Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1644 XI 28

3
1644 XI 28
Montag Nassau / Volmar bei W.

37
Vgl. APW III C 2,1 S. 221ff.
Nach den beiderseiti-
4
gen
Begrüßungsansprachen fragt Nassau, ob W der Übergabe der Proposi-
5
tion
am 4. Dezember zustimme. Deme I. H. G. geandtworttet, daß sie
6
ihro solches nicht allein wolgefallen ließen, sondern weren auch von Ihrer
7
Churfürstlichen Durchlaucht zu Collen dahin befelcht, omni meliori modo
8
den frieden ehest muglich befurdern zu helffen. Gestalt sie dan erpiethig,
9
wan hieruber red gepflogen werden sollt, ahn die von ihnen darzu be-
10
stimbte orth und zeit sich einzufinden. Dabei die Kayserlichen damaln
11
wie auch vorigen tags gegen den herrn dhombprobsten sich verlautten
12
laßen, daß sie die proposition dahin richten und begehren würden, alles
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wiederumb in den stand zu sezen, darinnen es anno 1630 bey aufrichtung
14
des Mantuanischen friedens

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Nach dem Tode des Hg. Vinzenz II. Gonzaga (1594–1627) führten Streitigkeiten um
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die Nachfolge in Mantua-Montferrat zum Krieg zwischen Frankreich und dem Kaiser,
40
der durch den Regensburger Vertrag 1630 X 13 (Druck J. Dumont V 2 S. 615ff) bei-
41
gelegt werden sollte. Da Frankreich die Ratifikation verweigerte und die in Cherasco
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1631 IV 6 und VI 19 geschlossenen Verträge (Druck J. Dumont VI 1 S. 9–12, 14–18)
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sich auf die Regelung der italienischen Verhältnisse beschränkten, galt der Mantuaner
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Erbfolgekrieg als Beginn der Auseinandersetzung zwischen Frankreich und dem Kaiser.
sich befunden, würde yedoch noch gelegenheit
15
geben, hieruber underdeßen weitters zu conferiren. Zwarn seyen von Ihrer
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Majestät sie instruirt und befelcht, die Franzosen erstlich anzuhoren und
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zu vernehmen, weiln es aber von den mediatoribus vorgeschlagen, wolten
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sich denselben nicht endtziehen, damit nicht abermaln von der andern
19
seithen anlaß genommen würde, Ihrer Kayserlichen Majestät die moram
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ungutlich zu imputiren, maßen sie Ir Kayserliche Majestät deßen auch
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alberait avisiret hetten. Auß welchem scheint, auch der nuncius und
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Venetus in mehr anderm sonderbar vermerckt, daß sie die Kayserlichen
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ietzo etwas mehrers cordate gehen, und nicht erst wie zuvor alles nacher
24
hoff gelangen laßen. I. H. G. haben darnach de armistitio zu fragen
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angefangen, ob sie in ein solches, wie es von den Franzosischen auf viele
26
jahr hinauß auf die bahn bracht worden sein solle, wurden consentiren
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konnen. Worauf der Volmarn, daß er ein gewisses scriptum in handen,
28
welches hiesige Franzosische plenipotentiarii nacher Pariß geschickt, wor-
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innen pro et contra daruber disputirt, und endlich dahin concludirt, daß
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mit den Spaniern ein langes armistitium wol wurde zu schließen, dieselbe
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auch darzu leicht zu permovieren sein würden. Alß aber I. H. G. wegen
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des reichs in specie gefragt und wie hochschädlich dergleichen sein werde,
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remonstrirt, mit vermelden, daß bey Spanien eben diese rationes militireten,
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und dahero soviel weniger glauben konten, daß selbige cron darzu verste-
35
hen werde. Hat er Vollmar geandworttet, wiße deßwegen der Spani-

[p. 5] [scan. 55]


1
schen intention nit. I. H. G. sezten ferner hiernzu, daß Ihre Churfürst-
2
liche Durchlaucht zu Collen in sonderheit viele considerationes bey einem
3
solchen armistitio hetten, und sonsten doch daß Ihrer Majestät

