Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
[56.] Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1647 März 18
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Münster 1647 März 18
Kurmainz Rk FrA Fasz. 21 nr. 38/39 = Druckvorlage. Vgl. ferner Kurtrier zA;
Kurköln zA I fol. 280–288’ ( damit identisch Kurköln spA II fol. 631–653, Kurköln zA
Extrakt fol. 32’ und Kurbayern zA 7672/1 a ); Kurbrandenburg Rk II fol. 29–45’.
Bestätigung der bayerischen Kurwürde. Einführung der achten Kur. Wiederaufnahme Pfalz- Heidel-
bergs ins Kurkolleg. Rückgabe der Unterpfalz an die Nachkommen des Winterkönigs.
Argumente für und gegen die Änderung der Goldenen Bulle: einerseits Charakter als Reichsgrund-
gesetz ; andererseits Wandlungen des Reichs, des Kurkollegs und der Goldenen Bulle selbst, Wahrung
des öffentlichen Wohls als oberster Rechtsgrundsatz, Notwendigkeit des Friedens, Befugnis des Kai-
sers und der Reichsstände zur Änderung ihrer eigenen Gesetze.
Rechtmäßigkeit der Übertragung der Kurwürde auf Bayern durch kaiserliche Verordnung, durch
Entscheidung des Kurfürstentags von Mühlhausen, durch den Prager Frieden. Faktische Ausübung
der kurfürstlichen Rechte und Übernahme der kurfürstlichen Pflichten durch Bayern.
Kurtrierische Bedingungen: Restitution Ebrenbreitsteins, der von Kurpfalz beanspruchten speyeri-
schen Hoheitsrechte und Dörfer.
Kaiserliche Bedingungen: Konfessionserhalt in der Unteren Pfalz, Auslösung der Bergstraße, Rück-
gabe der nebenstiffter des Bistums Worms, Bestätigung der während bayerischer Herrschaft
ausgetanen Pfälzer Lehen sowie der Immunität der Reichsritterschaft.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Böhmen,
Kursachsen, Kurbrandenburg.
Kurmainz . Erforderte der herrn gesanden bishero suspendirte vota uff
die iüngst verwichenen sambstag in causa Palatina gethane proposition.
Kurtrier . Ihrer Churfürstlichen Gnaden zu Tryr wehren hiebey verschie-
dene bedencken pro et contra zu gemüt gangen,
tiva , daß von soviel hundert jahren hero und von zeit der
gii electoralis der numerus septenarius electorum beim reich unverruckt
plieben,
2º daß derselbe hernacher lege publica per auream bullam, wie in proemio zu
sehen , nicht allein wegen vieler politischer considerationen, sondern auch
ob rationes mysticas, ut sacrum nimirum
candelabra lucentia in unitate spiritus septiformis, conformirt worden.
Hingegen pro affirmativa militirten noch mehrere trifftigere argumenta:
1º daß daß Römische reich offt und vielmahl in ipsa forma regiminis auß
erheblichen ursachen seine mutation gehabt
lina haereditarium geweßen, auch iheweilen die election des oberhaubts
bey sambtlichen chur-, fürsten und ständen bestanden, 2º in collegio elec-
torali iheweilen alternationes, insonderheit bey beyden heußern Pfaltz
Bayern und Pfaltz Heidelberg fürgangen, also daß man novis in imperio
emergentibus causis et necessitatibus nova et extraordinaria remedia adhi-
biren müßen. So seyen auch ratione translationum der churwürden und
-landen im reich, insonderheit beim churhauß Sachßen
exempla vorhanden.
3º. Daß nun der gegenwertige ubele zustand im Römischen reich dergleichen
mutationes erfordere, seye hell und offenbahr, weiln bishero in dießer
Pfaltzischen sachen nach fürgangenen etlich und zwantzigjährigen tractaten
kein ander zuträglicheres und bestendigeres medium compositionis alß
dießes gefunden und zu werck gerichtet werden können.
4º. Ihre Kayßerliche Mayestät deuteten zwar auff die alternation zwischen
beyden heußern; dabey seye aber kein bestand, wie bey der vor dießem
zwischen hochermelten beyden heußern getroffenen vergleichung daß
werck selbsten bezeuge, indeme in verlauff der zeit eines daß ander außge-
schloßen , allermaßen dann wahr worden, quod communio pariat discor-
diam , haec mutationem reipublicae, et quod imperium, cui aequiparatur
electoralis dignitas, non patiatur consortem.
5º so seye dieße auctio numeri nicht perpetua et immutabilis, sondern könne
uf zutragenden fall der octavus extinguirt und der numerus eligentium
wiederumb ad septenarium redigirt werden.
6º. Die sieben seulen des Römischen reichs sambt ubrigen reichsgliedern
seyen sehr ahn macht und vermögen durch gewalt des kriegs geschwächt,
würden durch daß Churbayrische hauß nicht geringert, sondern sehr corro-
borirt und versterckt.
7. Dardurch würde der hochstnöthige frieden erlangt.
8º. Ihre Kayßerliche Mayestät und beyde cronen, welche bey dießen trac-
taten die vornembste actores seyen, verstunden uff gewiße maß zu dem 8º
numero electorum, und zwar Franckreich allerdings iuxta dispositionem
Caesareae Maiestatis, die cron Schweden aber noch zur zeit nit allerdings,
remittirt noch dießen punctum ahn Kayßerliche Mayestät, chur-, fürsten
und ständ
und daß praeiudicium contra auream bullam salvirt.
10º. Wanngleich einige difficultäten bey dießer enderung im weg liegen
theten, so seye doch necessitas pacis allen andern considerationen vorzu-
ziehen , cum ob necessitatem publicam recedendum sit aliquando a regulis
iuris communis. Et pax nec caro nimis emi, nec diligenter nimis, dum
habetur, coli atque observari possit.
11. Daß churhauß Heidelberg habe sich der translation des 4 ti electoratus
und eintrettung in den 8 um so hoch nit zu beschwehren consideratis consi-
derandis , dann demselben mehrer gnad beschicht in facto atrociori alß dem
Chursachßischen hauß Weinmar, da dasselbige cum descendentibus et
agnatis von dem collegio allerdings außgeschloßen worden
Gemeint die ernestinische Linie des Kurhauses Sachsen; Hg. Johann Wilhelm von Sachsen-Weimar
(1530–1573) war von der Ächtung seines Bruders Johann Friedrich II. hinsichtlich Aus-
schlusses von der Kur zunächst betroffen, ebenso wie die aus der ernestinischen Linie stammenden
Herzöge von Sachsen-Altenburg, -Coburg, -Gotha und -Eisenach ( Isenburg I 46f.).
