Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
25. Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1646 März 8
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Münster 1646 März 8
Kurmainz Rk FrA Fasz. 14 nr. 25 fol. 160–166’ = Druckvorlage; damit identisch Kur-
mainz Rs FrA Fasz. 15 ( unvollständig ). Vgl. ferner Kurtrier zA ( damit identisch Kur-
trier spA p. 425–434 ); Kurköln zA I fol. 189–192’ ( damit identisch Kurköln spA I
fol. 405’–414’, Kurköln spA Ib fol. 423–432 und Kurköln zA Extrakt fol. 16’–17 );
Kurbayern K II fol. 161–171 ( damit identisch Kurbayern spA II p. 591–611, Kurbayern
Rp II ).
Wiederaufnahme der Partikularverbandlungen über die Restitution von Kurpfalz. Freies Geleit
für Portugal und den Herzog von Lotbringen. Einschluß Spaniens in den Frieden, den das Reich
schließen wird.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
brandenburg ; Kurbayern kommt später binzu.
515, 20 –517, 19 Kurmainz – werden] Der erste Teil der Sitzung fehlt offenbar wegen Ab-
wesenheit Kurbayerns in Kurbayern K II, spA II, Rp II, aber auch in Kurmainz Rs;
in Kurbayern K II liegt allerdings eine zeitgenössische Abschrift des kurbrandenburgischen
und des kurmainzischen Votums vom ersten Teil der Sitzung bei.
herrn graven von Trautmanßdorffs Excellenz bey abgelegter visiten ihnen
zu verstehen geben, daß bey derselben die Pfaltzische anweßende deputirte
Joachim Camerarius (1603–1687), seit 1631 in schwedischen Diensten, 1633 schwedischer
Resident am pfälzischen Hof, kurpfälzischer und kgl. schwedischer Rat ( Zedler 5 Sp. 396f.,
Gauss , Wettstein S. 295), Dr. Jonas Meisterlein, fl. pfalz-simmerscher Rat (am 6. Mai 1645
beide in Osnabrück anwesend laut Kurköln VI 242 a fol. 200) und Philipp Streuff von Lauen-
stein . Streuff und Camerarius kamen am 18. Mai 1645 nach Münster ( DWartenberg II
S. 1262f.).
die befürderung der Pfaltzischen tractaten starck urgirt, welche sie aber,
weiln solches eine sach, so vor daß churfürstliche collegium gehörig, zu
dem Churmaintzischen reichsdirectorio verwießen. Was sollen sie den pfäl-
zischen Gesandten antworten, wenn diese sich vielleicht bald an sie wenden werden?
Kurtrier . Ihre Churfürstliche Gnaden zu Tryr […] vernehmen gern, daß
dieße sach wider reassumirt werden solle, weiln ohne hinlegung deren die
beruhigung des reichs nit werde zu erhalten sein, wie dato die erfahrung
geben. Hochstgedachte Ihre Churfürstliche Gnaden vernehmen, daß daß
churfürstliche collegium sich dabevorn zur interposition eingelaßen, und
dahero dieselbe ihnen ahnbevohlen, wann die sach wider reassumirt werden
solte, sich der interposition halber alßdann auch vernehmmen zu laßen. Es
hetten ihnen derentwegen die Pfaltzische abgeordnete iüngsthin
schrifft praesentiren wollen; sie hetten sich aber deren ahnnehmung halber
entschuldiget und dieselbe ahn daß Churmaintzische directorium verwießen.
dieße sach von der amnistia abgesondert werden wolle, zu particular-
tractaten nit ungeneigt. Die proponirte question, wie sich nemblichen die
herrn Churmaintzische, zum fall die Pfaltzische sich bey ihnen anmelden
solten, zu verhalten, da werde derselben anpringen erstlichen zu vernehm-
men und dem churfürstlichen collegio zu referiren stehen, uf solchen fall
man sich dann hinwider zu erclären wißen wird.