34
Ferdinand II. (1578–1637), Erbe der innerösterreichisch-steiermärkischen Länder 1590,
35
Kg. von Böhmen 1617, Kg. von Ungarn 1618, Kaiser 1619.
anno 1636
4
uberreichtes collegialguttachten

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Vgl. H. Haan S. 153, K. Bierther S. 304ff, zu den Kölner Bedenken J. Foerster S. 273f.
hierinnen ihres ermessens in obacht gehal-
5
ten werden müste. Fragten demnegst weitter, ob under der restitution a
6
tempore des Mantuanischen vergleichs alle oder allein die Teutsche sachen
7
begriffen, weilen Ihrer Majestät allergnädigste mainung sey, maßen sie ihnen
8
gesanden, wie I. H. G. berichtet, noch mit vorlengst zugeschrieben, vor allen
9
andern die Teutsche sachen vorzunehmen. Uber welches beyde sie der
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graff von Naßaw und Volmari einander angesehen, und nicht bestendig,
11
ob ihnen dergleichen befelch zukommen oder nit, geandworttet. Damit
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es aber das ansehen nicht gewünne, ob wolten sich die herren churfürsten
13
von den Spanischen sowol in Braband alß außer reichs separiren, haben
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I. H. G. subiungirt, daß alsdan gleich darauf mit den Franzosen die auß-
15
landische Spanische strittigkeiten, auch mit den Hollandern die Brabandi-
16
sche tractirt und vorgenommen werden konten [...].

17
Servien erkundigt sich bei Bischoping

37
Johann Bischoping, Osnabrücker Offizial und Rat, neben dem Domdechanten Johann
38
von Melschede Vertreter Ws für das Stift Osnabrück.
, ob W den ersten Besuch der Fran-
18
zosen erwidern werde, bevor er die Spanier aufsuche. Bischoping antwortet
19
nach einigem Zögern, er glaube, daß W die Gegenbesuche in der Reihen-
20
folge der Besuche machen werde. Servien besteht darauf, daß auf jeden
21
Fall der Gegenbesuch den Franzosen zuerst zu machen sei.

22
D’Avaux/Servien bei W. D’Avaux proponiert französisch, W antwortet
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italienisch. Versicherung der Friedensliebe aller Kurfürsten, die gleiche
24
Gesinnung habe der Kaiser. Warauf der conte d’Avaux, daß sie ahn
25
des Kaysers guten intention gar nit zweiffleten, dan ihnen wol bewust, wie
26
from die fürsten vom hauß Osterreich weren. Allein taugen die ministri,
27
und sonderlich das vor etlich jahren new angeordnetes consilium Hispani-
28
cum

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Von einem ‚Spanischen Rat‘ unter Ferdinand III. ist sonst nichts bekannt; im übrigen
40
entspricht der Vorwurf der auch im Reich üblichen Kritik am angeblichen Einfluß der
41
Spanier in Wien.
nichts, und seyen die einzige ursach ahn diesem krieg, das die Spanier
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sich in die reichsachen eintringen, zugelassen werden, und ihnen alle assi-
30
stentz beschehe. Auff dieses haben I. H. G. replicirt, wan man von den
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ministris reden wolte, wüste ein yeder, wie es in Franckreich under einem
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so frommen konig

42
Ludwig XIII. (1601–1643), Kg. von Frankreich 1610, zuerst unter der Regentschaft
43
seiner Mutter Maria de’ Medici (1573–1642).
bey des cardinals Richelieu

44
Armand Jean du Plessis (1585–1642), duc de Richelieu, Kardinal 1622, leitender
45
französischer Minister seit 1624. Vgl. die Biographie von C. J. Burckhardt .
zeiten hergangen. Wor-
33
auf der d’Avaux geandworttet, in Engelland hette man deßgleichen erfah-

[p. 6] [scan. 56]


1
ren , da selbiger könig

35
Karl I. Stuart (1600–1649), Kg. von England 1625.
ihres konigs guter freund gewesen, und doch auß ver-
2
laithen des Bockingang