Dießer und anderer mehr beygehender considerationen wegen seyen Ihre
Churfürstliche Gnaden vors jahrs frist und hernacher der meinung geweßen,
ihrestheils in 4 tum electoratum cum regalibus et praerogativis pro domo
Bavarica und in die election des 8 1 electoratus pro domo Heidelbergica
zu consentiren, hetten auch bevohlen, darauff ihr votum zu richten.
Vor wenigen wochen aber hetten sie ihnen bevohlen, weil die sach praeter
exspectationem lang anstehen plieben, zuvorderist zu berichten, 1º ob die
sach zur haubtconsultation praeparirt,
2º ob sie in allen dreyen reichsräthen solte angenohmmen werden,
3º waß für stimmen sich im
tum seu cathegoricum consensum hierinnen noch zur zeit nicht bekommen,
so seyen sie doch moraliter vergewißert, daß sie ihren assensum nach ver-
nohmmenem bericht nicht difficultiren werden. Sie werden aber denselben
anderergestalt nicht geben alß under volgenden conditionen:
1º daß nach anleitung des vor dießem den herrn Kayßerlichen plenipoten-
tiariis ertheilten guetachtens die vestung Ehrnbreitstein ohne fernere dila-
tion Seiner Churfürstlichen Gnaden von Ihrer Mayestät abgetretten werde,
2º die von Churpfaltz hiebevorn violenta manu in dero stifft Speyer einge-
trungene leibeigenschafft, deßgleichen die auffgerichte zollstöck und daß
eingeführte glaid vermög ergangener cammerurtheil und Kayßerlicher
verordnungen cassirt
Der Punkt wurde in das Reichsgutachten über die pfälzische Frage aufgenommen ( Meiern IV
S. 399 ). Vgl. im übrigen Häusser II S. 589, 27ff, mea FrA 18 [B].
3º die dorffschafften Weschaw
Lehensinhaber von Hof und Burg Wersau (heute Krs. Mannheim) war Kurtrier (unter Balduin
von Luxemburg) bereits 1322 ( Struck S. 60); Wersau war 1063 beim Bischof von Speyer, um
1270 bei der Pfalz, wobei Speyer die „Hälfte der Lehenshoheit“ behielt, kam 1459 von Pfalz-
Veldenz wieder an Speyer und wurde 1462 kurpfälzisch ( Handbuch 6 S. 744).
ihrem stifft Speyer entzogen und widerrechtlich vorenthalten worden,
restituirt werden.
Der Kurfürst von Trier erwartet, daß seiner ertz- und stiffter iura genauso vom
Kaiser berücksichtigt werden wie das interesse anderer Reichsstände. Ersuchten
derowegen die herrn gesanden, auch dieße conditiones dem guetachten
einzurucken.
insonderheit wegen der religion und Bergstraßen, adimplirt werden.
Kurköln . Finden die proposition also beschaffen, daß sie Ihres Gnedigsten
Herrn votum ohne zumeßung einiger partheylichkeid wohl werden ablegen
können, zumahln die frag allein seye, waß den pfaltzgraven vor eine gnad
zu thun, nit aber ob die Pfaltzische churdignität ahn daß hauß Bayern
Wilhelmischer lini zu transferiren, aldieweiln solches albereit sowohl zu
Mühlhaußen alß auch anno 1635 bey aufrichtung und annehmung des
Prager friedens von yedem churfürsten absonderlich guetgeheißen
Während in den Pirnaer Noteln ( Vergleich mit dem Prager Frieden aufgrund der – allerdings
tendenziösen – Pirnischen und Pragischen Friedenspacten leicht möglich, vgl. Hitzig-
rath S. 41–48 ) die pfälzische Frage, Kur und „Lande“, noch einer abschließenden Regelung
durch Zusammenkunft aller „Interessenten“ vorbehalten war, bestätigte der Prager Friede mit
Bezug auf die Haltung des Kurkollegs 1627 in Mühlhausen die Übertragung der pfälzischen Kur
und des Territoriums auf Maximilian von Bayern und die Wilhelmische Linie ( Friedens-
pacten S. 34, 117–119 ). Vgl. Küch S. 149.
ipso facto Churbayern bey allen versamblungen, iha der wahl eines Römi-
schen königs selbsten vor ein churfürst erkennet, dieselbe auch fast von
allen königen und potentaten davorgehalten worden, daß also davon zu
reden vergeblich, auch verdrießlich fallen mögte.
Belangend die gnad, ob nemblich der octavus electoratus in favorem Pfaltz
einzuführen, scheine zwar bedencklich, daß wider den inhalt der güldenen
bull, welche so lange zeit hero verbündlich gehalten worden, einige newe-
rung gemacht werden solle. Man seye aber anietzo leider im reich in sol-
chem stand begrieffen, daß man nit so genaw uff daß herkommen alß die
noth zu sehen; und gleichwie die löbliche vorfahren bey auffrichtung der
güldenen bull uf des reichs wohlfahrt geziehlet, so befinden sie auch nit,
warumb nit ietzo auch solches geschehen könne oder solle und auß waß
ursachen vielmehr uff daß herkommen alß daßienige zu sehen, so zu wider-
pringung des so lang gewünschten friedens
27 dienlich] Zusätzlich in Kurköln zA I, spA II, Kurbayern zA, sinngemäß in
Kurtrier zA, Kurbrandenburg Rk II: es pillich hier heischt, salus imperii
suprema lex esto et leges reipublicae, non rempublicam legibus accommodandam
esse, außerdem ist es omnium regnorum et rerumpublicarum praxis, ubi eiusmodi
mutationes e re sua esse comperierunt.
Ihre Kayßerliche Mayestät davorhielten, daß dießes ein rechtes mittel zum
frieden seye,
beyfall geben, so sehen sie auch nit, wie Ihrer Kayßerlichen Mayestät auß
handen zu gehen, sondern seye Ihrer Kayßerlichen Mayestät sorgfalt zu
erreichung des friedens pillig mit danck zu acceptiren. Zweivelten auch nit,
gleichwie Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Cöllen ihrem herrn vettern
dieße gnad wohl gönnen, also die solche (dergleichen andern nit wider-
fahren ) zu danck annehmmen werden, zumahln sie dardurch zu der churdig-
nität wider gelangten und ihnen nichts abginge, alß daß sie in ordine wei-
chen , welche gleichwohl alle einer würden und dignität seyen; und ob-
schon einer vor dem andern gehe oder sitze, so werde doch keiner höher
alß der ander geachtet.
Und obschon wohl bedeutet werden könde, daß Churbayern sich mit dem
8º electoratu contentiren könne, so wolte gleichwohl zu erwegen stehen,
daß Churbayern schon etliche jahr iusto titulo quartum locum haben und
derselben beschwehrlich fallen werde, wann sie ietzo davon verstoßen
werden solten.
