Acta Pacis Westphalicae III D 1 : Stadtmünsterische Akten und Vermischtes / Helmut Lahrkamp
245. Stadt Münster an Ferdinand III Münster 1649 Mai 8
245
Münster 1649 Mai 8
Konzept: A XIV 123. Kanzleivermerk: Concept schreibens an Römisch Kayserliche Maye-
stätt satisfactionem betr. sub dato 8. Maii 1649. Keine Beilagen erhalten.
Bitte um Entschädigung für die städtischen Aufwendungen im Kriege und während des Kongresses.
Allerdurchleuchtigster, großmächtigster, unüberwindlichster Römischer
Kayßer, allergnedigster herr etc.
Ewer Römisch Kayßerlichen Mayestätt mussen wir allerunterthänigst zu
erkennen geben, haben es auch deroselben zum theyll mehrmals allerunter-
thenigst vorbringen lassen, welchergestalt hiesige stadt, nachdemahln
dieselbe vor 100 und etliche jahren durch den auffruhr der wiedertäuffe-
rischen secten in eußeriste ruin und abnehmen gerathen, nachgehendts
kaum solang respirirn können, daß sie nicht baldt daruff durch den Bur-
gündisch- und Holländischen krieg, wie auch vom jahr 1618 von der Böhe-
mischen unruhe hero durch die Braunschweigische, Hessisch-, Manß-
feldisch- , Lünenburgisch-, Schwedisch- und Frantzösische armaden offt und
vielmahlen zum höchsten beängstigt und sich ihnen zu ergeben oder auffs
wenigst in neutralitet zu setzen versucht worden; gestalt die Holländer ihrem
lengst gehabten vorhaben nach hierdurch ihr territorium biß auf die Lipp-
und Embsströme hetten extendiren und dadurch ihren statum desto mehr
befästigen und versichern können, die vorgemelte reichsfeinde aber, und
insonderheit die Schweden und Hessen oder dero alliierten, gnug gewesen
sein würden, dadurch einen rechten fueß in Westphalen zu setzen. Damit
aber allsolches hochgefährliches und dem reich eußerist benachtheyliches
beginnen keinen theyll gelingen, sondern bey Ewer Kayßerlichen Mayestätt
und des heyligen reichs schuldigster trewen devotion hiesige stadt erhalten
pleiben mögte, haben auf unsere erinnerung sich die bürger alhie uner-
achtet ihrer geringen mittelen jederzeit bey allen gefährlichen zuständten
auffs eußerist angegrieffen und ein eigenes guarnisoun sampt aller notturff-
tigkeit , munition und fortificationskosten lange jahren hero biß auf eine
geringe in den letzten jahren erfolgte, aber bei weitem nicht zuträgliche
beisteur selbst unterhalten und verpflegen müssen; und zwar ists hiebey
allein nicht verplieben, sondern haben auch zum öffters Ewer Kayßerlichen
Mayestätt kriegsarmaden in dießem craiß vor und nach unter den general
und graffen Tylli, Anholtz, Papenheimb, Gronßfeldt, Götz, Hatzfeldt,
Geleen, Fürstenberg, Waall, Vehlen und anderen theylß zu dießer stadt ihre
zuflugt genommen, unter den stucken campirt und sein darauß mit proviant
und aller notturfft versehen, theylß ingleichen mit munition, groben ge-
schütz , allerhandt anders nottwendigkeiten und lebensmittelen zu ihrer
vorhabenden exploicten trefflich geholffen worden, zu geschweigen, daß
die benachbarte posten, so hie in der nähe zu Ewer Römisch Kayßerlichen
Mayestätt devotion und gewaldt annoch gefunden worden, entweder durch
dieße stadt bedeckt oder, nachdeme sie von dem feindt bereits erobert
geweßen, entweder durch dieser stadt völcker allein, wie in specie der paß
und veste Reine am Embsstromb, oder durch dero unendtbehrliche hulff
und zuthuen, alß Meppen, Ludinghaußen und andere vesten, auß des
feindts hand per stratagema ob sonsten wiederumb gerissen und recuperirt,
inmaßen auch vor und nach zu belägerung und veldtzügen, so gar auch
außwendigen besatzungen, dieselbe gleich anders Ewer Kayßerlicher
Mayestätt in dießem crayß gehabten völckern auf dero generalen erforders
und begehrs mit gepraucht worden, sonsten auch der herr generalveldt-
marschalck graff von Hatzfeldt gern gestehen und attestiren wirdt, dafern
ihm zu eroberung des vornehmen passes und vestung Dörsten an der Lippe
von hierauß mit groben gestücken und anderen nicht wehre geholffen wor-
den , er langsamb und mit viel größer beschwernus die belägerte zur uber-
gab würde gezwungen haben. Dergleichen subsidia und hülff dan, so
andern vorigen und nachfolgenden generales zum öffters wiederfahren,
woll unterschiedtliche viele mit wahrheitsgrundt angezogen werden
könten, wan wir nicht pillig besorgten, Ewer Kayßerliche Mayestätt dern
so gar weitleuffige außführung verdrießlich fallen mögte, müssen und
wöllen unß auf beykommende originalattestation und intercession Ihrer
Churfürstlichen Durchlaucht zu Cölln, unsers gnedigsten herrn, dwelche
auch hiebevorn im jahr 1647, den 19. Martii, ein gleichmeßiges an Ewer
Kayßerliche Mayestätt zu unserm behueff, laut sub n. 1 beiligender copey,
gedeilich abgehen lassen, unß zuvorderist allerunterthenigst und geliebter
kurtze halber darauf beziehen. Damit dannoch Ewer Kayßerliche Mayestätt
