Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
11. Krane an Ferdinand III Münster 1643 Juli 17
–/ 11 /–
Münster 1643 Juli 17
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 47a, Konv. a fol. 37–45’, 52–52’, PS fol. 50–50’ [fol. 52 beschä-
digt] = Druckvorlage. Kanzleivermerk: NB ist zur registratur erst den 17. Januar 1644 gege-
ben worden – Kopie: Giessen 203 fol. 268–276 – Druck: Gärtner I nr. 199 S. 445–456.
Gespräch mit von der Lippe über Anreise der Gesandten, spanische Ratifikation des Präliminar-
vertrags , Verstöße der Gegenseite gegen den Präliminarvertrag. – PS: Anreise der französischen
Gesandten.
Der königlich Dennemarckischer abgesandter, der von der Lippe,
Christoph von der Lippe (1585–1652), 1610 Dr. iur., Hofrat des Hgs. von Kurland, gab
diese Stelle nach einigen Jahren auf und wurde Advokat in Rostock. 1619 Rat der Königinwitwe
Sophie von Dänemark, 1625 ihr Kanzler. 1631 von Kg. Christian IV. zu seinem Rat (Rat
von Haus aus) ernannt. Vgl. über ihn von Eisenberg .
hiebevorn an Kayserlichen hoffe, auch auff iüngsten reichßtag zu Regens-
purg
brück angelangt, hatt mir durch schreiben zu verstehen geben, daß sich
gerne mit mir besprechen wölte, unnd einen orth zwischen hier unnd
Oßnabrück zu benennen begehrt, wo wir zusammenkommen mögten,
warauff ihme daß hauß Marck in der graffschafft Tecklenburg vorge-
schlagen , alwo wir verlittenen montag, den 13. dießs, beyeinanderkommen.
Der gesandter hatt nechst überbrachten gnädigsten königlichen gruß die
ursachen, warümb er sich mit mir zu underreden begehrt, dahin angezeigt,
neimblich, nachdeme eß dürch verleihung deß Almechtigen auff mühesaliche
underhandlung der königlichen mayestätt in Dennemarck unnd Norwegen
der friedenßhandlung halben so weith kommen, daß der terminus zur
haubthandlung auff den 11. dießes in beede ortter, Oßnabrück unnd Münster,
bestimbt, so hetten die königliche mayestät in Dennemarck zu bezeigung
ihres continuirenden eyffers, so dieselbe zu beförderung deß lieben friedens
trügen, selbigen terminum fleißig in acht nehmen wöllen unnd ihme,
gesandten, nacher Oßnabrück vorahngeschickt, in meinung, sich mit denen
Kayserichen unnd anderen potentaten anwesenden pottschafften unnd ge-
sandten der nohturfft halben, wie alles zu beförderung der bevorstehenden
tractaten einzurichten seie, zu unterreden, gestalt er, gesandter, seine reiß
auch also eingerichtet unnd befördert hette, daß noch ante terminum ein-
gelangt; weiln er aber noch niemandt von denen interessirten potentaten
gesandten zu Oßnabrück befunden und aber von meiner gegenwarth zu
Münster verstendigt worden, hette er die gelegenheit suchen wöllen, sich
mit mir zu besprechen und in vertrawen bey mir zu erkündigen, waß ich
für nachrichtung von herzukombst der Kayserlichen unnd anderer poten-
taten gesandten habe, ob die Spanische ratification
Die spanische Ratifikation ist Madrid 1643 April 9 datiert. Kopie: RK , FrA Fasz. 46d
fol. 178–180’; ebenda Fasz. 92 I fol. 590–591’, 594. Kanzleivermerk auf fol. 594’: Nota
originalem ratificationem petente secretario domini comitis Nassovii misi ad ipsum
die 25. Januarii 1644, cum diceret, comitem facile contentum, ut retinerem modo
attestationem cius sibi darem, sed illa repetitio originalis gratior visa, itaque remisi.
vergleich eingelangt, unnd wie mir daß werck fürkommen, waß ich für
hoffnung von gewißen vortgang dießer handlung schepffen wölte; verstehe
sich gegen mich, ich werde ihme unbeschwert darüber meine gedancken,
und waß mir dhavon wißig, eröffnen wöllen.
Habe meinen Dank für den dänischen Eifer und für das Vertrauen ausgesprochen.
