Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
52. Ferdinand III. an Lamberg, Krane und Volmar Prag 1648 März 28
Prag 1648 März 28
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 92 XV nr. 2027 fol. 37–38’, [praes. 1648 IV 8] = Druckvorlage –
Konzept: RK FrA Fasz. 55c (1648 I-III) fol. 200–200’, 202–204.
Gutachten deputierter Räte (Kurz, Oettingen, Carretto, Gebhardt, Söldner, Walderode),
Prag 1648 III 27. Reinkonzept: RK FrA Fasz. 55c (1648 I–III) fol. 207–212. Beschluß im
Geheimen Rat (Lobkowitz
Prücklmaier, Gebhardt, Oettingen. Söldner)
207.
Tadel wegen Zulassung des Interzessionsrechts für Reichsstände Augsburgischer Konfession
zugunsten ihrer Glaubensgenossen in den kaiserlichen Erblanden; Kritik an mangelnder Ab-
stimmung mit kurbayerischen und kurmainzischen Gesandten; ausdrücklicher Verweis auf
die Weisung von 1648 II 15.
Rezepisse auf Nr. 37. Nun müessen wir auß dieser ewerer relation abnem-
men , daß ihr auß ewerer habenden instruction und sonderlich der vom
funffzehenden Februarii negsthin
Vgl. [ Nr. 7. ]
dahin weist, das ihr entlichen, wan ia die andern stände in das getrukhte
proiect nit consentieren wolten, ihr [!] mit rath Churmainz und Bayern
liebden ein soliches consentiern sollet, so zumahlen den verstandt nit hat,
daß, wan auch Churmainz und Bayern ein weitters alß das getruckhte
instrumentum in sich halt, eüch einrathen, ihr ein solliches einzuwilligen
het.
Hingegen finden wir in eüerm proiect
Bezug auf den korrigierten Textvorschlag der ksl. Ges. zur Autonomie in den ksl. Erblan-
den von 1648 III 16 ( [ Beilage D zu Nr. 37 ] ; vgl. später Art. V,38–41 IPO ← § 47 IPM).
3–4 das in formalibus und materialibus viel geendert] Im Gutachten sind diese Änderungen
spezifiziert (fol. 209’–211): Zum andern, so ist die autonomia wegen Schlesien und Under
Österreich außer aller Euer Kayserlicher Majestät instruction und obgedachten an sie ab-
gangenen befelchs de 15. Februarii merckhlich verendert, indeme nicht allein die verba
restrictiva „in libero Augustanae confessionis exercitio, iuxta gratiam Caesaream anno
1635 Silesiae ducibus et civitati Vratislaviensi concessam“ [ Meiern IV, 572 zweiter Abs. ],
so allein die religion angehet, außgelassen, sondern auch dagegen von dem Kayserlichen
abgesandten dise höchstpraeiudicierliche wortt „in libero suorum ante bellum obtento-
rum iurium et privilegiorum necnon Augustanae confessionis exercitio ex gratia Caesarea
et regia ipsis concesso“ [ Beilage D zu Nr. 37 ] mit diser mündtlichen erl〈eit〉erung, dz
hierdurch alles ad originalem seu primaevam concessionem iurium et privilegiorum Sile-
siae reduciert und von dem Pragerischen frieden, davon die Schweeden kein vestigium in
gegenwertigen tractaten leiden wollen, abstrahiert würde, bewilligt undt nachgegeben
worden. Dan hierdurch in effectu die maiestettbrieff [ Bezug auf den eigentlichen Maje-
stätsbrief Kaiser Rudolfs II. von 1609 VIII 20 für Schlesien, der den dortigen Anhängern
Augsburgischer Konfession, jedoch nicht den Reformierten, die freie Religionsausübung
garantiert hatte, und auf ein weiteres Schriftstück selben Datums mit dieser Bezeichnung,
das die Besetzung des Amts eines schlesischen Oberlandeshauptmanns und des Bischofs-
stuhls von Breslau geregelt hatte (vgl. Konrads , 27–35; Eickels , 77–85) ] sambt andern
privilegien gedachter lande, sowohl den statum politicum alß ecclesiasticum betreffendt,
confi〈rm〉iert und alle dagegen seithero mit dem oberambt [ seit etwa 1630 war das schle-
sische Oberamt, die oberste Verwaltungs- und Justizbehörde für Schlesien, allein auf den
böhm. Kg. verpflichtet (vgl. Hübner , 81–83) ] und andern sachen fürgenommene mutatio-