36
George Villiers (1592–1628), Hg. von Buckingham, Minister Karls I. von England,
37
Führer der englischen Expedition zum Entsatz von La Rochelle (1627).
gegen Franckreich ein krieg angefangen worden.
3
Wie der conte duca

38
Gaspar de Guzmán y Pimentel (1587–1645), Conde Duque de Olivares, duque de San
39
Lúcar la Mayor, Minister Philipps IV. von Spanien 1621–1643.
gehaußet, finde sich ietzt, und seye es auch beym ver-
4
storben pabst Urbano, deßen vettere newlich krieg in Italien ohn sein
5
vorwißen veruhrsachet

40
Maffeo Barberini 1568–1644, Papst Urban VIII. 1623; zum Castrokrieg 1641–1644
41
vgl. L. V. Pastor XIII 2 S. 863ff.
, anderst nicht hergangen. Vermeldeten dießem
6
negst I. H. G., es scheine, daß die größte herrn, wan sie schon from, dan-
7
noch ubel bediehnt sein, und were die maledictio soviel de großer, daß wan
8
einer abgienge, ein anderer succedirte und die hern auf die regierung nicht
9
selbst sehen thetten. Deme die Franzosische gleich darauf endgegen-
10
gestelt , daß auf den fürsten von Eckenberg

42
Johann Ulrich von Eggenberg (1568–1634), Reichsfürst 1623, Hg. von Krumau 1625,
43
Reichshofrat, Obersthofmeister und Direktor des Geheimen Rates seit 1619.
der graff Trauttmanstorff

44
Maximilian Gf. von Trauttmansdorff (1584–1650), Reichshofrat, Obersthofmeister und
45
Geheimer Rat, Minister Kaiser Ferdinands III.

11
gefolgt were. I. H. G. rededen wider darein, zu Pariß folgte man ietz
12
des Richelieu modo et intentioni ganz nach. Er aber faret fort: Was die
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churfürsten anlangete, wißen sie im ganzen collegio keinen, der des friedens
14
mehr vonnöthen und promoviren sollt und konte, alß Churbayern, warahn
15
dan ietzt so viel weniger zu zweifflen, weiln sie vernehmen, daß Ihre Chur-
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fürstliche Durchlaucht einen anhero abzuordnen bedacht seye. Haben
17
dabey der person deßelben curiose nachgefragt, obs auch eine solche wer,
18
deren sowol Churbayern alß auch sie zu trawen hetten. Welches I. H.
19
G. dahin bescheiden, Churbayern habe ihro unlengst zugeschrieben, daß
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von dero räthen in kurzem anhero abschicken wolten, und zweiffleten nun
21
nicht, es werden dieselbe hierzu in re tanti momenti ein solch subiectum
22
außgesehen haben, deme sie ihre gedancken und intentiones vertrawen kon-
23
ten . Addidit comes de Avaux, Churbayern seye nunmehr ein so hohen
24
alters, hetten billich zu bedencken, wan der fried noch lenger hienauß ver-
25
schoben werden solte, in was unruhe sie dero hauß, und unsichern interesse
26
laßen würden. Hetten bey Kayserlicher Majestät und dem reich solche
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autoritet, auch die existimation außer demselben, daß sie sehr viel bey den
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sachen thun kondten. Warnach er der Spanier dergestalt gedachte, daß sie
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uberall die gute intentiones verhindern thetten, und den frieden nicht
30
begerten, und darauff stillschweigend I. H. G. starck angesehen. Die
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ihme geandtworttet, sie seyen wegen der reichsachen committirt, und dar-
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umb alhier, wolten die Spanier nicht endschuldigen noch culpiren. Wor-
33
auff der d’Avaux sowol alß Servient, daß es deßwegen nit gesagt, wolten
34
aber wünschen, daß sowol Ihre Kayserliche Majestät alß das reich ihrer

[p. 7] [scan. 57]


