Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
59. Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1648 April 2
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Osnabrück 1648 April 2
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 55a (1648 IV) fol. 1–1’, 20–21, PS fol. 22 = Druckvorlage –
Konzept: RK FrA Fasz. 92 XIV nr. 2015 fol. 602–603’, PS fol. 604
In KHA A 4 nr. 1628/24 unfol. ist lediglich eine gekürzte Fassung vorhanden, die knapp
die Hauptpunkte von [Nr. 59 ] erwähnt und auf das beiliegende Protokoll verweist (vgl. auch
[Nr. 32 Anm. 1] ). – Die Relation wurde am selben Tag nach Münster übersandt (vgl. Lam-
berg, Krane und Volmar an Nassau, Osnabrück 1648 IV 2; Ausf.: KHA A 4 nr. 1628/24
unfol.).
Drängen Langenbecks und Thumbshirns auf Vorziehung der Satisfaktion Hessen-Kassels;
ihre Forderung nach einem Junktim zwischen den Verhandlungen über die Amnestie in
den kaiserlichen Erblanden und der schwedischen Armeesatisfaktion; Vergleich über die
Höhe der Armeesatisfaktion Hessen-Kassels; Marburger Erbschaft. Ablehnung einer Ab-
handlung der Armeesatisfaktion erst nach Friedensschluß durch die schwedischen Gesandten.
Schwedische Befürwortung einer Trennung Spaniens vom Kaiser?
PS Satisfaktion Hessen-Kassels.
Verweis auf Nr. 54. Wiewoll wir nuhn hiedurch die sachen so weith ge-
bragt, daß, da unß sonst nit andere erhebliche bedencken fürgefallen
wehrn, wir zu ethwaß eventualabhandtlung angeregten § „Tandem omnes
etc.“ woll hetten glangen können, so geruhen iedoch Ewer Kayserlicher
Mayestätt auß beyliegendem protocollo, mit A bezeignet, allergnädigst
anzuhören, waß derentwegen erstens durch den Braunschweig Lünebur-
gischen abgesandten Dr. Langenbeck bey mir, Volmarn, sodan durch ihne
und die Sachßen Altenburgischen
Hier ist lediglich Thumbshirn gemeint (vgl. APW [III C 2/2, 1030 Z. 6 und 12).]
waß erheblichen ursachen endtlich für das beste und, itzigen lauffen nach,
Ewer Kayserlicher Mayestätt ahm fürträgligsten erachtet worden, vor
diesmahl die abhandtlung der Caßlischen forderungen vorgehen zu laßen,
den § „Tandem omnes etc.“ aber mit der satisfactione militiae biß zum
letzten außzustellen, sodan, waßgestalt wir die Caßlische sachen in erster
handtlung (darüber protocollum sub B mit mehrn nachrichtung gibt) also
geführt, daß die interessirte partheyen ohne einig unßer zumuthen sich
selbst so weith genährt, daß es wegen bezahlung dern von denen Caß-
lischen nuhmehr beliebten summa der 600 000 reichsthaler bereiths zum
vergleich kommen
Hessen-Kassel hatte einem Vergleich über 600 000 Rt. zugestimmt (vgl. Meiern V, 624 ;
APW [ III C 2/2, 1033 Z. 11–12)] . Kf. Ferdinand von Köln hatte sich mit der Summe eben-
falls einverstanden erklärt (vgl. Foerster, 348).
hetten die stände, ungeachtet die Churmayntzischen und Cöllnische de-
ßen anfangs bedencken getragen, sich entschloßen, ein beweglich schrei-
ben ahn herrn landtgraffen Geörgens fürstliche gnaden abgehen zu laßen
und zu ermahnen, daß sie durch ihrn nach Caßl abgeordtneten herrn
sohn und zugebne räth ein endtliche vergleichung mit der fraw landt-
gräffin daselbst treffen und sich auff hiesige tractaten nichts verlaßen
wolten, inhalts der beylag C, in nachfolg deßen wir auch ahn seine fürst-
liche gnaden laut der abschrifft D geschrieben.
