Acta Pacis Westphalicae III B 1,1 : Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden, 1. Teil: Urkunden / Antje Oschmann
4 Reichsständische Ratifikationen des IPM und des IPO (Nr.n 4–5, 22–23 und
Anhang 2)
Im Sommer 1648 hatte man sich, wie erwähnt, darauf verständigt, daß auch die Reichsstände die Friedensverträge ratifizieren sollten. Im Oktober 1648 wurde dieses Problem erneut beraten und abschließend geregelt. Dem Reichsschluß vom 3./13. Oktober 1648
zufolge sollten die dort nominierten und damit zur Un-terzeichnung verpflichteten Bevollmächtigten auch die Ratifikationen derjenigen reichsständischen Fürsten und Körperschaften besorgen, als deren Vertreter sie in die Deputation berufen worden waren: Demnach waren mindestens sechzehn
Falls der Kf. von Mainz zusätzlich für Würzburg ratifizieren wollte, siebzehn. Johann Philipp von Schönborn
(1605–1673) war seit 1642 Fbf. von Würzburg, seit 1647/49 Kf. und Ebf. von Mainz. – Die Erzherzöge von Österreich, der Ks. und Ehg. Ferdinand Karl, stellten eine gemeinsame Urkunde aus.
reichsständische Ratifikationen für jeden Vertrag obligatorisch. Je eine Ratifika-tion für beide Verträge hatten die vier Kurfürsten von Brandenburg, Sachsen,
[p. CXXII]
[scan. 122]
Bayern und Mainz beizubringen, der letztgenannte möglicherweise eine zweite als Fürstbischof von Würzburg
Es blieb unklar, ob der bay. Kf. als Hg. von Bayern besondere Ratifikationsurkunden auszu-stellen hatte. Er selbst schien dazu zunächst durchaus geneigt (Kf. von Bayern an bay.
Ges.
,
1648 XI 10; Ausf.:
BHStA
München, Kurbayern Äußeres Archiv 3069 fol. 425–429, PS fol. 446), verfolgte dies dann aber nicht weiter. Die Angelegenheit ist erst spät von frz. Seite problematisiert und dann nicht mehr eindeutig geregelt worden (Krebs an Kf. von Bayern, 1649 III 23; Kopie:
BHStA
München, Nachlaß Lori 14 fol. 489,
sowie La Court an Servien, 1649 IV 27; Ausf.:
AE
Paris
,
CP
All 125 fol. 452–454’, hier 454),
1649 V 11 (Ausf.:
AE
Paris
,
CP
All 126 fol. 31–33’, hier 32’).
. Unter den Reichsfürsten waren der Fürstbischof von Bamberg, der Herzog von Sachsen-Altenburg, die beiden brandenburgischen Markgrafen, die beiden regierenden Fürsten der welfischen Fürstentümer Celle, Grubenhagen und Kalenberg sowie die Erzherzöge von Österreich zur Ausstellung dieser Urkunden verpflichtet. Ferner waren Ratifikationsurkunden einzuhändi-gen vom Wetterauer Grafenkollegium und von vier Reichsstädten, nämlich Lü-beck, Nürnberg, Regensburg und Straßburg. Den übrigen Reichsständen stand es frei, eine Ratifikation einzureichen; obligatorisch war dies nicht.
Die Ratifikationen der Reichsstände sollten für das IPM und das IPO getrennt ausgeführt werden und waren zunächst nur den beiden Kronen und dem Kaiser zugedacht. Erst im Spätherbst 1648 scheint sich unter den Reichsständen allmäh-lich die Auffassung durchgesetzt zu haben, daß die Ratifizierung der Verträge zusätzlich sowohl dem Reichsdirektorium als auch dem Corpus Evangelicorum gegenüber bestätigt werden solle
Die Meinung der Reichsstände schwankte in dieser Frage. Die bay.
Ges.
berichteten schon 1648 VIII 10,
daß je vier Urkunden anzufertigen seien (Ausf.:
BHStA
München, Kurbay-ern Äußeres Archiv 3068 fol.
444–453), der kursächsische Vertreter Leuber hingegen meldete noch 1648 XII 15/25 (Ausf.:
SHStA
Dresden, Locat 8132 Band 18 fol.
176–177), daß vielleicht je drei Exemplare nötig seien,
sicherlich jedoch nicht vier, obwohl es diese Forderung unter den Ständen gebe.
, obwohl diese Forderung schon im Sommer von evangelischer Seite vorgebracht worden war. Folglich hätte ein Reichsstand, der alle Möglichkeiten der Ratifizierung ausschöpfen wollte, je vier Urkunden für das IPM und das IPO ausfertigen können.
Der Wortlaut der Urkunde, mit der das IPO ratifiziert werden sollte, war am 6. August 1648, bei der kongreßöffentlichen Vereinbarung des IPO in Osnabrück, verlesen und wenig später über die Reichsdiktatur verbreitet worden
. Im Okto-ber 1648 wurde der Text zusammen mit der Formel für das IPM noch einmal beraten, geringfügig verändert und unmittelbar nach der Unterzeichnung der Friedensverträge wiederum zur Verfügung gestellt
Meiern 6, 591
ff; nach
SHStA
Dresden, Locat 8131 Band 17 fol.
316–317, dict. 1648 X 16/26. Nur für das IPM wurde wahrscheinlich der volle Wortlaut der Ratifikationsformel diktiert, während für das IPO lediglich die Modifikationen dazu aufgezählt wurden. Ein anderer Abdruck:
Meiern 6, 730
f.
. Das Formular für das IPM unterschied sich von dem für das IPO nicht nur in den Passagen, in denen die Verhandlungen und der abgeschlossene Vertrag beschrieben wurden, sondern auch in der Rechtsformel, mit der das Abgehandelte akzeptiert wurde. Hier hatte Ser-
[p. CXXIII]
[scan. 123]
vien im Oktober 1648 durchgesetzt, daß die aufgrund des IPM ausgesprochenen Abtretungen und Rechtsverzichte ausdrücklich bestätigt würden
Servien an Brienne, 1648 X 25 (Ausf.:
AE
Paris,
CP
All
112 fol. 359–360, hier 359’). In der Ratifikationsformel des IPM hieß es, der Inhalt des Vertrages werde approbiert, praeser-tim vero cessiones et renunciationes tam in instrumento dictae pacis quam extra illud de communi consensu factas et quas adhuc fieri conventum est
(hier Nr. 4).
.
