Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
181. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1645 Juni 23
Münster 1645 Juni 23
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 49a, Konv. A ( April – Juni 1645 ) fol. 168–170’, 180–181’,
praes. 1645 Juli 4 = Druckvorlage – Konzept: ebenda Fasz. 92 V nr. 705 fol. 168–171’ –
Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 17; Giessen 205 nr. 255 S. 1365–1377 – Druck:
Gärtner V nr. 74 S. 325–332.
Besprechungen Volmars mit den Reichsständen in Osnabrück über das ius suffragii und den Ver-
handlungsmodus . Meinungsverschiedenheiten der Reichsstände darüber. Erkärung des Lampadius.
Exzellenztitel. Drängen der Reichsstände in Osnabrück auf Verlegung beider Kongresse nach
Köln. Paß für Rákóczy. Titel für Longueville.
Empfangsbestätigung der Weisungen vom 7. Juni
[ Nr. 170 ] und [ S. 332 Anm. 1 ] genannte Weisung.
lauff alhießiger handlungen anlangt, da hab ich, Volmar, iungster vom 15.
diss abgangner relation
Siehe [ nr. 176. ]
verfüegt und Ewer Kayserlichen Mayestät daselbst anwesenden gesandten
dieihenige difficulteten, welche sich alhie super forma et modo consultandi
ereigen theten, vorgetragen; daraus mit inen mich eines memorials über
dieselben laut der abschrifft lit. A verglichen, dessen innhalt folgents mit
mehrer ausfüehrung erstlich allein den Churmainzischen und Churbranden-
burgischen deputatis vorgehalten, und von inen zu vernemmen begert
worden, das sie sich erclären wolten, ob und wann hierüber zwischen denen
alhier und zu Münster anweesenden churfürstlichen auch anderen depu-
tatis ordinariis eine conferenz in loco intermedio möchte angestelt werden.
Dieweiln aber von inen alspald zwo underschidliche verhinderungen,
warumb zu einer solchen conferenz vor dißmal nit zu gelangen wer, uf
die baan gebracht worden, deren eine auf die deputierte fürsten und ständt
gehet, als welche biß daher den churfürstlichen gesandten das praedicatum
excellentiae zu geben rundt verwaigert und daher zu einem gemeinen
convent, wo sich selbige dessen nit begeben theten, nit verstehen würden.
Die andere verhindernus aber betrifft die churfürstliche undter sich selbst
ahn, indeme sonderlich Brandenburg sich vernemmen lassen, weil in dem
von ir fürstliche genaden, herrn bischoffen zu Oßnabrugg, vorgewisenem
gwalt, er allein und keiner von seinen adiunctis begriffen, das sie fürohin
keinen derselben in denn vorgehenden collegialzuesamenkonfften zue-
lassen , noch sich dabey in deren gegenwarth einfinden könten. Also hat
die notdurfft erfordert, das man von den deputatis ordinariis denn Costan-
zischen , Braunschweigischen und Nürnbergischen abgeordneten für-
kommen lassen und inen die intention absonderlich eröffnen müessen,
alles zu dem ende, damit sie darvon auch anderen anweesenden ständten
bericht thuen, und derselben vorschläg vernemmen möchten, wie und
waßgestalt die reichsdeputation gleichwol in irem standt zu erhalten,
beinebens aber andere über ire mainungen zugleich anzehören sein würden,
uf das niemandt zue clagen ursach hette, als ob man ine seines gebürenden
iuris suffragii zu entsetzen begerte. Wie dann ermelte deputati mit dem be-
schechnen vortrag ganz wol content und zufriden gewesen, sich auch iren
besten fleiss anzuwenden und die erclärungen förderlichist einzebringen
erbotten haben. Warüber Ewer Kayserliche Mayestät aus der beylag lit.
B die mehrere umbständt allergenedigist anzuhören geruchen wöllen
Vgl. [ nr. 178. ] Am 22. Juni berichteten auch die kaiserlichen Gesandten in Osnabrück über
die Verhandlungen mit ausführlicher Darstellung der Differenzen unter den Reichsständen
wegen des Titels Exzellenz (Kopie: RK , FrA Fasz. 92 V nr. 706a fol. 184–187’; Den
Haag A IV 1628 nr. 17; Giessen 205 nr. 252 S. 1349–1358 – Druck: Gärtner
V nr. 73 S. 318–324).
