Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
81. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 Januar 19
Osnabrück 1645 Januar 19
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Januar – April 1645 ) fol. 33–37’ = Druckvor-
lage –Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 16; Giessen 205 nr. 28 S. 135–146–Druck:
Gärtner IV nr. 45 S. 195–202.
Klage der hansestädtischen Bevollmächtigten über Blockade des Handels auf der Ostsee. Admission
der Mediatstände. Beschlagnahme der Leiche Botelhos: schwedische Forderung auf Festnahme des
Schuldigen. Öffentliche Nachreden und Angriffe der schwedischen Bevollmächtigten auf die kaiser-
lichen Bevollmächtigten. Kriegsnachrichten.
Wir haben Rezepisse vom 3. Januar
diesen abendt alhier erwartet, ob deßen ankombst etwoh zu beförderung
der gegenseitigen proposition angesehen, wierdt die zeit geben.
Immittels sein der Henseestätte abgeordnete gestrigstags bey unß gewest
und uber ihrer obern ublen zustand, daß nuhmer von denen Schwedischen
sowohl als auch Dennemarck alle commercien auf der Ostsee gesperret,
sich höchlich beclagt, und weiln solche sperrung zu ihrer principaln, der Hen-
seestätte , eüßerister ruin auch Ewer Mayestätt selbst und des gantzen Römi-
schen reichs höchstem nachteill gereiche, als hetten sie bey uns von der
bewandtnüß erinnern wöllen. Wehren auch gemeindt, nacher Münster zu
reisen und bey denen alda anwesenden Keyserlichen, königlichen und chur-
fürstlichen gesandten dergleichen zu thuen und anzutreiben, damit die
haubthandlung dermahlneinst möge befördert werden, dan sehen kein ander
mittl, ihnen zu helffen, als durch den lieben frieden; man müße im reich
wieder einen frieden haben und undereinander einß werden, eß geschehe
durch was mittl es wölle. Gegen den dechandt zu St. Johan, wie uns der-
selb berichtet, haben sie sich noch was particularer vermercken laßen, das
denen Schweden ein solcher dominat, wie sich dieselbe im reich, sonder-
lich an der Ostsee zu führen unterfingen, lenger nitt müße nachgesehen,
sondern anders zur sach gethan werden, damit man nitt gar in schlaverey
frembder nationen gerathe.
Wir haben geanthworttet, daß man dießseidts nichts höhers verlange, alß
das möge zur haubthandlung geschritten werden. Wir hätten die Propositio-
nen getan, von den Gegnern aber nur Proteste erhalten, daß ohne Gegenwart der
Reichsstände keine Verhandlungen erfolgen könnten. Wir hätten uns dagegen auf den
Präliminarvertrag berufen, der von einer Anwesenheit der Stände nichts aussage. Es
stehe nach dem jüngsten Reichsabschied allerdings jedem Stand frei, den Kongreß zu
beschicken.
Die Abgeordneten haben uns gesagt, daß sie die zeit uber, da sich alhie befunden
gar wohl vermerckten, warahn der mangel seie; verspührten wohl, daß
mitt denen Schweden ohne mediatorn, der von authoritet sey und ihnen
zusprechen dörffe, nitt würde vortzukommen sein; beclagten eß, das Denne-
marck also von der interposition vertrieben. Der Lübeckische syndicus aber
gab nachgehendts in particulardiscurs die frag auf, wie ihme wehre, wan
etwoh die königliche würde in Dennemarck wieder mögten herzugezogen
werden? Die kenneten dieser leühte humor, wüsten deren interesse und
wie ihnen zu begegnen. Wier haben aber diese frag mit stillschweigen vor-
beygangen und die abgeordnete auff den punct wegen zugemuhteter ver-
gleitung der mediatstätte gezogen, auch denselben darin solche satisfaction
geben, sonderlich bey explication unser meinung wegen Stralsundt, daß
man selbiger statt dahero zu schicken nitt entwehren, sondern eben selbige
sicherheit verstatten würde alß anderen, so mitt gleid versehen, und es nuhr
umb verhütung praeiudicierlicher consequentz, so durch einen solchen ein-
gang auf den praeliminarvergleich gezogen werden wölte, zu thuen, daß
sie gar wohl zufrieden gewest; obzwar von denen Schwedischen sehr mitt
wiedrigen fundamentis eingenohmen, dern ungrundt sie in unser gegen-
warth erkennet und unß beyfall gegeben, doch dieses hinzugesetzt, man
müße gleichwol auf ein temperament gehen, weiln man eine so harte parteie
gegen sich habe, damit das hauptwerck befordert werde. Vermeindten,
wans umb ein oder andere statt vergleitung zu thuen, daß derentwegen
kein sonderbahres bedencken zu machen, sonderlich wan darbey durch einige
clausulam salutarem dem besorgenden praeiudicio vorgebieget würde.