Nach der Unterzeichnung der Friedensverträge haben die Reichsstände, wie im Friedensvertrag gefordert, innerhalb von acht Wochen ihre Ratifikationen ausge-stellt
Die Ausstellungsdaten der Urkunden liegen in der Regel in dem Zeitraum von Anfang No-vember 1648 bis Anfang Januar 1649.
Eine Ausnahme bildet eine Ratifikation der Reichsstadt Schweinfurt, die 1648 VIII 28, wahrscheinlich aufgrund der Zusendung des 1648 VIII 6 durch die Reichsdiktatur veröffentlichten Formulars, ausgestellt wurde. Zu den sehr viel spä-ter ausgefertigten Ratifikationen des Pfälzer Kf.en und des Fbf.s von Verdun s.
unten. Zum vorgesehenen Termin der Ratifzierung s. § 111 IPM und XVII,1 IPO.
. Ebenso wie bei der Unterzeichnung der Friedensverträge läßt sich nicht pauschal sagen, warum einige nicht zur Ratifizierung verpflichtete Stände solche Urkunden angefertigt haben und andere nicht
Es wurde darauf verzichtet, die archivalische
Überlieferung der Stände systematisch zu diesem Zweck zu sichten. Herangezogen wurden lediglich die bay. und die sächsischen Korresponden-zen.
. Oft sind sicherlich Gründe zu unterstellen, die sich aus ganz spezifischen rechtlich-politischen Interessen ergaben, wie im Fall des Wetterauischen Grafenkollegiums. Dort war die Alleinvertretung der Kuriatstimme durch den Grafenhauptmann und seine Adjunkten nicht unum-stritten, und deshalb haben einige andere Grafen, die ohnedies eigene Gesandte zum Westfälischen Friedenskongreß geschickt hatten, gesonderte Ratifikationen ausgestellt
Dazu
Schmidt, 177f,
457f; s. auch
Meiern 6, 857
.
Separate Urkunden stellten aus (s.
An-hang
2): Gf.in Anna Amalia von Nassau-Saarbrücken als Vormund ihrer drei Söhne, Gf. Johann und Gf. Ernst Kasimir von Nassau-Saarbrücken gemeinsam sowie drei Gf.en von Waldeck. Gf. Ludwig Heinrich von Nassau-Dillenburg ratifizierte sowohl für sich als auch für das Grafenkollegium. Der ksl. Prinzipalges., Johann Ludwig Gf. von Nassau-Hadamar, hatte Ratifikationsurkunden vorbereitet, diese jedoch nicht ausgehändigt (drei Exemplare für das IPM sowie vier für das IPO liegen in:
HStA
Wiesbaden 171 Z 1319).
.
Die im Spätherbst 1648 ausgefertigten Urkunden sind von Servien und den schwedischen Gesandten allerdings in fast allen Fällen nicht als gültige Ratifika-tionen akzeptiert worden. Als ihnen die reichsständischen Urkunden zu Beginn des Jahres 1649 in Münster zur Begutachtung vorgelegt wurden, bemängelten sie mehrere Punkte an diesen und forderten Umfertigungen
Vgl. Servien an Brienne, 1649 I 12 (Ausf.:
AssNat
Paris
279 fol. 264–271, hier 265–266);
Meiern
6, 826f
, 830; APW
III C 2, 1214 Z. 27–35 und 1217 Z. 4–40.
; außerdem waren zu jenem Zeitpunkt noch nicht alle Urkunden in Münster eingetroffen. Nur in weni-gen Fällen war jedoch Unzufriedenheit mit den Verhandlungsergebnissen der Grund für die Mängel oder das gänzliche Fehlen einer Urkunde, wie etwa im Fall Lübecks.
[p. CXXIV]
[scan. 124]
Diese Stadt, die zur Ratifizierung verpflichtet war, wollte einen Vorbehalt in die Ratifikation einflechten, da sie und die von ihr mitvertretene Hanse nicht mit der im Vertrag ausgesprochenen Bestandsgarantie des Weserzolls einverstanden wa-ren. Schon bei der Verlesung des IPO am 6. August 1648 hatte ihr Gesandter Gloxin zu protestieren versucht und im weiteren Verlauf der Verhandlungen na-mens der Hanse mehrere Eingaben eingereicht
Nachweise zum Folgenden s. Anm.en 219–223.
. Gloxins Standpunkt wurde je-doch weder von den Gesandten der Kronen noch vom Reichsdirektorium aner-kannt, so daß er sich schließlich bemühte, gegen ordnungsgemäß ausgeführte Ra-tifikationen ein Attestat zu erhalten, das die Rechtsposition der Stadt stütze. Nur die kaiserlichen Gesandten waren dazu bereit
Lamberg erhielt die Lübecker Ratifikation des IPO 1649 II 27 (
APW III C 4, 226 Z.
26f). Die Ratifikationen für Frankreich und Schweden übergab Gloxin jedoch erst Ende Mai/Anfang Juni (La Court an Servien, 1649 VI 1; Ausf.:
AE
Paris
,
CP
All 126 fol. 110–113, hier 112’).
, der französische Vertreter und die Schweden nicht. Neben Lübeck versuchten auch andere Stände, sich durch Vorbehaltserklärungen einen Handlungsspielraum freizuhalten. Der branden-burgische Kurfürst erklärte schriftlich, daß seine Ratifizierung nur unter der Be-dingung geschehe, daß Schweden alle Verpflichtungen des Vertrags ihm gegen-über erfülle. Diese Eingabe wurde den kaiserlichen Gesandten jedoch erst im Mai 1649 zugestellt und beeinträchtigte den Ablauf der Ratifizierung nicht mehr
Die kurbg. Erklärung, Kleve 1649 II 6 (Kopie:
HHStA
Wien,
RK
FrA
Fasz.
92 XX nr. 2556), wurde den ksl.
Ges.
1649 V 5 präsentiert (
APW
III C 2, 1264 Z. 5–9).
. Der Herzog von Savoyen ging einen Schritt darüber hinaus und erweiterte eigen-mächtig die vorgeschriebene Ratifikationsformel, indem er eine umfangreiche Klausel hinsichtlich der Abtretung Pinerolos hinzufügte
Diese ist in Nr. 4, in den Textanmerkungen,
gedruckt. Zu den verschiedenen Initiativen des savoyischen
Ges.
s. Anm. 64.
, die von Volmar ohne Beanstandung angenommen wurde
Und zwar 1649 IV 29 (Anm. 517). In der frz.
