Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
54. Auersperg an Ferdinand III Osnabrück 1643 September 27
Osnabrück 1643 September 27
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 46c, Konv. b fol. 74–74’, 83–88’, Auflösung der Chiffre fol.
79–82’ und 75–78’ = Druckvorlage. Kanzleivermerk: Hiervon abschrifft zu des herrn reichs-
vicekanzlers instruction nach München, 1644 Januar 8.
Unterredung mit von der Lippe: Pommern, Rügen, Stralsund, Möglichkeit eines dänisch-
schwedischen Krieges, Restituierung der im Prager Frieden Ausgeschlossenen, Glückstädter Zoll, Ver-
langen Höges nach vertraulicher Konferenz mit Auersperg.
|: Zufolge nr. 41 habe ich nit unterlassen, den von der Lippe sowohl die aigent-
liche bewantnus selbiger handlung der lenge nach zu berichten, alß auch mit
gelegenheit zu penetrieren, auß was vor grund man von Wien schreiben
mögen, daß Ewer Kayserliche Mayestät der königin und cron Schweeden
etwas von Pommern lieber alß der königlichen würden zu Dennemarckh
Norwegen vergönne, und dahero zu begeren, er, von der Lippe, wolle mir
die aigentliche intention seines gnedigsten herrns hierüber umbstendtlich
und in geheimb eröffnen, neben andeutung, das auf solchen fall an gnug-
samer vollmacht auf mich nicht ermanglen solle. Hierauf, und zwar soviel
Pommern anlangt, hat er folgendergestalt außtrückhlich geantworttet:
wann die drey verbrüederte chur- und fürstliche heüsser Sachssen, Branden-
burg und Hessen
dische waffen auß dem feldt gebracht wurden, liesse mans dahingestelt sein,
sie, die Schweden, aber wurden selbiges nicht zwey jahr ruehig besizen noch
mantenieren können, weiln es die benachparten potentaten ihres stats halben
nit zuelassen wurden können. Sein gnedigster könig hette einmahl durch
ihn, von der Lipp, die verstorbene churfürstliche durchlaucht zu Branden-
burg versichert, das sie nichts anders begeren, alß das Pommern und Mechel-
burg iedes ihrem chur- und fürsten restituiert und einverleibt werden, denen
es von rechts wegen zustehet. Bey dieser gefasten mainung würden sie, die
königliche würden, alß welche ihr wort vor alles in acht nemmen, auch ver-
bleiben. So hette man auch an seiten Ewer Kayserlichen Mayestät erstbesag-
ten verstorbenen churfürsten zu Brandenburg (massen es der von der Lipp
dazumahl von dem auch verstorbenen graffen von Schwarzenberg
Gf. Adam von Schwarzenberg war leitender Minister des Kf. Georg Wilhelm. Über ihn vgl.
ADB 33 S. 779–794 .
den, unnd der herr graff Gallas darauf seinen zug dahin gethan) deßhalben
versichert, es sey zwar nit ohn, daß die königliche würden die priesterschafft
sowohl in der statt Stralsundt alß insul Rügen noch heuttigs tags bestelle,
auch die von Pommern von den königen von Dennemarkh belehnet
worden
Unter Knud IV. (1182–1202) war Pommern 1185 in dänische Lehnsabhängigkeit gekommen,
nach der Niederlage Dänemarks bei Bornhöved 1227 brach aber die dänische Herrschaft auf dem
Festlande wieder zusammen. Rügen war 1168 von Waldemar I. erobert worden und von Däne-
mark lehnsabhängig geworden; kirchlich war es dem dänischen Bistum Roskilde unterstellt worden.
ihme, von der Lippe, vermeldet, daß sie ein zuespruch unnd also auch lust zu
selbiger insul hetten, von ihm, dem von der Lipp, aber were geantworttet
worden, daß nunmehr aniezo die herzogen zue Pommern solche insul von
Ewer Kayserlichen Mayestät und dem reich erkenneten auch darumben
dero und deß reichs jägermaister weren , waraus nun abzunemmen seye,
daß offtgemellte königliche würden sich allein befriedigen, wann diese
benachbarte länder ihren vorigen herrn restituiert werden. Ich aber halte
ohnmaßgeblich allerunderthenigst darvor, daß villeicht nit ohne frucht
abgehen solte, wan man bey offtermeltem könig in Dennemarckh ein ver-
such thuen wurde, dieselbe auf gewise maaß und weeg zu einer diversion
gegen Rügen und der orthen zu disponiren, weilen dieselbe ohne daß dahin
lust haben, mit den Stralsundern, alß welche erst vor einem jahr ein schick-
hung bey derselben gehabt, in gueter correspondenz stehen, ihr vornehmen
durch obbesagten und von einer alten belehnung herrüehrenden zuspruch
guetermassen beschönen köndten, auch albereit daselbst sowohl alß in
Stralsundt einen grossen vortheil haben, indeme die geistligkeit von ihme
völlig dependiret und der gemeine mann zue aller willfährigen untergebung
von derselben leichtlich kan beredet werden.
