Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
87. Gutachten deputierter Räte und Beschluß im Geheimen Rat [Prag] 1648 April 20, 22
–/ 87A /–
[Prag] 1648 April 20, 22
Gutachten deputierter Räte (Kurz, Oettingen, Trauttmansdorff, Carretto, Gebhardt, Wal-
derode . Schröder), [Prag] 1648 IV 20. Konzept: RK FrA Fasz. 55c (1648 IV-V) fol.
120–140’
niz d.J., Kurz, Kollowrat, Martiniz d.Ä., Colloredo, Waldstein, Prücklmaier, Oettingen,
Gebhardt. Schröder), [Prag] 1648 IV 22. Konzept: ebenda fol. 141.
Über Nr.n 65 und 71.
Die gehorsambiste räthe befinden nicht weniger auß dießer alß der negst-
hervorgehenden relation , das Euer Kayserliche Majestätt bey dießem
modo tractandi ie lenger, ie mehr periclitieren, indem 1. die Schweeden
sich desselben nit allein nur zu lengerm aufhalt der tractaten, sondern zu
täglich mehrern captiositeten und gefährlichen consequenciis wider Euer
Mayestät und dero erzhausses interesse brauchen, sonder fast damit gar
das gespöt treiben. 2. So ziehen zu Ewer Majestätt und ihrer selbstaigenen
principalen schaden und schimpff die drey gesandten von Churmainz,
Bayern und Würzburg, alß der Mehle, Krebs und Vorburg, die direction
und authoritet des ganzen werkhs den Kayserlichen nach und nach fast
vollents auß den handen undt prostituiren sich vor den Schwedischen balt
mit diesen, balt mit jenem articulo totaliter. 3. So ist nach so langem dis-
putat der punctus satisfactionis Cassellanae dannoch noch nicht recht ver-
glichen und Euer Kayserlicher Majestätt dabey von newem strackhs in
dem ersten articul ratione amnistiae dißes praeiudicium zugezogen, das
solche quoad Hassos unnd alle dero bediente nicht allein ad initium belli
Bohemici reduciert, sondern auch die exceptio subditorum hereditario-
rum nochmahls ad punctum satisfactionis militaris Suecicae per verba
“prout in § „Tandem omnes etc.“ disponetur”
Bezug auf § „Primo, omnium“ des Textvorschlags für das Vorabkommen über Amnestie,
Territorial- und Armeesatisfaktion sowie Truppenabzug Hessen-Kassels von [1648 IV 5]
( [ Beilage B zu Nr. 65 ] ; vgl. später Art. XV,1 IPO = § 48 IPM) betr. Amnestiegebot und
(nach Art. VII IPO ← § 47 IPM) Geltung des Reichsreligionsrechts für Hessen-Kassel.
stelt , zudeme die Churmainz- unnd Bayerische abgeordnete sich auf der
Schweeden begeren, solche exception ganz außzulassen, bey den Kayßer-
lichen laut des protocolls vom 8. Aprilis insoweit interponiert, dz sie ver-
meint , die Kayserlichen solten drinnen weichen und nachgeben, mit für-
wendung , dz sonst die sache würde aufgehalten werden, waraus dan, wan
der § „Tandem omnes“
Vgl. Nr. [ 49 Anm. 4. ]
fehlbar folgen müße, das, was ratione der landtgrefin wegen der erb-
unterthanen in puncto amnistiae geschlossen, den Schwedischen nit
khinde abgeschlagen werden, waß man sich auch sonst für eine resolution
und assistenz bey den churfürstlichen künfftig werde zu getrösten haben,
wan alle andere reichssachen accommodiert und verglichen wehren und
man nur allein vom puncto autonomiae et amnistiae in Euer Kayserlicher
Majestät erblanden, sodan vom puncto satisfactionis militaris, item sepa-
rationis domus Austriacae zu handeln hette.
In puncto indemnitatis Hassiacae stost’s sich’s under den interessierten
partheyen noch an disem, dz weder die Hessen Casselische noch die
Schwedischen sich zu dem iüngsthin eingeschickten secretarticul oder
§ „Et quamvis etc.“
Bezug auf den Textvorschlag für das Vorabkommen über die hessischen Kontributions-
pflichtigen und die Besatzungsverpflegung von 1648 IV [5] [ (Beilage [C] zu Nr. 65 ] ; vgl.
später Art. XV,12 IPO ≙ § 57 IPM).