Überlieferung ist keine Ratifikation Savoyens erhalten;
fraglich ist, ob jemals eine solche Urkunde ausgestellt und angenommen worden ist.
. Der sächsische Kurfürst wiederum miß-traute der schwedischen Politik in solch hohem Maße, daß er sich überhaupt nur widerstrebend in die unvermeidliche Ratifizierung fügte. Da der obersächsische Kreis stark mit schwedischen Truppen belegt war, befürchtete Kurfürst Johann Georg, nach der Ratifizierung werde man der schwedischen Armee nicht mehr Herr werden
Zur Haltung Kursachsens s.
Oschmann
, 178, 190, 201, 208.
. Ebenso wie er seinen Gesandten erst spät zur Unterzeichnung ermächtigt hatte, leitete er die Ausfertigung der Urkunden erst Anfang Januar 1649 als letzter der Reichsstände in die Wege
Vgl. einen Kanzleivermerk über die Anfertigung der kursächsischen Urkunden von 1648 [XII] (
SHStA
Dresden, Locat 8132 Band 18 fol.
347–349) sowie die Konzepte der Ratifi-kationsurkunden mit Vermerken,
die sich auch auf spätere Ausfertigungen beziehen (
ebenda fol. 340–342’ und 344–346).
Der Kf. von Sachsen überschickte die Erstausfertigungen seiner Urkunden mit Schreiben von 1649 I 4/14 (Konzept:
ebenda fol. 338–339’). Darin begrün-dete er den Verzug damit, daß ihm der Text der schwed. Ratifikation nicht mitgeteilt worden sei, die schwed. Ratifikation nicht von den schwed. Reichsräten unterzeichnet werde und an-dere erhebliche Ursachen vorlägen. Er ermahnte den
Ges.
, die Urkunden nur im
äußersten Notfall auszuhändigen. Die Antwort Leubers, 1649 I 16/26, Ausf.:
ebenda Band 20 fol.
72–77.
, obwohl sein Gesandter ihm zei-
[p. CXXV]
[scan. 125]
tig die Formeln nach Dresden geschickt und um Ausfertigung von je vier Urkun-den gebeten hatte. Der kurfürstliche Hof fand sich dann überdies auch nicht dazu bereit, das für Schweden verabredete Formular zu verwenden, sondern änderte es eigenmächtig um
Der Kf. von Sachsen monierte die einleitende Formulierung in der Ratifikationsformel, wo-nach der ratifizierende Reichsstand sowohl vom Ks. als auch von der schwed. Kg.in zum Kongreß
eingeladen worden sei. Da er persönlich eine schwed.
Einladung nie erhalten habe, könne er, so schrieb er seinem
Ges.
, keinesfalls in einer öffentlichen Urkunde das Gegenteil behaupten (Weisung von 1649 IV 24/V 4; Konzept:
SHStA
Dresden, Locat 8132 Band 22 fol.
83–85’).
. Und er hatte Glück damit; wohl aus Unachtsamkeit be-merkte Oxenstierna erst lange nach dem 18. Februar diesen Fehler, und es gelang ihm dann nicht mehr, neue Urkunden aus Dresden zu erhalten
Vgl. Leuber an Kf. von Sachsen, 1649 IV 6/16 und 1649 V 4/14 (Ausf.:
ebenda
fol. 33a–33’ und fol. 159–160). Die im
RA
Stockholm überlieferten Ratifikationsurkunden enthalten die im oben beschriebenen Sinne veränderte Formulierung.
. Auch die kai-serlichen Gesandten verzichteten schließlich auf die Korrektur des ihrer Auffas-sung nach fehlerhaften Titels der Hohenzollern in den brandenburgischen Ratifi-kationen
In den Ratifikationen des bg. Kf.en sowie der bg. Mgf.en, die Mitte April 1649 (Anm. 517) eingereicht wurden, war der Titel „Hg. von Jägerndorf und Crossen“ (
in Silesia Crosnae et Carnoviae dux)
verwendet worden. Auf die Anfrage der ksl.
Ges.
hin (1649 IV 20, Konzept:
HHStA
Wien
,
RK
FrA
Fasz.
92 XIX nr. 2524)
entschied die böhmische Hofkanzlei trotz einiger Bedenken,
die Ratifikationen nicht mehr zurückzugeben (1649 V 20,
ebenda
Fasz.
60 [April 1649]
unfol.).
.
Die Übergabe gültiger reichsständischer Ratifikationsurkunden wurde jedoch aufs Ganze gesehen trotz der angeführten Beispiele weniger durch politische Opposi-tion gegen den Friedensvertrag verhindert als durch Komplikationen in zeremo-niellen Details, deren Mißachtung die Reputation der Kronen Frankreich und Schweden hätte beeinträchtigen können. Allerdings ist auch und zusätzlich in Rechnung zu stellen, daß die Verhandlungen über die reichsständischen Ratifika-tionsexemplare in eine Verhandlungsphase fielen, in der insbesondere die schwedi-sche Seite versuchte, Zeit zu gewinnen
; die in diesem Zusammenhang erhobe-nen Forderungen müssen deshalb wohl auch unter diesem Aspekt gesehen werden. Erst Anfang Februar nämlich traten Servien und die schwedischen Gesandten mit der Forderung an die Reichsstände heran, daß die Urkunden auf Pergament mit anhängenden Siegeln geschrieben werden müßten
S. z. B. die Relation der bay.
Ges.
von 1649 I 29 (Kopie:
BHStA
München, Nachlaß Lori Band 14 fol.
177–188, hier 178–180).
