Acta Pacis Westphalicae III A 3,3 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 3. Teil: 1646 / Maria-Elisabeth Brunert
103. Sitzung des Fürstenrats (sessio publica IX) Osnabrück 1646 Februar 5/15
103
Braunschweig-Lüneburg-Calenberg B I fol. 97–105 (= Druckvorlage); damit identisch
Baden-Durlach A I fol. 89’–98, Brandenburg-Kulmbach B IV fol. 107–116, Braun-
schweig -Lüneburg-Celle A I unfol., Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel A I
fol. 115–123, Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel B I fol. 88–94’, Fränkische
Grafen A II fol. 80–87, Hessen-Kassel A XIII fol. 99–108’, Magdeburg E fol. 130’–141,
Magdeburg Ea fol. 129–141’, Pommern A I fol. 85–92’, Sachsen-Altenburg A II 1 fol.
108–116’, Sachsen-Gotha A II fol. 551–570’, Sachsen-Lauenburg B S. 201–222, Sach-
sen -Weimar A II fol. 199–203, Sachsen-Weimar B III fol. 258–266’, Grafen von
Schwarzburg A I fol. 66–70’, Wetterauer Grafen ( Nassau-Dillenburg ) C 1 fol.
123–133’, Wetterauer Grafen ( Nassau-Saarbrücken ) A III 1 fol. 421–430’, Wetter-
auer Grafen ( Ysenburg ) A I unfol., Württemberg A I S. 185–202, Druck: Meiern II,
355–362; vgl. ferner Herzogtum Bayern A I 1 unfol., Magdeburg D fol. 85’–90, Öster-
reich A II (XXXII) fol. 172–175, Österreich B I fol. 61–64.
Französische Proposition II von 1645 VI 11, Art. 9 ; kaiserliche Responsion an Frankreich
von 1645 IX 25, zu Art. 9 ; französische Replik von 1646 I 7, zu Art. 9 (Wahl des Römischen
Königs [vgl. später Art. VIII,3 IPO = § 64 IPM]).
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Österreich (Direktorium), Bayern, Würzburg, Mag-
deburg , Basel, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha, Sach-
sen -Eisenach, Braunschweig-Lüneburg-Celle, Braunschweig-Lüneburg-Grubenhagen,
Braunschweig-Lüneburg-Calenberg, Baden-Durlach, Pommern-Stettin, Pommern-Wolgast,
Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Güstrow, Sachsen-
Lauenburg, Anhalt (durch Sachsen-Weimar), Wetterauer Grafen.
Österreichisches Direktorium. Praemissis praemittendis, es wür-
den die herrn abgesandten aus der königlichen Französischen proposition
articulo 9 vernommen haben, waßgestalt sie begeret, daß vivente impera-
tore keine wahl eines Römischen königß geschehen solte, waß die herrn
Kayserlichen geantwortet und, daß sölches contra libertatem electionis
lauffe, remonstriret und waß entlich Französischentheils repliciret wor-
den etc. , da sie von diesem passu gleichsamb abgesprungen unnd selbst
bekennet, daß es contra liberam electionem sey. Sprungen aber hergegen
uf einen anderen articul, das es pro conservanda libertate electionis dahin
zu bringen, ne ex familia imperatorum regnantium rex eligatur etc.
Bezug auf die frz. Replik, zu Art. 9 ( Meiern II, 202 ).
ihnen nun hierinnen satisfaction zu geben und zu antworten sein werde,
so frage sich’s, waß den Kayserlichen herrn plenipotentiariis oder ihr
Kayserlicher mayestät selbst hierunter an die handt zu geben.
Interloquirte darauf selbsten, es were dieses thema newligst nicht pro-
poniret , sondern nurt incidenter gedacht worden. Stünde derowegen zu
der stände beliebung, ob man darüber verfahren oder die 2. quaestion re-
assumiren wolte.
Placebat prius.
