Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
213. Ferdinand III. an Nassau, Lamberg, Volmar und Krane St. Pölten 1645 August 23
St. Pölten 1645 August 23
Ausfertigung: Den Haag A IV 1628 nr. 18 [ praes. Münster 1645 September 5 ] = Druck-
vorlage – Konzept: RK , FrA Fasz. 47b fol. 153–163 – Reinkonzept: ebenda Fasz. 48c
fol. 42–49’, 59–62 –Kopie: ebenda Fasz. 48c fol. 50–57’; ebenda Fasz. 92 V nr. 795a
fol. 525–530’; Giessen 204 nr. 89 S. 715–733 – Druck: Gärtner V nr. 170 S. 815–826.
Replik auf die französische und schwedische Proposition, ihre Mitteilung an die Reichsstände,
die Vermittler und die spanischen Bevollmächtigten.
Wiewohl wir genedigst willens und entschlossen gewesen, euch hiebevor
vertröstermassen unsere gefaste haubtintention und meinung über die von
beider cronen Franckhreich und Schweeden vollmechtigen abgesanten
eingereichte propositiones und fürgeschlagene media pacis ehender zu
eröffnen, so seindt wir doch zum theil durch unsern auffbruch von unserer
residenzstatt Wien hiehero, zum theil auch auß andern fürgefallenen ur-
sachen dran verhindert worden. Wir thuen euch aber hiemit allergnedigst
in abschrifft sub lit. A mit numero 1. 2. 3. 4. 5. überschikhen, was wir nach
gehabter reiffer consultation der sachen gnedigist vermeinen, das mit rath
und belieben der anwesenden chur-, fürsten und anderer stände gesandten
zu Münster und Oßnabrugg auf die gedachte Franzößische unnd Schwee-
dische propositiones (wan beede cronen ie ein rechter ernst zum friden
were) entlich köndte und möchte zue befriedigung des reichs und unserer,
auch anderer getrewer chur-, fürsten und stände respective erbkönig-
reich und länder von unß und dem reich bewilliget und eingegangen
werden, und was wir derentwegen an den durchleüchtigen, hochgebornen
Maximilian, pfalzgraven bey Rhein, herzogen in Obern und Nidern-Bayren,
des heyligen Römischen reichs erztruchsessen, unsern lieben vettern,
schwagern und churfürsten durch unnsern gehaimben rath und reichs-
vicecanzlern , graf Kurzen, weil solcher ohne das zu irer liebden wegen
anderer nothwendigen verrichtung hat verreisen müssen, umb dero ver-
treuliches guetachten haben gelangen lassen und gleich im werckh be-
griffen , solches auch an Churmainz und Sachssen liebden alß die negst-
gesessenen durch schreiben (weil mit denn schikhungen derzeit nit überal
wohl zue gefolgen) umb ihr vertrewliches guetachten zue communiciren .
Und befelchen euch hierauf gnedigst, daß ir dasselbe alles für euch selbst
mit vleiß durchleset, euch darinnen wohl ersehet, unsere meinung und
intention darauß recht fasset und begreiffet, euch dieselbige wohl impri-
miret und darauf denen anwesenden chur-, fürstlichen und anderer reichs-
stände abgesanten entweder zu Münster oder Oßnabrugg an einem ortt,
oder wir ihr euch dessen mit dem churfürstlich Mainzischen directorio
hierinnen werdet ufs best und förmbligste vergleichen können, in unserm
nahmen und an unserer statt nechst entbiettung unserer Kayserlichen
genad und überreichung unserer hierzue auf alle drey wege unterschietlich
eingerichteten credentialien anzeiget.
