Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann
83. Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1648 Januar 13
Osnabrück 1648 Januar 13
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 55a (1648 I)fol. 69–71, praes. 1648 Januar 23 = Druckvorlage –
Kopie: ebenda Fasz. 54ffol. 486–488’; KHA A 4 nr. 1628/23 unfol. – Konzept: RK FrA
Fasz. 92 XIII nr. 1927fol. 407–408’
In APW [ III C 2/3, 180 nr. 1927 ] mit dem Schreiben aller Ges. an Ferdinand III. vom
gleichen Tage verwechselt.
Verweis auf vorherige Relation. Stand der Verhandlungen mit Schweden an die protestanti-
schen Reichsstände berichtet (1648 I 10).
Aussichtslosigkeit der Verhandlungen über *KEIPO5* ; Rücksprache mit den Gesandten der
katholischen Kurfürsten gemäß Hauptinstruktion (1648 I 11); Sorge über kursächsische Hal-
tung betreffend die Autonomie in den kaiserlichen Erblanden.
Unterredung mit Löben (1648 I 12): Gründe für die neuen schwedischen Forderungen; Kla-
gen der französischen Gesandten über Abwesenheit Biörenklous, geplante Reise Oxenstier-
nas nach Münster.
Fortsetzung der Verhandlungen mit den schwedischen Gesandten vereinbart; Aufschub der
Reise Oxenstiernas nach Münster.
Gerüchte über geplante Einflußnahme der Kronen zur Verhinderung des spanisch-nieder-
ländischen Friedens.
Ewer Kayserlicher Majestätt hat unßer negstvorgehende relation vom 9.
dießs allerunderthenigst zu erkennen geben, waßgestalten die damahlige
conferentz mit denen Schwedischen ahn deme gestanden, daß die sich der
gesuchten extinction collegiorum ecclesiasticorum, auch ubriger darbey
angehengter newerungen in puncto satisfactionis nit begeben wöllen.
Nuhn haben wir darauffhin ahm negstgefolgten freytag, den 10. dießs,
einen außschuß der protestierenden vor unß erfördert und ihnen die un-
zimblichkeit dieser sachen umbständtlich vorgehalten und zu gemüth ge-
führt , des versehens, sie solten gedachte Schwedische davon abmahnen
und zu mehrer beschleunigung der tractatn vermögen.
Deßgleichen haben wir auch für ein notturfft befunden, weil ie uber alles,
waß wir bißher sowoll mit denen protestirenden alß mit den Schwe-
dischen negociirt, einige hoffnung nit erscheinen will, daß auff die von
denen catholischen vorgeschlagene temperamenta waß fruchtbahrlichs
zu erhalten sein werde, dermahlen nach anleitung unßer instruction
Gemeint sind die Ausführungen über einen ksl. Vorgriff beginnend mit Soviel aber schließ-
lichen in der Hauptinstruktion vom 6. Dezember 1647 ( [ Nr. 29 bei Anm. 222 ] ).
herrn catholischn churfürsten räthe und gesandten
den , ihnen warauff Ewer Kayserlicher Majestätt allergnädigste meinung
endtlichen gestelt wehre, zu eröffnen
Hierzu hatte Volmar unter der Überschrift Extractus instructionis Caesareae die ksl. Hal-
tung auf Grundlage der Hauptinstruktion vom 6. Dezember (Nr. 29) und der (am 21.
Dezember übersandten) Resolution vom 18. Dezember 1647 ( [ Nr. 55 Beilage [1] ] ) zusam-
mengestellt (s.l. [vor 1648 Januar 11]. Kopie (mit Notizen Volmars): GehStReg Rep. N
Ka. 92 Fasz. 66 pars 2 Nr. 19; RK FrA Fasz. 96 VIfol. 290–291’ – Konzept: GehStReg
Rep. N Ka. 92 Fasz. 66 pars 2 Nr. 19). Diese Aufstellung wurde den kath. Ges. offenbar
auch übergeben und im CC verlesen, die öst. Überlieferung aus der Kanzlei Wolkensteins
trägt den Vermerk Dictatum Osnabrück 11. Januarii 1648. – In diesen Zusammenhang
gehört wohl auch: Ksl. Textvorschlag zu Art. IV § „Principes quoque“ KEIPO4A betr.
die Restitution der Gf.en von Mömpelgard, insbes. Wiedereinsetzung in Clerval und Pas-
savant sowie die Bestätigung ihrer Reichsunmittelbarkeit,s.l. praes. 1648 Januar 11 (Kopie:
GehStReg Rep. N Ka. 98 Fasz. 69 pars 3 Nr. 15).
maaßen wir auch vorhabens wehrn, demnach ebenmeßig mit denen
Chursachßischen und -brandenburgischen, auch fürstlich Braunßschwei-
gischen und ethlichen von denen reichsstätten absonderlich zu reden.