Münster und Fulda auch noch die andern contribuenten ausser Chur-
brandenburg zur bezahlung der 600 000 reichsthaler obligiert, nicht be-
kennen , weniger denselben underschreiben undt künfftig dem instru-
mento publico einverleiben lassen wollen. So laufft auch dise exception
von Churbrandenburg in puncto indemnitatis schon dahinauß, daß in
puncto solutionis militaris er und alle protestierende auch an der Schwee-
dischen bezahlung nichts mittragen oder zahlen sollen, dan vor disem hat
man argumentiert, sie hetten den protestierenden gedient, consequenter
von ihnen die bezahlung und von den catholischen nichts zu fordern .
Ieziges argument meldt, die protestierende sein ihre freundt, consequen-
ter köndten von ihnen sie nichts fordern. Nun sein die catholische in
Westphalen schon Hessen zur zahlung der indemnitet uberlassen, werden
ihnen auch wol in puncto solutionis militiae verbleiben, consequenter
fallt die solutio militiae Suecicae auf Euer Majestät allein, und ist hier-
durch der in dem getruckhten proiecto befindtliche § „In primis deputen-
tur utriusque partis commissarii“
Bezug auf Art. XV § „Imprimis“ KEIPO4A (Text: Meiern IV, 588 zweiter Abs.; vgl.
später Art. XVI,2 und 7 IPO = §§ 100 und 104 IPM) betr. Verteilung der Armeen auf
die Reichskreise und Gefangenenaustausch.
tiert , alß welcher gleichwol noch sine distinctione stehet, alle pro solu-
tione militis comprehendiert, diser aber die excipiendos ausnimbt.
Quoad successionem Marpurgensem wirdt abermahls Euer Kayserlicher
Majestät ein wircklich praeiudicium zuegezogen, indem die Schweeden
und Hessen Casselische sich mit obbemelten drey catholischen räthen
und dem Altenburgischen Thumbshirn ohne zueziehung der Kayser-
lichen und dabey zueförderst interessirten Hessen Darmbstetischen sich
[!] understanden, eine endtliche decision im nahmen Euer Kayserlicher
Mayestät und der cronen, et quidem sub praetenso titulo submissionis
factae, wider landtgraf Geörgen sub A zu machen, der Darmbstettischen
dagegen eingebrachte billiche declaration aber sub B zu verwerffen und
endtlich ein interimsrecess sub C dahinlauttend aufzurichten
Bezug auf den den Ksl. 1648 IV 7 übergebenen Textvorschlag der Ges. Hessen-Kassels zur
Marburger Erbfolge, den am selben Tag den ksl. Bevollmächtigten übergebenen Textvor-
schlag der Ges. Hessen-Darmstadts zur Marburger Erbfolge sowie auf das Vorabkommen
über eine Fristenregelung für die Beilegung des Marburger Erbfolgestreits von 1648 III
29/IV 8 ( [ Beilagen A – C zu Nr. 71) ] .
in 14 tagen, vom 9. April an zu raitten, zue Cassell nicht ein anders unter
den partheyen selbst verglichen wirdt
Vgl. [ Nr. 51 Anm. 6 ] .
sion verbleiben solle, und dann, daß ungeachtet, solchen recess die könig-
liche Schweedische sowenig alß die Kayserlichen unterschreiben wollen,
dennoch die catholische sich endtlichen dahin behandlen lassen, daß mit
ihrem belieben der Churmainzische und Altenburgische denselben und-
terschrieben , welches alles genuegsamb indicia sein, wessen Euer Kayser-
liche Majestät und dero hauß sich lezlichen bey disem modo tractandi zu
versehen haben, wann sogar auch die Schweeden die subscription des
Pfälzischen recesses, der schon verglichen
Vgl. [ Nr. 8 Anm. 8 ] .
damit, wie biß anher und aniezo widerumb geschehen, die Bayrische
oder mit verwaigerung zu allerseits unrichtikheit uff- oder mit volziehung
der subscription an sich ziehen.
Es vermerckhen auch hierbey die deputirte räthe, daß die Schweeden
Euer Kayserlicher Majestät gesandte bey dergleichen conferenzen der-
gestalt fatigiren und mit listigen argumenten undterweilen dergleichen
antwortt heraußbringen, welche Euer Kayserlicher Majestät mehr schedt-
lich alß nuzlich, alß wie iez 〈un〉dt bey vorgedachter conferenz den 8.