. Außerdem stießen sie sich an verschiedenen, in den reichsständischen Ausfertigungen benutzten Wendungen, die sich gar nicht einmal in den Passagen befanden, in denen der jeweilige Aus-steller seine Zustimmung zum IPM oder IPO formulierte, sondern in den Titeln
[p. CXXVI]
[scan. 126]
des Kaisers, der schwedischen Königin und des französischen Königs, die am Be-ginn des Textes in der Darlegung der Vorgeschichte der Verträge aufgeführt wa-ren. Im kaiserlichen Titel wurden die Bezeichnungen
landgravius Alsatiae und
comes Ferretis von französischer Seite nicht zugelassen; auch das Prädikat
invic-tissimus wurde dem Kaiser verwehrt. Die schwedischen Gesandten forderten für die Königin den Titel
serenissima et potentissima und verlangten, daß wie im Vertrag selbst Osnabrück als Ort der Unterzeichnung des IPO genannt werde, obwohl dies dem vereinbarten Formular und den Tatsachen widersprach. Zudem sollte das Datum der Unterzeichnung des Friedensvertrags in den Ratifikationen des IPO im alten und im neuen Stil angegeben werden. Servien beanstandete, daß einige Fürsten, z. B. Kurbayern, Kursachsen und das Haus Braunschweig-Lüneburg, überdies dem französischen König den Titel
potentissimus verweigert oder ihn mit der Anrede
consanguineus noster bedacht hatten. Das letztere wies Servien besonders nachdrücklich zurück, obwohl oder vielleicht weil er nur we-nige plausible Gegenargumente hätte angeben können
Servien bat Brienne mehrfach in dieser Sache um Anweisung, s. seine Relationen von 1649 I 12 (Ausf.:
AssNat
Paris 279 fol. 264–271, hier 266),
1649 II 9 (Ausf.:
ebenda fol.
307–312, hier 311’–312), 1649 II 12 (Kopie:
AE
Paris
,
CP
All 125 fol. 239–241’, hier 240’–241), 1649 II 16 (
AssNat
Paris 279 fol. 313–314’, hier 314–314’); Brienne antwor-tete lediglich ausweichend
(1649 I 22, Ausf.:
AE
Paris
,
CP
All Spl. 3 fol. 166–172, hier 169–169’), bis Servien schließlich die erfolgreiche Abweisung dieser Forderung berichten konnte (1649 III 2,
Ausf.:
AssNat
Paris 279 fol. 321–323’, hier 321’–322).
.
Die Reichsstände gaben in allen Punkten am Ende nach. Hinsichtlich des kaiser-lichen Ehrentitels
invictissimus einigte man sich darauf, unterschiedliche Urkun-den für den Kaiser einerseits und die Kronen andererseits anzufertigen und in den für den Kaiser bestimmten Dokumenten den fraglichen Beinamen und gegebenen-falls auch den Titel
landgravius Alsatiae zu verwenden, in den Exemplaren für die Kronen hingegen nicht
Der Ks. hatte für sich auf dem Titel
invictissimus bestanden, s. seine Weisung, 1648 XII 14 (
HHStA
Wien
,
RK
FrA
Fasz.
92 XVII fol. 513–520, hier 518’). Zu den Absprachen unter den Reichsständen und mit den ksl.
Ges.
s.
Meiern 6, 680–683
, 729f, Leuber an Kf. von Sachsen, 1648 XI 17/27 und 1648 XI 24/XII 4 (Ausf.en:
SHStA
Dresden, Locat 8132 Band 18 fol. 69–70’ und 116–117, PS fol. 118–118’), und bay.
Ges.
an Kf. von Bayern, 1648 XI 27 (Kopie:
BHStA
München, Nachlaß Lori Band 13 fol. 507–530, hier 511).
. Dies komplizierte die Dinge freilich erneut, weil die heimischen Kanzleien den Kompromiß oft nicht richtig verstanden
Der bay. Kf. hat, wenn unsere Ermittlungen zutreffen, im ganzen 30 Ratifikationsurkunden für beide Verträge ausgestellt, und zwar zwanzig Papierausfertigungen und zehn Pergament-urkunden, s. seine Weisungen von 1648 XI 10 (
BHStA
München, Kurbayern Äußeres Archiv 3069 fol. 425–429, PS fol. 446, hier 428), 1648 XII 19 (
ebenda fol. 472–477’, PS fol. 502,
hier 476), 1649 I 27 (
ebenda 3071 fol. 130–139’, PS fol. 141, hier 133–135’, 141), 1649 II 10 (
ebenda fol. 165–170’, hier 165–165’), 1649 III 10 (
ebenda
fol. 304–307’), 1649 III 24 (
ebenda fol. 356–371, hier 358’–359). Eine nicht verwendete Pergamentur-kunde liegt in:
BHStA
München, Kasten schwarz 7692 fol.
371.
oder neue Fehler sich einschlichen
Selbst am Ks.hof in der österreichischen Hofkanzlei und in Innsbruck wurden Fehler gemacht. Für die ersten beiden österreichischen Ratifikationen für Frankreich und Schweden (Ks. an Wolkenstein, 1648 XII 12; Kopie:
HHStA
Wien
,
RK
FrA
Fasz.
92 XVII fol. 422–424’)
wurde zunächst der gleiche, gegenüber dem Standardformular veränderte Text verwendet, so daß sie für beide Verträge gelten konnten. Eine dieser Urkunden hat Servien angenommen,
die andere wurde zurückbehalten (heute:
HHStA
Wien
, AUR
1648 XI 24), da Oxenstierna die Annahme verweigerte (
APW III C 2, 1218 Z. 4–6). Ferner war in den ersten beiden Urkunden Volmar statt Goll als ehgl.
tirolischer
Ges.
genannt. Die ksl.
Ges.
beanstandeten dies bei Hofe (1648 XII 24 und 1649 II 4; Konzepte:
HHStA
Wien
,
RK
FrA
Fasz.
92 XVII fol. 494–495’
und
ebenda
Fasz.
92 XVIII fol.
307–307’). Daraufhin wurde für Schweden eine neue Urkunde mit den korrekten Gesandtennamen und einem auf das IPO zugeschnittenen Text ausgestellt und in Münster übergeben
(heute:
RA
Stockholm, original-traktater Tyskland I. Tyska riket No. 8 N u). Vgl. zum Ganzen die Textanmerkungen in Nr.
4 und Nr. 23.
. Manche Stände, die nicht zur Ratifizierung verpflich-
[p. CXXVII]
[scan. 127]
tet waren, haben dann angesichts der entstandenen Konfusion auf korrigierte Fas-sungen ganz verzichtet. Nach zähen Verhandlungen gaben auch der bayerische
Kf. Maximilian von Bayern nahm diese Titelfrage sehr wichtig und wies seine
Ges.
an, dieses Anliegen in Geheimverhandlungen hartnäckig zu verfolgen, s. seine Weisungen von 1649 I 27 (Ausf.:
BHStA
München, Kurbayern Äußeres Archiv 3071 fol. 130–139, PS fol. 141, mit der Beilage fol.
143–146), 1649 II 10 (Ausf.:
ebenda fol. 165–170’, hier 165–165’), 1649 II 24
(Ausf.:
ebenda fol. 228–234, PS fol. 235, hier 232’–233), 1649 III 3 (Ausf.:
ebenda fol. 260–263 mit PS, hier 261–261’). Die bay.