Österreich. Dieses der Franzosen begeren lauffe Österreichischem er-
achten nach ganz wieder die libertatem collegii electoralis, wie imgleichen
wieder die libertet unnd freyheit aller stände: wieder die libertet des chur-
fürstlichen collegii, indeme es in der freyen wahl adstringiret würde, die
sie doch vermöge der reichsconstitutionen undt güldenen bull
Wie [ Nr. 99 Anm. 14 ] .
gebracht , wieder der stände libertet aber, indem sölchergestalt, wan einer
einmahl erwehlet were, sein ganzes geschlecht hernach außgeschloßen
würde. Solte man es in genere verstehen, würden alle hohe chur- unnd
fürstliche heuser, darauß ie zumahln Römische kayser gewöhlet worden,
außgeschloßen und hierdurch daß ganze Reich iniuriiret unndt beschimp-
fet werden. Solte es aber in specie zu verstehen sein, were es dem regie-
renden kayser die größeste iniuri, wan deswegen, daß er einmahl zum
kayserthumb gewehlet were, ungeachtet er das Reich wol unndt löblich
administrirte, sein ganzes hauß deß kayserthumbs unfähig sein solte. Daß
also unmöglich, sölches miteinander zu conciliiren, sondern pillich dem
churfürstlichen collegio zu überlaßen, die würden nach anweisung der
güldenen bull und reichsconstitutionum ihre pflicht in acht nehmen, da-
mit also der churfürsten freyen wahl nichts praeiudiciret werde, es sey in
voto activo vel passivo.
Bayern. Wegen dieses puncts könne man sich ebenfals den Franzosen
nicht conformiren, dieweil es ganz contra libertatem electionis sey. Con-
formire sich dißfals mit Österreich, undt were demnach ihrer mayestät an
die handt zu geben und dieselbe zu ersuchen, daß dem churfürstlichen
collegio an freyer wahl nicht praeiudiciret werde.
Würzburg. Diese frage werde schon newlich ,
iura im Reich nur recht betrachte, erörtert sein, sintemahl eine differenz
inter iura vel soli imperatori vel solis electoribus competentia vel statibus
communia zu machen. Da man dann schier einmüetig dafürgehalten, daß
ieder theil bey dem seinen zu laßen unnd keinen eintragk zu thun sey.
Nun were bekandt, das das churfürstliche collegium diese macht der
freyen wahl nicht allein vigore aureae bullae, sondern auch im freyen,
ungehinderten exercitio hergebracht, indeme sie nicht allein bey itzigen,
sondern auch vörigen zeiten ex eadem familia und nach und nach impe-
ratores Romanos erwehlet, gleichwol aber sich auch nicht ad certam fa-
miliam adstringiren laßen, sonderen in vielen fällen nach absterben eines
Römischen kaysers aus andern heusern gewehlet, wie sonderlich nach ab-
gang der Schwabischen famili mit Rudolpho I. , Alberto , Adolpho
und Roberto geschehen, bey welchen fällen sich allezeit die familien ge-
wechselt
Der letzte gekrönte Ks. vor dem Habsburger Kg. Rudolf I. war der Staufer Friedrich II.
(1194–1250, 1198 Kg. von Sizilien, 1212 Röm. Kg., 1220 Ks., Schaller , 478–484). Kg.
Rudolf gehörte nicht zum Kreis der Verwandten und Nachfahren der Staufer; seine
Wahl bedeutete daher einen Wechsel der Herrscherfamilie ( Boockmann , 185). Familien-
wechsel erfolgten auch 1292, 1298 und 1400.
Anspielung auf die Goldene Bulle von 1356, die das Verfahren bei der Kg.swahl regelt (s.
[ Nr. 99 Anm. 14 ] ).
gemachet worden. Darzu dan die herrn churfürsten ihre uhrsachen wer-
den gehabt haben, und ihnen darumb nicht einzurehden, sondern wolle er
hoffen, wan man die cronen recht informirete, sie würden sich wol weisen
und bey dem herkommen es verpleiben laßen.
Magdeburg. A parte Magdeburg habe er angehöret, was vom hochlöb-
lichen directorio proponiret worden, so darauf bestehe, weil die Franzö-
sischen herrn plenipotentiarii in ihrer proposition und replic de electione
regis Romani erwehnung gethan, möchten fürsten unnd stände ihre ge-
dancken eröfnen, waß ihrer mayestät hierüber beyzurahten. Nun halte
man an seiten Magdeburg dafür, daß den herrn churfürsten dasiennige,
was ihnen vermöge der güldenen bul zustehe, und also auch bey der
wahl, die freye hand zu laßen. Weil aber dieses, so in der Französischen
replic gesetzet, zimblich weit hinnaussehe, so were newligst a parte
Magdeburg zum temperament und mittelwege fürgeschlagen, daß ieder-
zeit die quaestio, an sit eligendus rex Romanus, auff öffentlichen reichs-
tage von sembtlichen chur-, fürsten und ständen möchte deliberiret und
verglichen werden. Weil nun sölches nochmahls gut, nützlich und vor-
träglich befunden würde, laße man es dabey bewenden und wolle sölch
votum tam ratione formalium quam materialium verbotenus hierher
wiederholet haben.