Kurköln . Erinnerten sich, worauf dieße sach vor dießem bestanden und
welchergestalt dieselbe auf reassumption verwießen worden. Und nachde-
mahln iüngsthin bey beredung der amnistiae darfürgehalten worden,
daß dieselbe durch absonderliche handlung hingelegt werden müste, wolte
man frieden im reich haben, Churbayern auch zu dießer reassumption nit
ungeneigt, so werde zu vernehmmen stehen, waß auch die Pfaltzische darauf
sich werden erclären. Und weiln die sach vornehmblich vor daß churfürst-
liche collegium gehörig, so werde die mediation mit mehrerer frucht vor
demselben können vorgenohmmen werden; und werden sich die interessirte
umb soviel weniger zu beschwehren haben, weiln nichts ohne beyder theil
gueten belieben gehandlet und geschloßen werden könne. Und hetten die
herrn Churmaintzische denselben, wann sie sich bey ihnen angeben solten,
zu verstehen zu geben, daß mit Kayßerlicher Mayestät und der interessenten
belieben dieße handlung bis zu anderer zeit verwießen worden; und weiln
ietzo die beste gelegenheit sein werde, solche vorzunehmmen, so stelte man
zu ihrem belieben, dieselbe zu reassumiren, nit zweivelend, Ihre Churfürst-
liche Durchlaucht in Bayern werden sich auch darzu gern bequemen.
Kurbrandenburg . Sie hetten vernohmmen, ob wehren die Pfaltzische
gemeint, sich selbiger sach halber in tractaten einzulaßen, welches ihnen nie
vorkommen. Welchergestalt ermelte Pfaltzische sich gegen sie dießer sachen
halben vernehmmen laßen, hetten sie iüngst, als man in puncto amnistiae
deliberirt, angezeigt. Solte es yedoch derselben will sein, die handlung
vorzunehmmen und derentwegen ichtwas bey den herrn Churmaintzischen
anpringen, hette es seinen gewießenen weg, und könde ihnen auf ihr begeh-
ren ahn hand gegangen werden. Conformirten sich sonsten mit Tryr, daß
erstlichen zu vernehmmen, waß dieselbe bey Maintz werden anpringen,
solchem nach man alßdann darüber deliberiren und sich mit beßerm bestand
erclären könne.
Kurmainz . Nechst kürtzlicher recapitulirung der vorstimmenden votorum
hielten, es könde der herrn Churcöllnischen vorschlag den Pfaltzischen
deputirten, zum fall sie sich bey ihnen angeben solten, glimpflich zu gemüet
geführt werden. Die Antwort der Pfälzer werden sie vortragen, darüber kann
dann beraten und pro re nata ein gewißes verglichen werden.
Dießem nechst proponirte Maintz in beysein der herrn Churbayrischen
gesanden: Nachdemahln sowohl alhie alß zu Oßnabrück in beyden fürsten-
und stätträthen albereit die proaemialia beyder replicen vorgenohmmen und
erörtert worden und den herrn gesanden nit unbekand, welchergestalt von
den Osnabrückischen gesanden uff die re- und correlation der ersten class
starck getrungen werde, alß hetten, damit man umb soviel ehender vort-
kommen mögte, vor nothig erachtet, den herrn gesanden solche auch in
deliberation zu stellen. Die Frantzosen suchten in dem proaemio ihrer replic
von Kayßerlicher Mayestät und der cron Spanien instendig salvos conduc-
tus vor die Portugeßische gesanden, 2º begehrten sie zu wießen, ob man
mit der cron Franckreich in einigen frieden sich schließlichen einzulaßen
nit gedencke, es wehre dann sach, daß die zwischen selbiger und der cron
Spanien vorschwebende strittigkeiten erlediget wehren. 3. Sie hätten dem
Herzog von Lothringen das freie Geleit abgeschlagen, weil er sich schon in Son-
derverhandlungen mit Frankreich eingelassen habe.
Bitten um Äußerung zu diesen drei Punkten.
