Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
176. Ferdinand III. an Trauttmansdorff, Nassau und Volmar Preßburg 1646 Dezember 22

2

Ferdinand III. an Trauttmansdorff, Nassau und Volmar


3
Preßburg 1646 Dezember 22

4
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 92 XI nr. 1598 fol. 317–321, [praes. 1647 Januar 12] = Druckvor-
5
lage – Kopie: Giessen 208 nr. 33 p. 360–362 – Konzept: RK FrA Fasz. 52b fol. 108–112.
6
Gutachten deputierter Räte (Kurz. Gebhardt. Walderode, Söldner), [Preßburg] 1646 Dezem-
7
ber 19, 20, und Conclusum im Geheimen Rat (Slawata, Martiniz, Kurz, Kollowrat. Gebhardt.
8
Walderode)

35
Das Ga. behandelt nur die Religionsverhandlungen, und hier vollständig die letzte Erklärung
36
der ksl. Ges. und die anderen miteingeschickten Akten. In den der Weisung entsprechenden
37
Passagen stimmt es bis auf die angeführten Abweichungen inhaltlich mit dieser überein. Die
38
nicht aufgenommenen Teile sind unten angefügt. Das Conclusum des Ks.s zu den einzelnen
39
Punkten war jeweils am Rand vermerkt.
, [Preßburg] 1646 Dezember 22. Konzept: RK FrA Fasz. 52b fol. 113–123.

9
Stellungnahme zur letzten Erklärung der kaiserlichen Gesandten über die Gravamina: Keine
10
Abstriche am landesherrlichen Reformationsrecht in den kaiserlichen Erblanden; Schutz der
11
Jesuiten in Augsburg. Waffenstillstand: Quartierverteilung; Erlaubnis zur Aufnahme dieser
12
Verhandlungen in Münster.

13
Auf die nr.n 138, 142 und 148. Wir warten auf die Erklärung Oxenstiernas und
14
wollen sehen, was es mit der hessen-kasselischen Satisfaktion und der Militärsatis-
15
faktion auf sich hat.

16

18
16 Den punctum gravaminum betreffend] Im Ga. steht dazu (fol. 113–118): Legatur 1. die
19
heimbstellung an die Kayserlichen gesandten

40
Vgl. nr. 138 Beilage C.
, 2. der Kayserlichen gesandten considera-
20
tiones

41
Vgl. nr. 138 Beilage [B.1].
, 3. der Kayserlichen auffsatz vom 12. Julii usque ad § 3 inclusive, 4. protocollum
21
de 26. Novembris 1646 usque ad § ‘Den 4. punctum’

