Acta Pacis Westphalicae III B 1,1 : Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden, 1. Teil: Urkunden / Antje Oschmann

5 Von der Unterzeichnung der Friedensverträge bis zum Austausch der Ratifikationsurkunden

In den ersten Tagen nach der Publikation des Friedens in Münster und Osna-brück benachrichtigten die Gesandten die Armeen und die heimischen Höfe. Sie sandten Boten zu den Generalen Turenne

Servien sandte einen Bediensteten namens Girard, der einer späteren Abrechnung zufolge ( AE Paris , CP All 129 fol. 253–264, hier 257) Münster 1648 X 29 verließ.
, Piccolomini

S. APW III C 2, 1161 Z. 13f und 212R. Der Bote der Relation von 1648 X 25 (Anm. 121) sollte auch Piccolomini die Nachricht vom Friedensschluß überbringen.
und Pfalzgraf Karl Gustav

Der Pfalzgraf wurde von den schwed. Ges. nur über die Tatsache des Friedensschlusses infor-miert ( APW II C 4 Nr.n 405, 409 und Nr. 426 [hier 780 Z. 14f], Nr. 432 [hier 795 Z. 28f], Nr. 451 [hier 821 Z. 3–11]), erhielt aber keine Ausfertigung des Friedensvertrags (ungenau APW II C 4, 780 Z. 5, 794 Z. 7f, 1084).
. Nach Stockholm fertigten die schwedischen Gesandten ihren Sekretär Gustav Hanson ab

Dieser führte auch ein heute verlorenes Memorial über den Ablauf der Unterzeichnungszere-monie mit sich ( APW II C 4, 750 Z. 6–9).
, der wahrscheinlich die in der kaiserlichen Kanzlei herge-stellte Ausfertigung der Unterhändlerurkunde

Die schwed. Ges. betonen mehrfach in ihren Schreiben von 1648 X 16/26 an die Kg.in, an Reichskanzler Axel Oxenstierna und an Staatssekretär Gyldenklou, daß sie originalet über-senden würden ( APW II C 4, 749 Z. 27f, 750 Z. 23ff, 752 Z. 15ff, 753 Z. 12f, 754 Z. 10–13). Demgegenüber sollen sie am selben Tag ihre Bitte um die Unterzeichnung eines weiteren Exemplars gegenüber den reichsständischen Ges. damit begründet haben, diese Nach-ausfertigung – und nicht die Erstausfertigung – solle nach Stockholm übersandt werden ( Mei-ern 6, 624; Lahrkamp, 288). Dies scheint jedoch nur eine vorgeschobene Begründung gewe-sen zu sein, ebenso wie es wenig wahrscheinlich ist, daß der Bote, wie Jakobi, Vertragsexem-plare, 218, vermutet, die Nachausfertigung zusätzlich mit nach Stockholm genommen hat; dazu unten, LXXXIf.
im Gepäck hatte, um bei Hofe den Text des Friedensvertrags vorweisen zu können. Die kaiserliche Gesandt-schaft und Servien haben die ihnen ausgehändigten Ausfertigungen der Verträge hingegen bei sich behalten und zu diesem Zeitpunkt nur Kopien nach Wien

Einer der Sekretäre Volmars, Johann Jakob Öxlin, überbrachte die gemeinsame Relation aller ksl. Ges. von 1648 X 25 (Ausf.: HHStA Wien , RK FrA Fasz. 58a [1648 VII–X] fol. 215–217’, 226, PS fol. 219) nach Wien. Ihr waren neben anderen Schriftsätzen Kopien beider Verträge beigefügt (die heute nicht mehr bei der Ausf. liegen), wie in der Relation deutlich gesagt wird (die Rekonstruktion der Beilagen in APW III C 2/3, 212R, ist unvollständig, denn zusätzlich zu den dortigen Angaben wurde eine Kopie des IPO [s. auch APW III C 4, 200 Z. 1–4] und der ksl. Ratifikationsformel des IPO überschickt; außerdem ist der dort aufgeführte Druck des IPM sicher erst später an dieser Stelle eingefügt worden).

