Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
95. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1643 November 13
Münster 1643 November 13
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 47a, Konv. c fol. 138–138’, 147–150’, 154, Auflösung der
Chiffre fol. 151 = Druckvorlage – Konzept: ebenda Fasz. 92 I nr. 76 S. 451–455’.
Vollmacht. Erste Kommunikation mit den spanischen Gesandten. Austausch der Instruktionen.
Mangelnde Vollzähligkeit der spanischen Gesandtschaft. Kurialien bei Besuch und Empfang der
französischen und holländischen Gesandten. Spanische Ratifikation des Präliminarvergleichs.
Nr. 83 ist mit voriger Post angekommen. Aus der umgefertigten Vollmacht sehen
wir, das auch dasjenig, was deroselben wir vom 6. diß
Vgl. [ nr. 92 ] .
allergehorsamist überschriben, guetentheils beobachtet und verbessert
worden, dahero wir verhoffen, es sollen bey khönfftiger außweißung die
gegentheil ob solchen gewaldtsbriefen desto weniger einred haben.
Saavedra ist heute vor acht Tagen angekommen. Wir haben die spanischen Gesandten
sambt und sonders baldt nach ihrer einkhonfft in ihren quartieren besuecht
und mit gebürender begrüesßung empfangen, so haben wir darauf nit under-
lassen , demihenigen, was Eur Kayserliche Mayestät uns gleich anfangs
mit inen zu handlen gnädigst anbevolchen, einen anfang zu machen, sie
negstverwichnen erichtag, den 10. huius, umb ein zuesamenkhonfft anzu-
langen , und uns zwar erbietig gemacht, zu inen in ihr quartier zu khommen,
weiln sie aber dessen nit erwarten wollen, sondern sich zu mir, grafen von
Nassau, in mein losament begeben, ist inen von uns khürzlich angefüegt
und vorgetragen worden, waßgestalten Ewer Keyserliche Mayestät uns
allergnädigst auferladen und bevolchen hetten, mit inen bey disen vor-
stehenden fridenshandlungen alle guete vertreülicheit zu pflegen, von allem,
was dabey vorfallen möcht, bericht zu thuen und wolmeinlich zu undter-
reden und zu berathschlagen, sonderlich aber inen, warauf Ewer Kayser-
lichen Mayestät allergnädigste intentiones hiebei gerichtet weren, zu com-
municieren , wie wir dann zu solchem ende inen ein lateinisch, von Ewer
Mayestät uns zugeförttigtes exemplar der instruction zustellen thetten ,
das sie sich darinn ersechen, uns ire darüber beygehende gedanckhen, und
wohin ires gnädigsten herrns, deß königs in Hispanien, absechen bei diser
handlung gerichtet were, zugleich in guetem vertrauen eröffnen wolten.
Nun haben sie sich gegen uns der erbottnen vertreülicheit und gueten
vernemmens auch beschechner wolmeinender communication bedanckht
und, das sie gleichergestalt mit uns alle guete, vertreüliche correspondenz
zu halten, mit einhelligem rath und thatt in der sachen zu verfahren bevelcht
weren, erclärt, sich daher nit zuwider sein lassen wolten, was sie zu thuen
und zu lassen vermeinten, auch wohin ires gnädigsten herrns meinung
gehen thet, mit uns zu conferieren, und seint darauf erbiettig, in der commu-
nicierten instruction sich zu ersechen, auch uns ire gedanckhen weiters zu
eröffnen. Bey welchem es damaln nach fürgangnen complimenti und discorsi
also verbliben.
Gestern nachmittag aber haben sie sich wider bey uns eingestelt und uns
dasihenig zue andtwortt schrifftlich angefüegt, wie Eur Kayserliche Maye-
stät ihnen aus dem beyligenden extractu protocolli [ Beilage 1 ] mit mehrerm
gnädigst referieren lassen khönden. Dessen summarischer innhalt aber be-
stehet khürzlich darinn, das sie aus der verleßenen instruction Euer Kayser-
lichen Mayestät hochrüehmlichen eüfer gegen dem gemeinen catholischen
weesen auch zu erhaltung der einigkheit mit der cron Hispanien mit ihrem
sonderbaren contento vermerkht, und eben uff disen terminis dasihenig,
was ires königs intention gemeß, an füeglichisten würden negociren
khöndten. Dahero sie sich nochmalen gegen uns solcher vertreülichkeit
zum höchsten bedanckhen und nit weniger gegen uns in allen fürfallen-
heiten gleichmessige bezeigung erbietten thetten. Und wiewol sie hierauf
begihrig weren, uns mit gleichem aufrichtigen verthrauen auch denn innhalt
irer instructionum zu eröffnen, so hetten sie iedoch hiebey vorderist zu
beobachten, das neben inen auch herr marchese Castell Roderigo zue einem
plenipotentiario von irem könig verordnet und daher inen obgelegen were,
demselben hievon bericht zu thuen und seiner andtwortt zu erwartten, in
hoffnung, uns solches nit zuwider sein solte, weil noch derzeit von denn
mediatoren niemandt alhie, und ohne derselben zuethuen nit wol zu einigem
congress mit dem gegentheil zu gelangen sein werde.