Wiewol nun ich, Volmar, mich bis am vergangnen zinßtag, den 20. diss,
zu Oßnabrugg aufgehalten und instendig sollicitiert, das die vertröstete
erclärungen eingebracht werden möchten, so ist es doch wegen vorge-
fallner undterschidlicher mainungen nit erhaltlich gewesen, ausserhalb das
sich an zinstag abents der Costanzische abgesandt bey mir eingestelt und
ein vom Lampadio, Braunschweigischen abgeordneten, aufgeseztes con-
cept vorgewisen und dabey angezeigt, das an ine begert worden, demselben
ebenmäsßig beyzufallen, welches er aber nit thuen könte, sondern bedacht
wer, inmassen ich ine dahin erinnert, sich mit den Württenbergischen,
Hessen Darmbstattischen und Nürenbergischen, als welche ime zu be-
handlen angewisen worden, absönderlich zu vergleichen und alßdann zu
sechen, ob sie folgents mit deme, was der Lampadius aufgesezt
Vgl. Meiern I S. 456 ff.
gleichstimmenden vergriff gelangen köndten, wo nit, so solten beede
mainungen den Kayserlichen gesandten übergeben werden. Sonsten aber
dess Lampadii vergriff betreffend seint darin drei underschidliche modi
vermörckht worden: Erstens, das alle anweesende stände in forma, wie
uf denn reichstägen zu geschechen pflegt, ad consultandum zuegelassen
werden solten, 2. das man die consultationes nach den craißverfasßungen
anstellen möcht. Wa aber diser mittel keins zu practicieren, so were man
entlich nit darwider, das die reichsdeputation gleichwol zu Münster ver-
bleiben möcht, es solten aber alle zu berathschlagung vorkommende
materien auch anderen nondeputatis statibus ordinariis durch die aus iedem
craiß in der deputation sizende ständt communiciert, mit denselben die
vota verglichen und folgendts von dem deputato ordinario dieihenige
mainung, deren er sich mit anderen aus seinen craiß anweesenden ständten
vereinbart hett, loco voti in dem deputationsrath vorgetragen werden,
und diß zwar mit etlichen beygesezten clausulis restrictivis. Damit auch die
verlengerung, welche mit von- und zueraisen an die beede maalstätt oder
auch an ein locum intermedium notwendig wurde erfolgen müessen, ver-
mitten bleibe, so solte darauf gedacht werden, wie man beede tractatus an
ein orth zuesamenziechen könt; wa aber solches nit zu erhalten, so solten
zu beobachtung der correspondenz ein gewisser ausschuss der ständten
zu Oßnabrugg verbleiben, welche nit allein von allen vorlauffenden hand-
lungen mit der übrigen reichsdeputation und folgendts denen nonde-
putatis zu communicieren, sondern auch wegen zu Oßnabrugg abgehender
mediation sich zwischen denn Kayserlichen und Schweedischen gesandten
der internunciatur zu undterziechen haben solten, warzue in bedeütem
vergriff von denn churfürstlichen Mainz und Brandenburg von denn
fürsten und ständten aber Costanz, Braunschweig, Hessen Cassel und
Nürenberg vorgeschlagen werden.
Wir vernemmen aber bey heütiger post, das die ständt noch nit allerdings
mit iren erclärungen aufkommen, noch dieselbe Ewer Mayestät pleni-
potentiariis zuegestelt haben, sondern noch in handlung begriffen seyen.
Gleichwol verhofft würdet, wann die churfürstliche conferenz obberüerter-
massen iren fortgang erreichen solt, alßdan die sachen noch zur richtig-
keit zu bringen sein dörfften.
Allermassen wir gestrigen tags disen verlauff dem herrn bischoffen von
Oßnabrugg communiciert und die conferenz zu beförderen, auch dabey
zu gedencken ersuecht haben, wie wegen dess streittigen praedicats gegen
denn fürsten und ständten ein mitelweeg möchte erfunden, und dardurch
die gemeine consultationes eröffnet werden, dann wo diß nit solte be-
schechen , so wurde es gewisßlich zu einer gefährlichen weiterung aus-
schlagen , inmassen sich der fürsten anwesende deputati mit anzug irer
habenden gemessenen bevelchen ab solcher neüerung eben hoch beschwä-
ren und sehr starckher reden verlauten lassen thuend. Was aber die ein-
wendung wegen der Churcöllnischen adiunctorum anlangt, da haben uns
ermelts herrn bischoffs fürstliche genaden angezeigt, das sie noch iren
ersteren gwalt
Vgl. [ S. 79 Anm. 4. ]
der handt heten, und also diser difficultet ungehindert zu der vorstehenden
conferenz wol zu gelangen sein werde.