Wie nuhn solches alles vollenzogen und waß unß darauff von dern catho-
lischen churfürsten räthen zur anthwortt ertheilt worden, daß geruhn
Ewer Majestätt auß beyliegendem extractu protocolli sambt dem auffsatz
de autonomia subditorum allergnädigst anzuhörn, dabey gleichwoll auch
des Chursachßischen abgesandtens wegen der religion in Ewer Majestätt
erblanden besonder anbringen
Leuber hatte am 10. Januar 1648 vorgebracht, daß es bei der entsprechenden Regelung des
KEIPO4A nicht verbleiben könne; Trauttmansdorff habe vor seiner Abreise verlauten
lassen, der Ks. würde den Protestanten in jedem Kreis eine Kirche einräumen (vgl. das
Schreiben Trauttmansdorffs an den Ks. vom 14. Juni 1647, d.i. APW II A 6 Nr. 156;
außerdem APW [ III C 2/2, 943 Z. 11–28 ] ).
weil auß denen mit den Schwedischen fürgeloffenen conferentzien
unschwehr zu vermercken, daß sie abermahlen wie zuvor das gantze
werck auff restitution der proscribirten und freystellung der religion in
besagten erblanden werden auffstoßig machen wöllen
Vgl. in der Relation vom 6. Januar 1648 ( [ Nr. 73 ] ) bei Anm. 18.
sie von dieser Chursachßischn weitern intervention nachricht erlangen
solten, wie dan dieser abgesandter, alß unß von vertrawten örtten zu ver-
nehmen kombt, sich in puncto gravaminum fast ebenso hart alß einer un-
der denen protestirenden erzeigen thuet.
Und dieweil wir dan bißhero in obgemelten negociationibus begrieffen
gewesen, so haben wir auch immittls unß bey denen Schwedischen umb
weitere conferentz anzumelden underlaßen, sondern zugewahrtet, ob sie
sich ethwan obgedachter newer anmaaßung zu begeben verlauten laßen
würden, gestalten dan gestern abendts unß der freyher von Löwen an-
zeigen laßen, daß der Oxenstirn bey ihme gewesen, von deme er soviel
vermerckt, daß sie weichen und es allerdings bey dem vorigen vergleich
bewenden laßen würdn, hettens allein der ursachen auff die baan ge-
bracht , weil wir unßerstheils so viel newe correcturas proponirt, thetten
also unßern, weil die ordtnung ietzt ahn unß wehre, mit verlangen er-
wahrten .
Darbey ließ der von Löwen auch anmelden, daß der Oxenstiern gesagt, es
hetten die Frantzösische plenipotentiarii nuhn zum öfftern geandet, daß
die cron Schweden derzeitt keinen residenten zu Münster
Der schwed. Resident in Münster, Biörenklou, hielt sich spätestens seit Anfang Dezember
1647 in Osnabrück auf (vgl. APW [ II C 4/1 Nr. 76 ] ). Von dort aus reiste er am 19. Januar
1648 zur Berichterstattung nach Stockholm (vgl. [ Nr. 92 bei Anm. 11 ] ).
ihnen die continuation der alhiesiegen handtlung manglete, derentwegn
er vorhabens wehre, ein reiß hinüber zu thuen und ihnen von allen parte
zu geben. Er, von Löwen, aber hette ihn ersucht, solche reiß noch derzeitt
einzustellen und vorderist die sachen alhier zum schluß bringen zu helf-
fen .
Hierauff hab ich, graff von Lamberg, heudt dato meinen secretarien zu
ermelten Oxenstirn geschickt und ihme andeuten laßen, wir wehrn diese
tage hierein mit denen ständen beschäfftigt gewesen und verlangte unß,
die conferentzen mit ihme und seinem collega vortzusetzen. Allein wehre
ihnen bewust, warahn es bey der negsten erwunden, wolten gleichwoll
verhoffen, sie würden sich hinzwischen eines beßern bedacht haben und
sich gegen unß eines andern erclehrn. Auff solchen fahl wehrn wir erbie-
tig , unß mordrigen vormittags wiederumb bey ihnen einzustellen.