nes aufgehebt und wider abgethan werden, dahero es nicht umb blosse wort, sondern
umb die iura maiestatis selbst zu thuen, wohin die Schweeden dise wortt ziehen kinden
und werden, zu geschweigen, daß vors dritte neben außlassung der wortt „principi abso-
luto ac libero“ [ Meiern IV, 572 zweiter Abs. ] bey Euer Kayserlicher Majestät provinciis
auch dz wortt „haereditariis“ außgelassen und also denen Schweedischen der eingang und
die thür zu dem iüngsthin schon angedeüten disputat de iure successio〈n〉is domus Au-
striacae in hisce regnis et provinciis eröffnet wirdt, ob auch schon in puncto amnistiae dz
wortt „haereditariis“ einmahl gebraucht wirdt [ ebenda , 956 letzter Abs. ] nachdem es
gleichwol dißorts nachgegeben, so wirdt man’s doch auch nit leidn undt, wan die Kayser-
lichen abgesandten sich allezeit sowohl von denen catholischen alß protestirenden durch
die eingeiagte forcht, als wan sie sich sönst untereinander selbst vergleichen oder die
Schweden die tractaten gar aufstosßen oder in andern puncten angedeütermassen schwe-
rer machen möchten, schreckhen lassen wollen, so ist zu besorgen, das sie noch größere
fähler begehen und sachen einbewilligen und nachgeben werden, die Euer Kayserlicher
Majestät hernacher viel zu schwer zu approbiren fallen möchten.
in formalibus und materialibus viel geendert, etliche essentialwort
herauß-, noch andere hieneingeruckht, sonderlich aber entlich nit allein
alles auf ein reichstag remittiert, sondern disem darzue noch das wortt
„et alias“
Bezug auf § „ Et cum“ des Textvorschlags der ksl. Ges. zur Autonomie der Mediatstände
und Untertanen von 1648 III 13 ( [ Beilage B zu Nr. 37 ] ; vgl. später Art. V,41 IPO ← § 47
IPM) betr. Vorbehalt künftiger Fürsprache Schwedens und prot. Reichsstände zugunsten
ihrer Glaubensgenossen in den ksl. Erblanden. – Zur Einräumung des Interzessionsrechts
prot. Reichsstände für Glaubensgenossen in den ksl. Erblanden vgl. auch Nr.n [ 34 ] und [ 37 ] ;
Ruppert , 335f.
einen reichstag, ia sogar noch auf wehrenden tractat ziehen kan lassen.
Ob ihr also schon billich appraehendiert die gefahr der Separation der
stände, so hettet ihr eüch dißortts umb so viel weniger zu dergleichen so
leicht bewegen zu lassen ursach gehabt, weil Churmainz und Bayern, wie
eüch auß dem von ihr liebden unnß zukommen und eüch under dato
sechsten Decembris anno 1647 communicirten schreiben gnuegsamb
wissent, gegen unnß sich mit handt und sigel erklärt, das sie unnß, wan
wir anderst das getruckhte instrument ratificieren, darbey manutenieren
wollen, dessen die Churmainzische und Bayrische wenigst zuvor noch
hetten künnen und sollen erinnert werden.
Ihr habt also in das künfftig pro extrema resolutione und bevorab iezo
auch in den folgenden puncto amnistiae zu halten, waß wir unnß unter
dem funffzehenden Februarii iüngsthin erklart. Und wan ihr einmahl zu
dem extremo in ewerer instruction eüch erklärt, es darbey allerdings und
constanter bewenden lassen, gestaltsamb wir ein für allemahl bestendig
resolviert sein und bleiben, man mag an unnß vel interveniendo vel inter-
cedendo über kurz oder lang wegen unserer erblandt weiter kommen, daß
wir ein mehrers, alß was wir unß in puncto autonomiae in unsern erblan-
den erklärt, weiter nit eingehen, vil ehender darüber leiden wollen, waß
der Allmächtige nach seinem Göttlichen willen über unnß schikhen
wirdt.
Seindt im übrigen des weitteren und entlichen verlauffs, wie weit sich die
Schweedische bey dem puncto autonomiae, soviel unnsere erblandt be-
trifft , bequembt, bey heüttiger ordinari noch gewerttig und wollen eüch
alßdan darüber weitter bescheiden.