Basel. Wie Würzburgk.
Sachsen-Altenburg. Es sey diese frage schon zuvorn examiniret, und
bedüncke ihm, die cron Franckreich dürffte darauf stercker beruhen, alß
man irgendt izo meinen möchte. Derowegen nohtwendig, uf ein reme-
dium zu gedencken, dardurch der freyen wahl nicht praeiudiciret werde
und gleichwol aus den sachen zu kommen sey, zu welchem ende dan
newligst von Magdeburg und anderen nachsitzenden dieser vorschlag ge-
schehen und itzo wiederholet worden, damit die herrn Franzosen sehen,
das man in electione regis Romani behuetsamb gehen und allemahls, ob’s
zeitt, ob’s nüzlich, ob’s nötig, uf offentlichem reichstage durch die drey
reichscollegia deliberiren wolle.
Waß aber hernach die electionem subiecti anlange und ex qua familia,
regnantis vel alia, daßelbe zu nehmen, sölches pleibe pillich dem chur-
fürstlichen collegio frey- undt anheimbgestellet. Laße es also bey sölchem
vorschlage auch seinestheils nochmahls bewenden, und werde sich in
praxi finden, das derselbe gut unnd nüzlich, sonsten aber schwerlich ein
mittel, die Franzosen a proposito zu pringen, zu ergreiffen sein werde.
Sachsen-Coburg. A parte Coburg pleibe man bey demiennigen voto,
so ad replicam Suecicam super hoc passu abgeleget worden , unnd wolle
sich mit Magdeburg, Sachsen Altenburgk conformiret haben.
Sachsen-Weimar. Halte gleichsfals wie Sachsen Altenburg dafür, daß
die quaestio bimembris, an et quis.
Ad quaestionem „an“ were newlich von Magdeburg unndt anderen für
gut befunden, daß den Franzosen nicht beßer zu begegnen, als das alzeit
uf einem reichstage, ob ein Römischer könig zu erwehlen, berahtschlaget
werden möchte, welches dan auch dem churfürstlichen collegio nichts
praeiudiciren könne, weil ebendaßelbe für hundert und mehr jahren zu
Cadau auch fürkommen
Zum Vertrag von Kaaden von 1534 VI 29 s. APW III A 3/2 [ Nr. 45 Anm. 97 ] .
Ad quaestionem „quis“ aber conformire er sich mit Österreich, daß
nemblich dem churfürstlichen collegio die freye handt zu laßen unnd die-
selbe nicht dahin, ne ex familia imperatoris viventis eligant, zu adstringi-
ren weren, weil sölches nicht allein der Kayserlichen famili iniurios, son-
dern auch der churfürstlichen macht und freyheit praeiudicirlich sein
wolte.
Conformire sich im übrigen mit Magdeburg und Altenburg, und daßelbe
auch wegen Sachsen-Gotha und -Eisenach wie imgleichen suo loco
et ordine wegen Anhalt.
Braunschweig-Lüneburg-Celle. Es habe fast daß ansehen, alß wan
die herrn Franzosen nurt de electione regis Romani, imperatore adhuc
vivente, redeten. Wan man es aber recht ansehe, sey die quaestio eigent-
lich de exclusione familiae viventis Imperatoris. Deme vorzubawen, were
für gut befunden worden, unnd könne auch dem churfürstlichen collegio
sölches nicht praeiudiciren, das iedesmahl die quaestio „an“ uf reichs-
tagen deliberiret, wan aber dieselbe resolviret, den herrn churfürsten die
freye hand, wen sie wehlen wollen, gelaßen werde; dergleichen constitu-
tiones civiles dan wol introduciret werden könten. Unnd wolte sonst con-
tra ius gentium sein, familiam imperatoris viventis zu excludiren, exemplo
regni Danici et Polonici, welche etliche hundert jahr bey einer famili ge-
blieben
mehr nachtheilig, deneniennigen hohen heusern aber schimpflich sein
würde, wan sie wegen einmahl beschehener wahl hernach allezeit aus-
geschloßen pleiben solten. Damit man nun, wie Altenburg angeführet,
der Franzosen intention etwas brechen möge, sey dieser vorschlag ge-
schehen , unndt werde man befinden, daß sölches expediens practicabel
unnd fürträglich sein werde.
