25
recht ernst, unverzuglich frieden zu machen und mit dem Kayser kunfftig
26
gute correspondenz zu halten. Wie es nun gemeint, werd sich bey des Plet-
27
tenberg wiederzuruckkunfft bald zeigen. Die protestirende belangend, het-
28
ten selbige yederman gewaltig betrogen und das werck biß daher auffge-
29
halten. Wan die Schwedische satisfaction sich ließe zur richtigkeit pringen,
30
hoff er, sie alßdan gleichfalß wol würden folgen müßen. Servient were
31
auch bei ihme gewest und gesagt, alß wan er den frieden zwischen Holland
32
und Spanien befurdern wolle; der effect werde es geben.

33
1646 XII 27
Donnerstag Mantuaner Gesandte bei W. Klagen über
34
Frankreich wegen der Bedingungen in Casale und Unterstützung Savoyens
35
gegen Mantua. – W bei Nassau.

36
1646 XII 28
Freitag W bei Longueville. Dieser hält zur Förderung
37
des Friedens die Reise Trauttmansdorff nach Osnabrück für dienlich. Mission
38
Plettenbergs und St. Romains. W: Es würde itzo zu salvirung der Pom-
39
merischen landen zu höchstem nachteil der catholischen religion unnd kir-
40
chen von andern newen vorschlägen geredet, I. H. G. wolten aber dero von

[p. 661] [scan. 711]


1
ihme duca und andern herrn Frantzosischen plenipotentiariis mehrmahls
2
gegebener parole trawen und sich daran hallten, daß sie die uberlaßung
3
alsolcher bischoffthumben und geistlicher gütter und landen nicht nach-
4
geben würden. Longeville: Es sei nit ohne, daß dergleichen sachen vor-
5
kommen, sie hetten ihrestheils das gewißen und religion dabei zu beden-
6
cken, würden auch solches in achtt nehmen, es stünde aber bei Ihrer Kayser-
7
lichen Maiestet und dem reich, was in dergleichen sachen thun wolten,
8
Franckreich würde zu vergebung der stiffter positive nicht concurriren. Er
9
hette mit dem herrn graven von Trautmansdorff dießer sachen halber ge-
10
redet, welcher auch mit ihme dieser meinung, es geschähe nit dieser vor-
11
schlag zu dem end, daß sich die Schwedische damit würden contentiren
12
laßen, sondern daß sie, was ihnen am gelegensten, alß Pommern behalten
13
und dem churfürsten von Brandenburg hingegen pro satisfactione alsolche
14
bißthumben wiederumb würden zueignen wollen. I. H. G.: Es wehre
15
woll zu vermuhten, daß dergleichen hierunter verborgen, es würde aber
16
verhoffentlich die cron Franckreich nimmermehr nachgeben, daß diese
17
stiffter alß Hildesheimb, Minden, Oßnabruck und die Münsterische ämbter
18
den protestirenden solten zutheil werden. Bei diesen stifftern wehren noch
19
allzeit catholische herrn erwehlt, und obzwarn deren ein oder ander nach-
20
gehents sich anders alß sie anglobt in der religion bezeigt, so würden doch
21
die uncatholische gestehen müßen, die catholische von denselben bißhero
22
noch nit verstoßen, dahero man auch nunmehr der zuversicht lebte, es
23
würde Franckreich, daß solches itzo noch geschehen solle, nimmer nach-
24
geben. Longeville: Seinestheils mögte er woll wünschen, daß man den
25
ertzstifft Magdeburg für die catholische gantz konte salviren, und stünde
26
zu bedencken, ob nit hingegen etwas, was albereits doch inficyrt, hingegen
27
zu uberlaßen, damit man einen alsolchen ansehenlichen ertzstifft gantz für
28
die catholische bekeme. I. H. G.: Es wehre freilich zu wünschen, wan
29
man den ertzstifft Magdeburg pro catholicis erhalten könte, andere biß-
30
thumb und kirchen aber, wobei noch alzeit catholische herrn ordentlicher-
31
weise erwehlt, dafür uberzulaßen, daßelb hette viell nachdenckens in vor-
32
schlag zu pringen. Reise Serviens. Krieg in Italien.