April geschehen, da die Kayserlichen sich entschuldiget, sie hetten kheine
gewaldt, die Marburgische sache dergestalt, wie ihnen zugemuthet wor-
den , zu decidiren, und die Schwedische hingegen eingeworffen, es hetten
sich Kayserliche majestät ihrer authoritet in assignanda satisfactione pro
corona Suecica gebraucht, warumb auch nicht in hoc casu, haben zwahr
die Kayserlichen es wohlmeinendt mit diesem beantworttet, das es ter-
mini dispares weren, die Schweden hetten selbige landen schon inne-
gehabt und ihnen das ius belli darinnen asserirt, hier aber stehe die sach
in terminis iustitiae, aber damit ist nur Euer Kayserlicher Mayestät auto-
ritet mehrers geschwecht und dem gegentheil sein unbillich intentum pro
praetenso iure belli quam pro incepto modo tractandi pacem cum statibus
beßer zu behaubten und hindurchzubringen anlaß und gelegenheit gege-
ben worden, dan die Schweden besag deß protocolls alßbaldt zu den Hes-
sen Casselischen gangen und den Kayserlichen per secretarium anzeigen
lassen, daß sie mit den ständten in vergleichung eines temperament〈i〉
begrieffen, mit pitt, den verzueg nicht übel zu vermerckhen, wie sie sich
dan darauf mit den catholischen und protestierenden des letster aufsazes
C
Bezug auf das Vorabkommen über eine Fristenregelung für die Beilegung des Marburger
Erbfolgestreits von 1648 III 29/IV 8 ( [ Beilage C zu Nr. 71). ]
gemuttet . Undt ist wohl zu besorgen, wan nicht Euer Kayserlicher Maye-
stät allergnedigste resolution vom achtundzweinzigisten Martii bey
dieser handlung were ins mittel kommen, es möchten sich endtlich die
Kaiserlichen bey so starckher zuesammensezung der Schwedischen, ca-
tholischen und protestirenden zu völliger subscription, zumahl wan die
Pfälzische sach von den Schweden were zugleich mit unterschrieben wor-
den , haben bewegen lassen, [ durch ] welches, wan es schon auch gesche-
hen gewest were, gleichwohl der friedt noch nit gemacht, sonder alle
mehrere weitere gefahren Euer Kayserlicher Majestät hauß verblieben
weren.
Und wie es dißmahl mit der Marpurgischen sach hergangen, also würdt es
besorglich auch mit der Badischen ergehen. Und wan folgendts alle an-
dere reichssachen biß uf mehrgedachte vier punct, nemblich der autonomi
und amnistia in erbländern, satisfactione militari et separatione domus
etc., werden mit oder ohne Euer Kayserlicher Mayestät beliebung aller-
dings verglichen sein, da wirdt man allererst in diesen vier puncten wider
Euer Kayserliche Mayestät zusammensezen und, wie bey den vorigen
deliberationibus gehorsambist erinnert worden, communi voto et suffra-
gio desto mehr schreyen undt rueffen, der friedt haffte allein bey Euer
Kayserlicher Mayestät, unnd wann sie in denselben puncten sich nach
der cronen willen nicht accommodiren, dürffen etliche sich wohl under-
stehen , mit den cronen ein vermainten frieden selbst zu schliessen unnd
den ganzen kriegslasst ainig und allein auf Euer Kayserliche Mayestät
unnd dero königreich und länder zu verweisen, auch wohl gar ein all-
gemeinen schluß pro totali exclusione domus a futura administratione
Imperii zu tentiren
Vgl. das Ga. dep. Räte zu [ Nr. 78. ]
Wann aber auch hingegen Euer Kayserlicher Mayestät gleich alles wil-
ligen , so sehen die gehorsambiste räthe dennoch nicht, daß dardurch
werde der friedt zu erheben sein, dann die cronen viel zu begierig sich
erzaigen, dem gluckh ihrer waffen nachzusezen. Alle umbstandt weisen,
daß sie mehr den krieg alß frieden suechen unnd sich dieser tractaten
allein zu separirung der ständte von Euer Kayserlicher Mayestät bedie-
nen , dann sonst hette man lengst mit ihnen zu einem rechten schluß ge-
langen können, weil man in haubtpuncten beides, waß die ständte unnd
sie selbst sowohl in puncto amnistiae et gravaminum, iustitiae et causae
Palatinianae alß satisfactionis coronarum et aequipollentiae interessato-
rum unnd waß selbigen anhengig ist, angehen thuet, beraith verglichen.
