Acta Pacis Westphalicae III C 3,2 : Diarium Wartenberg, 2. Teil: 1647 - 1648 / Joachim Foerster
1647 III 7
Donnerstag Bayern bei W. Auf Weisung Kurbayerns vom
22. Februar haben sie Trauttmansdorff gegen dessen Behauptung, er sei
durch die Sonderverhandlungen bey hiesiger friedenshandlung stringirt und
necessitirt, als Gründe vorzubringen: Indem die Katholiken nur noch drei
Reichskreise haben, sind sie zu weiterem Kampf nicht mehr fähig, für die
ausländischen Interessen Österreichs will Bayern sich nicht ruinieren lassen.
Krebs fügt hinzu, weil auswärtige Interessen 1631 und 1635 vor einer gün-
stigen Beendigung des deutschen Krieges den Vorrang hatten, sei man in die
jetzige Lage gekommen. Kurbayern habe 28 Jahre zu Österreich gestanden
und müsse für die Kosten noch jahrlich 6 millionen verpensioniren; da wei-
terer Widerstand sinnlos sei, wolle Kurbayern sich und dero hochlobliches
hauß dem gemeinen und sonderlich religionswesen zum besten salviren.
Drohungen Trauttmansdorffs wegen der Kurwürde könnten daran nichts
ändern, zumaln ein yeder zu erachten, wan anderst zu den sachen nicht
gethan und es vorgemelten außgang gewinnen solt, daß solchenfalß weder
churfurst noch stand sein, sondern gantz andere leges fundamentales gesezt
werden wurden. Bayern verhandle über einen Sonderstillstand, weil die
Ksl. nicht rechtzeitig zu gemeinsamen Verhandlungen bereit waren. Salvius
hat ihnen vorgestern die ihnen noch unbekannte bayerische Proposition
gezeigt, wonach der bayerische Kreis und die im schwedischen und fränki-
schen Kreis besetzten Orte Bayern bleiben und Kurköln mit seinen Stiftern
in leidentlichen contribution und sonsten nicht feindlich tractirt werden
solt. Sie haben im übrigen Salvius zum Abschluß gemahnt und mit Hinweis
auf den von allen Mächten akzeptierten Mülhausener Beschluß von 1622
die Zustimmung in der Pfälzer Frage begehrt, wogegen Salvius sich auf die
Beschwerden Englands, Dänemarks, der Generalstaaten und Hessen-Kassels
berufen hat. Deme geandworttet, daß alschon nahmens Churbayern in vielem
nachgeben, die cron Franckreich, auch Churbayern werden darin nimmer
weichen, mit pitt, man sich doch lenger nicht auffhalten, sondern durch
gewihrige resolution den weg mehrers zum frieden bahnen wolte. Auf die
Erwähnung der braunschweigischen Forderungen haben sie Salvius wegen
Hildesheim die darüber geschlossenen Verträge entgegengehalten und daß
sie zu conservation Oßnabruck und Minden außtrucklich instruirt und
befelcht seyen, auch die Franzosische sich erklehrt, daß einmal solche
stiffter bey den catholischen und ihren rechtmeßigen herrn manuteniren
wolten. W: Pfalz als neuer Bewerber um Minden; ob nicht eher von
Kurbayern wegen einer gewisse summen geldes gegen die pfalzgraffen, es
were dan ein million oder eine halbe oder sonst viel oder wenig, sich einge-
laßen und dahingegen verglichen wurde, daß bemeltes stifft Minden ye und
alle weg beym hauß Bayern verpleiben möcht, oder doch solang, biß das
stifft selbst sich wiederumb redimiret. Durch welches mittel das stifft Min-
den bey den catholischen erhalten und Churbayern darumb die ewige glori
und auf dieser weld immerwehrenden rhumb sich erwerben wurde, nebenst
dem, daß, weylen ein zeitlicher churfurst zu Collen auß dem erzstifft allein
ohne andere nebenstiffter den churfurstenstand nicht fuhren konne, auf
diese weiß solch churfurstenthumb beym hauß desto ehender zu continuiren
sein würde. Bayern: Wollen den Vorschlag überschreiben, doch werden
die Protestanten es wohl nicht zugeben. Kurbayern ist grundsätzlich der
Auffassung, daß die Entschädigung vom Kaiser kommen muß, es steht zu
befürchten, daß die Gelder genommen werden und Schweden doch das
Stift einzieht. W: Es geht ihm dabei nur um die Religion, nicht um sein
persönliches Interesse. Sie zweiffleten nicht, wan Austracis dieser vorschlag
geschehe, es wurden sich selbige bald drein finden und zu hergebung einer
summen geldes kein grose difficultet machen, hieltens aber furs reich dien-
licher und dem churhaus Bayern nicht unnutz [...]. Bericht Buschmanns:
Trauttmansdorff hat Wittgenstein unter Hinweis auf die bayerischen
Partikularverhandlungen und die dadurch zu befürchtende eversionem
totius gebeten, Brandenburg möge der Pfälzer Lösung zustimmen. Wittgen-
stein hat dafür Verständnis gezeigt, aber erklärt, wegen der nahen Verwandt-
schaft müsse Brandenburg weiter die Pfälzer Interessen vertreten. Trautt-
mansdorff beklagt sich, daß die ksl. Vertreter in Ulm von den Bayern nicht
orientiert werden, es heiße, Frankreich suche die Protektion über vier Reichs-
kreise . Der Kayser und hauß Osterreich hetten mit dem Elsaß die chur dem
hauß Bayern erkaufft, wan nun den außwerttigen noch mehrer in die hand
wolte gespielt werden, würden sie Kayserliche auch anderst sich verwahren
müßen. Krebs: Die Schuld liegt bei den Ksl., die in Ulm ohne Voll-
macht erschienen sind und lediglich protestiert haben. Man solt hier fort-
fahren und schließen, dorfft sichs der particularhandlung ganz nicht.