Wir hetten biß anhero nichts mehr alß die befürderung des edlen, werthen
fridens verlangt und zu dem ende wol gern gesehen auch verhofft, das die
anwesende churfürstliche und anderer stendte gesandte unß mit irem räth-
lichen guettachten beyzeiten würden an handt gegangen sein, waß auf die
von beider cronen abgesandten am tag der Allerheilligsten Dreyfältig-
keit nehesthin eingereichte propositiones und darinnen fürgestelte frie-
denspuncten dermahleins zu thuen sein möchte, ob und wie auf solche die
tractaten fortzustellen, und waß entlichen von unß und dem reich zu
völliger beruhigung desselben für schließliche weeg und mittel zu er-
greiffen . Nachdem aber wir vernommen, daß zwischen denen chur- und
fürstlichen deputirten underschiedtliche differentien unnd irrungen sein
eingefallen, umb deren willen sie nicht allein bißhero nicht zusammen-
kommen und hierüber die notturfft berathschlagen, sondern sich auch
gar des modi consultandi et agendi undereinander selbst nicht recht ver-
gleichen können, so haben wir zwar solches wegen des schedtlichen ver-
zugs , so darauß entstanden, sehr ungern erfahren, gleichwol aber unsers
Kayserlichen ambts zu sein ermessen und auß vätterlicher lieb und Sorg-
falt alß daß wachende oberhaubt für hochnothwendig und guet gefunden,
underdessen selbst daß werkh in reiffe consultation zu ziehen und darüber
unsere friedliebende gedanckhen zusambentragen zu lassen, wie wir ver-
meinen , daß zu förderlichster widerbringung des gewünschten fridens
beider cronen abgesandte gevolmächtigte auf vorgedachte propositiones
zue beantwortten. Hetten auch euch, unnsern gevollmächtigten gesandten,
hierauf eine ausführliche instruction überschikht, nach deren ihr euch in
einem und andern puncten an unserer statt mit vorgehendem rath und
guetachten der anwesenden chur-, fürstlichen und anderer ständte gesand-
ten zu richten, zu halten und zu ercleren, nicht zweifflendt, chur-, fürsten
und ständte, denen gemelte propositiones vorlengsten würden zuekommen
sein und die ihrige zu disen tractaten abgeordtnet, werden aus getrewer
lieb des vatterlandts und tragender schuldiger zueneigung und devotion
gegen unß und das heilige reich den sachen ihresorts gleichfahls reifflich
nachgedacht und ihre abgeordnete darüber ebenmessig instruirt haben,
damit wir mit gesambten rath und zuethuen desto schleiniger und sicherer
hierinnen verfahren könten. Ersuechen und begerten disem nach gne-
digist unnd vätterlich, es wolten die anwesende chur-, fürstliche und an-
derer reichsständte abgesandte mit hintansezung aller anderen privatdiffe-
rentien und irrungen unß und gemeinem weesen zu guet und bestem dises
fridenswerkh miteinander trew, eyfferig und in guetter einigkeit vertrew-
lich berathschlagen, euch ihr rathsambes vernünfftiges guetachten, waß
sie vermainen, daß quo-ad materiam et formam auf gedachte beide pro-
positiones zu antwortten, ob und wieweit sich darüber einzulassen und
wie ir euch im nahmen unser und des reichs, sowohl zuforderist gegen die
mediatores alß auch der cronen abgesandten selbst zu desto schleiniger
befürderung und widerbringung deß gewünschten fridens zu ercleren auch
sonst dabey in acht zu nemmen hettet, unbeschwert ganz fürderlich eröffnen,
dann ihr auf einen und andern punct dermassen von unnß instruirt und
versehen weret, daß ihr euch leichtlich würdet hierauf resolviren und
verhoffentlich mit ihnen, der chur-, fürsten und stendte abgesandten, eines
einhelligen schlusses vergleichen können.
Und weil den sachen sonder zweiffel sehr fürträglichen, auch ihnen, der
gesambten ständen abgesandten, lieb sein möchte, unsere gedanckhen
über einem und dem andern punct vorhero zu vernemmen, so hettet ihr
in befelch, dieselbe nicht allein in genere, besondern auch in specie ihnen
zu endtdekhen, und zwar in genere davon zu reden, befinden wir anfangs,
daß beide propositiones gleichsamb dreyerley classes haubtsachlich in
sich begreiffen. Die eine betrifft eigentlich unß und das ganze reich sambt
chur-, fürsten und ständten zugleich, die billich nur allein für unnß und
sie und gar nicht für die außlendische cronen gehören, auch andere nirgent
besser und bestendiger alß auf einer allgemainen reichsversamblung
köndten abgehandelt werden; die andern betreffen principaliter unnß
und die herrn churfürsten; die dritte unß, unser erzhauß Österreich und
unsere erbkönigreich und lande, wie auch den könig von Hispanien. Bey
allen disen dreyen classibus wirdt sich leicht befinden und nicht schwer
sein zu determiniren, ob und waß darvon bey disem tractat außzustellen
oder einzugehen. Und obwol in beiden propositionen viel exorbitantien
bey theils articulen zu befinden, man auch an ihre ordtnung nicht gebunden
und der methodus tractandi bey solchen allgemeinen fridenshandlungen
dises erfordern thette, daß man vor allen dingen wissen müste, was ein
theil dem andern zu restituiren willens, welches zwar die cronen sehr weit-
schüchtig an unnß praetendiren, sich aber dargegen im wenigsten erklären,
waß sie unnß und chur-, fürsten und ständten restituiren wollen, so hielten
wir doch zu verhüttung und abschneidung alles weittern verzugs und
unnöttigen disputats für rathsamb, über dise proponirte puncten und in
solcher ordnung, wie dieselben übergeben worden, die tractaten im nahmen
Gottes fortzuestellen, iedoch unbeschadet unsers und des heyligen reichs,
auch sambtlicher chur-, fürsten und ständte und eines ieden rechtens, auch
mit vorbehalt, die ordnung nach gelegenheit der sachen zu verändern und
vor allen dingen den punctum restitutionis zu erledigen, ingleichen unsere
mainung zu ändern, zu mindern, zu mehren, wie es die zeit und gelegen-
heit der sachen würde mit sich bringen, und chur-, fürsten und stände
neben unß für guet befinden, auch die cronen selbsten ihnen vorbe-
halten .