Ges.
berichteten von der strikten Weigerung Ser-viens in ihren Relationen von 1649 I 12 (Kopie:
BHStA
München, Nachlaß Lori Band 14 fol.
71), 1649 II 9 (Kopie:
ebenda fol.
233–264, hier 245–246 und 254–263), 1649 II 12 (Kopie:
ebenda fol. 265–283, hier 280–281), 1649 II 15 (Kopie:
ebenda fol. 285–312, hier 291–294 und 295–303).
und der sächsische
Der kursächsische
Ges.
Leuber verpflichtete sich 1649 II 3/13 schriftlich, daß er eine korrekte Urkunde beibringen werde (
SHStA
Dresden, Locat 8132 Band 21 nach fol. 5); die frz. Ratifikation für Kursachsen wurde solange beim kurmainzischen Reichsdirektorium ver-wahrt, s. auch seine Relationen von 1649 II 6/16 (Ausf.:
ebenda
Band 20 fol. 319–320) und 1649 II 9/19 (Ausf.:
ebenda Band 21 fol. 1–4’, PS fol.
5). Der Kf. von Sachsen schickte die korrigierte Version 1649 II 23/III 5 (Konzept:
ebenda
fol. 7–8’); Leuber händigte sie 1649 III 5/15 (vgl. sein Diarium;
ebenda, Locat 8134 Band 29 fol. 85’) gegen Empfang der frz. Ratifikation, der ersten, beanstandeten kurfürstlichen Urkunde (diese vielleicht, jedoch nicht sicher heute:
ebenda
, O.U. 13.200) und seines Reverses aus (Relation von 1649 III 6/16, Ausf.:
ebenda, Locat 8132 Band 21 fol.
114–115’).
Kurfürst sowie die anderen Fürsten nach und unterließen in der französischen Königstitulatur die Bezeichnung
consanguineus. Unabhängig davon, wieviele korrigierte Ausfertigungen noch erstellt wurden, sind alle Urkun-den, bei nur wenigen Ausnahmen
Unterschiedliche Datierungen finden sich bei den Urkunden des Kf.en von Bayern sowie der Reichsstädte Regensburg, Wetzlar und Worms (s.
Anhang
2). Hg. Christian Ludwig von Braunschweig-Lüneburg fertigte wegen des Todes des Hg.s Friedrich und der darauf folgen-den Neuverteilung der welfischen Fürstentümer (Anm. 440) Anfang 1649 neue Urkunden aus.
, auf den Tag der ersten Ausfertigung zurück-datiert
Deshalb sind in
Anhang
2 die Daten der Urkunden mit dem Zusatz „dat.“ versehen.
.
So kam es endlich zu einer Einigung in den von den Kronen beanstandeten Punk-ten, auch wenn diese Komplikationen viel Zeit kosteten, so daß am 18. Februar 1649 eine Reihe von Urkunden nicht in der von den Kronen geforderten Form vorlag. Man behalf sich damit, daß die unkorrekten Urkunden von den Kronen
[p. CXXVIII]
[scan. 128]
unter Vorbehalt angenommen wurden, bis die neuen Ausfertigungen einträfen und nachgereicht würden
Eigentlich hätten die unkorrekten Urkunden dann zurückgegeben werden müssen. Dies ist jedoch, wie die
Überlieferung zeigt (s.
Anhang
2), nicht durchgängig geschehen. In der Regel kann man davon ausgehen, daß es sich, wenn neben einer Pergamenturkunde eine Papieraus-fertigung überliefert ist,
bei letzterer um die zuerst übergebene Urkunde handelt, die durch die Pergamenturkunde obsolet wurde.
. Die Mängel in den reichsständischen Ratifikationen behinderten die Verhandlungen hinfort nicht mehr; fast alle Urkunden, die am 18. Februar 1649 noch nicht vorgelegen hatten, wurden bis zum Frühsommer 1649 nachgereicht
Vgl. die Liste der Urkunden, die dem ksl.
Ges.
Lamberg vor seiner Abreise (1649 IV 13) von Nassau und Volmar übergeben wurden, mit Zusätzen über die später eingereichten Doku-mente (
HHStA
Wien,
GehStReg Rep. N Ka. 96
Fasz.
69 unbez. pars nr. 26 unfol.). Da-nach erhielten die ksl.
Ges.
1649 IV 18 die kur- und fürstlich-bg.
Urkunden, 1649 IV 29 die Ratifikation des Hg.s von Savoyen,
1649 V 20 die der Stadt Wetzlar und 1649 V 25 die mecklenburgische. La Court, der sich nach der Abreise Serviens um die fehlenden Urkunden bemühte, berichtete 1649 IV 27 (Ausf.:
AE
Paris
,
CP
All 125 fol. 452–454’, hier 453’–454) und 1649 V 11 (Ausf.:
ebenda 126 fol. 31–33’, hier 32–33), daß er sich um die von Servien benannten Urkunden, z. B. die fürstlich-bg., bemühe, die Dokumente von den fraglichen Reichsstädten und dem wetterauischen Gf.enkollegium erhalten, und schließlich, daß er bis auf die Ratifikation Lübecks alle erforderlichen Urkunden zur Hand habe. Die letztgenannte Ratifikation ist ihm bald danach auch tatsächlich eingereicht worden (Anm. 497).
. In den Fällen, wo dies nicht geschah, wurde es nicht mehr zu einem politischen Problem hochstilisiert.
Auf zwei Ausnahmen ist abschließend noch hinzuweisen, auf den Fürstbischof von Verdun und den Pfälzer Kurfürsten. Franz von Lothringen hat als Fürstbischof von Verdun erst 1651 eine Ratifikationsurkunde des IPM für den französischen König ausgefertigt. Dabei verwendete er einen inhaltlich und sprachlich anderen Text als die unter den Reichsständen vereinbarte Formel. Weil das Fürstbistum durch die Bestimmungen des IPM an Frankreich abgetreten worden war
, ver-sprach der Bischof in dieser Urkunde für sich und seine Nachfolger die volle An-erkennung der französischen Souveränität
Dat. 1651 III 12, s.
Anhang
2. Der Wortlaut ist in einer Textanmerkung zu Nr. 4 abge-druckt.
.
