Acta Pacis Westphalicae III A 3,4 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 4. Teil: 1646 - 1647 / Maria-Elisabeth Brunert
144. Sitzung des Fürstenrats (sessio publica LII) Osnabrück 1647 September 20/30
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Osnabrück 1647 September 20/30
Sachsen-Gotha B IV fol. 369’–370’ (= Druckvorlage); damit identisch Sachsen-Gotha
B IV fol. 356’–359 (Konzept) sowie fol. 373–374’ und 415–417’, 420; vgl. ferner Sachsen-
Altenburg A II 1 fol. 528’–530 und (damit identisch) Magdeburg F VIII fol. 77–79
Am 8. November 1647 an den Adm. von Magdeburg überschickt (s. [ Nr. 143 Anm. 2 ] ) und
ebenfalls als Protokoll der 52. Sitzung bezeichnet; nur Würzburg A I 1 bezeichnet die
Sitzung als die 48.
Würzburg A I 1 fol. 350–352’.
Beratungsvorlage: Entwurf des Kurmainzer Reichsdirektoriums für ein Schreiben an den
Kurfürsten von Brandenburg
Text, Münster 1647 IX s. die, bezeichnet als Beilage 30: Sachsen-Gotha B IV fol. 377–
378; ebenda 418–419’. Inhalt: Information des Kf.en über die Beschwerde Herfords bei
den Rst. n über die kbg. Besetzung der Stadt und über die Bitte Herfords um Interposition
der Rst. , damit die Besetzung aufgehoben, der frühere Zustand wiederhergestellt und eine
gütliche Beilegung des Konflikts durch ein beiderseits akzeptiertes Gremium qualifizierter
Personen versucht werde. In Kenntnis des RKG -Urteils von 1631 (s. [ Nr. 141 Anm. 8 ] )
und anderer Umstände ersuchen die Rst. den Kf.en, er möge seine Truppen sofort aus
Herford abziehen und der vorgeschlagenen gütlichen Beilegung des Konflikts durch eine
Schiedskommission zustimmen. – Das Schreiben wurde nicht ausgefertigt (s. den Beschluß
am Ende des Protokolls).
Kurbrandenburgische Besetzung der Stadt Herford: Sollen die Reichsstände gemäß dem
Kurmainzer Entwurf den Kurfürsten von Brandenburg auffordern, die Besetzung Herfords
zu beenden und den Streit durch eine beiderseits akzeptierte Kommission beilegen zu las-
sen ?
Eine Umfrage sowie Bitte Sachsen-Altenburgs und weiterer Reichsstände um Diktatur des
Kurmainzer Entwurfs; Bitte der herzoglich sächsischen Gesandten, den Protest des Gesamt-
hauses Sachsen gegen Kurbrandenburg, Pfalz-Neuburg und die Stadt Herford sowie den
Vorbehalt seiner Rechte an den Jülich-Klevischen Landen in dem geplanten Schreiben an den
Kurfürsten von Brandenburg anzuführen.
Mehrheitsbeschluß: Ablehnung des Kurmainzer Entwurfs, stattdessen Vorschlag eines Schrei-
bens gemäß den Beschlüssen vom 14. und 23. September 1647 .
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Salzburg (Direktorium), Sachsen-Altenburg, Würz-
burg (durch Salzburg), Sachsen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha, Sachsen- Eisen-
ach , Brandenburg-Kulmbach, Brandenburg-Ansbach, Braunschweig-Celle (durch Braun-
schweig -Wolfenbüttel), Braunschweig-Grubenhagen (durch Braunschweig-Wolfenbüttel),
Braunschweig-Wolfenbüttel, Braunschweig-Calenberg (durch Braunschweig-Wolfenbüttel),
Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Güstrow, Württemberg (votiert auch für Pfalz- Vel-
denz ), Anhalt. (Zu den Gesandten siehe die Verweise im Vorläufigen Personenregister.)
Salzburgisches Direktorium. Praemissis praemittendis, daß Chur-
mainzische reichsdirectorium habe inn sachen, den [am] 20./30. August
jüngsthin der statt Herford begegneten fall betreffend
Gemeint ist die Besetzung Herfords durch Kurbrandenburg (s. [ Nr. 141 Anm. 8 ] ).
ihre churfürstliche durchlaucht zu Brandenburg begriffen und zu die-
sem löblichen fürstenrhat communiciret, mit begehren, daß fürsten und
stände hier anwesende rhäte und pottschaften es verlesen hören und ihr
dabey habend bedencken erinnern wollten. (Welches hiernechst abgele-
sen , folgents per dictaturam ad acta communiciret und sub numero 30 hier
annectiret worden.)
