Acta Pacis Westphalicae III A 3,5 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 5. Teil: Mai - Juni 1648 / Maria-Elisabeth Brunert
161. Plenum Osnabrück 1648 Mai 19/29, Freitag 15 Uhr
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Osnabrück 1648 Mai 19/29, Freitag 15 Uhr
Sachsen-Altenburg A II 2 fol. 179’–181 (= Druckvorlage); vgl. ferner Bamberg A V
fol. 144’–145’ und (damit identisch) Bamberg B II fol. 206–207’ sowie Würzburg A I 1
fol. 486’–488.
Verlesung des Kurmainzer Berichts über die Deputation an die Schweden: nochmalige Ableh-
nung des bisherigen Angebots für die schwedische Militärsatisfaktion (20 Tonnen Gold) und
Weigerung der Schweden, über andere offene Fragen des Friedensvertrags zu verhandeln,
bevor über die Höhe ihrer Militärsatisfaktion zu ihrer Zufriedenheit entschieden ist; Erbieten
Oxenstiernas, im Rathaus mit einer reichsständischen Deputation über die Militärsatisfaktion
weiter zu verhandeln.
Bekanntgabe der Proposition für die nächste Sitzung.
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Kurmainz (Reichsdirektorium), Kurköln, Kurtrier,
Kursachsen, im übrigen nicht ersichtlich. (Zu den Gesandten siehe die Verweise im Vorläufigen
Personenregister.)
Kam man uf dem rathhause in pleno zuesammen, und wurd sämbtlichen
der dreien reichscollegiorum anwesenden herren abgesandten vom Kur-
mainzer Reichsdirektorium (durch den Churmaintzischen canz-
ler ) vorgetragen: Es hetten die deputirten aus den dreien reichscollegiis
nicht unterlaßen, was gestern vor gut angesehen und geschloßen über die
3 puncta
zu eröfnen. Was nun seine excellenz sich in antwort vernehmen laßen,
werde aus der abgefasten relation mit mehrern zu vernehmen sein, so er
ablas und hernach
königlich Schwedischen herren legaten, in specie aber herrn graff Oxen-
stirn , das von den stenden (1. uber die von der königlich Schwedischen
soldatesca geforderte, in 10 millionen reichsthalern bestehende satisfac-
tion , sodann 2., ob ohne determination des quanti die zahlung der militiae
von den stenden des Reichs zue ubernehmen, und 3. dem Churmeinzi-
schen directorio die zwischen beeden theilen vorgehende handlungen ad
referendum aufzutragen) gestern gemachtes conclusum eröfnet und dabey
zu erkennen gegeben worden, das die stende es nochmahls bey dem resol-
virten quanto
Das Angebot von 20 Tonnen Gold für ihre Militärsatisfaktion war den Schweden am 25.
Mai 1648 unterbreitet worden, gebunden an die Bedingung, daß rst. Vorschlaege, wel-
che (…) in der Frage „quomodo“ zu beobachten, samt dem rst. Textvorschlag für den
Exekutionsart. als Conditio sine qua non betrachtet würden (s. [ Nr. 158 Anm. 5 ] ).
wie auch in quaestione „quomodo“ und puncto executionis pacis, nicht
aufzuehalten, sondern dieselbe pari passu, und zwahr negst reassumirung
der conferenz
Gemeint sind die am 23. April 1648 abgebrochenen ksl.-schwed. Konferenzen zur Erledi-
gung aller noch offenen Fragen des Friedensvertrags (s. [ Nr. 145 Anm. 3 ] ).
befördern.
Hierauff nun hatt sich hochwohlermelter herr graff kürzlich dahin erclehrt:
Wiße sich wohl zu erinnern, was er vorgestriges tages, [den 17./27. Mai
1648], der jezterzehlten 3 puncten halben bey dem directorio forbracht
Ohne sey nicht, daß die königlich Schwedische soldatesca ihre forderung
auf 10, ja wohl gahr auff 12 millionen reichsthaler gestellet. Hette anizo
und am jüngst verwichenen montag [1648 V 15/25] vernommen
Am 25. Mai 1648 war eine rst. Deputation bei Oxenstierna gewesen und hatte ihm das
(an bestimmte Bedingungen geknüpfte) Angebot von 20 Tonnen Gold für die schwed.
Militärsatisfaktion unterbreitet (s. [ Nr. 158 Anm. 5 ] ).
uber solch begehren die stende vor declaration gethan und das ein mehrers
nicht als 20 tonnen gülden gegeben werden wollen. Er, herr graff, müße
es dahingestellet seyn laßen. Da gleichwohl die stende darauff beharren
wolten, so könten sie sich in einige handlung nicht einlaßen, undt werde
alles umbsonst seyn.