Daß dan die handtlung wegen bezahlung des kriegsvolcks, biß nachdem
alle andere materiae pacificationis werden vergliechen sein, verschoben
werden soll, daß hat bey denen Schwedischen und protestirenden nuhn-
mehr den verstandt nit, daß Ewer Kayserlicher Mayestätt gnädigster in-
struction gemeß vorderist der frieden gäntzlich geschloßen und under-
schrieben, auch, man vergleiche sich super satisfactione militiae oder nit,
gehalten werden solle. Dan hierzu wöllen sich die Schweden nit verste-
hen, weiln sie besorgen, man mögte sie alßdan gar mit lehrer handt ab-
weisen wollen, sondern sie vermeinen, wan alle materiae instrumenti
unnd zumahlen auch der articulus de assecuratione et executione pacis
vergliechen und dem bißher practicirten stylo nach provisionaliter und
absonderlich underschrieben
So war es beispielsweise bei der Vereinbarung von 1648 III 8/18 über die Autonomie der
Mediatstände und Untertanen (vgl. später Art. V,30–41 IPO ← § 47 IPM), bei Art. X
IPO vom selben Tag betr. die Territorialsatisfaktion Schwedens, bei der Pfalzfrage von
1648 III 15/25 (datiert auf 1648 III 9/19; vgl. später Art. IV,2–19 IPO sowie §§ 10–27
IPM) und bei Art. XI IPO von 1648 III 15/25 (datiert auf 1648 III 9/19) betr. die Ent-
schädigung für Kurbg. gewesen.
tiae et § „Tandem etc.“ auch abgehandtlet, hierauff das völlige instrumen-
tum zusamengeschrieben, die stipulatio et formalis subscriptio aber
alßdan erst vollenzogen werden solle, wan zu Münster die sachen mit
den Frantzosen auch zu gäntzlicher richtigkeit werden gebragt sein, mit
welcher meinung bißnoch die protestirenden und guttentheils catholische
einig sein.
Wir sollen aber dabey Ewer Kayserlicher Mayestätt allerunderthenigst nit
verhalten, daß unß vorkombt, alß wölten die Schwedischen bey einschlie-
ßung der bundts- und kriegsverwandten in zweiffel ziehen, ob zu verstat-
ten seie, daß Ewer Kayserlicher Mayestätt der königlichen mayestätt in
Hispanien und dan des hertzogs in Lothringen fürstliche durchllaucht
meldung thuen sollen, welches sie sonder allen zweiffl im ersten articulo
des instrumenti, die constitutionem pacis betreffendt , auch auff die baan
bringen und also, denen Frantzosen zu gefallen, das disputat der separa-
tion von Spanien erregen werden. Da wir nit unzeittlich in sorgen stehen
müeßen, daß die stände, catholisch sowoll als Lutherisch, dem gegentheill
starcken beyfall geben mögten, würdt also ein notturfft sein, daß Ewer
Kayserlicher Mayestätt bey denen herrn principalen zeittliche fürbawung
thuen laßen.
PS Obwoll in unserm protocollo andeutung beschicht, daß die Sachßen
Aldenburg- und Braunschweigischen sich erbotten, unß noch gestern
abendts einen auffsatz wegen bezahlung der 600 000 reichsthaler einlief-
fern zu laßen, so ist doch solches noch biß zu außfertigung dies hinder-
blieben. Und haben ermelte abgesandten sich entschuldigt, daß sie heudt
den gantzen tag mit denen Schwedischen und Caßlischen darüber zu
negociern gehabt, es sölte aber dieser uffsatz solchergestalt außgearbeitet
werden, daß uff morgigen tag es allerdings darmit zu seiner richtigkeit
kommen würde. Betreffendt daßienig, so wir gestern abendts mit ihnen
vergliechen, darvon liegt ein abschrifft, littera E, hiebey.
Beilage A zu Nr. 59
Protokoll, Osnabrück 1648 III 30, 31, IV 1, 2. Kopie: RK FrA Fasz 55a (1648 IV) fol. 3–8’
– Druck: APW III C 2/2, 1030 Z. 3–1034 Z. 26
Das Protokoll wird dort noch weitergeführt (vgl. APW [III C 2/2, 1034 Z. 27–38).]
Langenbeck und Thumbshirn konferieren 1648 III 30 mit Volmar über die Amnestie in den
kaiserlichen Erblanden. Die beiden schlagen vor, entweder diesen Punkt mit der Militär-
satisfaktion an das Ende der Verhandlungen zu stellen und erst alle anderen Fragen, inklu-
sive Hessen-Kassel und Pfalz, zu erledigen oder aber die Amnestie in den kaiserlichen Erb-
landen vorzunehmen und hierin möglichst weit voranzukommen. Da Volmar dies nicht
alleine entscheiden will, gehen die drei zu Lamberg und Krane, die dann gemeinsam mit
Volmar detailliert Stellung zu diesen Vorschlägen nehmen.