Die landen betreffend, mache sich Churbayern nit interessirt, sondern seyen
dieße landen zu restituiren erpietig, wann ihro die dreyzehen millionen
executionscösten abgestattet werden. Daß nun Kayßerliche Mayestät selbe
abstatten solten, solches wehre derselben nit zuzumuthen, angesehen die-
selbe albereit Chursachßen auß eben dergleichen herrührenden schulden
die Ober- und Niderlaußnitz uberlaßen
Kf. Johann Georg I. von Sachsen wurde für seinen Eintritt in den böhmischen Krieg auf der Seite
des Kaisers mit der Markgrafschaft Lausitz ausgestattet; er erhielt sie zunächst als Pfandschaft,
in den Pirnaer Noteln endgültig als vererbliches böhmisches Lehen ( Ritter III S. 191, 588,
Hurter I S. 547–552, 622–624).
denjenigen, so sie verursacht, abzustatten und zu solchem end die Ober-
pfaltz zurückzulaßen sein. Die Underpfaltzische landen seyen so gering
nit, sondern von den besten und fruchtbahrlichsten landen im Römischen
reich, darauß die herrn pfaltzgraven nit allein ihren underhalt wohl haben,
sondern auch ihren churfürstlichen stand führen werden können. Und ob
dieselbe zwar ietzo etwas ruinirt seyen, so wehre es doch mit andern landen
im heyligen Römischen reich auch also beschaffen; es könden aber dieselbe
leicht wider zu vorigem flor gepracht werden. Sie hetten nachricht, daß die
Oberpfaltzische landen den herrn pfaltzgraven auch bey friedenszeiten
wenig eingetragen, sondern alle einkombsten wider zu erhaltung der offi-
cianten verwendet worden; gleichwohl ohneracht deßen seye zu Heidel-
berg auß der Underpfaltz eine ahnsehentliche churfürstliche, iha gleichsamb
königliche hoffhaltung yederzeit geführt worden.
Belangend die conditiones, und zwar die belehnungen, da verstünden sie,
daß Kayßerliche Mayestät solche uff die bona aperta et in feudum dari solita
verstanden haben und dieienige stück, so von alters zu der Pfaltz gehört,
darzu wider kommen laßen wolten.
Die Bergstraßen betreffend, da müsten sie der Wahrheit beyfall geben; und
wehre auß den Pfaltzischen reversen genugsamb zu ersehen, daß solche
Bergstraßische stück zum ertzstifft Maintz eigenthumblich gehörig. Dahero
sie dieße condition vor pillig erachteten; und werden sich die pfaltzgraffen
nit zu beschwehren haben, wann ihnen der pfandschilling von Churmaintz
erlegt werde, welchenfall sie nit begehren werden, einem tertio daß seinige
vorzubehalten.
Nach eingehendem Vergleich der ksl. Resolution und der Proposition mit ihrer
Instruktion müssen sie der Kayßerlichen resolution durchgehend zustimmen.
Waß die herrn Churtryrische wegen des stiffts Speyer erinnert, da hetten sie
zwar selbiger praetension halber keine sonderbahre information, yedoch
könden sie geschehen laßen, daß dießes alß eine sach, so ahn daß churfürst-
liche collegium gepracht worden, dem guetachten eingeruckt werde.
Ihres Wissens will der Kaiser die Festung Ehrenbreitstein sogleich nach Friedensschluß
wieder restituieren; werden also Ihre Churfürstliche Gnaden sich noch solche
geringe zeit zu patientiren wißen.
Böhmen. […] Ihre Meinung über den ersten Punkt der Proposition ist, daß die
translation vermög der güldenen bull bey Kayßerlicher Mayestät bestanden,
wie dann solches auch vom churfürstlichen collegio approbirt worden,
auch unpillig wehre, daß Kayßerliche Mayestät nit allein dieße 13, sondern
noch viele mehr millionen verursachter kriegscösten und schäden ohne
eintzige ergetzlichkeid allein abstatten solten. Verplieben dahero pillig
dießes puncti halber bey der Kayßerlichen disposition, weiln wißens, daß
Franckreich solches approbirt und Churbayern zu manuteniren verspro-
chen .
2º wehre zwar schwehr, den octavum electoratum wider die reichsconsti-
tutiones einzuführen, demnach aber kein ander mittel, zum frieden zu gelan-
gen , zu finden, so werde man von den legibus etwas abweichen müßen, dann
weiln die güldene bull von der Römisch Kayßerlichen Mayestät und den
ständen auffgericht worden, so werde auch in zeit der noth denselben frey-
stehen , solche zu endern, zu mindern oder zu vermehren. Und weiln nun
Ihre Kayßerliche Mayestät alß principalinteressent hierbey kein sonderbahr
bedenken hetten, auch kein ander mittel zu ersinnen und fast endlich der
fried ahn dießem hafften wolle, so ließen sie es auch bey dem octavo electo-
ratu bewenden, bevorab weil sie die nachricht hetten, daß auch die cronen
hierbey kein sonderbahr bedencken hetten, yedoch daß die religion in dem
stand gelaßen werde, worin sie sich ietzo befinde, 2º daß Churmaintz bey
der Bergstraßen gelaßen werde, weiln dießes eine clare und pillige sach und
solches land nur ein pfandschafft seye, die herrn pfaltzgraven auch verspro-
chen , solche yederzeit gegen erlegung des pfandschillings ohne process zu
restituiren; und wann dieselbe ihnen auch schon zugestelt würde, so müsten
sie solche doch alsopalden höchstgedachter Ihrer Churfürstlichen Gnaden
wider restituiren.
Weiln auch Pfaltz dabevorn dem stifft Wormbs den nebenstifft Newhaußen
wider pilligkeid entzogen, also seye auch der stifft Wormbs crafft ergangener
Kayßerlichen urtheil widerumb dabey zu laßen.
Die 4 te und 5 te condition seyen gleichergestalt von selbsten pillig, dann
sonsten die lehenleuth daß ihrig zurücklaßen, die ritterschafft auch wider
ihro immunitäten beschwehrd würden.
Wegen der Speyrischen stück und der vestung Ernbreitstein conformirten
sich mit Churcöllen, daß derentwegen bey den Kayßerlichen herrn pleni-
potentiariis ansuchung beschehe.
Kursachsen .