Kurtrier . Bey der ersten frag, ob den Portugesischen gesanden ein förmb-
licher salvus conductus zu ertheilen, stünden sie umb deßwillen nit wenig
ahn, dieweiln 1º sowohl die suchende persohn alß causa ipsa und die landt-
schafft Portugall gantz mit dießen tractaten, man nehmme gleich daß
reich allein oder die, so den frieden tractiren, zusammen, kein gemein-
schafft habe, dann mit allen interessirten theilen das reich eingeflochten;
sie sehen aber nit, waß dasselbe mit Portugal vor interesse habe. Ihre König-
liche Mayestät in Spanien wehren starcker opponent und erkenneten den
inhabern des königreichs Portugall vor keinen rechtmeßigen possessoren
und daß consequenter derselbe keinen legaten haben könde; sehen also nit,
waß nöthig, höchstgedachter Ihrer Königlichen Mayestät hierin zu praeiu-
diciren . Man wüste auch nit, waß es nutze, weiln Spanien mit denselben
gar nit tractiren wolte. Wan aber Kayßerliche Mayestät vor guet ansehen
würden, Spanien auch darzu zu bewegen, mit den Portugesen dießorths
zu tractiren, so könden sie wohl geschehen laßen, daß Ihre Kayßerliche
Mayestät zu ersuchen, denselben einen salvum conductum zu geben.
Ad 2 um ob Kayßerliche Mayestät und die ständ des reichs ohne einverlei-
bung Spanien keinen frieden zu schließen, da wehren underschiedliche
considerationes pro et contra, und zwar pro, wann Spanien als ein stand
des reichs den krieg mit geführt, wie selbige cron dann auch in den Nider-
burgundischen landen und sonsten im reich gethan und also noch under-
schiedliche orth, sonderlich in der Pfaltz
Hier ist besonders Frankenthal zu nennen, das nach 1608 von Kf. Friedrich IV. von der Pfalz
zur Hauptfestung der linksrheinischen Pfalz ausgebaut worden war, aber über den Friedensschluß
hinaus, von 1635 bis 1652, spanische Garnison blieb ( Wille S. 79ff., 111, Hauck S. 84,
100f., Handbuch 5 S. 100–102).
der meinung, keinen frieden zu schließen alß mit einverleibung der cron
Spanien als comembri imperii;
alß hertzogen zu Burgund außzuschließen, weiln die cronen die amnistiae
begehren vor alle ständ des reichs. Waß aber den Cathalonischen und andere
krieg belanget, damit hette daß reich ebensowenig alß mit Portugall zu
thun. Und könde gegen obbesagte rationes vorgewend werden, daß, obzwar
Ihre Königliche Mayestät in Spanien in Burgund mit den Staden und Frant-
zosen zuzeiten krieg geführt, so hette sich doch daß reich damit nit einge-
mischt , 2º hetten dieselbe auch albereit mit besagter cron Franckreich und
den Holländern ohne zuziehung Kayßerlicher Mayestät und des reichs
tractaten angefangen. Hielten also dafür, dießen puncten außzusetzen, bis
man sehe, wie sich die tractaten zwischen dem reich und beyden cronen
anlaßen und ob der fried könde geschloßen werden oder nit. Und wann
man befinden solte, daß kein fried alß durch separation der cron Spanien
könde geschloßen werden, würde ermelte cron daß reich nit verdencken,
sich dießfals eher einzulaßen alß lenger im krieg zu pleiben; yedoch hette
man zu sehen, wie sich daß friedenswerck mit den cronen anlaßen werde.
3º sehen sie keine rechtmeßige ursach, warumb dem herrn hertzogen zu
Lottringen der gesuchte salvus conductus zu verweigern, dann wie mit
Spanien gemelt, also auch Ihre Fürstliche Durchlaucht ihre waffen geführt,
auch noch posten im reich einhetten. Sie wehren ein vornehmer stand des
reichs und demselben zugethan, trügen auch von demselben ahnsehentliche
stück zu lehen
zu solchem end deroselben salvos conductus zu ertheilen. Sie haben hierzu
zwar keine besondere Instruktion, da aber Kurtrier Hunderte von Jahren hindurch
mit dem Herzog von Lothringen verbündet gewesen ist, wird der Kurfürst von Trier
die Sache durch allgemeinen Friedensschluß gern beigelegt wissen wollen, zumahlen
sonsten daß hauß Lottringen alß souverain sich so leicht nit undertrucken
laßen, sondern sich ahn andere potentaten hencken und den krieg conti-
nuiren werde, wordurch dann der ertzstifft Tryr wegen der nachparschafft
auch leiden müste.