1648 III 31 begeben sich die Kaiserlichen zu den schwedischen Gesandten und verhandeln
über die hessen-kasselische Satisfaktion.
Die kaiserlichen Bevollmächtigten bestellen 1648 IV 1 die Gesandten der Kurfürsten von
Mainz und Köln sowie des Stifts Fulda zu sich, um sich wiederum die Satisfaktion Hessen-
Kassels gemeinsam vorzunehmen. Nach dem Abgang der katholischen Gesandten suchen am
selben Tag die Sachsen-Altenburgs und Braunschweig-Lüneburgs erneut die Kaiserlichen auf
und verhandeln über diesen Punkt.
Beilage B zu Nr. 59
Protokoll, [Osnabrück] 1648 III 31. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 IV) fol. 10–15’ =
Druckvorlage; RK FrA Fasz. 92 XV ad nr. 2015
Bey herrn Oxenstirn proponimus, es würden sich die Schwedischen gesandten erinnern,
daß man bey der letzten conferentz super ordine tractandarum materiarum, vornemblich
aber uber dem § „Tandem omnes etc.“
Vgl. [Nr. 49 Anm. 4] .
ander geschieden
Zu dieser Konferenz vgl. Nr. [54 mit Beilage [1].]
Braunschweig Lüneburgischen bey mir, Volmarn, gewest und von einem expedient, daß
nemblich selbiger paragraphus biß zu abhandtlung des puncti satisfactionis militiae auß-
gestelt und in suspenso glaßen werden mögte, einen vorschlag gethan, warüber wir unß
miteinander beredet und endtlich dahin vergliechen, daß wir’s unßerstheills auch gesche-
hen laßen könten, daß selbige materia biß dahin außgestelt bleiben möge
Zu dieser Konferenz vgl. [Beilage A.]
zu der Schwedischen gesandten belieben, ob ethwo die Heßen Caßlische sach ahn handt
zu nehmen.
Illi: Wehren von den Sachßen Aldenburgischen und Braunschweig Lüneburgischen infor-
mirt worden, waß für ein expedient wegen außstellung des § „Tandem omnes etc.“ ergrief-
fen. Ließen es ihrestheills dahingestelt sein. Wehre ihnen auch lieb, daß die Heßen Caßlische
sach möge ahn handt genohmen werden. Begehrten also, von unß zu vernehmen, weilen wir
bey der letzten conferentz soviel zu verstehen geben, daß die Heßen Caßlische sach noch
auff miltere terminos zu bringen, waß dan darbey endtlich unßerere erclehrung seie.
Nos: Wir hetten ihnen unßere erclehrung in schriften zugestelt
Vgl [Nr. 54 Anm. 14] .
wißen, ob sie darmit zufrieden oder waß sie darbey noch desiderirn thetten. Illi: Sie setzten
bey dieser sach das fundament auff dasienig, waß zu Münster mit ihr exzellentz, herrn graf-
fen von Trautmanstorff, vergliechen gewest
Bezug auf Art. XIV KEIPO4A (Text: Meiern IV, 586 f; vgl. später Art. XV,1–15 IPO
sowie §§ 48–60) betr. Satisfaktion Hessen-Kassels.
gliechene und abgehandtlete sach praesupponirn und alßdan ferners wegen der ubrigen, bey
diesen punct noch differenten sachen handtlung pflegen. Nos: Wir könten unß auff ein
solches fundament nit weisen laßen, seie nichts vergliechen, weilen die Heßen Caßlische
daßienig, waß ihnen offerirt worden, nit angenohmen
Die ksl. hatten den schwed. Ges. 1647 VII 4 einen weiteren Textvorschlag zur hessischen
Satisfaktion und zur Marburger Erbfolge übergeben (Text: Meiern IV, 461 f – APW II A
6 Beilage C zu Nr. 174). Dieser stieß ebenfalls auf Ablehnung der hessen-kasselischen Ges.
(vgl. ebenda Beilage 3 zu Nr. 177; s. auch deren Gegenerklärung in Meiern IV, 462 f).