Zweifellos wird Ferdinand III. die Beschlüsse, die pro salute reipublicae Romanae
auf den von seinem Vorgänger einberufenen Reichskonventen durch die Reichsstände
in geist-, weltlichen und iustitiensachen gefaßt worden sind, effectuiren und zu
werck richten und dardurch ein bestendiges fundament zu conservation
des heyligen Römischen reichs und vereinigung der gemüter legen, damit
der edle werthe frieden darauff gebahnet werden könne; wiewohl nun bey
solchen conventibus die causa Palatina zum öfftern vorkommen, so habe
man doch bishero darin sich noch nit vergleichen können. […] Für die
Übertragung der Kurwürde kann sich Kurbayern auf den Mühlhausener Kurfürsten-
ratsbeschluß von 1627 berufen, welchen also zu machen den Kurfürsten vermög
der güldenen bull zugestanden. Es seye auch hernacher dießer schlueß im
Prager frieden widerholet worden, 2º so seyen Ihre Churfürstliche Durch-
laucht in Bayern in die churfürstliche verain mit eingenohmmen, die sie mit
einem cörperlichen ayd geschworen, crafft deren ein churfürst den andern
mit ritter- und mannschafft zu defendiren und under sich selbsten einander
beyzuspringen verbunden. Wann nun 3º Ihre Churfürstliche Durchlaucht
in Bayern bey dießer dignität nit manutenirt werden solten, so würden sie
sich dießes vor den allergrösten schimpf rechnen, dardurch dann der frieden
mehr verhindert alß befurdert würde; 4º würden solchergestalt der herrn
churfürsten ihre privilegia auff einmahl dahinfallen und man den außwerti-
gen cronen und andern, die sich hierunder deß arbitrii underfangen, zuviel
einraumen, welches dann dem reichsherkommen gar zuwider. So befinden
sich 5º Ihre Churfürstliche Durchlaucht in possessione huius dignitatis elec-
toralis , dann von zeit ahn deß Mühlhaußischen schlueß sie alle reichscon-
venten alß ein churfürst des reichs besucht und underschiedliche actus exer-
cirt . Dahero Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Sachßen […] der besten-
digen meinung seyen, daß Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern bey
solcher churdignität pillig unverruckt zu laßen und daß hiebey keine alter-
natief mit den herrn Pfaltzischen successoribus anzuordnen.
Sowohl für als auch gegen die Einführung der achten Kurwürde gibt es wichtige und
erwägenswerte Gründe, auch underschiedliche sequelen, die aber jetzt nicht aus-
zuführen sind. Der Kurfürst von Sachsen ist der Meinung, weiln kein ander mittel
sich ereugnen wollen, den frieden zu stifften, so werde man dießes medium
8 1 electoratus ergreiffen müßen, dann es iha beßer, dießen legem imperii ad
tempus zu endern, dann durch continuation des kriegs daß gantze heylige
Römische reich in seinen undergang zu praecipitiren. Die Pfaltzische landen
betreffend, so seye notorium, daß gleichwohl Fridericus Palatinus daß
heylige Römische reich erstlich in dieße kriegsflammen gesetzt, welches
endlich zu dießer vor augen stehender combustion gerathen. Dieße nun
dempfen zu helffen, hetten Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern nicht
allein mit geld, sondern auch andern mitteln Ihrer Kayßerlichen Mayestät
und dem reich beygestanden; weiln dann nun dieße kriegsuncosten durch
die Palatinos verursachet, pillig werden sie auch dieselbe entweder mit geld
oder mit land und leuthen ersetzen. Die gnad, welche die Römisch Kayßer-
liche Mayestät dennen Pfaltzischen kindern
Aus der Ehe Friedrichs V. mit Elisabeth Stuart waren 13 Kinder hervorgegangen. An männ-
lichen Prätendenten lebten außer Karl Ludwig (1617–1680) noch die Kurprinzen Ruprecht
(1619–1682), Moritz (geb. 1620), Eduard (1624–1663) und Philipp (1627–1655) ( Lebens-
schicksale bei Häusser II S. 509–519, Krüner S. 115f.). Bereits 1623 hatte Ks. Ferdinand II.
Friedrich V. Verhandlungen über die Rechte seiner Kinder und Agnaten an der Kur in Aussicht
gestellt ( Gindely , Friedrich V S. 5), im Prager Frieden den Kindern des Geächteten aber nur
Mittel für einen standesgemäßen Unterhalt versprochen ( Häusser II S. 543).
daß ihnen nemblichen der octavus electoratus eingeraumbt und die Under-
pfaltz restituirt werden solle, hetten sie pillig mit allerunderthenigsten
danck zu erkennen.
Die conditiones aber würden ihres erachtens solchergestalt zu annectiren
sein, daß in der Underpfaltz die unverenderte Augspurgische confession zu
introduciren, 2º daß Ihre Churfürstlichen Gnaden zu Maintz daß ius relui-
tionis ahn der Bergstraßen gegen erlegung deß pfandschillings zu ver-
statten , 3º daß daßienige, waß wegen des stiffts Wormbs nebenstifft mit
annectirt worden, nach der vergleichung, die in puncto gravaminum anietzo
gemacht werde, gerichtet werde, dahin auch dieße conditio eigentlich
gehörig,
4º daß in dennen lehenstücken, so beydes von der in Gott rhuenden Kays-
serlichen Mayestät wie auch Churbayern verliehen worden, dießer under-
schied zu halten, an sint bona infeudari solita an propria, im ersten fall
wehre es bey der belehnnung pillig zu laßen, nit aber in dem andern. So
werden auch die donationes
elector auch seinen underhalt, der ihme alß ein churfürst des reichs reputir-
lich , auß solchen landen haben möge. Yedoch würden von dießen lehen-
stücken sonderlich außzuziehen sein die ämbter, welche landgraff Georgens
zu Heßen Fürstlicher Gnaden titulo maxime oneroso erlanget .
Daß endlich 5º die freyhe reichsritterschafft in Schwaben, Francken und
Rheinstromb bey ihren privilegiis geschützt werden, solches seye der
aequität und pilligkeid gemeß.
Hinsichtlich der kurtrierischen Bedingungen vergleichen sich mit Kurköln.
Kurbrandenburg . Danken dem regierenden Kaiser und seinem Vorgänger für
ihre Friedensbemühungen auf den verschiedenen Reichskonventen. Mit dem Kaiser
glaubt auch Kurbrandenburg praeliminariter, daß die pfälzische Frage alß eine
der vornembsten ursachen, warumb gegenwertiger krieg so viel jahr im
reich geführt, in die tractatus publicos zu ziehen und bey dießem conventu
und vermittelst der tractaten zum schluß zu pringen seye, gestalt höchst-
gedachte Seine Churfürstliche Durchlaucht vermeinen, wann dießes nit
also ervolge, alzeit funcken des kriegs verpleiben und ein- und andere
unrhue zu befahren sein würde […]. Wiederholen die Proposition, und hetten
sie ihresorths nit underlaßen, sich in den vorhandenen churfürstlichen
rescripten deßfals zu ersehen, und zwarn soviel den ersten puncten anlanget,
werde praesupponirt, daß Kayßerliche Mayestät die verordnung uber die
Churpfaltz gemacht und die herrn churfürsten dieselbe im jahr 1627 zue
Mühlhaußen confirmirt haben.