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bzw. Paris

In seinem Schreiben von 1648 X 25 an die Kg.in (Ausf.: AE Paris , CP All 112 fol. 356–358; Teildruck: Duparc, 59) stellte Servien zwar die Übersendung der ihm von den ksl. Ges. überreichten Ausfertigung des IPM in Aussicht, in einem Schreiben an Brienne vom glei-chen Tag ( AE Paris , CP All 112 fol. 359–360) nahm er diese Ankündigung jedoch wieder zurück. Er nannte dafür drei Gründe: 1) die ksl. und die schwed. Ges. (s. jedoch Anm. 120) übersendeten ihre Ausfertigungen ebenfalls nicht; 2) lothringische Truppen machten den Post-weg unsicher, und da sie kein Geleit anerkennten, könne das Original und damit der einzige stichhaltige Beweis für den geschlossenen Frieden verloren gehen; 3) einige Punkte seien noch zu klären, und einige Ges. hätten noch nicht unterschrieben (wobei Servien insbesondere an Savoyen dachte).
übermittelt. Der Kaiserhof wurde zusätzlich durch Kuriere infor-miert

Diese Kuriere hatten nur den Auftrag, den Ks.hof über die Tatsache der vollzogenen Unter-zeichnung zu unterrichten. Sie führten die Vertragsdokumente nicht mit sich. Lampadius teilt zwar in seinem Diarium mit (ein Auszug ediert von Lahrkamp, 288), Nassau habe berichtet, der Ks. habe nach Ankunft des Boten das Instrumentum Pacis mit beeden Händen ergriffen, dazu Jakobi, Vertragsexemplare, 218. Nassaus Bericht muß jedoch nicht notwendig auf eine Unterhändlerurkunde bezogen werden; er widerspricht überdies den anderen Quellen-belegen.
. Eine Nachricht von derart großer Bedeutung zu überbringen versprach Renommée und hohe Belohnung. Die beiden kaiserlichen Prinzipalgesandten, Lamberg für die schwedisch-kaiserlichen Verhandlungen und Nassau für die Traktate mit Frankreich, wetteiferten um diese Ehre, so daß sich von kaiserlicher Seite zwei Boten auf den Weg nach Wien machten

Lamberg schickte ( APW III C 4, 199 Z. 23–26) einen Adligen aus seinem Gefolge, Johann Karl Hätzenberger (gest. 1657; s. ebenda, 19).
. Als erster traf schließlich Hermann Otto von Nassau

Hermann Otto Gf. von Nassau (1627–1660), Domherr in den Domkapiteln Köln, Mainz, Trier, Straßburg, Hildesheim und Halberstadt ( Europäische Stammtafeln 1, 120). Er soll als Belohnung eine Anweisung von 20.000 Rt. auf die Reichsstädte Köln und Frankfurt erhalten haben, die 1672 noch nicht beglichen war ( Demandt, 200 Anm. 34).
, ein Sohn des Prinzipalgesandten, am 3. November in Wien ein

Einem Zeitungsbericht zufolge ( DPF Bremen Z 9 1648/47–II S. 3–4) legte der junge Graf Nassau die letzte Wegstrecke per Schiff zurück; als dieses sich Wien näherte, soll ein Trompe-ter vorne am Bug gestanden haben, in einer Hand eine schwarz-gelbe Fahne, in der anderen seine Trompete. In Wien eingetroffen, wurde Nassau von Trauttmansdorff empfangen und in dessen Wohnung geleitet.
: die Beziehungen seines Vaters hatten ihm den entscheidenden Zeit-vorteil verschafft

Darauf deuten drei Schreiben (zweimal dat. 1648 X 28 und einmal dat. 1648 X 30) in den Akten Nassaus hin (Ausf.en: KHA Den Haag , A 4 nr. 1628/45 unfol.). In einem meldet ein Postschreiber, der zu diesem Zeitpunkt den Frankfurter Postmeister vertrat, daß er ein Schrei-ben Nassaus erhalten und daraufhin 1648 X 28 Nassaus Sohn früh morgens mit Pferden aus-gerüstet, Lambergs Kurier jedoch nur einen leichten Reitwagen (calesche ) zur Verfügung ge-stellt habe, also dz verhoffentlich derselbe [Nassau] ein guete zeit vor dem courir beliebi-ger orthen einkohmmen werde. Im anderen Schreiben wird die Durchreise Nassaus durch Nürnberg gemeldet und hinzugefügt: der Lambergische cavallier ist durch unsere anschläg wunderlich verhindert worden, anderst selbiger uns vorkommen were.
. Der schwedische Bote erreichte Stockholm am 2./12. No-

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vember und erhielt eine außerordentliche Belohnung

TE 6, 626; s. Praesentatvermerk der Gesandtenrelation von 1648 X 15/25 ( APW II C 4, 748 Z. 23f). Die Kg.in wandte sich direkt an Pgf. Karl Gustav mit einem Schreiben von 1648 [XI] 4/14 ( APW II C 4 Nr. 388, dort ist die versehentliche Datierung auf Oktober 1648 irrtümlich übernommen worden). Zur Belohnung wurde Hanson geadelt und erhielt ein an-sehnliches Geldgeschenk ( TE 6, 626).
. In Paris langte die offi-zielle Nachricht vom Friedensschluß spätestens am letzten Tag des Monats Okto-ber ein