Illi: Man wolle den auffsatz, so ex parte Cassellanorum ubergeben
Bezug auf den 1648 III 24 den Ksl. übergebenen Textvorschlag der schwed. Ges. zur
Satisfaktion Hessen-Kassels ( [Beilage A zu Nr. 49] ; vgl. später Art. XV IPO sowie §§ 48–
60 IPM).
differentias examinirn. Es komme erstlich die amnistia für, so die Heßen Caßlische biß auff
die zeitt der Bohemischen unruhe wolten zurückgesetzt haben, warin sie dan auch nit zu
verdencken. Suchten nur ihre sicherheit, wehrn in den verdacht gerathen, ob hetten sie sich
hiebevorn bey der union
sie nit propter antecedentia bella in unglegenheit gerathen. 2. Bitten umb insertion der
wortter „tam neutralium quam belligerantium“
Bezug auf § „Primo, illustrissima“ des den Ksl. 1648 III 24 übergebenen Textvorschlags
der schwed. Ges. zur Satisfaktion Hessen-Kassels (Text: Meiern V, 613 – [Beilage A zu Nr. 49] ; vgl. später Art. XV,1 IPO = § 48 IPM) betr. Amnestiegebot und (nach Art. VII IPO
← § 47 IPM) Geltung des Reichsreligionsrechts für Hessen-Kassel.
die amnistia nur wieder die kriegende partheie gelte, von den neutralisten, alß sich der herr
landtgraff zu Darmbstatt außgebe
Der hessen-kasselische Generalleutnant Geyso hatte im Herbst 1645 überraschend hessen-
darmstädtisches Territorium besetzt. Hessen-Darmstadt hatte politische sowie militärische
Neutralität für sich beansprucht, und Schweden hatte Hessen-Darmstadt 1646 I noch für
neutral erklärt (vgl. Frohnweiler, 6; Beck, Neutralitätspolitik, 165; Bettenhäuser,
65f).
landtgräffin keine besondere amnistia accordirn, chur- und fürsten, ia die cronen selbst
ließen sich mit der amnistia, wie sie in artikel 2 et 3
die landtgräffin auch damit zufrieden sein, zumahl auch andere stände, so bey der union
interessirt gewest, keine andere amnistiam verlangen thetten. Es würde solchergestalt ein
ieder privatofficir ihme wollen eine besondere amnistiam capitulirt haben und damit die
gantze handtlung in amnistia wieder wollen ubern hauffn geworffen werden, welches wir
nit zugeben könten. Die landtgräffin seie mit der generall amnistia gnugsamb verwahret,
dan entweder befahre sie sich, daß sie de facto darwieder soll angefochten werden oder de
iure. Solte es de facto beschehen, hette sie die assistentz von Kayserlicher mayestätt und den
cronen; solte es de iure beschehen, so müste die sach bey Kayserlichem hoffe oder Speyri-
schen cammergericht angebragt werden. Ahn beyden orttern werde sie gnugsamb versichert
sein, daß keine processus wieder sie werden erkendt werden. Waß das wortt „neutral“ ahn-
langt, solches seie beyzurücken unnottig, weilen andere, die dergleichen zu befahrn hetten,
solches nit beyzurücken begehrn thetten, sondern sich mit der generall amnistia gnugsamb
verwahrt hielten. Zudeme seie selbiger terminus nirgendt im gantzen instrumento zu befin-
den, noch auch ein casus zu ersinnen, da die neutralitas nit mit under der amnistia begriffn
würde, also eine vergebliche vorsorg. Illi: Weilen man die einrückung difficultirn thette, so
müße waß anders darunder verborgen sein. Nos: Wir hetten fundament, es zu difficultirn,
und könne das argument wieder sie verenden werden, weilen sie die einrückung ohne fun-
dament urgirten, daß sie darunder waß anderes suchen thuen.
Processum ad 2. paragraphum wegen Hierschfeldt, alwo die Heßen des stifts Gehlingen in
specie wollen gedacht haben
Bezug auf § „Secundo, domus“ des den Ksl. 1648 III 24 übergebenen Textvorschlags der
schwed. Ges. zur Satisfaktion Hessen-Kassels (Text: Meiern V, 614 zweiter Abs. – Beilage
[A zu Nr. 49] ; vgl. später Art XV,2 IPO = § 49 IPM) betr. Überlassung der gefürsteten
ehemaligen Reichsabtei Hersfeld (mitsamt der Propstei Göllingen) als Reichslehen. – Die
Propstei Göllingen, in Thüringen zwischen Sondershausen und (Bad) Frankenhausen an
der Wipper gelegen, betrachtete Hessen-Kassel aufgrund mittelalterlicher Lehensbezie-
hungen als zur Abtei Hersfeld gehörig (vgl. Bettenhäuser, 90).