dero sachen wahre beschaffenheit und was wir zu unterhaltung obgemelten
kriegsvolcks in paaren geldern außgezahlet desto gründtlicher allergnedigst
erkennen mögen, haben wir eine notturfft erachtet, dessen eine kurtze
summarische verzeichnuß sub num. 2 hiebeyzulegen, und obzwar es anders
nicht alß die wahrheit ist, das wir und unsere mittbürger so vielhundert-
thausendt reichsthaler hergegeben, so haben doch zu andern kriegsnott-
wendigkeiten alß munition, fortification, proviant und dergleichen unß
noch mehr dan uber hundertundfünffzigtausendt reichsthaler in schulden-
last gesetzet, geschwiegen daß wir denen annoch bey unser stadt vorhan-
denen 4 compagnien, so eine geraume zeit ad zwolffhundert man starck
gewesen und noch in größerer anzahl alß woll eine eintzige compagny in
diesem gantzen crayß unter den hauptleuthen Sprenger, Niedecker, Warren-
saat und Lohn annoch bestehen, etliche vielthaußendt reichsthaler an
rugkstendigen soldt annoch verhafft sein, so dan auch, das wir bey weh-
renden friedenstractaten alhie zu dem guarnisoun, welches zu dienst und
siecherung der sämptlichen gesandtschafften inmittelst verplieben, noch ein
großes contribuirt und uberdas wieder vieler von den particulariteten keinen
bericht habenden vermuthung die gemeine stadt außerhalb etlicher wenig
handelßleuthe und handtwerker, wie wir mit wahrheit sagen, auch leidtlich,
bevorab dadurch, das die abgesandten von allen accißen und einposten
pillig frey geweßen und unter deren scheine viele andere durchgangen, die
haußer auch, welche das meiste geldt eingetragen, mehrentheylß den geist-
lichen und fürstlichen bedienten zugestanden und auß andern dergleichen
ursachen, so sich der länge nach alhie nicht erzehlen lassen, augenscheinlich
darthun können, bey den tractaten mehr ruhmb als vortheylß in der that
gehabt zu haben.
Ob nun zwar, allergnedigster Römischer Kayßer, wir gern bekennen, an
diesem allen unser allerunterthänigst gehorsambste schuldigkeit erwießen
zu haben, auch bey Ewer Kayßerlicher Mayestätt und zu des heyligen
reichs getrewer devotion von grundt unserer hertzen benebenst unserm
leib, bluth und guth noch ein mehreres, wan es in unserem vermögen
bestanden, auffzusetzen bereidt geweßen und noch sein; weylen dannoch
ohne ruhm zu melden, wenig städt im Römischen reich, so von keinen
größeren mittelen alß wir sein, dergleichen allerschuldigste trewe und
diensten Ewer Kayßerlicher Mayestätt und dem reich auß guten willen
kendtlich praestirt, dabey biß zu gegenwertigem friedensschluß alßo
unverruckten fußes gestanden und nach ihrem vermögen ein so großes
dabey aufgesetzet haben, so dan hießiger stadt soldatesca nicht geringer
dienste alß andere Ewer Mayestätt volck geleistet und bey zutragenden falls
dazu jederzeit unverdrossen geweßen, so leben der allerunterthänigsten
hoffnung, Ewer Kayßerliche Mayestätt auß allerhöchstberühmbter Kay-
ßerlicher gnadt und milte unß etwa zu abstattung unseres großen schulden-
lastes und bezahlung der soldatesca, damit unter dem schuldenlast nicht
erliegen, sondern bey künfftigen des reichs besorglichen unruhen unsere
schuldigkeit wiederumb erweisen mögen, einige ersprießliche hülff zu
erzeigen, allergnedigst gneigt sein werden.
Gelangt derowegen zu Ewer Kayßerlichen Mayestätt unser allerunter-
thänigst gehorsambstes suchen und bitten, die geruhen allergnedigst, auß
den künfftig zu dero militiae und soldatesca satisfaction einwilligenden
reichsmittelen unß oblauts nach Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht, unsers
gnedigsten herrn, vorschlag zu abstattung berürter ansehenlicher be-
schwerden eine erkleckliche und proportionirte zustewer wiederfahren
und darauff Ewer Kayßerlichen Mayestätt gnaden- und versicherungsbrieff
oder eine sicher assignation in hiesigem craiß unß allergnedigst ertheylen
zu lassen. Solche hohe Kayßerliche gnadt biß zum letzten bluthstropfen
umb Ewer Kayßerliche Mayestätt, das heylige reich und dero glorwürdigst
ertzhauß unser lebenlang zu verdienen, sein wir so bereidtwilligst alß
allerunderthenigst schuldigst und wirdt dadurch unsere posteritet, so lang
hießige stadt durch Gottes gnadt erhalten pleiben mag, zu ebenmeßiger
allerschuldigster trew und devotion mehres ermuntert, animirt und ge-
stercket werden. In dessen allerunterthenigster zuversicht und hoffnung
dieselbe dem starcken schutz des allerhöchsten zu langwirigen allerhöchsten
Kayßerlichen wollstand und friedtfertiger regierung, der gantzen lieben
christenheit zu gedeylichem trost allerunterthenigst gehorsambst empfeh-
lendt . Geben under unserm secretsiegel am 8. Maii 1649.
Ewer Römisch Kayßerlichen Mayestätt
allerunderthenigst und allergehorsambist trewe underthanen
burgermeistere und rhat der statt Münster in Westphalen.