Sonst erscheint, das zu Oßnabrugg von denn ständten sehr starckh dahin
getrachtet werde, wie man den Schweeden disponieren mög, beede con-
ventus nach Cölln transferieren ze lassen, dessen erfolgs zu erwartten
stehet.
Sodann hat sich entzwischen negstverwichnen sambstags der Veneti-
anische ambassator bey mir, grafen von Nassaw, angemelt
vergleitung der Sibenbürgischen gesandten angebracht, er hete nit under-
lassen unser antwortt den Franzosen zu referieren; die weren nochmaln
uf irem vorigen ansinnen verbliben, mit vermelden, das sie zwar wol
wüsten, waßmassen Ewer Kayserliche Mayestät mit demselben fürsten in
tractatu pacis weren gestanden
Vgl. [ S. 266 Anm. 2. ]
verglichen gewesen, es sey aber solches durch denn Franzößischen gsandten
widerumb abgestelt und dahin gerichtet worden, das selbige fridens-
handlung neben andern auch zu disen congressibus solte gezogen und abge-
handlet werden. Es wurde demnach Ewer Mayestät zu mehrer sicherheit
dienen, wann der vergleich alhie mit zuethuen aller anderer confoedie-
rierten beschlossen wurde. Sie vermeinten, man were solches crafft dess
Hamburgischen praeliminarverglichs, dess Kayserlichen salvi conductus
generalis und noch letstens wegen erneüerter vollmacht, warinn ein abson-
derliche clausula de tractando cum foederatis einkommen, zu verstatten
schuldig, oder es wurden Ewer Kayserliche Mayestät wenigist ex cortesia
et clementia dareinwilligen. Über dises hete er, ambassator, sie, Fran-
zoßische plenipotentiarios, angefragt, ob sie dann in verbleibender ein-
willigung die fridenstractaten ze stecken gemeint weren; darauf heten sie
mit nein geantworttet. Sie wolten gleichwol fortfahren lassen und in
hoffnung stehen, entzwischen die bewilligung erfolgen werde. Ich hab
darauf unser gesambte anvor gegebene erclärung erholt und nochmaln
angezeigt, das diß ein unzimbliches begehren, und Ewer Mayestät darein
ze willigen keinesweegs schuldig weren etc. Solchem nach hat herr am-
bassator weiter vorgebracht, waßmassen die Franzosen praetendieren
theten, das dem duca di Longavilla das praedicat d’alteza gegeben werden
solte, aus ursachen, das er ein fürst vom königlichem geblüett und dißortts
caput legationis wer etc. Weil ich aber mich darauf keines andern ver-
nemmen lassen, dann das ich uf ankonfft meines collegae der sachen ferrers
nachgedencken, und alßdan ine einer antwortt verstendigen wolte, also
haben wir nach fleisßiger erwegung aller umbständten und erlernten
mainungen, welche hierundter bei denn Spanischen, ja den mediatoren
und den Franzößischen ministris selbst emporgehen, keinesweegs thuen-
lich noch bei Ewer Mayestät verantwortlich finden mögen, solches ge-
suechte praedicatum nachzegeben, sondern uns entschlossen, nach abge-
förtigter post mehrberüertem ambassator anzuzeigen, das wir es einmahl
bei dem praedicat d’excellenza müesten bewenden lassen und zu einiger
neüerung nit verstehen köndten.
A Memorial warüber ein conferenz zwischen dess heyligen Römischen reichs chur-
fürsten auch deputierter fürsten und ständten theils zu Münster theils aber zu Oßna-
brugg derzeit anweesenden gesandten an einem mitelorth, so beederseits beliebt
werden möcht, förderlichist anzestellen, Osnabrück 1645 Juni 18. Kopie: RK , FrA
Fasz. 49a, Konv. A ( April – Juni 1645 ) fol. 171–173’ – Druck: Gärtner V nr. 66
S. 294–298; Meiern I S. 453–454 ( = I 5,10 ). [ Konzept: RK , FrA Fasz. 92 V ad
nr. 705 fol. 173–175’ – Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 17; Giessen 204 nr. 65
S. 672–679; ebenda 205 nr. 250 S. 1336–1343 ].