Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
21. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 Dezember 11
Osnabrück 1645 Dezember 11
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. C (September – Dezember 1645) fol. 182–184’
= Druckvorlage – Kopie: Ebenda Fasz. 92 VII fol. 18–20; KHA , A IV Bd. 1628/38
unfol.; Giessen 206 nr. 187 S. 1136–1144 – Druck: Gärtner VII nr. 20 S. 121–126.
Geleitbriefe für die Mediatstände. Verhandlungsmodus. Restitutionen in Böhmen. Refor-
mierte. Pommern. Heiratsprojekte um die schwedische Königin.
Rezepisse auf APW II A 2 nr. 299. Der kaiserliche Befehl wurde nach
Münster, umb unß zu erkhündigen, wie wir unß entlich mit unser ercleh-
rung in bemeltem punct [ Geleitbriefe für Mediatstände] gegen die Schwee-
dische herauszulaßen und zu verhalten, uberschickt, warzu unß dan auch
der protestirenden fürsten und ständten alhie anweesenden abgesandten
stättes sollicitirn anlaaß gegeben, indeme dieselbe abermals bey unß umb
fürderlichste beforderung unserer erclehrung und dhamit denen Schweeden
in irem begehren gewilfahrt und satisfaction geben werden möege, durch
die Sachßen Altenburgische
Wolfgang Konrad von Thumbshirn (1604–1667), seit 1639 sachsen-altenburgischer
Hof-, Justiz und seit 1641 Konsistorialrat, seit August 1645 Bevollmächtigter auf dem
Westf. Friedenskongreß. Vgl. J. L. Walther S. 54–57.
Dr. August Carpzow (1612–1683), seit 1645 sachsen-altenburgischer Hofrat und
Bevollmächtigter auf dem Friedenskongreß. Vgl. J. L. Walther S. 57–59 und ADB
IV S. 10 . Zur führenden Rolle der sachsen-altenburgischen Gesandten unter den Prote-
stanten vgl. F. Wolff .
Dr. Georg Achaz Heher (1601–1667). Der nürnbergische Gerichtsassessor hatte unter
Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar die Kriegskanzlei geführt, war 1640 in sachsen-
gothaische Dienste getreten und vertrat seit 1645 Sachsen-Eisenach, Gotha und Weimar
auf dem Friedenskongreß. Vgl. J. L. Walther S. 72–74 und ADB
waldische
werck mehr alß die Schweeden selbst bey unß treiben.
Soviel den ortt zu der immediathandlung mit denen Schweedischen an-
langt, wie imgleichen wan unß waß weiters wegen restitution der Böheim-
bischen stende und ertheilung des maiestätbriefs vorgebracht werden sölte,
dha wöllen wir Ewer Mayestätt allergnädigste instruction und befehl ge-
horsambst beobachten .
Wir haben sonst auch nit unangezeigt laßen sollen, waßgestalt sich alhie
zwischen denen Augspurgischen confessionsverwandten und denen refor-
mirten einigs disputat uber Ewer Mayestätt erclehrung und antwort ad
propositionem Suecicam circa articulum quartum
Druck: G. v. Meiern I S. 619.
eiusmodi reformati beneficio pacis religionis, si quiete vivant, uti, frui
possint et cetera erhebt. Indeme der Heßen Caßlischer
Reinhard Scheffer (1590–1656), hessen-kasselscher Rat. Vgl. ADB XXX S. 683 .
daß dhadurch die Calvinisten nit weiniger alß selbige confessionisten tan-
quam pars intrans in den religionfrieden gesetzt und aller deßen wolthaten
und freyheiten vehig sein sollen. Deswegen die confessionistae durch zween
ires mitls, den Sachßen Altenburgischen und Mecklenburgischen
den Heßen Caßlischen beschicken und wie er zu dergleichen interpretation
Ewer Mayestätt erclehrung khomme, befragen laßen. Wie derselbe aber be-
stendig auf seiner meinung beharret, wehren bemelte deputati mit dem-
selben starck ahneinander gerathen |:wie der Hessen Darmbstattische
abgesandte mir, Crane, erzehlt:|.
