Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 X 17
1646 X 17
Mittwoch W an Chigi: Mitteilung seiner gestrigen
Rück-
kehr . Chigi: Inzwischen nichts Wichtiges vorgefallen; wegen des Waf-
fenstillstandes sollen morgen Marcilly und Rosenberg
an die Armeen ab-
gehen . Er halte ihnen diß so wenig ernst alß mer anderß, so vorhin sich
laßen angehen, gleich er dan auch sonst nit dafur halt, daß yemandts, so
guter intention, Ihrer Maiestet und Churbayern ieziger zeit den stillstand
zu bewilligen, da alle kriegßschwall mitten im herzen ihrer quartier und
landen, werde rathen konnen oder wollen. [...]
Haslang bei W. Oxenstierna macht Schwierigkeiten wegen des Kurtitels,
der um Vermittlung bemühte Altenburger hat noch keine klare Resolution
erhalten können. So besorge er, daß der Dr. Krebs der Schweden unange-
sprochen wiederumb werde zuruckkommen. Longueville hat bei ihm ver-
mainen wollen, warumb man im reich autonomiam absque publico exerci-
tio , wie in Franckreich geschehe, nicht zu verwaigeren. Er von Haßlang
habe darauff replicirt, es seye in Teutschland leider insoweitt nicht verpot-
ten , allein seye kein herr schuldig, in seinem land andere religionisten zu
dulden, wobey der Servient vermeldet habe, daß das ius emigrandi nicht
bey den herrn, sondern den subditis stehe. Deme er von Haßlang contradi-
cirt hette, mit anfuhren, wieviel schaden die autonomia ein und anderm
herrn in seinem land hette zugefugt, ia habe darauß die Boheimbische un-
ruhe ihren anfang genommen, und hab Franckreich selbst erfahren, was die
Hugenotten fur ungelegenheit in selbigem konigreich angerichtet. In
Teutschland seye gegen Franckreich der underschiedt, daß der konig wieder
die uncatholische mit gewalt procedire, der Kayser aber muste im reich
yedem stand seine freyheit laßen. Der duc de Longevill wolte dieses nach-
maln pro meliori compositione gravaminum achten, deme gleichwoln der
d’Avaux obstatt gehalten, mit vermelden, daß er der mainung genzlich,
wan solches verstattet, wurde in 30, 40 jahren kein catholischer mehr im
reich sein, alßdan sich zeigen wurde, was fur handel die uncatholische, son-
derlich die Hugenotten in Franckreich wurden anstellen, dadurch die reli-
gion in Franckreich zu grund gehen und der ganze status in gefahr dörffte
gesezt werden. Alß nun folgendts der von Longevill vermainen wollen, daß
die geistlichen fursten in Teutschland gar zu viel jurisdiction und tempora-
lia hetten, und daß solches geandert und sie beschnitten werden müßen, sey
ihm sowol durch ihn von Haßlang alß den conte d’Avaux wiederpart ge-
halten , mit anzeig, daß durch diß mittel allein die catholische religion noch
wurde conservirt, dan außer Churbayern, Osterreich und Pfalz Newburg
fast kein weltlich catholischer furst mehr zu finden; der Servient aber habe
partes Longevillani starck defendiren helffen. Chigi hat dazu gemeint, den
Franzosen sei es damit wohl nicht ernst, sondern sie suchten mit solchen
Disputen Zeit zu gewinnen, nachdem ihnen auf schwedische Klagen hin
Weisung zur Verzögerung des Abschlusses zugekommen sei. Bei einem wei-
teren Besuch Haslangs haben die Franzosen beteuert, daß das armistitium
allein Churbayern zum besten were vorgeschlagen. Darauf er hinwieder
remonstrirt habe, daß Churbayern solche proceduren von Franckreich ia
nicht meritirt, auch solche nicht hette erwartten konnen, sondern umb die
cron ein beßers, auch noch bey diesen friedenstractaten verdiehnt habe.
Und wie darauf der Servient fast honisch geandtworttet, daß die Franzo-
sen von den Churbayerischen bey Tüdtlingen geschlagen worden, und dan-
noch gute freund gewest und plieben weren, habe er replicirt, daß damaln
ein solches ahn die Churbayerische starck were gesucht worden, indem die
intention gewesen, ins land zu ziehen, da sonst Churbayern underschied-
liche occasiones iehnseithen Rheins gegen sie zu operiren, hetten laßen vor-
beygehen . Auff welches der Longeville mit einstimmen des Servients, war-
umb nit solche occasiones weren in acht genommen, gleich Churbayern
noch iezt nicht verbotten, sein bestes zu thun. Uber welche andtwort er von
Haßlang were ungedultig worden, aufgestanden und davon gangen. –
Rosenberg bei W.
kehr . Chigi: Inzwischen nichts Wichtiges vorgefallen; wegen des Waf-
fenstillstandes sollen morgen Marcilly und Rosenberg
gehen . Er halte ihnen diß so wenig ernst alß mer anderß, so vorhin sich
laßen angehen, gleich er dan auch sonst nit dafur halt, daß yemandts, so
guter intention, Ihrer Maiestet und Churbayern ieziger zeit den stillstand
zu bewilligen, da alle kriegßschwall mitten im herzen ihrer quartier und
landen, werde rathen konnen oder wollen. [...]