So haben auch die Schweden sich hievor, alß ihnen Euer Kayserlicher
Mayestät erklerung in puncto executionis et assecurationis pacis mit rath
und belieben der ständt, sonderlich der fürnembsten churfürsten
Vgl. [ Nr. 82 Anm. 18 ] .
geben lassen, dahin erklert, daß bey denselben sie nicht viel besonders
wurden zu erinnern haben, unnd seindt die differentien, so etwann wegen
Hessen Cassel unnd anderer puncten ubrig sein, ia nicht der importanz,
wann nicht was anders drunder gesuecht wurde, daß sie deßwegen ein
stundt lenger in dem krieg verbleiben solten.
Dahero die gehorsamiste räthe durchgehendt der allerunderthenigsten
mainung sein, daß es viel sicherer unnd besser, dermahlneinst eine endt-
liche , gewisse und bestendige resolution dergestalt zu fassen, daß weil sie
alberaith den 15. Februar ihren gesandten anbefohlen , daß, wann sie es
nicht weitter bringen köndten, sie entlich das vom herrn obristen hoff-
maister hinterlassene proiect
Gemeint ist KEIPO4A (vgl. [ Nr. 3 Anm. 6 ] ).
nis pacis acceptiren und darauff den frieden schliessen solten, so were
numehr und nachdem etliche puncten anders abgehandelt, dasselbe in-
strument totaliter nach dem gedrukhten exemplar, ausserhalb was mit be-
lieben Euer Kayserlicher Majestätt in puncto amnistiae, caussae Palatinia-
nae et gravaminum nec non iustitiae und sonsten seither anders abgeredt
und resolvirt, pro ultimata sua resolutione denen königlichen Schwee-
dischen gesanten hinauß[zu]geben, folgents dem Churmainzischen direc-
torio ad dictaturam für die andern stände [zu] überlüffern, daneben aber
die fürnembsten churfürsten der ursachen dessen mit einem außführ-
lichen , wohleingerichten schreiben [ zu ] verstendigen und darüber der
Schweeden entliche und schließliche erklärung, ohne daß die Kayser-
lichen abgesandte in communi oder a parte weiter handlung darüber pfle-
gen theten, [ zu ] erwartten liessen [!], auf maß und weise, wie beygefügte
concept
Die Konzepte fehlen im Aktenzusammenhang; sehr wahrscheinlich u.a. Bezug auf die
Schreiben an Kurbayern und Kurmainz ( [ Beilagen B und C zu Nr. 91). ]
Ingleichen were landtgraff Geörgen zu erhaltung seines wie auch seines
herrn schwehers, des churfürsten zu Sachssens, gueten gemüths zue
schreiben, welchergestalt Euer Kayserlicher Majestätt intention und mei-
nung nie gewesen, seiner fürstlichen gnaden in der Marpurgischen sache
dergleichen schwere conditiones aufdringen zu lassen, wie etwan bey
noch wehrenden tractaten deroselben wolte zugemuttet werden, sondern
sie hetten noch unter dato 8. Februarii ihren abgesandten gemessen an-
bevohlen , ad ultimum nicht weiter, alß in dem gedruckhten exemplar zue
finden, sich bey diesem werckh heraußzuelassen, dabey sie es nochmalß
an ihrem ort bewenden liessen und sich dessen anderweit aniezo erklärt
hetten. Wurden aber ihre fürstliche gnaden selbst ein mehrers einbewil-
ligen und dardurch der gewünschte friedt erhoben werden können, so
wurde es bey Euer Kayserlicher Majestätt nicht stehen, solches zu verhin-
dern , sondern man würde es auch ihrerseits dabey verbleiben lassen. Und
versehen demnach Euer Kayserliche Majestätt sich gnediglich, es wurden
seiner fürstlichen gnaden hierauß dero gnedige bestendige affection gnug-
samb erkennen und umb soviel mehr auch ihrerseits bey dero trewlich
und bestendig halten, allermassen die hernachfolgende expedition mit
mehrerm in sich halt.