Daß werck an sich selbst belangendt, befünde sich auß allen mir eingelangten
nachrichtungen unnd kundtschafften soviell, daß ich an glücklichen vort-
gang der zusamenkombst nit mehr zweiffelen wölle, unnd könte ihnen,
gesandten, deßen woll vestiglich versicheren, daß an seithen Ewer Mayestätt
unnd dero hochlöblichen ertzhauß der geringster mangell oder verzug nit
sein werde, sondern wie dieselbe ie unnd allewege ihre friedtfertigkeit im
werck bestettigt hetten, also würden sie es auch ferners thuen unnd von
ihrer friedensbegierde nit außsetzen, gestaldt sie dan auch den praeliminar-
vergleich in beeden stätten, Münster unnd Oßnabrück (unangesehen in
dießer sich noch die Schwedische guarnisoun befinde), dürch mich exequiren
und volnziehen laßen; hetten auch zu beeden örtten dero Kayserlichen
gesandten benendt, nacher Münster dero reichßhoffraht, den herrn graffen
von Naßaw, unnd meine wenigkeit, unnd selbigen graffen darbey befohlen
gehabt, seine reise also zu beforderen, daß sich noch ante terminum zu
Münster einfinden sölte. Der würde auch keine zeitt versäumbt haben, wan
nur mit den Heßischen paßbrieff, ohne welchen dürchzukommen nit mög-
lich , hette sopaldt auffkommen können, habe mir aber immittels zuge-
schrieben , daß von dießer verhinderung gehorigen orts anzeigen unnd
den verzug bestergestaldt entschüldigen wölte, maßen ich bey dem zu
Münster anwesenden Frantzößischen secretario dhavon anzeigen laßen;
hielte eß aber darfür, daß der begehrter Heßischer paßbrieff immittels werde
eingelangt unnd wollgedachter graff von Naßaw im anzug unnd underwegs
sein.
Die Kayserlichen nacher Oßnabrück deputirte gesandten würden auch erster
tagen sich dhaselbst einfinden; wüste zwar nit aigentlich, wer dieselbe sein,
könte aber unschwer erachten, weiln wollgedachter graff von Naßaw also
gemeßener befehll zukommen, sich noch ante terminum zu Münster ein-
zufinden , daß dergleichen befehll auch denen nacher Oßnabrück deputirten
werde zukommen sein. Vermeine, bey nechster ordinari dhavon bestendige
nachrichtung zu überkommen, so ich dem herrn abgesandten alßdan mit-
theilen wölte. So sein auch die an seidten der cron Spanien deputirte theilß
unterweegs, theils in procinctu, auch selbiger cronen ratification über den
praeliminarvergleich mit deßen insertion, wie mans an der gegenseidten
haben wöllen, schon vorlengst zu Brüßll einglangt unnd darob copey nacher
Hamburg eingeschickt worden, werde zweiffelsohne von den herzukom-
menden Spanischen gesandten mit überbracht werden. Wegen herzukombst
der Frantzosischen gesandten wölle gedachter zu Münster anwesender secre-
tarius so gewiße hoffnung machen, daß er auch schon victualien unnd
küchenspeiß auff deren ankombst in bereitschafft halte, gebe aber für, daß
der monsieur d’Avoux
ville
Zu Longueville vgl. [ S. 23 Anm. 1. ]
auch andere interessirte dergleichen fürstenstandts bedienen werden; wölte
eß also bey sölchen ümbstenden gäntzlich darfür halten, unnd mir kein
anders vorstehen laßen, die Frantzösische gesandten auch unverlengt her-
zukommen werden.
Bey welcher bewandtnüß man sich aber dießseidts höchlich zu beschweren
habe, daß an der gegenseidten der praeliminarvergleich nit alleine noch nit
exequirt oder volnzogen worden, die stadt Oßnabrück aidt unnd pflichten,
so sie der cron Schweden thuen müßen, noch nitt entlaßen, kein instru-
mentum über sölchen actum relaxationis bißhero vorgebracht, sonderen die
Schwedische guarnisoun noch auff gegenwerttige stundt unabgeführter zu
Oßnabrück pleibe, dha doch dieselbe guarnisoun lauth deß praeliminar-
vergleichs gleich nach außwechßelung der gleidtßbrieffe unnd anderer
instrumenten, also für drey monath, hette abgeführt werden söllen, wie eß
möglich, daß die Kayserlichen und anderer interessirten potentaten gesand-
ten cum reputatione suorum principalium herzukommen könten, solang
selbige guarnisoun noch in der stadt seie. Wie könten selbige gesandten mit
logamentern accommodirt unnd undergebragt werden, solang alß alle
heußer unnd wohnung in der stad mit soldaten belegt pleiben? Wie können
sich bey sölchen zustandt die herzukomene gesandten der in crafft deß praeli-
minarvergleichs ihnen gebührender sicherheit erfrewen oder darauff zulagen?