Nun seye notorium, wie es mit der sachen von anfang hergangen und auß
den in annis 1623, 1627 und 1630 ergangenen actis zu ersehen, waß Kur-
sachsen und Kurbrandenburg dagegen erinnert und votiren laßen, dahin
man sich dann vor ietzt beziehe, weil gegenwertig nit de meritis causae zu
reden, sondern von so beschaffenen mitteln, dardurch bey gegenwertigen
tractaten der frieden zuwegen zu pringen. Gleichfals seye auch bekand, wie
lang sich die Churfürstliche Durchlaucht zu Brandenburg, in die trans-
lation der churwürde zu verwilligen, auffgehalten und alß sie sich endlich
darzu bewegen laßen, daß sie dennoch sowohl dem hauß Pfaltz alle media
iuris et facti alß ihr selbst in dießer sachen die freyhe hand vorbehalten;
wie dann auß dero im jahr 1627 dem damaligen Kayßerlichen gesanden
herrn von Dona
Burggraf Karl Hannibal von Dohna (1588–1633), seit 1623 ksl. Kammerpräsident in Breslau
und als solcher Gegner der schlesischen Protestanten (über ihn NDB 4 S. 51 , ADB 5 S. 309 ,
Jaeckel V S. 71). Er sollte bereits vor dem Mühlhausener Kurfürstentag von 1627 das kur-
brandenburgische Einverständnis zur Kurübertragung an Bayern erwirken und wurde aus diesem
Grund nach Berlin gesandt. Vgl. auch Breuer S. 37f.
laucht in die aufnehmmung Churbayerns in daß churfürstliche collegium
anderergestalt nicht alß mit gewißen außtrücklichen reservaten gewilliget
und sie sich auch weiter nicht erclärt, alß daß Ihrer Churfürstlichen Durch-
laucht zu Bayern persohn allein und solang dieselbe im leben, bey der chur
maintenirt würde
digst acquiescirt und von Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zu Branden-
burg kein mehrers begehrt haben. Dießergestalten nun achten dieselbe
auch pillig, daß es bey angeregter modificirter und suis reservatis clausu-
lirter translation der churwürde verpleibe. Do aber hierauß eine succes-
sionsach gemacht werden solte, wehren Ihre Churfürstliche Durchlaucht
durch obgedachte ihres herrn vattern modificirte bewilligung darzu nicht
verbunden, noch ichtwas darwider und der herrn pfaltzgraven iura zu ver-
hengen . Seine Churfürstliche Durchlaucht wüsten auch anderst nicht, alß
daß Chursachßen ebenfals gewiße reservata der verwilligung annectirt habe,
darumb auch dieselbe bey der Pragerischen handlung sich viel bemüehet
haben, den streit sowohl wegen der churdignität alß -landen im grund
abzuhelffen oder auf andere tractaten zu verweißen, wie auch zu Pirna
geschehen
Allerdings war Kursachsen auf kurmainzisches Betreiben hin schon im März 1624 grundsätzlich
bereit gewesen, die bayerische Kurwürde unter Sicherung der Erbrechte der pfälzischen Agnaten
und vorbehaltlich seiner Einwände gegen die Ächtung des pfälzischen Kurfürsten anzuerkennen
( Ritter III S. 254f.). Über die Haltung Kursachsens 1623 Häusser II S. 416, Londorp Ii
passim.
durch daß churfürstliche collegium vorhin zu Mühlhaußen abgethan wor-
den . Bekannt ist auch, daß Kf. Georg Friedrich von Mainz
Siehe oben S. [ 279 Anm. 1 ] , Opel III S. 380ff.
von Metternich
Johann Reinhard von Metternich ( † 1642 ), Domherr zu Trier, Bamberg, Mainz und Münster,
ksl. Rat, 1632 Generalvikar und Administrator des Ehg. Leopold Wilhelm als Bischofs von
Halberstadt ( Gauhe I S. 1361, Humbracht 254, Zedler 20 Sp. 1394, Khevenhiller
XI Sp. 1877, 1682, Hopf I 1 S. 330f., Heyne S. 31 ).
Verlauf des Mühlhausener Tags zu erkennen gegeben, daß man nemblich
wegen der weltlichen herrn churfürsten daselbst contradiction zu einem
einhelligen schlueß nit habe gelangen können
Einigkeit hatte in Mühlhausen im Kurkolleg darüber bestanden, daß Pgf. Friedrich V. auf die
pfälzische Kurwürde verzichten müsse ( Breuer S. 83–85, Henk S. 81f., 119); der Differenz-
punkt hatte darin gelegen, daß die katholischen Kurfürsten in ihrem Sondergutachten die erbliche
Übertragung der Kur an die Wilhelmische Linie befürwortet hatten, während Kursachsen und
Kurbrandenburg das Kurrecht der „unschuldigen Kinder“ Friedrichs V. hatten gesichert wissen
wollen ( Henk S. 71–81, 85–88, Breuer S. 74ff., 85–89). Kurbrandenburg war in der pfälzi-
schen Frage stark von Kursachsen abhängig gewesen, Kursachsen wiederum war von Kurmainz
für die bayerischen Wünsche eingenommen worden.
selben schlueß daselbst und Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht verwilli-
gung kein groß fundament oder praesuppositum zu setzen,
rauß kein absoluter schlueß gemacht worden, und dahin würde auch in
effectu von Kayßerlicher Mayestät geziehlet, indeme der vorschlag zum
achten und also newen electoratu vorgetragen. Stünde also zue deliberiren,
waß Ihrer Kayßerlichen Mayestät hierin einzurathen, ob nemblich der
achte electoratus einzuführen […]. Dabey würde einestheils nebens andern
bereit angezogenen ursachen in consideration kommen, daß die erectio des
achten electorats contra auream bullam und die leges fundamentales im-
perii , darauff daß Römische reich gegründet und sich darbey so viel hundert
jahren wohlbefunden und florirt hette, streite (crafft deren alle digniteten
regiis comparatae allezeit bey dem primogenito und deßen linien, so daß
hauß Churpfaltz seye, verplieben), die zu infringiren, umbzukehren oder
einige newerung dagegen einzufuhren sich nicht gepühren wolle:
In mehrer erwegung, daß sich so offt und vielmahl in gedachter bull
befünde, daß die darin enthaltene verordnungen ewig wehren solten, capite
1º in principio
geist- und weldtlichen churfürsten capite 4 , 6 , 9 , et capite 21 geordnet
worden, auff welche güldene bull und fundamental reichsgesetz den auch
Ferdinandus 2 us und Ferdinandus tertius undt alle vorhergehende Keyßer
in ihren capitulationibus allezeit geschwohren […].