Die rationes und motiven, warumb die gehorsambiste räth auf diß
medium so starkh gehen, seindt kürzlich dise:
1. Dz sie sehen, dz bey dem bißher gepflogenen modo tractandi, wie vor-
hin schon ausgefüehrt, der principalis scopus, pax nimirum et tranquillitas
Imperii et harum regionum, mitnichten zu erlangen, sondern diser tractat
nit, den frieden zu befürdern, sondern alle hostilia allein zu tractieren,
gebraucht wirdt und ia nit zu hoffen, nachdem die Schweeden fast den
maisten theil, waß ihr foedus in Teütschlandt
Wahrscheinlich Bezug auf die schwed.-frz. Bündnisse (vgl. [ Nr. 22 Anm. 4 ] ).
und sie in cursu victoriae, bevorab bey sollicher der Teü[t]schen stende
erzeigungen, wie es teglich bey den friedtstractaten hergeht, dz foedus,
in dem Euer Majestät ruina steth, völlig zu effectuieren unterlassen sollen.
2. Daß Euer Kayserliche Majestät den andern finem, welcher in defectu
prioris gesuecht worden, nemblich die reichsstende, wo nicht alle, doch
die maisten und fürnembsten, auf ihre seithen zu behalten und zu einer
bessern coniunction zu vermögen, bey dergleichen procedur auch nicht
erheben
5 können] In der Vorstufe folgt (fol. 156–156’): 3. Daß vielmehr das contrarium, und wo
nicht ein gemeiner, doch ein großer auffstandt zu befürchten, zu dem nach und nach
alles dahingerichtet wirdt, wie Euer Kayßerlicher Mayestät undt dero haußes interesse
sowohl in statu politico alß ecclesiastico zuerückgesezt und nur für etlich andere ein
particularfried erhalten werden möchte.
[t]um contra omnem coniunctionem, indem sie, die Schweden, sowohl
protestierenden alß anderen abgesant[en] täglich die vicinitatem et securi-
tatem pacis, diße aber ihren principalen ein solches persuadiren, also alle
coniunctionem verhindern, dan khein coniunction ist mindest zu hoffen
noch zu tractiren, es sei dan ein castum instrumentum pacis vorhanden
undt meniklich wisse, an weme es des frieds halben haffte.
3. Wan es auch gleich entlichen zu einem universalfrieden zu kommen
daß ansehen hette, dz doch derselbe Euer Kayserlicher Majestät und
dero hauß, im fahl es bey dem von herrn obristen hoffm[ei]ster hinaus-
gegeben proiecto nit verbleibe, bevorab der erblandt halben, ganz nicht
zu guetem, sondern nur zu mehrerm fall und undergang außschlagen
und gereichen wirdt, indem man auf der gegentheile seiten ie lenger, ie
mehr damit umbgehet, alles in pristinum statum, [ wie ] es auch dem
foederi gemess ist, wie es vor der Bohäimbischen unrueh gewest, in den
erblendern widereinzusezen, item Euer Kayserlicher Majestät und dero
hauß die bezahlung der feindtlichen militiae und dan die Separation von
Spanien mit gewalt aufzutringen, auch under solchem praetext, weil man
wohl weis, daß Euer Kayserliche Majestät dasselbe nicht eingehen werden
können oder wollen, die tractaten ie lenger, ie mehr aufzuhalten und dan
die schuldt ermangelnden friedenschlußes einig und allein auf Euer Kay-
serliche Majestät zu legen oder aber, wan sie es eingehen, ihr eine all-
gemeine offension bey 〈G〉ott unndt menschen und bey allen guten
freündten, trewen dienern und gehorsamben underthanen zu erweckhen,
auf baide felle aber einen als den andern weeg den kriegslast auf dem halß
zu lassen.
Ist nun ein remedium noch übrig, entweder den friedt zu erheben oder
doch die ständt an sich zu halten, so ist’s dieses, daß Euer Kayserliche
Majestät dasienige, waß biß anhero communi aut maioris vel potentioris
partis, praesertim interessatorum placito und mit Euer Kayserlicher
Majestätt selbstaigenen belieben abgehandelt und verglichen worden,
publice ratificiren, dasienige aber, waß sy nicht eingehen könten noch
wolten, zumahl Churcölln, Bayern, Sachßen, Brandenburg, Hessen
Darmbstatt und andere noch selbst darbey interessirt, zugleich verwerf-
fen und semel pro semper resolviren und erkleren, waß sie pro communi
pace thuen und lassen wollen.