Kurköln . Belangend 1º die vor die Portugesische gesanden begehrte salvos
conductus Caesareos, da müsten sie mit den herrn Churtryrischen einig
sein, daß selbe sach zumahln mit dem reich keine gemeinschafft habe und
also zu den tractaten, so Franckreich und Spanien miteinander werden
vornehmmen, zu verweißen. Wobey dann auch zu consideriren, wann man
auch schon den Portugesen solchen salvum conductum ertheilen wolte,
sie denselben doch ehender nit annehmen würden, es geben dann Ihre
Kayßerliche Mayestät den königlichen titul, worzu sich aber dieselbe nit
werden tringen laßen, welches dann abermahls newe remorae der friedens-
handlungen sein würden. Sie sehen nit, in quem finem solches gesucht
werde, weiln die Portugesische hier zur stell und von niemand ubel ange-
sehen oder beschwehrt würden. Solten sie solches umb mehrer sicherheit
willen suchen, werde ihnen durch andere mittel alß die salvos conductus
geholffen und etwa den Kayßerlichen soldaten bevohlen werden können,
sie sicher passiren zu laßen, wordurch dann der disputat des königlichen
tituls vermitten pleibe.
2º sehen sie nit, zu waß end solche frag zu rüttelen nöthig, weiln die frembde
cronen selbsten wisten, daß man ohne absehen der cron Spanien mit ihnen
die tractaten angefangen. Wehre bekand, daß Franckreich und Spanien
absonderlich undereinander frieden zu tractiren veranlast, und gebe ein
tractation der andern keine hinderung, derowegen ihres davorhaltens dieße
frag quiesciren könde, bis man mit den tractaten fertig. Solchem nach alß-
dann dahinstehen werde, ob und waß man bey ein- oder der andern vor
officia einwenden könde. Und werde man auß christlicher lieb und naher
verwandnus mit dem reich nit gern sehen, daß daß reich allein, sondern
Spanien zugleich und sonsten menniglich fried haben mögte.
3. Sind auch der Meinung, daß der Kaiser auf der Forderung nach freiem Geleit für
den Herzog von Lothringen bestehen soll, weiln 1º Ihre Fürstliche Durchlaucht
ein vasallus imperii und ein vornembstes glied im reich, auch occassione
deßen, daß sie Ihrer Kayßerlichen Mayestät assistirt, in gegenwertige unge-
legenheit kommen und von land und leuthen vertrieben worden; und wehre
iha unpillig, daß Ihre Kayßerliche Mayestät in ansehung deßen sich ihro
soviel nit annehmmen solten, daß dieße sach hier vorgenohmmen werden
solte. Die cronen geben selbsten vor, daß dießes allgemeine tractaten, da
alle strittigkeiden hinzulegen, die ratio politica zu geschweigen, die man
hette wegen naher nachparschafft. Und laße sich nit entschuldigen, daß
dieße salvos conductus bey den praeliminartractaten zwar begehrt, aber
abgeschlagen worden, weiln Lottringen mit Franckreich sich damahls ver-
glichen und solcher vergleitung nit vonnöthen gehabt; wie dann die ständ
auff iüngstem Regenspurgischen reichsconvent ahn Franckreich wegen
außhändigung solcher salvorum conductorum geschrieben, darauff auch die
antwortt, und zwar deß inhalts, ervolgt, sintemahlen Lottringen mit der
cron Franckreich verglichen, daß es derselben nit bedürfftig wehre
demahln aber hochgedachte Seine Fürstliche Durchlaucht seithero in einen
andern stand gesetzt
sie zu den vergleichungsarticuln vi et metu genöthiget, auch selbige nit
vollkommentlich zum standt gepracht noch gehalten worden wehren
Hg. Karl IV. von Lothringen war als Herzog von Bar französischer Lehensmann. Durch ver-
schiedene Verträge suchte Frankreich seine militärischen Aktionen zugunsten des Kaisers und
seine guten Beziehungen zum Reich zu unterbinden und ihn französischer Botmäßigkeit zu unter-
werfen , so durch den Vertrag von Moyenvic vom 6. Januar 1632 ( Heydendorff I S. 92,
Stramberg 3, 7 S. 104 ), durch den Vertrag von Liverdun vom 26. Juni 1632 ( Heydendorff
I S. 95, des Robert I S. VII, VI, Stramberg 3, 7 S. 109 ), durch den Vertrag von Charmes
vom 20. September 1633 ( Heydendorff I S. 102f., des Robert I S. VIIf., Stramberg 3,
7 S. 123–133 ), durch den Vertrag von Paris vom 29. März 1641 ( des Robert II S. 217–220,
Stramberg 3, 7 S. 183–185, 196 ). Vgl. auch H. Weber , Frankreich S. 377, Hurter IV