Buschmann: Die Ksl. drängen unentwegt auf die schwedische Resolution
in der Pfälzer Frage und zu den Gravamina. Waßgestalt die Schweden
circa Palatinatum sich erklehrt, hetten sie Churbayerische gesehen, wurden
nicht gern sehen, daß darauf geschloßen werde, und mochten die Kayser-
liche sagen, wan die Oberpfalz und chur gelaßen, würde der schluß sich
bald machen. Replicirte der Dr. Krebs, Churbayern wurde darzu in
ewigkeit nicht verstehen und noch wol so viel assistenz und rucken ander-
werz her finden, das landell ob der Ens auch manu armata einzunehmen.
Es solten Caesarei beßer menachirt haben, hetten sich selbst helffen
konnen, und nicht nottig gewesen, daß Churbayern dergestalt in schulden
gestecket. – Mitteilung der ksl. Erklärung zur Pfälzer Frage
Anlage (ksl. Erklärung zur Pfälzer Frage 1647 III 4); fehlt; Druck: J. G. Meiern IV
S. 358f.
. – Schreiben
Chigis. Schreiben an Chigi .
22. Februar haben sie Trauttmansdorff gegen dessen Behauptung, er sei
durch die Sonderverhandlungen bey hiesiger friedenshandlung stringirt und
necessitirt, als Gründe vorzubringen: Indem die Katholiken nur noch drei
Reichskreise haben, sind sie zu weiterem Kampf nicht mehr fähig, für die
ausländischen Interessen Österreichs will Bayern sich nicht ruinieren lassen.
Krebs fügt hinzu, weil auswärtige Interessen 1631 und 1635 vor einer gün-
stigen Beendigung des deutschen Krieges den Vorrang hatten, sei man in die
jetzige Lage gekommen. Kurbayern habe 28 Jahre zu Österreich gestanden
und müsse für die Kosten noch jahrlich 6 millionen verpensioniren; da wei-
terer Widerstand sinnlos sei, wolle Kurbayern sich und dero hochlobliches
hauß dem gemeinen und sonderlich religionswesen zum besten salviren.