Acceptiren es die Schweeden und schließen darauf den frieden, so hat
man den furgesezten haubtzweckh entlichen erraicht und khönnen Euer
Kayserliche Majestät ob bonum pacis publicum, quod unusquisque
dominus magistratus tanquam veram rationem status sui procurare debet,
alles, waß sie darfür eingewilliget und nachgegeben, desto mehr entschul-
digen und gegen Gott und der posteritet verantwortten. Acceptiren sie es
nicht, sondern bleiben im krieg, so wirdt meniglich erkhennen, daß ihnen
khein ernst zum fridt niemahls sey gewest, auch noch nicht seye, und
werden verhoffentlich noch vil redliche gemüether und fürnemme stendt
zusammentretten und etwo mehr, alß zuvorhin beschehen, Euer Kayser-
licher Majestät umb ihres dabey selbst versirenden hohen interesse und
gefehrlichen standts willen assistiren und hand halten helffen. Und Euer
Kayserliche Majestät werden alßdann auch wider dieienigen, so sich von
dero separiren, mehr fueg und ursach haben, daß ius belli so wol alß die
feinde zu gebrauchen.
Drey bedenckhen sein hiebey noch billich zu erwegen. Daß aine, daß der-
gleichen resolution eine gefehrliche rupturam der tractaten nach sich
ziehen möchte, daß andere, daß Euer Kayserliche Majestät und dero
hauß nicht bastant möchten sein, den krieg noch weitter zu continuiren,
drittens, daß man sich vorhero der churfürsten, wo nicht aller, doch der
maisten und fürnembsten, soll versicheren.
Waß das erste anbelangt, khönnen die gehorsamiste räthe ihnen nicht ein-
bilden , daß die Schweeden derentwegen die tractaten abrumpiren werden,
dan die seint ihr nutrimentum und fomentum, sie seindt das haubt-
fundament ihrer waffen in Teu[t]schland, durch welches sie ie lenger, ie
mehr ihnen einen anhang im Reich Teutscher nation zuwege bringen und
erhalten, wa sie alle neutralitates, defectiones, armistitia, separationes,
rebelliones machiniren khinden undt de facto machiniren, alle coniunctio-
nes der stenden, alle heilsambe consilia, alle conventus in Teu[t]schlandt,
es sei uff reichs- oder creystagh, dissipiren, dissolviren undt zu nix
machen. Sie haben sich vilmehr zu besorgen, wan sie bey so friedtlieben-
dem vollstendigen Kayserlichen erbiethen dermahleins zum friedenschluß
nicht eylen thetten, das nicht allein viel ständte, sondern auch viel unter
ihrer Teütschen soldatesca entlichen von ihnen weichen und abtretten
möchten, zudem, so hatt man albereit in effectu disseits sich numehr so-
weit resolvirt, daß sie entweder nachgeben oder brechen oder zu eim trac-
tistitio khomben müssen, dan Euer Kayserliche Mayestät ihren gesand-
ten dreymahl anbefohlen , in tractatu weiter nicht fortzugehen, es sey
dan der § „Tandem omnes etc.“ nach Euer Kayserlicher Majestät inten-
tion wider an sein ortt geruckht und daselbst allerdings beliebt und ange-
nommen , es gehe auch darüber, wie es wolle, wangleich einige ruptur er-
folgen solte, welches auch verhoffentlich die Kayserlichen abgesandte
nach so vielen wiederholten scharffen und gemessenen befelchen werden
in obacht nemmen, wie sie dan allein auß dem, was ihnen vom 28. Martii
iüngsthin in puncto autonomiae anbefohlen worden , ohne zweifel schon
anlaß genommen, in der Marpurgischen sach was mehr an sich zu halten.
Geben nun die Schweden dißfals nach, so ist die ruptur schon verhüettet,
geben sie aber nicht nach, sondern wollen lieber brechen, so ist’s besser,
das es über dem ganzen instrument alß über diesem oder ienen punct
allein geschehe, so kombt dann darmit das odium nicht ganz auf Euer
Kayserliche Mayestät, sondern es müßens andere zugleich mittragen helf-
fen , sonderlich wan sie noch etwan die Pfälzische sach nicht underschrie-
ben hetten, und man wirdt dardurch verhüeten, daß sie mit dem puncto
satisfactionis militaris et separationis domus kein particulartractat wieder
Euer Kayserlicher Mayestätt anbinden.