Idem wegen Braunschweig-Lüneburg-Grubenhagen und - Ca-
lenberg .
Baden-Durlach. Weil die Franzosen vermuetlich sowol auf diesen alß
anderen puncten beruhen und also ohne limitation nicht wol zu beant-
worten sein werden, halte wegen ihrer fürstlichen gnaden er gleichsfalß
dafür, daß ihnen diese antwort zu ertheilen und der vorschlag zu thun,
sonderlich weil derselbe dem churfürstlichen collegio nichts praeiudiciret,
sondern wie man dißfals ungebunden pleibe, also die familia viventis im-
peratoris darumb nicht außgeschloßen werde.
Pommern-Stettin. Er erinnere sich zurück, waß bey der fünfften ses-
sion über dem andern membro de iuribus statuum dieseß puncts halber
moviret worden . Da er dan im nahmen ihrer churfürstlichen durch-
laucht zu Brandenburg alß herzogs in Pommern also votiret unnd gebe-
ten , daß man diese quaestion, so in die churfürstliche praeeminenz mit
hinneinlieffe, nicht berühren noch den auswertigen weiter zu scrupuliren
anlaß geben, auch die sachen nicht confundiren, sondern vielmehr sehen
möchte, das zwischen dem chur- unnd fürstlichen collegio gute conso-
nanz erhalten werde. Weil er nun damahls dafürgehalten, das die quaesti-
on , an eligendus sit rex Romanus, auf einem reichstag remissive und nicht
positive zu stellen, müße er sölch votum repetiren, sintemahl er von ihr
churfürstlichen durchlaucht befehliget sey, die churfürstliche hoheit nicht
schmelern zu laßen.
Weil er auch befinde, das es in der Französischen replic nur pro argu-
mento und nicht pro thesi gesetzet (dan die quaestio articulo 9 sey diese:
Wie das Reich nicht zu erbe gemachet, sondern bey der freyen wahl
erhalten werden müchte. Worauf die Franzosen dieses gleichsamb pro
expediente vorgeschlagen, daß kein Römischer könig ex familia impera-
toris viventis erwehlet werden müchte ), dahero sie auch verhoffentlich
so gar hart nicht darauf bestehen würden, gestalt dan dergleichen auch
bey der Schwedischen conferenz moviret worden, die sich aber uf der
herrn Kayserlichen beschehene remonstration, das es wieder die freyheit
des churfürstlichen collegii und des ganzen Imperii sey, weisen laßen
und davon abgestanden weren
Die schwed. Proposition II von 1645 VI 11, Art. 5, wollte die Möglichkeit einer Röm.
Kg.swahl vacante Imperio untersagt wissen ( Meiern I, 437 ). Dagegen wendete die ksl.
Responsion an Schweden von 1645 IX 25, zu Art. 5, ein, daß sich eine solche Forderung
gegen die Reichsrechte, die Goldene Bulle, die Wahlfreiheit der Kf.en und die ksl. Wahl-
kapitulationen richte ( Meiern I, 620 ). Die schwed. Replik von 1646 I 7 ging auf dieses
Problem nicht mehr ein.
daß den herrn Franzosen zu remonstriren, worauff die churfürstliche
praeeminentz bestehe und wie dieselbe hierdurch gekrencket würde. Er
zweifele nicht, sie würden darauf acquiesciren, sonderlich wan künfftig
der stände bedencken diese cautela annectiret würde, daß das Reich
nicht zu erbe gemachet werden, sondern ein freyes wahlreich verpleiben
solte.