Salzburg. Demnach das im nahmen des hochwürdigsten etc., seines
gnedigsten fürsten und herrn hochfürstlicher gnaden, den 4./14. huius
abgelegtes und den 13./23. hernach repetirtes votum auf ein solch schrei-
ben gegangen
Herford eingelangte beschwerden
Gemeint ist das Memorial der Stadt Herford von 1647 VIII 27/IX 6 mit Hilfeersuchen
wegen ihrer Besetzung durch Kurbrandenburg ( [ Nr. 141 Anm. 4 ] ).
aigentliche information ersuchet werden sollten, alß laße er’s nochmal bey
solchem voto bewenden, denn ohne ihrer hochfürstlichen gnaden vorbe-
wust und specialbefelch zu einem andern, weniger außfertigung dieses iezt
verlesenen concepts sich zu vers〈t〉ehen ihme nicht gebühre. Laße aber
dahingesezet sein, wohin die maiora hierunter gehen würden.
Sachsen-Altenburg. Man habe mit mehrern angehört, was für ein con-
cept schreibens an ihre churfürstliche durchlaucht zu Brandenburg, die
statt Herford und derselben beschwerten betreffend, abgelesen worden.
Nun wiße er sich zwar guetermaßen zu erinnern, daß nechsthin inn diesem
fürstenrhat allhier auf ein schreiben an höchstgedachte ihre durchlaucht
geschloßen worden
dahin gegangen, daß nemlich derselben, der statt Herford, hier einge-
reichtes memorial und beschwerten communiciret und sie umb der sachen
bericht ersuchet werden solle, damit, weiln man inn dieser neuen sache
nicht instruiret, ein jeglicher seinen hohen herren principalen gehörigen
bericht thun und instruction einhohlen könne. Demnach aber das schrei-
ben ganz anderst eingerichtet und [er] gleichwol nit dafürhallte, daß einiger
gesander dahin instruiret seye, denn viel sachen darinn enthallten, welche
wichtig und gueten bedachts vonnöthen hetten, alß bitte er per dictatu-
ram umb des schreibens communication, damitt inn dieser hochwichtigen
sache ein jeder bericht thun möge.
Sonsten aber verhalte er nicht, daß ihre churfürstliche durchlaucht zu Bran-
denburg auf bürgermeister[s] und rhats der statt Herford eigenes begeh-
ren selbst hin nacher Herford sich zu begeben und daselbst diese sache
inn güete beyzulegen bedacht sein solle
S. [ Nr. 143 Anm. 19 ] .
ben so sehr zu eilen nit ursach habe. Da aber noch dergleichen schreiben,
neulichst allhier gemachtem schlus gemees, abgehen sollte, bitte [er] im
nahmen des chur- und fürstlichen haußes Sachßen, daß deßelben hierunter
schwebenden interesse[s] hallben
Zum Rechtsanspruch des Hauses Sachsen auf die Jülich-Klevischen Lande s. Nr. 130
Anm. 24. Der Anspruch implizierte insofern das Recht auf die Stadt Herford, als deren
Reichsunmittelbarkeit von den Prätendenten auf Jülich-Kleve-Berg bestritten wurde (s.
[ Nr. 141 Anm. 8 ] ).
Pfalz Neuburg alß auch die statt selbst contestirter dissensus solchem
schreiben einverleibet und mit gedacht werden möchte.
Würzburg. (Per Salzburg:) Dieser fürstliche herr gesande laße sich vor
dißmal seines niterscheinens halber entschuldigen. Hette aber ihme aufge-
tragen , das fürstlich Salzburgische votum zu repetiren.
Sachsen-Coburg. Wie Alltenburg.
Sachsen-Weimar. Er conformire sich inngleichen mit Sachsen Alten-
burg und umb soviel mehr, weil das iüngst inn diesem fürstenrhat gemachte
conclusum nicht anderst gelautet, burgermeister und rhat der statt Herford
auch an ihre churfürstliche durchlaucht sich außtrücklich declariren, daß
sie diese sache zu güetlichem vergleich kommen laßen wolten
Die Stadt Herford hatte sich in ihrem Schreiben an den Kf.en von Brandenburg von 1647
VIII 28/IX 7 ( [ Nr. 143 Anm. 19 ] ) dazu bereiterklärt.
gen wollte er gleichsfalls wegen des chur- und fürstlichen haußes Sachßen
rechtmäßigen interesse[s] eingewande protestation widerholet und deßen
iura sarta tecta
Die unerschütterlich festen, nicht widerlegbaren Rechte (s. [ Nr. 124 Anm. 32 ] ).
tende schreiben noch abgehen sollte, deme es zu inseriren gebethen haben.