Warauff der Oxenstirn sich in anthwortt vernehmen laßen, daß ers gehrn
höre, daß wir die conferentias zu continuirn gemeindt, sie, Schwedische,
hielten sich alle stundt darzu bereith, wolten unßer auff morgen umb 9
uhrn erwahrtn und er, Oxenstirn, seine sonsten nacher Münster vor-
gehabte reiß (alwo man seiner erwahrte) wieder einstellen. Wollen unß
also gliebts Gott morgen bey denen Schwedischen zur conferentz wieder
einfinden und sehen, wie es weiters ablauffen wirdt.
Wir werden aber gleich ietzo bey schließung dieses von gutten ortt be-
richtet , daß der Heßen Caßlische abgeordtneter Großeck
posta alhie anglangt, umb den Oxenstirn nacher Münster, damit denen
Hollandischen gesandten wegen einstellung der publication des zwischen
Spanien und Hollandt geschloßenen friedens von gesambten plenipoten-
tiariis beyder cronen Franckreich und Schweden zugesprochen werden
möge, abzuholen, also scheinet obgemeltes des Oxenstirns fürgeben nur
ein scheinpraetext, diese ietz angezogene ursach aber darunder verborgen
zu sein
Krosigk drängte bei Oxenstierna in dieser Zeit stark auf den Abschluß einer endgültigen
friedensvertraglichen Regelung über die Satisfaktionsforderungen Hessen-Kassels (vgl.
Meiern IV, 913 ).
Beilage [1] zu Nr. 83
Kaiserlicher Textvorschlag zur Autonomie im Reich (lat.),s.l. [praes. 1648 Januar 11]
Dieser Textvorschlag wurde den Ges. der kath. Kf.en höchstwahrscheinlich in der Unter-
redung am 11. Januar 1647 übergeben; im Protokoll wird dies allerdings nicht erwähnt
(vgl. aber den Bericht über ihre Zustimmung zu dem Textvorschlag am 12. Januar 1647
in APW [ III C 2/2, 945 Z. 13–15 ] ). Entgegen der Weisung in der Hauptinstruktion vom 6.
Dezember 1647 ( [ Nr. 29 bei Anm. 111 ] ) enthält der Textvorschlag eine Regelung betr. die
Religionsverhältnisse im Hst. Hildesheim.
pie : RK FrA Fasz. 55a (1648 I),fol. 72–73; ebenda Fasz. 54ffol. 489–490’.
Beilage [2] zu Nr. 83
Protokoll,s.l. 1648 Januar 10, 11, 12. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 I)fol. 74–79’; KHA A
4 nr. 1628/23 unfol.; RK FrA Fasz. 54ffol. 492–497’ – Druck: APW [ III C 2/2, 942 Z. 31 – ]
[ 946 Z. 40. ]
10. Januar 1648. Unterredung mit Gesandten der protestantischen Reichsstände. Diese
werden über die jüngsten Verhandlungen mit den schwedischen Gesandten und die Ableh-
nung der waldeckschen Forderungen wegen Pyrmont durch den Kurfürsten von Köln infor-
miert . Anschließend drängt Leuber auf Zugeständnisse des Kaisers wegen der evangelischen
Religion in den kaiserlichen Erblanden (insbesondere Schlesien), was die Kaiserlichen ab-
lehnen .
11. Januar 1648. Unterredung mit den Gesandten der katholischen Kurfürsten. Diese werden
über die jüngsten Verhandlungen informiert. Wegen der Aussichtslosigkeit der derzeitigen
Verhandlungen erläutern die kaiserlichen Gesandten die kaiserliche Instruktion und bitten
die Kurfürstlichen um eine Stellungnahme, ob sich der Kaiser ihrer Unterstützung für sein
geplantes Vorgehen sicher sein könne. Anschließend wollen die kaiserlichen Gesandten auch
die Gesandten Kursachsens und -brandenburgs, Braunschweigs sowie diverser Reichsstädte
darüber vernehmen. Die kurfürstlichen Gesandten kündigen für den nächsten Tag ihre Stel-
lungnahme an.
12. Januar 1648. Unterredung mit den Kurmainz- und Kurbayerischen, die als Vertreter der
Kurfürsten das Ergebnis der Beratungen vortragen, daß zunächst noch die Erklärung der
protestantischen Reichsstände zum *KEIPO5* abgewartet werden sollte. Des weiteren er-
klären sie sich über Freusburg, Vallendar, Hachenburg, Pyrmont, den Vorbehalt wegen
geistlicher Güter im Herzogtum Württemberg, die Forderungen Wartenbergs und die Vor-
aussetzungen für ihre Unterstützung eines kaiserlichen Vorgriffs. Die kaiserlichen Gesandten
antworten auf alle diese Punkte.