Und diesem nach ad speciae zu kommen, hetten wir beyverwarte Latei-
nische conceptus, was zum eingang und beschlues, wie auch uf die articul
selbst und einem ieden insonderheit zu antwortten und zwar auf die Fran-
zösische proposition sub numero 2 und uf die Schweedische sub numero 5
begreiffen lassen, die ihr ihnen, der gesambten ständten abgesandten, an
einem, andern oder dritten ortt, wo ihr mit ihnen werdet zuesammen-
kommen oder die gelegenheit darzu haben, zuezustellen und darauf ihrer
antwortt und erclärung zu erwartten.
Nechst diesem sollet ihr die mediatores dises fürtrags umbstendtlich
berichten, den verzug bey ihnen mit vorangezogenen umbstenden und
ursachen entschuldigen, und daß wir unserstheils mit allem ernst und eyffer
dahin trachten, wie dises allgemeine fridenswerkh uf das schleinigste
befürdert und zu einem gueten endt gebracht werden möchte, andeütten;
ihnen etlicher wideriger articul exorbitanz und unbilligkeit zue genüge
remonstriren, sie, soviel müglich, auf unsere meinung bringen und dahin
vermögen, daß sie krafft habender interposition denen königlich Fran-
zösischen gesandten solche unbilligkeit selbsten repraesentiren und daß sie
von derselbigen abstehen und sich mit unnserer friedtfertigen erklärung
contentiren, eyffrig und beweglichen zuesprechen. Und eben zu dem ende
sollet ihr auch der chur-, fürsten und andern abgesanten nach und nach
vertrewlich conferiren, einen und den andern uffs best darüber infor-
miren und zue unnserer instruction und meinung leiten, das sie für sich
selbst in publicis consiliis mit ihren votis darauf gehen und ihr euch her-
nach mit ihnen darüber einer einmüttigen antwort und resolution an beede
cronen desto baß vergleichen könnet.
Wir wollen auch nicht unterlassen, do was weiters zue erinnern unnß für-
fallen würde, euch nach und nach die vernere notturfft zu befehlen, dan
unnsere gedanckhen dahin eigentlich gerichtet, daß ihr mit eröffnung
diser unnserer haubtsachlichen erklärung würcklich demonstriret und zu
erkennen gebet, daß die befürderung des allgemeinen friedens an unnß
gar nicht haffte. Ehender ihr aber noch etwas proponirt, wollet ihr vor-
hero mit den churfürstlich Mainzischen über disen eüern fürtrag vertrew-
lich communiciren, ihres raths daneben brauchen und euch demselbigen
gemeß verhalten.
Wir möchten auch wohl gnedigst leiden und gern sehen, das die zeitten
so beschaffen, daß ihr vorhero mit den andern churfürsten, alß unnserer
und des reichs innersten geheimen räthe und fürnembsten seulen, abge-
sandten allen miteinander auß dem ganzen werkh, ehe noch an die andern
fürsten und ständt abgeordnete etwas gebracht würde, umbstendtlich
communiciren und mit ihrer aller einmittigen rath verfahren köntet. In
erwegung aber, daß wir mit den principaln allen selbst auß angezogenen
ursachen nicht haben für dißmahl die völlige communication fortstellen
können, iedoch nit zweifflen, das Churmainz, Bayren und Sachßen liebden
die ihrigen schon selber hiernach instruiren, Churcöllns liebden von Chur-
bayren liebden hiervon alle nachricht haben und die ihrigen verhoffentlich
gleichmessig anweisen werden, Churbrandenburgs liebden aber durch ihre
abgesandte solches selbst von euch derzeit am besten in loco tractatuum
vernehmen können, und unß unbewust, ob Churtriers liebden, die wir
noch bey diser ordinari daran erinnert haben, jemandt dahin zu schikhen
willens, fürsten und ständte auch allerhandt nachdenkhliche suspiciones
fassen möchten, wan wir zuvorher mit den churfürstlichen gesandten ins-
gesambt oder collegialiter daß ganze werckh allein durch euch deliberiren
lassen, haben wir für das sicherste und best zu sein erachtet, daß ihr obiger
gemessener verordtnung nach verfahret und euch darvon nichts abhalten
lasset.