Gazette [de France] 1648 no. 166, 1479.
.
Die in den beiden Friedensverträgen ausdrücklich geforderten Ratifikationsur-kunden für die jeweilige Gegenseite sind dann im großen und ganzen zügig, wenn auch mit Verzögerungen ausgestellt worden. In Stockholm hatte man am 10. No-vember begonnen, sich mit dem Friedensvertrag zu befassen

Vgl. SRP 12, 419f.
. Sobald Hanson eingetroffen war, wurde das Original im Reichsrat vorgelegt, die Beratung aufge-nommen

Ebenda , 421.
und die Ratifizierung schließlich ohne Zögern gebilligt

Allerdings monierte die Kg.in, daß in der ksl. Ratifikationsformel des IPO (Text: Nr. 19) ihr Vater, Gustav Adolf, nur den Titel serenissimus, nicht aber, wie sie selbst, auch den Beina-men potentissimus erhalten habe. Sie wies die Ges. 1648 XI 11/21 an, dies zu ändern ( APW II C 4 Nr. 430, hier 792 Z. 4–9), wofür es zu diesem Zeitpunkt allerdings zu spät war.
. Die auf-wendige Gestaltung der Ratifikationsurkunden nahm eine geraume Zeit in An-spruch

Aufgrund der früheren Berichte der Ges. hatte man in Stockholm nicht erwartet, neue und umfangreiche Urkunden ausstellen zu müssen (so Axel Oxenstierna im Reichsrat, 1648 XI 16/26; SRP 12, 425).
, zumal man, einem Hinweis Salvius’

Salvius an Gyldenklou, 1648 X 15/25 ( ST 6.1, 323f; APW II C 4 Nr. 402 enthält Feh-ler).
folgend, von vorneherein drei übereinstimmende Urkunden ausfertigte. Vierzehn Tage später ging man diese drei Urkunden im Reichsrat abschließend durch; dabei kollationierten die Köni-gin, Reichskanzler Oxenstierna, ein anderer Reichsrat und der Staatssekretär den Text mit dem eingeschickten Friedensvertrag

SRP 12, 425.
. Ende November oder in den er-sten Dezembertagen verließ Hanson mit diesen Dokumenten Stockholm

Nach Kg.in an Oxenstierna und Salvius, 1648 XI 21/XII 1 ( APW II C 4 Nr. 444), am 30. November, nach TE 6, 626, am 2. Dezember.
und traf fast einen Monat später, am 22. Dezember, in Münster ein

Vgl. Meiern 6, 726 ; APW III C 4, 212 Z. 14f.
.
In Wien erörterte der Geheime Rat am 11. November die Friedensschlüsse

Gutachten der deputierten Räte, 1648 XI 7 und 8, sowie das Conclusum des Geheimen Rats, 1648 XI 11 ( HHStA Wien , RK FrA Fasz. 56e [1648 XI 8–30] unfol.).
. Dabei stand die Annahme des Vertrags in keiner Weise zur Diskussion; die Rati-fizierung und die Ausstellung des kaiserlichen Exekutionsedikts wurden sofort in die Wege geleitet. Nur bei der Frage, welcher Titel dem Kaiser in den Urkunden gegeben würde, versuchten die Räte, alle verbliebenen Möglichkeiten auszuschöp-fen. Denn während der Kaiser im IPM gegenüber Frankreich auf die weitere Führung des Titels landgravius Alsatiae verzichtet hatte – was schon 1647 abge-

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sprochen worden war und Anfang November 1648 in Münster schriftlich fixiert wurde

Text: Nr. 11.
– war dieses kaiserliche Prädikat im IPO an mehreren Stellen verwen-det worden

In der Präambel und in den inserierten ksl. und schwcd. Vollmachten (Text: Nr. 18).
. Darauf wollten die Geheimen Räte nicht ohne Not verzichten

In den 1648 VIII 6 ( HHStA Wien , RK FrA Fasz. 55a [1648 VIII] fol. 67–68) und 1648 VIII 31 ( ebenda fol. 177–178) nach Wien überschickten Vorlagen für die Anfertigung der ksl. Ratifikation des IPO stand anstelle des ksl. Titels ein pauschaler Verweis ( titul.). Das 1648 X 25 überschickte Formular konnte nicht identifiziert werden.
. Für die kaiserliche Ratifikation des IPO wurde deshalb beschlossen, eine Urkunde auszufertigen, in der der Titel landgravius Alsatiae enthalten war, dem Boten jedoch, um Schwierigkeiten vorzubeugen, zugleich ein zweites Original ohne die-sen Titel nach Münster mitzugeben. So geschah es