Damit aber entzwischen etwas materi von vertraülicher undterred an der
handt sey, so were volleicht zu conferieren, was man sich mit visitation und
empfachung der Franzößischen und Hollendischen gesandten zu verhalten
haben möchte.
Und dann, weiln bei dem lesteren praeliminarvergleich undter anderm ver-
abschidet worden, das ein neüe und vollkhomne ratification bei eingang
der fridenshandlung durch herrn grafen von Auersperg außgeliffert werden
solte, so hette don Diego aniezt selbige mit sich gebracht, und weren er-
biettig , die in abweesen gedachts von Auersperg uns gegen einer recogni-
tion einzuandtwortten.
Nachdem wir uns nun in disem responso ein wenig ersechen, haben wir
ihnen praemissis curialibus angezeigt, das wir zwar der sachen weiter nach-
gedenckhen und wo nothwendig inen unser erclärung ferrers in schrüfften
auch übergeben wolten, vor dißmal aber und allein discursweiß khönten
wir anzuregen nit underlassen, indeme sie sich auf herrn marchese Castell
Roderigo beziechen, das die gegentheil ebendergleichen so schrifftlich –
so mündtlich zue irer beschönung biß daher außgesprengt, das nemblich
die alhie anweesende Spanische plenipotentiarii ohne gedachten marchese
nichts thuen khöndten, sondern dessen resolution erwartten müesten,
welches auch der könig in Dennemarckh nit allein durch seine zu Oßnabrug
anweesende gesandten denn Kayserlichen commissariis, sondern auch durch
seinen residenten Eur Kayserlichen Mayestät selbst vortragen lassen ; da
nun inskhönfftig dergleichen remission mehrers geschechen und der gegen-
theil davon nachricht erlangen solte, so wurde es dem haubtwerkh sehr
verhinderlich sein und dise partey mit ungleicher zuelag nit wenig be-
schweren .
Was dann die curialia mit den visitationibus und salutationibus der Fran-
zößischen und Hollendischen gesandten anlangte, da haben wir inen das-
jenig eröffnet, was Eur Kayserliche Mayestät uns in einem und anderm
solcher visitation halber in unsern instructionibus und nebenbevelchen aller-
gnädigst auferlegt, mit erbietten, wo etwan dabey khönfftig einige difficultet
vorfallen solte, das wir mit inen davon zu communicieren nit ermanglen
wolten.
Die ratification betreffendt, weiln diser actus aigentlich nit uns, sondern den
grafen von Auersperg berüeren thet, so wolle uns nit verandtworttlich sein,
seiner unwissendt uns hierundter einzumischen; wir wolten aber noch bei
ieziger ordinari ine diß beschechnen anerbiettens berichten, wie sie dann
an ihrem ortt auch thuen möchten, und so er uns selbige einzuandtwortten
begehren wurde, so würden uns deme zu bequemben nit lassen endtgegen
sein.
Über dise unser summarische andtwortt haben sie weiter angefüegt, das
man sich wegen irer plenipotenz nichts zu befahren, noch auch die gegen-
theil dessentwegen einige begründte exception einwenden khöndten, weiln
sie mit denen absonderlich, in optima forma gefast, und seinerzeit wurden
demonstrieren mögen auch uns vorzuweisen erbiettig weren. Die instruc-
tiones aber weren a plenipotentiariis separata documenta, und würden die
gegentheil darüber nicht zu scrupulieren haben, weil sie die ihrige ebenso-
wenig aufweisen wurden.
Mit denn visitationibus liessen sie es bey deme bewenden, was wir von
Eur Kayserlichen Mayestät bevelcht weren, und wolten sich an ihrem ortt
auch, soweit es sich thuen liesse, darnach richten.