Pfalzgraf Karl Ludwig, der älteste Sohn des Winterkönigs, erklärte sich auf eine offizielle Anfrage der Reichsstände aus Westfalen hin aus seinem Londoner Exil Ende 1648 zwar sofort bereit, die Friedensverträge anzuerkennen und die Ratifi-kationsurkunden auszustellen
Dazu und zum Folgenden
Oschmann
, 150–155, 268–275.
. Als hinderlich erwies sich jedoch die Frage, wel-chen Titel er in diesen offiziellen Erklärungen führen dürfe. Solange ihm kein eigenes Erzamt für seine neue (achte) Kur übergeben worden war, wollte der Pfäl-zer den Titel des alten Erzamts seiner Linie, des Erztruchsessen, unter Vorbehalt weiter führen. Dies fand zunächst keine Zustimmung; die mit den Erztruchsess-Titel ausgefertigten Ratifikationsurkunden wurden weder von den kaiserlichen
[p. CXXIX]
[scan. 129]
Gesandten
Die ksl.
Ges.
stellten allerdings ein Attestat darüber aus (Konzept:
HHStA
Wien
,
RK
FrA
Fasz.
92 XX nr. 2593b), s.
dazu ihre Berichte an den Ks., 1649 V 25 und 1649 VI 1 (Kon-zepte:
ebenda nr.n 2581 und 2593).
noch dem kursächsischen Bevollmächtigten
Leuber stellte ebenfalls ein Attestat aus, s.
Leuber an Kf. von Sachsen, 1649 V 25/VI 4 (Ausf.:
SHStA
Dresden, Locat 8132 Band 22 fol.
189–189a); dessen Text ist in sein Diarium eingefügt (
ebenda, Locat 8134 Band 29 fol.
130’–131).
angenommen. Einige Monate später kam auf dem Nürnberger Exekutionstag ein Vergleich zustande, so daß Karl Ludwig Mitte September 1649 seine ersten Ratifikationen, noch immer unter Vorbehalt, aber mit dem Erztruchsesstitel, ausstellen konnte, die von Schwe-den, dem Kaiser und dem Reichsdirektorium angenommen wurden
Dat. Windsheim 1649 IX 1[/11], s.
Anhang
2. Die vorbehaltliche Ratifikation des IPM von Kurpfalz liegt irrtümlich in
RA
Stockholm; wahrscheinlich ist sie in Nürnberg nicht ausgehändigt worden. Der Text des Formulars wurde in allen Urkunden entsprechend der Tatsache,
daß Kurpfalz auf dem
WFK
nicht durch
Ges.
vertreten gewesen war, abgeändert (s. in den Textanmerkungen zu Nr. 4 und 23).
. Drei Jahre später, nachdem die spanischen Truppen aus Frankenthal abgezogen waren und er vom Kaiser die Erlaubnis erhalten hatte, den Titel eines Erzschatzmeisters zu führen, ließ der Pfälzer zumindest für den Kaiser entsprechend geänderte Doku-mente
Dat. Heidelberg 1652 VII 8/18, s.
Anhang
2. Es ist fraglich, ob damals auch für Frank-reich,
Schweden, das kurmainzische Reichsdirektorium und das
CE
eigene Urkunden ausge-fertigt worden sind; erhalten haben sie sich jedenfalls nicht.
anfertigen.
Von denjenigen Ratifikationsurkunden des IPM und des IPO, die seitens der reichsständischen Gesandten, vor allem während des Frühjahrs 1649, auf dem Kongreß herausgegeben worden sind, ist eine große Zahl überliefert. Im Ganzen handelt es sich, soweit feststellbar, um 261 Urkunden
In
Anhang
2 sind sie zusammen mit einer Beschreibung des Äußeren zusammengestellt.
von 53 regierenden Reichsständen oder reichsständischen Korporationen. Diese befinden sich in der Mehrzahl in den Urkundenabteilungen der Archive in Wien (für den Kaiser und das kurmainzische Reichsdirektorium
Verzeichnis:
Bittner,
Staatsverträge 58f. Die Urkunden sind heute in einem einzigen Be-stand
zusammengeführt, in der Allgemeinen Urkundenreihe (
HHStA
Wien
, AUR).
Die Un-terscheidung
zwischen den Urkunden, die dem Kaiser zugedacht, und jenen,
die für Kurmainz bestimmt waren, ist jedoch einfach zu treffen: auf dem Papierumschlag, in den jede Urkunde gehüllt ist, sind alte Signaturen des ksl. oder des Kurmainzer Archivs vermerkt.
), Paris (in den
AE
und in den
AN)
Ein Verzeichnis bei
Duparc
,
58.
, Stockholm
Ein Verzeichnis darüber:
Taube
/
Bergh; z. T. wieder abgedruckt in
ST 6.1, 461–465. Dort wird eine Urkunde der Herrschaft Geroldseck, dat. 1650 VIII 7 (
RA
Stockholm, original-traktater Tyskland 1. Tyska riket No. 9 V N), mit aufgeführt, die nicht zu den ordnungsge-mäßen
Ratifikationen des IPM und des IPO gehört und deshalb in unserer Edition nicht berücksichtigt wird.
und Dresden. Ein kleinerer Teil – es sind ausschließlich minder wertvolle Papierurkunden – ist in Aktenfaszikeln der diplomatischen Korrespon-denz zu finden
In einem Aktenfaszikel der Friedensakten der Reichskanzlei (
HHStA
Wien
,
RK
FrA
Fasz.
57 Konv. E), in der u.
a. die diplomatische Korrespondenz der ksl. Gesandtschaft aufbewahrt wird, liegen einige Papierausfertigungen, die deshalb hier dem Kaiser zugerechnet worden sind. In den Friedensakten des Mainzer Erzkanzlerarchivs liegen einige Ratifikationsurkun-den in einem Aktenkonvolut (
HHStA
Wien
,
MEA
FrA
Fasz.
6 [Konv. 32] unfol.) zusam-men mit Vollmachten reichsständischer
Ges.
, die wohl dem kurmainzischen Reichsdirekto-rium übergeben worden sind. In der frz. diplomatischen Korrespondenz vom
WFK
hat sich eine Ratifikationsurkunde des fränkischen Reichsgrafenkollegiums gefunden (
AE
Paris
,
CP
All 111 fol. 28–29). – Es ist deshalb nicht auszuschließen, daß noch weitere Urkunden an versteckter Stelle liegen. Für die vorliegende Edition wurden allein die thematisch und chro-nologisch unmittelbar einschlägigen Bestände durchgesehen.