298,20–299,1 Alß – gebrochen] In der Vorstufe steht (fol. 158’–159): Wie müße man auch
thuen, wan sie für sich selbsten etwan die tractaten ganz auffstoßen oder solche neue
postulata auff die ban bringen thuen, die weder Euer Keyßerliche Majestät noch das
Reich eingehen könte. Würde man nicht ebensowohl der gefahr, so aus der ruptur
iezo besorgt werden möchte und umb deren willen es etwa beßer scheinen könte, die
tractaten zue continuiren, unterworffen bleiben? Et quia rerum necessariarum nulla est
deliberatio, alß stellen die gehorsamiste rhäte das fundamentum ihres rhatschlags auff
dies principium, daß sie nicht sehen, wan entweder die Schweden oder Euer Keyßerli-
che Mayestät in obigen schweren puncten einander nicht weichen, wie in die lenge und
ferne die ruptur genzlich zu verhüten so gefehrlich sein, alß sie immer wolle, oder wan
kein theil darüber mit dem andern brechen will, so wirdt man beiderseits ein stillstand
in tractaten halten, darumb dan auch die rhäte diesen modum desto lieber an die hand
gegeben, auff daß Euer Keyßerliche Mayestät nicht könne beschuldiget werden, daß sie
erst gebrochen.
räthe daß fundamentum ihres rathschlags auf diß principium, das sie nicht
sehen, wan entweder die Schweeden oder Euer Kayserliche Majestätt in
obigen schweren puncten einander nicht weichen, wie in die lenge und
ferne die ruptura gänzlich zue verhütten, sie mag so gefehrlich sein, alß
sie immer wolle, oder wan kein theil darüber mit dem andern brechen
will, so wirdt man beiderseits ein stillstandt in tractaten halten, darumb
dan auch die räthe diesen modum desto lieber an die handt gegeben, auf
daß Euer Kayserliche Majestätt nicht könne beschuldiget werden, daß sie
erst gebrochen. Leichter ist nun zue glauben, daß die Schweeden entlich,
wan sie Euer Kayserlicher Majestätt auf ihrer resolution bestendig finden,
umb ihres selbsteigenen interess{es} willen ehender zum Schluß greiffen
alß mit aufstoßung der tractaten ursach geben werden, daß alles dasienige,
was ihnen in puncto satisfactionis, aequipollentiarum schon richtig und
gewiß gemacht, wiederruffen und in ungewissen standt des kriegs gelas-
sen werde, welches ebenmessig von den protestirenden wegen des grossen
vortheils, welchen sie in puncto amnistiae et gravaminum erlangt, zue
hoffen stehet.
Waß das andere bedenkhen anlangt, so erkennen die gehorsambiste räthe
alles, was die continuation des kriegs nach sich vor unkliekh ziehen kan.
Sie sehen aber, das man dessen nit überhoben kan bleiben, solang die cro-
nen nit wollen, da sie aber wollen, das sie auch sich mit dißem instru-
mento sich [!] contentieren und den krieg enden werden.
Endtlichen so wirdt auch billich gezweifelt, ob nit zuvor mit denen chur-
fürsten darüber deliberirt, tanquam de summa rerum.
gehorsambiste räthe derentwegen nicht wohl rathen, daß zum ersten ihr
guetachten drüber eingeholt werde, weil summum periculum in mora, in-
deme den Kayserlichen gesandten bereit befohlen, nit fortzufahren, es sey
dan der § „Tandem omnes“ verglichen, und diße ma〈ss〉ima bey den ge-
horsambisten räthen bleibt, daß es beßser sey, der tractat steckhe sich
umb daß gantze instrumentum alß wegen ietzgedachtes paragraphi allein.