So befindet sich auch in gedachter gülden bull, das die churdignitet eigent-
lich auf die Pfaltz und nicht auff Bayern fundirt, und so offt dieselbe von
dießer chur redet, darunder der Pfaltz ahm Rhein undt nicht Bayern er-
wehnet würde.
Eß würde auch den uberigen chur-, fürsten und stenden in praesenti casu
sehr praeiudicirlich fallen, wan ein hauß durch dieße mittel drey vota ihm
churfürstenrath uberkommen und dadurch daß halbe churfürstliche colle-
gium gleichsamb repraesentiren solte. Nun verstößt aber der Vorschlag der
Alternation auch gegen die Goldene Bulle, auß vorangezogener ursachen, daß
nemblich die churwürde auff Churpfaltz gewidemet, wie dann auch die
vorgeschlagene alternatio von Churbayern nicht beliebet worden, alß sol-
ches durch schreiben, ahn einige stende abgangen, clar erwießen und auß
der Kayßerlichen resolution zu vernehmen. Hergegen aber komme anderer-
seits nebens deme, so ebenfals bereit deducirt, in consideration, das die aurea
bulla, worin sich der septenarius numerus dominorum electorum befünde,
nicht allein vor sich geendert werden könne, sonder auch nach deren
publication underschiedlich schon geendert seye. Das erste erhellet auß
dem, das die güldene bull durch allgemeine des reichs bewilligung auffge-
richtet , nemblich daß deß Römischen reichs notturfft und nützen es da-
mahls also erforderte; also seye nun dasienige, welches auf eine zeit ge-
setzet und beschloßen worden, hernach per contrarium consensum gar
wohl zu endern, da es die noth und nutzbarkeit deß Römischen reichs
anderster erfordere, bevor da es durch die Römisch Kayßerliche Mayestät
mit zuthun chur-, fürsten und stendten des reichs geschehe, dahin auch
ungezweifelt Carolus 4 tus imperator author aureae bullae gesehen, da
nemblich capite 12º geordnet wirdt , daß die herrn churfürsten alle ihar
vier wochen nach Ostern zusammenkommen und die reichsgeschefften
uberlegen und die erste zusammenkunfft dan zu Metz gehalten und daselbst
von deme orth künfftigen jahrs zusammenkunfft geredet werden solle,
welches aber also limitirt, daß es nicht länger damit thawer alß eß dem
Kayßer und churfürsten gefallen werde.
Die underschiedliche verenderungen der güldenen bull befinden sich in
deme, daß die wahl eines Römischen königs zu Franckfurth und die coro-
nation zu Aach zu halten, von observantz derselben offters abgetretten
worden
verenderungen von verbotten, appellation der herrn churfürsten urthell
und decreten, von ordnung deß votirens und vernehmung deß Churmaint-
zischen voti, widervergebung der erledigten güeter und in andern fällen
mehr, unnöthig dießelbe ahnzuzeigen, da von usu et observantia abge-
wichen .
Wann man nun bey ietziger beschaffenheit des reichs dißer sachen Wichtig-
keit nebens dem gegenwertigen des reichs zustandt considerirt, daß nemb-
lich anderst auß dem krieg nit zu kommen, wo dießelbe ihr richtigkeit
nicht erhalte, so müße man in betrachtung deß friedens etwaß eingehen,
daß in der gülden bull nicht befindlich, und per consequens den octavum
electoratum einführen, obschon die aurea bulla nur von dem septenario
numero gedencket. Solcher octavus electoratus würde dem churfürsten zu
Bayern (alß der sich nun in dem collegio electorali in possessione vel quasi
befinde, aber zuletzt darin kommen) zu conferiren und dem hauß Pfaltz
alß einem alten churhauß nach der gülden bull und reichsconstitutionen
der vorzueg, den bekanden lehenrechten, pactis familiae und herkommen,
auch andern beweglichen reden und motiven gemeß und aller pilligkeit
nach, zu laßen seye, doch also, daß im uberigen, solang die Wilhelmbische
lini deß haußes Bayern im leben sein werde, ratione sessionis et voti in
comitiis imperii itemque ratione vicariatus, archidapiferatus aliarumque
dignitatum et praerogativarum zu berühigung deß reichs und erhaltung
deß friedens under beyden heußern alternirt werde:
Waß ahnbelangt die landen, werde gleichfals praesuponirt, daß nur die
Underpfaltz mit gewißen ahngehenckten conditionen den pfaltzgräfflichen
kindern zu restituiren, ahn seiten Churbrandenburg aber besorget, eß
würde der friedt nicht zu erhalten stehen, es würden denselben pfaltz-
gräfflichen kinder die landen sambt und sonders widerumb eingeraumbt,
erwogen man nicht wiße, daß dieselbe wider Kayßerliche Mayestät und
das reich nichts gesündiget noch verbrochen oder zum wenigsten nicht
alle, darumb sie ihrer ex pacto et providentia maiorum ahnererbte landt
und leuthen zu entsetzen. Seye auch der agnatus Philippus Ludwig
deßen descendentes vorhanden, welche iure agnationis berechtiget wehren;
dannenhero auch die beygefügte conditionen theils von sich selbst fallen,
theils zu limitiren sein würden.
Nam quoad primum ratione religionis könne Seine Churfürstliche Durch-
laucht zu Brandenburg nicht absehen, warumb denen Pfältzischen kindern
das ius territoriale, welches allen stenden zugeeignet wirdt, benohmen
werden solle. So hetten sie auch nichts minder den anderen stenden deß
reichs des religion- undt prophanfriedens in allen punctis mit zu genießen,
wüsten auch nit, warumb sie deterioris conditionis alß andere zu halten,
vornehmblichen da das hauß Pfaltz vor vielen iharen und da der religions-
frieden aufgerichtet, andern stenden gleich sich deßen zu erfrewen gehabt,
dazu auch alles dasienige, waß ihnen anhörig und nach und nach zu ihrem
nachtheil vorgenohmen worden, in vorigen standt, darinen sie geweßen,
tam in sacris quam prophanis zu setzen.