1
sich ab- und endschlagen thetten, zumaln ihnen gnug bekand, wie zue Wien
2
und anderwertz die consilia von denselben dependirten, waruber Teutsch-
3
land also leiden müste. Wan Ihre Majestät und das reich sich mit Spanien
4
nit mellirten, und dergestalt verlaithen ließen, hette Franckreich nichts zu
5
praetendiren, und were alßdan bastand genug, sein konigreich in guetten
6
standt, auch Spanien in terminis zu halten. Man habe gesehen, was die
7
Spanier bey dem Mantuanischen krieg, auf des von Savoya und guberna-
8
toris zu Milano sollicitiren

37
Durch Karl Emanuel I. (1562–1630), Hg. von Savoyen 1580, und Gonzalo Fernández
38
de Córdoba (1585–1635), principe di Maratea, Gouverneur von Mailand 1625–1627,
39
war 1627 die erste Absprache zur Aufteilung Mantuas und Ausschließung des von Frank-
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reich begünstigten Carlo Gonzaga (1580–1637), Herzogs von Rethel, getroffen worden,
41
woraus der Mantuaner Erbfolgekrieg entstand.
angefangen, daß der Kayser gegen der chur-
9
fürsten wissen und willen so viel volcks und regimenter hieneingeschickt.
10
Sie Franzosische wusten den vergleich zwischen Spanien und Savoya gar
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woll, der under ihnen sonder zweiffl ohn des Kaysers vorwissen gemacht,
12
wie sie das herzogthumb Mantua nach dessen eroberung under sich theylen
13
wolten, gestalt solchen vergleich in handen hetten und vorzeigen kond-
14
ten . Alß hierauf I. H. G. replicirt, daß sie bey dem Mantuanischen frieden zu
15
Regenspurg, deme in nahmen Franckreich monsieur Leon und P. Joseph
16
mit beygewohnt

42
Charles Brulart (1571–1649), prieur de Léon, und P. Joseph (François Le Clerc du
43
Tremblay, 1577–1638), französische Bevollmächtigte in Regensburg 1630.
, auch geweßen; were zu bethawren, daß a parte Franck-
17
reich von demselben sobald abgewichen, maßen sich gemelter Leon selbst
18
uber des P. Josephs unbestendigkeit darmaln beklagt. Auf welches I. H.
19
G. der d’Avaux in die red gefallen, und vermeldet, der Pater Joseph seye
20
der gröste diener vom hauß Bayern geweßen, der dem konig und cardinal
21
Richelieu allezeit gerathen, daß man von seithen Franckreich Churbayern
22
wol in hohe obacht halten solte, zumaln er derjenige, wadurch das reich
23
bey seiner libertet und iure pleiben kondte. I. H. G. andwortteten hier-
24
auf , daß wol zu wünschen were, daß Ludwig XIII. die gute affection,
25
welche er bey anno 1623 auf Bayern transferirten chur und sonsten gegen
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der catholischen liga bezeigt, continuirt, und dabey conservirt were wor-
27
den . Es hetten aber die letzte zeitten ein anders und zwarn dieses außge-
28
wießen , daß man mit gantzen armeen allein auf Churbayern gangen, und
29
selbigem hauß zum hefftigsten zugesetzt, auch die liga zu disolvieren zuvor
30
verursacht hette. Worauff der Servient, was dieserthalb gewesen, seye
31
vorm jahr, auch bey einnahmb Breysach

44
Erobert durch Hg. Bernhard von Sachsen-Weimar (1604–1639) 1638 XII 17 nach Ab-
45
wehr der ksl.-bayerischen Entsatzarmee in der Schlacht bei Wittenweier 1638 VIII 9.
geschehen. Deme I. H. G.
32
hinzugesetzt, diese und andere coniuncturn, so noch vor sein möchten.

33
Setzte demnach Servient ferner hinzu, Curbairische und ligistische,
34
welche hetten sich mit Spanischen und Kayserlichen melliret, und in Frank-
35
reich gefallen. Darauf I. H. G. geantwort, sie wusten sich deßen nit zu
36
erinneren, daß Curbaieren oder die liga Galliam offendiert hetten, aber wie

[p. 8] [scan. 58]


1
sie in das reich khommen, und sich gegen menniglich divisirn und coniunc-
2
tim mit ihren allierten feindlich bezaigt, hette man zur defension abgetrun-
3
generweise schreiten und die hend nit in den sakh schieben muiessen.