. Trotz der beeindruckend hohen Zahl scheint die Überlieferung
[p. CXXX]
[scan. 130]
der Urkunden jedoch lückenhaft zu sein. Nur für den Dresdner Bestand läßt sich weitgehende Vollständigkeit behaupten, da ein Verzeichnis der Urkunden erhal-ten ist, die Leuber am Ende seiner Mission am kurfürstlichen Hof abgegeben hat
Anm. 297. Die Ratifikationen wurden kopiert (
SHStA
Dresden, Locat 8132 Band 22 fol.
226–316). – Das erwähnte Verzeichnis führt 42 Urkunden auf;
zu diesen zählen die Nachaus-fertigung des IPM und des IPO sowie die frz. und die schwed. Ratifikation, außerdem eine Urkunde der Stadt Nürnberg von 1648 VIII 4/14 (
SHStA
Dresden
, O.U. 13.156), bei der es sich jedoch nicht um eine Ratifikation, sondern um eine Vollmacht für Kress von Kressen-stain handelt
(in der allerdings pauschal alles, was in Westfalen in Zukunft noch verhandelt werde, vorab ratifiziert wird). Eine der im Verzeichnis genannten Urkunden, eine bg.-ans-bachische
Ratifikation des IPO, ist heute nicht mehr vorhanden. Eine kursächsische Ratifika-tion des IPM, die sich heute ebenfalls im
SHStA
Dresden, befindet, wird hingegen nicht in dem Verzeichnis aufgeführt. Daher wird hier mit 37 Dresdener Ratifikationen gerechnet.
. Beim kurmainzischen Archiv hingegen ist aufgrund des Befunds und der bewegten Geschichte dieser Bestände von Verlusten
Zur Geschichte des Mainzer Erzkanzlerarchivs
Auer. Bei vielen Ratifikationsurkunden aus dem Mainzer Archiv ist auf der Rückseite eine Aktenbeschreibung in Französisch geschrie-ben.
auszugehen. Für die schwe-dischen, französischen und kaiserlichen
Für die den ksl.
Ges.
übergebenen Ratifikationen des IPM liegt ein Verzeichnis vor (Anm. 517).
Dort sind zwei Urkunden, von Baden-Durlach und Mecklenburg,
genannt, die heute nicht mehr auffindbar sind.
Urkunden liegen keine vollständigen zeitgenössischen Angaben vor, die zur Prüfung herangezogen werden könnten. Von einzelnen Stücken läßt sich sicher sagen, daß sie verlorengegangen sind. So fehlen, obwohl der bayerische Kurfürst alle erforderlichen Urkunden nach Mün-ster geschickt hat, seine Ratifikation des IPM für den Kaiser
Sie ist in dem genannten Verzeichnis der Lamberg übergebenen Urkunden aufgeführt und noch im entsprechenden Repertorium im
HHStA
Wien genannt.
sowie alle Exem-plare für das Reichsdirektorium und für Kursachsen. Obwohl der französische Be-vollmächtigte berichtet, er habe alle nötigen Ratifikationen erhalten
, gehen die entsprechenden fürstlich-brandenburgischen Dokumente ab. Der kursächsische Gesandte erhielt zwei Ratifikationen seines Kurfürsten, um sie dem Reichsdirekto-rium auszuhändigen
Leuber an Kf. von Sachsen, 1649 III 6/16
(Ausf.:
SHStA
Dresden, Locat 8132 Band 21 fol.
114–115’).
; auch sie sind heute nicht mehr vorhanden. Außerdem und vor allem fallen bei einer eingehenden Prüfung, welche Urkunden von den einzel-
[p. CXXXI]
[scan. 131]
nen Reichsständen überliefert sind, Ungereimtheiten auf
So sind von Bamberg, das zur Ratifikation verpflichtet war, nur die an Frankreich und Schweden
übergebenen Ratifikationen vorhanden, obwohl der
Ges.
sich bis zum Frühsommer 1649 in Münster aufhielt und alle von ihm geforderten Unterschriften geleistet hat (s.
An-hang
1). Von Kf. Johann Philipp von Mainz sind die Urkunden, die er als Kf. von Mainz für den Kaiser ausgestellt hat, vorhanden, nicht jedoch solche Johann Philipps in seiner Eigen-schaft als Fbf. von Würzburg.
Die Reihe solcher erklärungsbedürftiger Sachverhalte ließe sich fortsetzen.
, die möglicherweise anhand der Korrespondenzen geklärt werden könnten, worauf hier aber verzich-tet wurde. Eine vollständige Statistik der Ratifikationen ist daher nicht möglich, doch können einige Punkte hier festgehalten werden.
Von den überlieferten Urkunden gelten 123
Für die im folgenden genannten Zahlenverhältnisse wurden die in
Anhang
2 zusammenge-stellten Angaben ausgewertet.
für das IPM, 136 für das IPO, zwei Urkunden sind für beide Verträge zusammen ausgestellt worden
Dabei handelt es sich um eine Urkunde der Stadt Nürnberg und um eine der Ehg.e von Österreich; zur letztgen.
s. Anm. 511. Deshalb sind 125 für das IPM und 138 für das IPO ausgestellt worden, wie im Vorspann zu Nr. 4 und Nr. 23 notiert.
. In Schweden befinden sich heute 64 Urkunden, in Paris, verteilt auf zwei Archive, 48 Exemplare
Die pfälzische Ratifikation des IPM liegt in Stockholm.
. In den kaiserlichen Beständen sind 80 Urkunden
37 für IPM, 41 für IPO, 2 für beide gemeinsam.
erhalten, im Bestand des ehemaligen kurmainzischen Reichsdirektoriums nur noch
32
11 für IPO und 21 für IPM.
. Dres-den bewahrt insgesamt 37 Ratifikationen des Westfälischen Friedens
auf.
Für die Rechtsgültigkeit der reichsständischen Ratifizierung kam es allein auf die Aushändigung der sechzehn Urkunden der dazu deputierten Reichsstände an. Den Schweden haben alle beauftragten Reichsstände die obligatorische Ratifikation eingereicht
Es sind in diesem Fall siebzehn, da der Kf. von Mainz eine eigene Ratifikation als Fbf. von Würzburg ausstellte.
. Die Krone Frankreich hat auf jeden Fall vierzehn solcher Ratifika-tionen erhalten, hier fehlen heute die fürstlich-brandenburgischen Urkunden. In den kaiserlichen Beständen sind für das IPM dreizehn und für das IPO vierzehn der obligatorischen Urkunden überliefert
Hier fehlen die bambergischen und regensburgischen Urkunden sowie für das IPM zusätzlich das kurbay. Dokument.