Warauff wier geanthworttet, daß dieserseith gantzes absehen auf erhaltung
deß praeliminarschlus gerichtet, solte einmahl darin ein loch gemacht wer-
den , würde von diesen tractaten nichts zu verhoffen sein, man werde kein
temperament außschlagen, wan nuhr der praeliminarschlus in seinem wesen
gelaßen und daß haubtwerck darmit würde wöllen befördert und nitt viel
mehr in eine confusion gesetzt werden. Man habe aber die nachrichtung,
was beym gegentheil hierunder gesucht würde, nemblich anlas, umb alle
mediatstätte auch einen jeden privatum, so ihnen einigergestalt in sago aut
toga gedient, ihren gefallens herzuzuziehen und Ewer Mayestätt zu dern
vergleittung, und zwar eins jeden in particulari, anzustrengen und damit
die tractaten ins weite veldt zu ziehen. Wie man endtlich zum ende kommen
werde, wan man zu dergleichen eingang thuir eröffnen solte? Die abgeord-
nete beschließen es mitt deme, wans die meinung haben solte, würden beede
örtter, Münster und Oßnabrüg, zu klein sein, und stünde uns nitt zu ver-
dencken , daß man sich solchergestalt in acht nehme.
Nach selbiger abgeordneter abscheidt von unß haben uns die Schwedische
gesandten durch den stattsyndicum anzeigen laßen, daß derjenige quartier-
meister , der den anschlag mitt dem hinweggeführten leichnamb deß Portu-
gesen gemacht, ietzo alhie in der statt gegenwertig seie, wölten gern auf
deßen persohn einen arrest thuen
Vgl. APW [ II C 1 S. 450 ] und Diarium Wartenberg I S. 394.
schlus erinnerten, daß dem magistrat alhie eingebunden, auf einseithiges
ansuchen nitt zu pariren, alß ersuchten sie unß, daß zu verhengung solchen
arrests unsere bewilligung mittgeben wölten. Wier haben unß uber dieß
zumuhten verwundert, doch mitt bescheidenheit endtschüldigt, daß in der-
gleichen begehren nitt willigen köndten; seie ein neutralorth, der quartier-
meister ein Keyserlicher soldat, uber welchen wier nitt zu gebieten, wüsten
auch nitt, daß derselb waß, warzu dieser convent interessiert, verwürckt
hette; dafern die Schwedische wieder denselben ansprach zu haben ver-
meindten , würden solchs gehörigen orths gegen denselben außzuführen
wißen. So haben unß auch die Schwedische durch den dechandt zu St.
Johan zuendtbieten laßen, gleichsamb der anschlag mitt dem endtführten
leichnamb mitt meinem, Crane, fürwißen und in meinem losament gemacht,
bemelter quartiermeister bey mir auß- und eingangen, bey mir zu tisch gewe-
sen , ia in der gutschen in der statt herumbgeführt sein solle, da doch dern
keins wahr ist; ich auch den quartiermeister nitt kenne noch gesehen, der-
selbe auch in meinem losament noch unter tisch gewest, weniger von mir
im wagen herumbgeführt worden, welche umbstände wier darumb gehor-
sambst zu uberschreiben eine notturfft erachten, damit Ewer Mayestätt
daraus erkennen möge, wie wenig anzeig bey diesen leühten zu verspüren,
daß dieselb zum frieden und stifftung guter freündtschafft geneigt sein;
anderer scharffen nachrede, wie wier fast in allen, sonderlich auß denen von
den Schwedischen einhabenden örttern einkommenen postzeittung ange-
griffen werden, zu geschweigen, darbey dan auch alles, waß dieserendts bey
der friedenshandlung fürgehet, dem gemeinen man so ungleich wierdt für-
gebildet , und der verweiß deß verzugs so invidiose auf diese seithen gescho-
ben , daß es ein spoth ist. Es sollen aber die Schwedische, wie wier von
guttem orth berichtet worden, mitt anfüllung dergleichen postzeittung so
fleißig und sorgsamb sein, daß derentwegen dero secretarius alhie abson-
derliche prothocolla uber die wochenzeittung, wie dieselbe in ein und an-
derm orth in trück zu geben, halten müße, womitt sie gleichwohl beym
gemeinen man viel böses stifften.
Der dänische Sekretär Klein hat die Bestätigung erhalten, daß Hannibal Seestette
die Moritzerschanze und Carlstadt
Stockholm hat. Wir haben Klein angezeigt, die spanischen Gesandten hätten erfah-
ren , daß Schweden beim Parlament in England auf ein Offensivbündnis dränge. Wegen
des Verzuges der Post haben wir dem Postmeister in Köln
gemäß beiliegendem Original geantwortet hat.