daß sie sich eben selbigen rechtens, dessen sich die landtgräffin zu occupirung der abbtey
Hirschfeldt gebrauche, die fürsten zu Sachßen Weymar
Hg. Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar. – Hg. Ernst I. von Sachsen-Gotha (1601–1675),
gen. der Fromme; 1640 Hg. ( DBA I 291, 94–95; II 337, 304–333; III 221, 121–126;
Stammtafeln NF I.1 T. 158; Stievermann). – Das Hgt. Sachsen-Weimar war 1641 in
die Teile Sachsen-Weimar, -Gotha und -Eisenach zerfallen. Mit dem Tod ihres Bruders
Hg. Albrecht von Sachsen-Eisenach (1599–1644; 1640 Hg.) fiel dessen Territorium an die
beiden gen. Hg.e (vgl. Bromme, 5ff; Stievermann, 11ff).
Gehlingen gebrauchen könten, weilen dieselbe in ihm territorio gelegen. Selbige fürsten be-
schwehrten sich, daß sie allerörtter von den geistlichen stiftungen außgeschloßen seien und,
da fast ein ieder von denen protestierenden ge[i]stliche stiftungen ahn sich züge, sie außer
dieser einigen probstey nichts zu gewahrten hetten. Lauffe wieder den abgehandtleten
punctum gravaminum und dispositionem iuris territorialis, darumb bitten, ihnen selbe prob-
stey zu laßen. Doch wan die Heßen Caßlische ie nit weichen wölten, müßten wir mit den
Sachßen Weymarischen ferners darauß reden, gelte unß in ubrigen gleich, wer die probstey
bekomme, weilen sie die catholischen nit erhalten konnen.
Bey dem paragrapho 3, die Marpurgische successionsach betreffend
Bezug auf § „Tertio, controversia“ des den Ksl. 1648 III 24 übergebenen Textvorschlags
der schwed. Ges. zur Satisfaktion Hessen-Kassels (Text: Meiern V, 614 dritter Abs. – Bei-
lage [A zu Nr. 49;] vgl. später Art XV,13 IPO = § 58 IPM).
dischen praecise auff der Heßen Caßlischen proiect bestehen. Seie also von ihr exzellentz
herrn graffn von Trautmanstorff beliebt worden, und wan es darbey nit verbleiben sölte,
seie alle fernere handtlung umbsonst. Nos: Könten es nit gestendig sein, daß ihr exzellentz
herr graff von Trautmanstorff iemahls in selbiges proiect verwilligt. Es kommen newe
postulata darin für, so domahls, wie ihr exzellentz herr graff von Trautmanstorff hier ge-
west, niemahlen sein angebragt worden, alß under andern, waß von dem pacto, so mit graf-
fen Philipsen von der Lippe
dem getrückten auffsatz bleiben ; selbiger seie von herrn graffn von Trautmanstorff beliebt
worden, dieser newer auffsatz aber nit. Illi: Könten von diesem letzten auffsatz nit weichen.
Nos: Schlagen einen andern vorschlag für, daß die sach zue außtrag für unpartheysche com-
promissarios, so alhie in loco wiederzusetzen, zu verweisen, mit der bedingnuß, waß selbige
compromissarii darin erkennen würden, daß es dabey ohne einige fernere opposition sein
verbleiben haben sölte. Illi: Neutrum fiet, wie die formalia gelautet. Gereiche auch zu
praeiuditz der Kayserlichen iurisdiction, daß ein ander in der sach erkennen sölte, warin
zuvor Kayserliche majestätt erkent hetten. Nos: Es geschehe solches ex consensu partium,
welches Kayserliche mayestätt woll könten geschehen laßen. Die fraw landtgräffin habe
solches mittl außzuschlagen keine ursach. Hette sich bißhero beclagt, gleichsamb ihro bey
Kayserlichem hoffe unrecht geschehen; würde sich alßdan zeigen, ob ihr ungleich geschehen
seie oder nit, und solchesfalls eine unpartheysche iustizi zu gewahrten haben. Wofehrn sie
aber auch solches mittl außschlagen werde, so seie es ein anzeig, daß sie ihro sach nit trawe
und die bißhero gefuhrte klag wieder den Kayserlichen hoff nit fundirt seie, sondern daß das
gantze absehen dahin gerichtet, wie man, waß mit recht nit zu erlangen, mit gewaldt der
waffen durchtringen möge. Illi: Sie vermerckten, es seie mit der sach nit vortzukommen.