Die Bergstraß betreffent, da wirdt dem ertzstiefft Maintz daß ius reluitionis
zu verstatten sein, alß fern die herrn pfaltzgraffen darwider nichts zu mo-
viren und einzuwenden haben, gestalt dan bey reluitionibus allerhandt
considerabilia vorfiehlen, daruber beede theil nach notturfft gehört undt
demnegst, waß recht, cum causae cognitione erkent werden müste. Und
so alßdan befindlich, daß von seiten der Pfaltz darwider nichts einpracht
werden kann, selbiges auch zu dem, waß recht und billig, sich würde be-
kennen müßen. Und gehört dießer punctus in soviel under die reichs-
gravamina , dabey die reichspfandschafften und waß ein- und dem andern
verpfendet, in consideration kommen und seine richtigkeit erlangen
werde.
Die dritte condition bestehe auf anmaßung der nebenstieffter Neuhaußen
und Sintzheimb, da dan zugleich mit ahngezogen und auff offenenn
reichstägen von Kayßerlicher Mayestät und stendten die restitution er-
kendt ; darab aber und sonderlich, das es auditis partibus und cum causae
cognitione geschehen, Churbrandenburg theils nichts wißent, nur allein das
die sach zwarn im jahr 1566 auff reichstag zu Augspurg vorgetragen, aber
daruber keine erkendnus ergangen, underdeßen auch weiters nichts dar-
gegen vorgenohmen, sonder Churpfaltz in rühiger possession verplieben.
Undt gehörte dießer punctus auch ad gravamina, dafern dan nebens andern
dergleichen auch seine erörterung erlangen werde.
Zur vierten Bedingung meint Kurbrandenburg, daß dem hauße Pfaltz also wehe
und groß unrecht geschehe, wan die donationes und infeudationes dem
ietzigen befinden nach zu laßen, sondern wan die restitutio universaliter
erfolgen solle, wie bereit oben decudirt, dieselbe vielmehr zu cassiren weh-
ren , und resoluto iure datoris et ius acceptoris resolvatur, et titulo saltem
lucrativo in bonis alienis invitantur. Sonsten seye ihnen nicht bewust von
demienigen, daß in dem Sachsischen voto ahngezogen, waß nehmblich von
seiten Heßen Darmbstatt praetendirt werde, daruber sie sich berichts und
bescheidts vorhin erhollen müßen.
Begrüßen es, daß die Privilegien und Immunitäten der Reichsritterschaft bestätigt
werden sollen;
per clausulam generalem suo loco dem instrumento pacis einverleibt,
sonsten aber, da ein oder ander in specie gegen daß churhauß Pfaltz zu
clagen, würden dießelbe zuvorderist daruber vernohmen werden müßen.
In der Frage der Restitution Ehrenbreitsteins verweisen sie wie Kurköln auf den
bald zu erwartenden Friedensschluß.
Wegen der leibeigenschafft, geleit- und zollstett wie auch geforderter erb-
stück eß ahn instruction ermangle, weil die sach bißhero gantz unbekandt;
werde also biß dahin aufgeschoben oder doch zu vollkommener restitution
der gesambten landen verwießen.
Kurmainz .
daß Churtryr, -cöllen, Böheimben und -sachßen es nachmahln bey der
Kayßerlichen allergnädigsten verordnung wegen der Oberpfaltz und chur-
dignität allerdings bewenden laßen, auch soviel den octavum electoratum
betrifft, daß die herrn gesanden denselben allerdings und daß die pfaltz-
graven damit zu begnadigen, applacidiren, außer daß Churbrandenburg
hierin ein medium alternationis in sessione, voto und andern iuribus vorge-
schlagen .
Ihre Churfürstliche Gnaden zu Maintz […] hetten die dießer sachen
halber hinc inde vorkommene schrifften mit allem vleiß durchsehen laßen
und darauß befunden, daß ihre hochlöbliche herrn vorfahren ahm ertz-
stifft Maintz sich hiebevorn uber alle maßen sehr bemuehet, wie dieße
sach hin- und beygelegt werden mögte, auch zu erlangung deßen daß
geringste nit underlaßen, welchergestalt auch nach besag des bey handen
habenden bedenckens anno 1627 zu Mühlhaußen von dem churfürstlichen
collegio einmüthiglich darfürgehalten worden, daß die herrn pfaltzgraven
der churdignität zu priviren und uff Bayern zu transferiren. Dahero sie
beduncken wolle, daß hierin nunmehr einige verenderung vorzunehmmen
sehr gefährlich sein wolte, sondern verglichen sich mit Churtryr, -cöllen,
Böheimben und -sachßen, daß es allerdings bey demienigen, so der chur-
dignität und Oberpfaltzischen landen halben verordnet, ungeendert zu
laßen. Zwar hetten Ihre Churfürstliche Gnaden auch nachgedacht, waß vor
ein expedient zu ergreiffen, wordurch dießer sachen auß dem grund abge-
holffen und der fried im heyligen Römischen reich wiederumb umb soviel
beßer stabilirt werden möge, wobey dann deroselben wenigers nit die
verenderung der güldenen bull alß eine fundamentalsatzung schwehr zu
gemüth gangen, dieweil sie aber einig ander mittel alß die verordnung des
octavi electoratus nit ersinnen können, auch vernohmmen, daß Ihre Kays-
serliche Mayestät solches, auch ihrestheils zu willigen, kein sonderbahr
bedencken, die cron Franckreich auch darauff nit wenig tringe, alß hielten
sie beßer, legem fundamentalem in etwas zu endern alß etwan neben dem
lege fundamentali daß Römische reich gar zugrund gehen zu laßen. Ver-
glichen sich dahero mit ihren herrn mitchurfürsten allerdings, daß den
herrn pfaltzgraven die achte churdignität im churfürstlichen collegio ein-
geraumbt und dieselbe damit begnadiget worden. Hielten, die herrn pfaltz-
graven solches umb soviel mehr vor eine hohe gnad auffzunehmmen ursach
haben werden, weiln hiebevor andern, in specie aber dem hauß Sachßen
Weinmar, dergleichen nit widerfahren, auch dießer krieg seinen ursprung
von dießer Pfaltzischen unruhe gewonnen. Falle also daß conclusum von
selbsten, daß Churbayern der churdignität halber in statu quo allerdings
ungeendert zu laßen.