Die quaestio „an“ aber were sehr nachdencklich, praeiudicirlich unnd re-
strictiva , gehe auch viel weiter, als die in der Französischen replic selbst
annectirte conditio. Möchte seines bedünckens mehr hinter sich führen
und sowoll zur diffidenz zwischen chur-, fürsten unnd ständen als auch
den exteris, noch weiter auf des Reichs sachen zu inquiriren, anlaß geben,
welches aber dadurch abzuleinen, wan ihnen uf sölche maße praeoccupa-
tive , das das Reich nicht erblich werden, sondern bey der wahl pleiben
solle, geantwortet würde.
Und were hiebey auch dieses zu bedencken: Wan sich gleichwol etwan
eine famili oder ein Römischer kayser umb das Reich wol meritirete, wie
sonderlich das hochlöbliche erzhauß Österreich gethan und iederzeit
gleichsamb eine vormawer wieder den Turcken gewesen,
selben ein großer affront were, wan es künfftig ganz außgeschloßen wer-
den solte. Dan [man] sehe woll, wo hierunter der Franzosen intention
hingehe und das es ihnen nicht sowol darumb, alß das hauß Österreich
vom kayserthumb zu bringen, zu thun sey. Die herrn churfürsten würden
sich dißfals wol begreiffen und uf begebende fälle ihre pflicht unnd ge-
büer in acht nehmen, unnd weil gleichwol bishero fürsten und stände
über dero wahl sich nie beschweret noch einige contradiction fürgangen,
so wolle er hoffen, fürsten unnd stände würden nochmahls die herrn
churfürsten an dero zustehenden iuribus neque directe neque per indirec-
tum zu krencken oder zu beeintrechtigen gemeinet sein. Undt concludirte
also in eventum, wan die maiora ie dahin fallen solten, nochmahls, daß die
quaestio „an“ nicht positive, sondern remissive uf einen reichstagk aus-
zustellen .
Pommern-Wolgast. Idem.
Hessen-Kassel. Ex parte Heßen Caßell conformire er sich mitt Mag-
deburg , Sachsen Altenburg unnd übrigen gleichstimmenden votis.
Hessen-Darmstadt. Wiederhole seinestheils die von Sachsen Alten-
burg fürgebrachte distinction, dan wan de subiecto eligendo die quaestio
sey, bleibe es pillich bey der herrn churfürsten freyen wahl. Wegen der
quaestion „an“ aber conformire er sich mit den vorsitzenden. Dardurch
dan auch des churfürstlichen collegii authoritet nicht derogiret werde,
weil, wie Sachsen Weymar angeführet, lenger alß vor hundert jahren bey
election königs Ferdinandi I.
Siehe APW III A 3/2 [ Nr. 45 Anm. 96 ] .
schen etlichen chur- unnd fürsten confoederationes aufgerichtet, auch
von Chursachsen selbst der vorschlag geschehen, daß diese quaestio alle-
zeit vom churfürstlichen collegio unnd sechs eltesten fürsten des Reichs
deliberiret werden solte
Siehe APW III A 3/2 [ Nr. 89 Anm. 62 ] .
wol aber nicht undienlich halte, daß, wan dergleichen casus sich begebe,
die quaestio „an“ zuvorher uf öffentlichen reichstage in consultation ge-
zogen werde.
Mecklenburg-Schwerin. A parte Mechelburg habe er angehöret, waß
ex propositione et replica Gallica wegen der election eines Römischen
königs proponiret worden unnd in votis fürkommen. Nun habe er da-
mahls , wie auß der Schwedischen replic auch diese quaestio uf die bahn
gebracht, wahrgenommen, wieweit die cronen ihr absehen gerichtet, da-
hero er die gefehrligkeit remonstriret unnd das Magdeburgische votum
und fürgeschlagene temperament repetiret hette . Eben der meinung sey
er auch izo, weil sonst die freyheit sowol des ganzen Römischen Reichs
alß sonderlich des churfürstlichen collegii periclitiren würde.
Bey der quaestione „an“ were sonderlich zu beobachten, quod salus po-
puli merito suprema lex sit etc. Man were hier im fürstenraht und nicht
im churfürstlichen collegio, dahero sich auch fürstliche und nicht chur-
fürstliche vota zu führen gebühre etc. Conformire sich also den votis, so
diese quaestion affirmative resolviret hetten. Die erwehlung aber des sub-
iecti oder individui pleibe pillich bey der freyheit des churfürstlichen col-
legii , und würde sonderlich zur diminution des erzherzoglichen hauses
Österreich respects gereichen, wan es sölchergestalt von sölcher dignitet
excludiret werden solte. Es sey gleichwol bekandt, was es dem Reich für
treffliche dienste gethan, auch wie es situiret
19–21 und – attendiren] Österreich A II (XXXII): der ganzen christenheit erbfeindt, dem
Türkhen, widerstandt zue thuen. Man solle aber in dem fürstenrath in votando auf der
fürsten recht sehen unnd nicht nach der churfürstlichen mainung votirn.