42
Vgl. nr. 138 Beilage D; hier bis S. 252 Z. 21.
, ac demum der endtliche vergleich
22
de dato den 30. Novembris usque ad § 4.
23
Soviel nun anfangs der catholischen submission betreffend, obwohl dießelbe von
24
etlichen difficultirt, von denen andern aber mit gewißen conditionen limitirt worden, so
25
halten doch die räthe allerunderthenigst darfür, daß der herr graf von Trautmanstorff
26
gar recht gethan, daß er sich in nahmen Euer Majestät, zuemahln auf des Salvii
27
selbstaigenes zuesprechen, mit seiner autoritet interponirt undt die protestirenden zue
28
dießem standt gebracht, daß sie gleichwoll sich in haubtsachliche conferentz mit denen
29
Kayserlichen gesandten auff die von 12. Julii gethane vorschläge eingelaßen undt daß
30
auch die Schweden von ihrer cointerposition abgelaßen undt die protestirenden allein
31
des Salvii assistentz gebraucht, dan hierdurch Ewer Kayserlicher Majestät alß höchsten
32
oberhaubts autoritet undt respect in salvo erhalten worden. Es befinden auch die
33
gehorsamsten räthe auß dem protocoll, daß bei dießer conferentz der Salvius die sach
34
bei denen protestirenden in etlichen schwären puncten dergestahldt moderirt, daß
9
vieleicht ohne dießelbe die protestirenden sich nicht möchten so leicht bequemet haben.
10
Unndt obwohln die räthe sich darneben gehorsamst erinnern, daß, weil die protestiren-
11
den einestheilß vor diesem mit ihren postulatis gar zue sehr exorbitirt, andere aber sich
12
darvon entschuldiget undt es auf etliche wenige gelegt, denen Kayserlichen herrn
13
gesandten befohlen worden, bey khünfftiger tractation auff die legitimation der abge-
14
ordtneten Augßpurgischer confession zue dringen, damit man dießseits aigentlich
15
wisßen möge, mit weme man zu thuen habe, dieweil es aber das ansehen, [ daß ] bei
16
dießer conferentz die protestirenden in vielen nachgegeben undt gewichen, habe, so
17
möchte es umb dießer ursachen willen dabei sein verbleibens haben.
18
Die gehorsamsten räthe halten auch darfür, daß eben dießer ursachen halber die
19
Kayserlichen gesandten der protestirenden auffsatzes, welcher etwa schwerer möchte
20
sein zue refutirn geweßen, nicht erwarten, sondern zue erhaltung dero ihnen von beeden
21
theilen eingeraumbten autoritet ihnen mit ihrem außschlag undt vergleichsrecess
22
vorkomben wollen. Undt ist zue hoffen, daß es auch die protestirenden umb so viel
23
mehr dabei werden bewenden lasßen.
24
Waß dan die materialia selbsten undt 1. die perpetuation betrifft, halten die gehorsam-
25
sten räthe darfür, daß neben dem exordio der Kayserlichen abgesandten considerationes
26
undt conceptus sehr wohl eingerichtet undt denen vorigen Kayserlichen resolutionen
27
allerdings gemäß, auch dannenhero billich zue approbiren seyn. Undt haben die
28
Kayserlichen gesandten recht undt wohl gethan, daß sie der catholischen reservata,
29
welche sie bei ihrer haimbstellung angebracht, in der conferentz mit den protestirenden
30
mit stillschweigen übergangen.
31
2. Es befinden auch die gehorsamsten räthe, daß sehr wohl undt weißlich gehandlet
32
worden, daß die Kayserlichen gesandten dieienigen ertzstifft, stifft undt clöster specifi-
33
cirt haben, welche denen protestirenden gelaßen werden sollen, dan hierdurch die
34
ubrigen sine controversia denen catholischen confirmirt werden, masßen auch die
35
vorigen guettachten undt instructiones endtlichen dahin gegangen seindt.
36
3. Belangendt den terminum a quo wollen die gehorsamsten räthe verhoffen, es werden
37
es die protestirenden endtlich sine alia omni exceptione dabei verbleiben laßen. Waß
38
aber die ante hunc terminum praetensos gravatos anlangt, weil hernacher davon ein
39
absonderlicher articul einkombt, will man sich dahin bezogen haben. – Conclusit Caesar
40
in allem, wie bißhero gerathen.
41
4. Befinden die gehorsamsten räthe, daß die baleyen undt commenthureien bei dem
42
endtlichen vergleichsconcept der Kayßerlichen außgelaßen. Welches etwa dahero
43
geschehen, weiln alhie proprie allein von denen immediatständten unnd stifftern etc.
44
gehandlet wird, da sich vielleicht keine baleyen oder comenthureyen, so immediat
45
waren, befinden möchten.
7
Weil aber die maisterthumb