Und dieses auch wegen Sachsen-Gotha und -Eisenach sowol suo
loco et ordine wegen Anhalt.
Brandenburg-Kulmbach. An seiten Brandenburg Culmbach hette
man anderst nicht verstanden, alß daß an ihre churfürstliche durchlaucht
zu Brandenburg melioris informationis gratia geschrieben werden solle.
Wann es aber diese meinung hette, wie iezo verlesen worden, möchte es
mehr difficulteten denn der sachen güetliche hinlegung bringen. Da es
aber per maiora befunden werden sollte, ein schreiben fortgehen zu laßen,
conformire er sich mit Sachsen Alltenburg, doch deßelben mitangehängte
protestation an ihren orth stellende. Zu Münster hette dem laut nach Chur-
brandenburg bereits eine information eingeben laßen
Kurzer Auszug, worin die Rechte des Kf.en von Brandenburg an der Stadt Herford beste-
hen , mit Bericht, was ihn zur Okkupation bewogen habe und wie es inzwischen damit stehe
(Text, s. l., s. d., praes. 1647 IX 25, diktiert 1647 IX 28: Meiern IV, 753 –757). Dem Auszug
sind zwei Beilagen angefügt, A: Schreiben von Bürgermeister, Schöffen und Rat der Stadt
Herford an den Kf.en von Brandenburg (s. [ Nr. 143 Anm. 19 ] ); B: Schreiben derselben an die
Reichskurien, Herford 1647 IX 1/11 (Text: Meiern IV, 758 f.). Inhalt: Mitteilung, daß ihr
Ges. Fürstenau mit der Eingabe des Memorials von 1647 VIII 27/IX 6 (s. [ Nr. 141 Anm. 4 ] )
seinen Auftrag überschritten habe; Bitte um Interzession beim Kf.en von Brandenburg, er
möge Herford von den Kriegslasten befreien und, wozu er sich bereits erboten, die Rechte
der Stadt achten sowie ihrer Bitte um gütliche Beilegung des Konflikts stattgeben.
so were, seye ohnnötig, derentwegen nochmal zu schreiben, nam frustra
deliberari de notis.
Brandenburg-Ansbach. Inngleichen etc.
Daß gesambte fürstliche hauß Braunschweig-Lüneburg. (Per Dr.
Köhler:) Conformiret sich mit denen vorsizenden.
Mecklenburg-Schwerin. Propter defectum mandati trage er auch be-
denckens , einzuwilligen, daß das zu Münster abgefaßte und iezo angehör-
tes schreiben seinem innhallt nach sollte abgehen, dann, wie von Sachsen
Altenburg angeführet, daß diese sache auff güetlichem vergleiche ruhe,
also weren ihre churfürstliche durchlaucht drüber zu vernehmen. Sodann
würde man an die fürstlichen herrenn principalen mit beßerm grunde
berichten und hernach auf empfangene instruction desto mehrers sich
resolvirn können etc. Bitte mitlerzeit per dictaturam des abgelesenen con-
cepts communication.
Mecklenburg-Güstrow. Ebendaßelbe.
Württemberg. Er erinnere sich allerdings, was inn dieser Herfordi-
schen sache jüngst deliberiret und geschloßen worden, maßen er sich
auch mit selbigem concluso conformiret. Daß aber deme zuentgegen das
schreiben anderst eingerichtet und deme underschiedliche sachen, davon
bedürffende nachricht ermangle, einverleibet worden, dazu könne er sich
propter defectum instructionis nicht verstehen, zumal weil nochmal ver-
laute , daß diese sache zum gütlichen vergleich gelanget seye. Bitte also
mit vorsizenden, daß das concept per dictaturam communiciret werden
möchte etc.
Und dieses auch wegen Pfalz-Veldenz.
Salzburgisches Direktorium. (Pro concluso:) Alldieweil diese sache
dem laut nach zwischen Churbrandenburg und der statt Herford auf
güetlicher handlung beruhe, also halte man die außfertigung dieses schrei-
bens ohnnötig, sondern es sey des vergleiches ausschlag zu erwartten,
inmittelst aber könne das den 4./14. und 13./23. dieses allhier geschloßene
schreiben wol abgelaßen und die rechte bewandniß eingenommen wer-
den
Ein derartiges Schreiben konnte nicht ermittelt werden. Wahrscheinlich wurde es nicht
mehr als notwendig angesehen, nachdem der Auszug (s. vorige Anm.) bekanntgeworden
war. Zum weiteren Schickal Herfords, das 1652 endgültig zur kbg. Mediatstadt herabsank,
s. [ Nr. 143 Anm. 19 ] .