Der monsieur de Servient ist für weenig tagen alhie anglangt und lagen wir
auf khundtschafft auß, waß deßen verrichtung ist.
|:Der Churbrandenburgische abgesandte, der von Leben,:| hat abermals
bey unß beyden, und zwar einem ieden absönderlich, erinnerung gethaen,
daß man wegen Pommern denen Schweedischen nichts einwilligen, noch
sich in die gedancken verleiten laßen wölte, gleichsamb es bey Churbran-
deburg eine abgedroschene sach seie, Pommern bey diesen tractaten den
Schweedischen zu überlaßen und es hernacher durch den heyrath mit der
königin wieder an das hauß Brandeburg zu bringen. Dan obzwar nit ohne
seie, daß hiebevorn weylandt der Schweeden könig Gustaff selbst einen
anwurff wegen selbigs heyraths gethaen , der abgelebter churfürst
Georg Wilhelm (1597–1640), seit 1619 Kf. von Brandenburg. Vgl. ADB VIII S. 619–
629 .
die sach durch seine räthe reiflich erwegen und berathschlagen laßen, so
seie iedoch omnium consiliariorum votis dhahin geschloßen worden, daß es
dem churfürstlichen hauß Brandeburg nit dienlich, noch deßen standt vor-
traglich seie, auf selbigen heyrath zu gedencken.
Und seien so erhebliche und wichtige bedencken herfurkhommen, daß die
churfürstliche durchlauchtt gar ire gedancken fallen laßen, würde auch
noch auf gegenwertige stundt selbigen conclusis unbeweglich und festiglich
inhaerirt. Die Schweeden wüsten solches gar wol, darumb wolten sie itzo
mit Chursachßen anbinden und dem herrn administratori zu Magdeburg
darzu hoffnung machen. Und seie daß die ursach, warumb sich selbiger
administrator so eifrig bemüehet, seinen herrn vatter, den churfürsten, in
die Schweedische neutralitet zu ziehen. Der churfürst habe itzo einen cam-
merdiener
der alhie ahnweesender Magdeburgischer abgesandter Einsidl eben selbiger
ursach halben von hir abgfordert und nacher Schweeden geschickt werden.
Imgleichen würde dem hertzogen von Braunschweig Lüneburg
heyrath hoffnung gemacht, sodan nhemme sich der pfaltzgraff
Schweeden wie auch der duc de Croy
so viel, daß sich die königin entschloßen, von Stockholm zu erheben und
eine zeitlang ire residentz in den Kupferbergen zu nhemmen, dhamit sie
sich von so vielem anlauffen befreyen möege. Man vermuthe aber, daß
solches auß anleitung des Oxensterns beschehen, dan derselb sich für seinen
iüngern sohn insinuiren solle. Der habe noch unlengst mit der königin in
dero cabinet semotis arbitris solus cum sola waß geheimbes tractirt, darüber
vier gantze tage, für- und nachmittag, zugebracht worden, und würde ver-
muthet, daß es selbigen heyrath betreffe.
Wir haben unß beederseits der vertreülichen eröffnung halben gebührlich
bedanckt und unser vorige antwort erwiedrigt , daß man Kaiserlicher sei-
then die ersten nit sein würden, die darzu einwilligen sölten, daß den auß-
wertichen cronen an landt und leuthen von des Reichs boden waß solle
nachgeben werden. Es gehöre aber eine rechtschaffene zusamensetzung
dazu der glieder mit dem haubt, dhamit ein solche resolution möege erho-
ben und behaubtet werden. Die Schwedische heten einen großen theil von
Teutschlandt in ihrem gewaldt, dha müße gleichwol dhahin gedacht wer-
den, wie man solches wieder auß dero handen entweder durch tractaten
oder durch gewalt bringe. Zu den tractaten scheine es, daß dem gegentheil
khein rechter ernst seie, sondern daß nur alles auf betrug und verzögerung
angesehn, müsten also rechtschaffene consilia zu einmüthiger zusamenset-
zung ergrieffen werden. Sönsten seie zue dem vorgesetzten zweck zu gelan-
gen nit möeglich. |:Der von Leben:| bathe, daß man nur ahn Kaiserlicher
seithen bestendig pleiben wölte, so würde sich die sachen in ubrigem schon
algemach richten. Er wehre gemeindt, sich selbsten in persona nacher
Münster zu erheben und mit irer excellentz graven von Trautmansdorff
daraus zu reden, khönte dero ankhombst anhero nit erwarten .