Vgl. die Schreiben des Sekretärs Öxlin an Walderode von 1648 XII 8 (eigh. Ausf.: HHStA Wien , RK FrA Fasz. 56e [1648 Dezember] fol. 58) und an den Ks., 1649 III 12 (eigh. Ausf.: ebenda Fasz. 59a unfol.). Danach hat Öxlin mit niemandem, nicht einmal mit Volmar, darüber gesprochen, daß er noch eine zweite Urkunde in Reserve habe. Die schwed. Ges. haben die ksl. Ratifikation mit dem Titel landgravius Alsatiae ohne Beanstandung angenom-men.
. Die Ausstellung der Ratifi-kationsurkunde für das IPM verzögerte sich etwas, weil die Gesandten aus Mün-ster meldeten, Servien wolle die Vereinbarung über den Urkundentext geändert haben

Ohne eine Begründung dafür anzugeben, wollte Servien weder die Präambel noch die Corro-boratio (§ 120 IPM) in die Ratifikationsurkunde aufnehmen. Die ksl. Ges. teilten dies 1648 X 30 und 1648 XI 27 dem Ks.hof mit (Konzepte: HHStA Wien , RK FrA Fasz. 92 XVII fol. 34 sowie fol. 190; dazu auch ein Zettel: ebenda fol. 30–30’).
. Die kaiserlichen Räte nahmen dieses Ersuchen, zumal sie Weiterungen befürchteten, mit Verärgerung auf und lehnten es schließlich völlig ab

Vgl. die Gutachten deputierter Räte, 1648 XI 12 und 1648 XII 11 (Konzept: HHStA Wien , RK FrA Fasz. 56e fol. 8–12’ und ebenda Fasz. 58b fol. 145–157), und die ksl. Weisungen, 1648 XI 14 und 1648 XII 14 (Ausf.: ebenda Fasz. 92 XVII fol. 217–219 und 513–520).
. Auch konnte sich der Kaiser nicht dazu bereit finden, zusätzliche Ratifikationen für das kurmainzische Reichsdirektorium oder sogar für das Corpus Evangelicorum aus-zustellen, da dies nicht bindend vereinbart worden sei

Vgl. das Gutachten deputierter Räte, 1648 XII 27 ( HHStA Wien , RK FrA Fasz. 58b fol. 190–193), und die ksl. Weisung, 1648 XII 28 (Ausf.: ebenda Fasz. 92 XVII fol. 724–725’). Auf die entsprechende reichsständische Anfrage hatten sich die ksl. Ges. zuerst zuversichtlich gezeigt, s. ihre Relation, 1648 XII 11 (Konzept: ebenda fol. 292–295’, PS fol. 296–297), und waren später, 1649 II 19, noch einmal darauf zu sprechen gekommen (Konzept: ebenda Fasz. 92 XVIII fol. 397–398’).
. Der Bote mit den Ur-kunden für das IPM und das IPO verließ Wien um den 22. November

Vgl. den Paß für ihn (Konzept: HHStA Wien, RK FrA Fasz. 56e [1648 XI 8–30] fol. 67).
und traf am 3. Dezember abends in Münster ein

So die Einträge im Diarium Volmar ( APW III C 2, 1170 Z. 9f) und im Diarium Lamberg ( APW III C 4, 209 Z. 1f.).
.

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Das kaiserliche Exekutionsedikt mit dem Datum des 7. November wurde wahrscheinlich kurz nach dem 11. November gedruckt und als Patentdruck zur Vervielfältigung und Verteilung an die kreisausschreibenden Fürsten gesandt

Z. B. an Kf. von Sachsen, 1648 XI 7 (Ausf.: SHStA Dresden, Locat 8132 Band 18 fol. 93–94; fol. 95 ein vom Ks. unterzeichneter Patentdruck des Edikts).
. Auch die anderen vom Kaiser im Friedensvertrag geforderten Urkunden wurden um diese Zeit ausgefertigt. Die Zessionserklärung des Reiches für das Elsaß, Metz, Toul und Verdun sowie Pinerolo, ebenfalls auf den 7. November datiert, brachte der Sekretär Öxlin zusammen mit den kaiserlichen Ratifikationsurkunden nach Münster