39
Der Hoch- und Deutschmeister des Deutschen Ordens und der Großmeister des Johanniter-
40
ordens – beide ursprünglich Reichsprälaten – saßen seit 1529 bzw. 1546 auf der geistlichen
41
Bank des FR. Beide Orden waren in Balleien organisiert. Die Komture der Deutschordensbal-
42
leien Elsaß-Burgund und Koblenz waren Reichsprälaten ( Aulinger S. 104–107, 363–365).
immediate dem Reich underworffen und dieselbe wie auch
8
die commenthureyen und baleien hirunten in articulo 12 pro catholicis außdrücklich
9
einbracht werden, alß kan bey dießem articul deroselben außlaßung desto weniger
10
bedenken haben, und hette billich auch einige specifica mentio von denselben alhie
11
geschehen sollen. Es vermainen aber die gehorsamsten räthe, es haben die Kayßerlichen
12
gesandten fur besser gehalten, daß unden, articul 12, sowohl die maisterthumb als auch
13
die baleyen und comethureyen [!] eingebracht werden.
14
Ad 4. Obwohln der protestirenden concept, davon in der conferentz meldung geschieht,
15
wie dießer articul verenden werden solte, nicht inserirt, dieweil aber der Kayserliche
16
recess dem vorigen aufsatz vom 12. Julii allerdings gemäß, alß vermeinen die gehorsam-
17
sten räthe, es werden es die protestirenden dabei verbleiben laßen, zuemahlen selber
18
punkt ihnen selbsten zum besten eingerichtet. – Ad 4. conclusit Caesar, wie gerathen.
19
Similiter ad 5.
20
Ad 5. sehen die gehorsamsten räthe, daß die menses papales, annatae, iura pallii et
21
confirmationum Pontificum in dem Kayserlichen auffsatz gleichßfalß außgelaßen, undt
22
solches ohne zweifel, denen protestirenden hierunter einige satisfaction zue geben.
23
Wiewohl nun solches zum theil dem Prager friedenschlueß zuewieder laufft

43
Nach dem PF (1635 Mai 20/30; Druck: Londorp IV S. 458–470) durfte in denjenigen
44
reichsständischen Stiftern, die im Normaljahr 1627 ev. gewesen waren und dies deshalb
45
vierzig Jahre lang bleiben sollten, dennoch an der kath. Religionsübung und an den
46
Regelungen wegen der Papstmonate, der Ersten Bitten, der Kanonikate, der Praebenden und
47
der Benefizien, wie sie 1627 bestanden hatten, nichts verändert werden.
, so ist es
24
doch viel beßer, alß wan der protestirenden begern nach solche iura ihrer Babstlichen
25
heyligkeit expresse wehren abgesprochen worden, zuemahln die catholischen selbsten
26
dem Babstlichen stuel vor etlich hundert iahren wegen der annaten undt iurium pallii
27
allerhandt disputat gemacht undt wegen der ubernehmung undt excess derselben [ sich ]
28
merckhlichen beschwert befinden. Waß aber die preces primarias belangt, hat es zwar
29
beim Kayserlichen aufsatz sein bewendens auf denn stiefftern, welche entweder gantz
30
catholisch oder gantz uncatholisch seindt. Wo aber die capitula mit beiderlei religion
31
vermengt, so wurde gleichwoll dahin zue sehen sein, wie die Kayserliche preces in
32
eventum, da sie nicht auff eine qualificirte persohn gefahln weren, nichtsdestominder
33
ihm effect nicht verliren theten. Da seindt denen räthen 2 mittel eingefallen: 1. daß
34
zweierley precisten, einer catholisch undt der andere uncatholisch, möchten praesentirt
35
werden; daß 2., daß daß capitel schuldig sein solle, sobaldt sich einige vacantz nach
36
beschehener wahl eines Römischen königs begebe, dieselbe wie auch auf welchen theil
37
der religion sie falle, dem newen electo regi zue notificirn undt a tempore insinuationis
38
factae 6 monath zue warten, biß der selbst ein qualificirten precisten constituire.
6
Ad 6. finden die gehorsamsten räthe zwischen dem vorigen Kayserlichen proiect vom 12.
7
Julii undt ietzigem newen aufsatz dießen underschiedt: 1. Daß die specificatio der stiffter
8
Magdeburg, Bremen undt Lübekh