Man solte zu den ubrigen paragraphen vortschreitten.
Legitur § „Praeterea confirmabit Imperator confraternitates etc.“
Bezug auf Art. XIV § „Praeterea confirmabit“ KEIPO4A (Text: Meiern IV, 587 sechster
Abs.) betr. hessische Hausangelegenheiten.
waß alhie dreyerley confirmationes gesucht werden: 1. Pactorum mutuae successionis
under den chur- und furstlichen haußern Sachßen, Brandenburg und Heßen, selbigs seie
zu confirmirn verwilligt worden
1373 hatten Hessen und (Kur-)Sachsen einen Erbverbrüderungsvertrag geschlossen, dem
1457 auch Kurbg. beigetreten war. Im Gegensatz zu dem Vertrag zwischen Hessen und
Kursachsen wurde die Erbvereinigung zwischen Hessen, Kursachsen und Kurbg. von ksl.
Seite nie bestätigt. Die letzte Erneuerung des Vertragswerks hatte 1614 stattgefunden
(Text: Londorp I, 153–160; zur Sache vgl. Löning, 12–59; Bettenhäuser, 98). – Zur
Forderung Hessen-Kassels vgl. § „Quarto, pacta“ des den Ksl. 1648 III 24 übergebenen
Textvorschlags der schwed. Ges. zur Satisfaktion Hessen-Kassels (Text: Meiern V, 614
vierter Abs. – [Beilage A zu Nr. 49] ) betr. hessische Hausangelegenheiten.
allein angehe, seie man auch zu confirmirn erbietig
Das Erstgeburtsrecht war der Linie Hessen-Darmstadt bereits von Ks. Rudolf II. zuge-
sprochen und 1626 von Ks. Ferdinand II. bestätigt worden. Dieser hatte 1628 Lgf. Wil-
helm V. von Hessen-Kassel lediglich das auf seine Person beschränkte Recht der Primoge-
nitur verliehen (vgl. Rommel IV, 770; Bettenhäuser, 99 Anm. 330, 101). – Zur Forde-
rung Hessen-Kassels vgl. § „Quarto, pacta“ (s. Anm. 34).
confirmirt werden, weilen Chursachßen und andere fürsten darbey interessirt
Lgf.in Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel (geb. von Hanau-Münzenberg) hatte im Ha-
nauer Erbvertrag von 1643 für den Fall des Aussterbens der Linie Hanau-Lichtenberg im
Mannesstamm die Abtretung des münzenbergischen Besitzes an Hessen-Kassel erreicht.
Kursachsen, Kurmainz, Fulda, Bamberg und Würzburg waren als Lehensherren der Gft.
von dieser Frage betroffen (vgl. Bettenhäuser, 98ff). – Zur Forderung Hessen-Kassels
vgl. § „Quarto, pacta“ (s. Anm. 34).
müße auch das pactum successorium in ipsa domo Hassiaca
firmirt werden. Nos: Sein beyde bey unß pacta ignota, hetten auch soviel nachrichtung, daß
das pactum successorium niehmahlen zu seiner perfection kommen, sondern in anno 1627
darvon per aliud pactum abgewichen
müße gebragt und die confirmatio darüber praevia causae cognitione citatis citandis ertheilt
werden, gehöre nit hiehero. Illi: Die sambtliche graffn in der Wetteraw
Dies waren die Gf.en von Sayn, Sayn-Wittgenstein, Solms-Braunfels, Solms-Lich und
-Laubach, Hanau-Lichtenberg, Ysenburg, Nassau-Katzenelnbogen, -Saarbrücken, Stol-
berg-Königstein, Waldeck, Hatzfeld, Holzappel, Wied und Leiningen-Westerburg, die
seit dem Ende des 15. Jh. durch den immer wieder erneuerten Wetterauer Grafenverein
verbunden waren, der in der zweiten Hälfte des 16. Jh.s zu einer korporativen Institution
geworden war (vgl. Wolff, Grafen, 337–341; Schmidt, 504–586).
das pactum Hannowicum pro confirmatione, prout eorundem memoriale fuit lectum .