S. 92–96.
gibt die vernunfft selbsten, daß solche sach alhie, und zwar umb sovieln
mehrer, vorzunehmmen. Seye ahngesehen bekant, daß sich etliche auß den
reichsständen wie Würtenberg und andere dabevorn auch absonderlich
mit Kayßerlicher Mayestät verglichen, die frembde cronen dannoch begehrt
haben, solche sach alhie ufs new zu reassumiren.
Kurbayern . 1º befinden, daß die Portugesische ein frembde sach seye, so
weder Kayßerliche Mayestät noch daß reich betreffe, auß den ursachen
sie dann davorhielten, solche ahn Spanien zu verweißen. Es wehren zwar
bey den praeliminartractaten solche salvos conductus begehrt, aber weiln
selbige kein gemeinschafft mit dem reich hette, nit erhalten worden; und
hette sich daß reich in frembde händel nit einzumischen. Die Schweden
hetten zwar in ihrer replic movirt, es dörfften die Portugesen alhie nit
sicher vor daß fenster sehen. Sie befinden aber nit, daß sie gefahr von dem
reich oder Kayßerlichen völckern hetten; sie sehen auch nit, wann schon
dießer salvus conductus solte verwilliget werden, wie derselbe einzurücken,
daß sie damit zufrieden wehren, dann den königlichen titul Ihre Kayßer-
liche Mayestät in ewigkeid nit geben würden.
Die zweite Frage ist zu früh gestellt. Schließt Spanien mit seinen Kontrahenten
vor dem Reich Frieden, so erledigt sie sich von selbst. Solte aber Spanien die sach
desperat geben, daß sie mit Franckreich keinen frieden schließen könden,
und allein in die umbfrag kommen, ob mit den exteris nechst außschließung
Spanien fried zu schließen, so hielten, es werde leicht hierüber zu deliberiren
und zu concludiren sein, dann Spanien nit begehren werde, daß in ansehung
deßen daß reich des friedens lenger solte beraubt
der Frantzösischen replic auch eine quaestion begrieffen, waß vor potenta-
ten einzuschließen; wann man darzu komme, hette man alßdann auch hier-
von zu reden.
3º. Wolten sich von den maioribus nit separiren. Wehre bekand, daß Lottrin-
gen ein stand des reichs, man hette auch keine gewiße nachricht, waß selbi-
ger hertzog gehandlet, dahero ihres davorhaltens derselbe wenigst alhie
zu hören.
Kurbrandenburg. Ad 1 mum hielten sie auch, daß dießes eine frembde sach,
so daß reich nit, sondern die cron Spanien allein
den tractaten niemander zuzulaßen, alß der einig interesse mit dem reich
hette. Sie hetten zwar derentwegen keinen bevelch, vermeinten aber yedoch,
es könde solches begehren wohl zurückgetrieben werden, weiln ihnen
Portugesen in andere weg könde securität verschafft werden. Wann aber
Franckreich instendig darumb anhalten und also daran stehen solte, daß
kein fried zu erhalten, es seye dann den Portugeßen willfahrt, alßo hielten
sie, es seye denselben eher ein salvus conductus zu ertheilen alß den frieden
dardurch lenger zu verhindern.