Wir haben aber vermörckht, das sie ihrestheils nit vor thuenlich halten,
die visita der Franzosen, so lang und wie Eur Mayestät vom 22. Februarii
anno 1640 aus Wienn abgangner bevelch
Beilage zur Instruktion vom 15. Juli 1643. Ferdinand III. an Nassau und Krane, Wien 1640
Januar 22 [nicht Februar, wie in der Relation angegeben]. Kopie: RK , FrA Fasz. 92 I fol.
190–191’. Vgl. unten [ S. 659 ] .
uns angeben und vorderist beim legato apostolico legitimiert hetten, ein-
zustellen . Sodann, das sie gern nachricht haben wolten, mit was praedicat
die Hollendische gesandten tractiert werden solten.
Seitemaln nun innhalts beyligender zeittungen die Franzößischen gsandten
den 6. huius zue Lüttich fürüberpassiert und, wie aber gestern abendts
ferrer bericht einkhommen, seither im Haag angelangt sein, daher zu hoffen,
sie möchten sich mit eheistem hieher begeben, so haben wir kheinen umb-
gang nemmen mögen, Eur Kayserlichen Mayestät hiemit ferrer aller-
undterthenigst zu pitten, uns noch weiter, wessen wir uns mit solcher visita
zu verhalten haben möchte, bescheiden zu lassen; erstlichen wann bedeüte
Franzößische gesandten noch vor dem legato apostolico alhie anlangen
und uns ir ankhonfft durch iemandt ires hofgeßindts anzeigen lassen solten,
ob wir sie unerwarttet der legitimation, die sich bey sogestalten dingen
lang verweilen möcht, visitieren und begrüessen solten; zum andern, wann
sie nach dem legato apostolico ankhommen, ob alßdan zuezuwarten, bis
sie ire legitimation bei demselben abgelegt, oder ob wir sie, wann sie uns
werden irer ankhonfft berichtet haben, darauf sobaldt visitieren sollen; zum
dritten, wann sie ire ankhonfft uns gar nit intimieren thetten, ob wir nichts-
destoweniger inen die visita offerieren solten; dann es vermeinen die Spa-
nischen , das die legitimation etwan vil tag anstehen und also hernach die
anerbiettende höflicheit mit dem visitieren schlechters ansechen haben und
mehr von denn Franzosen vor ein verachtung als ein empfachung auf-
genommen werden möchte, so bederffe es auch kheiner intimation der
ankhonfft, als die zwischen ambasciatorn, so an der potentaten höfen an-
khommen , nit breüchlich; ire ankhonfft selbst wurde zu erkhennen geben,
in was qualitet sie alhie erscheinen thetten, sie, Spanische, weren endt-
schlossen , sobald die Franzosen ankhämen, sie zu beschikhen und ver-
nemmen zlassen, ob sie die visiten anzunemmen und zu geben begehrten.
|:Dabey unnß auch diß beygefallen, weil Ewer Kayserliche Mayestät aller-
gnedigiste intention ist, alle mittel unnd weeg zu suechen, daß wir mit den
Franzosen in eine absonderliche geheimbe tractation möchten eintretten:|,
das umb sovil mehr ohne anderwertige praesupposition durch uns gegen
inen die visite anzutragen were. Was dann die Hollender betrifft, haben wir
uns unserer instruction nach zu verhalten, so aber Eur Kayserliche Maye-
stät uns ires praedicats halber mehrern specificierten bevelch und nachricht
gnädigst zuekhommen lassen, solte dasselbig zugleich allerunderthenigst
beobachtet werden.
Und dieweil im übrigen die Spanischen gesandten sich obgehörtermassen
wegen eröffnung irer instruction auf herrn marchese Castell Roderigo be-
zogen , wir auch uns wol die rechnung machen, dergleichen inskhönfftig
mehrers geschechen, und wir daher in den handlungen nit wenig gesteckht,
wol auch dardurch die schuldt aller verlengerung uf Eur Kayserlichen
Mayestät und der cron Hispanien seiten geschoben werden möchte, so
sezen wir ausser zweifel, Euer Kayserliche Mayestät werden solches gedach-
ten herrn marchese zu erkhennen geben und, der sachen mehrere fürdernus
schaffen zu lassen, von selbst allergnädigst gewogen sein. Sonsten hat
don Diego mir, Vollmarn, gestern abendts sein plenipotenz in originali für
sich selbst zuegeschickht, darvon wir alspaldt copias nemmen lassen und
hiebeynebens Ewer Keyserlichen Mayestät auch gehorsamist übersenden
sollen. [ Beilage 2 ].