Nos: Sein emendicata suffragia sine sufficiente informatione elicita, gehe die Wetterawische
graffen nit ahn; se[i]n tertii hiebey, und eben darumb seie die sach ad Caesarem zu ver-
weisen, weilen sich mehr interessenten ahnmelden. Illi: Quid ratione privilegii oder veniae
aetatis
Ks. Ferdinand II. (1578–1637; 1619 Ks.) hatte 1625 das bis dahin nur den Kf.en zuste-
hende Privileg (Text: Rommel II, 289–293) an Hessen-Darmstadt verliehen, die künfti-
gen Regenten bereits mit Vollendung des 18. Lebensjahrs für volljährig zu erklären und
somit eine Übernahme der Regierungsgeschäfte zu ermöglichen (vgl. Puppel, 122). Hes-
sen-Kassel forderte dieses Privileg ebenfalls für sich ein (vgl. Bettenhäuser, 99).
nur darumb würde ahnmelden. Davon waß ins instrumentum pacis zu bringen seie unnöt-
tig, auch nit res perpetua, sed transiens.
Illi: Quid de pacto Waldecensi
Waldeck, seit dem 15. Jh. bestanden hessische Lehensrechte an der Gft., und Hessen-Kassel
hatten 1632 bzw. 1635 einen Vergleich geschlossen, in dem Lgf. Wilhelm V. von Hessen-
Kassel Waldeck als reichsunmittelbare Gft. anerkannt und auf bestimmte lehensherrliche
Rechte verzichtet hatte. Im Gegenzug hatte Waldeck von einer ihm 1630 in einem RHR -
Urteil zugesprochenen Entschädigungszahlung durch Hessen-Kassel abgesehen und Hes-
sen-Kassel als zusätzlichen Lehensherrn anerkannt. Lgf. Georg II. von Hessen-Darmstadt
hatte eine Miteinbeziehung seiner Linie in den Vertrag abgelehnt (vgl. Demandt, 529;
Bettenhäuser, 98f; Menk, 160f, 166–169, 171–174; Schmidt, 543f, 554).
mit den vier Schaumburgischen ämbtern
Bezug auf § „Sexto, iura“ des den Ksl. 1648 III 24 übergebenen Textvorschlags der
schwed. Ges. zur Satisfaktion Hessen-Kassels (Text: Meiern V, 615 erster Abs. – Beilage
[A zu Nr. 49] ; vgl. später Art. XV,3 IPO = § 50 IPM) betr. Überlassung des vom Hst.
Minden lehnsabhängigen Teils der Gft. Schaumburg (Ämter Schaumburg, Bückeburg,
Sachsenhagen und Stadthagen).
Waß von den sechs mahl hunderttausendt thaler ? Nos: Sollen auch verwilligt sein, doch
sub conditione, daß die zahlung auß den quartiern, so die Heßen innenhaben, zu nehmen.
Illi: Die Heßen wolten 800 000 thaler haben und die zahlung von Churmayntz, Cöllen und
Fulda, weilen sie dieselbe für ihre feindte hielten
Bezug auf § „Septimo, conventum“ des den Ksl. 1648 III 24 übergebenen Textvorschlags
der schwed. Ges. zur Satisfaktion Hessen-Kassels (Text: Meiern V, 615 zweiter Abs. –
[Beilage A zu Nr. 49] ; vgl. später Art. XV,4 IPO = § 51 IPM) betr. finanzielle Gegen-
leistung für die Aufgabe besetzter Orte und Schadensersatz für die Lgf.in von Hessen-
Kassel von seiten Kurkölns und Kurmainz’ sowie der Hst.e Münster und Paderborn und
des Stifts Fulda in Höhe von 800 000 Rt.
zu underhaltung ihrer soldatesca contribuirten
Gemeint sind Kurbg., Pfalz-Neuburg, Ostfriesland sowie die Wetterauer Gf.en (vgl.
Meiern V, 625 ).
laßen. Nos: Stehe in der Heßen belieben, die ubrige mit nachlaßung ihrer quotae solcher-
gestalt zu befreyen, daß es in abschlag der gantzen summa komme, aber die vollige summa
von den dreyen geistlichen chur- und fürsten allein zu begehrn und die ubrige stände in
praeiudicium und zu beschwehrung selbiger geistlicher zu eximirn, seie die hohiste unbil-
lichkeit und stehe in der Heßen macht nit. Die hetten nur dahin zue sehen, daß sie die gelder
bekommen, von weme sie erlegt würden, ginge die Heßen nit ahn. Illi insistunt primis prin-
cipiis.