Ksl. Ges. an Ks., 1648 XII 4 (Konzept: HHStA Wien, RK FrA Fasz. 92 XVII fol. 231–231’). Die Zeitungsmeldung, daß der Sohn Nassaus die Keyserl. Unterschrifft wegen Metz / Toul und Verdun mitgebracht habe, wie es dort hieß (DPF Bremen Z 59 1648/205 S. 3–4), trifft demnach nicht zu.
. Die Zession der Erzherzöge sowie die österreichische Ratifikation des IPM und des IPO, die auch von den beiden Tiroler Erzherzögen unterzeichnet werden mußte, wurde am 12. Dezember dem österreichischen Gesandten Wol-kenstein zugesandt

Ks. an Wolkenstein, 1648 XII 12 (Kopie: HHStA Wien, RK FrA Fasz. 92 XVII fol. 422–424’).
. Die letztgenannte Ratifikation war allerdings, sicherlich unbeabsichtigt, in der Form fehlerhaft

Dazu Anm. 511.
. Die von Salvius Ende November erho-bene Forderung, eine eigene Ratifikation für den Geheimartikel auszustellen

Vgl. die Relation der ksl. Ges. , 1648 XI 27 (Konzept: HHStA Wien, RK FrA Fasz. 92 XVII fol. 190).
, erfüllte der Kaiser schließlich Anfang Januar 1649

Der Kaiser ließ zuerst unter dem Datum 1648 XII 14 eine Ratifikation in deutscher Sprache ausfertigen (Ausf.: HHStA Wien , RK FrA Fasz. 92 XVII fol. 542) und übersandte sie am selben Tag (Ausf.: ebenda Fasz. 92 XVII fol. 513–520). 1649 I 5 schickte er die lateinische Fassung, die 1649 I 23 in Munster eintraf ( APW III C 2, 1202 Z. 9f).
.
In Paris, wo der König und die Vormundschaftsregierung zum Zeitpunkt der Un-terzeichnung des Friedensvertrags innenpolitisch in großer Bedrängnis waren

Zur Fronde: Meyer, 304–309; Carrier; Bercé.
, wurde die Nachricht vom Friedensschluß in der politischen Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen. Diese Schwierigkeiten haben die Herstellung der Ratifi-kationsurkunden Frankreichs denn auch verzögert; eine zusätzliche Erschwernis resultierte aus der Behinderung der Post durch lothringische und andere Truppen, und zuguterletzt hielten Sonderwünsche Serviens und ein Mißverständnis zwi-schen ihm und Staatssekretär Brienne den Vorgang auf.
Kurz nach der Unterzeichnung trug Servien den kaiserlichen Gesandten nämlich vor, daß er die Ratifikationsurkunden anders, als ursprünglich vorgesehen, einge-richtet haben wolle

Anm. 143.
, und berichtete davon auch nach Paris

Vgl. Servien an Brienne, 1648 X 25 (Ausf.: AE Paris, CP All 112 fol. 359–360, hier 359’–360).
. Die Sache war ihm allerdings nicht überaus wichtig, denn als er vom Widerspruch des Kaisers

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erfuhr, lenkte er sogleich ein und erbat aus Paris eine Ausfertigung nach dem ur-sprünglich vereinbarten Formular

Vgl. Servien an Brienne, 1648 XII 8 (Ausf.: ebenda fol. 471–471’).
. In den Weihnachtstagen traf in Münster eine Sendung aus Paris ein, in der zwei Versionen der Ratifikation für den Kaiser enthalten waren

Vgl. Brienne an Servien, 1648 XII [18] (Ausf.: AE Paris , CP All 123 fol. 394–397, hier 395–395’). Darin begründet Brienne zum ersten Mal, warum er den Text des inserierten IPM in der beschriebenen Weise verändert habe. Servien setzte die ksl. Ges. 1648 XII 25 und 26 in Kenntnis ( APW III C 2, 1177 Z. 8–13 und 14–17). Eine der frz. Urkunden wurde damals mit dem ksl. Dokument kollationiert; darüber hat sich eine kurze Aufzeichnung erhalten ( HHStA Wien, GehStReg Rep. N Ka. 96 Fasz. 68 unbez. pars nr. 26 unfol.).
. Keine der beiden war jedoch in der gewünschten Weise stili-siert; Brienne hatte nämlich auch die Vollmachten abschreiben lassen und durch den ganzen Vertragstext hindurch den französischen König vor den Kaiser gesetzt, außerdem im zweiten Exemplar die Reihenfolge der Vollmachten umgekehrt. Als der Kongreß davon erfuhr, war die Erregung groß, denn man vermutete dahinter eine politische Absicht. Zumindest für Servien trifft das kaum zu; in Paris hat er energisch interveniert und eine neue Urkunde angefordert