Drohungen Trauttmansdorffs wegen der Kurwürde könnten daran nichts
ändern, zumaln ein yeder zu erachten, wan anderst zu den sachen nicht
gethan und es vorgemelten außgang gewinnen solt, daß solchenfalß weder
churfurst noch stand sein, sondern gantz andere leges fundamentales gesezt
werden wurden. Bayern verhandle über einen Sonderstillstand, weil die
Ksl. nicht rechtzeitig zu gemeinsamen Verhandlungen bereit waren. Salvius
hat ihnen vorgestern die ihnen noch unbekannte bayerische Proposition
gezeigt, wonach der bayerische Kreis und die im schwedischen und fränki-
schen Kreis besetzten Orte Bayern bleiben und Kurköln mit seinen Stiftern
in leidentlichen contribution und sonsten nicht feindlich tractirt werden
solt. Sie haben im übrigen Salvius zum Abschluß gemahnt und mit Hinweis
auf den von allen Mächten akzeptierten Mülhausener Beschluß von 1622
die Zustimmung in der Pfälzer Frage begehrt, wogegen Salvius sich auf die
Beschwerden Englands, Dänemarks, der Generalstaaten und Hessen-Kassels
berufen hat. Deme geandworttet, daß alschon nahmens Churbayern in vielem
nachgeben, die cron Franckreich, auch Churbayern werden darin nimmer
weichen, mit pitt, man sich doch lenger nicht auffhalten, sondern durch
gewihrige resolution den weg mehrers zum frieden bahnen wolte. Auf die
Erwähnung der braunschweigischen Forderungen haben sie Salvius wegen
Hildesheim die darüber geschlossenen Verträge entgegengehalten und daß
sie zu conservation Oßnabruck und Minden außtrucklich instruirt und
befelcht seyen, auch die Franzosische sich erklehrt, daß einmal solche
stiffter bey den catholischen und ihren rechtmeßigen herrn manuteniren
wolten. W: Pfalz als neuer Bewerber um Minden; ob nicht eher von
Kurbayern wegen einer gewisse summen geldes gegen die pfalzgraffen, es
were dan ein million oder eine halbe oder sonst viel oder wenig, sich einge-
laßen und dahingegen verglichen wurde, daß bemeltes stifft Minden ye und
alle weg beym hauß Bayern verpleiben möcht, oder doch solang, biß das
stifft selbst sich wiederumb redimiret. Durch welches mittel das stifft Min-
den bey den catholischen erhalten und Churbayern darumb die ewige glori
und auf dieser weld immerwehrenden rhumb sich erwerben wurde, nebenst
dem, daß, weylen ein zeitlicher churfurst zu Collen auß dem erzstifft allein
ohne andere nebenstiffter den churfurstenstand nicht fuhren konne, auf
diese weiß solch churfurstenthumb beym hauß desto ehender zu continuiren
sein würde. Bayern: Wollen den Vorschlag überschreiben, doch werden
die Protestanten es wohl nicht zugeben. Kurbayern ist grundsätzlich der
Auffassung, daß die Entschädigung vom Kaiser kommen muß, es steht zu
befürchten, daß die Gelder genommen werden und Schweden doch das
Stift einzieht. W: Es geht ihm dabei nur um die Religion, nicht um sein
persönliches Interesse. Sie zweiffleten nicht, wan Austracis dieser vorschlag
geschehe, es wurden sich selbige bald drein finden und zu hergebung einer
summen geldes kein grose difficultet machen, hieltens aber furs reich dien-
licher und dem churhaus Bayern nicht unnutz [...]. Bericht Buschmanns:
Trauttmansdorff hat Wittgenstein unter Hinweis auf die bayerischen
Partikularverhandlungen und die dadurch zu befürchtende eversionem
totius gebeten, Brandenburg möge der Pfälzer Lösung zustimmen. Wittgen-
stein hat dafür Verständnis gezeigt, aber erklärt, wegen der nahen Verwandt-
schaft müsse Brandenburg weiter die Pfälzer Interessen vertreten. Trautt-
mansdorff beklagt sich, daß die ksl. Vertreter in Ulm von den Bayern nicht
orientiert werden, es heiße, Frankreich suche die Protektion über vier Reichs-
kreise . Der Kayser und hauß Osterreich hetten mit dem Elsaß die chur dem
hauß Bayern erkaufft, wan nun den außwerttigen noch mehrer in die hand
wolte gespielt werden, würden sie Kayserliche auch anderst sich verwahren
müßen. Krebs: Die Schuld liegt bei den Ksl., die in Ulm ohne Voll-
macht erschienen sind und lediglich protestiert haben. Man solt hier fort-
fahren und schließen, dorfft sichs der particularhandlung ganz nicht.
Buschmann: Die Ksl. drängen unentwegt auf die schwedische Resolution
in der Pfälzer Frage und zu den Gravamina. Waßgestalt die Schweden
circa Palatinatum sich erklehrt, hetten sie Churbayerische gesehen, wurden
nicht gern sehen, daß darauf geschloßen werde, und mochten die Kayser-
liche sagen, wan die Oberpfalz und chur gelaßen, würde der schluß sich
bald machen. Replicirte der Dr. Krebs, Churbayern wurde darzu in
ewigkeit nicht verstehen und noch wol so viel assistenz und rucken ander-
werz her finden, das landell ob der Ens auch manu armata einzunehmen.
Es solten Caesarei beßer menachirt haben, hetten sich selbst helffen
konnen, und nicht nottig gewesen, daß Churbayern dergestalt in schulden
gestecket. – Mitteilung der ksl. Erklärung zur Pfälzer Frage
Anlage (ksl. Erklärung zur Pfälzer Frage 1647 III 4); fehlt; Druck: J. G. Meiern IV
S. 358f.
Chigis. Schreiben an Chigi .