Haslang bei W. Oxenstierna macht Schwierigkeiten wegen des Kurtitels,
der um Vermittlung bemühte Altenburger hat noch keine klare Resolution
erhalten können. So besorge er, daß der Dr. Krebs der Schweden unange-
sprochen wiederumb werde zuruckkommen. Longueville hat bei ihm ver-
mainen wollen, warumb man im reich autonomiam absque publico exerci-
tio , wie in Franckreich geschehe, nicht zu verwaigeren. Er von Haßlang
habe darauff replicirt, es seye in Teutschland leider insoweitt nicht verpot-
ten , allein seye kein herr schuldig, in seinem land andere religionisten zu
dulden, wobey der Servient vermeldet habe, daß das ius emigrandi nicht
bey den herrn, sondern den subditis stehe. Deme er von Haßlang contradi-
cirt hette, mit anfuhren, wieviel schaden die autonomia ein und anderm
herrn in seinem land hette zugefugt, ia habe darauß die Boheimbische un-
ruhe ihren anfang genommen, und hab Franckreich selbst erfahren, was die
Hugenotten fur ungelegenheit in selbigem konigreich angerichtet. In
Teutschland seye gegen Franckreich der underschiedt, daß der konig wieder
die uncatholische mit gewalt procedire, der Kayser aber muste im reich
yedem stand seine freyheit laßen. Der duc de Longevill wolte dieses nach-
maln pro meliori compositione gravaminum achten, deme gleichwoln der
d’Avaux obstatt gehalten, mit vermelden, daß er der mainung genzlich,
wan solches verstattet, wurde in 30, 40 jahren kein catholischer mehr im
reich sein, alßdan sich zeigen wurde, was fur handel die uncatholische, son-
derlich die Hugenotten in Franckreich wurden anstellen, dadurch die reli-
gion in Franckreich zu grund gehen und der ganze status in gefahr dörffte
gesezt werden. Alß nun folgendts der von Longevill vermainen wollen, daß
die geistlichen fursten in Teutschland gar zu viel jurisdiction und tempora-
lia hetten, und daß solches geandert und sie beschnitten werden müßen, sey
ihm sowol durch ihn von Haßlang alß den conte d’Avaux wiederpart ge-
halten , mit anzeig, daß durch diß mittel allein die catholische religion noch
wurde conservirt, dan außer Churbayern, Osterreich und Pfalz Newburg
fast kein weltlich catholischer furst mehr zu finden; der Servient aber habe
partes Longevillani starck defendiren helffen. Chigi hat dazu gemeint, den
Franzosen sei es damit wohl nicht ernst, sondern sie suchten mit solchen
Disputen Zeit zu gewinnen, nachdem ihnen auf schwedische Klagen hin
Weisung zur Verzögerung des Abschlusses zugekommen sei. Bei einem wei-
teren Besuch Haslangs haben die Franzosen beteuert, daß das armistitium
allein Churbayern zum besten were vorgeschlagen. Darauf er hinwieder
remonstrirt habe, daß Churbayern solche proceduren von Franckreich ia
nicht meritirt, auch solche nicht hette erwartten konnen, sondern umb die
cron ein beßers, auch noch bey diesen friedenstractaten verdiehnt habe.
Und wie darauf der Servient fast honisch geandtworttet, daß die Franzo-
sen von den Churbayerischen bey Tüdtlingen geschlagen worden, und dan-
noch gute freund gewest und plieben weren, habe er replicirt, daß damaln
ein solches ahn die Churbayerische starck were gesucht worden, indem die
intention gewesen, ins land zu ziehen, da sonst Churbayern underschied-
liche occasiones iehnseithen Rheins gegen sie zu operiren, hetten laßen vor-
beygehen . Auff welches der Longeville mit einstimmen des Servients, war-
umb nit solche occasiones weren in acht genommen, gleich Churbayern
noch iezt nicht verbotten, sein bestes zu thun. Uber welche andtwort er von
Haßlang were ungedultig worden, aufgestanden und davon gangen. –
Rosenberg bei W.