46
Hst. Lübeck, geistliches Reichsft., 1535 ev.; seit 1586 unter Adm. en aus dem F.enhaus
47
Holstein-Gottorp; 1634 Adm. Hg. Johann von Holstein-Gottorp (1606–1655; 1640 F. von
48
Eutin) ( Grote nr. 388 S. 508; LThK VI Sp. 1165–1167).
, auf welche in vorigem concept die freye wahl allein
9
restringirt geweßen, in dem ietzigen außgelaßen. Darwieder die gehorsamsten räthe kein
10
bedenkhens haben, dieweil der ertzstifter undt stiffer mehr seindt, die auf freye wahl
11
bestehen. 2. Daß pro indulto die investitur bewilligt, so Ewer Kayserlicher Majestät
12
vorlengst erthailten resolution gemäß. 3. Daß anstadt der begerten annaten etc. für den
13
Kayserlichen hoff doppelte lehntaxen gesetzt wirdt, welches zwar ein sehr schlechtes
14
gegen dießer großen gnad, so den protestirenden wiederfehrt, undt gegen denen
15
oneribus, welche die catholischen zue Rom ertragen müsßen, dahero die protestirenden
16
wohl etwaß mehrers können undt sollen einwilligen. Weiln es aber ohne zweifel die
17
herrn Kayserlichen gesandten nicht höher haben bringen können, alß hete man sich
18
damit zue contentirn. 4. Wirdt anietzo in dem Keyßerlichen concept die ordnung in
19
sedendo et votando Osterreich alß sowohl wegen Magdeburg undt Salzburg etwaß
20
beßers declarirt, darwieder die gehorsamsten räthe auch nichts zu erinnern, sonderlich
21
weil dem hauß Osterreich für Magdeburg die praecedenz gelassen wirdt. – Conclusit
22
Caesar, wie gerathen.
23
Ad 7., dießer articul pleibt, wie er in dem proiect vom 12. Julii auffgesezt, undt ist von
24
denen protestirenden auch also acceptirt.
25
Ad 8. quoad pluralitatem beneficiorum seindt beide concept in effectu einerlei, dabei es
26
auch die protestirenden verbleiben laßen.
27
Ad 9. wegen der mediatstieffter finden die gehorsamsten räthe, daß anstadt des
28
temporarii 100 iahr das perpetuum undt loco exceptionis genericae die specificatio
29
gewisßer clöster gesezt, dabei es die gehorsamsten räthe bewenden laßen. – Ad 7., 8., 9.
30
conclusit Caesar, wie gerathen.
31
Ad 10. bleibt beiderseits wie vor.
32
Ad 11. in simili.
33
Ad 12. Wegen des geistlichen vorbehalts finden die gehorsamsten räthe, daß derselbe mit
34
gar sehr gueten zusetzen in dem ietzigen recess verbesßert worden, alß 1. anstadt des
35
wortleins „dieienigen erzstiffter und stiffter“ wirdt gesezt „alle ubrige“, quod maiorem
36
habet emphasin pro catholicis. 2. Wirdt gesezt, daß all dieienigen ertzstieffter undt
37
stieffter, so in vorgehenden articuln nicht expresse für die uncatholischen außbedingt, in
38
specie die obbenendten 8 clöster, denen catholischen verbleiben, 3. worn sie de seit anno
39
1624 entsezt, wiederumb restituirt werden sollen. 4. Seindt der geistliche vorbehalt für
40
alle die übrige ertzstiefft, stiefft undt praelaturn, welche die catholischen in anno 1624
41
quacunque anni parte noch gehabt, confirmirt undt uberdieß pro 5. auf die mediatstifft,
42
welches doch vor dießem strittig ist geweßen, extendirt, wordurch dan die conditio
43
catholicorum in ein sicherern standt alß zuvor gesezt worden. Weil aber im protocoll
44
nichts zue befinden, ob undt wie weit die protestirenden sich hierzue verstanden, so ist
45
des ferern erfolgs zu erwarten.
34
Ad 13. finden die gehorsamsten räthe, daß herr graf von Trauttmanßdorff wegen Euer
35
Kaiserlicher Majestät erbunderthanen im anfang gar wohl resolutive undt der Kayserli-
36
chen instruction gemäß gegangen. Wie weit sich aber die Österreichischen underthanen
37
vergriffen, auch wie weit eine obrigkeit ihre pacta mit denen underthanen, insonderheit
38
die dispositiones testamentarias antecessorum und waß in specie wegen der Güllischen
39
landen berürt, zue halten schuldig, das seindt theilß quaestiones, so hiehero nicht
40
gehörig, masßen auch herr graf von Trauttmanßdorff daßelbe zum theil angezaigt, theilß
41
aber seindt die altioris indaginis, so noch wohl weiterm disputat underworffen, dahero
42
auf dießelben bei weitern conferentzen sich nicht viel einzuelaßen, sondern dieselben an
43
sein gehörigen ort zue uberweißen.
Den punctum gravaminum betreffend finden wir bey dem 13. articul des von
17
euch unter dato den dreyßigsten obbesagtes monats Novembris begriffenen