33
1646 XII 29
Samstag [...] – Mitteilung der Mainzer: Erklärung Kur-
34
brandenburgs

42
Anlage (Kurbrandenburg an Kurkolleg 1646 XII 23; Resolution für Plettenberg): fehlt;
43
Druck J. G. Meiern III S. 779ff.
.

35
Chigi bei W. Bezweifelt den Friedenswillen der Franzosen und Schweden.
36
Spanische Haltung wegen Porto Longone und Piombino. Weigerung der
37
Franzosen, sich zum Verzicht auf neue Forderungen gegenüber Spanien zu
38
verpflichten. Zusammenbringung von 60 französischen Schiffen, die ver-
39
mutlich gegen Neapel bestimmt sind.

40
W bei den Mainzern: Nachdeme in der Churbrandenburgischen andtwortt
41
auff den wegen etzlicher stiffter gethanen vorschlag alß von Pommerischen

[p. 662] [scan. 712]


1
stenden herrürend gedeutet werde, solches aber zue stabilirung friedens
2
kein mittel seye, alß woltten sie sowohl Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht
3
zue Cölln alß ihrentwegen, zumaln die stiffter Hildeshaimb, Münster,
4
Oßnabruck und Minden darunter begriffen, gebetten haben, wieder solches
5
vorhaben das ihrige mitt vor- und anzuwenden und auff der negativa be-
6
stendig zu verbleiben, desto mehrer, daß dergleichen künfftig mehr vor-
7
kommen und es heißen möchte: hodie mihi, cras tibi, zumaln dergleichen
8
unruhe anietz über wenig jahr von uncatholischen angefangen und auf kir-
9
chen und geistliche güetter praetension gemacht werden dörffte, und seye
10
der underschied zwischen denen stifftern, welche sie schon vorhin haben,
11
und denen, so sie weiters begeren, gnugsamb bekand. Beede stiffter Mün-
12
ster und Hildeshaimb hetten keinen uncatholischen herrn iemaln gehabt,
13
auch Oßnabruck und Minden von den uncatholischen anders alß admini-
14
stratorio nomine von dem thumbcapitul nit beseßen, und zum überfluß
15
durch die regul des jahrs 1624 salvirt, mitt fernerm andeuten, was der herr
16
graff von Trautmansdorff de constantia Gallorum et catholicorum gegen
17
sie erinnert und nomine Caesaris eines gleichmeßigen sich erbotten. Vor-
18
schläge
Longuevilles wegen Magdeburg. Wahl eines braunschweigischen
19
Prinzen zum Koadjutor in Magdeburg

39
Im November 1646 war vom Magdeburger Kapitel Hg. Ernst August von Braun-
40
schweig-Lüneburg (1629 1698) zum Koadjutor gewählt worden. Vgl. Notifikation
41
Kapitel an Kaiser 1646 XII 21 (Druck: J. G. Meiern IV S. 256 f.).
, und hette man darab exemplum,
20
daß die catholische billich gleichergestaldt die stiffter und kirchen zue con-
21
serviren zusammenzuhaltten hetten, dan sonst die geistliche fürstenbanck
22
täglich mehrers ab- und hingegen der numerus acatholicorum und die
23
suffragia in magnum, status politici etiam, praeiudicium zunehmen wür-
24
den. Mainzer: Versichern ihre Unterstützung, Bitte um Hilfe wegen
25
des Eichsfeldes und Erfurts. W: Kurköln hat das Kölner Votum dazu
26
gebilligt, auch sonsten die instruction in generale dießes vermöchte, dahin
27
zu sehen, daß keinem stand, sonderlich aber catholischen, von seinen landen
28
ichtswas dahinden bleib, deme sie in ihren votis also gehorsamb nachzu-
29
gehen gedechten.