Zu Punkt 2 wie Kurbayern. Darüber kann geredet werden, wenn man die am Ende
der Repliken angeschnittene Frage berät, für wen der Friede zu gelten hat. Inmittels
man auch sehen werde, wie sich die tractaten mit Franckreich und Spanien
anlaßen. Der cron Spanien wehre ebensowohl alß andern der frieden zue
gönnen, es wehren dieselbe auch ein vornehmmer stand des reichs, und
dahero ihro gleichergestalt vorstand zu leisten; yedoch wehre ein Separa-
tion in den sachen selbsten zu machen. Waß gemeinschafft mit dem reich
hette, wehre pillig, daß man sich derselben annehme; waß aber außwertige
sachen belangt, weiln daß reich darunder, sonderlich in den Holländischen
krieg, sich nie gemischt, hette es dabey auch noch sein verpleiben. Solte man
sehen, daß einige hoffnung zum frieden zwischen Spanien, Franckreich
und andern nit bevorwehre, und daß reich derentwegen noth leiden,
werde sich die quaestion wohl erörtern laßen, waß dem reich nutzlich;
und werde die cron Spanien deßen daß reich nit verdencken.
3º. Wehren Ihre Fürstliche Durchlaucht zu Lottringen zwar ein vasall
des reichs, aber nit wegen des gantzen hertzogthumbs, sondern allein
gewißer stück. Soweit nun dieselbe interessirt, wehre auch pillig, daß ihro
die hand gepotten werde, wie dann Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu
Brandenburg deroselben gern die restitution gönnen, auch sehen werden,
daß ihro zu solchem end ein salvus conductus ertheilt werden mögte. Wird
aber Franckreich sich beharrlich weigern, ist zu bedenken, ob man eben des reichs
notturfft derentwegen zurückzustellen.
zu sein erachten, dem reich ehender frieden zu erwerben alß demselben
wegen einigen stücks, so vom reich dependirt, zurückzustellen.
Kurmainz.
1 Recapitulirte – vota] Ausführlicher in Kurtrier zA, spA, Kurbayern K II,
spA II, Kurköln zA I, spA I, Ib: 1. Verhandlungen über Portugal sind an Spanien zu
verweisen. 2. Die Frage des Einschlusses Spaniens in den Frieden ist usque ad finem
replicarum außzusetzen. 3. Für Lothringen ist freies Geleit zu verlangen. Punkt 1 und 3
können nach Meinung Kurbrandenburgs anders entschieden werden, wenn dadurch der Friede
zu erhalten ist. Kurköln endet darauf, Kurtrier und Kurbayern im folgenden knapper.
mainz findet hinsichtlich des ersten Punkts, daß das freie Geleit für die Portugiesen
eine neue, im Präliminarfrieden nicht aufgeführte Forderung ist; dort ist es allein
dahin gestelt worden, daß denienigen, welche mit des Römischen reichs
krieg implicirt, salvi conductus zu ertheilen seyen. Sehen dahero nit, wie
den Portugeßen, alß welche sach mit dem Römischen reich keine gemein-
schafft habe, hierin zu willfahren. Und wann man auch schon denselben
solchen salvum conductum zu ertheilen vor rathsamb erachten solte, so
werden sich wegen des Titels Schwierigkeiten und Verzögerungen in den Verhand-
lungen ergeben, dann Ihre Kayßerliche Mayestät denienigen, welche dero
hauß und befreunden vasall und perduellis seyen, mit solchem königlichen
titul und gesuchtem gelaid keineswegs werden ahn hand gehen. Stelten es
also ihrestheils dahin, sinthemahln sie ahn keinem orth weder von Pabst-
licher Heyligkeit, Veneto noch Dennemarck vor legaten erkennet werden,
man auch durch ertheilung des salvi conductus ihre rebellion tacite appro-
biren thete, welches wider des reichs reputation und authorität, und zwar
umb soviel mehr lauffe, weiln ihr herr, von deme sie abgefallen, ein stand
des reichs und socius belli, ohnedaß dießes in böße consequenz gezogen
und andern potentaten dergleichen widerfahren dörffte, daß dieße sach ad
exemplum anno 1619, alß die rebellische ständ in Böheimben bey vorgewe-
ßener wahl ihre gesanden schicken wollen und man sie rund abgewießen
Die böhmischen Stände verlangten 1619 für ihre Gesandten Einlaß in die Reichsstadt Frankfurt,
die wegen der Wahlvorbereitungen für Ferdinand II. geschlossen worden war, und Teilnahme an der
römischen Königswahl, weil sie Ferdinand II. als böhmischen König und Inhaber der böhmischen
Kurstimme nicht anerkannten ( BuA II 1 nr. 115 S. 20f., nr. 131 S. 257). Ihre Gesandten
Christian Aderspach Berkha, Johann Smil von Michalowitz und Johann Arnold Adlinger von
Arnoldstein wurden jedoch abgewiesen; sie mußten in Hanau Quartier nehmen und gaben beim
kurmainzischen Direktorium eine Protestschrift ein ( Londorp I S. 660, Hurter I S. 58–61).
zu Ihrer Kayßerlichen Mayestät und der cron Spanien zu verweißen, ihrem
belieben nach darin zu verfahren.