[p. 327] [scan. 403]


1
und den ersten dieß monats außgehendigten recess

46
Die Erklärung Trauttmansdorffs im Namen der kath. Reichsstände betr. die Gravamina
47
( Endliche Erklärung; vgl. nr. 148 Beilage C).
die underthanen, so
2
under catholischen obrigkeiten gesessen, betreffend diesen zuesatz „jedoch
3
wofern deßentwegen vor diesem zwischen reichsständen und derselben
4
underthanen sonderbahre vorkümnus und geding wären aufgericht worden,
5
die sollen auch noch fürters unverbrüchlich gehalten werden“. Steht in
6
sorgen, es möchte durch diese regel nicht allein die von Pfalz Neuburg und
7
andern reichsständen vorgenohmene reformationes hierunter periclitiren,
8
sondern auch unß in unsern erbkönigreich und landen damit zu nahe

[p. 328] [scan. 404]


1
gegangen werden. Sehen zwar, daß ihr, diesem vorzukhommen, folgendts
2
den 16. articulum eingefüehrt, worinnen in specie unsere erbunterthanen zum
3
theil und auf gewiße maaß davon außgenohmen werden, stellen aber dahin,
4
ob nit beßer gewesen wäre, daß die in obgedachten 13. articul gesezte regul
5
gantz außgelaßen oder aber demselben die exceptio wegen unserer erblanden
6
alsobaldt subnectirt worden wäre. Besorgen unß auch, es möchte die in

[p. 329] [scan. 405]


1
ietztbesagtem 16. articul befindtliche ratio decidendi – gestalten wir auch
2
deßentwegen mit denselben in einigem pacto nicht verfangen wären – in
3
ungleichen verstandt und die exceptio selbsten dardurch in disputat gezogen
4
werden, sintemahl die wörter „mit denselben“ sowohl von den unterthanen
5
alß auch von den ständen des Reichs verstanden werden könten. Solte man

[p. 330] [scan. 406]


1
sie nun von denen unterthanen verstehen, alß nemblich, daß wir mit unsern
2
erbunterthanen kheine pacta hetten, wurde zue sehen sein, wie man damit
3
zue bestehen hette. Solte man aber selbige wörter auf die chur-, fürsten und
4
ständt des Reichs referiren, so ist zwar ahn sich selber in facto wahr, daß wir
5
mit denselben – außerhalb waß wegen Schleßien mit Chursachsen, so seinen
6
absonderlichen absatz hat, vorgangen – in kheinem pacto begriffen. Es wäre
7
aber widerumb zue sehen, wie sich die ratio decidendi mit der in 13. articul
8
gesetzten regel, daß nemblich die pacta der reichsständt mit den unterthanen
9
unverbrüchlich gehalten werden sollen, conciliren laßen in ansehung, zue
10
selbiger regel nichts anders alß die pacta der reichsständt mit den untertha-
11
nen , gar aber nicht mit andern chur-, fürsten und ständen des Reichs requirirt
12
werden. Stellen derowegen dahin, wan res noch integra, obs bey eraigender
13
occasion, da, wie vermuetlich, uber dem von euch außgegebenen vergleich
14
weiter gehandlet oder einige enderung darinnen fürgenohmen werden möch-
15
te , dahin zu richten, daß entweder ietzberürte ratio decidendi oder aber, viel
16
lieber und beßer, die erwehnte regel außgelaßen werde; maßen dieselbe
17
vorigen unßern resolutionen nach auch in dem proiect von 12. Julii außgela-
18
ßen undt das fundament solcher außlaßung haubtsachlich auf das ius
19
territoriale und den religionfrieden gesetzt worden, in welchem klar verse-
20
hen , daß kein standt des andern underthanen wegen der religion sich
21
annehmen solle, bey welchem fundament billich ein für alle mahl zu
22
verbleiben, zue verhüetung der obbedeuten gefehrlichen consequentzen wie
23
auch, weil es etwa, ungeachtet der in unsern erblanden vorgangenen rebellio-
24
nen und dardurch verwürkten concessionibus, dahero auch herrüerenden
25
absonderlichen differenzen gleichwohl nicht zum besten außgelegt werden
26
möchte, daß wir andere ständt des Reichs ahn die pacta mit ihren undertha-
27
nen verbinden, unß selber aber und unser hauß davor eximiren wolten; nicht
28
weniger und ingleichen dahin zue sehen wäre, ob nicht die zue endt dieses 16.
29
articuls angehengte clausul „wan die emigranten ihre güeter inner der
30
bestimbten zeit nit hetten verkhauffen können, daß denselben iemahlen auf
31
gehorsamstes anmelden bey der vorgesezten obrigkheit zue ihren güetern
32
zuzusehen gnädigst verstattet sein solle“ entweder mit einem gewißen
33
termino limitirt oder auch gantz außgelaßen werde.

