Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 II 4

27
1646 II 4
Sonntag Volmar bei W. Vom österreichischen Direktorium
28
hat Trauttmansdorff erfahren, bei den hiesigen Beratungen werde erwogen,
29
1. die Ksl. zu ersuchen, die französische Satisfaktion bey zeiten zu behan-
30
delen , 2. unter dem Vorwand näherer Erläuterungen über die Replik an die
31
Franzosen zu deputieren. Trauttmansdorff ist befremdet, da er 1. doch
32
albereits daßienige, was er von Ihrer Maiestätt den Franzosen zu offeriren
33
in befelch gehabt, von sich gesagt, und ein mehrers nit zu thun wuste. Wan
34
mit denselben noch weiters solte gehandlet werden, wurde furerst eine not-
35
turfft sein, daß die stendt sich untereinander vergleichen und entschließen

[p. 378] [scan. 428]


1
theten, wohero solche satisfaction zu nehmen, und demnegst Ihrer Maie-
2
stätt daruber ein gutachten eroffneten. Bey dem 2. ginge ihme zu gemuth,
3
daß wan dergleichen deputation zu den Französischen geschehen solte, es
4
fast das ansehen gewinnen wolte, alß gedächten die stendt absonderlich sich
5
mit ihnnen in tractaten einzulaßen, und gleichsamb von Ihrer Kayserlichen
6
Maiestätt zu separiren, da doch das churfürstliche collegialgutachten de
7
anno 1636

43
Vgl. oben [ S. 11 Anm. 2 ] .
dahin gangen, daß die stendt Ihrer Kayserlichen Maiestät bey
8
den tractaten assistentz, Ihre Maiestät aber dieselbe hauptsachlich fuhren
9
sollen. Zudeme vernehme man, daß under anderen auch daruber von den
10
Frantzosen erleuterung zu begehren vorhabens, was under dero von ihnnen
11
in der replica gesetzter linea communicationis zwischen Philipßburgh und
12
Franckreich verstanden. Dafern nun solches geschehen solte, wurden die
13
Frantzoßen außer allen zweifell die vermutungh schöpffen, daß man diß-
14
seits ihnnen das vorige auser solcher linea anbegehrte landt und leuthe
15
schon tacite einwilligen und nachgeben thete. Derowegen sie dan nicht
16
umbgehen konnen, solches alles I. H. G. und ubrigen Churcollnischen,
17
gleichwie sie den herren Churmaintzischen und Churbayerischen alberaitz
18
gethan, zu gemuth zu fuhren, mit dem begehren, darahn zu sein, damit
19
diese inconvenientien verhuetet werden möchten. I. H. G. andtworte-
20
ten , daß es bey den stenden quoad punctum satisfactionis die meinungh gar
21
nit gehabt, alß thete man gern sehen oder Ihrer Kayßerlichen Maiestät und
22
dero loblichen hauß gönnen, daß sie von ihren landen etwas zurucklaßen,
23
und eben dadurch den frieden zuwegh pringen solte, sondern es seye nur
24
dahin verstanden worden, sintemahln ietzo die Schwedische und Frantzosi-
25
sche replic zur haubtsachlichen consultation proponirt, daß immittelst, da
26
die stendt der ubriger puncten halber in rathschlagung begriffen, sie herren
27
Kayserliche mit der negotiation in puncto satisfactionis also fortfahren und
28
die Frantzoßen von der ubermäßigkeit ihres anbegehrens dergestalt herab-
29
pringen möchten, damit hernach, wan alles ander geschlichtet, das werck
30
sich an selbigem passu allein nit stoßen thete, und seye also dieser vor-
31
schlagh nur zur beschleunigung der sachen, keineswegs aber Ihrer Maiestät,
32
. dero hauß, oder einigen andern standt zu nachtheil angesehen geweßen.
33
2. Bei Ablehnung der ursprünglich von den Franzosen geforderten Depu-
34
tation
hat man sich eine spätere Abordnung zwecks näherer Erkundigung
35
vorbehalten. Da sich bei Beginn der Beratung über die Replik jetzt zeigt,
36
daß ettliche puncten zimblich obscur und general, hette man vermeint, zeit
37
zu sein, solche deputation vor sich gehen zu laßen, und sonderlich bey sol-
38
cher occasion ihnnen den Frantzoßen die exorbitantz ihrer postulatorum
39
rechtt zu gemuth zu fuhren, wabey man dan vermeint gehabtt, Ihrer
40
Kayserlichen Maiestät viel mehrers gehorsambste und treweste dienst, alß
41
ettwas zum nachtheil zu thun, zumahln unschwer zu gedencken, daß wan
42
die Frantzosen spuren, daß die stendt ahn solchen ihren postulatis gantz

[p. 379] [scan. 429]


1
kein gefallens tragen, sie alßdan in sorgen stehen mueßen, daß es mit deren
2
hinaußtruckungh so gar leicht nicht fallen werde. Weiln nun gleichwoll sie
3
herrn Kayßerliche dem beschehenen andeuten nach, mitt den ubrigen chur-
4
fürstlichen gesandten auch hierauß geredet, so wurde dahin stehen, was die
5
fernere consultationes hierin geben wurden, underdessen I. H. G. der sachen
6
auch ihres theylß nachdencken wolten.

7
Longueville bei W. Dank für Ws Gratulation, wobei Longueville bemerkt,
8
er wolle seinen Sohn später zur Erlernung der Sprache nach Deutschland
9
schicken. Worauf I. H. G. post curialia lachendt geandtwortet, daß der
10
sohn in Teutschland zwarn willkom seye, nichtt aber armirt, wie vor die-
11
ßem der herr vatter gethan, kommen muste. Ille replicabat, imo er solte
12
armirt kommen, nit zwarn widder Teutschlandt, sonder Ihrer Kayserlichen
13
Maiestät widder den Turcken zu assistiren, unnd deroselben dasienige, was
14
ihro legitime zustehe, widder recuperiren zu helffen. I. H. G. andtwor-
15
teten eß wurden Ihre Kayßerliche Maiestät fur erst lieber sehen, daß man
16
ihro daßienige was sie noch haben, ruhig unnd mit frieden laße. Nach
17
diesem thete er duc de Longueville der religionsgravaminum meldung, und
18
erinnerte, daß man catholischen theilß mit der außandtwortungh eylen
19
wolte. Qua occasione I. H. G. die materia gravaminum ettwas berurt
20
unnd endtlich ihme diesen vorhalt gethan, was die Frantzoßen bey diesem
21
werckh thun wolten, wan die catholische stendt sich resolvirten, ihnnen das
22
gantze werck in die handt zu geben, ihr gewissen also damitt zu beschwe-
23
ren , daß sie darin verfahren solten, wie sie es vor Gottes angesicht und dem
24
iungsten gerichtt zu verandtworten gedächten. Waruber er gelachet
25
und vermeldet, daß solches eine frage seye, die nachdenckens bedurfftig, eß
26
hetten aber sonsten die vorige Kayßer schon den uncatholischen viele
27
sachen eingeraumbt, welche sie Frantzoßen zu ändern, noch auch, wo es
28
zweifelhafftig, zu declariren vermöchten.

Dokumente