Betreffend nun die von mir ihme, Lippen, gethane information von der
königlich Pollnischen handlung , vermeldet er ferrner und bezeugte es mit
Gott dem allmechtigen, daß offtermellte königliche würden zue Denne-
marckh zue ihme gesagt hett, wann es mit Schweden angehet, so will ich
Rostockh am ersten attaquiren, und vermeint dazue gnuegsamb befuegt zue
sein, weilen die Schweden daselbst wider alle billigkeit auch habenden ver-
trag von der cron Dennemarckh den zoll nehmen, so hette auch der könig-
liche prinz auß Dennemarckh zue ihme, von der Lippe, vermeldt, weilen es
mit Schweden doch einmahl sein mueß, lieber aniezo alß hernacher. Diesem
nach versichert er mich, daß offtbesagter sein gnedigster könig von einer
diversion weder von Franckhreich noch die Staden von Hollandt (dan diese
wegen der engen verbündung deß königs aus Dennemarckh mit den iezt
obsiegenden könig auß Engellandt
werden, sondern wurden dieselbe, zuemahlen sie von der cron Schweden
underschiedliche, wie auch aniezo durch der Schwedischen gesandten langes
außbleiben grosse verschimpffung empfangen, gern ins werckh sezen und
sich mit Ewer Kayserlichen Mayestät auf den durch solche diversion erlang-
ten vorthl über die cron Schweden es hernachmahls bey den religion- und
prophanfrieden allerdings verbleiben lasßen wollten, dann sein könig, alß
der Augspurgischen confession zugethan unnd nunmehr auch ein belebter
herzog, wollte nit gern gewisßens auch nachredt halben von der weldt also
scheiden, daß die undertrukhung ihrer religion von ihm were verursacht
worden, vor ains.
Zum andern, wann Ewer Kayserliche Mayestätt die von dem Prager frieden-
schluß außgeschloßsene
Vgl. APW [I 1 S. 214 Anm. 2] .
iedoch daß man die donationes per aequipollens
schaffen würdt) restituiren wurden, und sodann annectirt er, von der Lippe,
aber sehr undeütlich von dem Glückhstatter zoll
Zum Glückstädter Zoll vgl. H. Freudenberger und APW [I 1 S. 438 Anm. 1] .
mit ihme zue Regenspurg geredt hette, auch viel in dem wahn begriffen
weren, alß ob der könig denselben erhallten wollen, so doch nicht gedacht
werde, iedoch wehren auch grosße mittel zue dergleichen diversion von-
nöthen, waraus leicht abzunemmen, daß auf solchen fall man abermahls ein
conivenz damit praetendieren wurde.
Auf welches alles unnd zwar anfänglichen habe ich geantwortet, daß seine
königliche würden gar wohl daran thetten, daß sie mit solchen gedanckhen,
die diversion betreffendt, umbgiengen auch deßhalben Franckhreich in
keiner consideration hielten. Vermeinte auch, dieselbe der cron Schweeden
allein zue see assistiren köndten, wovon sie aber durch die mächtigen flotten
deß königs von Spanien abgehalten werde, unnd dan antworttete ich ferner
auf den ersten punct, das wan nur maistes dies wichtige werckh an dem
erwinde, daß Ewer Kayserliche Mayestät den religionfrieden hernachmals
unverbrüchlich halten solle, ich ihme, von der Lipp, versichern könne, daß
Ewer Kayserliche Mayestät, zumahlen sie sich durch die capitulation,
Prager friedenschluß auch letztgemachten reichsabschiedt darzue festiglich
verbunden haben, darob zu halten iederzeit willens sein, und wurde alßdan
auch an mehrern sincerationibus nit ermanglen, und seye dessen der beste
beweißthumb, daß die cron Franckhreich und andere widerwerttige sich
bis dato allenthalben, sonderlich am Päbstlichen hoff, zum öfftern bemühet
haben, von Ewer Kayserlichen Mayestät und dero allerlöblichsten erzhauß
widrige gedanckhen zu erwekhen, alß ob Ewer Kayserliche Mayestät dero
waffen zu vertilgung der Augspurgischen religionsverwanten (welches sie,
die cronen, auf erhaltung mehrern vortheils nit unterlassen wolte) nit
gebrauchen, sondern besondern bey allen begebenheiten denselben zu viel
nachstehen thuen. Auf den andern replicierte ich, er werde ia verhoffentlich
darunter nit die Pfalzische sach vermainen, worauf er, Lippe, widerumb, das
man die Pfalzische sach darunter nit verstunde, alß welche albereit vorhero
vorhanden und zu den particulartractaten veranlast worden.
Disem allem nach hat er, von der Lippe, schließlichen erwehnt, es hette der
königlich Dennemarkhische reichscanzler Höge albereit vorhero ein sonders
verlangen getragen, mit mir in gewissen sachen in vertrauen zu conferieren.
Ich solte mich dabey versicheren, daß er, ein mann von seiner parola, auch
bey seinem könig in hocher authoritet seye, werde also solcher conferenz
erwartten, dabey aber mich dermassen behuetsamb halten, wie es zweifelsohn
dieselben materien erforderen werden:|.