[p. 331] [scan. 407]


1

8
1 Ferners den § ‘Insonderheit aber’] Im Ga. steht dazu (fol. 119’–120): Ad 15. wegen der
9
stadt Augspurg und etlichen anderen reichsstädten; bei dießem articul finden die
10
gehorsamsten räthe, daß man bei der conferentz über denselben zimblich starckh
11
aneinander komben, sonderlich wegen der statt Augßpurg, undt daß zwar in dem
12
ietzigen auffsatz denen uncatholischen mit extension des exercitii ausßerhalb der
13
ringmawer undt dan insonderheit der burgerschafft zue Augßpurg wie auch zue
14
Bibrach, Dinckhelspül undt Kauffbeurn etwaß mehrers alß in den vorigen bewilliget,
15
entgegen aber auch denen catholischen underschiedtliche puncten zum besten einge-
16
bracht , alß: 1. Werden allein dieienigen urtheil auffgehebt, welche in contumaciam
17
ergangen, undt consequenter bleiben die übrigen, so ad submissionem partium gespro-
18
chen werden, in ihrem esse. 2. Werden in specie die urtheil für den herren bischoffen zue
19
Coßnitz wieder die stadt Ulm

30
Der Bf. von Konstanz und die zu seiner Diözese gehörige ev. Reichsstadt Ulm stritten sich um
31
das Reformationsrecht der Stadt gegenüber ihrer kath. Minderheit und um die geistliche
32
Gerichtsbarkeit des Bf.s. Ein RHR -Urteil vom 14./24. Juli 1629 hatte Bf. Johannes Truchseß
33
von Waldburg-Wolfegg (1598–1646; 1628 Bf.) ( HC IV S. 161) recht gegeben und der Stadt
34
die Wiederherstellung der freien kath. Religionsübung auferlegt. Das Urteil war jedoch nicht
35
vollstreckt worden ( Lang S. 112–115).
sowohl auch die, wegen der stadt Aach ergangen,
20
confirmirt undt dan 4. in der statt Augßpurg dem catholischen magistrat daß regiment
21
allein eingeraumbt. Wan diese 4 puncten erhalten werden, so kan man daßienige, waß
22
anderwerts denen uncatholischen, wie oben vermeldet, anietzo nachgesehen wirdt, umb
23
so viel desto baß vergeßen, sonderlich weil auch die catholischen, wo die bei einer oder
24
andern reichsstadt dem religion- undt dießen friden entgegen beschwert wärn, auch
25
restituirt werden solten. Dan in krafft dießer clausul heten die catholischen undt der
26
Teütsche orden ihre restitution zue Straßburg

36
Die ev. Reichsstadt Straßburg nahm gegenüber ihrer kath. Minderheit das Reformationsrecht
37
in Anspruch. Mit dem Deutschen Orden, dem Johanniterorden und dem Bf. von Straßburg lag
38
sie deshalb wegen niedergerissener Ordenshäuser und der Kirchen Alt- und Jung-ST. Peter im
39
Streit. Diese Kirchen waren während des Interims den Ev. weggenommen worden und
40
wurden nach der Rückgabe von beiden Konfessionsparteien beansprucht. Ein RHR -Urteil
41
hatte sie den Kath. zugewiesen, doch war das Urteil nie vollstreckt worden ( Dickmann S.
42
387–388; Fuchs ; Weyrauch ).
undt Nürmberg