Darauf Pommern geantwortet, er votiere nach befelch ihr churfürstlichen durchlaucht
alß herzogen in Pommern, allen zwitracht zu verhüeten.
Römischen Reichs, daher es auch nicht unpillich bey der wahl etc. zu
attendiren.
Mecklenburg-Güstrow. Idem.
Sachsen-Lauenburg. Wie kein stand der intention sein wirt, daß er
dem churfürstlichen collegio an seiner praeeminenz eingriff zu thun be-
gere , zumahln man deswegen alhier beysammen, daß vielmehr ein ieder
bey seinen recht und gerechtigkeiten erhalten werde, so were pillich dem
churfürstlichen collegio super electione ipsa kein ziell noch maß zu ge-
ben . Demnach aber die Französische proposition und replic weit aus-
sehen , darauf sie auch vielleicht herter, alß man meinet, bestehen werden,
zumahl, obschon dieser vorschlag anitzo dem ansehen nach nur relative in
der replic gesetzet, sey doch die proposition dahin gerichtet, das gar kein
Römischer könig bey lebzeiten eines kaysers zu erwehlen, beyde vor-
schläge aber sehr praeiudicirlich unnd sonderlich der itzige sowol dem
hause Österreich alß den fürsten unndt ständen insgemein (wan sölcher-
gestalt des einmahl erwöhlten Römischen kaysers famili nimmermehr
wieder darzu kehme) fast nachtheilich unnd schimpflich, der vörige aber
dem churfürstlichen collegio, deme hiedurch, bey lebzeiten deß regieren-
den kaysers einen Römischen könig zu erwehlen, verwehret unnd die
hende gebunden weren, nicht wenig verkleinerlich sein würde, so wolte
beyzeiten auf ein sölch temperament zu gedencken sein, daß alle inconve-
nientien verhüetet werden müchten. Weiln nun daßiennige, so Magdeburg
vorgeschlagen, nicht new, sondern mehr als vor hundert jahren dergleichen
fürkommen, so halte er dafür, daß diese offt gerüttelte quaestion wol alhier
zu erörtern unnd dadurch auch pro conservando domus Austriacae re-
spectu der Französischen replic also zu begegnen unnd sie sofern zu con-
tentiren , damit die iura Imperii unnd darunter nach erörterung der quae-
stionis „an“ der herrn churfürsten libera electio conserviret werde.
Conformire sich im übrigen mit den vorsitzenden.
Wetterauer Grafen. Ad quaestionem utramque wie Sachsen Alten-
burg undt gleichstimmende. Ob’s aber itzo positive oder remissive zu se-
zen , weren sie indifferent. Im übrigen, daß das hauß Österreich nicht aus-
zuschließen , sondern seiner meriten halber bey der wahl in obacht zu
halten, wolten sie die in vorsizenden votis angeführte selbstredende ratio-
nes wiederholet haben.
Österreichisches Direktorium. Wan er die articul betrachte, so wie
sie gesetzet sein, befinde er, daß articulo 9 der Kayserlichen resolution
von der quaestion „an“ vornemblich geredet, die Franzosen aber in re-
plica weiter- und dahin gangen, ne ex familia regnantis imperatoris eliga-
tur . Nun würde schwerfallen und verzug der tractaten veruhrsachen, wan
man es den Franzosen anheimbgeben oder sich darauf einlaßen solte, dan
ihme deuchte, die stände hetten sich darüber noch nicht verglichen, ob die
quaestion „an“ uf einem reichstag zu deliberiren. Setzte man’s nun also
nude, möchten es die Franzosen apprehendiren. Were derowegen wol zu
bedencken, waß dißfals einzurahten. Hette gleichwol unterdeßen die auß-
gefallene doppelte mainungen aufgesetzett, die er dan folgendergestalt
verlase:
Die 1. mainung were, daß den Kayserlichen herrn plenipotentiariis ein-
zurahten , es möchte den herrn Französischen auf die replic uber den 9.
articul ratione quaestionis, ne ex familia imperatoris regnantis rex Roma-
nus eligatur, dergestalt zu antworten sein, daß sölches wieder der churfür-
sten freye wahl und des ganzen Römischen Reichs freyheit tam in voto
activo quam passivo lauffe, dahero sie auch die freyheit, weil man hie-
durch das Reich bey seiner freyen wahl zu laßen vermeine, nicht zu im-
pediren begeren würden.