2. Ist zue besorgen, daß wegen ungleichheit der räthe das consilium für
der zeit außkommen und demselben alsobaldt bey den tractaten von dem
gegentheil leichtlich ein rigel fürgeschoben werden möchten. 3. Im fahl
[ man ] erst darüber ihr guettachten einholen würd, so werden sie das
werkh weit höher app[r]ehendiren, als es an sich selbst ist, vermein[en],
es stekhen artificia undt [ der ] Spanischen dilationes dorunter, undt das
werkh Euer Majestät nur noch schwerer machen. 4. So können es die
churfürsten Euer Kayserlicher Majestätt ganz nicht für übel haben, weil
in dem hienaußgebenden proiecto nichts gesezt wirdt, was sie nicht zum
theil vorhero selbst gerathen und hernach durch die ihrige weiter selbst
behandelt oder angenommen haben, ja, das Euer Kayserliche Majestätt
auß verursachung einßtheils ihrer aigenen gesandten izo mehr bewilligen,
alß sie in anfang selbst begert, item weil sie allzeit darauf gedrungen, Euer
Kayserliche Majestätt sollen den schlueß maturiern und fürgriffen. Und
weil hierbey zue dißem medio fürnemblich wegen Euer Kayserlicher
Majestätt eigenen hausses interesse eingerathen wirdt, welches dan alle
churfürsten dem publico praeferiren, so ist ia billich, daß Euer Kayser-
liche Majestätt mehr ex propria domo als ex aliena ein consilium, was ihr
zue thuen, ergreiffen; wie dan zue mehrem glimpf nichtsdestoweniger
ihnen solches alßbaldt communicirt und zuegeschikht und dabey ihre
secundirung bestermassen gesucht werden kan, wie aber albereit gedacht
und dazue beygefügt concept verfast . 5. So wirdt man durch abermah-
liges fragen bey den churfürsten dasienige, waß man bereit von ihnen
Euer Majestät zum besten in handen hat und zum theil ein haubtfun-
dament vor Euer Majestät zu eluctirung auß denen ihro bevorstehenden
gefahren ist, in zweivel bringen und völlig verliern. Dan des churfürsten
von Maintz anbringen und rath, den er Euer Kayserlicher Majestät durch
ein aigene, enge et ultroneam legationem gethan und gegeben, ist dieser
(legatur des Schenckerns ubergebene proposition)
Vgl. [ Nr. 21 Anm. 1 ] .
sten von Bayren aber de dato Munchen den 29. Novembris anno 1647
ist folgender (legatur). Churcölln hat sich aber nit allein gegen Chur-
bayren
Fürstenberg erklert
Vgl. [ Nr. 18 Anm. 13 ] .
rathen, aber geschehen lassen werde, waß Euer Kayserliche Majestätt
sich endtlich daruber resolviren werden.
Leztlichen so werden die Kayserlichen gesandten auf ihrer entschuldi-
gung , warumb sie den punctum autonomiae in erblanden ad comitia et
alias verwiesen, schon eine mehrere erleütterung der Kayserlichen resolu-
tionen und befehlichen auß denen hernachgefolgten rescriptis vernom-
men haben, daß unnöttig, sie deshalben weitter zue beschaiden, iedoch
stehet alles zu Euer Kayserlicher Majestätt allergnedigsten gefallen. Ita
conclusum in consilio deputatorum 20. Aprilis [1]648.
Der Beschluß im Geheimen Rat lautet: Ihrer Kayserlichen majestät den
22. April anno 1648 im geheimen rath abgelesen und von deroselben ge-
schlossen worden, wie daß guetachten mit mehrerm in sich halt, iedoch
sollen die abgelesene schreiben an die Kayserlichen gesandten etwas mo-
derirt und, wa das wort „resolution“ stehet, „erklerung“ gesezt und in
dem an Churbayrn abgehenden schreiben
Beilage [ B zu Nr. 91. ]
motivo gesezt werden, daß man sehe, das die Schweden den tractat noch
wohl biß zum außgang der campagna verzögern werden wollen und aber
ihre churfürstliche durchlaucht ihrer majestät noch vor diesem zum vor-
griff gerathen, also hetten ihre majestät, diese, der Schweden, intention zu
verhindern und daß friedenswerck desto mehr zu befurdern, das instru-
mentum den Schweden gerathenermassen pro ultimata declaratione zue-
zustellen ein notturft erachtet. Wolten auch hoffen, ihr intention werde
umb soviel desto mehr ihren effect erreichen, weillen der punctus grava-
minum nunmehr verglichen und die protestirende, den dardurch erlang-
ten vortheil zu behaubten, in die Schweden desto mehr tringen, den
schluß lenger nit aufzuhalten.