30
W bei den Trierern. Diese erklären auf den gleichen Vortrag, sie seien in-
31
struiert
, durchauß nicht zuzugeben, daß den uncatholischen einig bißthumb
32
oder geistliche landen nicht nachgegeben, noch sonsten viel bewilliget, wel-
33
chem befelch gemeeß sie I. H. G. und übrigen Churcöllnischen in ihrem
34
anliegen gern secundiren woltten. – W bei Hg. Roderich von Württemberg
35

38
35 [...]] am Rande: an Köln 1647 I 1.
[...]. – [...]

36
1646 XII 30
Sonntag W bei den Bayern. Bitte um Unterstützung
37
gegen den neuen schwedischen Satisfaktionsplan. Bayern: Sind dazu sowol

[p. 663] [scan. 713]


1
in generale wegen aller catholischer stifft und geistlicher gütter alß in
2
specie ratione Hildesheimb, Munster, Oßnabruck und Minden befelcht,
3
haben schon Trauttmansdorff zugesprochen und wollen es weiter tun.
4
Dabey sie den sachen sehr verstendig hielten, wan I. H. G. und ubrigen
5
Churcolnischen gefällig, der Franzosischen plenipotentiarien soviel muglich
6
zu versichern.

7
W bei d’Avaux. Dieser hält die allgemeine Lage für schwierig. W: Auch
8
die Reise Serviens

40
Servien war 1646 XII 29 nach Den Haag abgereist, nachdem die Franzosen vom bevor-
41
stehenden spanisch-staatischen Abschluß erfahren hatten; über seine Mission vgl.
42
F. Dickmann S. 440ff.
wird allgemein als dem Frieden hinderlich bezeichnet, es
9
heißt, er werde weiter nach Frankreich reisen und geraume Zeit wegblei-
10
ben
. D’Avaux: Daß sein Servients negotiation so schwer und schad-
11
lich nit, wie man sich vorbildete, von einer Weiterreise nach Frankreich ist
12
ihm und Longueville nichts bekannt, es stimmt auch nicht mit der Pariser
13
Politik überein, da jetzt alle, auch Mazarin, zum Frieden neigen. Baldiger
14
spanisch-staatischer Abschluß: W möge Bergaigne erinnern, daß man spani-
15
scherseith in puncto religionis, sonderlich in der herrschaft Breda und mey-
16
erey zu Herzogenbusch

43
Zur Frage der Religionsverhältnisse in der Markgrafschaft Bergen-op-Zoom, Herrschaft
44
Breda und Meierei Herzogenbusch vgl. J. J. Poelhekke.
sich steiff halten möchte, zumalen er die sichere
17
nachricht, daß darin endlich die Holländer würden nachgeben. Ab
18
welchem I. H. G. von dem newen vorschlag mit den stifftern zu reden
19
anlaß genommen, daß gleichwoln sehr hoch zu bethauwren, da man in
20
Teutschland alberait so viele stiffter nachgeben müßen, daß noch aniezt so
21
underschiedliche den catholischen zustendig auff die bahn (wie ihm nicht
22
unbekand sein würde) pracht werden dörfften. Worauff der d’Avaux:
23
Von den Kayserlichen seye biß daher soviel bewilligt und nachgegeben,
24
daß auf diesen vorschlag einige reflexion nicht zu machen. I. H. G.: Es
25
seye sich solchen vorschlags desto mehrers zu verwundern, daß in specie das
26
stifft Hildeßhaimb a prima fundatione nie keinen uncatholischen herrn
27
gehabt, geschehe aber, wie leicht zu gedencken, zu dem ende, damit auch
28
im Niedersachsischen craiß gleich in dem obern kein catholischer reichs-
29
stand mehr sein möge. Wan auß dem Westvalischen Oßnabruck und Min-
30
den den Schweden und den Hessen stifft Paderborn solten hingehen, were
31
das einzig stifft Münster ubrig, welches sich allein bey der religion nicht
32
tuiren kondte, also diese 3 ansehenliche crais ganz uncatholisch sein wür-
33
den, und leicht zu erachten, wie sichs darnach mit den ubrigen verhalten
34
wurde, auß welchem mit henden zu greiffen, daß anderst nichts, alß das
35
genzliche exterminium orthodoxae religionis per directum et indirectum
36
gesucht werde. Auff welches er d’Avaux: Müste bekennen, daß er bey
37
diesen tractaten in hac materia mehr gesehen und gelehrt, alß er geglaubt
38
hette. Sie selbst, sagten I. H. G., kondten sich nicht imaginiren, daß die
39
magnates und regierung in Franckreich apprehendiren, daß solchergestalt