4
Der d’Avaux sagte dießem nach, schwerlich werde der fried im reich, es
5
pleibe dan daselbe, nemblich deßen eingesessene chur- und fürsten, im alten
6
freien stand und daß die Spanier deren sachen nit also dirigirten und sich
7
einmischeten, zu hoffen sein. I. H. G. hierauf, es wehre wol zu wun-
8
schen , daß die sachen in dem stand gelaßen, warin sie gewesen, alß der
9
konig in Franckreich die chur aufs hauß Bayern zu promoviren sich erpot-
10
ten und die catholische liga, dardurch die conservation der reichsconstitu-
11
tionen und der Teutschen libertet merer zu hoffen gewesen, mit befürdert,
12
nicht aber nachgehendts mit den uncatholischen eine solche liga gemacht,
13
mit kriegsgewalt das reich angefallen, und chur- und fürsten von ihren lan-
14
den vertrieben; da dan große occasion geben worden, solche desto mehrers
15
zu dissolviren, und weren die vertriebene aliis armis restituiert, welche dan
16
umb deßwillen ihnen auch merer obligat seyen. Deme der conte
17
d’Avaux beyfall geben müßen, mit vermelden, daß man deme billich obli-
18
girt , der solche gutthat ahn einem erwiesen. I. H. G. subiungirten, ihr
19
der Franzosen principium, wie sie sagen, sey conservatio libertatis im reich,
20
und daß daßelbe ahn andere außwendige sich nicht solle hangen, sed
21
medium non esse adaequatum ad finem, welches die cron Franckreich
22
dabey hette und gebrauchte. Wavon der d’Avaux einen absprung
23
nahme und sagte, daß das beste und hochste kleinod des reichs seye die
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electio eines Kaysers. Nun hette das hauß Osterreich und Spanien von so
25
vielen jahren hero die churfürsten dergestalt im zwang gehalten, daß sie
26
außer demselben keinen andern nehmen konnen, wadurch das reich ganz
27
erblich gemacht, welches Franckreich nicht konte leiden, aber eben darumb
28
nicht, daß sie ihren konig

40
Ludwig XIV. (1638–1715), Kg. von Frankreich 1643, bis 1651 unter der Vormund-
41
schaftsregierung seiner Mutter Anna von Österreich (1601–1666), Schwester Kg.
42
Philipps IV. von Spanien.
zum Kayserthumb zu pringen gedächten, sondern
29
seyen vielmehr solche considerationes und inconvenientien, auch ihr scha-
30
den dabey, welche dadurch ihrem konigreich zuwachßen würden, daß sie
31
wol versichern konten, daß dazu yemalen einige affectation nit geweßen,
32
auch noch nit seye, und were zu bestethigung deßen dießes allein genug,
33
daß der Kayser im reich würde pleiben müßen, welches aber ihrem konig
34
ob metum rebellionis in Franckreich zumalln nit dienlich. Da aber Chur-
35
bayern oder hernegst ein anderer vom hauß Bayern, oder auch der her-
36
zoge von Newburg

43
Wolfgang Wilhelm (1578–1653), Pfalzgf. von Neuburg 1614, Hg. von Jülich und Berg.
(weiln von so hohen fürstlichen häußern keine an-
37
dere catholische sonst weren), wie vor diesem mit Ludovico

44
Ludwig IV. (1282–1347), Hg. von Bayern, deutscher König 1313, Kaiser 1328.
und ande-
38
ren , auch geringern stenden geschehen, darzu genommen, wurde das ius
39
imperii stattlich erhalten, auch sie die Franzosen satisfaction haben kön-

[p. 9] [scan. 59]