Dergleichen beschwernüß und contravention wider den praeliminarvergleich
ließen sich auch bey denen Heßen vermercken; die hetten unlengst in den
stifft St. Mauritz für Münster under den stücken oder geschütz hochbeschwer-
liche executiones wieder selbigs stiffts geistliche unnd bürgerßleuthe zu
Münster mit dern hinwegführung vorgenohmen unnd thäten selbige hin-
weggeführte leuthe noch auff gegenwerttige stunde in ketten und banden
auffhalten , dha doch offenkündig und gnugsamb dargethan worden, daß
selbiger stifft ein mitglidt deß cleri intranei zu Münster seye und mit dem-
selbigen ein corpus mache, under denen geschütz der stadt gelegen und inter
continentia aedificia istius communitatis gerechnet werde, die Heßen auch
niemahln die zwolff jahr über, dha sie den stifft Münster überzogen, sich
einiger execution über selbigen stifft unterfangen oder angemaßet hetten,
und es nur ploß eine newerung seye, ümb ethwo dem praeliminarvergleich
ihres gefallens zu limitiren oder woll gar übern hauffen zu stoißen unnd
dieße friedenßhandlung zurückzutreiben; ersuchte derhalben den herrn ab-
gesandten , er wölle eß bey der gegenseidten dhahin richten, dhamit der
praeliminarvergleich der gebüir möge exequirt und gehalten werden, die
guarnisoun zu Oßnabrück ohne fernern verzug abgeführt, dan auch denen
Heßen dergleichen hostilitates in bemeltem stifft St. Mauritii vorzunehmen
undersagt, die lediglaßung der entführten geistlichen und weldtlichen per-
sohnen neben erstattung billichmäßiger satisfaction wegen abgetrungenen
kösten und schaden befordert unnd dardürch gravamen inflictum celeri
reparatione wider ersetzt werden, widrigenpfalß dörffte eß dhahin auffge-
nohmen werden, gestalt eß dem gegentheil ümb beforderung der friedenß-
handlung kein rechter ernst seie.
Der dänische Gesandte hat seiner Genugtuung Ausdruck verliehen, daß die kaiser-
lichen und die spanischen Gesandten bald erscheinen werden, und gewünscht, daß auch
die Gegnerischen kommen möchten. Er könne jedoch noch nicht glauben, daß die
Schwedische gesandten underweges sein, obzwar ein anders wölle vorge-
ben unnd von dem Gustavo Gustavi immerforth behaubtet werden, gleich-
samb dieselbe zu Lawenburg angelangt sein söllen, dha doch der Gustavus,
wiewoll er derentwegen zu Lawenburg einen aigenen currier gehabt unnd
sich der gewißheit halben, ob selbige gesandten aldha ankommen sein oder
nit, erkundiget, daß geringste brieffl, womit er selbiger gesandten gegen-
warth dhaselbst bestettigen mögte, nit vorzuzeigen wüste. Seie ie zu ver-
muhten , dhaferne eß sich mit selbiger Schwedischen gesandten ankumbst
unnd gegenwarth zu Lawenburg also verhalten sölte, daß ie zum wenigsten
ein privat handtbrieffl von ein oder andern selbiger gesandten an den
Gustavum bey selbigen currier würde zurückkommen sein. Die Schwe-
dische nation seie von natur argwonig und mißtrawig; er, gesandter, sorge,
daß sie mit ihrer absendung nit dergestalt voreilen, sondern erstlich Ewer
Mayestätt und anderer potentaten gesandten anzug werden wöllen ver-
sichert werden, ehe dan sie herzukommen; eß hetten aber die königliche
mayestätt in Dennemarck ihre bewegliche schreiben an die cron Schweden
abgehen unnd dieselbe zu herzuschickung der ihrigen erinneren laßen.