[p. 664] [scan. 714]


1
die catholische religion in Teutschland undertruckt werde. Ille: Müste
2
wol gestehen, daß anfangs der tractaten viel andere principia gewesen, hin-
3
gegen aber iezt in Franckreich viel andere intentiones seyen. Auf seine stän-
4
digen
remonstrationes quoad religionem sind von Mazarin underschiedliche
5
gar gute brieff und intentiones gekommen, und obwohl sie von einem bey
6
der legation anderst informirt und interpretirt werden wollen, hat er jetzt
7
gute resolutiones im Namen des Königs selbst erhalten. Von jenem wird ein-
8
gewandt
, daß solches nicht pure befohlen und daß die gesandten auch andere
9
sachen zu des konigreichs nuzen zu betrachten hetten, er d’Avaux aber
10
thette wieder solche intention das seinig noch continuirlich, vielleicht auch
11
mit seinem schaden quoad temporalia, so er doch propter Deum et religio-
12
nem nicht achtete, sondern ferner laboriren wolt, daß die resolutiones, den
13
catholischen beßer, alß bißher geschehen, beyzustehen, solidirt würden.
14
Fragte demnegst, was fur remedium wieder den vorschlag mit den verschie-
15
denen catholischen stifftern. Worauff I. H. G. negst dancksagung fur
16
so gute erklehrung, daß kein beßers, alß nomine Caesareanorum et Gallo-
17
rum solchen vorschlag simpliciter zu improbiren, den Schweden davon ab-
18
zurathen und fein Teutsch zu verstehen zu geben, daß es umb diß petitum
19
ein ganz vergebliches ding, hingegen bey dem vorigen ratione Vorpom-
20
mern zu verpleiben. Der conte d’Avaux sagt, daß diß freylich der kür-
21
zest und beste weg seye, wolt aber in vertrawen nicht verhalten, daß alß
22
der herzog von Longevill ihm gestern von demienigen, was I. H. G. bey
23
ihm vorpracht, parte geben, er Longeville dabey vermeldet, daß er nicht
24
wol sehe, wie den sachen ratione der aufs newe anbegehrdender stiffter zu
25
helffen, zumaln er vernehme, daß vom graffen von Trautmanstorff den
26
uncatholischen zu solchem vorschlag alberait einige veranlaßung gegeben
27
sein solle. Auf d’Avaux’ Einwand, daß die Ksl. durch die französische Waf-
28
fenerfolge
zu solchen Konzessionen genötigt würden, hat Longueville ge-
29
antwortet
, Österreich suche auf Kosten der Kirche die Erblande zu retten,
30
und hab er also darauß wol verspühren konnen, daß der herzog zimblich
31
transportirt und eingenommen. Auff sein nachfragen, woher ers hab daß
32
den uncatholischen die gemelte veranlaßung geschehen seye, hab er gesagt,
33
daß einig protestirende bey ihme gewesen und dieses selbst affirmirt hetten,
34
mit begeren, er demselben nicht hinderlich sein wolte, die ferners hinzu-
35
gesezt, daß wegen anderwertter recompenz und promotion fur I. H. G. sie
36
protestirende sammetlich wol intentionirt seyen. Deme er d’Avaux repli-
37
cirt, wan schon were, wie vorpracht worden, solte doch er Longevill so
38
pure gleich nicht consentiren, Caesarei seyen, wie gedacht, per arma zu der-
39
gleichen gezwungen, solche uberlaßung aber der alliance directe zuwieder,
40
zumaln solche vermocht, daß es quoad religionem in dem stand, darinnen es
41
bey zeit auffgerichteter verbundnus gewesen, verpleiben solte, und kondte
42
er einmal darin seinestheylß nicht bewilligen. Hierauff sagen I. H. G.,
43
daß diß recht liber primus confessionum. Welches er d’Avaux lachend
44
affirmiret, addendo, er hab damit und sonst in absentia des Servients soviel