Vgl. Servien an Brienne, 1648 XII 29 (Ausf.: AE Paris, CP All 112 fol. 526–536’, hier 529’–530) und 1649 I 12 (Ausf.: AssNat Paris 279 fol. 264–271, hier 264–265), sowie ders. an den Kg., 1649 I 5 (Kopie: AE Paris, CP All 125 fol. 29–33’, hier 30–30’). Brienne rechtfertigte sich 1649 I 15 (Ausf.: AE Paris, CP All Spl. 3 fol. 157–161, hier 159–160).
. Anfang Januar hatte er schließlich eine korrekte Ausfertigung zu Händen

Brienne übermittelte sie 1648 XII 24 (Ausf.: AE Paris, CP All 123 fol. 391–393’, hier 391). Servien bestätigte ihr Eintreffen 1649 I 5 (Ausf.: AssNat Paris 279 fol. 250–251). Vgl. auch die Mitteilung der Ksl. (APW III C 2, 1183 Z. 31f).
. Erst kurze Zeit zuvor, als die drei schwedischen Ratifikationsexemplare eingetroffen waren, war ihm aller-dings bewußt geworden, daß ein einzelnes Exemplar nicht ausreiche. Zuerst nahm er an, es genüge ein weiteres für das Reichsdirektorium, schließlich führten die Einwendungen Leubers jedoch dazu, daß Servien noch zwei zusätzliche Exem-plare bei Brienne bestellte

Vgl. Servien an Brienne, 1648 XII 29 (Ausf.: AE Paris , CP All 112 fol. 536–536’, hier 535’), 1649 I 5 (Anm. 161, hier fol. 250’–251) und 1649 I 12 (Ausf.: ebenda fol. 264–271, hier 267’).
. Weil der königliche Hof zeitweise gezwungen gewe-sen war, sich außerhalb von Paris aufzuhalten, wurden diese erheblich später an-gefertigt

Vgl. Brienne an Servien, 1649 I 3 und 1649 I 22 (Ausf.en: AE Paris , CP All Spl. 3 fol. 157–161 und 166–172, hier 168’–169).
; es wurde wahrscheinlich auch eine andere Vorlage als für die erste Urkunde verwendet. Mitte Februar 1649 trafen diese beiden Exemplare endlich bei Servien ein

Brienne schickte sie 1649 II 5 ab (Ausf.: AE Paris , CP All Spl. 3 fol. 173–177, hier 173). Diese Postsendung langte verspätet erst 1649 II 13 ein, so Servien an Brienne, 1649 II 16 (Kopie: AssNat Paris 279 fol. 313–314’, hier 313).
. Für das königliche Siegel an beiden Urkunden ließ er, wie auch schon bei der dem Kaiser zugedachten Urkunde, in Münster gegen eine hohe Summe goldene, gravierte Siegelkapseln anfertigen

Von den drei Kapseln ist noch eine vorhanden. Dazu unten, CXVIII.
. Weil auch die Schweden

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goldene Siegelkapseln verwendeten, schien ihm dies erforderlich, damit die Repu-tation Frankreichs nicht Schaden nehme

Vgl. Servien an Brienne, 1648 XII 29 (Ausf.: AE Paris, CP All 112 fol. 526–536’, hier 535’) und 1649 I 5 (Ausf.: AssNat Paris 279 fol. 250–251, hier 250’). Vgl. auch Meiern 6, 771 .
.
Anfang Januar 1649, kurz nach dem im Friedensvertrag für den Austausch der Ratifikationsurkunden anberaumten Termin

Der korrekte Termin wäre 1648 XII 24 gewesen (§ 111 IPM und XVII,1 IPO).
, standen somit die dazu erforder-lichen Urkunden der Hauptverhandlungsparteien in Münster zur Verfügung. In der Zwischenzeit hatte man sich dort intensiv um die executio pacis geküm-mert

Dazu Oschmann, 124–132. Die Mediatoren fertigten 1648 XI 4 die 1647 im frz.-ksl. Sa-tisfaktionsvertrag vereinbarten Attestate für den Titel landgravius Alsatiae und für den bei der frz. Satisfaktionszahlung zu verwendenden Umrechnungskurs aus (Texte: Nr. 11 und 12); dazu APW III C 2, 1154 Z. 25–30, 1161 Z. 26 – 1162 Z. 9.
. Beeinträchtigt wurden diese Bemühungen jedoch durch das Eingeständnis der zahlungspflichtigen Reichskreise, daß die Ende Dezember 1648 fällige erste Rate der Satisfaktionsgelder nicht bereitliege. Außerdem schlugen die Verhandlun-gen fehl, die in Prag zwischen der kaiserlichen Armee und dem Pfalzgrafen Karl Gustav über die Abrüstungsmodalitäten begonnen worden waren