Die 2. mainung aber were, daß die Kayserlichen herrn plenipotentiarii zu
distinguiren und dieses temperament zu ergreiffen hetten, das diese quae-
stio entweder auf daß individuum, so erwehlet werden solte, oder in ge-
nere auf die frage, ob vivente imperatore ein könig zu erwehlen, zu ver-
stehen sey.
Im ersten verpleibe es pillich ohne unterschiedt der eligendorum bey der
churfürsten freyen wahl, welcher man keinesweges zu praeiudiciren be-
gere . Die 2. quaestio aber und ob davon zu deliberiren, were uf einen
reichstagk auszustellen.
Sachsen-Altenburg. (Hic interloquebatur Sachsen Altenburg:) So
hetten sie nicht votiret, sondern, ob davon uf reichstagen zu deliberiren,
müste hier decidiret werden. Es hette niemandt so votiret als Pommern,
welches aber pro voto singulari zu achten.
Braunschweig-Lüneburg. Man votire hier nicht im churfürstlichen
collegio, sondern im fürstenraht.
Österreichisches Direktorium. Es habe gleichwol ein ieder seine
mainunge zu sagen, weil es libera vota sein solten.
Braunschweig-Lüneburg. Pommern möchte wol votiren, aber als
ein fürstlicher unnd nicht als ein churfürstlicher gesanter.
Pommern. Hette alß ein fürstlich Pommerischer votiret etc., müste aber
gleichwol sehen uf salutem patriae und die notturfft des Reichs.
Braunschweig-Lüneburg. So gebühre ihme doch nicht, der churfür-
sten iura zu defendiren. Hetten die herrn churfürstlichen wieder des
fürstlichen collegii conclusa oder mainungen etwas zu sprechen, müchten
sie es in ihrem collegio thun etc.
Pommern. Man hette aber auch darauf sehen, daß man nicht mitein-
ander zerfalle.
Braunschweig-Lüneburg. Wolte Gott, daß wir nicht zerfielen! Es
würden aber noch wol andere sachen fürkommen, darüber man wol
mehr miteinander zerfallen dürffte.
Sachsen-Altenburg. Wie, wan die Franzosen darauf bestünden, sie
hetten die erste thesin in der proposition fallenlaßen, doch mit der condi-
tion , ne ex familia regnantis imperatoris rex Romanus eligatur. Derowe-
gen beyzeiten uf ein remedium unndt expediens zu gedencken, welches
die quaestio „an“, wan man dieselbe uf reichstagen deliberirte, sein möch-
te . Könte also nicht erst uf einen reichstag remittiret werden, weil es con-
ditio pacis sein würde.
Hierauf gefielen noch etliche interlocuta, darunter Österreich . Wan
aber die Franzosen uf dieser condition bestehen wolten, würde die quae-
stio „an“ uf einem reichstag zu deliberiren, sölche nicht erheben, weil
dadurch nurt die vorige Französische proposition etc. resolviret würde.
Sachsen-Altenburg. So würde ihnen doch in etwas gratificiret.
Ab aliis promiscue: Die Franzosen gingen vornemblich dahin, daß das
hauß Österreich excludiret werde etc., und sölches sub praetextu, ne Im-
perium fiat hereditarium.
Österreichisches Direktorium. Enderte es immittels und verlase
dieselbe clausul also:
Die 2. quaestion aber betreffende, werde dieselbe uf einen reichstag zu
deliberiren pillich gezogen.
Sachsen-Altenburg und andere. Wan sich der fall zutrüge.
Österreichisches Direktorium. Verstünde es also, daß die quaestio,
an sit eligendus rex Romanus, auff einen reichstag zu deliberiren gehöre.