Waß die anregung wegen volnziehung deß praeliminarvergleichs unnd
abführung der Schwedischen guarnisoun anlangt, seye eß der billichkeit
unnd dem praeliminarvergleich gemeeß; der actus relaxationis a iuramento
müße sowoll von der cron Schweden beschehen alß von dießer seithen wie
auch die abführung der guarnisoun auß Oßnabrück, unnd bekenne ers,
gesandter, daß ichs befuegt wehre, für ein gravamen und contravention
wieder mehrbenannten praeliminarvergleich anzuziehen, wolte eß auch bey
seiner zuruckkombst auff Oßnabrück bey dem gegentheil erinneren und auf
die volnziehung treiben; der Gustavus werde endtlich die guarnisoun abfüh-
ren müßen, wiewoll eß scheine, daß er ungerne darzukomme, dan befinde
sich wol in selbigem quartier; er, gesandter, aber wolte ihnen dhahin strin-
giren , daß sich eins gewißen thags, wan er die guarnisoun abführen wölte,
erclehren sölte, unnd wölle mir von sölcher erclehrung noch dieße wochen
bey aigenen botten zu wißen thuen.
Waß die Heßische executiones über den stifft St. Mauritz vor Münster
anlangt, würde daß fundamentum decisionis auff der frag hafften, ob selbiges
stifft ein mitglidt deß cleri intranei zu Münster seie und mit demselben ein
corpus mache oder nit; und weiln man dießseidtz die affirmativam zu behaub-
ten wiße, würde der außschlag von sich selbst folgen; doch weiln man
derntwegen streitig, müßen deß gegentheilß fundamenta zuvor auch ver-
nohmen werden, warauff alstan eine decisio in scriptis folgen und publicirt
werden sölte, so er, gesandter, zu beforderen auff sich genohmen, ich aber
pillich beschehen unnd dhahingestelt sein laßen müßen, doch darbey noch
ferners erinnert, daß eß nöttich, eine solche decision zu maturiren, weiln die
Heßen immer weiter unnd weiter greiffen unnd lauth beykommender
abschrifft deß Heßischen generallieutenandts graffen von Eberstein aber-
mahligen in hac materia an burgermeister und raht zu Münster eingelangten
schreibens sub n. 1. (dhavon ich dem abgesandten auch abschrifft mitge-
theilt) die auff die stadt Münster im praeliminarvergleich außgedingte
neutralitet sogar auff ein- und außlaßung der Heßischen soldatesca ver-
standen haben, ihnen auch die executiones in bemeltes St. Mauritii stifft
under wehrenden tractaten unentwehrt zu sein erachten wöllen, welches ein
weithaußsehendes werck seie unnd die verglichene sicherheit dem gantzen
convent hinwegnehme, zu geschweigen, waß für gefahr darbey unterlauffen
könte. Der abgesandter hatt dieße der Heßen unbilliche zumuhtung höch-
lich improbirt unnd mir versprochen, die remediirung dergestalt zu befor-
deren , daß in wenig thagen der effect sölle vermerckt werden; inmittels
könte man den graven von Eberstein auff sein schreiben praeparatorie
anthwortten unnd sein unbefüegnuß zu verstehen geben, inmaßen von
burgermeister unnd raht alhie (inhaltz beykommender abschrifft sub n. 2)
beschehen. Mehrwolgenannter königlicher abgesandter hatt auch in discursu
insinuirt, daß ihme lieb sein würde, wan Ewer Mayestätt meinung wißen
mögte, ob die conditiones pacis zwischen deroselben und der cron Schwe-
den ethwo auff den fueß einzurichten oder selbigen fueß nachzugehen seie,
alß hiebevorn von der churfürstlichen durchlaucht in Sachßen gelegt
worden
Über das sogenannte Schönebecksche Projekt vgl. C. Th. Ohdner und APW [ II C 1 S. 445 Anm. 1. ]
lichen gesandten sich ferners besprechen würde; hab ihme geanthworttet,
daß die nacher O[ßna]brück deputirte Kayserlichen gesan[dten] in hoc
passu, alß welche daß haubtwerck berühre, zweiffelsohne würden instruirt
sein, also dern ankombst zu erwartten; sein darauff, nachdem wir fast drey
stunde in communicatione zugebracht, voneinander geschieden.
PS Der Frantzosische secretarius alhie hat mir heut zu wißen thuen laßen,
daß er deß monsieur de S. Romain stündtlich gewerttig seye; selbiger seie
befehlicht gewest, seine herzukomst also zu beforderen, daß er noch ante
terminum alhie zu Münster hab einkommen söllen; er, secretarius, wiße nit,
waß demselben verhindern möge, daß er noch nit anglangt; unnd will
selbiger secretarius auch außgeben, daß der monsieur d’Avoux unnd
Chavigni am 15. dießs gewiß von Pariß werden auffbrechen unnd den gera-
den weg hiehin kommen, würden sich aber voneinander abtheilen unnd nit
einen weg halten, weiln sich deß wegs halben nit hetten vergleichen können.