Ad 2 um ob Spanien mit in Teutschen frieden einzuschließen,
sie in erwegung der sachen, daß im praeliminarconcluso enthalten, daß
ietztbesagte strittigkeiden bey dießem convent verglichen werden sollen,
deme pillig zu inhaeriren, weiln dießes conclusum von beyden königen
angenohmmen und ratificirt worden, dergestalt daß auch die Frantzosen
uber die Spanische vollmacht scrupulirt und des cardinalinfantens nit vor
sufficient ermeßen, 2º wehren die salvi conductos umb deßwillen ertheilt,
daß alles alhie erlediget werde, 3º seyen die gesanden in loco tractatum
erschienen und hetten ihre plenipotentias gegeneinander außgewechßelt,
auch die plenipotenz der Spanier von den Frantzosen nach ihrem begehren
reformirt worden. Von der Separation selbsten zu reden, werde hiernechst
gelegenheit geben und dabey zu erwegen sein, waß vor nutzliche dienst
daß reich von Spanien empfangen; dahero sie sich mit den vorstimmenden
verglichen, daß dieße sach biß dahin außgestelt werde.
3º hielten sie mit den herrn vorstimmenden davor, daß des herrn hertzogens
zu Lottringen Fürstlicher Durchlaucht mit dem begehrten geleid pillig
ahn hand zu gehen, weiln dieselbe bishero socius belli geweßen. Wehren
anno 1632 Kayßerlicher Mayestät mit einer ahnsehentlichen armaden zu
hülff kommen, auch in der Nördlinger schlacht der catholischen ständ
exercitum geführt und sich noch vor zwey Jahren bey Dütlingen in persohn
eingefunden
feinden; 2º seyen sie vasallus, cliens et faederatus imperii nach inhalt deren
anno 1542 zu Nürnberg mit dero vorfahrn ergangener transaction
Nach dem Nürnberger Vertrag vom 26. August 1542 zwischen Kg. Ferdinand I. und Hg. Franz
von Lothringen sollte Lothringen für die bisherigen Reichslehen (siehe oben S. 519 Anm. 1) auch
weiterhin die Belehnung empfangen; das Herzogtum selbst jedoch sollte liber et non incorporabilis
sein und bleiben und dem Reichskammergericht nicht unterstehen. Dennoch blieb Lothringen Teil des
Oberrheinischen Kreises, genoß den Schutz des Reiches und wurde für die Reichsmatrikel neu
veranschlagt. Dieser Kompromiß, der den Unabhängigkeitsbestrebungen der lothringischen Herzöge
vom Reich ebenso Rechnung trug wie den Bemühungen um die Abwehr französischer Eingliederungs-
versuche , begründete die staatsrechtliche „Zwitterstellung“ des Herzogtums ( Derichsweiler
I S. 133–135, 390f., Fitte S. 27ff., Ritter II S. 36f.). Lothringens Anteil an den Friedens-
verhandlungen ist ausführlich dargestellt bei Fitte S. 59–74.
Ihre Mayestät und daß reich Ihrer Durchlaucht verbunden; 3º der Prager
frieden wie auch daß anno 1636 zu Regenspurg verfastes conclusum
führe nach sich, daß hochgedachter Seiner Durchlaucht restitution zu
befürdern. Solte solches nun geschehen, müsten dieselbe anhero gelaßen,
gehört und ihro assistirt, auch zu solchem end von den cronen sicher geleid
ertheilt werden. Wehren dahero Ihre Kayßerliche Mayestät allerunderthe-
nigst zu ersuchen, dahin zu sehen, wie solcher salvus conductus ertheilt
werden mögte, allermaßen sie dann solches bey verfaßung des conclusi
beobachten wolten.