Braunschweig-Lüneburg. Es falle duplex quaestio für:
1. De subiecto eligendo. Darinnen dem churfürstlichen collegio ihre zu-
stehende libera electio gelaßen werde.
2. An sit eligendus rex Romanus. Diese quaestion müße uf reichstagen
deliberiret unnd, daß sölches geschehen solle, hier decidiret werden.
Österreichisches Direktorium. Wir können es aber noch nicht de-
cidiren , weil nicht allein die anderen reichscollegia, sondern auch die im
fürstenraht zu Münster dazugehöreten.
Braunschweig-Lüneburg. Verstehe es nur pro potestate nostra. Es
weren doch nur halbe vota oder vielmehr vorschläge.
Sachsen-Altenburg. Wer weiß, ob auch noch die Franzosen mit den
vorschlägen zufrieden sein.
Österreichisches Direktorium. So kommen derogestalt dreyerley
mainungen herauß.
Worauf noch weiter etliche interlocuta ergingen, dahin zielend, daß das
temperament hier fluchs geschehen müste etc.
Und wiewol anderweit von Pommern erwehnet wurde, als wan die
herrn Schwedischen uf der herrn Kayserlichen remonstration acquiesciret
und diesen punct erlaßen , vermeinte doch Hessen-Kassel, das es
nicht simpliciter geschehen, sondern nur gleichsamb in suspenso geplie-
ben were.
Unterdeßen enderte es daß Österreichische Direktorium zum drit-
ten mahl und verlase den ganzen contextum der anderen opinion also:
Daß die Kayserlichen herrn plenipotentiarii zu distinguiren (ut supra).
Die andere quaestion aber betreffendt, ob nemblich vivo caesare eine
wahl eines Römischen königs anzustellen, würde dieselbige von einem
ganzen reichscorpore uf einen algemeinen reichstag zu deliberiren sein.
Sachsen-Altenburg, Braunschweig-Lüneburg und andere.
Addatur: „uf begebenden fall“, item „jedesmahl“.
Id, quod supplebatur, legebatur, approbabatur.
Österreichisches Direktorium. Die 3. mainung sey, daß die quae-
stio „an“ remissive, non dispositive uf einen reichstag außzustellen etc.
Weil auch bey werenden interlocutis unter andern Braunschweig- Lü-
neburg nicht allein per discursum gedachte, er könte leicht erachten,
daß Bayern dieser opinion halber Pommern beypflichten würde, sondern
auch des hochlöblichen Osterreichischen directorii mainung begerete und
nochmals darumb ersuchte, antwortete
Bayern. Weil sölches vor ihme nicht vor- noch in die umbfrage kom-
men , hette er auch darauf nicht votiren können etc.
Österreich. Wan er seine mainung sagen solte, müste er bekennen, das
er noch in prima opinione sey, daß nemblich sölches noch unnötig etc.
Die mittelste opinion hette zwar dieses ohrts die maiora. Ehe aber dieses
expediens den Franzosen fürgeschlagen würde, müsten chur-, fürsten und
stände sich erst darüber vergleichen.
Entlich, als auch des
Der letzte Kur(fürsten)verein aus dem Jahre 1558 hatte die gegenseitige Garantie von
Goldener Bulle und Wahlkapitulation zum Inhalt des Bündnisses gemacht; er blieb bis
zum Ende des Reiches bestehen (H.-J. Becker , 1310; Luttenberger , 34–40). Im Rheini-
schen Kurverein von 1519 (s. Textvariante Z. 28f.) hatten sich die vier rheinischen Kf.en
zur Erhaltung des Landfriedens zusammengeschlossen. Er wurde im 16. Jh. mehrmals er-
neuert und konzentrierte sich zunehmend auf regionale und wirtschaftspolitische Belange
(Rheinschiffahrt). Seit 1612 wurde er in allen ksl. Wahlkapitulationen bestätigt ( Gott -
hard , 38, 61ff., 78).
sen-Altenburg und andere. Der künte den ständen nicht praeiudici-
ren etc. Dan ob sie wol unter sich dergleichen macht hetten, so müste es
doch citra praeiudicium der fürsten und stände geschehen etc.
Worauf noch weiter etliche interlocuta (inter caetera de potestate electo-
rum etiam invito imperatore regem Romanum eligendi) gefielen unnd da-
mit diese neunde session geendiget wurde.