Dazu Oschmann , 108–124.
, weil die kai-serliche Seite auf keinen Fall für reichsständische Zahlungen haften wollte, die Schweden hingegen ohne ausreichende Sicherheiten in diesem Punkt weitere Ver-handlungen für zwecklos hielten. In Münster gerieten Oxenstierna und Salvius daraufhin unter starken Druck seitens der Armeeführung. Nicht ohne Einfluß wa-ren überdies die Befürchtungen Frankreichs, daß Spanien die innenpolitische Krise der Krone ausnutzen und von der in spanischer Hand befindlichen, kurpfäl-zischen Festung Frankenthal aus das Elsaß und die lothringischen Bistümer an-greifen werde. Beide Gesandtschaften, die französische und die schwedische, woll-ten daher nicht so schnell die Möglichkeit aus der Hand geben, bei den in Münster noch versammelten Reichsständen die Erfüllung weiterer Forderungen zu errei-chen. Anfang Januar 1649, nach Ablauf des vorgesehenen Termins für den Aus-tausch der Ratifikationen, veröffentlichten sie ihre Vorbedingungen

Text: Meiern 6, 749–752 und 755f; dazu und zum Folgenden Oschmann , 132–166.
.
Die schwedischen Gesandten versuchten dabei, nachträglich einige Einzelforde-rungen, die bis zum 24. Oktober nicht durchgesetzt worden waren, zu verwirkli-chen. In Einklang mit einigen protestantischen Gesandten verbanden sie die Durchführung der Amnestie und der religionsrechtlichen Bestimmungen des Frie-dens durch ein Junktim mit dem Abzug der Truppen. Überdies forderten sie – entgegen dem Reichsschluß vom 13. Oktober – die Ratifikationen aller oder doch einiger Reichsstände ein, die dort nicht genannt worden waren

Gefordert wurde namentlich die Ratifikation des Kölner Kf.en ( Foerster, 364f), der Kriegs-partei und einer der Hauptschuldner der hessischen Armeesatisfaktion war.
. Als ihnen dann im Februar die in Münster eingetroffenen reichsständischen Ratifikationsurkun-

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den vorgewiesen wurden

Dazu Meiern 6, 826f ; APW III C 2, 1214–1218 (passim).
, wollten sie die Dokumente aufwendiger gestaltet, und zwar auf Pergament ausgefertigt und mit Hängesiegel versehen wissen. In der von den Reichsständen verwendeten Ratifikationsformel bemängelten sie au-ßerdem einige Formulierungen, da sie der Reputation des Königreiches abträglich seien. Über diese schwedischen Forderungen, deren Ernsthaftigkeit für die kaiser-liche und die reichsständische Gegenseite schlecht einzuschätzen war, wurde in Münster bis Mitte Februar verhandelt.
Auch Servien hatte einige Probleme mit den reichsständischen Ratifikationsur-kunden. Sein Hauptaugenmerk war jedoch auf die Absicherung der französischen Territorialsatisfaktion gerichtet. Deshalb forderte er in verdeckter Form die An-nullierung der reichsständischen Erklärung vom 22. August 1648 und suchte sicherzustellen, daß er alle nach dem Friedensvertrag erforderlichen, einschlägi-gen Erklärungen erhalte

Servien brachte sogar eine eigene Abtretungserklärung Ehg. Leopold Wilhelms für das Elsaß ins Gespräch, was Volmar jedoch ablehnte (Volmar an Trauttmansdorff, 1649 I 26; eigh. Ausf.: TA Wien, Ka. 116 Z 10 nr. 88 unfol.).
. Die Abtretungserklärungen, die von den österreichi-schen Erzherzögen und im Namen des Reiches ausgestellt werden sollten, waren schon im Dezember in Münster eingetroffen