1
nen . I. H. G. ließen hierbey mit einlauffen, daß vor dießem zwar auch
2
gar graffen zu Kaysern elegirt worden weren, die coniuncturn aber und
3
sonderlich die ietzige ruina auß den bißherigen kriegen, da alle stende auf
4
den grad verdorben, erliedens nicht, daß der splendor imperii konte erhal-
5
ten werden. Welches wahr zu sein, der d’Avaux beandtworttete, und
6
seye offenbar, wie die sachen im reich bewandt, daß auch die Kayserliche
7
hoffhaltung ohne Spanien nit bestehen kondte. Wan aber ein anderer zum
8
Kayserthumb kommen, konte derselb auch anderwertz her, da er wolt, assi-
9
stenz haben. Worauf I. H. G. concludirten, daß das reich einen Kayser
10
hette, so noch jung; wan hernegst eine vacatur sich begeben solt, würden die
11
herren churfürsten dabey sonder zweiffel des reichs bestes und libertet wie
12
bißhero in guter obacht halten.

13
Oberst Leutersheim

42
Johann Frhr. von Leutersheim, ksl. und kurkölnischer Offizier.
fragt auf Wunsch des in seinem Hause wohnenden
14
spanischen Gesandten Brun an, ob W zum Tod der Königin

43
Elisabeth von Frankreich (1602–1644), Gemahlin Philipps IV. von Spanien, gest. 1644 X 6.
kondolieren
15
und dazu den ersten Besuch machen werde. W ist zu einem Kondolenz-
16
besuch nach vorheriger Notifikation des Todesfalles und nach Vortritt der
17
ksl., päpstlichen und französischen Gesandten bereit, die erste Visite zu
18
geben ist er nicht instruiert.

19
Reck bei Nassau/Volmar. Nassau erläutert die spanischen Argumente
20
wegen des Kondolenzbesuches: Um zu zeigen, daß es sich um einen Aus-
21
nahmefall handle, möge W ihn außerhalb der Reihe, am besten vor den
22
Gegenbesuchen beim Nuntius, den Ksl. und den Franzosen abstatten.

23
Reck: Besser unter Hinweis auf den Trauerfall der Besuchswechsel
24
mit den Spaniern ganz zu verschieben, als außerhalb der Ordnung vorzu-
25
gehen
. Man werde nit begehren, daß I. H. G. mit dem herrn nuncio und
26
auch ihnen den Franzosischen dißhalber in disputat sich einlaßen oder
27
merer uneinikait und difficultet erwekhen solte, wie dan auch noch erst
28
heut in discursu bey I. H. G. leuten vermeldet, sie wolten den herren chur-
29
fürsten alle gebuhrende ehr bezeigen, und hingegen der hoffnung leben,
30
daß man ihnen gleichfalß, was ihnen gebührt und sie hergebracht, würde
31
geben wollen. Hierauf sagte der graff von Naßaw, daß diß eben das-
32
jenig , waruber die Spanische sich beklagten, daß man mehr auf offension
33
Franckreich alß Spanien sehen thette, da doch der konig in Spanien die
34
praeferentz im reich vor Frankreich gehabt. Zue Rom were es ein anders
35
und sey auch dieses, was aniezt der condolirung wegen praetendirt, ein ca-
36
sus plane extraordinarius, und wurden sie sich endlich damit befriedigen,
37
wan auch solches schon gegen den abendt nur mit zwey pferden in der gut-
38
schen geschehe. Warauf der dhombprobst, daß die notificatio nohtwen-
39
dig formaliter geschehen und vorhergehen müste. Zudeme auch die Fran-
40
zosische solches noch nicht verrichtet, und doch die anverwandtnus zwi-
41
schen denen beyden cronen so groß were. Der graff von Naßaw andwort-

[p. 10] [scan. 60]


1
tete , daß die Kayserliche beraitz bey ihnen gewesen, auch die Franzosische
2
vermuthlich bald wurden folgen, vermeindt aber sonsten, daß die ordnung
3
eben dergestalt hierin nit zu halten; wan dieser vorschlag gegen den abend
4
nicht solte practicabel befunden werden, wüsten nit, ob die Spanische auch
5
die visita ohne befelch den curfürstlichen wurden geben konnen, und seye
6
die notificatio per excusationem factam wegen nitendgegenschickens eo ipso
7
gnug geschehen. Welches alles herr tumbrobst ad referendum aufgenommen.

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