Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
Konferenz der katholischen kurfürstlichen Gesandten Münster 1646 Februar 17
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Münster 1646 Februar 17
Kurmainz Rk FrA Fasz. 9 II nr. 10 = Druckvorlage
Ein weiteres Protokoll der Sitzung bereits gedruckt in APW [ III A 4, 1 nr. 21 S. 100–103 ] .
Dort ist das Problem eines zweiten Kurfürstenrats in Osnabrück nur am Rande behandelt, wäh-
rend es in dem hier folgenden kurmainzischen Protokoll ausschließliches Beratungsthema ist. Dies
rührt vielleicht daher, daß die sowohl in die Corpora als auch in den Kurfürstenrat gehörigen
Themen dieser Sitzung nicht zugleich, wie aus der Anordnung des kurtrierischen, kurbayerischen
und kurkölnischen Protokolls zu schließen wäre, sondern nacheinander proponiert wurden.
Erschwerte Meinungsbildung unter den kurfürstlichen Gesandten beim Zusammentritt eines zweiten
Kurfürstenrats in Osnabrück. Ankunft der kursächsischen Gesandten.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern .
Kurmainz . Es hetten die herrn Churbrandenburgische gesanden begert,
daß gleichwie alhie zu Münster, also auch zu Oßnabrück ein churfür-
stenrath angestelt werden mögte. Nun wehre bekand, daß sich daselbsten
niemanden von den churfürstlichen gesandschafften alß Maintz und Bran-
denburg einfinde und also zween kein collegium constituiren
darfür, es suchten besagte Churbrandenburgische hierunder den anno 1636
wegen der churfürstlichen deputation zu Regenspurg gemachten colle-
gialschlueß zu behaubten, es cessire aber derselbige nunmehr allerdings,
weiln daß churfürstliche collegium anietzo in forma beysammen. Sie wehren
zwar bericht, daß die herrn Chursächßische auch ehist anlangen werden;
solten sie anhero nacher Münster kommen, werde es kein difficultät geben,
werden sie aber zu Oßnabrück verpleiben und daselbsten consultationes
anstellen wollen, wehre zu besorgen, sie werden die maiora dorten machen,
so würde auch, gleich im fürstenrath beschicht, kein conclusum alhie ohne
vorhergangene communication mit den Oßnabrückischen gesanden ge-
macht werden können, welches dann große ungelegenheiten nach sich
ziehen würde. Wolten dahero der herrn gesanden beygehende gedancken
hierüber vernehmen.
Kurtrier . Sehen nit, wie die Churbrandenburgische die deputation de
anno 1636 behaubten könden, weiln daß churfürstliche collegium in forma
beysammen. Dafern sich die herrn Chursächßische daselbsten einfinden
solten, werde man ihnen den rathgang nit verwehren können; solte es
geschehen, müste man gleich im fürstenrath die materien zusammentragen
und sich sowohl daselbsten als alhie eines gewißen vergleichen; und wolten
sie nit hoffen, daß man alda einen schlueß per maiora machen solte.
Kurköln . Wann die herrn Churbrandenburgische die deputation behaubten
wolten, müsten sie einer instruction vom churfürstlichen collegio, alß von
deme sie deputirt, gewertig sein und sich demnach verhalten. Sonsten
wehre zu wünschen, daß man sie von der zusammenkunfft abhalten könde;
wann es aber dahin nit zu pringen, so müste man es zu ihrem gefallen
stellen, conferentien anzustellen, wobey es aber die meinung nit werde
haben können und müßen, absonderliche conclusa zu machen, weiln daß
Maintzische und Brandenburgische votum nit zweymahl gezehlt, auch
dieselbe zu Oßnabrück ein mehrers nit alß alhie vorpringen werden können.
Kurbayern . Sie erinnerten sich, daß nit allein zu Lengerich, sondern alhie
den Churbrandenburgischen der scrupul benohmmen worden, dann die
anno 1636 gemachte deputation hierdurch falle, wann dieienige selbsten
kommen, so die deputation gemacht. Sie besorgten, wann sich die herrn
Chursachßische dahin begeben würden, die werden die maiora vor die
protestirende daselbsten, die catholische aber solche alhie machen; wehre
man also in pari gradu, welches dann große ungelegenheiten nach sich
ziehen würde, yedoch müste uf solchen fall der im fürstenrath brauchende
modus observirt werden. Sie hielten nit unrathsamb, wann dießes durch
Maintz könde zue Oßnabrück den Brandenburgischen gesanden abgeleinet
werden, auß den ursachen, 1º weiln die deputation anietzo falle, 2º daß
Churmaintz- und Brandenburgische votum zu Oßnabruck mehr nit alß
alhie sein könde.
Kurmainz . Es wehre bey iüngstem Franckfurthischen deputationconvent
auch dießer Regenspurgischen deputation halber erwehnung beschehen,
wobey dann die churfürstlichen gesanden, in specie aber Chursachßen
selbsten, der meinung geweßen, daß dießes conclusum cessire, angesehen
daß churfürstliche collegium in forma beysammen. Sie sehen nit, wie
Brandenburg darauf tringen könde, weiln yeder in loco und sein votum
selbsten ablege. Sie hielten auch noch, dabey zu bestehen und denselben
die gegennotturfft zu remonstriren, maßen sie dann derentwegen ihren
collegis zu Oßnabrück zuschreiben wolten. Sonsten könden sie sich auch
wohl vergleichen, daß sie zusammenkämmen und miteinander conferiren
mögen, yedoch daß dabey einig conclusum nit abgefast werde, dann wann
sie per modum conclusorum gehen solten, werde es große ungelegenheiten
nach sich ziehen.
Dießem nach ist uf vorhergangene proposition deß Churmaintzischen
directorii wegen visitirung deß Frantzosischen residenten La Barte
Ihrer Fürstlichen Gnaden von Oßnabrück angezeigt worden, daß derselbe
weder von den mediatorn noch Kayßerlichen gesanden vor einen könig-
lichen ambassatorn erkennet würde, dahero ihme auch die visiten und daß
praedicatum Excellentiae von ihnen verweigert und solchem nach vor
rathsamb angesehen worden, in der von den Churbrandenburgischen zu
Oßnabrück vorgeschlagenen visiten zue verhütung besorgenden praeiu-
ditii der churfürstlichen praecedenz behuetsamb zu gehen.