. Während es unwahrscheinlich er-scheint, daß das kurmainzische Reichsdirektorium nur drei obligatorische Ratifi-kationen für das IPO und fünf für das IPM erhalten haben soll
Für beide Verträge von Sachsen-Altenburg und Straßburg, zusätzlich für das IPM von den beiden bg.
Mgft.ern und vom Wetterauer Grafenkollegium und für das IPO von Kurbranden-burg.
, sind dem kur-sächsischen Gesandten tatsächlich nicht mehr als sieben solcher Urkunden für das
[p. CXXXII]
[scan. 132]
IPM und vier für das IPO ausgehändigt worden
Für beide Verträge die Urkunden von Kurbrandenburg, Brandenburg-Kulmbach, Sachsen-Altenburg und vom Wetterauer Grafenkollegium, für das IPM allein von Brandenburg-Ans-bach.
; noch nicht einmal alle evan-gelischen Deputierten haben Kursachsen eine eigene Urkunde zugestellt
Für beide Verträge fehlen die Urkunden der beiden verpflichteten welfischen Fürstentümer sowie der Städte Straßburg, Lübeck und Nürnberg; außerdem für das IPO die Ratifikation Regensburgs; die Ratifikation Brandenburg-Ansbachs für das IPM ist wahrscheinlich ausge-händigt worden,
fehlt jedoch heute (Anm. 530). Die Auslieferung der Ratifikationen an Kur-sachsen war abermals 1649 III 24/IV 3 in einer Sitzung der evangelischen
Ges.
beschlossen worden (Bericht in:
SHStA
Dresden, Locat 8132 Band 22 fol.
14–22’;
TE 6, 704ff).
.
Die überlieferten Urkunden sind von 53 regierenden Reichsständen oder reichs-ständischen Korporationen ausgefertigt worden
Zu den folgenden Angaben vgl. Nr. 5 und Nr. 24;
dort sind zu jedem Adressaten nicht nur die reichsständischen Urkunden, sondern auch die Urkunden des Ks.s bzw. der beiden Kronen aufgeführt. Außerdem stellten die Ehg.e von Österreich, Ks. Ferdinand III. und Ehg. Ferdi-nand Karl, eine gemeinsame Urkunde für Frankreich und Schweden aus, eine weitere ist in den ksl. Beständen überliefert.
. 45 Reichsstände haben den Schweden eine Urkunde ausgestellt, 43 ihre Urkunde den französischen Gesand-ten geben lassen. Dem Kaiser wurde das IPM von 30 Reichsständen und das IPO von 34 Ständen ratifiziert. Für das Reichsdirektorium lauten die Zahlen 16 (IPM) und 11 (IPO), für Kursachsen 15 (IPM) und 20 (IPO).
Die äußere Gestaltung der Urkunden folgt zwei Grundmustern. Der eine Urkun-dentyp ist in Papier ausgeführt, meist im üblichen Aktenformat; in der Regel ist ein Wachssiegel aufgedrückt
Lacksiegel finden sich hingegen bei einer Urkunde Hg.s August von Braunschweig-Wolfenbüt-tel und bei drei Urkunden der Gf.in Anna Amalia von Nassau-Saarbrücken.
. Diese Papierexemplare sind, wie schon erwähnt, gewöhnlich die ersten Ausfertigungen, die dann oft zurückgewiesen oder nur unter Vorbehalt angenommen wurden. Die Urkunden des anderen Typs sind auf Per-gament geschrieben und stellen in der Regel die gültigen Dokumente dar. Für sie wurde ein großer Bogen Pergament verwendet, an dessen Plica das Hängesiegel befestigt ist. Das Siegel ist in der Regel in eine Holzkapsel gegossen, es finden sich jedoch auch elfenbeinerne Kapseln sowie Blech- und Bleidosen
Elfenbeindosen verwendeten der Kf. von Bayern,
der Mgf. von Baden-Baden und die Stadt Nürnberg. Die Siegelkapsel der Stadt Regensburg ist mit einer Elfenbeinrosette verziert. Mit einer Bleidose sind die Siegel an den Ratifikationen der Stadt Nordhausen umgeben. Blech-kapseln
sind zu finden bei den Ratifikationen von Sachsen-Gotha, des Gf.en von Mömpelgard sowie der Städte Goslar und Lübeck. Die Siegel der kurbg. Ratifikationen für den Ks. und die Kronen sollen sich in einer silbernen Kapsel befunden haben (
Meiern 6, 860
und 861; für die an Schweden übergebene Urkunde:
TE 6,
656). Da die Siegel an beiden Seiten mit einer bildlichen Darstellung versehen sind, müssen sie lose in den Dosen gelegen haben. Keine der Siegeldosen ist heute noch vorhanden.
. Die Siegel-schnüre sind in den Farben des Ausstellers ausgeführt. Manche der Urkunden sind
[p. CXXXIII]
[scan. 133]
sehr sorgfältig mit ornamentaler Initiale
Schöne Initialen z. B. bei Urkunden Sachsen-Altenburgs, Sachsen-Gothas, Württembergs so-wie Nürnbergs und Nordhausens.
und verziertem Rand
Auffällige Schmuckleisten wurden in Urkunden Baden-Durlachs, Sachsen-Gothas und Sach-sen-Lauenburgs sowie der Stadt Nordhausen eingetragen.
stilisiert; übli-cher ist jedoch eine gleichfalls sorgfältige, jedoch schlichtere Ausführung.
Um die Ratifizierung der Reichsstände zu dokumentieren, sind die überlieferten Urkunden für die beiden Verträge jeweils den Adressaten zugeordnet und in zwei Listen (Nr. 5 und Nr. 24) zusammengestellt worden. Außerdem wurden alle er-haltenen Ratifikationsurkunden mit einer Beschreibung ihres Äußeren in einer Li-ste aufgeführt, in der sie ihren Ausstellern zugeordnet sind (
Anhang
2).
Für den Text der Ratifikationsurkunden wurde der standardmäßige Formular-text in denjenigen Passagen, die für alle Reichsstände gleich sind, bei einigen aus-gewählten Urkunden kollationiert und die Varianten vermerkt. Die Modifikatio-nen anderer Urkunden sind pauschal in den Textanmerkungen erfaßt (Nr. 4 und Nr. 23).