Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
298. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 August 14
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Münster 1646 August 14
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50b fol. 13–15, praes. 1646 September 1.
Verrat des geheimen Protokolls über das Gespräch Trauttmansdorffs mit d’Avaux vom 29. Juli
1646.
Ewer Kayserliche Mayestät erinneren sich ungezweivelt allergnedigst, waß
deroselben ich in nr. 279 nechsthin fur ein Teutsches prothocollum uber die
den 29. eiusdem mit dem conte d’Avaux gehaltene conversation allerunder-
thenigst eingeschlossen.
Nun hab ich zwar von diesem prothocollo auch keinem meiner collegarum
das geringste sehen lassen, sondern weilen darinnen etliche sachen enthalten,
die der cron Spanien interesse concernirten, allein von meiner selbstaigenen
Latheinischen rapulatur dem conte Peneranda in veranlaster geheimb parte
gegeben, welcher dan auch mit aigenen handen darvon copiam genommen.
Weilen ich aber angestanden, ob er meine schrifft recht lesen könte, hab ich
Ewer Majestätt secretario Schröder befohlen, dem Spanischen legationssecre-
tario
sensu nit gefehlt würde, die copiam zum collationiren zueschickhen oder ge-
dachtem Schröder erlauben wolte, selbst zu ihme zu kommen und eins mit
dem anderen zu vergleichen, warauff der Spanische Ewer Majestät secretario
die abschrifft des prothocolli von sein, des graven Penneranda, aigener handt
verpitschierter, und zwar zwischen neun und zehen uhren nachts, durch ei-
nen lacqueyen zuegeschickt, die er dan in fleissiger nachsehung und gegen-
einanderhaltung in substantialibus mit meinem originali wohl ubereinstim-
mendt befunden, ausser daß er dasienige, waß der Mazarini de mea persecu-
tione ab Hispanis geschrieben haben solte und circa finem noch ein zeyl hin-
zugesetzt , und sodan, ohne daß ein eintziger mensch gesehen, waß er ge-
schrieben oder der inhalt gewesen, alßbaldt widerumb verpitschiert und, umb
sicherer einliefferung willen, weilen es spath gewesen, nicht dem lacqueyen,
sonderen einem seiner scribenten mit der außtruckhlichen bedeutung zuge-
stelt , daß er selbst hingehen und dem secretario die verpitschierte sachen in
seine aigene händt liefferen solte, wie beschehen, und der Spanische secreta-
rius selbst gestehet, daß der scribent ihme das copert gantz unverbrochen
unnd richtig zuegestelt. Ausser diesen hab ich mein original keinem men-
schen vertrawet noch sehen lassen.
Eß hat sich aber zuegetragen, daß dieß prothocollum außkommen unnd des-
sen underschidliche abschrifften under die ständt, unnd zwaren die protesti-
rende , divulgirt worden, wie dan der statt Bremische abgeordneter
tem secretario Schröder, alß er die bewuste geldtsachen bey ihme, dem Bre-
mischen , sollicitirt, darvon ein copiam gezeigt, auch ihme solche endtlichen
mitgegeben, daß er mir darvon (iedoch seiner unvermeldt) parte geben könte,
hat auch auff weiter befragen gesagt, daß er solche von dem Collmarischen
bekommen habe.
Uber diesen unverhofften success nun beklagt sich der d’Avaux zum höch-
sten , daß er hierdurch nit allein in discredito bey seinen mitabgesandten, son-
deren auch bey seinen principalen umb ehr und reputation kommen dörffte,
und ist mir auch von hertzen laidt, indeme hierdurch die bißhero gegen mir
eusserlich aufs wenigst erzeigte confidenz gefallen und er destwegen von sei-
nen collegis unnd zumahlen dem Servient (unangesehen nichts darinnen ist,
waß weder mir noch ihme zu nachtheil gereichen könne) ubel angesehen
unnd alle widrige officia zu gewarten haben wirdt.
Ich habe ihme dahero durch den graven von Nassaw, alß gegen welchen er sich
hierüber zum höchsten beklagt unnd es gleichsamb dahin außdeuten wollen,
alß wan solches von mir mit fleiß geschehen, gestalt ihne dardurch zu discre-
ditiren , versicheren lassen, daß ich dißorths neben ihme stehen unnd ihne
verthedigen helffen wolte, dem conte Penneranda aber von diesem verlauff
parte geben unnd ihne ersucht, weilen dieses auß seiner cantzlei außkommen
muessen, er wolte doch hierüber alles fleisses inquiriren und nachfragen lassen,
damit man auff den rechten grundt kommen und den verräther erfahren
möchte. Der hat mir hinwiderumb bedeutet, daß er nur ein copiam fur den
marchese Castell Rodrigo und ein andere fur den duca de Terranova darvon
nehmen lassen, könte dahero nit wissen, ob vielleicht die schreiben underwegs
auffgefangen unnd das werckh von gedachtes Castel Rodrigo cantzley auß-
kommen sein möchte, fur die seinige wolte er gleichsamb guet sein.
Hingegen bin ich versichert, daß es von der meinigen viel weniger propalirt
worden, weilen mein rapulatur in keines menschen alß meinen und des secre-
tarii Schröders handen gewesen, der solche auch so lang nicht bey sich ge-
habt , wan er (so zu reden) gleich gewolt hette, darvon kein copiam nehmen
können. Daß aber dieß wesen vielmehr und eintzig unnd allein von der Spa-
nischen cantzlei verwahrlost oder anderwerts communicirt worden, gibt mir
dieß die prob, daß circa finem bey obangezogenem passu persecutionis His-
panicae eine parenthesis von cardinal Mazarini hinzuegesetzt („mendax
est“
In einer der lat. Fassungen des Protokolls (vgl. [ nr. 279 Anm. 4 ] ) heißt es ( TA Ka. 110 Teil II
fol. 69’): Scribit cardinalis Trautmansdorffium ab Hispanis magnam persecutionem pati
(mendax est).