43
Die Reichsstadt Nürnberg und der Deutsche Orden führten seit 1601 beim RKG und seit 1625
44
beim RHR einen Prozeß wegen des Deutschen Hauses in Nürnberg und über das Recht des
45
Deutschen Ordens, in seinen zwei ehemaligen Kirchen, in denen seit 1533 ev. Gottesdienst
46
gehalten wurde, die kath. Messe zu lesen. 1630 entschied der RHR zugunsten des Deutschen
47
Ordens. Das Urteil wurde, allerdings nicht vollständig, 1631 und 1635 nach dem Abzug der
48
Schweden vollzogen ( Braun , Nürnberg S. 40–43, 91–95, 115–117; Ulrich S. 1–58).
zue suchen. –
15
Augßpurg betreffend conclusit Caesar, zue erinnern, daß sie berichten, auß waß
16
ursachen sie so weit gangen, item ob daß collegium patrum societatis Jesu hierunter
17
begriffen, item, so res adhuc integra, sehen, damit die patres in der stadt bei dem ihrigen
18
verpleiben.
Ferners den § ‘Insonderheit aber’ im 15. articul die statt Augspurg betreffend,
2
nachdem in demselben der Augspurgischen confessionsverwandten burger-
3
schafft bewilliget wirdt, daß sie auch wegen ihrer kirchen, ob sie dergleichen
4
erbawet und nit anvor der catholischen religion entzogen hetten, in vorigen
5
standt restituirt werden sollen, undt nun in dem protocollo einige ursach,
6
warumb diese bewilligung geschehen, nicht befindtlich, wir auch anstehen,
7
ob nicht das collegium patrum societatis

27
Das mit einem Gymnasium verbundene SJ-Kollegium ST. Salvator in Augsburg; 1580
28
gegründet und seit 1582 tätig, 1632 nach der schwed. Einnahme der Stadt hart bedrängt und
29
1633 aufgelöst, 1635 nach der ksl. Rückeroberung restituiert ( Braun , Augsburg; Baer ).
hierunter begriffen, alß werdet ihr

[p. 332] [scan. 408]


1
unß der aigentlichen bewandtnus, wie es damit beschaffen, zue berichten und
2
dan gleichfalß bey eraigender occasion zuevorkhommen wißen, damit
3
gedachte patres societatis in der stadt undt bey dem ihrigen

19
3–4 mögen conservirt werden] Im Ga. folgt noch (fol. 122–123): Ad 17. et 18., weil beide
20
theil hierinnen ainig undt dieße articul mit dem vorigen concept de 12. Julii gantz
21
ubereinkomben, alß bleibt es dabei. Waß aber alhie wegen der pfandtschafften bei der
22
conferentz angeregt worden, ist gar wohl beandtwortet worden, undt stehet zu
23
erwarten, ob es die protestirenden dabei verbleiben laßen werden. – Ad 17. et 18.
24
conclusit Caesar, pleibt.
25
Ad 19., bei dießem articul ist allein zuegesetzt, welchergestahldt ein theil gegen dem
26
andern wegen khünfftiger überfahrung dießes friedenschlueß sich rechtens gebrauchen
27
sollen.
28
Ad 20., bleibt wie vor.
29
Ad 21., bei dießem articul haben die Kayserlichen gesandten viel erhalten, daß sie die
30
protestirenden in constitutione an contribuendum die maiora gelten zue laßen sich
31
erklärt. Im übrigen, so finden die gehorsamsten räthe den articul in newem auffsatz also
32
eingerichtet, daß, obwohl in demselben waß mehrers alß in dem vorigen auffsatz
33
begriffen, doch solches alles gar wohl zue passirn. – Item ad 19., 20. et 21.
34
Ad 22. wegen aufrichtung eines newen tribunals ist von denen Kayserlichen gesandten
35
etlicher protestirenden begern gar wohl divertirt undt der ietzige aufsatz beßer alß der
36
vorige hierzue eingerichtet. Undt weiln die protestirenden bei dem auffstehen pro
37
translatione camerae Spirensis Erfurth vorgeschlagen, halten die gehorsamsten räthe
38
darfür, daß derselbige ort umb vieler ursachen willen vor allen andern am bequembsten
39
sein möchte, weil derßelbe dem churfürsten zue Maintz alß ertzcantzlern zugehörig,
40
zuedeme in meditullio Imperii undt sonderlich Euer Kayserlicher Majestät erblanden
41
wegen des königreichs Böhaimb, wenn Euer Keißerliche Mayestät darinnen, wie nach
42
geschloßenem frieden zue verhoffen, ihre residenz haben solten, wohl gelegen. – Caesar:
43
Placet, wie gerathen.
44
Schließlichen können die gehorsamsten räthe nicht unerinnert laßen, daß der Kayserli-
45
chen gesandten protestation, im fall die protestirenden sich damit nicht wolten
46
ersättigen laßen, gar wohl undt mit guetem fundament angehengt undt dahero billich
47
zue approbiren.
mögen conservirt
4
werden.