Und weiln wir auß disem werckh nit allein mit chur-, fürsten und ständen
des reichs, sondern auch mit des königs von Hispanien liebden sowohl von
wegen dero von unnß und dem reich tragenden ansehenlichen fürsten-
thumb und lehenstuckh alß auch der nahen verwandtnus, freindtschafft,
assistenz und confoederation halben zu communiciren der notturfft und
billigkeit ermessen, so sollet ihr auch dero habenden ministris und gesand-
ten zu Münster von demiehnigen, waß ihr den ständen insgemain zu pro-
poniren habt, alsobaldt zum anfang im vertrawen guette nachricht geben,
volgents under wehrenden deliberationibus mit ihnen das übrige alles,
waß in beygeschlossener instruction enthalten, nicht weniger alß Chur-
mainz liebden abgesandten vertrewlich communicieren und von denselben
dagegen begern, daß sie euch auch ihrestheils eröffnen wolten, wie weit
es mit ihnen und den Franzosen in den angefangenen tractaten kommen,
auch was sie entlichen zu thuen gesonnen, damit wir unnß gleichfals dar-
nach zu richten haben. Ihr wollet auch in allweeg dahin sehen, daß ihr
mit allen andern anwesenden chur-, fürsten und anderer reichsstände abge-
santen guete vertrewliche correspondenz erhaltet und euch eine oder
andere impertinenz darin nicht irren lasset. Und dafern es zu einer rechten
handlung mit der beiden cronen gesanten käme, wollet ihr versuchen,
obs müglich zu erhalten, daß vermittelst der mediatorum die Franzosen
ihre erklärung quo-ad substantialia et capitula pacis nit in Franzößischer
sprach, wie mit der proposition geschehen, sondern zu verhütung un-
gleicher interpretation und ambiguitet in der Lateinischen, gleich von
den Schwedischen an die unserige begert und von unnß darinnen gewill-
fahrt , in schrifften übergeben, zumahl doch entlich der verhoffte schluß
nicht weniger alß hiebevor mit dem Regenspurgischen frieden wie auch
dem Hamburgischen praeliminarrecess gehalten worden, in solcher sprach
für andere wirdt zwischen unnß und beeden cronen außzuferttigen und
zu verfassen sein, auf verwaigerung aber habt ihr nicht darauf zu be-
harren .
A Instruktion für Kurz nach Bayern
Kurz wurde ausserdem eine weniger ausführliche, nicht unterzeichnete Instruktion vom 11. August
1645 mitgegeben. Staatenabteilung , Bavarica Fasz. 1e fol. 216–224. Vgl. APW I 1
[ S. 343f. ]
1628 nr. 18. [ Ausfertigung: Staatenabteilung , Bavarica Fasz. 1e fol. 139–201’ –
Konzept: ebenda Fasz. 1e fol. 239–299’ – Kopie: RK , FrA Fasz. 26 Konv. B fol. 2–52;
RK , Instruktionen Fasz. 7 fol. 173–225; Trauttmansdorff-Archiv Z 1 N 12
fol. 285–339’.
Behandlung der Propositionen der Kronen, der pfälzischen Frage und der Kurwürde.
4 Propositio Suecica. Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 18.
[6] Kaiserliches Kreditiv und Zirkularschreiben an die Stände in Münster und Osnabrück insgesamt,
St. Pölten 1645 August 23. Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 18. – Druck: Gärtner
V nr. 171 S. 825–827; Meiern I S. 614–615 (= I 6,18). [ Konzept: RK , FrA Fasz. 48c
fol. 35–35’ – Kopie: ebenda Fasz. 48c fol. 39–39’; ebenda Fasz. 92 VI nr. 827b fol.
154; Giessen 204 nr. 90 S. 734–736. ]