Bey den gethanen vorschlag, das die zahlung der soldatesca indeterminate
ubernommen würde, hette er verhofft, das solches guth und ahnnehmblich
und desto leichter aus der sache zue gelangen seyn würde. Weil er aber
jezo verspührete, das die stende auf ihrer vorigen meinung verbleiben, so
ließe er es auch dahingestellet seyn, und konte man eher die handlung
in determinatione des quanti fortstellen, zu welchen ende dann er nicht
ungeneigt wehre, wenn es denen stenden je beliebet, in loco tertio, und weil
a parte der deputirten das rathaus vorgeschlagen worden, auff demselben
zu erscheinen und in praesentz aller stende zue tractiren.
Soviel die quaestionem „quomodo“ und den punctum executionis pacis
wie auch die derentwegen begehrte conferenz ahnlangen thete, könte er,
herr graff, vor völliger erledigung des puncti solutionis militiae sich dazu
gahr nicht verstehen.
Und obwohl in discursen seiner excellenz noch ferner zuegesprochen und
dieselbe zu einen andern zue disponiren ein versuch gethan worden, so
seind sie doch ein vor allemahl bey ihrer resolution verblieben, das über das
ahngetragene quantum, ehe und zuevohr derselbe [!] anders eingerichtet
undt erhöhet worden, zue einiger handlung nicht verstehen könte; dahero
die deputirte alles ad referendum ahngenommen und dabey ihren abschied
genommen.
Quoad deputationem hatt sich hochwohlermelter herr graf dieselbe gahr
wohl belieben laßen
Oxenstierna hatte vorgeschlagen, mit dem Kurmainzer Reichsdirektorium zu verhandeln.
Die drei Kurien hatten das abgelehnt, weil ihrer Ansicht nach wegen der Wichtigkeit der
Sache eine mehrköpfige rst. Deputation Verhandlungspartner der Schweden sein sollte, s.
die Relation des KFR (mit der FRO und SRO übereinstimmten) vom 28. Mai 1648 (Nr. 160
bei Anm. 47).
uff dem rathhaus zu erscheinen sich erbietig gemacht.
〈Wolle〉 also zu bedencken seyn, was 1. bey so bewanten sachen zue thun
sei, 2. sintemahl die königlich Schwedischen plenipotentiarii vor totaler-
ledigung des puncti solutionis militiae uber die quaestionem „quomodo“
und punctum executionis einige handlung nicht leiden wolten, ob nicht
hirunter wie auch über alle andere annoch unerledigte puncta a parte der
stend mit denen herren Keyserlichen abgesanten
gemachten concluso gemes
Der FRO hatte am 28. Mai 1648 diesen Vorschlag Braunschweig-Grubenhagens in seine
Correlation aufgenommen; KFR und SRO hatten den Vorschlag, soweit das Protokoll
erkennen läßt, weder kommentiert noch einen Beschluß darüber gefaßt (s. [ Nr. 160 Anm. 50 ] ).
denswerk zue befördern sey.
Der verlas war, man wolle morgen hora 7 die consultation über ietzo
annectirte beede quaestiones vornehmen.
Nota: Dieses mal hatte sich der Churtryerische gesandter, der bißhero
bey dergleichen actibus uf der rechten handt zwieschen Churmainz undt
Churbayern geseßen, uf die lincke hand zwieschen Churcölln und Chur-
sachßen locirt
Schon die Goldene Bulle von 1356 fixiert die genaue Ordnung der Kf.en im Sitzen, Stehen
und Gehen, und zwar für alle Gelegenheiten, bei denen der Ks. mit den Kf.en öffentlich
zusammentrifft. Sie diente als Grundlage für die Verfahrensordnung des RT . Dort war die
Session im KFR so geregelt, daß zur Linken des Kurmainzer Erzkanzlers Kurtrier und
Kurköln abwechselnd den Ehrenplatz neben dem Erzkanzler einnahmen und Kursachsen
und Kurbrandenburg links anschließend folgten, während Kurpfalz zur Rechten des Erz-
kanzlers saß ( Aulinger , 231f.; Stollberg-Rilinger , 99ff.). – Hier hatte Kurtrier bislang
den Ehrenplatz rechts neben dem Kurmainzer Reichsdirektorium eingenommen und war
nun, vielleicht infolge einer Alternationsregelung, auf die linke Seite und dort nur auf den
zweiten Platz (von Kurmainz aus gesehen) gewechselt.