Die Abtretungserklärung des Reiches für das Elsaß, die zusammen mit den ksl. Ratifikationen 1648 XII 3 von Wien in Münster eingetroffen war, wurde am 4./14. Dezember von den reichsständischen Deputierten unterzeichnet ( Meiern 6, 717 ), so auch Leuber an Kf. Sachsen, 1648 XII 5/15 (Ausf.: SHStA Dresden, Locat 8132 Band 18 fol. 144–146’), und in seinem Diarium ( ebenda, Locat 8134 Band 28 fol. 375’) sowie bay. Ges. an Kf. von Bayern, 1648 XII 15 ( BHStA München, Nachlaß Lori Band 13 fol. 605–626). Volmar hat dies in sei-nem Diarium nicht vermerkt. Zur Übersendung der österreichischen Zessionsurkunde s. Anm. 151.
. Nur eine spanische Urkunde war, wie jeder hatte annehmen können, nicht ausgeliefert worden, obwohl der Kaiser mehrfach in dieser Sache in Madrid hatte vorsprechen lassen

Oschmann , 145f.
. Servien verlangte deshalb von den Reichsständen, daß sie ihre in der Erklärung vom 15. Oktober für diesen Fall eingegangene Verpflichtung erfüllten. Die Reichsstände stellten ihm daraufhin unter dem Datum des 28. Januar eine Urkunde

Text: Nr. 15. Die drei Ausfertigungen wurden von Servien ( APW III C 2, 1209 Z. 14f) und von den meisten reichsständischen Deputierten erst am Tag danach, 1649 I 29, unterzeichnet ( Meiern 6, 824 ; Diarium Leuber, SHStA Dresden, Locat 8134 Band 29 fol. 11’), von den Bevollmächtigten Hessen-Kassels und der beiden badischen Markgrafschaften erst 1649 II 18 ( Meiern 6, 857 ). Das kurmainzische Reichsdirektorium stellte Servien für die Deposition der Ausfertigungen bis zum Ratifikationentausch eine Bescheinigung aus (Kopie: AE Paris , CP All 125 fol. 154). Zur Verhandlung Oschmann, 161ff; dort ist, 161 Anm. 288 und 664, das Datum der Urkunde falsch angegeben.
aus, in der sich das Reich verpflichtete, dem französischen König über die im Vertrag geregelte Generalgarantie hinaus gegen jegliche Beeinträchtigung seiner Rechte bewaffnete Hilfe zu leisten. Als Faustpfand durften französische Truppen die Besetzung der

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vier Waldstädte, Laufenburg, Rheinfelden, Säckingen und Waldshut, aufrechter-halten, und die Auszahlung der 3 Millionen Livres tournois an den Tiroler Erz-herzog wurde weiter ausgesetzt. Wieder äußerten der Kaiser

Oschmann , 163 Anm. 293. Der Kaiser monierte schließlich nur die Formulierung solutio-nis pretii conventi. Um diese Bedenken auszuräumen, wurde 1649 IV 30 ein reichsständi-sches Attestat ausgestellt; Text: Nr. 17.
und insbesondere Volmar, der immerhin auf die Formulierung des Dokuments Einfluß nehmen konnte, Bedenken; gegen die im Friedensvertrag festgelegte Verpflichtung ver-mochten sie jedoch nichts auszurichten

Von der Urkunde wurde eine Ausfertigung für den Kaiser erstellt. Servien hatte dies durchge-setzt, um den Kaiser zur Einhaltung zu verpflichten (Servien an Brienne, 1649 II 2; Ausf.: AssNat Paris 279 fol. 299–301, hier 299). Die drei Ausfertigungen wurden jedoch weder von einem ksl. noch von einem öst. Ges. unterzeichnet.
. Die Vorbehalte Serviens gegen die Her-ausgabe seiner Ratifikationen waren nun, da die gewünschte Verpflichtungserklä-rung des Reiches vorlag, fast vollständig ausgeräumt.
Hinsichtlich der anderen schwedischen und französischen Forderungen einigte sich der Kongreß nach einigem Hin und Her – insbesondere ein Schreiben an den Kaiser vom 25. Januar 1649 wurde erst nach zähen und kontroversen Diskussio-nen unter den Reichsständen beschlossen

Oschmann , 158–161; vgl. hier [Nr. 28 Anm. 1] .
– darauf, daß die Reichsstände den beiden Kronen vor dem Austausch der Ratifikationen schriftlich die Durchfüh-rung der Friedensverträge garantieren und versprechen sollten, mit den Armee-führungen zu einer Einigung über die Auszahlung der Satisfaktionsgelder und den Abzug der Truppen zu kommen. Die reichsständischen Ratifikationen sollten, so-weit sie formal nicht korrekt wären, nachgereicht werden. Nach Ausfertigung ei-nes Schriftsatzes am 17. Februar

Text: Nr. 28.
war der Weg zum Austausch der Ratifika-tionsurkunden frei.

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