[p. 665] [scan. 715]


1
beym Longeville gerichtet, daß gestern ahn ihren residenten zu Stockholm

41
Pierre Hector Chanut (1601 1662), französischer Resident in Schweden seit Sep-
42
tember 1645.

2
und Oßnabruck

43
Henri Groulart, seigneur de La Court, französischer Resident in Osnabrück 1646–1648.
geschrieben und anbefohlen, yedes orts gebuhrend zu re-
3
monstriren, daß dieser vorschlag mit den stifftern gegen Pommern auß
4
vielen politischen rationen (die sie zum beßern nachtruck angezogen) nicht
5
thunlich; daß auch ohne dem, vermög der alliance inhalts, sie zu solcher
6
vergebung der catholischen stiffter nicht verstehen kondten; diß schreiben
7
hab er in praesentia des von Longevill andictirt und darin gern was harter
8
gered und mehrers eingefuhrt, der herzog aber hab es nicht wollen zugeben
9
und besorge er sich, daß dadurch die Schweden und protestirende möchten
10
offendirt werden. I. H. G. sagten dem conte d’Avaux fur die bemüh-
11
und gute befurderung danck, mit vermelden, daß sie sich ahn der Franzosi-
12
schen ihro schon vor diesem gegebenen wortt halten wolten. Ihre promo-
13
tion betreffend, wovon die uncatholische beym herzogen von Longevill
14
vorpracht, begerten sie nichts, alß das ihrige zu behalten, und seyen, die
15
noch wenig ubrige zeit ihres lebens sich hinzupringen, gar nicht sorgfaltig,
16
sondern ihre von Gott anvertrawte schäfflein bey ihrem hirten und den
17
catholischen zu conserviren. Welches er d’Avaux gelobet, mit fernerm
18
vermelden, daß er eben diß dem herzogen sowol alß underschiedlichen pro-
19
testirenden, die I. H. G. promotion meldung gehabt, rund gesagt habe, daß
20
sie sich einiger promotion halber nicht würden abwendig machen laßen.

21
Demnegst erzehlten ihm I. H. G., was fur einen vorschlag wegen des erz-
22
stiffts Magdeburg bey ihro der herzog von Longevill gethan, weyln auf
23
zufragen er vermainet, ichtwas davon vernommen zu haben. Welchen
24
er auß den von I. H. G. angedeuteten ursach gleichfalß nicht practicabel
25
ermeßen, andeuttend, daß es dem herzogen von einem oder andern aber-
26
malß in die ohren gehangen sein würde. Den vorschlag mit den stifftern
27
hetten sonst die Schwedische, wie er bestendig berichtet, nacher Stockholm
28
alberait 1. Decembris geschrieben, woruber die andwort nun innerhalb 8
29
tagen hie sein kondte. Vorher wird in Osnabrück nichts fruchtbarliches zu
30
verrichten sein, weshalb er vorschlägt, daß zunächst Volmar hinüberreist,
31
auf dessen Bericht er dann folgen will. Er verhoff, zu Oßnabruck I. H. G.
32
und den catholischen, sonderlich weyln er auß ihrer gesandschafft allein
33
hinuberraise und der Servient nicht alhier, viel gutte diensten zu thun.
34
Spanisch-französische Verhandlungen. W: Besorgt über die neuen For-
35
derungen
wegen Mariembourg, Philippeville und Charlemont. Woruber
36
der d’Avaux gelacht, fragend, ob sie I. H. G. und vordrist Ihre Churfürst-
37
liche Durchlaucht zu Colln vermainten, daß darahn unrecht gethan, daß sie
38
den stifft Luttig gern ergänzen wolten. Alß I. H. G. darauf geandworttet,
39
daß sie hiervon nicht informirt, sagte der d’Avaux, daß sie Franzosische
40
plenipotentiarii umb beförderung der restitution dießer plätze von den