Fit communicatio cum interessatis catholicis, Churmayntzischen, Collnischen und Fül-
dischen, wie auch den Heßen Darmbstattischen, hingegen commmunicirn die Schweden
mit den Heßen Caßlischen. Die Churmayntzische, Cöllnische und Füldische bleiben bey
ihro erclehrung, daß sich in die zahlung allein nit könten ziehen laßen, sondern die außt-
heilung auff die quartier zu machen, et petunt, daß man im geringsten hierin nicht nach-
geben wölte
Zur Haltung der Ges. Kurkölns, Kurmainz’ und Fuldas vgl. Meiern V, 632 f.
fursten und herrn schreiben empfangen, warin nochmahlen die alternativa, daß auffn fall,
man bey dem gedrückte proiect nit bleiben wolte, alßdan die sach auff eine kurtze außtrag
außzustellen seie, iedoch wofern auch mit solchn erbieten nit vortzukommen, so wolten es
ihr fürstliche gnaden endtlich geschehen laßen, daß die streittige gütter, auch alle zoll im
landt, halben in zwey theill gleich abgetheilt und ein theill den Heßen Caßlischen, der ander
Darmbstatt gelaßen werde, wabey sie doch bey demienigen theill, so Heßen Caßel zufallen
mogte, die religion wölten außgenohmen haben. In confirmationem pacti Waldeccensis et
Hannovici könten sie nit willign. Daß die primogenitura in sola linea Cassellana confirmirt
werde, konten sie woll geschehen laßen. Die erbpacta
confirmirn seie eine contrarietet, weilen die erbpacta priomogenituram außschließen. Sel-
bige erbpacta sein auch nit ad observantiam kommen.
Sueci referunt, daß sie die Heßen Caßlische zu nichts disponirn könten, weilen sie strictis-
simum mandatum hetten, von ihrn proiecto nit zu weichen. Nos referimus catholicorum et
Darmbstadinorum declarationem und bitten, die Schweden und Heßen Caßlische wolten
den sachen waß mehr nachdencken. Nehmen damit unßern abschiedt.
Beilage D zu Nr. 59
Lamberg, Krane und Volmar an Lgf. Georg II. von Hessen-Darmstadt, Osnabrück 1648 IV
2. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 IV) fol. 18–18’ = Druckvorlage – Konzept: RK FrA Fasz
92 XIV nr. 2016 fol. 608.
Ewer Fürstliche Gnaden würdet sonder zweiffel von dero hiesigen abgesandten umbständ-
licher bericht erfolgen, wie hoch wir unnß yederzeit haben angelegen sein laßen, daß nach
inhalt der Römischen Kayserlichen mayestätt, unsereeß allergnädigsten hernß, an unß ab-
gangenen unterschiedlichen befelchen E〈w〉er Fürstlichen Gnaden befugsamb wieder dero
gegenpart, die fraw landgräffin zu Hessen Cassel, behaupt werden möchte
auch nichts lieberß sein, dan daß wir in solchen unsern fürsatz noch ferner ohne höchste
schädliche verzögerung des friedenß verharren könten.
Sintemahln aber die Cassellschen ministri auff ihren gefassten meinungen gänzlich verhar-
ren, auch von einigem außträglichen mittell nichts höhren, sondern untern schirmb unnd
beystand der außwertigen cronen alles durchtringen wollen, daher auch erfolgt, daß die
reichsstände von beede religionen auß begierde, zu ehisten friedenßschluß zu gelangen,
selbst hand anlegen unnd sich ihrer mittständen interesse nit auffhalten lassen wollen, aller-
massen auß deroselben mitgehenden sendschreiben zu vernemben stehet, allso mögen
E〈w〉er Fürstliche Gnaden selbst gnädig erwegen, dz bey sogestallten dingen unsere oppo-
sitiones wenig helfen werden, sondern dz wir endlich müssten geschehen lassen, waß wir nit
erhaben könten.
So wir deroselben zur nachricht und dem end unterthänig anzudeuten nothig erachtet, auff
dz sie desto eyfferigen sich angelegen sein lassen, durch ihren unsers vernemmenß nach
Cassell verschickten eltern hern sohn und deme zugegebene räthe alle eußeriste muglich-
keit anzuwenden, damit ein endlicher vergleich alldort getroffen unnd keine hoffnung auff
diese tractaten gemacht werde.