5
Betreffend entlichen, waß in ewerm schreiben vom dreysigsten obbemelten
6
monats Novembris

48
Druck: Nr. 142.
von dem Venedischen pottschaffter referirt wirdt, daß
7
die Frantzosen mit dem Salvio für guet befunden, weil man bey der armada
8
vieleicht wenig lust zu einem armistitio haben möchte, daß man sich
9
desselben alda, und zwar nur etwa auf drey oder vier wochen, vergleichen
10
solte, dergestaldt daß die Schwedische und Französische dießeits, die unseri-
11
gen aber ienseits der Donaw stehen bleiben möchten, da hast du, graff von
12
Trautmanstorff, gar wohl und recht gethan, daß du den gegentheilen die
13
impossibilität solches vorschlags vorgehalten, auch auf waß weiß etwa
14
derselbe zu practiciren sein möchte, zue verstehen gegeben. Undt obwohlen

[p. 333] [scan. 409]


1
es nunmehr auch bey den armaden zu würklicher handlung eines stillstandts
2
der waaffen gelangen möchte oder auch beraits gelangt wäre, maßen du auß
3
demienigen, weßen wir unsers freundlich geliebten brueders, des ertzhertzog
4
Leopoldt Wilhelmbs, liebden noch under dato den aylfften dieß monats
5
darüeber instruirt und dir under dato den sechzehenden huius communicirt

34
Druck: Nr. 168 Beilage [1].
,
6
wirst vernohmen haben, so stellen wir iedoch zue deinem guetbefinden, im
7
fahl von den gegentheilen auch daselbst waß weiters wegen dieses puncti bey
8
dir angebracht werden möchte, dich mit denselben nach außweisung der
9
obbesagtes unsers brueders liebden gegebenen instruction in handlung einzu-
10
lassen und zue schließen. Hettest auch alßdan dasienige, waß von dem alhie
11
anwesenden königlich Spanischen gesandten in beyligendem memorial
12
wegen einschließung unsers freundlich geliebten vetters und schwagers, des
13
königs in Spanien liebden, mit Catalonien und dem Italienischen stato
14
errindert wirdt, gebetenermaßen in acht zue nehmen und zue sehn, wie weit
15
es möglich möchte zu bringen sein.


16
Beilage


17
[1] Terranova an Ferdinand III., Preßburg 1646 Dezember 12. Ausfertigung: RK KrA Fasz.
18
163 fol. 210–211 = Vorlage – Kopie: RK FrA Fasz. 92 XI nr. 1598 fol. 322–323;
19
Giessen 208 nr. 94 p. 369–372.

20
Sollte ein Waffenstillstand mit guten Bedingungen abgeschlossen werden können, muß der
21
burgundische Reichskreis darin eingeschlossen sein. Sonst wendet sich Frankreich mit allen
22
Kräften gegen Spanien, die Unterpfalz könnte verloren gehen und der Kf. von Bayern geriete
23
vollends in frz. Abhängigkeit.

24
Dagegen sollten die Bestimmungen wegen Katalonien und Italien nicht bei den Verhandlun-
25
gen selbst fixiert, sondern auf die Ratifikation der span. Ges. in Münster ausgestellt werden,
26
damit Zeit, zu überlegen, gegeben ist.

Dokumente