[p. 666] [scan. 716]


1
dreyen stenden des stiffts Lüttig requirirt seyen, auch die überschriebene
2
information und das interesse klahr genug [...]. Lothringen.

3
Trierer bei W. Nachdem wegen der appellation ihres gnädigsten herrn über
4
den statum imperii die Churtrierische information vom Kurkolleg und
5
Direktorium nicht angenommen worden ist, haben sie diese nun allen Kur-
6
fürstlichen
einzeln zuzustellen; Erinnerung wegen Restitution Ehrenbreit-
7
steins
. W: Weiln anietzt außer dem probsten Landsperg von den gehai-
8
men rhäten niemand bey hand, [...] ihro aber allein sich hierinnen zue
9
resolviren bedencklich, weiln es eine sach von großem praeiuditz im chur-
10
fürstlichen collegio newlich gehaltten, soll die Antwort morgen erfolgen.

11
Nassau bei W. Mit den Franzosen ist abgeredet worden, daß Volmar in
12
wenigen Tagen nach Osnabrück geht und Trauttmansdorff, wenn nötig,
13
folgen wird.

14
Mitteilung der Mainzer: Anfrage der Ksl., ob man die von Brandenburg in
15
Aussicht gestellten weiteren Beratungen abwarten oder die Osnabrücker
16
Verhandlungen fortsetzen soll; die von den Brandenburgern nochmal ge-
17
forderte Interposition bei Schweden kann man nicht für ratsam halten.

18
1646 XII 31
Montag Kurfürstenrat . – Nach der Sitzung spricht W
19
im Beisein der Trierer und Bayern mit den Mainzern, ob nicht dienlich sein
20
woltte, bey relation dießes conclusi den herrn Kayserlichen zugleich mitt
21
anzudeuten, daß alle herrn catholischen churfürsten gesandte dahin be-
22
felcht sein, sich die conservation der übriger ertz- und stiffter, in specie
23
Hildeshaimb, Münster, Oßnabruck, Minden, wie auch des Eichsfelds sich
24
eußerist anglegen sein zu laßen und in einige deßelben alienirung nicht zu
25
verstehen, man alßo die herrn Kayserlichen ersuchen und bitten thette, den
26
Brandenburgischen vorschlag absolute abzuweißen und die stiffter bey den
27
catholischen zu erhaltten. Welches allerseits fur guett angesehen, und
28
die Churmeinzische bey der relation zu gedencken sich erbotten.

29
Giffen bei W. Ist instruiert, weitere bewilligung von catholischen stifftern
30
und güettern alß beraits gethan, nicht zuzulassen und zu sehen, daß Hal-
31
berstadt in ietzigem stand möge gelaßen werden.

32
Mitteilung der Mainzer: Die Ksl. haben Bedenken gegen ein neues Schrei-
33
ben an Kurbrandenburg

35
Gemäß dem heutigen Kurfürstenratsbeschluß sollte Kurbrandenburg unter Setzung eines
36
Termins nochmals zu einer endgültigen Entscheidung aufgefordert werden.
geäußert und wünschen eine neue Beratung.

Dokumente