Die Underpfaltzische landen betreffend, da hetten sie auß den actis ersehen,
Kayßerliche Mayestät die herrn pfaltzgraven wider mit einem stück lands
zu begnaden; da der Kaiser entschieden hat, die Untere Pfalz zu restituieren,
obwohl er über sie wie die Oberpfalz nach Belieben verfügen kann, sind sie damit
einverstanden, wie sie dann die herrn vorstimmende auch dahin und daß
die Oberpfaltz Churbayern ahnstatt der hergeschoßenen gelder zu laßen,
ziehlend befinden. Hinsichtlich des exercitii religionis wollen Kurtrier, Kur-
köln und Böhmen alles in gegenwertigem stand belassen haben, Kursachsen
tritt für die Einführung der Augsburger Konfession, Kurbrandenburg aber für die
Restitution in vorigen stand ein. Aus den Akten des Colmarer Konvents zwischen
Lottringen, Würtenberg und andern
Auf dem Colmarer Fürstentag vom 5. bis 18. Juli 1627 hatte sich Friedrich V. durch seine
Gesandten auf Drängen der Herzöge von Lothringen und Württemberg bereit erklärt, ein bis drei
Klöster in der Unteren Pfalz zu belassen, falls der Kaiser ihn restituiere und in Gnaden aufnehme;
ein Weiterbestehen der katholischen Gemeinden, die in seinen Ländern nach der Besetzung durch
bayerische Truppen wieder errichtet worden waren, hatte er jedoch abgelehnt ( Gindely , Fried-
rich V S. 21–26, Weiss S. 102).
pfaltzgraven albereit sich erclärt, nit allein die entzogene stifft, clöster etc.
wider zu restituiren, sondern auch die religion in der Underpfaltz, wie sie
derzeit wider eingeführt, allerdings zu laßen. Hoffen, daß die Pfalzgrafen
ihr Versprechen halten werden.
Daß sonsten die herrn gesanden Ihrer Churfürstlichen Gnaden habendes
recht ahn der Bergstraßen und daß sie dabey gegen erstattung deß pfand-
schillings rühig zu laßen, vor pillig erkand, deßen theten sie sich gepürend
bedancken, werden solches auch Ihre Churfürstliche Gnaden hinwider zu
erkennen unvergeßen pleiben. Dieselbe begehrten nit ein handbreit von
den Pfaltzischen landen, sondern allein daßienige, so ihr und ihrem ertz-
stifft eigenthumlich zustehet und gepüret und von den pfaltzgraven zu
restituiren mit betewertem ayd zugesagt worden. Und obwohl ex capite
feloniae Ihre Kayßerliche Mayestät Seiner Churfürstlichen Gnaden den
pfandschilling nachgesehen, so seyen sie doch erpietig, sopald die herrn
pfaltzgraven ihre deputirte zu Ihrer Churfürstlichen Gnaden abschicken
werden, denselben lieffern zu laßen. Verhofften, es werden wenigers nit
fürsten und ständ die pilligkeid erkennen und sich mit den churfürstlichen
gesanden auch hierin vergleichen.
Die stiffter Newhaußen und Sinßheimb betreffend, da werden die herrn
gesanden vernohmmen haben, daß die herrn pfaltzgraven anno
auffgerichten religionfrieden dem stifft Wormbs den nebenstifft New-
haußen de facto entzogen, dahero sich dann Wormbs in anno 1566 zu
Augspurg bey gehaltenem reichstag zum höchsten beschwehrt und umb
restitution angesucht
Kf. Friedrich III. von der Pfalz, der Fromme (1515–1576, regierend seit 1559) zog von 1564
bis 1576 40 Klöster in seinem linksrheinischen Besitz ein, darunter 1565 die beiden Kollegiatstifter
Neuhausen und Sinsheim ( Ritter I S. 201f., Droysen S. 416). Die Sache kam vor den
Augsburger Reichstag, der im Mai 1566 gegen den Pfalzgrafen entschied. Gegen den Protest
Friedrichs III. wurde die Sequestration der beiden Stifte „durch den Kaiser bis zur endgültigen
Klärung der Rechtslage“ vorgesehen ( Hollweg S. 391, 382, Ritter I S. 281f., 283).
legio zugestelt und deßen guetachten vernohmmen, dasselbe ertheilt und
darauff vom kayßer Maximiliano 2º daß urtheil gefehlt, uff offenem reichs-
tag in praesenz aller ständ des reichs publicirt und die herrn pfaltzgraven
condemnirt worden und also alles ohne gesuchte revision noch einwendung
einiger protestation in rem iudicatam erwachßen. Hielten also mehr dann
pillig, daß solche nebenstiffter dem bischthumb Wormbs, so ohnedaß sonsten
keinem fürstenthumb mehr gleich ist, wider restituirt werden
Bischof von Worms war von 1629–1652 Georg Anton von Rodenstein, ihm folgte der kurmain-
zische Prinzipalgesandte am Westfälischen Friedenskongreß, Hugo Eberhard Gf. Cratz von
Scharffenstein († 1663) (über ihn Stramberg 2, 18 S. 26, 32f., 2, 11 S. 742, Gauchat IV
S. 373). Vgl. zum Problem der Wormser Bistumsanlehnung an Kurmainz Sofsky .
Wegen der lehen und donationen hielten sie, die Kayßerliche sich mit den
Pfaltzischen schon vergleichen werden können, vermeinten sonsten, in alle
weg pillig, es bey demienigen zu laßen, waß seithero von Ihrer Kayßer-
lichen Mayestät der belehnungen halber verordnet worden; wegen der
donationen aber hetten sie keine nachricht.
Treten ebenfalls wie die anderen für die Aufrechterhaltung der Privilegien der
Reichsritterschaft ein; sind gleichwohl indifferent, ob die notturfft dießfals
dem instrumento pacis oder dießem vorhabenden reichsbedencken ein-
zurücken .
Nachdemahln sie vernehmmen, daß die herrn vorstimmende sich nit zu-
wider sein laßen, die kurtrierische erinnerung bezüglich der Restitution Ehren-
breitsteins und einiger zum Stift Speyer gehöriger Güter dem bedencken einzu-
rücken , so könden sie sich auch damit vergleichen.
Und wolten, sopald sie vernehmmen werden, waß der fürsten- und stätt-
rath alhie und zue Oßnabrück sich verglichen haben werde, daß guetachten
verfaßen.
Kurtrier . Es liege ein stifft zwischen Heidelberg und Hailbron nahmens
Sinßheimb; wan es daßienige seye, so in der proposition gemeldet, müsten
sie Ihres Gnedigsten Herrn wegen alß bischoven zu Speyer dagegen pro-
testiren , dann solches nit zum stifft Wormbs, sondern Speyer gehörig .
Kurmainz . Hetten zwar hiervon keine eigentliche nachricht, wo solcher
stifft gelegen, wolten gleichwohl dießes stiffts halber bey Ihrer Fürstlichen
Gnaden zue Wormbs mehrere information einholen.
Kurbrandenburg . Paten, ihr votum dem reichsbedencken einzurücken.
Dies wird gestattet, soll aber unpraeiudicirlich sein.